Täglich verordnen Ärztinnen und Ärzte zahlreiche Medikamente, die den Gesundheitszustand ihrer Patienten verbessern sollen. Dass die Medikation auch gewisse Risiken birgt, ist uns allen bewusst. Doch ist sie deshalb ein gefährliches Handwerk? Wie wir Fehlmedikationen noch besser vorbeugen und Fehleinnahmen seitens der Patienten vermeiden, wird durch eine CIRS-Datenanalyse deutlich.
Die Allgemeinmediziner Dr. med. Markus Gnädinger und Dr. med. Esther Henzi sind CIRS (critical incident reporting system) -Verantwortliche der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin SGAIM. Durch eine Studie im schweizerischen Sentinella-Meldesystem und die Analyse der gesammelten CIRS-Daten zahlreicher Hausärztinnen und Hausärzte können sie Präventivmassnahmen aufzeigen, die das Risiko von Medikations- und Einnahmefehlern reduzieren und Ärztinnen und Ärzten helfen, «Lücken» im eigenen Behandlungsablauf zu identifizieren. An der vergangenen APA-Informationsveranstaltung in Zürich präsentierten Dr. Gnädinger und Dr. Henzi erste Ergebnisse.
Dr. med. Markus GnädingerDr. med. Esther Henzi
Risiken für Patienten und Ärzte
Es existieren hauptsächlich zwei durch Medikation gefährdete Personengruppen: Zum einem der Patient selbst, zum anderen der Arzt. Wobei der Patient in physischer Hinsicht direkt betroffen ist, der Arzt lediglich in juristischer und psychologischer Sicht zum Risikoträger wird. Ein Medikationsfehler kann sich beim Patienten mit einer Gesundheitsstörung auswirken, meist harmlos, im Extremfall aber lebensbedrohlich oder gar tödlich. Medikationsfehler stellen 1/3 aller Behandlungsfehler dar. Nicht immer ist jedoch ein Verordnungsfehler des Arztes Auslöser dafür.
Patientenverständnis erhöhen und sicherstellen
Ein Grossteil der über die Sentinella-Studie identifizierten Fehlmedikationen liegen in einer fehlerhaften Dosierung (in 40 % der Fälle zu hoch), in der Verordnung falscher Medikamente bzw. Verwechslung sowie in der fehlerhaften Einnahme von Medikamenten durch die Patienten. Fehlmedikationen resultieren dabei zumeist aus Missverständnissen in der mündlichen Kommunikation zwischen Patienten und Arzt, dem Arzt und seiner MPA oder aber zwischen Arzt und Spital bzw. anderen vorübergehend zuständigen Schnittstellen sowie der Patientenunwissenheit. Für die Ärztinnen und Ärzte gilt es daher systematische Sicherheitsfilter zu installieren, die die korrekte Abgabe aber auch die richtige Einnahme von Medikamenten sicherstellen sollen.
Kommunikation ist das A und O
Der behandelnde Arzt sollte sich vergewissern, dass der Patient über genügend Wissen verfügt, um die verordneten Medikamente ordnungsgemäss anzuwenden. Dabei sind auch die Wirkungsweise, Nebenwirkungen und allfällige Interferenzen mit anderen Präparaten zu beachten. Die CIRS-Datenbank enthält Beispiele, die belegen, dass Fehlmedikationen durch eine wiederholte Patientenschulung sowie durch gezielte Rückfragen zum Erklärten oder Erlernten an den Patienten vorgebeugt werden kann. An dieser Stelle sollen vier Beispiele aus der CIRS-Datenbank zur Verdeutlichung dienen:
1. Insulin in Narbe gespritzt > fehlende Wirkung
Bei einem 65-jährigen Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes Typ 2 wurden die BZ-Werte immer schlechter und liessen sich kaum mehr einstellen. Schliesslich stellte sich heraus, dass besagter Patient das Insulin immer an der gleichen Stelle appliziert hatte. Dies, obwohl er zuvor (eigentlich) korrekt instruiert wurde. 2. Kurzwirksames Insulin zum falschen Zeitpunkt > Nahrungseinnahme nicht beachtet
Eine Diabetikerin, welche schlecht Deutsch spricht und Analphabetin ist, wurde mit einem Basis-Bolus-Schema eingestellt (Tresiba und 3 x täglich NovoRapid). Bei der routinemässigen HbA1c-Kontrolle schilderte sie Episoden, in denen sie nervös sei und schwitze. Es stellte sich heraus, dass die Patientin nie ein Frühstück eingenommen hatte, sich aber dennoch täglich eine Morgendosis NovoRapid spritzte. 3. ACE-Hemmer doppelt eingenommen > Patienten-Irrtum
Bei einer Patientin wurde während eines Spitalaufenthaltes der bisherige ACE-Hemmer von Ramipril auf Lisinopril gewechselt. Wieder zu Hause nahm die Patientin ihre üblichen Medikamente ein, plus die neuen vom Spital verordneten. Dies führte zu einer Doppeleinnahme der ACE-Hemmer (Ramipril und Lisinopril). 4. Anwendung von Abkürzungen vermeiden > Unzureichende Schnittstellen-Kommunikation
Ein Patient mit rheumatoider Arthritis wurde in eine Klinik eingewiesen. Dort verordnete man ihm «Mo und Mi» (Montag und Mittwoch) Methotrexat. Als die Rückverlegung ins Pflegeheim erfolgte, wurde die Verordnung «Mo und Mi» irrtümlich falsch interpretiert und übernommen. Dort wurde das Methotrexat «morgens und mittags» verabreicht.
Sich selbst und die Patienten regelmässig überprüfen
Die Beispiele zeigen, dass eine «Fehlmedikation» unterschiedliche Ursachen haben kann, dieser häufig jedoch eine unterlassene oder missverständliche Kommunikation zu Grunde liegt. Elementar zum Vorbeugen solcher Fehler ist die repetitive Schulung der Patienten und die wiederholte Überprüfung der Anwendung durch den behandelnden Arzt. Ein besonderes Augenmerk sollte bei einer vorübergehenden Behandlung durch Dritte (z.B. Spital) auf die Überprüfung der Medikation gelegt werden. Gerade alte Menschen oder Personen aus anderssprachigen Ländern bedürfen dabei einer besonderen Aufmerksamkeit.
Mit einfachen Massnahmen vorbeugen
Mit dem Einsatz von Medikamenten am Patienten, übernimmt der Arzt eine grosse Verantwortung. Im Sinne der 5-R-Regel sollte er immer sicherstellen, dass der richtige Patient, das richtige Medikament, in der richtigen Dosierung zur richtigen Zeit und in der richtigen Applikationsweise erhält. Allein durch die Prüfung dieser 5 Regeln, kann einer Fehlmedikation entscheidend vorgebeugt werden. Ebenso sind die kontinuierliche Patientenschulung und korrekte Einschätzung möglicher Risiken (Fremdsprachen, Schnittstellen etc.) hilfreiche Mittel zur Fehler- und Missverständnis-Reduktion. Im Falle einer Überweisung oder Zwischenbehandlung von Dritten muss zwingend eine Nachkontrolle und Überprüfung des Einnahmeplans erfolgen.
Vanessa Mengel
APA-Projektleiterin
Gnädinger M., Conen D., Herzig L. et al: Medication incidents in primary care medicine: a prospective study in the Swiss Sentinel Surveillance Network (Sentinella). Link zur Studie: https://bmjopen.bmj.com/content/7/7/e013658
Veränderungen in Gesellschaft und Gesundheitswesen haben sich in den letzten Jahren auf die Nachfrage an spezialisierter Beckenbodenphysiotherapie ausgewirkt. Einerseits hat der anfängliche perinatale Fokus der Beckenbodenphysiotherapie sich auf viele andere Domänen erweitert, andererseits sorgt die steigende Lebenserwartung für eine dramatische Zunahme der Prävalenz von Beckenbodendysfunktionen und der damit verbundenen Kosten. Die Beckenbodenphysiotherapie ist eine Spezialisierung der Physiotherapie, die sich auf Frauen, Männer und Kinder mit Dysfunktionen im Beckenbereich konzentriert. Der Beckenbereich ist definiert als der Beckengurt mit Beckenbodenmuskulatur und Beckenorganen, der Lendenwirbelsäule und den Hüftgelenken. Gegenseitige Beeinflussung des Bewegungsapparates und der Organsysteme kann neben muskuloskelettalen Beschwerden, Funktionsstörungen der Miktion, Defäkation und Sexualität auch Organsenkungen und Schmerzen hervorrufen (1).
Dans les dernières années, les changements dans la société et dans le système de santé publique ont eu des répercussions sur la demande en physiothérapie spécialisée du plancher pelvien. D’ une part, les indications pour la physiothérapie du plancher pelvien, auparavant concentrées sur les problèmes périnatales, se sont élargies vers de nombreux autres domaines. D’ autre part, l’ amélioration de l’ espérance de vie a provoqué un accroissement dramatique de la prévalence des dysfonctions du plancher pelvien et des coûts associés. La physiothérapie du plancher pelvien est une spécialisation de la physiothérapie. Elle s’ applique à des femmes et des hommes et aux enfants avec des dysfonctions dans la région du pelvis. La région du pelvis comporte la ceinture pelvienne avec la musculature du plancher pelvien et les organes pelviens, la colonne vertébrale lombaire et les articulations de la hanche. Les interdépendances entre l’ appareil locomoteur et les systèmes d’ organes peuvent causer des troubles musculo-squelettiques, mictionnelles, de la défécation ou de la fonction sexuelle, mais aussi provoquer des descentes d’ organes et des douleurs (1).
Warum Beckenbodenphysiotherapie?
In einem Report der «pelvic floor assessment group» der International Continence Society (ICS) (2) sind die Funktionen und Dysfunktionen des Beckenbodens beschrieben. Ein normal funktionierender Beckenboden hat einen richtigen Tonus, um die inneren Organe zu unterstützen, spannt unwillkürlich an bei abdominaler Druckerhöhung, kontrahiert zur Sicherung der Kontinenz, relaxiert für die Miktion und Defäkation und kontrahiert und relaxiert bei sexueller Aktivität. Bei Dysfunktionen des Beckenbodens können Speicher- und Entleerungsstörungen der Blase und des Darms, Senkungen der Beckenorgane, sexuelle Dysfunktionen und Schmerzen im Beckenbereich auftreten, die im Zusammenhang mit einer Beckenbodendysfunktion stehen.
