Tumormutationsprofilierung

Moderne Sequenziertechnologien (Next Generation Sequencing, NGS) ermöglichen eine umfassende genetische Analyse von Tumorzellen (Tumormutationsprofilierung). Veränderungen im Tumorzellgenom werden als Biomarker in der Präzisionsonkologie verwendet. Der nachfolgende Beitrag beschreibt Anwendungen der Tumormutationsprofilierung in der klinischen Diagnostik von onkologischen Erkrankungen.

Les technologies modernes de séquençage (Next Generation Sequencing, NGS) permettent une analyse génétique complète des cellules tumorales (profil de mutation tumorale). Les modifications du génome des cellules tumorales sont utilisées comme biomarqueurs en oncologie de précision. L’article suivant décrit les applications du profilage des mutations tumorales dans le diagnostic clinique des maladies oncologiques.

The tumor mutation profile is the totality of aberrations in the genome of a tumor. Recently, the pan-cancer atlas was published, which describes a comprehensive characterization of 33 tumor entities at the DNA and RNA levels (1). Acquired somatic mutations are key mechanisms in the development of solid tumors and haemato-oncological diseases (2). In addition to simple sequence variants, structural and numerical gene changes are differentiated.
In clinical tumor diagnostics, the focus is on the analysis of tumor-associated genes in which mutations with diagnostic, prognostic and / or predictive significance can occur (3).

Methodological aspects

For mutational profiling of tumors, high-throughput sequencing (NGS) is used, which allows parallel analysis of numerous target regions at the DNA and RNA levels (Figure 1) (4). In clinical applications, especially panels of up to several hundred tumor-associated genes are being analyzed. Mutation detection is performed by comparing the sequencing results with the corresponding sections of a human reference genome (hg19, GRCh38). For the description of sequence variants, a standardized nomenclature of HGVS is available (5). By means of suitable bioinformatics instruments NGS can also be used to detect numerical and structural changes.
Mutational profiling can be performed on paraffin-embedded tissue samples, cytological specimens, bone marrow aspirates, and tumor cells in blood samples (especially leukemias / lymphomas). Before DNA / RNA extraction, sufficient tumor cell content of the sample material must be ensured or a targeted tumor cell enrichment performed.

Assessment of the clinical relevance of a mutation

Die Pathogenität einer somatischen Mutation kann analog zu Keimbahnveränderungen klassifiziert werden (6). Bedeutsamer ist die Beurteilung der Actionability einer Mutation. Eine Mutation wird als actionable bezeichnet, falls sie ein Ansprechen oder eine Resistenz auf eine zugelassene oder experimentelle Therapie voraussagt bzw. als diagnostischer und/oder prognostischer Marker verwendet werden kann (Tab. 1) (7). Informationen zur Actionability einer Mutation finden sich in öffentlich zugänglichen Online Datenbanken (MyCancerGenome.org, PersonalizedCancerTherapy.org, Oncokb.org) (8). Kürzlich wurde im Rahmen eines AMP/ASCO/CAP Konsensus eine Evidenz-basierte Kategorisierung von somatischen Varianten/Mutationen in Hinblick auf ihre diagnostische, prognostische und/oder therapeutische Bedeutung vorgeschlagen (Tab. 2) (9).

Tumorklassifikation und Risikostratifizierung

Aktuelle Klassifikationssysteme verwenden vor allem phänotypische Merkmale zur Tumoreinteilung. Bei der Definition und Namensgebung von Tumorentitäten werden jedoch zunehmend auch genotypische Merkmale der Tumorzellen berücksichtigt. Beispiele finden sich in den aktuellen WHO Klassifikationen der ZNS Tumore, Leukämien/Lymphome und Weichgewebstumore. Die Mutationsprofilierung bietet sich an, wenn ein Tumor gleichzeitig auf Veränderungen in mehreren Genen untersucht werden muss, um eine abschliessende diagnostische und/oder prognostische Einordnung zur erreichen.

Identifikation von Patienten für etablierte zielgerichtete Therapien

Bei Tumortypen, bei denen mehrere klinisch relevante Mutationen vorliegen können, werden durch eine parallele Testung auf verschiedene genomische Aberrationen Effizienzgewinne und eine kürzere Bearbeitungszeit im Vergleich zu einer sequenziellen Einzelgentestung erzielt. So lassen sich histologisch gleichartige nicht-kleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC) durch den Nachweis von charakteristischen Treibermutationen in molekulare Subtypen unterteilen, für die spezifische zielgerichtete Therapien verfügbar sind (10, 11). Durch eine Mutationsprofilierung können neben Veränderungen in den EGFR und ALK Genen auch seltene Treibermutationen (BRAF, HER2, MET, RET, NTRK1/2/3) detektiert werden.

Identifikation von Patienten für experimentelle Therapien

Bei onkologischen Therapiestudien mit «Baske» oder «Umbrella» Design erfolgt die Stratifizierung in die verschiedenen experimentellen Behandlungsarme anhand genotypischer Tumormerkmale (12). Das Mutationsscreening mittels zielgerichteter NGS ist ein effizientes Verfahren, Patienten für einen Studieneinschluss zu identifizieren. Die Machbarkeit und der klinische Nutzen einer systematischen Anwendung wird gegenwärtig in mehreren prospektiven Studien (MOSCATO-01, NCI-MPACT, NCI-MATCH, ProfiLER, TAPUR, etc.) unter Verwendung von klinisch relevanten Endpunkten wie Ansprechrate und Überlebenszeit untersucht (Tab. 3).

Identifikation von Patienten für eine Therapie mit Immuncheckpunkt-Inhibitoren

Während bei zielgerichteten Therapien der Nachweis bestimmter Mutationen von Bedeutung ist, so scheint bei Immuncheckpunkt-Inhibitoren die sogenannte Mutationslast eines Tumors (TML) mit dem Therapieansprechen assoziiert zu sein (13). Während die TML initial mittels Gesamt-Exom-Sequenzierung (WES) untersucht wurde, deuten aktuelle Studienergebnisse bei NSCLC darauf hin, dass die TML auch durch Sequenzierung eines kleineren genomischen Fussabdrucks (mindestens 1 Megabase) ermittelt werden kann (14, 15).

Erbliche Tumorprädisposition

Die Tumormutationsprofilierung zielt auf die Identifikation von somatischen Genaberrationen. Ohne vergleichende Untersuchung von Nichttumorgewebe (oder Blutzellen) des gleichen Individuums kann jedoch bei positivem Mutationsnachweis nicht sicher zwischen einer bei der Tumorentstehung erworbenen Mutation und einer Keimbahnmutation unterschieden werden. Hinweise auf das Vorliegen einer Keimbahnmutation ergeben sich aus der Allelfrequenz einer Variante unter Berücksichtigung des Tumorzellgehalts des Probenmaterials. Klinisch relevant sind vor allem Mutationen in den Genen, die mit einer erblichen Tumorprädisposition assoziiert sind (16).

Regulatorische Aspekte

Somatische Mutationsanalysen fallen zukünftig in den Geltungsbereich des revidierten Gesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG). Daraus ergeben sich neue regulatorischen Anforderungen auch für die molekulare Tumordiagnostik (Patientenaufklärung/-einwilligung, Vermeidung von Überschussinformation, Informationspflicht bei inzidentellen Ergebnissen, etc.).

Herausforderungen

Die Tumormutationsprofilierung mittels NGS ist mit grossen infrastrukturellen, personellen und organisatorischen Anforderungen verbunden, um kurze Bearbeitungszeiten und eine gleichbleibend hochstehende Ergebnisqualität zu erreichen. Besondere Herausforderungen ergeben sich bezüglich der bioinformatischen Datenanalyse und der Datenspeicherung.
Die Beurteilung der Actionability von Tumorzellmutationen bleibt trotz der Verfügbarkeit von öffentlich zugänglichen Datenbanken und Online-Werkzeugen schwierig. Der Inhalt von Datenbanken entspricht bestenfalls dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Abfrage. Mit der Anzahl der untersuchten Genregionen nimmt auch die Zahl der Sequenzvarianten zu, deren funktionelle Signifikanz unbekannt ist (VUS) und deren klinische Validierung als diagnostischer, prognostischer oder prädiktiver Biomarker bislang fehlt.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Mutationsprofilierung hat sich als nützliches Werkzeug der molekularen Tumordiagnostik etabliert. Hauptanwendung ist die Analyse von Biomarkern für die Diagnostik (Klassifikation), Prognoseabschätzung und Vorhersage eines Therapieansprechens bei onkologischen Erkrankungen. In der Schweiz wird die Tumormutationsprofilierung von mehreren Pathologie-Instituten angeboten. Die angebotenen Genpanel unterscheiden sich hinsichtlich Grösse und Zusammensetzung.
Trotz aller Fortschritte bei der Standardisierung (Nomenklatur, Berichtswesen, etc.) bleibt die direkte interdisziplinäre Interaktion zwischen diagnostisch und therapeutisch ausgerichteten Fachspezialisten unabdingbar, um die klinische Signifikanz molekularer Testergebnisse im Kontext einer individuellen Patientensituation zu bewerten und Therapieempfehlungen im Einzelfall zu entwickeln. Mögliche zukünftige Entwicklungen sind die Mutationsprofilierung zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) und die Einführung der Gesamt-Exom-Sequenzierung (WES) in die klinische Tumordiagnostik.

