Endometriose und Fertilität: Diagnostische und therapeutische Einblicke

Prof. Dr. Michael von Wolff von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Inselspital Bern, präsentierte eine umfassende Analyse zur Bedeutung von Endometriose und Adenomyose in Bezug auf den Kinderwunsch. Sein Vortrag umfasste aktuelle diagnostische und therapeutische Ansätze, Risiken im Zusammenhang mit der Schwangerschaft sowie die Rolle der Laparoskopie und medikamentöser Behandlungen. Prof. von Wolff stellte die neuesten Leitlinien und evidenzbasierten Maßnahmen vor, die die Auswirkungen dieser Erkrankungen auf die Chancen einer natürlichen Empfängnis und der IVF-Erfolgsrate beleuchten.

Diagnostische Einblicke in Endometriose und Adenomyose

Prof. Dr. Michael von Wolff

Endometriose und Adenomyose zählen zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen, die Frauen im reproduktiven Alter betreffen und die Fruchtbarkeit erheblich beeinträchtigen können. Aktuelle Studien belegen den Einfluss dieser Erkrankungen auf die Fortpflanzungsgesundheit: Bei asymptomatischer Adenomyose beträgt die Odds Ratio (OR) für Fehlgeburten 1,81 (95% KI 1,35–2,44), während die Lebendgeburtenrate auf eine OR von 0,66 (95% KI 0,53–0,77) gesenkt ist. Noch deutlicher fällt der Effekt bei symptomatischer Adenomyose aus, wo die Fehlgeburtsrate mit einer OR von 2,48 (95% KI 1,28–4,82) höher ist. Diese Resultate verdeutlichen, dass sowohl die Diagnose als auch das Management dieser Erkrankungen besondere Aufmerksamkeit erfordern, um die Chancen für eine Lebendgeburt zu optimieren.

Laparoskopie bei Kinderwunschpatientinnen mit Endometriose

Laparoskopische Eingriffe stellen einen zentralen diagnostischen und therapeutischen Ansatz dar. Laut ESHRE-Leitlinien kann eine operative Behandlung in frühen Endometriose-Stadien (I/II) die Wahrscheinlichkeit für eine Spontanschwangerschaft erhöhen, da die Tubenfunktion verbessert wird. Allerdings zeigt die Evidenz auch, dass die laparoskopische Entfernung der Endometriose keine signifikante Verbesserung der IVF-Erfolgsraten bringt. Hinsichtlich Endometriomen – einer häufigen Manifestation der Endometriose – bleibt unklar, ob deren Entfernung die Wahrscheinlichkeit einer natürlichen Konzeption erhöht. Die Datenlage weist darauf hin, dass sich die IVF-Erfolgsraten durch die Entfernung von Endometriomen eher verschlechtern, da die ovariellen Reserven und die Eierstockfunktion beeinträchtigt werden können. Prof. von Wolff betont, dass die komplette Entfernung der Zystenwand sinnvoller ist als lediglich eine Fenestrierung oder eine Vaporisierung mittels Laser, um eine erneute Zystenbildung zu vermeiden.

Neue diagnostische Ansätze: Der Endometriose-Speicheltest (Endotest®)

Ein vielversprechender, neuer Ansatz in der Endometriose-Diagnostik ist der Speicheltest Endotest®. Erste Studien zeigen eine hohe Sensitivität und Spezifität, doch bestehen noch Fragen zur Anwendbarkeit bei Frauen ohne Endometriose-Symptome oder bei Patientinnen mit Adenomyose. Die deutsche AGE und die SGGG empfehlen derzeit, den Test vorerst nicht routinemäßig einzusetzen, bis Validierungsstudien weitere Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit des Tests liefern.

Endometriose Fertility Index (EFI) als Prognosetool

Der Endometriose Fertility Index (EFI) wird verwendet, um bei Patientinnen mit Endometriose die individuelle Empfängniswahrscheinlichkeit abzuschätzen. Prof. von Wolff sieht den EFI als nützlich an, um die Erfolgsaussichten einer natürlichen Empfängnis besser einschätzen zu können, weist jedoch darauf hin, dass der prognostische Mehrwert begrenzt ist, da ähnliche Schätzungen auch ohne den Score vorgenommen werden können. Zudem ist eine Laparoskopie zur Berechnung des EFI erforderlich, was den Einsatz des EFI auf Patientinnen beschränkt, die sich einer diagnostischen oder therapeutischen Laparoskopie unterziehen.

Schwangerschaftsrisiken bei Endometriose und Adenomyose

Endometriose erhöht nachweislich das Risiko für diverse Schwangerschaftskomplikationen. Die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt steigt um 70% (OR 1,70; 95% KI 1,40–2,06), und auch das Risiko für Gestationsdiabetes (OR 1,26; 95% KI 1,03–1,55) und Präeklampsie (OR 1,18; 95% KI 1,01–1,39) ist bei Frauen mit Endometriose erhöht. Zudem besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für Blasensprünge (OR 2,33; 95% KI 1,39–3,90) und plazentare Komplikationen wie abruptio placentae (OR 1,87; 95% KI 1,65–2,13). Bei Adenomyose zeigt sich ein ähnliches Risikoprofil, allerdings mit einem signifikant höheren Risiko für postpartale Blutungen, das bei Frauen mit Adenomyose dreifach erhöht ist (OR 2,90; 95% KI 1,39–6,05, Nirgiankais et al., 2021).

Optimierung der Therapieansätze bei Kinderwunsch

Die Therapie bei Endometriose sollte darauf abzielen, die Zyklusdauer und den Zeitraum bis zur Schwangerschaft zu minimieren. Eine intrauterine Insemination (IUI) in Kombination mit hormoneller Stimulation bietet eine höhere Erfolgsrate als ein abwartendes Vorgehen. Die Empfehlung lautet, maximal drei IUI-Zyklen durchzuführen, um die Belastung für die Patientin zu minimieren. Bei höheren Stadien der Endometriose zeigen sich die IVF-Erfolgsraten deutlich reduziert, was auf eine verringerte Oozytenanzahl und eine gestörte endometriale Funktion zurückzuführen ist. Prof. von Wolff weist darauf hin, dass bei Adenomyose-Patientinnen die temporäre Hypoöstrogenisierung durch GnRH-Analoga vor einer IVF möglicherweise vorteilhaft sein könnte, um die Adenomyoseaktivität zu verringern und so die Erfolgsrate der IVF zu erhöhen.

Dienogest, Ryeqo und Medical/Social Freezing als Präventionsstrategien

Für die langfristige Therapie von Endometriomen bietet sich Dienogest an, das sich als wirksam zur Reduktion des Endometriomvolumens erwiesen hat. Laut einer Studie (Sugimoto et al., 2015) kann durch die Einnahme von 2 mg Dienogest über zwei Jahre das Zystenvolumen auf durchschnittlich 30% des ursprünglichen Volumens reduziert werden. Der Referent erwähnte außerdem das neu zugelassene Medikament Ryeqo, das Relugolix, Estradiol und Norethisteronacetat kombiniert und zur Behandlung von Myomen und Endometriose zugelassen ist. Allerdings betonte er, dass es aktuell nur als «Second-Line»-Option betrachtet wird, da bisher noch begrenzte klinische Erfahrungen mit Ryeqo vorliegen. Frauen mit bilateralen Endometriomen und einem Kinderwunsch wird darüber hinaus empfohlen, die Möglichkeit eines Medical/Social Freezings zu erwägen, um ihre Fruchtbarkeit langfristig zu erhalten.

Take-Home Message:

Endometriose und Adenomyose sind mit erhöhten Fehlgeburts- und verringerten Lebendgeburtenraten verbunden. Eine laparoskopische Behandlung kann bei frühen Endometriose-Stadien die Chancen auf eine Spontanschwangerschaft verbessern, beeinflusst jedoch die IVF-Erfolgsrate nicht. Dienogest bietet einen bewährten Ansatz zur Endometriose-Progressionskontrolle. Die ESHRE-Guidelines und der EFI-Score bieten wichtige Anhaltspunkte zur Therapieplanung, während der neue Speicheltest Endotest® und das Medikament Ryeqo noch weiter validiert werden müssen.

Heinrich Lehmann, MSc, MAE

lehmann@medinfo-verlag.ch

Die Bedeutung der frühzeitigen Diagnostik unterschätzter Krankheitsbilder

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit der vorliegenden Ausgabe der PRAXIS präsentieren wir Ihnen eine inhaltlich dichte und zugleich breit gefächerte Auswahl an aktuellen Themen aus der klinischen Praxis – ergänzt durch zwei richtungsweisende Expert Recommendations, die wir Ihnen besonders ans Herz legen möchten.

Die aktualisierten Empfehlungen der Swiss Memory Clinics zur Diagnostik der Demenzerkrankungen stellen ein bedeutendes Update dar, das sowohl für die hausärztliche Grundversorgung als auch für spezialisierte Memory Clinics eine fundierte Orientierung bietet. Die strukturierte Darstellung des diagnostischen Prozesses – von der Anamnese über die neuropsychologische Testung bis hin zur bildgebenden und laborchemischen Diagnostik – bildet den aktuellen Stand der Praxis in der Schweiz umfassend ab und unterstreicht die Relevanz einer frühzeitigen und differenzierten Diagnostik kognitiver Störungen.

Ein weiteres Highlight dieser Ausgabe ist die praxisnahe und evidenzbasierte Übersicht zur antibiotischen Prophylaxe bei gastrointestinalen Endoskopien. Der Artikel diskutiert differenziert die Indikationsstellung und berücksichtigt aktuelle internationale Empfehlungen – ein wertvoller Beitrag, insbesondere im Hinblick auf das zunehmende Bewusstsein für eine rationale Antibiotikaverordnung.

In der Rubrik Praxis-Fall widmen wir uns in einer zweiteiligen Darstellung dem Takotsubo-Syndrom. Neben einem einleitenden Beitrag, der Pathophysiologie, klinische Präsentation und diagnostisches Vorgehen systematisch aufbereitet, wird ein bemerkenswerter Fall geschildert, in dem ein physikalisches Trauma zu einer kardiologischen Stressreaktion führte – eine eindrückliche Illustration für das Zusammenspiel von somatischer und emotionaler Belastung im Rahmen dieser reversiblen Kardiomyopathie.