Fallvignette
Bei einer gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung verliert die 52-jährige Lina beim Aufstehen vom Gyn-Stuhl Urin. Der Gynäkologe bemerkt dies und spricht sie darauf an. Es stellt sich heraus, dass Lina schon seit der dritten (Forceps-) Geburt unter einer Belastungsinkontinenz leidet, mit einer Zunahme der Beschwerden seit Beginn ihres Klimakteriums. Auch berichtet sie über einen manchmal kaum unterdrückbaren Harndrang und erhöhte Miktionsfrequenz. Ihr Gynäkologe meldet Lina daraufhin bei einer spezialisierten Beckenbodenphysiotherapeutin an.
Was ist Beckenboden-Physiotherapie?
Die physiotherapeutische Behandlung beginnt mit einer eingehenden Anamnese der Betroffenen, wobei alle Domänen erfragt werden. Verschiedene Fragebogen, wie der Deutsche Beckenbodenfragebogen (3), können dabei behilflich sein. Das Miktions-/Defäkations-Protokoll sowie der Pad-Test vermitteln Informationen über die Miktions-/Stuhl-Frequenz, Drang, Schweregrad der Inkontinenz und -Verhalten. Die anschliessende Untersuchung des Beckenbodens ergänzt die Befundaufnahme. Die Inspektion erfolgt in Rückenlage, wobei der Beckenboden in Ruhe und in Bewegung beobachtet wird. Bei einer Kontraktion soll eine Einwärts-Bewegung und bei der Relaxation eine Abwärts-Bewegung des Perineums ersichtlich sein. Um ein vollständiges Bild über die Funktionen der Beckenbodenmuskeln und die Lage der Blase, Gebärmutter und des Darm zu erhalten, ist eine vaginale oder rektale Untersuchung mit entsprechenden Tests sinnvoll und gibt wichtige Informationen für die Behandlung. Die Beckenboden-Muskelfunktionsprüfung erfolgt mittels Palpation und sEMG (4). Dabei werden bei einer willkürlichen Kontraktion Muskelkraft, Ausdauer, Koordination und Relaxation sowie die unwillkürlichen Beckenbodenbewegungen beim Husten- und Press-Manöver überprüft. Ist die Palpation schmerzhaft, erfolgt ein myofaszialer Befund. Mit perinealem Ultraschall (US) können die Lage der inneren Organe in Ruheposition und die Lageveränderungen bei Bewegung, in liegender und stehender Position, observiert und beurteilt werden (5).
Fallvignette
Die Physiotherapeutin stellt nach einer eingehenden Besprechung mit Lina noch mehr Probleme fest: Lina berichtet über Stuhlschmieren und seit kurzem über Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Die Befundergebnisse (PERFECT) des Beckenbodens zeigen einen hypertonen Beckenboden, Muskelkraft 2/5*, Ausdauer 3/10, verzögerte Relaxation, keine unwillkürliche BB-Anspannung bei IAP-Erhöhung (Husten), normales Pressmanöver, Triggerpunkt im M. pubococcygeus sinister, Avulsion beim M. levator ani dexter; der M. sphincter ani externus ist defekt zwischen 10 und 12 Uhr. Normale Sensitivität des Rektums (Ballontest), normaler RAIR (inhibitorischer recto-analer Reflex).
Viele Patienten haben multiple Symptome, die oft nicht mit dem Zuweiser besprochen werden. Teilweise sicher schambedingt, aber auch weil die Zusammenhänge für den Patienten fehlen. Ein Gynäkologe hat ja nichts mit dem Darm zu tun, obwohl abhängig vom Geburtsmodus eine erhöhte Prävalenz für das Entwickeln einer Stuhlinkontinenz besteht.
Physiotherapeutische Interventionen
Wichtige Teile der Behandlung sind die Wahrnehmung des Beckenbodens und dessen korrekte Aktivierung und Entspannung, gezielte Kräftigung und Training der Beckenbodenmuskulatur und deren Integration in Alltags- und Sportaktivitäten. Das Training kann mit Biofeedback (sEMG-, Druck-, Dynamometrie- und Ultraschall) unterstützt werden. Beckenbodenphysiotherapie ist eine konservative Therapie und wird in der Literatur mit einem Evidenzlevel IA als erste Massnahme bei Inkontinenz empfohlen, wenn der Patient durch einen spezialisierten Beckenbodenphysiotherapeuten behandelt wird (6).
Beckenbodenüberaktivtät kann durch Relaxatationstechniken, wie die Kontraktion-Relaxationstechnik, mit oder ohne Biofeedback, verbessert werden; der Beckenbodentonus sinkt und die Muskelfunktionen verbessern sich. Myofasziale Schmerzen und/oder Triggerpunkte werden durch intravaginale oder rektale myofasziale Behandlungstechniken vermindert. Studien von Fitzgerald zeigen signifikante Resultate in der Behandlung von IC/BPS mit myofaszialen Behandlungstechniken im Vergleich zu globaler Massage. Thiele-Massage und Dehnungen des Beckenbodens zeigen eine moderate bis gute Verbesserung bei Pollakisurie, Nykturie und imperativem Harndrang (7). Elektrostimulation mit einer inhibierenden Stromfrequenz kann einen positiven Einfluss auf die überaktive Blase haben. Derzeit besteht dafür aber noch ungenügende Evidenz (8).
Verhaltens- und Toilettentraining sind signifikant effektiv. Rektales Ballontraining wird vor allem bei rektaler Hypo-, Hypersensitivität oder operativ bedingt verminderter Compliance angewendet (9).
Fallvigentte
Bei Lina würden wir auf Grund Ihrer Symptome einen hypotonen Beckenboden erwarten. Aber beim Befund haben wir einen hypertonen Beckenboden vorgefunden. Studien zeigen, dass bei einem hypertonen Beckenboden neben der Relaxation auch Koordination, Muskelkraft und Ausdauer reduziert sind (10). Der erhöhte Tonus und die schlechte Relaxation können neben hormonell bedingten Veränderungen zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen. Das erste Ziel bei Lina war, ihre Beckenbodenwahrnehmung zu verbessern und die Beckenbodenmuskeln zu bewegen. Der zweite Schritt war, den Beckenbodentonus durch das Verbessern der Relaxation und die Anwendung von myofaszialen Techniken zu normalisieren. Zudem war es wichtig, Muskelfunktionen wie Kraft und Ausdauer zu trainieren, um die Muskelperformance der Mm. levatores ani zu verbessern und den Ruhetonus des M. sphincter ani externus zu erhöhen (11). Weil Lina aber auch beim Husten Urin verloren hat, war es wichtig, die unwillkürliche Beckenbodenkoordination zu verbessern. Trink- und Toilettenverhalten wurden optimiert, und durch das Blasentraining hat sie gelernt, wieder über ihre eigene Blase «Chef» zu sein. Das gesamte Training hat sie konsequent umgesetzt und in den Alltag integriert.
Lina ist sehr zufrieden mit dem Resultat.
Zusammenarbeit
Eine Abklärung durch einen Gynäkologen, Urologen, Gastroenterologen, Viszeral-Chirurgen oder den Hausarzt ist wichtig, damit Patienten eine adäquate Therapie erhalten. Nach einer Diagnosestellung kann Beckenbodenphysiotherapie verordnet werden. Diese erfordert spezifische Kompetenzen, welche nicht in der Grundausbildung der Physiotherapie auf Bachelorstufe, aber durch vertiefte Weiterbildungen erworben werden können. Listen von spezialisierten Beckenphysiotherapeuten sind ersichtlich unter www.pelvisuisse.ch (Deutschschweiz), www.aspug.ch (Suisse Romandie).
Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Speicher- und Entleerungsstörungen der Blase und des Darms, Senkungen der Beckenorgane, sexuelle Dysfunktionen und Schmerzen im Beckenbereich können im Zusammenhang mit Beckenbodendysfunktionen auftreten.
Neben evidenzbasierten diagnostischen und therapeutischen Massnahmen konzentriert sich die Beckenbodenphysiotherapie auf die Prävention von Becken- und Beckenbodendysfunktionen.
Beckenbodenphysiotherapie wird in Cochrane Reviews als effektiv bestätigt (Evidenzlevel I A) und ist kosteneffektiv.
Eine multidisziplinäre Zusammenarbeit ist wichtig, um Patienten optimal zu betreuen.
Beckenbodenphysiotherapie ist mehr als Beckenbodengymnastik und erfordert spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten.
Messages à retenir
Une dysfonction du plancher pelvien peut entraîner toute une série de conséquences: Troubles de continence ou d’ évacuation de la vessie ou de l’ intestin, descente d’ organes, dysfonctions sexuelles et douleurs pelviennes.
La physiothérapie du plancher pelvien applique des mesures diagnostiques et thérapeutiques basées sur l’ évidence. Elle met l’ accent sur la prévention de dysfonctions au niveau du bassin et du plancher pelvien.
La physiothérqpie du plancher pelvien est répertoriée dans les Cochrane Reviews comme étant efficace (level of evidence I A). Et elle est efficiente en terme de coûts.
Pour la prise en charge optimale des patients/tes, une collaboration multidisciplinaire est importante.
La physiothérapie du plancher pelvien n’ est pas identique à la simple « gymnastique du périnée ». Elle va beaucoup plus loin et nécessite des connaissances et capacités spécifiques.
1. Bo, K., et al., An International Urogynecological Association (IUGA)/International Continence Society (ICS) joint report on the terminology for the conservative and nonpharmacological management of female pelvic floor dysfunction. Int Urogynecol J, 2017. 28(2): p. 191-213.
2. Messelink, B., et al., Standardization of terminology of pelvic floor muscle function and dysfunction: report from the pelvic floor clinical assessment group of the International Continence Society. Neurourol Urodyn, 2005. 24(4): p. 374-80.