Prof. Dr. med. Wolfram Jochum

Institut für Pathologie
Kantonsspital St. Gallen
9007 St. Gallen

wolfram.jochum@kssg.ch

Der Autor gibt an, dass für diese Publikation kein Interessenskonflikt vorliegt.

  • Das Mutationsprofil eines Tumors beschreibt die Gesamtheit der genetischen Veränderungen in den Tumorzellen.
  • Zum Nachweis von Mutationen in tumorassoziierten Genen wird im klinischen Kontext vor allem die zielgerichtete Hochdurchsatz-Sequenzierung (NGS) eingesetzt.
  • Hauptanwendungen der Tumormutationsprofilierung sind die Tumorklassifikation, die Risikostratifizierung/Prognoseabschätzung und die Vorhersage eines Ansprechens auf zielgerichtete Therapien und Immuncheckpunkt-Inhibition.

Messages à retenir

  • Le profil de mutation d’une tumeur décrit tous les changements génétiques dans les cellules tumorales.
  • Dans le contexte clinique, le séquençage ciblé à haut débit (NGS) est principalement utilisé pour détecter les mutations des gènes associés aux tumeurs.
  • Les principales applications du profilage des mutations tumorales sont la classification des tumeurs, la stratification des risques/estimation des prévisions et la prédiction de la réponse aux traitements ciblés et l’immunochimie.

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Strahleninduzierte orale Mukositis

Die orale Radiomukositis gehört zu den unerwünschten Nebenwirkungen der Radiotherapie bei Hals-Nasen-Ohren-Tumoren (HNO-Tumoren), welche die Lebensqualität der Patienten für mehrere Wochen beeinträchtigt sowie den Therapieerfolg gefährden kann. Eine adäquate symptomatische Behandlung ist ein wichtiger Bestandteil, um den womöglich lebensbedrohlichen Folgen vorzubeugen.

La radiomucosite buccale est l’un des effets secondaires indésirables de la radiothérapie dans les tumeurs des oreilles, du nez et de la gorge (ORL), qui peut nuire à la qualité de vie des patients pendant plusieurs semaines et compromettre le succès du traitement. Un traitement symptomatique adéquat est un élément important pour prévenir les conséquences potentiellement mortelles.

background

The proportion of ENT tumors in all malignancies is approximately 5%, with squamous cell carcinoma being the most common histological type in more than 90% of all patients (1). The primary curative treatment includes radiotherapy, surgical treatment or a combined procedure. Radiotherapy prevents mutilating surgery through the organ preservation approach of locally advanced tumors. A concomitant chemo or antibody therapy with cetuximab significantly improves prognosis in high-risk situations (absolute survival advantage of 7% after 5 years). However, a non-surgical approach leads to an increase in the incidence of oral mucositis. (1-4). About 75% of ENT tumors are definitely or postoperatively irradiated (4).

pathophysiology

The ionizing radiation in cells in mitosis leads to beach breaks of the DNA and thus to apoptosis. The tumor cells in the head and neck area are highly proliferative and thus particularly sensitive to radiation. However, radiotherapy is not only in the carcinoma cells, but also in the proliferating adjacent normal tissue, especially in the mucous membranes (5, 6). The complex development of oral radiomucositis begins in the submucosal endothelium or adjacent connective tissue layer. In case of intensive attack this leads to a damage of the oral mucous membrane with ulcerations. The risk of local infections to sepsis increases, depending on the extent and duration (2, 5, 7-9).Figure 1 illustrates the five stages of oral mucositis formation (9).

clinic

Die strahleninduzierte Mukositis ist eine stark beeinträchtigende Nebenwirkung bei HNO-Tumoren (10, 11). Das übliche kurative Radiotherapieschema für HNO-Tumore dauert 5 bis 7 Wochen, die Gesamtdosis beträgt rund 70 Gy, wobei häufig ein akzeleriertes Schema bevorzugt wird (2, 12). Im Gegensatz zur normal fraktionierten Radiotherapie (10 Gy pro Woche, in 5 Sitzungen) wird bei der akzelerierten Radiotherapie eine höhere Dosis pro Woche eingestrahlt, was die Behandlungszeit verkürzt. Eine signifikant verbesserte lokale Tumorkontrolle wurde in mehreren randomisierten Studien nachgewiesen (13–15).
Die Radiomukositis tritt in Abhängigkeit von der eingestrahlten Dosis auf und zeigt sich gewöhnlich ab einer kumulierten Dosis von 15 Gy bis 20 Gy beziehungsweise ab der zweiten bis dritten Behandlungswoche. Eine ulzerative Mukositis kann bereits ab einer kumulierten Dosis von 30 Gy beobachtet werden, welche jeden Bereich der Schleimhaut innerhalb des Bestrahlungsgebiets betreffen kann (16, 17). Die Beschwerden können in abnehmender Intensität bis 4 Wochen und länger nach Abschluss der Behandlung persistieren (Abb. 2) (2). Ihre Inzidenz nimmt mit einer konkomitierenden Chemotherapie sowie bei Anwendung einer nicht-konventionellen Fraktionierung signifikant zu (8, 10, 18).
Das klinische Bild, welches oft mit opportunistischen Infektionen sowie Gewichtsverlust vergesellschaftet ist, beinhaltet Erythem, Ulzera, lokale Schmerzen, Blutung, Xerostomie und dadurch Geschmacksstörung. Diese Nebenwirkungen können eine vorübergehende Unterbrechung der Radiotherapie erzwingen, eine Hospitalisation notwendig machen oder sogar zum Tode führen (2, 10, 19, 20). Therapieunterbrüche sind mit einer reduzierten lokalen und regionalen Kontrolle vergesellschaftet. Bei einer Verlängerung der Behandlungszeit wird der Verlust der lokalen Kontrolle auf etwa 1 bis 1,2 % pro Tag geschätzt (21). Deshalb gefährdet eine nicht adäquat behandelte Radiomukositis den Behandlungserfolg und führt auch zu hohen Folgekosten (2, 22). Die Hospitalisierungsrate aufgrund Komplikationen einer oralen Mukositis beträgt allgemein 16% und 32% bei Patienten, die eine nicht-konventionelle Fraktionierung erhalten haben (10).
Das erhöhte Risiko einer Radiomukositis besteht bei jüngeren Patienten aufgrund der schnelleren Zellteilung und -proliferation sowie bei älteren Patienten durch die tiefere Heilungsrate (20, 23). Zu weiteren Risikofaktoren zählen unter anderem eine vorbestehende schlechte Mundhygiene, Rauchen, Alkoholkonsum, Diabetes mellitus und Mangelernährung. Der letztgenannte Faktor verdient –da potenziell reversibel – eine besondere Aufmerksamkeit (18, 20, 22).

Management

Das Management einer oralen Radiomukositis setzt auf Linderung der Beschwerden und Prävention von Komplikationen. Zentral sind eine engmaschige Mundpflege, eine adäquate Analgesie sowie die Behandlung opportunistischer Infektionen. Die Anpassung der Nahrungsaufnahme spielt dabei auch eine wesentliche Rolle und kann die Verabreichung von Nahrungsergänzungsmitteln sowie die Notwendigkeit einer enteralen und ausnahmsweise einer parenteralen Ernährung zur Folge haben.