Ergänzt wird das Heft durch Beiträge zu häufig unterschätzten oder missverstandenen Krankheitsbildern: so etwa durch die Analyse der medikamentös induzierten Nebenniereninsuffizienz oder den differenzierten Blick auf vermeintliche Nahrungsmittelintoleranzen. Beide Artikel bieten praxisrelevante Einblicke und unterstreichen die Bedeutung einer präzisen Diagnostik in der hausärztlichen Versorgung.

Wir hoffen, dass diese Ausgabe sowohl zur Vertiefung bestehender Kenntnisse als auch zur kritischen Reflexion aktueller klinischer Fragestellungen beiträgt, und wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.

Mit kollegialen Grüssen,
Für das Redaktions-Board der PRAXIS

Prof. Dr. med. Christophe Alain Wyss

– HerzKlinik Hirslanden,
Witellikerstrasse 40
8032 Zürich
– Universität Zürich
Rämistrasse 71
8006 Zürich

christophe.wyss@hirslanden.ch

Ein ungünstiger Nutri-Score der Ernährung erhöht das ­Herz-Kreislauf-Risiko

Frage

Hat die Ernährung gemäss dem Nutri-Score Einfluss auf das Herz-Kreislauf-Risiko?

Studienort

An der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) hatten sich 23 Zentren in zehn europäischen Ländern beteiligt.

Hintergrund

Der Nutri-Score, von Wissenschaftlern der Pariser Sorbonne entwickelt, soll mittels Ampelfarben und einer 5-stufigen Skala von A bis E Verbrauchern signalisieren, ob ein Nahrungsmittel aufgrund seines hohen Gehalts an Zucker, gesättigten Fettsäuren und Salz sowie einer hohen Energie ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit hat. In der Schweiz haben zuletzt Hersteller angekündigt, den Nutri-Score nicht mehr aufdrucken zu wollen, weil er die Verbraucher verwirren könnte. Frühere Studien hatten bereits ungünstige Folgen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch den Konsum zahlreicher Lebensmittel mit schlechtem Nutri-Score gezeigt.

Ein- und Ausschlusskriterien

Erwachsene im Alter von 25–70 Jahren zu Studienbeginn. Ausgeschlossen wurden Personen mit einer Vorgeschichte von Myokardinfarkt oder Schlaganfall oder mit einem derartigen Ereignis in den ersten zwei Jahren des Follow-ups.

Methode

Zwischen 1992 und 2010 wurden in EPIC Ernährungsdaten von mehr als einer halben Million Menschen erhoben und diese mit späteren Krebserkrankungen, aber auch Herz-Kreislauf-Ereignissen in Beziehung gesetzt. Zehn ­europäische Länder nahmen teil, für die vorliegende Studie wurden die Daten von sieben Ländern ausgewertet.

Analysiert wurden die Angaben von 345 533 Teilnehmern in EPIC mit dem Nutri-Score, der auf einer 2023 upgedateten Version des zugrundeliegenden «nutrient profiling system (NPS)» basiert.

Outcome

Herz-Kreislauferkrankungen, koronare Herzerkrankung, Myokardinfarkt, zerebrovaskuläre Erkrankung und Schlaganfall.

Ergebnisse

In 12.3 Jahren Nachbeobachtungszeit kam es zu insgesamt 16 214 kardiovaskulären Erst-Ereignissen, darunter 11 009 koronare Ereignisse, wovon wiederum 6565 Myokardinfarkte waren. Zudem wurden 6669 zerebrovaskuläre Ereignisse, darunter 6245 Schlaganfälle, beobachtet. Ein um eine Standardabweichung höherer Nutri-Score erhöhte das Risiko auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung um 3 % (Hazard Ratio (HR) 1.03; 95-%-Konfidenzintervall, CI: 1.01–1.05).

Die Risikoerhöhung zeigte sich dabei wie folgt: Myokardinfarkt: 3 % (HR 1.03; CI 1.01–1.07), zerebrovaskuläre Ereignisse: 4 % (HR 1.04; CI 1.01–1.07), Schlaganfallrisiko: 4 % (HR 1.04; CI 1.01–1.07). Einzig die Gesamtzahl der koronaren Ereignisse stieg nicht signifikant an (HR 1.01; CI 0.99–1.03), hier wurden neben den Myokardinfarkten auch die Angina pectoris gezählt. Vergleicht man die Teilnehmer mit dem niedrigsten (günstigsten) Nutri-Score mit den Teilnehmern mit dem ungünstigsten (höchsten) Nutri-Score, so zeigten sich pro 100 000 Teilnehmer 364 versus 490 Ereignisse in 12.3 Jahren.

Prof. Dr. Dr. med.Thomas Rosemann

Institut für Hausarztmedizin
Universitätsspital Zürich
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich

thomas.rosemann@usz.ch

Dr. med. Andrea Rosemann

Institut für Hausarztmedizin Universitätsspital Zürich (IHAMZ)
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich

andrea.rosemann@usz.ch

Die Autorin und der Autor haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Deschasaux-Tanguy, M. ∙ Huybrechts, I. ∙ Chantal, J. ∙ et al.
Nutritional quality of diet characterized by the Nutri-Score profiling system and cardiovascular disease risk: a prospective study in 7 European countries
Lancet Reg Health Europe. 2024; 46:101006

00173-X/fulltext

Antibiotic Prophylaxis in Gastrointestinal Endoscopy

Introduction

The need for antibiotic prophylaxis for endoscopic procedures, especially in the gastrointestinal tract, has long been a matter of debate. In recent years, the lack of randomized trials supporting a benefit of antibiotic prophylaxis, the very low incidence of infective endocarditis after endoscopic procedures and the potential adverse reactions of antibiotics have led to a more restricted use of antibiotic prophylaxis.

The aim of this expert opinion statement is to provide an overview of current evidence and to propose a pragmatic approach to the use of antibiotic prophylaxis for endoscopic procedures in areas where clear evidence is lacking.

All recommended antibiotic regimens are summarized in Tab. 1.

The GRADE system is used for rating the quality of evidence.

High-quality evidence: recommendation grade A
Evidence comes from one or more well-designed and well-executed randomized controlled trials that yield consistent and directly applicable results. Further research is very unlikely to change our confidence in the estimate of effect.

Moderate-quality evidence: recommendation grade B
Evidence comes from randomized controlled trials with important limitations and a very small number of participants, well-designed controlled trials without randomization, well-designed cohort or case-control studies, and multiple time series with or without intervention. Further research will probably have an important impact on our confidence in the estimate of effect and may change the estimate.

Low-quality evidence: recommendation grade C
Evidence comes from observational studies. Further research is very likely to have an important impact on our confidence in the estimate of effect and will probably change the estimate.

Very-low quality evidence: recommendation grade D
Evidence is conflicting, of poor quality, or lacking, and hence the balance of benefits and harms cannot be determined. Any estimate of effect is very uncertain as evidence is either unavailable or does not permit a conclusion.

Risk of bacteremia

Transient bacteremia is very common during many routine daily activities, such as tooth brushing (up to 68 %), using toothpicks (up to 40 %), or even chewing food (up to 50 %). These numbers are essential to consider when evaluating the incidence of transient bacteremia associated with gastrointestinal procedures.

Gastroscopy, flexible sigmoidoscopy and colonoscopy are all considered low-risk procedures for bacteremia and infection, regardless of whether biopsies are taken or polypectomies are performed. Mean rates of bacteremia were estimated to be 1 % in sigmoidoscopy and 4 % in gastroscopy and colonoscopy, whereas esophageal dilation carries the highest risk for bacteremia. (Tab. 2)

Endoscopic procedures with high-risk for ­bacteremia

ERCP in an obstructed bile duct
The risk for bacteremia increases from 6 % in the absence of biliary obstruction to 18 % with obstruction (2). Therefore, in cases of biliary obstruction the incidence of post-ERCP cholangitis is increased.

Esophageal dilation
Bacteremia during or after esophageal dilation is found in up to 22 % of patients and may be higher in the case of multiple passes and/or in patients with malignant stenosis (3, 4).

Sclerotherapy of varices
The range of reported bacteremia rates is wide, spanning between 4 % and 56 % in different studies, with an average rate around 20 % in most studies (5).

In contrast, rubber band ligation of esophageal varices is not considered a high-risk procedure for bacteremia, with an estimated risk 9 % (6).

Risk of infective endocarditis after ­endoscopic procedures

Although bacteremia, as outlined above, is a common event during endoscopic procedures, subsequent infective endocarditis (IE) is extremely rare. Despite the constantly rising number of endoscopic procedures performed worldwide, there has been no evidence of an increasing incidence of IE after such procedures.

Furthermore, only limited data exist regarding the impact of antibiotic prophylaxis for dental or surgical procedures on the prevention of IE. Failures of endocarditis prophylaxis, despite the correct administration of antibiotic prophylaxis, are well recognized (7). For these reasons, antibiotic prophylaxis is generally not recommended to reduce the incidence of infective endocarditis in GI endoscopic procedures.

Patients at high risk of infective endocarditis

In the recently published guideline of the European Society of Cardiology, there is a novel recommendation for patients at high risk of infective endocarditis (Tab. 3), stating that “antibiotic prophylaxis may be considered for high-risk patients undergoing an invasive diagnostic or therapeutic procedure in the gastrointestinal and genitourinary tract, skin or musculoskeletal system” (8).

There is no evidence supporting the use of antimicrobial prophylaxis for cardiac transplant recipients who develop cardiac valvulopathy. The indication should be discussed on a case-by-case basis. Patients should contact their transplant specialist to evaluate the indication prior to an elective intervention.
To prevent infective endocarditis, antibiotic prophylaxis may be considered in high-risk patients undergoing an invasive diagnostic or therapeutic procedure in the GI tract (Tab. 2) (low quality evidence).

In patients at high risk of IE, the following antibiotic regimen is recommended (9). (Tab. 4)

Endoscopic procedures due to infective ­disorders in high-risk patients of infective endocarditis

In the case of an established infection likely caused by enterococci, an empiric antibiotic regimen with anti-enterococcal activity should be used. These patients, if already receiving antibiotic therapy, do not need additional antibiotic prophylaxis when undergoing an endoscopic procedure (Tab. 3).