3. Baessler, K., et al., Australian pelvic floor questionnaire: a validated interviewer-administered pelvic floor questionnaire for routine clinic and research. Int Urogynecol J Pelvic Floor Dysfunct, 2009. 20(2): p. 149-58.
Fetale Arrhythmien treten in 1-2% aller Schwangerschaften auf und machen 10-20% aller Zuweisungen zur fetalen Echokardiographie aus (1). Die meisten sind benigne und passager, es können sich aber auch aus primär benignen Rhythmusstörungen therapiebedürftige Arrhythmien entwickeln. Deshalb sollten alle fetalen Rhythmusstörungen mittels fetaler Echokardiographie abgeklärt werden.
Les arythmies du coeur foetal se rencontrent dans 1-2% des grossesses et sont la raison pour 10-20% des consultations en échocardiographie foetale (1). La plupart sont bénignes et passagères. Néanmoins, des arythmies nécessitant un traitement peuvent parfois se développer à partir d’arythmies initialement bénignes. Pour cette raison, toutes les arythmies du coeur foetal devraient être investiguées par échocardiographie foetale.
Bei fetalen Rhythmusstörungen unterscheidet man grundsätzlich zwischen Extrasystolen, Bradyarrhythmien und Tachyarrhythmien. Fetale Elektrokardiogramm (EKG)-Untersuchungen sind technisch schwierig durchzuführen und werden nur von wenigen Zentren angeboten. In der Beurteilung fetaler Rhythmusstörungen haben sich deshalb heute vor allem verschiedene Doppleruntersuchungen etabliert. M-Mode und Gewebedoppler (tissue Doppler imaging TDI) ermöglichen die Beurteilung von Vorhof- und Ventrikel-Wandbewegungen in zeitlicher Abhängigkeit (2); dies erlaubt die Messung des mechanischen atrioventrikulären Zeit-Intervalls, welches dem elektrischen PR-Intervall im EKG entspricht (Abb. 1) (3). Die simultane Aufzeichnung von Flussmustern in nahe beieinander liegenden Arterien-Venen Paaren mittels gepulstem Doppler bedient sich desselben Konzepts (3-6). Meist werden die Vena cava superior (VCS) und die aszendierende Aorta für diese Messung zugezogen, man kann aber auch die linke Vena brachiocephalica mit dem Aortenbogen oder die Arterie und Vena renalis kombinieren (7). Auch der Einfluss- und Ausflusstrakt im linken Ventrikel (LV in-out) kann zugezogen werden bei der gepulsten Dopplermessung (Abb. 2). Allen diesen Methoden ist eigen, dass die gemessenen AV-Überleitungszeiten in Relation stehen zur PR-Zeit, dieser jedoch nicht genau entsprechen. Dies konnte auch in postnatal durchgeführten Studien bestätigt werden, in denen eine simultane Aufzeichnung des EKGs möglich ist (8). Entsprechend ist es wichtig, sich je nach Wahl der Methode in der Interpretation an die entsprechenden Normwerte zu halten (9).
Extrasystolen
Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES) machen 90-95% der fetalen Arrhythmien aus, ventrikuläre Extrasystolen (VES) sind dagegen extrem selten (7, 10). Knapp 2% aller Kinder zwischen 36 und 41 Schwangerschaftswochen haben SVES, dies entspricht auch der Inzidenz von SVES bei Neugeborenen (11). Treten SVES gehäuft und in regelmässigem Abstand zu den normalen Impulsen auf, spricht man von Bigeminus, wenn jeder 2. Schlag von einer SVES gefolgt wird, oder einem Trigeminus bei einem Verhältnis 3:1 (7). SVES werden vom AV-Knoten nur nach der Refraktärzeit in den Ventrikeln übergeleitet; kommt der Impuls zu früh, wird die Überleitung blockiert, dies kann bei einem Bigeminus mit blockierten SVES zu einer Bradykardie führen (Abb. 3). SVES werden gut toleriert und sind nicht behandlungsbedürftig, eine Therapie wäre wegen den pro-arrhythmogenen Eigenschaften der meisten Arrhythmika sogar kontraindiziert. Selten (1-2%) können SVES eine Re-Entry Tachykardie triggern (10). Diese ist im Gegensatz zu SVES behandlungsbedürftig. Entsprechend sollte nach echokardio-graphischer Diagnose von SVES, vor allem im Bi- oder Trigemius, wöchentlich die fetale Herzfrequenz kontrolliert werden, um eine Tachyarrhythmie auszuschliessen. Dazu reicht auch das alleinige Auskultieren der fetalen Herzfrequenz. Übergeleitete SVES muss man von VES unterscheiden, bei denen ein regulärer Vorhofrhythmus besteht. Die Schwierigkeit liegt darin, blockierte SVES von einem atrioventrikulären Block (AV-Block) II° oder III° zu unterscheiden (s.u.) (7).
Bradyarrhythmien
Unter einem bradykarden Herzrhythmus versteht man eine fetale Herzfrequenz von <110bpm (beats per minute). Viele Kardiologen betrachten auch einen fetalen Herzrhythmus von 110-120bpm als Bradykardie, da diese Herzfrequenz unterhalb der 3. Perzentile liegt und sich dahinter auch ein long QT-Syndrom verbergen kann (12). Ursachen fetaler Bradykardie sind Sinus-Bradykardie, AV-Block II° und III° sowie blockierte SVES.
Eine Sinusbradykardie kann im ersten und zweiten Trimenon physiologischerweise auftreten und bis mehrere Minuten anhalten (13). Im Gegensatz zu Sinusbradykardien bei Hypoxie sind dabei die fetalen Bewegungsmuster meist normal. Es besteht eine 1:1-Überleitung zwischen Vorhof und Ventrikel. Im dritten Trimenon werden anhaltende Sinusbradykardien selten gesehen, sie treten auf im Rahmen von Hydrops oder schweren Herzfehlern oder bei Erkrankungen des Sinusknotens (sick sinus).
AV-Blocks werden in 3 Grade eingeteilt. Der Vorhofrhythmus ist unverändert, die Überleitung in die Ventrikel ist unterschiedlich blockiert. Beim AV-Block I° ist das AV-Intervall verlängert, die Überleitung ist 1:1. Die AV-Überleitung wird physiologischerweise länger bei zunehmendem Gestationsalter. In der Diagnostik eines AV-Blocks I° ist die jeweilig angewandte Messmethode relevant. Die PRIDE-Studie hat eine AV-Zeit von > 150ms als AV-Block I° diagnostiziert. Dabei ist zu beachten, dass mittels LV in-out dies zu jedem GA über der 95. Perzentile liegt, jedoch nicht wenn man die AV-Zeit mittels TDI untersucht (9, 14). Es existieren zwei Formen von AV-Blocks II°: Beim Typ nach Wenckebach nimmt die AV-Zeit von Schlag zu Schlag zu, bis schliesslich eine Überleitung ausfällt, beim Typ nach Mobitz besteht eine regelmässige 2:1- oder 3:1-Überleitung (15). Der Ventrikelrhythmus ist unregelmässig und muss von blockierten SVES unterschieden werden. Beim AV-Block III° ist die Überleitung komplett blockiert, die Vorhöfe und Ventrikel kontrahieren unabhängig voneinander (Abb. 4) (15). Der Eigenrhythmus des Ventrikels liegt bei 40-60 Schlägen pro Minute. Fetale AV-Blocks III° treten entweder im Rahmen von maternalen Anti-SSA oder Anti-SSB Antikörpern (Ak) auf, wie sie meist beim Sjögrensyndrom oder bei einem SLE gefunden werden, oder aber bei kongenitalen Herzfehlern, typischerweise bei einem linken Isomerismus, seltener bei einer korrigierten Transposition. Auch wenn bei der Mutter keine rheumatischen Vorerkrankungen bekannt sind, muss nach SSA/SSB-Ak gesucht werden bei einem höhergradigen AV-Block. Die Antikörper schädigen das Reizleitungssystem und führen auch zu einer fetalen Myokarditis und Endokardfibroelastose. Bei bekannten Anti-SSA/SSB-Ak beträgt das Risiko 1-2%, erhöht sich aber in einer konsekutiven Schwangerschaft auf bis 16% (15, 16). Serielle Messungen der AV-Überleitungszeit bei bekanntem Ak-Status der Mutter haben zum Ziel, beim Auftreten eines AV-Blocks I° mittels Dexamethason-Therapie eine Verschlechterung zu einem AV-Block III° zu verhindern. Dies wird immer noch als kontrovers betrachtet, da einerseits höhergradige AV-Blocks auch ohne vorgängige Verlängerung der AV-Überleitung auftreten können und andererseits die Therapie nicht in allen Studien Erfolge zeigt (17, 18). Fällt die fetale Herzfrequenz unter 50bpm, steigt das Risiko eines Hydrops. In einem solchen Fall ist eine Therapie mit Beta-Agonisten zur Erhöhung der fetalen Herzfrequenz indiziert.
Werden sie im Bigeminus blockiert, können SVES auch zu einer Herzfrequenz von 60-80bpm führen. Im Unterschied zum AV-Block III° besteht aber immer ein Zusammenhang zum Vorhofrhythmus (Tab. 1) (Abb. 3, 4).
Tachyarrhythmien
Unter einer fetalen Tachykardie versteht man eine anhaltende fetale Herzfrequenz von >160-180bpm. Sie tritt in ungefähr 1:4’000 Schwangerschaften auf. Man unterscheidet Sinustachykardien von supraventrikulären (SVT), ventrikulären (VT) Tachykardien und von Vorhofflattern (atrial flutter AF). SVTs sind ursächlich für ca. 70% der Tachyarrhythmien verantwortlich, die übrigen 30% werden durch Vorhofflattern verursacht, VT und Sinustachykardien sind selten (7, 15). Bei der Sinustachykardie und bei der SVT besteht eine 1:1-Überleitung, beim Vorhofflattern liegt die Vorhoffrequenz bei 350-500/Min. und die Überleitung ist meist bei 2:1, so dass die Ventrikelfrequenz bei 200-250 liegt. Bei der VT sind die Vorhof- und Ventrikelkontraktion dissoziiert (Tab. 1) (15).