Mundpflege

Eine regelmässige und sorgfältige Mund- und Zahnpflege gilt als Schlüsselelement bei der Prävention und der symptomatischen Behandlung einer Radiomukositis (10, 17, 19, 20, 24). Lokale Interventionen wie die Mundspülung mit Natriumbicarbonat- oder Salzwasser und der Einsatz von Benzydamin sind wirksame, weitverbreitete Mittel bei der Prävention und Behandlung der oralen Radiomukositis. Zudem soll auf heisses und scharfes Essen, auf Rauchen sowie Alkoholkonsum verzichtet werden (16–18).
Benzydamin ist ein lokal wirkender nicht-steroidaler Entzündungshemmer, dessen Einsatz in der Mundhöhle gut vertragen wird und aufgrund der analgetischen, antiinflamatorischen und antiseptischen Eigenschaften in mehreren Studien dokumentiert ist (22). Die Anwendung führt nicht nur zur signifikanten Verzögerung des Auftretens einer Radiomukositis, sondern zur verbesserten Schmerzlinderung (11, 16–18, 22, 25).
Die Anwendung von pflanzlichen Mitteln beziehungsweise Tees wird seit langem ausgiebig diskutiert. Einige Studien befürworten den Einsatz von Kamillen-Tee als Mundspülung aufgrund der entzündungshemmenden sowie antibakteriellen Wirkung und der damit verbundenen Reduzierung der bakteriellen Last (19, 20, 22, 23). Alternativ kann Salbeitee angewendet werden (26).
Eine Supplementation mit Zink wird mit einem reduzierten Auftreten der Radiomukositis sowie des Analgetikabedarfs vergesellschaftet (17, 19, 20, 27).
Die Anwendung von Honig als Bestandteil des Managements der Radiomukositis wird kontrovers diskutiert. Einerseits enthält Honig mehrere antibakterielle Stoffe. Zusätzlich besitzt Honig analgetische Eigenschaften und die Fähigkeit, die adäquate Epithelisierung zu fördern (23, 27–29). Andererseits begünstigt die Anwendung von Honig das Auftreten von Karies (23).
Die Anwendung von Aloe Vera bzw. Säfte, welche eine anti-oxidative Wirkung besitzen, wurde ebenfalls als Prävention sowie Behandlung der Radiomukositis in einigen Studien empfohlen. Präklinische Studien zeigten, dass Aloe Vera die Wundheilung fördern kann, da die Anwendung zu einer Reduktion der Vasokonstriktion, vermehrter Synthese von Kollagen und einer verbesserten lokalen Sauerstoffversorgung der Wunden führte. Allerdings sind noch zusätzliche Studien notwendig (5).
Tatsächlich zeigte sich in vielen Studien, dass die Art der Mundspülung weniger Einfluss auf die Ausprägung der Mukositis hat, als die Häufigkeit (4-6 mal pro Tag). Nach Abschluss der Radiotherapie soll die Mundpflege solange fortgesetzt und überwacht werden, bis keine sichtbaren Schleimhautläsionen mehr erkennbar sind und sich die Xerostomie normalisiert hat (30).

Analgesie

Die frühzeitige Einleitung der Schmerzmedikation ist zwingend notwendig. Zur Analgesie bei schwachen bis mässigen Schmerzen stehen Nichtopioid-Analgetika zur Verfügung, entsprechend dem WHO-Stufenschema. Es ist darauf zu achten, welche Galenik ein Patient mit Schluckbeschwerden zu sich nehmen kann. Daher ist die Verschreibung von Metamizol-Tropfen in der Praxis aufgrund ihrer einfachen Applizierbarkeit sowie klinisch gutem Ansprechen beliebt. Starke brennende Schmerzen im Mund- und Rachenraum können oft nur durch Opiate gelindert werden. Die Anwendung von Fentanylpflaster ist bei ausgeprägten Schluckschmerzen zu empfehlen (31, 32). Die lokale zusätzliche Anwendung von Anästhetika wie Lidocaine, Dyclonine oder Diphenhydramine kann hilfreich sein (16, 17, 20). Die Infiltration des Tumors in benachbarte Gewebe kann neben viszeralen auch zu neuropathischen Schmerzen führen. Bei nichtausreichendem Ansprechen auf Opiate ist der Einsatz von Gabapentin als Co-Analgetikum eine Option (2).

Infektionen

Bei der oralen Mukositis besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung bakterieller, viraler und pilzartiger Infektionen (33). Die Entwicklung eines Mundsoors in der beeinträchtigten Schleimhaut ist häufig, vor allem bei simultaner strahlensensibilisierender Chemotherapie mit Steroidgabe. Wenn die Speicheldrüsen im bestrahlten Bereich einbezogen sind, gibt es durch die Xerostomie eine progressive Steigerung der oralen Candidabesiedlung (12, 34, 35). Die Behandlung kann mit Fluconazol oder Amphotericin B erfolgen (22). Zur Soorprophylaxe zeigte die Fluconazolgabe (100 mg pro Tag oder 200 mg zweimal wöchentlich mit einem Abstand von mindestens 3 Tagen) eine positive Wirkung (36–38). Die Mundtrockenheit kann durch Speichelersatz abgeschwächt werden (20, 30).

Aussicht: alternative Therapiemöglichkeiten

Die Low-Level-Laser Therapie (LLL-Therapie) wurde in den letzten Jahren in zahlreichen Studien als wirkungsvoll beurteilt. Die LLL-Therapie führt zur Verringerung sowie Neutralisation freier Radikale, was klinisch mit vermehrter Zellteilung, Veränderung der Nerventransmission und Gewebeherstellung verbunden ist. Diese Technik ermöglicht durch die verzögerte Entwicklung der Radiomukositis sowie derer Abschwächung eine ausreichende Schmerzlinderung (1, 17, 19). Ihr Wirkungsmechanismus wurde jedoch mittlerweile bereits in Frage gestellt: in einer 2018 durchgeführten Studie zeigte sich durch die Anwendung der LLL-Thera-pie eine mögliche Beschleunigung des Tumorwachstums (39). Weitere Studien sind notwendig, um hierüber vertiefte Erkenntnisse zu erlangen.
In zahlreichen unterschiedlichen Studien, die bislang durchgeführt wurden, haben sich positive Ereignisse oftmals nur in Bezug auf die aus der Chemotherapie entstehende Mukositis gezeigt. Die Übertragbarkeit der chemotherapeutischen Erkenntnisse auf die Radiotherapie ist nicht in jedem Fall gegeben. Die Anwendung von Kryotherapie, Chlorhexidin und Sucralfat, welche zur Behandlung der durch Chemotherapie bedingten Mukositis geeignet ist, wird bei der Radiomukositis nicht empfohlen (17).

Schlussfolgerung

Die Radiotherapie ist neben der Chirurgie die wichtigste Modalität zur Behandlung von lokalisierten HNO-Tumoren. Neben dem therapeutischen Effekt auf die Tumorzellen kommt es obligat dosisabhängig zu einer Mukositis im Normalgewebe. Die adäquate Prophylaxe und Behandlung spielen eine zentrale Rolle, um die Einbusse an Lebensqualität für die Patienten zu minimieren und die damit verbundenen Komplikationen, welche den Behandlungserfolg insgesamt gefährden, zu verhindern. Eine nicht adäquat behandelte Mukositis führt ausserdem zu Mehrkosten, die es zu verhindern gilt.

Sabine Cardoso Almeida

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8400 Winterthur

Dr. med. Stefan Brodmann

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8400 Winterthur

Dr. med. Urs R. Meier

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8400 Winterthur

Die Autoren geben an, dass für diese Publikation kein Interessenskonflikt vorliegt.

  • Für das Management der Radiomukositis ist eine engmaschige und kontinuierliche Betreuung durch das Ärzte- und Pflegeteam ent-
    scheidend.
  • Ein allgemeiner Konsens besteht betreffend der zentralen Bedeutung der Mundpflege, wobei deren konsequente Durchführung entscheidender ist als die Wahl der eingesetzten Mittel.
  • Die Mundpflege soll solange fortgesetzt und überwacht werden,
    bis alle sichtbaren Schleimhautläsionen abgeheilt sind.
  • Bei Schmerzen ist eine adäquate Analgesie wesentlich.
  • Eine klinisch nachgewiesene Infektion soll ggf. antimykotisch bzw. antibiotisch rechtzeitig behandelt werden.