Specific endoscopic procedures: When to use antibiotic prophylaxis

Routine upper endoscopy and colonoscopy

Antibiotic prophylaxis is not required in routine gastrointestinal endoscopy including biopsies and polypectomy, even if high-risk procedures are performed during routine endoscopy (Tab. 2). Exceptions may include patients with severe neutropenia (< 500 cells/mm3) and advanced hematologic malignancies (35).

Colorectal endoscopic mucosal resection (EMR) and endoscopic submucosal dissection (ESD)

EMR and ESD are frequently performed to treat benign and early malignant colorectal lesions. However, infections following EMR and ESD are extremely rare.

Routine use of antibiotic prophylaxis is therefore not recommended.

Post-EMR/ESD Coagulation Syndrome (PECS)
In the context of large colorectal endoscopic resections, a novel complication known as “post-EMR/ESD coagulation syndrome” (PECS) has been recognized. The syndrome is characterized by pain, local peritonitis, fever and elevation of inflammatory markers. It occurs in up to 40 % of patients undergoing a large endoscopic resection.

Large lesions (>30 mm) and localization outside the rectosigmoid colon are independent risk factors for the development of PECS. Limited data are available on the effect of antibiotic prophylaxis in such patients. In one randomized controlled trial of 409 patients (randomized to either cefuroxime 1.5 g iv half an hour before and 6 hours after the intervention or placebo), the rate of adverse events in the antibiotic group was significantly lower than in the control group: abdominal pain (2.8 % vs 14.9 %, p < 0.01), diarrhea (2.0 % vs 9.3 %, p < 0.05), and fever (0.9 % vs 8.4 %, p < 0.05), respectively. The levels of inflammatory markers were also significantly lower in the antibiotic group compared with those in the control group (11). Therefore, antibiotic prophylaxis can be applied to reduce the risk of PECS in patients with large endoscopic resections above the rectosigmoid colon.
To prevent PECS, antibiotic prophylaxis can be considered in patients with large colonic endoscopic resections above the sigmoid colon (low-quality evidence).

Endoscopic retrograde cholangio-pancreatography (ERCP)

Cholangitis is the most common infectious adverse event in ERCP. Others are cholecystitis, duodenoscope-related transmission of infections, and endocarditis (12).

The role of antibiotic prophylaxis in reducing the risk of post-ERCP cholangitis has been evaluated in several studies. The most recent a meta-analysis from 2010 (9 RCTs with 1573 patients) (13) found a lower risk of post-ERCP cholangitis. In the subgroup of patients who were drained after the first ERCP, there was no benefit from antibiotic prophylaxis.

Subsequent studies did not find a benefit of antibiotic prophylaxis except in patients with biliary obstruction. A very recent randomized trial of 378 patients found a significantly reduced rate of infectious complications, especially cholangitis (2.8 % vs 9.8 % p = 0.007) in patients with biliary obstruction who received antibiotic prophylaxis (14).
Antibiotic prophylaxis is not recommended if cholangitis is absent, if biliary drainage is likely to be successful, and in patients undergoing ERCP for reasons other than biliary obstruction (high-quality evidence).

Malignant hilar obstruction and PSC
Especially in patients with malignant hilar obstruction and primary sclerosing cholangitis, the risk of unsuccessful drainage is higher, which raises the risk of complicating cholangitis (15).

Peroral cholangioscopy
Several studies have found that peroral cholangioscopy is associated with a high risk of bacteremia and cholangitis, regardless of the indication for the intervention. For this reason, all patients undergoing peroral cholangioscopy should receive antibiotic prophylaxis (16).
To prevent post-ERCP cholangitis and/or sepsis, antibiotic prophylaxis is recommended for patients with biliary obstruction, PSC, and in patients undergoing cholangioscopy (moderate-quality evidence).

In the case of failed biliary drainage, antibiotic therapy may be continued for 3–5 days (17).

Endosonographic-guided tissue acquisition

EUS-guided puncture/biopsy is an important, minimally invasive technique for obtaining tissue diagnoses from a variety of pancreatic, intraabdominal, retroperitoneal, or mediastinal lesions in close proximity to the gastrointestinal tract. The major complications associated with EUS-FNA include hemorrhage, perforation, infection, and organ-specific complications, such as acute pancreatitis following puncture of pancreatic lesions. A previous systematic review of complications and deaths associated with EUS-FNA (51 reports, 10 941 patients) revealed an overall complication rate of 0.98 %. The risk of infection was very low, at 0.05 % (18). The risk of infection depends on the type of lesion being sampled. Data suggest that solid lesions carry a very low risk for infection (0.01 %–2 %). The risk of infection following EUS-FNA of cystic lesions is less clear, with reported rates of infection ranging from < 1 % to 14 % (19).

Pancreatic lesions

Solid lesions of the pancreas
EUS-FNA and EUS-FNB carry a low risk of bacteremia and sepsis, especially in solid lesions. In two large series involving 627 patients undergoing EUS-FNA for a variety of solid lesions of the pancreas, sepsis developed in only 3 patients.
Antibiotic prophylaxis is not recommended before EUS-FNA/B of solid lesions of the pancreas (moderate-quality evidence).

Cystic lesions of the pancreas
It has been a long-standing practice to administer antibiotic prophylaxis in patients undergoing EUS-FNA of cystic pancreatic lesions, since older data suggest that this intervention is associated with higher rates of infection and antibiotic prophylaxis appeared to be efficient in such patients.

However, newer data do not support this practice and the role of antibiotic prophylaxis has been questioned. A meta-analysis from 2020 (six studies, including one randomized controlled trial and five retrospective studies, with 1706 patients) evaluated the efficacy of antibiotic prophylaxis prior to EUS-FNA of cystic pancreatic lesions. Overall, 8 infectious events were observed in the antibiotic group (0.77 %), and 12 events in the control group (1.7 %), (odds ratio (OR) 0.65, 95 % confidence interval (95 % CI) 0.24–1.78; p = 0.40). No difference was observed between the two study groups in terms of either severe infection (OR 0.88, 95 % CI 0.13–5.82; p = 0.89) or overall adverse event rate (OR 1.09, 95 % CI 0.73–1.65; p = 0.67). These findings suggest prophylactic antibiotics do not substantially reduce the risk of infections after EUS-FNA of cystic lesions of the pancreas (20).

One randomized trial from Spain compared the effect of antibiotic prophylaxis versus placebo in patients undergoing EUS-FNA of cystic lesions of the pancreas. More than 200 patients were randomly assigned to prophylaxis with ciprofloxacin (n = 112) or saline solution (n = 114, placebo). The only case of FNA-related infection (0.44 %) occurred in a patient in the placebo group (0.87 %). Prevention of infection was not inferior in the control group, and there were no differences between groups regarding the occurrence of post-interventional fever or other adverse events (21).
We suggest that antibiotic prophylaxis can be retained in patients undergoing EUS-FNA of cystic lesions of the pancreas and may be reserved for special situations (moderate-quality evidence)

Rectal and perirectal lesions

EUS-guided transrectal tissue acquisition is a safe technique to obtain tissue diagnosis of solid perirectal lesions. The infection rate after such interventions is very low.

In a prospective study, 100 patients underwent a total of 471 fine needle aspirations of rectal or perirectal lesions. Blood cultures were taken in all patients before and after the intervention. Of these, cultures were positive in 6 patients and 4 patients had contamination. Two patients developed bacteremia with either Bacteroides fragilis or Gemella morbillorum. No signs or symptoms of infection developed in any patient.
Therefore, EUS-FNA of solid lesions in the lower GI tract can be considered a low-risk procedure for infection and does not warrant antibiotic prophylaxis (22).
Antibiotic prophylaxis is not recommended in patients undergoing EUS-FNA of solid perirectal lesions (moderate-quality evidence).

Mediastinal lesions

EUS-guided transesophageal puncture is a safe technique that allows tissue acquisition for diagnosis of undetermined mediastinal lesions. Special caution is required with cystic lesions, as post-interventional infection of such lesions may be life threatening.

Solid mediastinal lesions
The complication rate is low when EUS-FNA is performed in mediastinal lymph nodes and solid tumors. A systematic review and meta-analysis of EUS-FNA in mediastinal lymph node lesions in patients with non-small cell lung cancer (18 reports, 1201 patients) (23) observed only minor complications, such as sore throat and fever, in a minority of patients (0.8 %). No infectious complications, such as mediastinitis, have been reported.
Antibiotic prophylaxis is not recommended for EUS-FNA of solid mediastinal lesions (moderate-quality evidence).

Cystic mediastinal lesions
Several case reports and case series describe infections following EUS-FNA of cystic mediastinal lesions of different etiologies, making it a high-risk procedure for infection. Some of these infections occurred despite the use of prophylactic antibiotics (24), thus the indication for EUS-FNA of such lesions should be chosen wisely. Needles with smaller diameters (25G/22G) may have a lower risk of infection and larger needles should be avoided (25). In cases of EUS-FNA of a cystic mediastinal lesion, a second-generation cephalosporin should be used.
To prevent cyst infection and/or mediastinitis antibiotic prophylaxis is recommended prior to and for about 3 days following EUS-FNA of cystic mediastinal lesions (low-quality evidence)

EUS-guided transluminal interventions

The most common reason for EUS-guided transluminal drainage of fluid collections is infection. As a result, these patients are usually receiving antibiotic therapy. If drainage is performed for indications other than infection (e.g., obstruction, pain, other) antibiotic prophylaxis is recommended: cefuroxime can be used in the upper GI tract, cefuroxime plus metronidazole in the lower GI tract.
To prevent cyst infection and/or sepsis antibiotic prophylaxis is recommended in patients undergoing EUS-guided transluminal interventions (low-quality evidence).

Percutaneous endoscopic gastrostomy (PEG)

Peristomal wound infection is the most common complication of PEG placement. A Cochrane review of 12 randomized trials including 1271 patients (OR 0.36, 95 % CI 0.26 – 0.50) (26) found that antibiotic prophylaxis is effective in preventing this complication, with an NNT of 5–10 to prevent one wound infection. First and second generation cephalosporins (cefazolin, cefuroxime) can also be safely given to patients who are allergic to penicillin (27). They should be avoided in patients who have had a proven anaphylactic reaction to penicillin or angioedema. Patients who are already on broad-spectrum antibiotic therapy do not need additional antibiotics.
To prevent peristomal wound infection antibiotic prophylaxis is recommended in patients undergoing PEG tube placement (high quality evidence).

Methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA)
MRSA is likely a negligible problem in Switzerland. Only about 4 % of the Swiss population are MRSA carriers. In contrast, the carrier rate among patients in health care facilities is significantly higher, particularly in long-term care facilities that care for patients requiring feeding tubes.

In patients with nasopharyngeal colonization by MRSA, a significant proportion of peristomal wound infections are MRSA-related. In these situations, MRSA decolonization, if feasible in the clinical context, can reduce the risk of MRSA-related wound infections (28).
If decolonization is not possible, vancomycin is effective in preventing wound infections in patients undergoing PEG placement, as confirmed by two small trials (29, 30).

Endoscopy in patients with liver cirrhosis

Compensated cirrhosis

For patients with compensated liver cirrhosis, the same standards for antibiotic prophylaxis apply as for non-cirrhotic patients.
Antibiotic prophylaxis is not recommended in patients with compensated liver cirrhosis undergoing endoscopy (moderate-quality evidence)

Cirrhosis with ascites

Studies supporting the use of prophylactic antibiotics in patients with liver cirrhosis and ascites are lacking. As a result, antibiotic prophylaxis is generally not recommended.
In contrast to patients with active variceal bleeding, routine antibiotic prophylaxis for patients undergoing elective rubber band ligation of esophageal varices is currently not recommended (moderate quality evidence).

Cirrhotic patients with gastrointestinal bleeding
Patients with liver cirrhosis presenting with acute gastrointestinal bleeding are at high risk of bacterial infection, especially bacterial peritonitis and respiratory tract infections, which occur in about 20 % of these patients. Bacterial infections lead to a higher risk of re-bleeding and an increased overall mortality rate.

A Cochrane analysis of 12 randomized trials including over 1200 patients with gastrointestinal bleeding showed that antibiotic therapy is associated with lower overall mortality (including lower mortality from bacterial infections, lower rates of rebleeding and shorter hospital stay) (31). Antibiotic therapy should be initiated at admission for cirrhotic patients presenting with GI bleeding. Antibiotic therapy should be continued for 7 days. Intravenous ceftriaxone is superior to norfloxacin (32) in the prevention of infection in variceal and non-variceal bleeding in cirrhotic patients.
To prevent infection and rebleeding, antibiotic prophylaxis is recommended in cirrhotic patients presenting with GI bleeding. Treatment should be continued for 7 days. (high quality evidence)

Endoscopy in special situations

Ventriculoperitoneal or lumboperitoneal shunts

There are no data on antibiotic prophylaxis for endoscopy in patients with ventriculoperitoneal or lumboperitoneal shunts. By analogy with abdominal surgery, antibiotic prophylaxis is not recommended because, even in non-sterile abdominal surgery, infectious shunt complications are rare (33).
Antibiotic prophylaxis is not recommended in patients with ventriculoperitoneal or lumboperitoneal shunts undergoing endoscopy (moderate quality evidence).

Peritoneal dialysis

Antibiotic prophylaxis is recommended in peritoneal dialysis patients undergoing colonoscopy (especially with polypectomy) due to the risk of bacterial translocation,

One retrospective study showed that the risk of peritonitis after colonoscopy without antibiotic prophylaxis was 6.3 % (34). Before endoscopy, ascites should be completely drained (35, 36).
To prevent peritonitis, antibiotic prophylaxis is recommended in patients undergoing peritoneal dialysis and endoscopy (moderate quality evidence)

Orthopedic prosthesis

Infection of prosthetic joints related to endoscopic procedures in the GI tract is extremely rare. Given the low incidence of joint infections following endoscopy, prophylactic antibiotics are not currently recommended by the American Society of Gastroenterologists or the American Society of Colon and Rectal Surgeons (37, 38).

In addition, prophylactic antibiotics are no longer recommended in the antibiotic prophylaxis guidelines from the American Academy of Orthopedic Surgeons (AAOS) (39).
Antibiotic prophylaxis is not recommended in patients with orthopedic prostheses undergoing endoscopy (moderate quality evidence).

Endoscopy in patients with vascular grafts

The administration of antibiotic prophylaxis is not recommended in patients with synthetic vascular grafts and other non-valvular cardiovascular devices, such as pacemakers, defibrillators, coronary artery stents, peripheral vascular stents, and vena cava filters.

According to the American Heart Association (AHA), there is no evidence that microorganisms associated with GI endoscopic procedures cause infection of non-valvular cardiovascular devices, including synthetic vascular grafts, at any time after implantation. Thus, antimicrobial prophylaxis is not recommended for any endoscopic procedure in patients with cardiovascular implantable electronic devices (40, 41).
Antibiotic prophylaxis is not recommended in patients with vascular grafts and non-valvular cardiovascular devices (moderate-quality evidence).

Endoscopy in immunocompromised patients

In severe neutropenia (absolute neutrophil count < 500 cells/mL) and in patients with advanced hematologic malignancies, there is an increased risk of bacteremia and sepsis after GI endoscopy (42). Although not extensively studied, it seems reasonable, especially in patients undergoing endoscopic procedures that are associated with a high risk of bacteremia, to administer antibiotic prophylaxis.
To prevent bacteremia and sepsis, antibiotic prophylaxis is recommended in patients with severe neutropenia and hematologic malignancies undergoing endoscopy (low-quality evidence).

In immunocompromised patients (i.e., organ transplant recipients, patients with HIV) who have normal neutrophil counts, routine administration of prophylactic antibiotics is not recommended. It is unclear whether patients with other causes of immunosuppression (including those on high doses of glucocorticoids) benefit from antibiotic prophylaxis.

Abbreviations
CHD Congenital Heart Disease
EMR Endoscopic Mucosal Resection
ERCP Endoscopic Retrograde Cholangio-Pancreatography
ESD Endoscopic Submucosal Dissection
EUS-FNA Endoscopic Ultrasound guided Fine Needle Aspiration
EUS-FNB Endoscopic Ultrasound guided Fine Needle Biopsy
GI Gastrointestinal
IE Infective Endocarditis
MRSA Methicillin Resistant Staphylococcus Aureus
NNT Number Needed to Treat
PECS Post EMR / ESD Coagulation Syndrome
PEG Percutaneous Endoscopic Gastrostomy
PSC Primary Sclerosing Cholangitis
RCT Randomized Controlled Trial

History
Manuscript received: 03.03.2025
Manuscript accepted: 11.03.2025

Michael Manz* 1, Stefan Kuster 2, Matthias Greutmann 3, Remus Frei* 2
*contributed equally to this manuscript

Stefan Kuster: Swiss Society for Infectious Diseases
Matthias Greutmann: Swiss expert group on Infective Endocarditis Prevention

Reviewed by: Patrick Aepli 4, Martin Geyer 5, Sebastien Godat 6, Gianluca Lollo 7, Stefan Seewald 8, Frans Olivier The 9, Reiner Wiest 10

Reviewed and approved by SGG council members (2024): Alain Vonlaufen 11, Tobias Ehmann 12, Jan Borovicka 2, David Semela 2, Lukas Degen 13, Stephan Brand 2, Florian Riniker 14, Sophie Buyse 15, Daniele Riva 16, Kaspar Truninger 17, Ellen Utzinger 18

1 Clarunis Universitäres Bauchzentrum Basel und Gastroenterologie Praxis Basel, 2 HOCH, Cantonal Hospital St. Gallen, 3 Universitätsspital Zürich, 4 Luzerner Kantonsspital, 5 Gastroenterologie Praxis Wettingen, 6 CHUV Lausanne, 7 Division of Gastroenterology & Hepatology, Ente Ospedaliero Cantonale Bellinzona, 8 Gastrozentrum Hirslanden, Zürich, 9 Stadtspital Waid, Zürich, 10 Inselspital Bern, 11 Clinique Générale-Beaulieu, Genève, 12 Spital Zofingen, 13 Clarunis Universitäres Bauchzentrum Basel, 14 Gastroenterologie Aarau AG, 15 Centre Yverdonnois de Gastroentérologie et Endoscopies, 16 Gastrocentro Lugano, 17 Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Zürich, 18 Fachärztezentrum Glatt, Kantonsspital Winterthur

Dr. Remus Frei

Leitender Arzt
HOCH, Cantonal Hospital St.Gallen
Clinic of Gastroenterology / Hepatology
Rorschacher Strasse 95, 9007 St.Gallen

remus.frei@h-och.ch

The authors did not declare any conflicts of interest in relation to this article.

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Nahrungsmittelintoleranzen: häufiger vermutet als bestätigt

Einleitung

Weit über 30 % der Bevölkerung glauben, unter einer Nahrungsmittelallergie oder -intoleranz zu leiden. Während die Nahrungsmittelallergie in der Regel einer IgE-vermittelten Soforttypallergie entspricht, damit immunologisch vermittelt und potenziell gefährlich ist, ist die Nahrungsmittelintoleranz als nicht immunologische Unverträglich­keitsreaktion auf Nahrungsmittel definiert. Die Unterscheidung zwischen Allergie und Intoleranzreaktion ist für die Beratung und Abklärung Betroffener essenziell. Tab. 1 fasst die klassischen Beschwerden bei einer Nahrungsmittelallergie vom Soforttyp zusammen. Ein Sonderfall stellt die Zöliakie dar, fälschlicherweise auch Glutenintoleranz genannt, eine gluteninduzierte (Auto-)Immunerkrankung mit hoher HLA-Assoziation (1).

Nahrungsmittelintoleranzen werden von Betroffenen viel häufiger vermutet, als dass sie effektiv vorliegen, und führen oft zu nicht indizierten Diäten. Für viele, insbesondere auch in den Medien kolportierten Intoleranzen, besteht keine klinische Evidenz. Sie stellen häufig einen Erklärungsversuch für chronische Beschwerden dar und werden von Patienten als Krankheitsmodell verwendet. Von Patienten geschilderte Beschwerden umschliessen meistens gastrointestinale Symptome sowie unspezifische Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, innere Unruhe und Hitzegefühl, also Beschwerden, die bereits anamnestisch von einer Allergie vom Soforttyp abgegrenzt werden können (siehe auch Tab. 1). 60 % der Patienten mit einem Reizdarmsyndrom ändern ihre Diät, aber leider nicht immer hinsichtlich einer für dieses Krankheitsbild indizierten Form.