Sinustachykardien treten nach 34 SSW bei starken fetalen Bewegungen, bei Betamimetikagabe, Infektionen oder auch selten bei fetaler Thyreotoxikose auf (15).
Die Ursachen von SVTs sind einerseits die Re-Entry Tachykardie (AV reentry tachycardia AVRT), bei der via AV-Knoten die Reizleitung antegrad fortgeleitet wird und via rasches akzessorisches Reizbündel retrograd zurück, andererseits die PJRT (permanent junctional reciprocating tachycardia) mit langsamem retrogradem Bündel und ektope atriale Reizzentren (AET). Sonographisch unterscheiden sich die AVRT von den andern Formen durch ein VA-Intervall, welches kürzer ist als das AV-Intervall (short VA tachycardia); bei den PJRT und den AET ist das Verhältnis VA:AV-Intervall > 1 (long VA tachycardia) (19). Diese Unterscheidung ist prognostisch und pathophysiologisch von Interesse, hat aber therapeutisch keine Konsequenzen.
Ein Vorhofflattern kann frühestens in der 27. bis 30. Schwangerschaftswoche diagnostiziert werden. Pathophysiologisch kommt es zu einem Macro-Reentry im Vorhof. Dazu bedarf es einer gewissen Vorhofgrösse, die üblicherweise erst im 3. Trimenon erreicht wird (20).
Bei anhaltender Tachykardie von > 210-220bpm kommt es zu einer fetalen Herzinsuffizienz, wahrscheinlich infolge der kritischen Verkürzung der Diastole, und es entwickelt sich innerhalb von Stunden bis Tagen ein fetaler Hydrops (21). Entsprechend gilt es, die fetale Herzfrequenz medikamentös zu therapieren via maternale Gabe von Antiarryhthmika. Dies bedarf einer vorgängigen Abklärung der Mutter (EKG, Elektrolytstatus, Ausschluss einer vorbestehenden maternalen Kardiopathie), da alle Antiarrhythmika auch pro-arrhythmogene Eigenschaften haben. Der Therapiebeginn sollte stationär erfolgen und nur durch Spezialisten verordnet werden. Einige Medikamente benötigen zudem regelmässige Serum-Spiegelkontrollen (21).
Die optimale Medikation für die verschiedenen Formen supraventrikulärer Tachyarryhtmien (SVA) ist weiterhin unklar, bei SVTs liegt die erste Wahl bei Digoxin oder Flecainid, beim Vorhofflattern eher bei Digoxin oder Sotalol. Amiodarone hat eine sehr lange Halbwertszeit und eignet sich deshalb bei Versagen von andern transplazentären Therapien u.a. auch zur direkten fetalen Therapie. Bei bereits vorliegendem Hydrops bedarf es meist eine 2er-Therapie. Eine vor zwei Jahren initiierte internationale Mutizenterstudie (Fetal atrial flutter and supraventricular tachycardia therapy trial FAST) eruiert zur Zeit die optimale Therapieform für die verschiedenen Formen von SVAs (22).
Prof. Dr. Beatrice Mosimann
Chefärztin für Geburtshilfe und Pränatalmedizin
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21
4031 Basel
Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag.
Fetale Herzrhythmusstörungen sind relativ häufig und meist benigne.
Trotzdem sollte immer eine echokardiographische Abklärung erfolgen.
Eine Abklärung sollte erfolgen, da Rhythmusstörungen einerseits gehäuft bei kongenitalen Herzfehlern auftreten und andererseits pathogene Rhythmusstörungen therapiebedürftig sind.
Messages à retenir
Les arythmies du coeur foetal sont relativement fréquentes et pour la plupart bénignes.
Toutefois, une investigation par échocardiographie foetale devrait toujours se faire.
Les investigations se justifient, car d’une part les anomalies du rythme s’accompagnent fréquemment d’une malformation cardiaque et d’autre part, des anomalies du rythme pathogènes nécessitent un traitement adéquat.
1. Hornberger LK, Sahn DJ. Rhythm abnormalities of the fetus. Heart 2007;93:1294-1300.
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21. Jaeggi ET, Carvalho JS, De Groot E, Api O, Clur SA, Rammeloo L, McCrindle BW, Ryan G, Manlhiot C, Blom NA. Comparison of transplacental treatment of fetal supraventricular tachyarrhythmias with digoxin, flecainide, and sotalol: results of a nonrandomized multicentre study. Circulation 2011; 124:1747-54.
22. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02624765
Brustschmerzen sind für viele Patientinnen ein besorgniserregendes Symptom und Anlass, die hausärztliche oder gynäkologische Praxis aufzusuchen. Brustschmerzen können in zyklusabhängige, zyklusunabhängige und Schmerzen anderer Ätiologie, welche beispielsweise in die Brust ausstrahlen, eingeteilt werden (1). Hinter den Beschwerden können viele, häufig funktionelle oder benigne, Ursachen stecken, jedoch können auch Karzinome Schmerzen verursachen (1). Ebenso können Brustschmerzen Ausdruck einer psychischen Belastungssituation oder ein Hilferuf sein. Daher ist es wichtig, die Patientin und ihre Beschwerden ernst zu nehmen. Eine genaue Anamnese und klinische Untersuchung sind für die weitere Diagnostik wegweisend, beispielsweise, ob eine Bildgebung benötigt wird oder nicht. Eine Ultraschalluntersuchung ist bei Brustschmerzen die Diagnostik der Wahl vor der Mammographie, der MRT oder der Biopsie, deren Indikation zur Abklärung suspekter Befunde im Verlauf gestellt werden kann (1). Dieser Artikel soll einen Überblick über die häufigsten Ursachen des Brustschmerzes, die wichtigsten diagnostischen Schritte sowie Therapiemöglichkeiten geben.
Une douleur au sein représente pour beaucoup de patientes un symptôme angoissant qui la pousse à consulter chez son médecin généraliste ou chez son gynécologue. Les douleurs du sein peuvent se classer en douleurs cycliques, douleurs indépendantes du cycle et douleurs d’une autre étiologie qui irradient dans la glande mammaire (1). Les causes peuvent être multiples et sont souvent fonctionnelles ou bénignes, mais aussi des carcinomes peuvent occasionner des douleurs (1). De plus, des douleurs mammaires peuvent résulter d’une surcharge psychologique ou être un appel au secours. Dès lors, la patiente et ses plaintes doivent être prises au sérieux. L’anamnèse précise et l’examen clinique nous conduisent dans l’attitude diagnostique, notamment pour savoir si on doit avoir recours à une imagerie. L’échographe est l’imagerie de choix en cas de douleurs au sein. La mammographie, l’IRM ou une biopsie trouvent leur indication par la suite dans l’investigation de foyers suspects identifiés (1). Notre article passe en revue les raisons les plus fréquentes et les pas diagnostiques et thérapeutiques les plus importants en cas de douleurs mammaires.
Über 70% aller Frauen erleben mindestens einmal in ihrem Leben Brustschmerzen (2). Oft sind diese selbstlimitierend, falls nicht, stellt sich die Patientin häufig bei ihrem Hausarzt oder Gynäkologen vor. Zu Beginn gilt es, zu evaluieren, ob es sich um einen zyklischen oder nicht-zyklischen Brustschmerz handelt (3). Prädisponierende Faktoren wie stattgehabte Verletzungen, Operationen oder Infektionen sollten erfragt werden, ebenso Medikamente (z.B. Antidepressiva, Methyldopa, Spironolacton), rauchen oder exzessiver Kaffeekonsum, welche eine Mastodynie hervorrufen können (2).
In der klinischen Untersuchung sollte darauf geachtet werden, ob die Schmerzen ein- oder beidseitig bestehen, ob sie lokal oder diffus sind, ob oberflächlich oder tief und ob sie in die Brustwand ausstrahlen (1).
Ebenso ist es wichtig zu beachten, ob zusätzlich zu den Schmerzen Fieber besteht, sich eine Resistenz palpieren lässt, ob sich Auffälligkeiten der Haut oder eine Mamillenretraktion zeigen. Darüber hinaus gilt es zu erfragen, ob sich das Gewicht innerhalb des letzten Jahres signifikant verändert hat (mehr als 5 kg) (2).
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung sollte eine beidseitige Mamma- sowie Axillapalpation beinhalten, um Resistenzen, Hautveränderungen und Mamillenveränderungen zu erfassen (1).
Der Untersucher sollte sich dessen bewusst sein, dass allein die Tatsache, dass ein Arzt die Patientin mit ihren Beschwerden ernst nimmt und sie untersucht, beruhigend und in manchen Fällen stress-bedingter Mastopathie sogar therapeutisch sein kann (4). Ebenso ist zu beachten, dass Brustschmerzen einen stillen Hilferuf darstellen und sich in der körperlichen Untersuchung Spuren körperlicher Misshandlung oder fortgeschrittener Karzinomerkrankungen zeigen können, welche die Patientin aus Scham verheimlichte.
Der Haut der Arme, Schultern und des Thorax sollte ebenfalls Aufmerksamkeit geschenkt werden, da sich hier Zeichen eines zu engen BHs oder Tragens schwerer Taschen zeigen können, welche ebenfalls eine Mastopathie hervorrufen können (2). Ebenso könnten ein Herpes zoster oder Narben entdeckt werden (1).
Bildgebende Verfahren
Insbesondere bei beidseitigen, zyklischen Brustbeschwerden ist in der Regel keine Bildgebung erforderlich. Falls symptomatische, palpable Resistenzen vorliegen sollten, sollte eine Ultraschalluntersuchung der Mammae und Axillae durchgeführt werden. Bei klinisch suspekten Befunden sollte ergänzend eine Mammographie veranlasst werden (1). Gerade bei persistierenden, einseitigen und ansonsten asymptomatischen Brustschmerzen wird die Mammographie jedoch kontrovers diskutiert. Einerseits kann sie die Patientin beruhigen, andererseits kann sie in vielen Fällen auch nicht zielführend sein (5). Jedoch empfiehlt es sich in der Praxis, bei über Vierzigjährigen im Falle von ansonsten asymptomatischen Brustschmerzen eine Mammographie durchzuführen (1).