Messages à retenir

  • Pour la prise en charge de la radiomucosite, il est essentiel que l’équipe médicale et infirmière prodigue des soins étroits et continus.
  • Il existe un consensus général sur l’importance centrale des soins bucco-dentaires, dont l’application cohérente est plus importante que le choix des moyens utilisés.
  • Les soins bucco-dentaires doivent être poursuivis et surveillés jusqu’à ce que toutes les lésions visibles des muqueuses soient guéries.
  • Une analgésie adéquate est essentielle en cas de douleurs.
  • Une infection cliniquement prouvée doit être traitée avec des antimucosiques ou des antibiotiques en temps utile.

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Ein essentielles Medikament der WHO

Rituximab, als 1997 weltweit erster zugelassener monoklonaler Antikörper der Onkologie, ist auch nach 20 Jahren ein Top-Blockbuster. Ein Rückblick zeigt, dass die Prognose der Lymphom Patienten sich durch Rituximab enorm verbessert hat und auch die erhöhte Heilungsrate bei Patienten mit aggressiven Formen von B-Zell Lymphomen sich langfristig bestätigt. Rituximab hat über die Onkologie hinaus neue Indikationen gefunden. Die Sicherheit von Rituximab ist gut und langfristig belastende Nebenwirkungen sind gering. Rituximab hat die 100 Mia $ Umsatzgrenze erreicht und zählt heute zu den essentiellen Medikamenten der WHO.

Le rituximab, le premier anticorps monoclonal approuvé au monde pour l’oncologie en 1997, est toujours un blockbuster de premier plan après 20 ans. Une revue montre que le pronostic des patients atteints d’un lymphome s’est considérablement amélioré avec le rituximab et que l’ augmentation du taux de guérison chez les patients atteints de formes agressives de lymphome à cellules B est confirmé à long terme. Le rituximab a trouvé de nouvelles indications au-delà de l’oncologie. La sûreté du rituximab est bonne et les effets indésirables à long terme sont faibles. Le rituximab a atteint la barre des 100 milliards de dollars et est maintenant l’un des médicaments essentiels de l’OMS.

The development and use of rituximab (Mabthera®) (R) has become one of the most successful chapters in the recent history of modern oncology hematology. R was the first monoclonal antibody ever approved by the FDA in 1997 for oncological therapy. Already in 1998 Swissmedic followed with the same indication approval. She focused on the treatment of pretreated follicular non-Hodgkin’s lymphoma expressing CD20.

R as chimeric mouse-human monoclonal antibody (mAb, IgG1kappa) of 1328 amino acids with a molecular weight of 144,544 daltons was developed by Lee Nadler, who also first described the antigen CD20, at the Dana-Farber Cancer Institute (1). CD20 is a glycosylated transmembrane phosphoprotein on the surface of mature B lymphocytes and is particularly strongly expressed in> 95% of B cell neoplasias. CD20 is not secreted or repelled by the cell surface and thus does not circulate in the blood. Also, no natural ligand for CD20 is known. The CD20 antigen is encoded in humans by the MS4A1 gene. Since neither the early B-progenitor cells nor the very mature B-cells express substantially CD20, hardly any long-term side effects are to be expected. Nadler and his team were also the first which documented as early as 1980 that a clinically demonstrable positive effect on the malignant B lymphocytes could be achieved with an antibody directed against CD20 (Ab 89). He also documented for the first time that a treatment-refractory patient with a „diffusely poorly differentiated lymphocytic lymphoma“ also benefited temporarily clinically.

Wirkmechanismus

Bis heute wissen wir nicht abschliessend wie R seine klinische Wirkung entfaltet. Die meisten Daten zum Wirkmechanismus stammen aus in-vitro Versuchen. Die chimärische Natur von R hat den Vorteil gegenüber monoklonalen Maus-Antikörpern, dass die Immunogenizität stark reduziert ist und somit wiederholte Anwendungen ermöglicht werden und dass R humanes Komplement C1q binden kann und durch die Komplementfixation (CDC) und Antikörper vermittelte zelluläre Toxizität (ADCC) die Tumorzellen effizienter zerstören kann. Letztere wird heute als der wesentliche Wirkmechanismus von R betrachtet. Nach der Bindung von R an CD20 wird der Komplex in der Zellmembran nach innen verschoben als Cholestrol- und Sphingolipid-reiche sog. Lipid-rafts, welche in der intrazellulären Signalauslösung die wesentliche Rolle spielen Wir haben es somit mit einer komplexen Pharmakodynamik mit einem breiten Wirkspektrum zu tun und dies ist schematisch zusammenfassend in Abb. 1 dargestellt (2).
Eine direkte Dosis-Wirkungsbeziehung ist bekannt und der Entscheid die Dosis bei 375mg/m2 festzulegen war 1997 rein pragmatischer Natur. Zum Zeitpunkt der Erstzulassung war die Produktion von R für den Markt zu knapp und die Dosis wurde deshalb so gewählt, dass damit gerade eine gute klinische Aktivität beim follikulären NHL erzielt werden konnte, ohne dass die Dosis-Wirkungskurve optimal ausgelotet wurde. Es wurde zu Recht postuliert, dass je nach Tumor-Volumen und Expressionsstärke von CD20 die Dosis besser individuell angepasst sein sollte. Bis heute ist leider diese weitere Optimierung der besten individuellen Einzel-Dosis nicht weiterverfolgt worden und lediglich bei der ersten Dosis zur Behandlung von CLL Patienten mit 500mg/m2 wird die sonst generell übliche Dosis von 375mg/m2 überschritten. Es wird weiter postuliert, dass die in der Klinik beobachteten synergistischen Effekte mit den meisten bisher etablierten Zytostatika, neben den immunologischen Effekte von R, auch auf einer Sensibilisierung für die zytostatischen und zytotoxischen Effekte in Kombinationstherapien beruhen. Ein eigentlicher Rituximab-Resistenzmechanismus konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Beim seltenen erworbenen Verlust von CD20 auf vorher sensiblen CD20+ Lymphomen ist die konsekutive klinische «Resistenz» eine logische unmittelbare Konsequenz. Inwieweit auch Komplement-Resistenz Proteine oder Fc-Rezeptor Polymorphismen für die Resistenzentwicklung eine Rolle spielen bleibt umstritten (3). Auch die Variation der Zusammensetzung der erwähnten Lipid-Rafts, welche bei malignen B-Zellen besonders häufig beobachtet wird und sehr dynamisch ist, wird als möglicher Mechanismus für eine R-Resistenz postuliert. Ein klinisch brauchbarer prädiktiver Bluttest, der mit dem Therapieerfolg von R zuverlässig korreliert, konnte bisher leider nicht identifiziert werden.

Abb. 2: Herstellung von Rituximab (6)

Produktion

Rituximab wird industriel in grossen Mengen in Inkubationstanks aus Zellkulturen von genetisch modifizierten ovariellen Hamster-Zell-linien (OHC) hergestellt. Danach wird das Isolat in mehreren Schritten durch komplexe speziell dafür geeignete Filter weitestgehend gereinigt, um möglichst alle Fremd-Bestandteile zu entfernen (Abb. 2) (6). Es ist deshalb wichtig zu wissen, dass nie alle Chargen total identisch sein können und somit auch die Verträglichkeit variieren kann. In der Praxis hat sich jedoch die Zuverlässigkeit der Produkte mit diesem Herstellungsprozess bewährt und auch Lieferunterbrüche sind kein Problem mehr.

Sicherheit

Vor allem bei der Erstexposition mit Rituximab kommt es bei bis zu 50 % der Patienten zu teils ausgeprägten Nebenwirkungen durch ein Cytokin-release Syndrom mit Fieber, Schüttelfrost, Atembeschwerden und Exanthemen. Durch prophylaktische Massnahmen (Steroide, Antihistaminika und NSAR) lassen sich diese Nebenwirkungen reduzieren und im weiteren Verlauf der Behandlung bessern sich die Nebenwirkungen meist. Wenn vor und bei der Erstgabe die Kontraindikationen, die obligaten Sicherheitsmassnahmen sowie die notwendige Überwachung sorgfältig befolgt werden und eine übertriebene Hyperhydrierung vermieden wird kann bei den meisten Patienten die Therapie standardmässig weiter verabreicht werden. Viele initial geäusserten Befürchtungen wie anhaltende Immunsuppression, gehäufte schwere opportunistische Effekte und sekundäre Neoplasien sowie das häufige Auftreten von Anti-R- Antikörpern konnten bisher in keinem für diese Therapien und Krankheiten erwarteten Ausmass dokumentiert werden. Auch die Befürchtung, dass die häufig notwendigen konkommitierenden Steroidgaben die Wirkung von R neutralisieren könnte, wurde in klinischen Studien entkräftet. Das Auftreten eines Tumorlyse-Syndroms ist selten und meist beherrschbar, wenn die entsprechenden bekannten prophylaktischen und therapeutischen Massnahmen erfolgen. Noch unklar ist inwieweit eine progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) als Folge einer R Therapie auftreten kann. Die PML ist eine schwerwiegende opportunistische Virusinfektion des Gehirns, die bei Patienten mit Immunschwäche durch das JC-Virus ausgelöst wird und oft tödlich verläuft. Vorsicht ist insbesondere auch geboten bei schwer immungeschwächten vorbehandelten Patienten die wegen Rheumatoider Arthritis, Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopischer Polyangiitis R erhalten.
Es kann heute gesagt werden, dass die Verträglichkeit und Sicherheit von R als Monotherapie und in Kombination in damit geübten Händen angesichts der ausgeprägten therapeutischen Wirkung als gut bezeichnet werden darf.