Im folgenden Artikel sollen Mythen und Fakten zu verschiedenen Intoleranzreaktionen beleuchtet werden.

Histaminintoleranz

Histamin entsteht durch Decarboxylierung aus der Aminosäure Histidin und wird mithilfe der beiden Enzyme Diaminoxidase (DAO) und Histamin-N-Methyltransferase abgebaut (Abb. 1). Da beim Metabolismus von Alkohol gleiche Enzyme zum Einsatz kommen wie beim His­taminmetabolismus, kann die Einnahme von Alkohol mit dem Histaminabbau interferieren und allfällige histamininduzierte Beschwerden exazerbieren. Endogen synthetisiertes Histamin ist an vielen physiologischen Abläufen im Körper mitbeteiligt. In Mastzellen und Basophilen gespeichert, fungiert Histamin als wichtiger Mediator bei der IgE-vermittelten Allergie vom Soforttyp (siehe assoziierte Beschwerden in Tab. 1). Exogen in grossen Mengen zugeführtes Histamin kann ab 1000 mg zu schweren Intoxikationen führen, z.B. im Rahmen einer Fischvergiftung, auch Scombroid-Vergiftung genannt. Die Fischvergiftung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit aber nicht nur auf Histamin zurückgeführt werden. Ob physiologischerweise vorkommendes und in kleineren Mengen oral aufgenommenes Histamin in Lebensmitteln tatsächlich zu ähnlichen Symptomen führen kann wie endogen freigesetztes Histamin, ist bis heute nicht geklärt (2). Beschwerden, die in Zusammenhang mit der Histaminintoleranz hauptsächlich erwähnt werden, sind Flush, Juckreiz, gastrointestinale Beschwerden (Nausea, Krämpfe, Diarrhö und Emesis), seltener auch Beschwerden vonseiten des Respirationstraktes oder kardiovaskuläre Symptome, also zum Teil ähnliche Beschwerden wie im Rahmen einer Soforttypallergie.

Als histaminreich gelten insbesondere mikrobiell verarbeitete resp. fermentierte Nahrungsmittel (Sauerkraut, Rotwein, Hartkäse, fermentiertes Fleisch, Büchsenfisch etc.). Der Histamingehalt in Lebensmitteln hängt u.a. ab von deren Prozessierung, Lagerung und Reifung. So kann z.B. ein Emmentalerkäse zwischen < 0.1 bis 2000 mg Histamin/kg enthalten (2). Patienten mit Verdacht auf Histaminintoleranz eine Liste mit möglicherweise histaminreichen Lebensmitteln abzugeben, ist entsprechend ohne begleitende Ernährungsberatung nicht sinnvoll und fehlleitend.

Eine Abbaustörung des oral aufgenommenen Histamins insbesondere auf Ebene der DAO wird als Hypothese für die Entstehung der Histaminintoleranz postuliert. DAO, aus Schweinenieren gewonnen, ist als Nahrungsergänzungsprodukt verfügbar. Im Rahmen einer doppelblinden placebokontrollierten Studie konnte aber keine signifikante Wirksamkeit der DAO-Supplementation vor oraler Einnahme von Histamin gezeigt werden, zumal die Symptome der Histaminintoleranz in dieser Studie nicht reproduzierbar waren (3). Ähnliche Resultate zeigten sich in einer 2023 publizierten Studie. 59 Patienten mit einer vermuteten Histaminintoleranz wurden verblindet und placebokontrolliert mit Histamin provoziert. In 85 % der Fälle konnte eine His­taminintoleranz ausgeschlossen werden. 63 % der Probanden reagierten auf Placebo. Nur gerade bei vier Patienten (7 %) konnte eine mögliche Histaminintoleranz attestiert werden (4). Bis heute gibt es keine verlässlichen diagnostischen Methoden, die eine Histaminintoleranz sicher belegen können. Die Messung der DAO-Aktivität im Serum wird von einigen Labors angeboten, konnte gemäss früheren Studien jedoch nicht zwischen Histaminintoleranten und Gesunden diskriminieren (5–6). Auch in der Studie aus dem Jahre 2023 ergab sich lediglich ein Trend zu tieferen Werten bei Patienten mit möglicher Histaminintoleranz. Die Spezifität des Testes reichte aber nicht aus, um die Diagnose zu bestätigen (4). Auch die zum Teil praktizierte Hauttestung mit Histamin (Histamin-50-Pricktest) zeigte keinen Unterschied zwischen Histaminintoleranten und Toleranten und wird entsprechend gemäss dieser Studie als nicht tauglich beurteilt. Die Bestimmung des Histamins im Stuhl, ebenfalls von gewissen Labors angeboten, wird als diagnostischer Marker für einen kompromittierten Histaminabbau infrage gestellt, zumal Darmbakterien selbst grössere Mengen von Histamin sezernieren können (2).

Zusammenfassend konnten in der Vergangenheit Beschwerden, die von Patienten mit Verdacht auf Histaminintoleranz geäussert wurden, in der Mehrzahl der Fälle mittels placebokontrollierter Provokationen nicht reproduziert werden. Eine entsprechende Verdachtsdiagnose soll nur mit grosser Vorsicht, nach Ausschluss wichtiger Differenzialdiagnosen, gestellt werden. Bei dringendem Verdacht empfiehlt sich zwingend eine Betreuung durch eine bezüglich diesem Krankheitsbild kompetente Ernährungsberatung. Diese umschliesst das Führen eines Ernährungstagebuches, gefolgt von einer kontrollierten diagnostischen Diät und bei Diätansprechen einer nachfolgend gezielten Diätlockerung. In diesem Rahmen kann auch der Einsatz einer DAO-Substitution (Daosin®, Selbstzahlerleistung) unter Beachtung der oben erwähnten Einschränkungen versucht werden.

Intoleranzreaktionen auf Additiva und Farbstoffe

Im Rahmen der industriellen Prozessierung werden Nahrungsmitteln sogenannte Additiva oder Lebensmittelzusatzstoffe in kleinen Mengen zugesetzt, um z.B. Haltbarkeit, Konsistenz, Geruch, Emulgierbarkeit oder Farbe des Nahrungsmittels zu beeinflussen. Der Einsatz dieser Additiva in der Lebensmittelindustrie ist gesetzlich geregelt (schweizerische Zusatzstoffverordnung). Sie müssen in der Zutatenliste genannt werden, u.a. mit der sogenannten ­E-Nummer (siehe Beispiele in Tab. 2). Diesen E-Nummern werden immer wieder krankheitsmachende Wirkungen zugeschrieben sowie die Auslösung oder Exazerbation von chronischen Erkrankungen wie dem atopischen Ekzem, der chronisch spontanen Urtikaria oder von unspezifischen Krankheitssymptomen wie Müdigkeit, Hitzeschübe, Abgeschlagenheit. Verschiedene, meist alte Studien zeigen diskrepante Ergebnisse bezüglich dem Vorliegen einer möglichen Additivaintoleranz (7).

Eine frühere Studie zeigte z.B., dass bei Kindern mit atopischem Ekzem in 75 % häufig nicht indizierte Diäten durchgeführt wurden und dass in 20 % des untersuchten Kollektivs eine Additivaeliminationsdiät durchgeführt wurde, 17 % mieden sämtliche «roten» Lebensmittel aufgrund der fälschlichen Annahme, dass «rote» Lebensmittel zu Hautrötung führen würde (8).

Allergien vom Soforttyp sind v.a. wenn auch selten auf natürliche Additiva beschrieben, wie z.B. auf das echte Karmin E120, aus Cochenilleläusen gewonnen, aber auch auf Pektin E440, aus Äpfeln und Zitrusfrüchten hergestellt, oder Johannisbrotkernmehl E410. Patienten mit einer entsprechenden Allergie berichten über typische Allergiebeschwerden (Tab. 1) unmittelbar nach Einnahme des additivahaltigen Lebensmittels.

Sulfite werden z.B. als Antioxidantien in Lebensmitteln verwendet und führten in den 1980er-Jahren u.a. zu schweren Asthmaexazerbationen. In der Folge wurde der Sulfitgehalt in Lebensmitteln reguliert. Bei einem Gehalt von über 10 mg/kg (10 ppm) muss Sulfit gekennzeichnet werden. Weisswein, Apfelwein und getrocknete Früchte sind besonders sulfitreich. Aufgrund Studien aus den 1980er-Jahren entwickelten ca 4 % der Patienten mit einem Asthma bronchiale unter Provokation mit Sulfiten eine Exazerbation (7). In einer weiteren Studie kam es jedoch bei Patienten mit positiver doppelblinder placebokontrollierter Provokation mit reinem Sulfit nur bei der Hälfte der Patienten zu Beschwerden, wenn sie mit sulfitreichen Lebensmitteln exponiert wurden (9).

Bis heute gibt es keine klare Evidenz, dass Benzoate zu Exa­zerbationen von Urtikaria, atopischem Ekzem oder Asthma bronchiale führen würden (7). Patienten mit dermatologischen Erkrankungen (n=54), u.a. mit atopischem Ekzem und chronischer Urtikaria, wurden in einer Studie mit einer Mischung aus sieben Additiva inkl. Farbstoffe, Sulfite und Benzoate provoziert. Fünf Patienten reagierten auf das Verum und nicht auf das Placebo, drei auf das Placebo und nicht auf das Verum sowie zwei sowohl auf Verum und Placebo. Die Autoren konnten damit keinen signifikanten Einfluss der Additiva auf den Krankheitsverlauf feststellen (10). Eine andere Studie exponierte 100 Patienten mit chronischer Urtikaria einfachblind mit einer Mischung aus 11 verschiedenen Additiva. Zwei Patienten erfuhren eine Exazerbation der Urtikaria. Unter doppelblinder Provokation konnte aber keine Reaktion reproduziert werden (11). In einer neueren Arbeit aus dem Jahre 2022 wurden 286 Patienten mit hohem Verdacht auf Additivaintoleranz doppelblind placebokon­trolliert mit multiplen Additiva in Kapseln provoziert. 15 % reagierten auf die Mischung sämtlicher Additiva mit Flush oder Diarrhö, entwickelten aber keine schwerwiegenderen Beschwerden. In über 80 % konnte eine Additivaintoleranz ausgeschlossen werden (12).