Brustschmerzen – Differentialdiagnosen die Mammae betreffend
Zyklische Mastodynie
Die zyklische Mastodynie ist mit 2/3 die häufigste Ursache aller Brustschmerz-Fälle (6). Typischerweise ist der Schmerz symmetrisch, hauptsächlich in den äusseren Quadranten und nimmt in der Lutealphase zu. Er kann als stechend, schwer oder brennend empfunden werden und die Innenseite des Oberarms mit einbeziehen. Nach der Menstruation lässt der Schmerz nach (6). Nach der Menopause treten zyklische Schmerzen nicht mehr auf. Die Schmerzen hängen mit hormonellen Veränderungen während des Menstruationszyklus zusammen (2). Frauen mit diesen Beschwerden haben zwar keine erhöhten Hormonspiegel, spüren die physiologischen Veränderungen jedoch verstärkt. Zyklische Mastodynien treten häufiger in Zeiten instabiler Hormonspiegel wie der Pubertät, der Perimenopause, dem ersten Schwangerschaftstrimenon oder auch vor dem postpartalen Milcheinschuss auf (7). Die Therapie des zyklischen Brustschmerzes beinhaltet in erster Linie die Beruhigung der Patientin und Aufklärung über die Harmlosigkeit der Beschwerden. Häufig ist keine Therapie erforderlich (1). Bei starken Beschwerden können körperliche Aktivität oder das Tragen eines stützenden BHs empfohlen werden (7). Manche Studien empfehlen die Reduktion des Kaffeekonsums oder die Einnahme von Vitamin-E-Präparaten (8), wobei dies in anderem Guidelines kontrovers diskutiert wird (7). Die abendliche Einnahme von Schlüsselblumenöl-Kapseln oder abendliche Massage mit Schlüsselblumenöl können einen positiven Einfluss haben (4, 9). Bei lokalem Progesteronmangel kann auch die lokale Applikation eines progesteronhaltigen Gels (z.B. Progestogel®) hilfreich sein. Hierbei wird zwischen dem 10. bis 25. Zyklustag täglich je ein Hub à 2.5 g Gel auf jede Brust aufgetragen. Progesteronhaltige Gele sind hydroalkoholische Gele zur Prophylaxe und Therapie der vaskulären und zellulären Auswirkungen eines lokalen Progesteron-Mangels in der weiblichen Brust. Progesteron wirkt der östrogenbedingten Erhöhung der Kapillarpermeabilität entgegen, ist am Wachstum und an der Differenzierung der Milchgänge und der Acini mitbeteiligt und blockiert den Zyklus der unter Östrogeneinfluss beschleunigten Epithelialmitosen. Durch die perkutane Verabreichung im Bereich der Brust kann eine bestehende Progesteron-Insuffizienz behoben werden. Die Symptome einer Mastodynie gehen zurück oder verschwinden ganz, sobald das Gleichgewicht zwischen Östradiol und Progesteron wiederhergestellt ist (14). In einer kleineren Studie von McFadyen et al. konnte die Wirkung im Vergleich mit einem Placebo jedoch nicht belegt werden (15).
Mastodynie und Palpationsbefund
In der klinischen Untersuchung muss darauf geachtet werden, ob ein Palpationsbefund weich oder fest ist und ob er verschieblich oder mit der Haut oder tieferen Gewebsschichten verwachsen ist. Meistens liegen benigne Ursachen zu Grunde. Die Ultraschalluntersuchung der Mammae und Axillae sind die Untersuchungsmethoden der Wahl. Bei Auffälligkeiten müssen weitere diagnostische Schritte veranlasst werden, beispielsweise weitere bildgebende Verfahren oder eine Histologie mittels Stanzbiopsie.
Zysten
Retentionszysten sind eine häufige Ursache für Brustschmerzen. Sie sind einfach mittels Ultraschall darzustellen, es zeigt sich eine runde, echoleere Struktur mit posteriorer Schallverstärkung. Eine Aspiration kann ultraschallgesteuert durchgeführt werden und ist eine einfache und schmerzarme Behandlung. Im Anschluss muss keine Verlaufsbildgebung durchgeführt werden.
Mastitis non-puerperalis
Eine Mastitis verursacht eine gerötete, schmerzende, überwärmte Brust oder subkutan ödematöse «peau d’orange». Es kann eine benigne Ursache zu Grunde liegen, es muss jedoch immer an ein karzinomatöses Geschehen gedacht werden (10). Infektionen (> 50% der Fälle) oder Entzündungen (30% der Fälle) sind am häufigsten. Ein inflammatorisches Mammakarzinom liegt in weniger als 10% der Fälle vor (11, 12). Die klinische Untersuchung ist hier wegweisend, ergänzt durch eine Ultraschalluntersuchung der Mammae und Axillae um beispielsweise Abszesse ausfindig zu machen (1). Zudem ist es wichtig, den klinischen Zusammenhang zu beachten: Immunsuppressive Faktoren wie Diabetes, Rauchen, HIV-Infektion, Brustoperationen oder Biopsien prädisponieren für Infektionen und Abszesse.
Ein anderes Beispiel ist die idiopathische granulomatöse Mastitis: Diese mit den typischen Symptomen einhergehende Brustentzündung kann jeden Quadranten der Brust betreffen, häufig breitet sie sich radiär aus der retroalleolären Gegend aus und betrifft hauptsächlich Frauen im reproduktiven Alter. Die Diagnosestellung ist schwierig, häufig stellt sie eine Ausschlussdiagnose dar. Die Diagnostik besteht in einer klinischen Brustuntersuchung, einer Bildgebung (Ultraschall, Mammographie und/oder MRI), ggf. einer Biopsie und ggf. einer Mikrobiologie. Therapeutisch kommen Kortikosteroide zum Einsatz, z.B. Prednisolon 16 mg 2 x täglich für
2 Wochen mit im Anschluss langsamer Dosisreduktion über insgesamt 8 Wochen. Bei Beschwerdepersistenz kann Methotrexat versucht werden, wobei die Datenlage hierzu ungenügend ist. In Steroid-refraktären Fällen sollte daher besser eine grosszügige lokale Exzision erfolgen (16).
Stillzeit und Mastitis puerperalis
In der Stillzeit berichten viele Frauen über schmerzende Brüste und Brustwarzen, insbesondere in den ersten zwei Wochen nach Stillbeginn. Die Mastitis puerperalis zeigt meist einen plötzlichen Beginn mit Fieber, Gliederschmerzen, Müdigkeit und grippeähnlichen Symptomen. Meist ist nur eine Seite betroffen. Die Inzidenz wird zwischen 9-20% angegeben (13).
In der klinischen Untersuchung muss auf Verhärtungen, Rötungen und Überwärmung im Sinne eines Milchstaus oder eines möglichen Abszesses geachtet werden. Eine Laboranalytik ist in der Regel nicht notwendig. Auch die Untersuchung der kindlichen Mundhöhle auf Zungenbändchen und Infektionen gehört dazu. Bei Vorliegen eines Zungenbändchens ist aufgrund einer fehlerhaften Saugtechnik beim Säugling manchmal eine Frenotomie notwendig (13). Prädisponierende Faktoren für eine Mastitis puerperalis sind Milchstau, eine überschiessende Milchproduktion, abrupte Veränderungen der Stillfrequenz oder Abstillen. Traumata der Brustwarzen (Rhagaden) können Keimen als Eintrittspforte dienen.
Eine Mastitis puerperalis im frühen Stadium kann häufig durch eine suffiziente Entlastung (Stillen und/oder Abpumpen) behandelt werden. Antiphlogistika und viel Ruhe sollten ebenfalls Bestandteile der Therapie sein. Falls aber schwere Krankheitssymptome wie Fieber > 38.5°C oder systemische Krankheitszeichen auftreten sollten oder eine konservative Therapie über 24 Stunden keine Besserung bringen sollte, ist eine antibiotische Therapie indiziert.
Da häufig Streptokokken, Staphylokokken oder E. coli die ursächlichen Keime sind, werden typischerweise Penicilline eingesetzt, z.B. Amoxicillin/Clavulansäure 625 mg dreimal täglich p.o. über 10 bis 14 Tage. Bei Penicillin-Allergie wird beispielsweise Clindamycin 300 (bis 600) mg dreimal täglich p.o. eingesetzt.
Ein Mamma-Abszess sollte zunächst sonographisch gesteuert punktiert und gespült werden (ggf. wiederholt), bei ungenügender Wirksamkeit chirurgisch entlastet.
Brustschmerzen und Krebs
Es stellt sich immer wieder die Frage, ob ein Mammakarzinom Schmerzen verursacht. In der Regel ist dies nicht der Fall – daher können die meisten Patientinnen mit Brustschmerzen beruhigt werden. Jedoch muss stets eine adäquate Diagnostik erfolgen.
Brustschmerzen – Differentialdiagnosen andere Organsysteme betreffend
Differentialdiagnostisch kommen bei Brustschmerzen auch Erkrankungen in Frage, welche die Mammae nicht direkt betreffen, sondern deren Symptome lediglich in diese ausstrahlen können. Ein Beispiel hierfür ist das Tietze-Syndrom. Es ist eine selbstlimitierende, nicht-abszedierende Arthropathie, meist junge Erwachsene betreffend. In der Regel sind die sternocostalen oder sternoclavikulären Gelenke sowie costochondrale Verbindungen betroffen. Die charakteristischen Symptome sind Berührungsempfindlichkeit, lokale oder ausstrahlende Schmerzen und Ödeme. Die Diagnostik besteht in einer klinischen Untersuchung (Druckdolenz des betroffenen Gelenks), Labordiagnostik (erhöhte Infektparameter) und einer Bildgebung (Ultraschall, ggf. MRT, ggf. Skelett-Szintigraphie). Die Therapie ist primär konservativ (wärmende Wickel, Analgetika, NSAR, ggf. Lidocain- und steroidhaltige Infiltrationen), in persistierenden Fällen chirurgisch (Knorpelresektion) (17).