Therapie Resultate

Das kurative Potential von R in Kombination mit Chemotherapie wie zb. R-CHOP ist ein Meilenstein der Onkologie für die Behandlung der Patienten mit aggressivem B-Zell Non-Hodgkin Lymphom. Bei Patienten mit fortgeschrittenem aggressivem Non-Hodgkin Lymphom aller Altersgruppen sind die Resultate eindrücklich und diese Therapie ist heute weltweit die Standardtherapie geworden. Die beiden ersten Landmark-Studien dazu für jüngere Patienten (MINT-Studie: (3). Figur 3) und ältere (GELA-Studie (4), Figur 4) wurden wiederholt publiziert nach längeren Beobachtungszeiten und belegen eindrücklich die deutlich erhöhte Heilungsrate durch die Zugabe von Rituximab zur bisherigen Chemotherapie.
Bei der Behandlung aller indolenten Lymphome ist R ebenfalls eine Standardtherapie, häufig in Kombination mit Chemotherapie aber auch als Monotherapie. Hier kommt die Erhaltungstherapie mit 2-3monatlichen Gaben von R-Infusionen nach einer erfolgreichen Induktionsphase während meist 2 Jahren zur Anwendung, um das PFS und die Zeit bis zur nächsten Behandlung deutlich hinauszuzögern. Die Gesamtprognose der Patienten hat sich damit deutlich um mehrere Jahre verbessert und zunehmend ist die Diagnose eines indolenten Lymphoms bei älteren Menschen nicht mehr Lebenszeit verkürzend. Da eine absolute R-Resistenz selten ist kommt R sowohl in der Primärtherapie wie auch in den Folgetherapien wiederholt zum Einsatz. Die nuklearmedizinische R-basierte Radioimmuntherapie mit Zevalin und Bexxar (USA) haben eine zwar etwas höhere CR-Rate als R allein gezeigt und waren ähnlich wirksam wie eine 6-8-monatige R-haltige Induktionstherapie. Sie haben sich aber letztlich auch aus logistischen Gründen nicht durchgesetzt.
Heute kann man vereinfachend sagen, dass fast alle Patienten mit CD20 positiven B-Zell Malignomen von einer R-haltigen Therapie klinisch wesentlich profitieren und dadurch die Prognose wie durch kein anderes Therapeutikum bisher wesentlich verbessert werden konnte (5). Als Konsequenz davon ist R auf der WHO-Liste der «Essential Medicines» gelandet und hat als erstes Medikament überhaupt die 100 Milliarden US $ Umsatzgrenze erreicht.

Abb. 3: Mediane rezidiv-freie Überlebenszeit )nach (3)

Rituximab und die nächsten 20 Jahre

In den letzten Jahren sind neue anti-CD20 Antikörper auf den Markt gekommen wie Ofatumumab mit einer anderen Bindungsstelle am CD20 als R und Obinutuzumab, modifiziert am Fc-Teil von R und einer zusätzlichen Gylcosylierung. Beide sind zudem voll humanisierte monoklonale Antikörper. Auch verschiedene Biosimilars haben die Zulassung erreicht und kämpfen um ihren Marktanteil. R ist zwischenzeitlich neu adaptiert auch für eine subkutane Applikation erhältlich. Weitere anti-CD20 monoklonale Antikörper wie Veltuzumab und Ocrelizumab sind unterwegs. Bispezifische Antikörper gegen CD20/CD3 zeigen ebenfalls wesentliche Aktivität. Trotzdem, R und seine Biosimilars dürften noch lange im Rennen bleiben wegen der weltweiten langfristigen Vertrautheit mit diesem Antikörper und den hervorragenden immer wieder bestätigten klinischen Daten. Auch in Kombinationstherapien gerade mit den neu zugelassenen hochwirksamen vorab oralen Medikamenten wird R noch lange der beste, da lange bewährte Partner bleiben.
Es sind immer noch offene Fragen zu beantworten wie zB die Optimierung der Einzel-Dosis, die Dauer der optimalen Erhaltungstherapien, die Frage nach einem prädiktiven Marker.
Aus heutiger Sicht würde man sich natürlich wünschen, dass wir schon vor 25 Jahren die Option gehabt hätten eine «tissue-agnostic» Zulassung zu erwirken. Dies hätte enorm viel Aufwand, Zeit und auch Leben sparen können, wenn die Indikation der Zulassung von R damals simpel «CD-20+ B-Zell-Lymphome» gelautet hätte.

Abb. 4: Gesamtüberleben nach 10 Jahren von Patienten, die mit CHOP und R-CHOP behandelt wurden (nach (4). Das mediane OS betrug 3.5 Jahre (95% CI: 2.2-5.5) im CHOP Arm und 8.4 Jahre (95% CI 5.4 bis nicht erreicht) m R-CHOP Arm (p<0.0001)
Prof. em. Dr. med.Thomas Cerny

Rosengartenstrasse 1d
9000 St. Gallen

thomas.cerny@kssg.ch

Der Autor hat keinen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Rituximab, bzw die gegen CD20 gerichtete passive Immuntherapie bei Patienten mit B-Zell Lymphomen, kann nach 20 Jahren weltweiter Erfahrung als eine der erfolgreichsten Errungenschaften der modernen Onkologie betrachtet werden.
  • Die Prognose der meisten Patienten wurde damit um Jahre verbessert und die Heilungsrate auch älterer Patienten mit aggressiven Lymphomen hat sich deutlich verbessert.
  • Rituximab, seine Biosimilars und weitere CD20 gerichtete Therapien sind heute die Basis der modernen Lymphom-Therapie und werden vorab in Kombinationen auch in Zukunft unverzichtbar bleiben.

Messages à retenir

  • Le rituximab, ou l’ immunothérapie passive dirigée contre le CD20 chez les patients atteints d’un lymphome à cellules B, peut être considéré comme l’ une des plus grandes réussites de l’oncologie moderne après 20 ans d’expérience mondiale.
  • Le pronostic de la plupart des patients s’ est amélioré d’ années en années et le taux de guérison des patients âgés atteints de lymphomes agressifs s’est considérablement amélioré.
  • Le rituximab, ses biosimilaires et d’ autres thérapies dirigées contre le CD20 sont aujourd’hui à la base de la thérapie moderne du lymphome et resteront indispensables en combinaison dans le futur.

1. Nadler LM et al. Serotherapy of a patient with a monoclonal antibody directed against a human lymphoma-associated antigen.Cancer Res. 1980;40:3147-54
2. Jaglowski SM et al. The clinical application of monoclonal antibodies in chronic lymphocytic leukemia.Blood. 2010;116:3705-14
3. Pfreundschuh M et al. CHOP-like chemotherapy plus rituximab versus CHOP-like chemotherapy alone in young patients with good-prognosis diffuse large-B-cell lymphoma: a randomised controlled trial by the MabThera International Trial (MInT) Group Lancet Oncol. 2006 May;7(5):379-91.
4. Coiffier B et al Long-term outcome of patients in the LNH-98.5 trial, the first randomized trial comparing rituximab-CHOP to standard CHOP chemotherapy in DLBCL patients: a study by the Groupe d’Etudes des Lymphomes de l’Adult. Blood. 2010; 116: 2040-5.
5. Salles G et al. Rituximab in B-Cell Hematologic Malignancies: A Review of 20 Years of Clinical Experience. Adv Ther. 2017; 34: 2232-2273.
6. Pierpont TM et al. Past, Present, and Future of Rituximab-The World’s First Oncology Monoclonal Antibody Therapy. Front Oncol. 2018; 8: 163rd

Liposomales Doxorubicin für Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren – eine Phase-I-Studie

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) stellt in dieser Ausgabe eine Studie vor. Die SAKK ist eine Non-Profit-Organi­sation, die klinische Studien in der Onkologie durchführt. Bei Interesse für die hier vorgestellte Studie oder falls Sie eine Patientin oder einen Patienten zuweisen möchten, kontaktieren Sie bitte den Studienverantwortlichen (Coordinating Investigator) oder den Studienkoordinator
(Clinical Project Manager).