Zusammenfassend ist es möglich, dass einige wenige Patienten auf Additiva mit einer Intoleranzreaktion reagieren. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle konnte in den begrenzt vorliegenden Studien die Diagnose aber nicht bestätigt werden.

Additiva können jedoch das Mikrobiom verändern und damit Einfluss nehmen auf die Entstehung oder Reaktivierung einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. In Studien wurde gezeigt, dass Emulgatoren (z.B. Carboxymethylcellulose, Polysorbat) und Verdickungsmittel (z.B. Maltodextrin) die Mukosabarriere schädigen (13) und in keimfreien Mäusen zu einer niedriggradigen intestinalen Entzündung führen können (14). In der Literatur wird ebenfalls beschrieben, dass Carragene (E407), z.B. als Verdickungsmittel in Konfitüren, Babynahrung, Milchprodukten und Desserts eingesetzt, die Darmpermeabilität erhöhen, die Gesamtbakteriendichte reduzieren als auch die Bakterienzusammensetzung beeinflussen können (15–19).

Salicylatintoleranz

Salicylsäure ist eine natürlich vorkommende Substanz, währenddem Acetylsalicylsäure (Aspirin) eine chemische Verbindung ist, die in der Natur nicht vorkommt. Salicylate kommen natürlicherweise in Nahrungsmitteln vor ­(Alkohol, Obst, Rosinen, Gemüse, Kräuter und Gewürze). Die durchschnittliche tägliche Einnahme bei einer ausgewogenen Diät beträgt 3–5 mg, bei einer beschränkten Bioverfügbarkeit (20). Acetylsalicylsäure ist ein potenter Hemmer der Cyclooxigenase (COX)-1, während Salicylsäure die COX-2-Genexpression hemmt (7). Eine Intoleranz auf Acetylsalicylsäure (und andere NSAID) ist ein bekanntes Krankheitsbild und kann assoziiert sein mit nasalen Polypen, einer chronischen Rhinosinusitis und einem Asthma bronchiale (AERD, aspirin exacerbated disease, früher M. Widal). Bis heute gibt es keine Evidenz, dass die Einnahme von Salicylsäure in Lebensmitteln einen negativen Effekt hat für Patienten mit einer Aspirinintoleranz. Von einer salicylsäurereduzierten Diät ist dringend abzuraten (20).

FODMAP-Intoleranz

FODMAP ist ein Akronym und steht für fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und (And) Polyole. Damit sind Fruktane/Galaktane, Laktose, Fruktose und Polyole gemeint. Dies alles sind kurz- bis mittelkettige Kohlenhydrate, die intestinal eingeschränkt resorbiert und so als osmotisch aktive Teilchen Flüssigkeit in den Dünndarm ziehen und vom Mikrobiom des Kolons fermentiert werden (21). Dies führt zu Meteorismus und Veränderung der Darmtätigkeit, meist Diarrhö. Die viszerale Hypersensitivität, wie sie bei Patienten mit einem Reizdarmsyndrom (irritable bowel syndrome, IBS) vorkommt, kann die Beschwerden erklären, welche diese Patientengruppe nach Konsum von gasproduzierenden Nahrungsmitteln erfährt (22).

Wenn bei Patienten die Diagnose eines Reizdarmsyndroms definitiv bestätigt wurde und Symptome wie Borborygmus, Abdominalgien, Meteorismus, imperativem Stuhldrang sowie Veränderung der Stuhlkonsistenz durch FODMAP-reiche Lebensmittel typischerweise exazerbieren, soll in der Hausarztpraxis keine serologische Bestimmung von Immunglobulinen gegen Nahrungsmittel veranlasst werden.

Falls generelle Lifestyle-Massnahmen und Ernährungsempfehlungen (siehe nebenan) ungenügend wirken, empfehlen wir – entsprechend den internationalen Guidelines – eine FODMAP-arme Ernährung. Diese Ernährungsweise wurde in verschiedenen Studien weltweit geprüft und hat auch gemäss verschiedenen Metaanalysen eine sehr gute Wirksamkeit gezeigt (23). Die Therapie ist am effizientesten, wenn sie durch eine persönliche Ernährungsberatung instruiert, anstatt durch Selbststudium umgesetzt wird (24). Wichtig anzufügen ist, dass nach einer Eliminationsphase von 4–6 Wochen (abhängig vom klinischen Ansprechen) die einzelnen FODMAP-Komponenten schrittweise wieder eingeführt werden und so die individuelle Toleranzschwelle bestimmt wird (25). FODMAPs dienen nämlich dem intestinalen Mikrobiom als Nahrungsquelle. Eine zu rigorose Elimination kann einen negativen Effekt auf das Mikrobiom haben und u.a. zu einer Reduktion an für das Mikrobiom wichtigen Bifidobakterien führen (26). Im Folgenden wird auf die einzelnen FODMAP-Komponenten eingegangen:

Fruktane/Galaktane

Bei einer FODMAP-Intoleranz sind es hauptsächlich die Oligosaccharide Fruktan und Galaktan (Tab. 3), welche das Hauptproblem darstellen, da es im Dünndarm keine Enzyme gibt, welche Oligosaccharide spalten. Somit wandern diese Stoffe unverändert ins Kolon, wo sie bakteriell fermentiert werden und zu den bekannten Symptomen führen. Als pragmatisches Herangehen bei einem vermuteten FODMAP-induzierten IBS können primär diese Oligosaccharide reduziert und nur bei einem Nichtansprechen auch weitere FODMAP-Komponenten ausgeschlossen werden («Step-up»-Herangehensweise). Nebst den bekannten fruktanhaltigen Gemüsen Zwiebel und Knoblauch kommt auch in Weizen sehr viel Fruktan vor, und eine Reduktion des Brotkonsums kann manchmal die Symptomatik bereits deutlich verbessern.

Laktose

Bei einem Laktasemangel liegt ein Enzymmangel zur Spaltung des Disaccharides vor. Durch eine Mutation des Laktasegens sinkt die Laktaseaktivität. Dies ist bei bis zu 15 % der europäischen Bevölkerung der Fall. Die Restaktivität der Laktase in den Dünndarmzotten ist dann unfähig, sämtliche laktosehaltigen Produkte zu spalten. Die Symptome sind mengenabhängig und dienen somit der Diagnostik. Bei Unklarheit oder auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten kann ein H2-Atemtest oder ein Laktase-Biopsie-Schnelltest während einer Gastroskopie zur Diagnosesicherung durchgeführt werden. Therapeutisch gilt es, die Laktosemenge zu reduzieren, die eigene Toleranzschwelle auszutesten und im Bedarfsfall das Enzym zu supplementieren.

Falls kein Laktasemangel und keine Milchallergie vom Soforttyp vorliegen, aber die Patienten trotzdem Beschwerden nach Milchkonsum erfahren, kann z.B. eine Unverträglichkeit aufgrund einer hohen Fettkomponente (3.5 % Vollmilch) oder aufgrund des hohen LCT-Anteils (LCT = long chain triglycerides) der Kuhmilch vorliegen. Bei erhaltener Laktaseaktivität und Symptomen kann es also hilfreich sein, auf eine Drink-/Magermilch (1.5–2.5 resp. 0.1–0.5 % Fettanteil) zu wechseln oder auf Ziegen-/Schafsmilch (niedrigerer LCT- und höherer MCT-Fettgehalt; MCT = medium chain triglycerides) resp. Sojadrink umzusteigen (27).

Fruktose

Fruktose (Tab. 4) wird intestinal über zwei Mechanismen resorbiert: einerseits via den fakultativen GLUT-5-Transporter oder, wenn mit Glukose zusammen resorbiert, effizienter via den GLUT-2-Transporter. Die Fruktosemalabsorption stellt grundsätzlich ein Mengenproblem dar. Die Resorption über den selektiven GLUT-5-Fruktosetransporter ist limitiert. Wie viel Fruktose vertragen wird, ist von Person zu Person verschieden. Die gleichzeitige Aufnahme von Glukose stimuliert die Aktivität des GLUT-5-Transporters, sodass Saccharose (Glukose-Fruktose-Disaccharid) relativ gut resorbiert wird, Zuckeralkohole (Polyole) wirken hingegen hemmend. Die Diagnose einer stark eingeschränkten Fruktoseabsorption kann durch einen H2-Atemtest (Belastung mit 25 g Fruktose; dies entspricht der Menge von ca. 4 dl Apfelsaft) gestellt werden (28).

Die nicht-zöliakiebedingte ­Weizen­sensitivität

Eine spezifische Gruppe der Nahrungsmittelintoleranz wird von Betroffenen mit der Aufnahme von Weizen assoziiert. Patienten berichten über intestinale und extraintestinale Symptome nach Konsum von Weizen, aber sie weisen keine zöliakiespezifischen oder IgE-Antikörper auf (29). Die Prävalenz liegt zwischen 0.6 %–10 % und kommt mehrheitlich bei Frauen vor (30). Da es keinen Biomarker für diese Entität gibt, ist es schwierig, eine affirmative Diagnose zu stellen. Das Krankheitsbild wird aufgrund mangelnder Evidenz kontrovers diskutiert. Die beschriebenen Symptome sind mannigfach. Als Ursache der weizeninduzierten Beschwerden könnte auch ein IBS vorliegen mit Exa­zerbation der Beschwerden aufgrund einer Fruktanintoleranz (siehe oben) oder eine Unverträglichkeit auf andere Weizenproteine (z. B. Amylase-Trypsin-Inhibitoren, ATI). Eine Metaanalyse zeigte z. B., dass nur 16 % der «nichtzöliakiebedingten Weizensensitivität»-Patienten gluten- spezifische Symptome zeigten (31). Zudem zeigte sich in einer doppelblinden placebokontrollierten Crossover-Studie, die Gluten und Fruktan verglich, dass die Mehrheit der Studienpopulation auf Fruktan- und nicht Glutenkonsum den ausgeprägtesten Meteorismus entwickelte (32).

Therapeutisch empfehlen wir primär eine FODMAP-arme Ernährung, da bei dieser Intervention sowohl der Fruktan- als auch der Glutenkonsum reduziert wird.