Thoraxwandschmerzen, induziert beispielsweise durch körperliche Aktivität, treten meist unilateral auf und sind sehr weit lateral oder sehr medial in der Brust zu spüren. Meist sind ältere, postmenopausale Frauen betroffen, insbesondere auch Frauen mit Spondylose und/oder Osteoarthrose. Diagnostisch wegweisend ist die Provozierbarkeit durch Druck auf die betroffene Stelle der Thoraxwand. Beruhigung mit Erklärung der Pathophysiologie, Analgetika/NSAR systemisch oder lokal, Infiltrationen mit Lidocain/Steroiden und Physiotherapie sind die therapeutischen Optionen der Wahl.
Dem praktischen Arzt ist bestens bekannt, dass sich hinter Brustschmerzen ebenso ein Myokardinfarkt, eine Pneumonie, Pleura-irritationen, ein Oesophagusspasmus oder auch Rippenfrakturen verbergen können (1). Ein EKG, Röntgen-Thorax, eine Blutgasanalyse und eine Laboranalytik (Troponin, D-Dimere, ggf. Infektlabor) gehören daher zur Diagnostik, ggf. ergänzt durch probatorische Therapien wie beispielsweise mit Protonenpumpenhemmern oder Nitroglycerinspray.
Auch seltenere Ursachen sollten bedacht werden – so stellte sich in unserer Klinik jüngst eine Patientin mit intramammärer Thrombophlebitis nach chirurgischer Therapie einer abszedierenden Mastitis puerperalis vor.
Dipl. ÄrztinAlice Kühn-Lichtenberg
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen
alice.kuehn-lichtenberg@kssg.ch
Prof. Dr. med. René Hornung
Frauenklinik
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen
Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.
Brustschmerzen sind ein häufiges Symptom meist harmloser Ursache. Häufig sind sie auf hormonelle Veränderungen während des Menstruationszyklus zurückzuführen.
Bei zyklischen Brustschmerzen ist nach einer ausführlichen Anamnese und klinischen Untersuchung eine Bildgebung meist nicht notwendig.
Ultraschall ist die Untersuchung der Wahl bei Brustschmerzen. Es können sich hier beispielsweise Retentionszysten zeigen.
In der Stillzeit kann ein Milchstau mittels konservativer Massnahmen entlastet werden, eine Mastitis puerperalis muss bei ungenügendem Ansprechen konservativer Massnahmen über 24 Stunden antibiotisch behandelt werden. Ein Mammaabszess muss punktiert oder inzidiert werden.
Der Arzt muss sich dessen bewusst sein, dass ungewöhnliche Brustschmerzen ein Hinweis für ein Mammakarzinom sein können.
Bei einer entzündeten Brust muss immer auch an ein inflammatorisches Mammakarzinom gedacht werden.
Messages à retenir
Les douleurs au sein sont un symptôme fréquent et pour la plupart sans gravité. Souvent elles sont occasionnées par les changements hormonaux au cours du cycle menstruel.
En cas de douleurs cycliques et après anamnèse et examen clinique soigneux, le recours à l’imagerie ne s’impose le plus souvent pas.
L’échographie est l’examen de choix en cas de douleurs mammaires. Il peut dévoiler p.ex. des kystes de rétention.
Pendant l’allaitement, un engorgement peut être traité de manière conservatrice. En cas de mastite et succès insuffisant de mesures conservatrices après 24 heures, une antibiothérapie doit être initiée. Un abcès doit être ponctionné ou incisé.
Le médecin doit garder en mémoire que des douleurs du sein inhabituelles peuvent être causées par un carcinome.
En cas de sein rouge l’existence d’un cancer inflammatoire doit toujours être envisagée.
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17. Rokicki W, Rokicki M, Rydel M. What do we know about Tietze’s syndrome? Kardiochirurgia i Torakochirurgia Polska 2018;15(3):180-182
Mitarbeiter der Klinik für Gynäkologie und der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich führten unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Daniel Fink, Direktor der Klinik für Gynäkologie am 4.4.2019 ein Symposium über gynäkologische Infektionen durch.
Gynäkologische Infektionen: STDs aus Sicht des Infektiologen
PD Dr. med. Dominique Braun
Die Fallzahlen für alle 4 sexuell übertragbaren Infektionen (STIs) waren im Jahre 2016 ansteigend (Gonorrhoe + 4%, Syphilis 0%, Chlamydiose + 1%, HIV-16% (!). Die höchsten Werte wurden in der Grossregion Zürich und in der Genferseeregion festgestellt, so PD Dr. med. Dominique Braun, Klinik für Infektionskrankheiten & Spitalhygiene, USZ. Männer – insbesondere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)-sind am häufigsten betroffen, der häufigste Ansteckungsort ist die Schweiz. Im Jahre 2017 wurde keine wesentliche Zunahme an STIs festgestellt.
Gonorrhoe
Die Gonorrhoe bleibt bei Frauen auf tiefem Niveau stabil, Jüngere Frauen sind am häufigsten von Gonorrhoe betroffen. Die Ansteckung erfolgt am häufigsten bei festem Partner. Erreger ist die Neisseria Gonorrhoe. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 10 Tage (kurz). Die Übertragung erfolgt durch ungeschützten vaginalen, analen oder oralen Verkehr. Die Symptome nach einer Infektion umfassen eine Zervizitis (am häufigsten), häufig ist die Urethra mitbetroffen (90%), eine Bartholinitis (6%), meistens verläuft die Infektion auch asymptomatisch (70%) mit Ausnahme der Bartholinitis. Selten wird Dysurie, vaginaler Pruritus, Ausfluss oder Schmerzen (PID) festgestellt. Komplikationen sind Infertilität, Dissemination (Arthritis-Dermatitis Syndrom), Übertragung auf Neugeborene (30-50%).
Gonokokkenstämme mit erhöhter MIC auf Ceftriaxon nehmen zu. Bei Probe ohne anschliessende Antibiotikatherapie initiale PCS-Diagnostik, falls positiv sollte eine Kultur nachbestellt werden. Spezialmedium «eSwab» für PCR, wenn positiv kann das Labor aus dem gleichen Material eine Kultur anlegen. Vor jeder Antibiotikatherapie «wünschenswert»: Zusätzlich zu PCR-Diagnostik Kultur abnehmen. Bei persistierenden oder neuen Symptomen nach Behandlung immer Diagnostik (PCR, Kultur inkl Resistenztestung).
Behandlung der Gonorrhoe: Behandlung von Urethritis, vaginaler, analer oder oropharyngealer Gonorrhoe mit Ceftriaxon 500 mg i.m. (4 ml Lidocain 1% statt aqua ad inj. aufziehen) PLUS Arithromycin 1g p.o. Einmaldosis (Ratio: Doppeltherapie Gonokokken).
Disseminierte Gonorrhoe: Ceftriaxon 1g i.v. alle 24h während 7 Tagen. evtl. Wechsel auf p.o. nach 24-48h sobald Klinik besser, bei negativer Resistenzprüfung: Cefixim 4oomg alle 12 h p.o.
Cephalosporin-Allergie: Nur wenn tatsächlich gesicherte, schwere Allergie: Azithromycin 2g einmalig p.o., Therapiererfolg klinisch nachkontrollieren.
Chlamydiose
Die Chlamydiose bleibt bei Frauen auf hohem Niveau stabil. Jüngere Frauen sind am häufigsten von Chlamydiose betroffen. Erreger ist die Chlamydia trachomatis. Die Inkubationszeit beträgt 2-6 Wochen (sie ist länger als bei der Gonorrhoe). Die Übertagung geschieht durch ungeschützten vaginalen, analen oder oralen Verkehr; bei Frauen Autoinokulation vaginal/anal. Erste Symptome sind Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen, Ausfluss aus Harnröhre, Cervix oder After. 50-90% der Ansteckungen verlaufen aber asymptomatisch. Eine Sonderform ist das Lymphogranuloma venereum (LGV), v.a. bei MSM. Heilung mit Antibiotika: Doxycyclin 2 x 100mg während 7 Tagen oder Azithromycin 1g per os Einmaldosis. PRO Doxycyclin: geringerer Kollateralschaden, weniger Resistenzentwicklung, bessere Wirksamkeit bei rektaler Infektion. Bei LGV Doxycyclin 2 x 100mg während 3 Wochen per os oder Azithromycin 1g Einmaldosis wöchentlich während 3 Wochen.
Test of cure bei Chlamydiose und Gonorrhoe?
Test of cure frühestens 4 Wochen nach Therapieende. Nicht nötig bei Patienten, die unter der Therapie asymptomatisch geworden sind. Indiziert bei Symptomresistenz, zweifelhafter Adhärenz, v.a. Reinfektion, in der Schwangerschaft, PID, Resistenzproblematik, (LGV). Partnerinformation und Behandlung
Grundsätze: Idealerweise alle Partner der letzten 6 Monate. Mindestens die Partner der letzten 4 Wochen. Zeitgleiche Behandlung der regelmässigen Sexualpartner ist Voraussetzung für langfristigen Therapiererfolg.
Die Partnertherapie ist in der Regel eine empirische Therapie. Es erfolgt keine Testung der Sexualpartner, bzw. vor Therapie werden nicht erst Testergebnisse abgewartet. Der Partner erhält die gleiche Therapie wie der dokumentierte infizierte Patient.
Syphilis
Die Syphilis ist bei Frauen auf tiefem Niveau stabil. Erreger ist Treponema pallidum. Die Inkubationszeit beträgt 1-3 Wochen. Die Übertragung erfolgt durch ungeschützten analen, vaginalen oder oralen Verkehr über Haut- oder Schleimhautläsionen (Ansteckung durch Küssen möglich). Das Übertragungsrisiko einer Syphilis beträgt bei einmaligem ungeschütztem sexuellem Kontakt zwischen 30 und 60%. 50% sind asymptomatisch.
Die verschiedenen Stadien der Syphilis sind Frühsyphilis: primär (2-4 Wochen bis max. 12 Wochen, schmerzloses Ulkus, heilt spontan); sekundär (0-8 Wochen nach Abheilen des Ulkus, grosse Variation von Symptomen; frühlatent (Infektion <1 Jahr.
Spätsyphilis: Spätlatent (Infektion >1 Jahr oder von unbestimmter Dauer); tertiär (>1 Jahr bis Jahrzehnte nach Infektion (Aortenaneurysmas)
Neurosyphilis: Frühe Neurosyphilis (<1 Jahr nach Infektion). Visusverlust, plötzliche Taubheit, Meningitis, grosse Variation neurologischer Symptome. Späte Neurosyphilis (> 1 Jahr nach Infektion). Tabes dorsalis, progressive Paralyse.