Das Chemotherapeutikum Doxorubicin ist gegen viele solide Tumoren wirksam, löst aber auch viele Nebenwirkungen aus – eine der wichtigsten ist die Kardiotoxizität. Wird Doxorubicin in einer liposomalen Formulierung verabreicht, wirkt es deutlich weniger kardiotoxisch. Eine liposomale Formulierung von Doxorubicin ist in der Schweiz unter dem Markennamen Caelyx® auf dem Markt. Die Wirksamkeit von Caelyx® ist vergleichbar mit derjenigen des üblichen Doxorubicins, allerdings tritt als Nebenwirkung einer Behandlung mit Caelyx® oft das Hand-Fuss-Syndrom auf, was die Therapie erschwert oder sogar verunmöglicht.
In der Studie SAKK 65/16 wird eine neue Form von liposomalem Doxorubicin geprüft. Präklinische Studien mit diesem Medikament (Talidox) weisen darauf hin, dass es weniger Nebenwirkungen auslösen könnte als bisherige Formulierungen von liposomalem Doxorubicin. Bei SAKK 65/16 handelt es sich um eine Phase-I-Studie, deren primäres Ziel darin besteht, die optimale Dosierung von Talidox zu bestimmen. Sekundäre Endpunkte sind Sicherheit, antitumorale Wirksamkeit und Pharmakokinetik von Talidox.
In die Studie werden 30 Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren eingeschlossen, die auf keine Standard-Therapie mehr ansprechen oder für die keine Standard-Therapie zur Verfügung steht. Alle Studienteilnehmer werden ambulant mit Talidox behandelt. Sie erhalten das Medikament jeweils am ersten Tag eines dreiwöchigen Zyklus als intravenöse Infusion. Die Therapie mit Talidox wird so lange durchgeführt, wie sie der Patient gut verträgt und es nicht zu einem Progress der Tumorkrankheit kommt, jedoch maximal während 6 Zyklen (für Patienten mit vorgängiger Anthracyclin-Therapie) resp. 9 Zyklen (für Patienten ohne vorgängige Anthracyclin-Therapie).

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

«Chicago in the Mountains» neu in den Händen der SAKK

«Chicago in the Mountains» brachte auch dieses Jahr den ASCO simultan in die Innerschweiz – und hat sich als innovatives Konzept und zukunftsweisende Form der Teilnahme an einem internationalen Grosskongress etabliert. Die von Schweizer Experten und Scouts vor Ort aufwändig ausgewählten Highlights des Kongresses in einem Berghotel in Flüeli-Ranft zu verfolgen, ist für viele Onkologen eine willkommene Alternative zur beschwerlichen Anreise in die USA. Auch zum 7. Mal verlief «Chicago in the Mountains» so erfolgreich wie bisher – womit die Übernahme der Organisation durch die SAKK aus den
Händen der Sponsoren reibungslos geglückt ist.

Wir wollten einen ganz bewussten Wechsel zur SAKK, auch wenn schon bisher die Programmgestaltung, die Auswahl der Experten, der Sessions und Moderation unabhängig durch uns als Scientific Steering Committee erfolgten», erklärt Prof. Dr. med. Thomas Ruhstaller, St. Gallen, in Flüeli-Ranft – während Committee-Kollege und SAKK-Präsident Prof. Dr. med. Roger von Moos, Chur, auch dieses Jahr den Weg nach Chicago zum ASCO selbst antrat, wo Jahr für Jahr zur transatlantischen Arbeitsteilung auch Dr. med. Stefan Zimmermann, Fribourg, die Live-Schaltungen in die Schweizer Berge betreut.
Ruhstaller weiter: «Das Setting haben wir komplett beibehalten, da es so erfolgreich ist, doch für den langfristigen Bestand dieser besonderen Veranstaltung wollten wir weg von einer Organisation durch ein Pharmaunternehmen», da dies nicht mehr zeitgemäss sei. Die geschätzten Sponsoren seien glücklicherweise weiterhin mit an Bord – nach Roche als ursprünglichem Initiator von «Chicago in the Mountains», auch Amgen, AstraZeneca und Novartis – aber nunmehr ausschliesslich Partner.

Prof. Dr. med. Thomas Ruhstaller vor dem auch 2019 wieder ausgebuchten Plenum und Prof. Dr. med. Jörg Beyer bei einer Live-Schaltung nach Chicago zu Dr. med. Stefan Zimmermann und PD Dr. med. Aurelius Omlin

Direkte Diskussion der Daten im Kreis der Kollegen

Nebst Klimaschutz keine aufwändige Flugreise, kein Jetlag, und dennoch umgehend auf dem aktuellen Stand der am ASCO-Kongress präsentierten onkologischen Forschung: Kein Stress, die wichtigsten Vorträge und Seminare zu finden und sich nicht zwischen parallelen Veranstaltungen entscheiden zu müssen.
So beschreiben viele der etwa 50 Teilnehmer die Vorteile des besonderen Konzepts von «Chicago in the Mountains», den Kongress mit modernster Technik nach Flüeli-Ranft zu bringen. Etliche Teilnehmer sind bereits zum wiederholten Male dabei und schätzen besonders, die Neuigkeiten quasi «in Klausur» mit den Kollegen direkt diskutieren und einordnen zu können. So nutzt zum Beispiel auch Dr. med. Vito Spataro, Bellinzona, bereits zum vierten Mal die für ihn insbesondere zeitsparende Essenz des ASCO in der Ruhe der Schweizer Berge – und begrüsst die diesjährige Neuerung bei den transatlantischen Liveschaltungen:

High Tech bringt ASCO nach Flüeli-Ranft

Bei «Chicago in the Mountains» werden mittels modernster Übertragungstechnik die am ASCO aufgenommenen Vorträge und Diskussionen den Teilnehmern in Flüeli-Ranft zugänglich gemacht. Neben der Übertragung der Präsentationen in den «Virtual Meeting Sessions» gibt es Live-Schaltungen zu einem in Chicago aufgebauten Interviewstudio. Hier gaben frühmorgens Ortszeit bislang auschliesslich Schweizer Experten ihre Einschätzungen vom ASCO ab und standen den Kollegen in der Schweiz für Fragen zur Verfügung. Erstmalig wurden dieses Jahr auch internationale Referenten des ASCO ins Studio eingeladen, was sehr erfolgreich gelang und in Flüeli-Ranft geschätzt wurde.
Mit den interviewten Experten wurden u.a. im Vorfeld ausgewählte Fallbeispiele besprochen, «womit wir die auf dem ASCO vorgetragenen Daten auf praktische Füsse stellen konnten!», erläutert
Prof. Dr. med. Jörg Beyer, Bern, der als Moderator und Mitglied des insgesamt fünfköpfigen Steering Committees, teilnahm.
Zudem: «Networking unter Schweizer Kolleginnen und Kollegen ist ein wichtiger Teil von «Chicago in the Mountains» – und funktioniert besser als in Chicago». So schätzt Beyer vor allem auch den intensiven Kontakt zu den «sehr kompetenten und anspruchsvollen» teilnehmenden Kollegen in «familiärer Atmosphäre» an «einem hierfür wunderbar geeigneten Ort». Der freie Blick in die Bergkulisse helfe auch, das in Flüeli-Ranft intensive Programm zu verarbeiten, «denn hier präsentieren wir nur die besten Beiträge des ASCO», «try and error» wie in Chicago selbst entfalle – zumindest für die Teilnehmer aufgrund der 24h-Verschiebung.