Historie
Manuskript eingegangen: 28.10.2024
Angenommen nach Revision: 20.01.2025

Prof. Dr. med. Barbara Ballmer-Weber

Chefärztin Allergologie
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St.Gallen

Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich

barbara.ballmer-weber@kssg.ch

Dr. med. Claudia Krieger-Grübel 

Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie
HOCH Health Ostschweiz
Kantonsspital St. Gallen

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Medikamentös induzierte Nebenniereninsuffizienz

Einleitung

Pathophysiologie

Die HHN-Achse wird zentral von Stressfaktoren und Tageslicht stimuliert und durch ein negatives Feedback bei Anstieg der Cortisolproduktion supprimiert (Abb. 1). Eine medikamentös induzierte Nebenniereninsuffizienz (NNI) kann auf hypothalamisch-hypophysärer Ebene, durch direkte Medikamenteneffekte auf die Nebennieren oder durch Interferenz mit den Glucocorticoidrezeptoren entstehen (1). Eine direkte Schädigung der Nebennierenrinde, z. B. durch eine Autoimmunreaktion (unter ICI gegen PD-1/PD-L1), Hämorrhagie (unter Heparin, Warfarin, Tyrosin-Kinase-Inhibitoren) oder Zytotoxizität (Mitotan), kann zu einer primären NNI führen. Ebenso kann die Cortisolsynthese auf enzymatischer Ebene durch verschiedene Medikamente, unter anderem Azole (Ketonazol, Itraconazol, Fluconazol, Posaconazol), gehemmt werden (Abb. 2). Andere Substanzen (z. B. Mifepriston) können die Glucocorticoidrezeptoren oder die GC-abhängige Gentranskription (Chlorpromazin und Imipramin) blockieren. Ein vermehrter Cortisolmetabolismus durch Induktoren des CYP3A4s (z. B. Phenobarbital, Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin …) kann zudem zu einer Reduktion des zirkulierenden Cortisols führen. Bei einer zentralen NNI hingegen wird die Sekretion vom Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) und adrenocorticotropen Hormon (ACTH) in Hypothalamus und Hypophyse supprimiert, was im Verlauf zu einer Atrophie der Nebennierenrinde und somit zu einer verminderten Produktion von GC und Androgenen (Dehydroepiandrosteronsulfat oder DHEAS) führt. Diese kann im Rahmen einer immunvermittelten Hypophysitis unter ICI (vor allem Anti-CTLA4) durch die inhibitorische Wirkung von Opiaten auf die CRH- und ACTH-Sekretion sowie, am häufigsten, durch die Stimulation des negativen Feedbacks durch supraphysiologische Dosen exogener GC oder GC-ähnlicher Medikamente (Megestrolacetat) auftreten (2, 3).

Epidemiologie

In einer retrospektiven Studie, basierend auf Daten des FDA-Adverse-Event-Reporting-System (FAERS), wurden 56 Medikamente aufgelistet, welche mit einer iatrogenen NNI assoziiert sind (4). Die häufigste Ursache stellen die synthetische GC dar. In einer dänischen Populationsstudie beträgt die jährliche Prävalenz der Patienten mit einer Verordnung für GC ca. 3 %, wobei diese bei älteren Personen (> 80 Jahren) bei 10 % liegt (5). Hierunter wird das Risiko für die Entwicklung einer sekundären NNI bei peroralen Präparaten, gemäss einer holländischen Metaanalyse, auf bis zu 48,7 % geschätzt (6). Ebenso werden ICI zunehmend als Ursache einer sekundären NNI beschrieben. Zwischen 2015 und 2020 wurden, gemäss retrospektiven Daten der FDA, bis zu 1/3 der selbst berichteten iatrogenen NNI mit ICI assoziiert (4). Die immunvermittelte Hypophysitis tritt bei bis zu 5 % der Patienten unter CTLA-4-Inhibitoren und bis zu 8 % unter Kombinationstherapie mit PD-(L)1-Inhibitoren auf (7). Die primäre NNI nach autoimmuner Adrenalitis kommt bei < 1 % der Patienten unter PD-(L)1-Inhibitoren und bis zu 4–8 % unter Kombinationstherapien vor (8). Opiate sind eine weitere bedeutende Ursache, insbesondere in den USA, wo zwischen 2019 und 2020 bis 11.9 % der Erwachsenen eine Verschreibung dafür erhielten (9). Unter chronischem Opiatgebrauch wird das Risiko für die Entwicklung einer sekundären NNI auf bis zu 15–24 % geschätzt (10).

Glucocorticoide

Glucocorticoide werden seit den 1950er-Jahren dank ihrer immunmodulatorischen Wirkung für autoim­mune, entzündliche, onkologische oder immunologische Erkrankungen sowie bei transplantierten Patienten in unterschiedlicher Darreichungsform angewendet. Leider sind auch die damit assoziierten Nebenwirkungen nicht vernachlässigbar. Bereits bei einer täglichen Therapie mit 20–30 mg Cortisol-äquipotenten Präparaten besteht bei einer Langzeitanwendung ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Diabetes mellitus Typ 2, Osteoporose mit pathologischen Frakturen, arterieller Hypertonie, Infektionen, gastrointestinalen Erkrankungen (z. B. Ulkusleiden), thromboembolischen Ereignissen und einer erhöhter Gesamtmortalität (11). Zudem besitzen alle Glucocorticoidpräparate das Potenzial, entweder durch systemische Gabe oder durch systemische Resorption nach First-Pass-Effekt, die HHN-Achse zu supprimieren. Nach dem Absetzen der GC erholt sich die Hypophysenfunktion als Erstes, während die vollständige Erholung der Nebennierenfunktion mehrere Monate bis Jahre dauern kann. Das Risiko der Entstehung einer sekundären NNI ist von diversen Einflussfaktoren abhängig, welche vor Verschreibung von Glucocorticoiden berücksichtigt werden sollten (12).

Risikofaktoren

Das höchste Risiko für die Entwicklung einer NNI nach exogenen GC besteht unter peroraler oder intraartikulärer Gabe mit einer Prävalenz von ca. 49 % und 52 % (Tab.1). Mittels inhalativer, topischer und intranasaler Präparate liegt diese allerdings unter 10 % (6). Bei peroraler Therapie ist das Risiko von der Frequenz der Gaben (erhöhtes Risiko bei mehreren/abendlichen Gaben) (13) und der Gesamtexposition (Dosis > 5–7.5 mg/Tag Prednison-äquivalent, Dauer länger als vier Wochen und höhere Stärke/Halbwertzeit) abhängig. Unter inhalativen Glucocorticoiden konnte ein hohes Risiko unter Fluticason (aufgrund der längeren Halbwertszeit und hoher Rezeptoraffinität), hohen Dosen (> 500 ug/Tag Fluticason-äquivalent) und bei einer Dauer von länger als sechs Monaten (bei mittlerer/hoher Dosis bzw. zwölf Monaten mit jeder Dosis) gezeigt werden. Nach wiederholten intraartikulären Injektionen oder bei aktiver Osteoarthritis (aufgrund der erhöhten Durchblutung und somit der erhöhten systemischen Absorption) ist ebenso das Risiko für eine NNI erhöht. Für topische Präparate besteht ein erhöhtes Risiko insbesondere bei Applikation auf eine grosse Hautfläche, Schleimhäute oder offene/entzündete Stellen. Unabhängig von den verordneten Präparaten können die Patienten eine unterschiedliche Anfälligkeit für eine sekundäre NNI entwickeln (12). Adipöse oder ältere Patienten sowie Patienten mit cushingoiden Zügen nach GC-Therapie oder nach bereits stattgehabter Addison-Krise sind besonders gefährdet (14). Des Weiteren können bestimmte Medikamente (z. B. CYP3A4-Inhibitoren) durch die Erhöhung der systemischen GC-Exposition oder andere Substanzen mit supprimierender Wirkung auf die HHN-Achse (z. B. Opiate, Megestrolacetat, CYP3A4- Induktoren …) die Cortisolkonzentrationen beeinflussen und somit eine sekundäre NNI begünstigen (12).

Management – neue Empfehlungen

2024 wurde die erste offizielle Richtlinie zum Management (Tapering, Diagnose und Therapie) der GC-induzierten NNI von der European Society of Endocrinology and Endocrine Society publiziert (14). Obwohl die Evidenz, auf der die Empfehlungen beruhen, überraschend schwach ist und viele Studien laborchemische Endpunkte bzw. Surrogatmarker und selten klinische Endpunkte untersucht haben, stellt die Richtlinie ein wichtiges, neues Instrument für alle Ärzte, die GC anwenden, dar. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte wird im Anhang 1 dargestellt.

Bezüglich des Taperings wird vor allem auf die Wichtigkeit regelmässiger klinischer Kontrollen hinsichtlich des Auftretens von GC-Entzugssymptomen und deren Abgrenzung von einer Nebenniereninsuffizienz (Tab. 2) hingewiesen. Ein exaktes «Ausschleichschema» hat sich bis dato nicht etabliert, da diesbezüglich noch Vergleichsstudien fehlen, und dieses in Abhängigkeit der Risikofaktoren individualisiert werden sollte. Nach Erreichen der physiologischen Äquivalenzdosis werden in den Leitlinien allerdings zwei Vorgehensmöglichkeiten vorgeschlagen. Zum einen das Fortführen des Taperings in Mg-Schritten, zum anderen die Bestimmung des Nüchterncortisols zur Evaluation der endogenen Cortisolsekretion nach Erreichen einer Äquivalenzdosis von max. 20–30 mg Cortisol (5–7.5 mg Prednison). Obwohl kein optimaler Cut-off zwischen pathologischen und physiologischen Cortisolwerten besteht, wurde anhand der aktuellen Studienlage ein morgens nüchtern um 8 Uhr bestimmter Serumcortisolwert von 300 nmol/l vorgeschlagen, dessen Überschreiten ein sicheres Absetzen einer GC-Therapie erlaubt. Mit der Bestimmung müssen interferierende Faktoren, bspw. ein veränderter zirkadianer Rhythmus, Medikamente (orale Östrogene), besondere Situationen, die Einfluss auf die Gesamtcortisolbestimmung haben (Schwangerschaft, Leberzirrhose etc.), berücksichtigt werden. Eine aktuell laufende schweizerische multizentrische randomisierte und placebokontrollierte Studie (TOASST) wird künftig ebenso mehr Informationen bzgl. der Sicherheit eines abrupten Therapiestopps liefern können (15). Im Fall eines Taperings ohne biochemische Bestätigung der Erholung der HHN-Achse wird in den Leitlinien zudem der Einsatz einer peroralen/parenteralen Steroidstressprophylaxe in Stresssituationen oder bei klinischem V.a. Addison-Krise empfohlen. Die Durchführung eines ACTH-Stimulationstests ist nicht routinemässig empfohlen und besonderen Situationen vorbehalten.