Wann ist eine Lumbalpunktion indiziert? Bei klinischen Zeichen einer Neurosyphilis, bei Knochenbeteiligung, bei Therapieversagen, bei asymptomatischer Syphilis und gleichzeitiger HIV-Infektion, sofern VDRL > 1:32 und/oder CD4-Zellen < 350/mm3 Therapie der Syphilis:
Frühsyphilis: Benzathin-Penicillin 2.4 Mio. I.E. i.m. einmalig
Spätsyphilis: Benzathin-Penicillin 2.4 Mio. I.E. i.m. an Tag 0, 8, 15
Neurosyphilis: Penicillin G (Benzyl-Penicillin) i.v. 18-24 Mio. I.E./ Tag d.h. 3-4 Mio. I.E. alle 4 Stunden während 14 Tagen.
Alterativen nur nach Rücksprache mit dem Facharzt. Management der Sexualpartner: Serologische Testung von Partnern mit Sexualkontakt > 90 Tage her. Präemptive Therapie bei Sexualpartnern innerhalb der letzten 90Tage, Ungeschützter Geschlechtsverkehr nach Abheile des Ulkus oder nach Verschwinden der Syphilide, sofern Partner/Partnerin zeitgleich behandelt. Bei asymptomatischen Fällen: ungeschützter Geschlechtsverkehr sieben Tage nach Benzathin-Penicillintherapie.
Mycoplasma genitalium
Biologisch ähnlich wie Chlamydia trachomatis. Kein Nachweis von Mycoplasma genitalium in gesunder Bevölkerung. Erreger der akuten Urethritis bei Männern in 9-25%. Ursächlich in 20-40% der rezidivierenden/persistierenden Urethritiden. Bedeutung bei Zervizitis und PID noch nicht restlos geklärt (Odds Ratio Zervizitis 1.7, PID 2.1). Einmaldosis 1 g Azithromycin, nur 85% Eradikationsrate. Zunehmende Resistenz auf Makrolide. Personalisiertes Therapieschema: Lead-in mit Doxycyclin 2x 100 mg während 7 Tagen. Ohne Makrolidresistenz: Azithromycin 1 g Tag 1, 500 mg Tage 2-5. Mit Makrolidresistenz: Moxifloxacin 400 mg x 14 Tage.
Präventionsmassnahmen gegen STI
HIV-Infektion: Frühtestung und Partner-Information, Kondomgebrauch: 80% Risikoreduktion für HIV-Infektion. Zirkumzision: 60% Risikoreduktion für heterosexuelle Männer.
Syphilis: Eingeschränkte Schutz-wirkung durch Kondome, da die infektiösen Läsionen nicht zwingend vom Kondom bedeckt werden, Hohe Infektiosität, oraler Übertragungsweg häufiger. Gonorrhoe: Eingeschränkte Schutzwirkung durch Kondome (62% Reduktion der Infektionen bei Frauen. Häufiger asymptomatische pharyngeale Infektionen. Infektionen bei Frauen in 50% asymptomatisch.
Gemischte Ergebnisse für Mikrobixide: in drei Studien Reduktion der Infektionen, in zwei Studien Anstieg. Frühdiagnose, Therapie und Partnerbehandlung stehen im Vordergrund.
Fazit
Sexuell übertragbare Infektionskrankheiten (STIs) sind häufig und nehmen v.a. bei den MSM zu.
Frauen sind im Vergleich zu Männern seltener von STIs betroffen. Eine Ausnahme bildet die Chlamydiose (CAVE: Selektions-Bias).
STIs verlaufen meistens symptomlos oder symptomarm.
Bei Gonorrhoe und Mycoplasma genitalium besteht eine zunehmende Resistenzproblematik
Eine regelmässige Testung auf STIs bei wechselnden Partnern oder Risikoverhalten ist indiziert.
Bei Nachweis einer STI sollt immer auf HIV getestet werden und vice versa.
Zervizitis – Endometritis – Adnexitis
Dr. med. Eleftherios Pierre Samartzis
Aufsteigende Infektionen sind Zervizitis – Endometritis – Salpingitis/ Oophoritis /Tubo-ovarialer Abszess – Perotinitis. Infektiöse Ursachen sind: Chlamydia trachomatis (Serovare D-K) bis zu 60%, Neisseria gnonorrhoeae, Seltener: Herpes simplex virus, Trichomonas vaginalis, Mycoplasma genitalium (5-10%), bakt. Vaginose (allerdings meist vaginale Mitbeteiligung), Strept. A, Tbc möglicherweise in Begleitung von Tbc-Endometritis, stellte Dr. med. Eleftherios Pierre Samartzis, Oberarzt Klinik für Gynäkologie, USZ, fest.
HPV als Ursache für Dysplasien, jedoch nicht für Zervizitis (allerdings kann Zervizitis HPV-Infektionsverlauf whs. mitbeeinflussen).
Nicht-infektiöse Ursachen sind Verletzungen durch chirurgische Instrumente oder Fremdkörper (z.B. Pessare, Diaphragma, Tampon, Zervixkappe (Kondom).
Chemische Irritation durch Latex, Vaginalspülungen, Spermizide, etc.
Seltenere Ursachen wie M. Behçet, Lichen planus, allerdings meist nicht auf die Zervix beschränkt, so der Referent.
Zervizitis
Hauptsächliche Zeichen sind eitriges oder mukopurulentes Exsudat aus dem CK (sichtbar bei der Portio-Einstellung oder auf Wattestäbchen) «pos. swab test».
Vulnerable Portio, d.h. deutliche Blutung nach Einführen eines feinen Wattestäbchens.
Häufig asymptomatisch. Abnormer vaginaler Ausfluss oder Kontaktblutungen als mögliches Symptom.
Endometritis
Akut: 1. Nicht schwangerschaftsbedingt: PID aufgrund STD, PID aufgrund gyn. Eingriff.
2. Schwangerschaftsbedingt: Postpartum Endometritis, Schwangerschafts-Restmaterial
Chronisch: 1. Nicht schwangerschaftsbedingt:
A) Infektiös: Chlamydien, Tuberkulose, weitere Zervizitis /PID assoziierte Organismen
B) Intrauterine Fremdkörper oder Risikofaktoren: IUD, Submuköses Myom
C) Strahlenbedingt
D) Unklare Ätiologien
2. Schwangerschaftsbedingt
Schwangerschafts-Restmaterial
Endometritis und Salpingitis treten häufig gemeinsam auf.
PID ist meist polymikrobiell bedingt.
Häufigste Ursachen sind N. Gonorrhoeae in 30-80% nachweisbar, C. Trachomatis in 20-40% nachweisbar, N. gonorrhoeae und C. Trachomatis gleichzeitig nachweisbar in 25-75%.
M. genitalium 5-10%, Co-Infektionen mit Anaerobiern (Peptostreptococcus spp., Prevotella spp.)
Bakterielle Vaginose: Gewöhnlich wird ein nicht entzündliches Bild festgestellt. Falls sie von Leukozyten begleitet ist, spricht der Befund für das Vorliegen einer PID. Die PID wird klassifiziert in milde bis moderate Symptome (36%), schwere Symptome (4%), zusammen offensichtliche Krankheit (40%) und subklinische, stumme Krankheit (60%). Differentialdiagnosen zu PID sind Appendizitis, EUG, Ovarialtorsion, intraabdominale Blutung, Ruptur einer Ovarialzyste, Endometriose, Gastroenteritis. Der Behandlungsgrundsatz lautet: Breitspektrumantibiose, Abdeckung von N. gonorrhoeae, C. trachomatis, Anaerobiern, Gram-negativen Bakterien und Streptokokken, Beginn so früh wie möglich, um (Langzeit-)Komplikationen zu vermeiden.
Hospitalisationskriterien sind chirurgischer Notfall nicht ausschliessbar, Schwangerschaft, fehlendes Ansprechen auf Antibiose, fehlende Möglichkeit eine ambulante/p.o. Behandlung wahrzunehmen, schwere Symptomatik, Nausea, Erbrechen, hohes Fieber, Tubo-Ovarialabszess
Follow-up: deutliche Besserung innerhalb 72 Stunden zu erwarten. Ansonsten Indikation zur Hospitalisation, weiterer Diagnostik und ggf. Laparoskopie. Abstrichkontrolle nach Chlamydien oder Gonokokken. Nachweis nach 8 Wochen (CDC 3-6 Monate) nach Behandlung. Zusätzlichen HIV-Test bei allen akuten PID anbieten.
Komplikationen der PID sind Infertilität, Extrauteringraviditäten, chronische Unterbauchschmerzen.
In ca. 25% nach PID Komplikationen wie EUG, Infertilität, chron. Unterbauchschmerzen. Infertilität in 8-16% nach PID, in 20% nach PID-Rezidiv und in 50% nach drei PID-Episoden.
Prävention
Ein erheblicher Teil von neu auftretenden STIs entfällt auf junge Leute: Gonorrhoe 70%, Chlamydia 63%, HPV 49%, Genital-Herpes 45%, HIV 26%, Syphilis 20%. In Amerika machen 15-34 Jährige 27% der sexuell aktiven Population aus. Auf sie entfallen aber 50% der jedes Jahr neu auftretenden STIs, wie der Referent festhielt.
Screening auf Chlamydien und Gonokokken (Empfehlungen der CDC für die USA, in der Schweiz gibt es hierzu keine offizielle Richtlinie. Das Screening wird hier opportunistisch gehandhabt): Ein alljährliches Chlamydia-Screening ist empfohlen für sexuell aktive Frauen im Alter von 25 Jahren und darunter, bei sexuell aktiven Frauen über 25 Jahren und hohem Risiko, schwangeren Frauen im ersten Trimester. Schwangere Frauen im Alter von 25 Jahren und darunter und solche, die ein erhöhtes Risiko für Chlamydien aufweisen sollten während des dritten Trimesters erneut getestet werden.