Hochkarätiges Scientific Committee garantiert die aktuellen Highlights

Die übertragenen ASCO-Highlights werden von dem fünfköpfigen Committee im Vorfeld des Kongresses ausgesucht und nach Beratung am frühen Morgen durch die in Chicago anwesenden Kollegen als Scouts . «Bis zu unserer täglichen Morgenbesprechung haben wir schon Input aus Chicago erhalten, dann erst wird das Programm definitiv», lässt Dr. med. Daniel Helbling, Zürich, der im Quintett alljährlich die Koordination in Flüeli-Ranft übernimmt, hinter die Kulissen blicken.
Ab frühester Morgenstunde für gastrointestinale Tumoren zuständig ist Prof. Dr. med. Ulrich Güller, St. Gallen, der sich mit den Teilnehmern einig ist, gerne auf ASCO-Reise und -Aufwand zu verzichten und sich dafür drei Tage hochkonzentriert mit den aktuellen Highlights zu beschäftigen – die er aus seinem Spezialgebiet beisteuert. «Der Austausch hierüber ist hervorragend, die Diskussionen über die neuen Erkenntnisse sehr intensiv und spannend». Güller vergibt für «Chicago in the Mountains» die Bestnote: «Das edukativste Meeting des Jahres!»

Thomas Becker

Erlenbach

ASCO GI und ASCO 2019

Das primum movens und die vis a tergo dieser exzellenten, enorm edukativen Veranstaltungen war und ist Dr. Daniel Helbling. Fast zeitgleich zu den Referaten in San Francisco (ASCO GI) und Chicago (ASCO) konnten wir die Präsentationen ohne jeglichen Jet lag, Flugscham und Immigrationsschikanen geniessen. Verschiedene Referenten berichteten zudem live aus den USA und lieferten uns zusätzlich wertvolle Information.
Der folgende Artikel resümiert eine (subjektive!) Selektion relevanter Highlights im Bereiche der gastrointestinalen Onkologie vom ASCO GI und ASCO 2019.

Hepatozelluläres Karzinom:

SURF Trial:

Immer wieder wird an den gastrointestinalen Tumorboards heftig diskutiert, ob ein kleines, singuläres hepatozelluläres Karzinom (HCC) einer chirurgischen Entfernung bedarf, oder aber ob man dieses – mit unvergleichbar kleinerem Aufwand bezüglich Morbidität und Kosten – Radiofrequenz (RFA) abladieren soll. Diese Frage ist mit ASCO 2019 und dem SURF Trial (1) nun geklärt. In dieser asiatischen, prospektiv-randomisierten Studie wurden 293 Patienten mit maximal 3 HCC Herden von maximal je 3 cm Grösse 1:1 randomisiert zu Resektion versus RFA. Beim 3-Jahres rezidivfreien Überleben fand sich weder ein statistisch signifikanter noch klinisch relevanter Unterschied (3-year DFS: 49.8% vs 47.7%, HR: 0.96, p = 0.793). Für mich ist die Studie «practise-changing»: In der Tat sollten Patienten, welche sich speziell für eine RFA eignen (singuläres HCC, zentral gelegen, schlechte Leberfunktion) von nun an nicht mehr operiert, sondern wenn immer möglich perkutan abladiert werden. Für Patienten mit peripher gelegenen HCC oder HCC in der Nähe grosser Gefässe (cave: heat-sink effect!) ist für mich die Chirurgie nach wie vor die Therapie der Wahl, da die RFA in diesem Setting mit schlechteren Outcomes vergesellschaftet ist.

Cholangiokarzinom:

ABC-06 Trial:

Metastasierte Cholangio- oder Gallenblasenkarzinome haben eine äusserst schlechte Prognose. Die Standard Erstlinien-Therapie ist eine Kombination von Gemcitabine und Cisplatin basierend auf der ABC-02 Studie. Eine etablierte Zweitlinientherapie gab es bislang keine. Nun wurden aber Daten der UK-basierten ABC-06 Studie (2) am ASCO präsentiert. In dieser – für das UK typisch – pragmatischen Studie, wurden Patienten mit fortgeschrittenem biliären Karzinomen eingeschlossen, welche unter Cisplatin/Gemcitinabine progredient waren. Die Patienten (n=162) wurden zu FOLFOX und aktiver Symptomkontrolle versus alleiniger aktiver Symptomkontrolle randomisiert. Das Gesamtüberleben war im FOLFOX Arm signifikant besser (HR: 0.60, p = 0.031), insbesondere war das Gesamtüberleben nach 12- Monaten mit 25.9% versus nur 11.4% im FOLFOX Arm mehr als doppelt so hoch. Aufgrund dieser Daten ist FOLFOX nun die Standard-Zweitlinientherapie bei Patienten mit fortgeschrittenen biliären Karzinomen.

ROAR Studie:

In der am ASCO GI 2019 in San Francisco präsentierten ROAR Basket Kohorten Studie wurden 35 Patienten mit fortgeschrittenen Gallenwegskarzinomen und nachgewiesener klassischer BRAF V600E Mutation mit Dabrafenib und Trametinib therapiert (3). Diese Kombination kommt bereits bei Patienten mit BRAF mutiertem Melanom zur Anwendung, ebenso beim BRAF mutierten fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinom. Die Patienten in dieser Kohortenstudie waren stark vortherapiert, alle Patienten waren progredient unter einer Gemcitabine-basierten Chemotherapie, 80% der Patienten hatten sogar 2 oder mehr vorausgegangene Systemtherapielinien. Trotzdem war die Ansprechrate mit 42% erstaunlich hoch. Zudem fand sich ein progressionsfreies Überleben unter Dabrafenib/Trametinib von 9.2 Monaten und ein medianes Gesamtüberleben von 11.7 Monaten, was für eine prognostisch ungünstige Tumorentität wie dem metastasierten Cholangiokarzinom erstaunlich lang ist. Somit ist es eminent wichtig, Patienten mit fortgeschrittenem Cholangiokarzinom systematisch auf die klassische BRAF V600E Mutation zu testen. Bei Vorliegen dieser Mutation sollte versucht werden, Dabrafenib/Trametinib (beide natürlich off-label beim Cholangiokarzinom) über die Krankenkasse oder Pharmafirma zu erhalten.

Pankreaskarzinom:

POLO Trial:

PARP-Inhibitoren hemmen das Enzyms Poly-ADP-Ribose-Polymerase (PARP), welches zur Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen erforderlich ist. PARP Inhibitoren verunmöglichen somit die Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen und resultieren in DNA-Doppelstrangbrüchen.
Bei Patienten mit fehlender BRCA-Mutation können DNA-Doppelstrangbrüche über andere Mechanismen (z. B. homologe Rekombination) repariert werden, selbst in der Präsenz eines PARP-Inhibitors. Im Gegensatz dazu ist die Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen bei BRCA-mutierten Patienten in der Regel nicht über andere Mechanismen möglich, was in einer Akkumulation von DNA-Doppelstrangbrüchen und Apoptose der Tumorzellen resultiert. Die BRCA-Mutation ist somit mit einer erhöhten Wirksamkeit für PARP Inhibitoren vergesellschaftet.
PARP Inhibitoren haben sich bereits bei anderen Erkrankungen, z. B. dem BRCA mutierten fortgeschrittenen Ovarialkarzinom (SOLO-1 Trial, (4)) etabliert und gehören dort zur Standard Maintenancetherapie. Mit dem ASCO 2019 haben die PARP Inhibitoren nun auch bei den GI-Karzinomen Einzug gefunden. Der Effort für die Durchführung der POLO prospektiv-randomisierten Multizenterstudie (5) ist bemerkenswert: Insgesamt wurde über 3 300 Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom auf BRCA1 oder BRCA2 Keimbahnmutationen gescreent. Bei 7.5% aller Patienten (einer Number needed to screen von gut 13 entsprechend!) fand sich eine Mutation, 154 Patienten wurden schlussendlich in die Studie eingeschlossen. Die Patienten mussten unter einer mindestens 16 Wochen dauernden Platinbasierten Erstlinientherapie eine stabile Krankheitssituation aufweisen oder ansprechen und wurden anschliessend 3:2 randomisert zu Olaparib 300 mg 2 x/die versus Placebo. Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben, welches statistisch signifikant und klinisch relevant besser war im Olaparib Arm (medianes PFS: 7.4 versus 3.8 Monate, HR 0.53, p = 0.004). Das progressionsfreie Überleben bei 6 Monaten (53% vs 23%) und bei 12 Monaten (34% versus 15%) war mehr als doppelt so hoch im Verum Arm. Bezüglich Gesamtüberleben fand sich in einer für diesen Endpunkt durchgeführten noch prämaturen Interims-Analyse kein signifikanter Benefit (medianes OS 18.9 Monate versus 18.1 Monate), die relativ tiefe crossover Rate von Patienten im Placebo-Arm zu Olaparib (14%) erklärt dies nicht. Nichtsdestotrotz handelt es sich hier um eine klar positive Studie und die Investigatoren empfehlen, Patienten mit metastasiertem Pankreasadenokarzinom systemtatisch auf BRCA-Mutationen zu screenen. Olaparib sollte meines Erachtens eine mögliche Therapieoption sein bei Patienten mit BRCA-mutiertem, metastasierten Pankreaskar-zinom. Diese Empfehlung wurde bereits auch in die neusten NCCN Guidelines (2019.Version 2) übernommen (6).