Immuncheckpoint-Inhibitoren

Seit ihrer ersten Zulassung in 2011 werden die ICI als Monotherapie oder in Kombination für die systemische Behandlung von mindestens 17 verschiedenen Tumorarten eingesetzt. Diese monoklonalen Antikörper blockieren die Immun-Checkpoints (CTLA-4 und PD-1) auf den T-Lymphozyten, welche die Proliferation dieser Zellen regulieren und den Körper vor möglichen Autoimmunreaktionen schützen, wenn die T-Lymphozyten von den eigenen Zellen aktiviert werden. Die Tumoren können das Immunsystem umgehen, indem sie die Immun-Checkpoints aktivieren und die Aktivität der T-Lymphozyten hemmen. Durch ICI werden diese inhibitorische Regulationsmechanismen blockiert, was neben der gewünschten Aktivierung der antitumoralen Immunantwort zu vermehrten immunvermittelten Reaktionen als Nebenwirkung führen kann (16). Bis zu 60 % der Patienten unter kombinierter ICI-Therapie können davon betroffen sein und immunvermittelte Reaktionen in multiplen Organen (Gastrointestinaltrakt, endokrines System, Leber, Haut, Lunge, Zentralnervensystem, Nieren, Augen und Knochenmark) entwickeln. Immunvermittelte Endokrinopathien treten bei bis zu 10–20 % der Patienten unter ICI auf. Diese sind, im Gegensatz zu den restlichen Manifestationen, auch unter immunsupprimierender Therapie irreversibel und benötigen eine lebenslange Hormonsubstitution. Am häufigsten werden Thyreoiditiden und Hypophysitiden beobachtet. Seltener können auch eine primäre NNI als Folge einer Adrenalitis und eigentlich jede bekannte endokrine Autoimmunerkrankung auftreten (17). Zur vorzeitigen Erkennung einer ICI-induzierten primären oder sekundären NNI wird eine Kontrolle des Nüchterncortisols sowie des TSH inklusive fT4 vor jedem Therapiezyklus bis 12 Wochen nach Therapieabschluss empfohlen (16, 18).

Hypophysitis (sekundäre NNI)

Die Pathogenese der ICI-induzierten Hypophysitis ist noch nicht vollständig verstanden. In einer Studie mit Tiermodell (19) wurde als Hypothese eine immunologische Typ- II-Reaktion beschrieben, wobei es zur Infiltration der Hypophyse durch Lymphozyten und Bildung von Antikörper gegen thyreotrope, corticotrope und gonadotrope Zellen, welche CTLA-4-Antigen exprimieren, kommt. Dies würde die bedeutend höhere Inzidenz unter CTLA-4- gegenüber PD(L)-1-Inhibitoren erklären (20). Die Hypophysitis betrifft häufiger Männer als Frauen und manifestiert sich durchschnittlich neun Wochen nach Therapiestart, kann allerdings bis zu mehrere Monate nach abgeschlossener Therapie auftreten. Die Symptome entstehen durch einen Kompressionseffekt (Kopfschmerzen, Nausea, Sehstörungen) oder die ausbleibende Hormonproduktion (NNI, Hypogonadismus, Hypothyreose). Die laktotrope und somatotrope Achse ist selten betroffen. Bei klinischem Verdacht kann die Diagnose durch die Bestimmung der hypophysären Hormone und Elektrolyte erfolgen (Tab. 3). Ebenso ist eine zerebrale Bildgebung mittels MRI, vor allem bei Kompressionssymptomen, sinnvoll. Die Therapie besteht aus der entsprechenden Hormonsubstitution (CAVE: bei gleichzeitiger NNI und sekundärer Hypothyreose muss die GC-Substitution vor der Schilddrüsensubstitution begonnen werden). Bei Kompressionsbeschwerden soll initial eine hoch dosierte GC-Therapie (1–2 mg/kgKG Prednisolon) während 1–2 Wochen mit konsekutiv raschem Tapering und Umstellung auf Hydrocortison verabreicht werden, um einen schnellen abschwellenden Effekt zu erzielen. Eine Pausierung der ICI bis zur Verbesserung der Symptomatik soll ebenso evaluiert werden (16).

Adrenalitis (primäre NNI)

Patienten unter monoklonalen PD-(L)1-Inhibitoren oder Kombinationstherapie können in seltenen Fällen eine autoimmune Adrenalitis, z. T. mit Nachweis von Anti-21-Hydroxylase-Antikörpern, entwickeln. Diese tritt vermehrt bei Frauen und durchschnittlich 16 Wochen nach Therapiebeginn auf. Die Symptome sind zumeist, ähnlich anderer Formen der primären NNI, schwerwiegend und mit einer erhöhten Mortalität im Rahmen einer möglichen Addison-Krise verbunden. Die Diagnosestellung erfolgt vor allem klinisch, wobei die Messung eines tiefen Serumcortisols um 8 Uhr bei erhöhtem ACTH sowie niedrigem Aldosteron und erhöhtem Renin die Diagnose bestätigt und eine Hyponatriämie, Hypoglykämie und Hyperkaliämie hinweisend sind. Eine initial hoch dosierte parenterale Hydrocortisonsubstitution (wie bei Addison-Krise) ist in den meisten Fällen notwendig und kann im Verlauf auf eine Erhaltungsdosis von 15–25 mg Hydrocortison und Fludrocortison 0.05–0.1 mg/Tag p.o. umgestellt werden (Tab. 3) (18).

Opiate

Trotz der häufigen Anwendung von Opiaten werden die damit verbundenen endokrinen Nebenwirkungen weiterhin selten und oft zu spät erkannt. Da die Klinik mit den Symptomen einer Opiatüberdosierung verwechselt werden kann, wird die opiatinduzierte Nebenniereninsuffizienz (OI-NNI) nur bei ca. 10 % der Patienten korrekt diagnostiziert (21). Das Risiko für eine OI-NNI steigt mit der Dauer und der Dosis der Opiate an. In einer amerikanischen Querschnittsstudie wurde eine sekundäre NNI ab einer Dosis von > 20 MME (Mg-Morphin-äquivalent) beobachtet, sodass ein regelmässiges klinisches Screening bei Patienten unter > 20 MME empfohlen wird (22). Gemäss der aktuellen Datenlage besteht noch kein Konsensus hinsichtlich eines einheitlichen diagnostischen Vorgehens. In mehreren Übersichtsartikeln wurden die Messung des Serumcortisols nüchtern um 8 Uhr und ggf. DHEAS sowie bei unklaren Befunden die Durchführung eines ACTH-Stimulationstests (gleiche Cut-offs wie für die GC-induzierte NNI) vorgeschlagen (23). Ein Insulintoleranztest als Goldstandard kann alternativ in Betracht gezogen werden, wird allerdings aufgrund der limitierten Verfügbarkeit und möglichen Nebenwirkungen selten angewandt. Sollte sich die Diagnose bestätigen und der Patient dazu passende Symptome aufweisen, kann eine Substitution mit Hydrocortison p.o. 15–25 mg/Tag unter regelmässiger klinischer Kontrolle etabliert werden. Ebenso soll die Reduktion bzw. das Sistieren der Opiattherapie angestrebt werden, da die NNI hierunter im Verlauf reversibel sein kann (24). Die durchschnittliche Zeit bis zur vollständigen Erholung der HHN-Achse ist allerdings bis dato unbekannt (25).

Abkürzungen
ACTH Adrenocorticotropes Hormon
CRH Corticotropin-releasing hormon
CTLA-4 Cytotoxic T-lymphocyte-associated Protein 4
DHEAS Dehydroepiandrosteronsulfat
FAERS Food and Drugs Administration Adverse-Event-Reporting-System
GC Glucocorticoide
HHN-Achse Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse
ICI Immuncheckpoint-Inhibitoren
NNI Nebenniereninsuffizienz
OI Opiatinduziert
PD-1 Programmed death-protein 1
PD-L1 Programmed death-protein ligand 1

Historie
Manuskript eingegangen: 26.11.2024
Angenommen nach Revision: 27.02.2025

PD Dr. med. Stefan Bilz

Klinik für Endokrinologie, Diabetologie,
Osteologie und Stoffwechselerkrankungen
HOCH Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

stefan.bilz@h-och.ch

Dr. med. Sofia Flores Borsari

Klinik für Endokrinologie, Diabetologie,
Osteologie und Stoffwechselerkrankungen
HOCH Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

• Multiple Medikamente können die Funktion der Hypophyse/Hypothalamus/Nebennieren, aber auch die Cortisol-­Konzentration und seine zelluläre Wirkung beeinflussen, die häufigste medikamentöse Ursache einer NNI stellen exogene Glucocorticoide dar.
• Nach Erreichen einer Tagesdosis von 7.5–5 mg Prednisonäquivalent kann die Therapie mg-weise ausgeschlichen werden oder eine Messung des Serumcortisols morgens um 8:00 h erfolgen. Bei einem Wert > 300 nmol/l kann die Therapie gestoppt werden. Eine Steroidstressprophylaxe ist bei allen Patienten nach/unter niedrigdosierter GC-Therapie ohne biochemischen Nachweis einer adäquaten Cortisolproduktion sinnvoll.
• ICI Anti CTLA-4 verursachen am Häufigsten eine sekundäre NNI durch eine Hypophysitis, wohingegen Anti PD(L)-1 für eine primäre NNI bei Adrenalitis verantwortlich sind. Diese können sich 9–16 Wochen nach Therapiestart manifestieren und sind irreversibel.
• Bei einer Opiat-Therapie sollte ab einer Dosis > 20 MME ein regelmässiges Screening auf Symptome einer NNI erfolgen. Eine Substitutionstherapie ist häufig nur vorübergehend notwendig da die NNI nach Sistieren der Opiattherapie reversibel ist.

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