Gonorrhoe-Screening ist empfohlen bei sexuell aktiven Frauen im Alter von 25 Jahren und darunter, bei früherer Infektion mit Gonorrhoe, bei solchen, die mit einer andern STI diagnostiziert wurden, neuen oder mehrfachen Sexualpartnern, bei inkonsistentem Kondomgebrauch, bei gewerbsmässigem Sex und Drogenmissbrauch.
Alle Partner mit GV in den letzten 60 Tagen vor Symptombeginn und falls vor mehr als 60 Tagen , der letzte Partner davor sind zu behandeln. Partner von Patienten mit C trachomatis oder N. gonorrhoeae sind häufig asymptomatisch. Sie sind empirisch auf C- trachomatis und N. gonorrhoeae, unabhängig von der scheinbaren Aetiologie der PID bzw. dem Testresultat des Patienten zu behandeln.
Quelle: Symposium «Gynäkologische Infektionen» organisiert durch die Klinik für Gynäkologie am USZ, 4. April 2019.
Im Rahmen der Veranstaltungen zum 7. Hauptthema, das der Prävention perinealer Traumata gewidmet war und das Spektrum von der Geburtshilfe bis zur Urogynäkologie umfasste, beleuchtete Dr. med. Nina Kimmich, Klinik für Geburtshilfe, Universitätsspital Zürich, das Thema Prävention von Beckenbodenschäden bei vaginalen Geburten.
Dr. med. Nina Kimmich
Unter dem Begriff des Beckenbodentraumas werden die Harninkontinenz und Analinkontinenz, der Genitalprolaps sowie Levator ani-Abrisse und Überdehnungen des Hiatus des Levator ani subsumiert, stellte Frau Dr. Nina Kimmich fest. Die Mechanismen der Inkontinenzprobleme werden vor allem auf eine Schädigung der Pudendusnerven zurückgeführt, weniger auf ein direktes Muskeltrauma. Der Genitalprolaps dagegegen ist hauptsächlich durch ein direktes Muskeltrauma, v.a. in Form von kompletten oder partiellen Avulsionen des Levator ani, bedingt.
Prävention des Beckenbodenschadens
Pränatale Bildgebung
In einer norwegischen Studie an 234 nulliparen Frauen während der Schwangerschaft (bei 21 und 37 SSW) sowie postpartal nach 6 Wochen wurden mittels translabialem Ultraschall die Dimensionen des Levator ani-Hiatus und Levator-Avulsionen untersucht.
Frauen mit Levator-Avulsionen zeigten schon während der Schwangerschaft kleinere Hiatus-Dimensionen und eine schlechtere Kontraktilität.
Richtige Referenzwerte für die Hiatus-Dimensionen, ab denen mit einer Avulsion zu rechnen ist gibt es jedoch nicht. Eine Studie von Dietz et al fand bei nulliparen Frauen eine grosse Bandbreite normaler Werte von 6-18cm2 in Ruhe und 7-35cm2 während Valsalva.
Ein grösserer fetaler Kopfumfang und ein höheres Geburtsgewicht sind mit höheren Raten an Levator ani-Avulsionen und Hiatus-Überdehnungen verbunden. Hierbei scheint aber vor allem das Verhältnis von fetalem Kopfumfang zu den Dimensionen des maternalen Hiatus entscheidend. Auch hierzu existieren bisher keine klaren Cut-off-Werte.
Schützen wir den Beckenboden mit einem nicht-selektiven Kaiserschnitt?
Das Risiko für eine Urinstressinkontinenz nach vaginaler Geburt beträgt 16-33% vs. 10-15% nach Kaiserschnitt. Das Risiko für Harndranginkontinenz nach vaginaler Geburt beläuft sich auf 3-13% vs. 3-5% nach Kaiserschnitt. Es wären ca. 10-15 Kaiserschnitte notwendig, um eine leichte Inkontinenz zu verhindern. Um schwere Fälle von Inkontinenz, welche mit 0,8-3,1% nach vaginaler Geburt und mit 0,4-1,3% nach elektivem Kaiserschnitt noch seltener sind, wären sogar 110 Kaiserschnitte notwendig.
Es gibt daher keine klare Indikation für einen Kaiserschnitt im Hinblick auf Harninkontinenz. Für die Indikation Kaiserschnitt im Hinblick auf Genitalprolaps sind die Indikationen kontrovers. Gemäss einer Studie mit Daten aus dem schwedischen Geburtenregister mit 1.4 Mio. Frauen wurde eine Assoziation zwischen einem Kaiserschnitt und Genitalprolaps untersucht. Ein Kaiserschnitt war hier mit einem niedrigeren Risiko für Genitalprolaps assoziiert als die vaginale Geburt.
Ebenso gibt es keine Indikation für präventiven Kaiserschnitt im Hinblick auf Analinkontinenz, wie aus einem Cochrane Review (Nelson RL et al 2010) hervorgeht.
Dammvorbereitung
Der Epi-No® Geburtstrainer verhindert Beckenbodentraumata nicht, wie aus einer Studie von Atan et al (BJOG. 2016) hervorgeht. Dagegen scheint eine Dammmassage bzw. die Anwendung warmer Kompressen unter der Geburt die Episiotomie-Rate, Analschliessmuskelverletzungen, postpartale Dammschmerzen und Flatus senken zu können.
Körperliches Training und Beckenbodentraining
Regelmässiges körperliches Training während der Schwangerschaft von mind. 3 x wöchentlich je mind. 30 Min. ändert das Outcome einer vaginaler Geburt hinsichtlich Geburtsmodus, Rate an PDA, Wehenunterstützung, Episiotomie, Dammverletzungen und kindlichem Outcome nicht (Bo et al, BrJSportsMed 2015).
Gemäss einem Cochrane Review von 2017 erscheint ein unselektives Beckenbodentraining sowohl in der Prävention als auch in der Therapie wenig wirksam. Am ehesten profitieren kontinente Frauen während der Schwangerschaft sowie Risikogruppen, wie z.B. Übergewichtige. Auch hinsichtlich der Behandlung des Genitalprolapses sind die bisherigen Ergebnisse zum Beckenbodentraining eher ernüchternd, unabhängig vom Vorliegen von Levator ani-Avulsionen.
Auch mit dem Mythos, dass ein zu straffer Beckenboden zu einem schlechteren Geburtsoutcome führt, konnte die Referentin brechen. Bei straffem Beckenboden zeigt sich lediglich eine längere Austreibungsperiode, nicht jedoch eine abweichende Rate an sekundären Kaiserschnitten, Episiotomien, vaginal-operativen Entbindungen oder höhergradigen Dammverletzungen. Während der Geburt sollte jedoch eine zusätzliche Aktivierung des Beckenbodens vermieden werden, z.B. aus Angst oder wegen Schmerzen.
Fetale Position im Geburtskanal
Die occipito-anteriore Position erscheint deutlich günstiger hinsichtlich Levatoravulsionen, da hierbei die Dehnung des Beckenbodens und die Kräfte auf den Beckenboden gegenüber der occipito-posterioren Position geringer ausfallen.
Geburtsdauer
Mit verlängerter Wehentätigkeit entstehen wahrscheinlich mehr Mikrotraumata und Nervenschäden, was zu Überdehnung des Beckenbodens führt. Mit schnellem Fortschreiten der Geburt hingegen steht wahrscheinlich weniger Zeit für die Dehnung des Levator ani und für die Positionierung des Babys entlang des Geburtskanals zur Verfügung, was zu Avulsion führen könnte. Eine optimale Zeitdauer ist auch hierbei jedoch bisher unklar.
Dammschutz, Episiotomie und Geburtsmodus
Ein adäquater Dammschutz ist dringend empfohlen. Diverse Arbeiten, v.a. aus Skandinavien, konnten nach Schulung des geburtshilflichen Personals hinsichtlich hands on-geführten Dammschutzes mit Visualisierung des Dammes und Kopfbremse bei Geburt des Kindes eine deutliche Reduktion höhergradiger Dammverletzungen zeigen. Das Pressen unter der Geburt kann dabei nach Vorliebe der Frau erfolgen – es gibt keine Evidenz für ein differierendes Outcome bzgl. «early vs. late pushing» oder Valsalva vs. spontan. Hinsichtlich des Geburtsmodus existieren ebenfalls z.T. widersprüchliche Daten. Die Unterschiede hinsichtlich Inkontinenzproblemen und Genitalprolaps unterscheiden sich nicht wesentlich zwischen Spontangeburten und Vakuumextraktionen, jedoch erscheinen die Outcomes diesbezüglich nach Forcepsextraktionen deutlich schlechter. Wichtiger als die Wahl des Instruments sind jedoch wahrscheinlich die Technik der Kindsentwicklung, der vaginal-operativen Technik sowie diejenige des Dammschutzes. Eine Epiosotomie sollte nur auf Indikation, d.h. restriktiv angewendet werden, und wenn, dann sollte mediolateral geschnitten werden.
Parität
Letztlich stellte sich noch die Frage, inwieweit die Anzahl an Geburten eine Frau dem Risiko von Beckenbodenproblemen aussetzt. Hierzu stellte die Referentin fest, dass hinsichtlich des Genitalprolapses v.a. die erste Geburt einer Frau den Schaden setzt, die weiteren Geburten eher wenig entscheidend sind.
Fazit
Schwangerschaft und Geburt sind mit einem erhöhten Risiko für Beckenbodentraumata assoziiert.
Ein elektiver Kaiserschnitt reduziert das Risiko für einen Beckenbodenschaden, ist aber nicht vollständig präventiv. Es existiert keine generelle
Empfehlung für einen Kaiserschnitt, dieser kann aber in Einzelfällen in Betracht gezogen werden.
Bekannte Risikofaktoren für Beckenbodenschäden sollten, soweit möglich, ausser Kraft gesetzt oder optimiert werden.
Das Ziel sollte eine Primärprävention in der Gebärabteilung zur Vermeidung mütterlicher Traumata sein sowie eine frühzeitige Sekundärprävention.
Wünschenswert sind Werkzeuge zur pränatalen Risikoberechnung für eine individuelle Beratung von Frauen.
Quelle: SGGG-Jahrestagung 2019, 28. Juni 2019, St. Gallen