APACT Trial:

Mit grosser Spannung wurde die APACT Studie (7) erwartet, welche von Prof. Margaret Tempero, einer der zweifelsohne bekanntesten Expertinnen beim Pankreaskarzinom, präsentiert wurde. In dieser prospektivrandomisierten Multizenterstudie wurden bei 866 Patienten nach Pankreasadenokarzinomresektion die adjuvnate Therapie mit Gemcitabine (bei der Planung der Studie entsprach dies noch der Standard Behandlung) versus Gemcitabine in Kombination mit nab-paclitaxel verglichen. Diese Chemotherapie-Kombination ist bei Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom bereits eine etablierte Erstlinientherapie. Der primäre Endpunkt war das rezidivfreie Überleben beurteilt durch ein unabhängiges Review Komitee. Dieser primäre Endpunkt war negativ und mit 19.4 Monaten versus 18.8 Monaten nicht statistisch signifikant unterschiedlich (HR 0.88, p = 0.1824). Das durch die Investigatoren beurteilte rezidivfreie Überleben (16.6 Monate versus 13.7 Monate, HR 0.82, p = 0.0168) wie auch das Gesamtüberleben waren allerdings besser im Kombinations-Chemotherapiearm (40.5 versus 36.2 Monaten, HR 0.82, p = 0.045). Obwohl «crosstrial comparisons» bekannterweise nicht zulässig sind und zu den Todsünden der Statistik gehören, ist doch das Gesamtüberleben von Gemcitabine/nabpaclitaxel deutlich schlechter als in der neulich im New England Journal of Medicine von Conroy et al. publizierten PRODIGE-24 Studie (8). In dieser fand sich ein medianes Gesamtüberleben von 54 Monate in der Gruppe, welche adjuvant mit dem modifizierten FOLFIRINOX Schema therapiert wurde. Für mich bleibt somit das modifizierte FOLFIRINOX Schema die Standard adjuvante Therapie bei fitten Patienten nach Pankreaskarzinomresektion, bei «FOLFIRINOX-ineligible» Patienten kommt am ehesten die Kombination von Gemcitabine und Capecitabine (basierend auf der ESPAC-4 Studie) in Frage. Welche Rolle die Kombination von Gemcitabine und nab-Paclitaxel in der adjuvanten Situation spielen wird, ist aktuell unklar, wird aber vom rezidivfreien und Gesamtüberleben mit längerem follow-up abhängen.
In diesem Kontext muss allerdings erwähnt werden, dass momentan viele Studien durchgeführt werden, welche die neoadjuvante Chemotherapie beim primär resektablen Pankreaskarzinom untersuchen. Das neoadjuvante oder perioperative Therapiekonzept – welches ja bereits beim Oesophaguskarzinom, beim Magenkarzinom und beim Rektumkarzinom etabliert ist – macht speziell beim Pankreaskarzinom Sinn, da dieses bekannterweise sehr früh metastasiert: In der Tat zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass bei Primärtumoren von 2 cm Grösse bereits 70% der Patienten Fernmetastasen haben, bei Pankreaskarzinomen von 4 cm ist dies in nahezu 100% der Patienten der Fall (9). Das Pankreaskarzinom ist also von Beginn weg eine systemische Erkrankung, und deshalb ist es intuitiv, so früh wie möglich den betroffenen Patienten eine Systemtherapie zu verabreichen.

Prep-02/JSAP-05 Trial:

In einer am ASCO GI-Symposium im Januar 2019 in San Francisco präsentierten, asiatischen Studie, wurden 364 Patienten mit primär resektablem Pankreaskarzinom randomisiert zu einer perioperativen Chemotherapie mit Gemcitabine in Kombination mit S1 versus direkte Operation und adjuvante Chemotherapie mit demselben Chemotherapie-Regime. Interessanterweise fand sich ein statistisch signifikanter und klinisch relevanter Überlebensvorteil von 10 Monaten (36.7 versus 26.6 Monate, HR 0.72, p = 0.015) zugunsten der perioperativen Chemotherapie (10). Ich bin zuversichtlich, dass verschiedene, aktuell laufende prospektiv-randomiserte Studien den Benefit der neoadjuvanten Chemotherapie beim resesektablen Pankreaskarzinom auch in unseren Breitengraden demonstrieren werden.

Fazit:

Zusammenfassend waren auch das 4. «ASCO GI in the Mountains» auf dem Uetliberg und das 6. «Chicago in the Mountains» im Flüeli-Ranft ein voller Erfolg! Nebst dem intensiven Debattieren über cutting-edge Therapien und neue Erkenntnisse bei Patienten mit gastrointestinalen Karzinomen genossen wir auch die wunderbare Umgebung, kulinarische Höhenflüge wie auch das gemütliche Beisammensein. An dieser Stelle möchte ich es nicht unterlassen, meinem geschätzten Kollegen, Dr. Daniel Helbling, für sein enormes Engagement für ASCO GI und Chicago in the Mountains ein grosses, spezielles Dankeschön zukommen zu lassen!

Prof. Dr. med. Ulrich Güller

MHS, FEBS, Stv. Chefarzt
Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie
Kantonsspital St. Gallen

Ulrich.Gueller@kssg.ch

1. Izumi N, et al. A multicenter randomized controlled trial to evaluate the efficacy of surgery vs. radiofrequency ablation for small hepatocellular carcinoma (SURF trial). J Clin Oncol 37, 2019 (suppl; abstr 4002).
2. Lamarca A, et al. ABC-06 | A randomised phase III, multi-centre, open-label study of Active Symptom Control (ASC) alone or ASC with oxaliplatin / 5-FU chemotherapy (ASC+mFOLFOX) for patients with locally advanced / metastatic biliary tract cancers (ABC) previously-treated with cisplatin/gemcitabine (CisGem) chemotherapy. J Clin Oncol 37, 2019 (suppl; abstr 4003).
3. Wainberg ZA, et al. Efficacy and safety of dabrafenib and trametinib in patients with BRAF V600E-mutated biliary tract cancer: A cohort of the ROAR basket trial J Clin Oncol 2019;37(Suppl):Abstr 187.
4. Moore K, et al.: Maintenance olaparib in patients with newly diagnosed advanced ovarian cancer (SOLO-1). N Engl J Med 2018; 379(26): 2495-2505.
5. Golon T, et al. Maintenance olaparib for germline BRCA-mutated metastatic pancreatic cancer. N Engl J Med. 2019 Jun 2. doi: 10.1056/NEJMoa1903387.
6. NCCN Guidelines Pancreatic Adenocarcinoma 2019; Version 2. https://www.nccn.org/professionals/physician_gls/pdf/pancreatic.pdf (accessed June 16th, 2019).
7. Tempero M, et al. APACT: phase III, multicenter, international, open-label, randomized trial of adjuvant nab-paclitaxel plus gemcitabine vs gemcitabine for surgically resected pancreatic adenocarcinoma. J Clin Oncol 37, 2019 (suppl; abstr 4000).
8. Conroy T, et al.: FOLFIRINOX or Gemcitabine as Adjuvant Therapy for Pancreatic Cancer (PRODIGE). N Engl J Med 2018; 379(25): 2395-2406.
9. Haeno H, et al. Computational modelling of pancreatic cancer reveals kinetics of metastatis suggesting optimum treatment strategies. Cell 148, 362–375, 2012.
10. Unno M, et al.: Randomized phase II/III trial of neoadjuvant chemotherapy with gemcitabine and S-1 versus upfront surgery for resectable pancreatic cancer (Prep-02/JSAP-05). J Clin Oncol 2019; 37(suppl 4): abs 189.