Fahreignung von Tumorpatienten –  was ist zu beachten?

In der Schweiz liegt die Inzidenz von Krebspatienten bei 40 000 pro Jahr (1). Im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung stellt sich häufig die Frage, ob die betroffene Person ein Fahrzeug sicher lenken kann. Im vorliegenden Artikel werden die wichtigsten Problemstellungen im Zusammenhang mit der Fahreignung diskutiert und Handlungsoptionen für die Beurteilung der Fahreignung aufgezeigt.

En Suisse, l’incidence des patients cancéreux est de 40000 par an (1). En ce qui concerne le cancer, la question se pose souvent de savoir si la personne concernée peut conduire un véhicule en toute sécurité. Cet article traite les problèmes les plus importants liés à l’aptitude à la conduite et présente des pistes d’action possibles pour évaluer l’aptitude à la conduite d’un véhicule.

Fahreignung und Fahrfähigkeit

Unter Fahrfähigkeit versteht man die momentane, zeitlich begrenzte physische und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen eines Fahrzeuges. Gemäss Art. 31 Strassenverkehrsgesetz (SVG) (2) muss jeder Führer das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.
Die Fahreignung hingegen ist die allgemeine, zeitlich nicht umschriebene physische und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen eines Fahrzeuges. Nach Art. 14 SVG müssen Motorfahrzeugführer über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen.
Über Fahreignung verfügt, wer:

  • das Mindestalter erreicht hat;
  • die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen hat;
  • frei von einer Sucht ist, die das sichere Führen von Motorfahrzeugen beeinträchtigt; und
  • nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr bietet, als Motorfahrzeugführer die Vorschriften zu beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen.

Für die Fahreignung hat der Gesetzgeber in der Verkehrszulassungsverordnung (VZV) (3) Mindestanforderungen festgelegt, die es bei der Fahreignungsbeurteilung zu prüfen gilt. Hierbei ist zu unterscheiden, ob der Patient Inhaber von Führerausweiskategorien der 1. medizinischen Gruppe (Kategorie A, A1, B, B1, F, G, M) ist oder auch der 2. medizinischen Gruppe (C, C1, D, D1, Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport, Verkehrsexperten). Die Anforderungen an Personen mit Führerausweiskategorien der 2. medizinischen Gruppe sind höher als die mit der 1. medizinischen Gruppe.

Mögliche Einschränkungen bei Tumorpatienten

Bei der Beurteilung zu differenzieren sind Einschränkungen, die durch die Krebserkrankung selbst verursacht werden, diejenigen, die durch die Therapie verursacht werden, aber auch mögliche Spätschäden nach erfolgreicher Behandlung.
In der verkehrsmedizinischen Begutachtungspraxis sind hier v.a. Hirntumore ein problematisches Feld. Je nach Lokalisation des Tumors können verkehrsmedizinische Auffälligkeiten wie Sehstörungen, Doppelbilder, Gesichtsfeldeinschränkungen und epileptische Anfälle auftreten. Es kann aber auch zu Lähmungserscheinungen oder Persönlichkeitsauffälligkeiten kommen. Bei anderen Tumorlokalisationen kommt es in der Regel weniger durch den Primärtumor zu fahreignungsrelevanten Auffälligkeiten. Bei hämatologischen Erkrankungen können allenfalls eine Müdigkeit und eine allgemein eingeschränkte Leistungsfähigkeit dazu führen, dass das funktionelle und für die Fahreignung relevante Leistungsniveau nicht erreicht wird.
Sobald die Tumordiagnostik erfolgt ist und ein Therapieplan erstellt wurde, sind weitere Problemkreise zu beachten. Aus verkehrsmedizinischer Sicht spielen vor allem Müdigkeit, Reduktion der Leistungsreserve, die aktuelle Medikation, Schmerzen, epileptische Anfälle, Persönlichkeitsveränderungen, kognitive Einschränkungen, psychische Probleme und das Hemisyndrom eine grosse Rolle. Hier gilt es im individuellen Fall den Patienten aufzuklären und ihm allenfalls eine Fahrkarenz für den Zeitraum der Behandlung aufzuerlegen. Hier ist zu beachten, dass fahreignungsrelevante Defizite dokumentiert werden sollten, ebenso wie das Aufklärungsgespräch und die ausgesprochene Fahrkarenz. Eine schriftliche Bestätigung ist hier nicht zwingend notwendig, kann aber im Einzelfall sinnvoll sein. Nach erfolgreicher Behandlung kann es natürlich auch zu langfristigen Einschränkungen der Fahreignung kommen. Hier ist v.a. die chronische Fatigue, Einschränkungen in der körperlichen oder psychischen Leistungsfähigkeit zu sehen.

Beurteilung der Fahreignung

Um das psycho-physische Leistungsniveau zu testen, gibt es keine Standarduntersuchungen und auch keinen Richtwert, sondern es ist immer die individuelle Behandlung und Beurteilung der Situation im Kontext der Verkehrssicherheit zu beurteilen. Bei der Beurteilung der notwendigen Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen eines Fahrzeuges unterscheidet sich die Grundleistung von der Leistungsreserve. Die Grundleistung reicht in der Regel alleine nicht aus, um ein Fahrzeug sicher zu führen. Es bedarf der Reserveleistung, v.a. um in unvorhergesehenen Situationen adäquat reagieren zu können. Dies wird von den Fahrzeuglenkern häufig falsch eingeschätzt und gilt es vom Arzt mitzubeurteilen. Hier gilt es abzuschätzen, ob die Einschränkungen durch die Grunderkrankung zu sehen sind oder durch die Behandlung. Auch ist zu beurteilen, ob die Einschränkungen nur vorübergehend oder dauerhaft sind.
Bezüglich der Fahreignung und Epilepsie gibt es ausführliche Richtlinien (4), in denen die Voraussetzungen für eine positive Fahreignung stehen. Ebenso existieren Richtlinien betreffend Diabetes mellitus (5) und bei Tagesschläfrigkeit (6). Weitere Richtlinien sind in Bearbeitung.
Grundsätzlich gilt zu prüfen, ob die medizinischen Mindestanforderungen nach Anhang 1 VZV gegeben sind (3). Hier gibt es Anforderungen für Seh- und Hörvermögen, Alkohol, Drogen und psychotrope Medikamente, psychische und neurologische Erkrankungen, organisch bedingte Hirnleistungsstörungen, Herz-Kreislauf-, Stoffwechselerkrankungen, Erkrankungen der Atem- und Bauchorgane, des Bewegungsapparates bzw. der Wirbelsäule. Zur Überprüfung der kognitiven Leistungsfähigkeit besteht die Möglichkeit einer neuro- oder verkehrspsychologischen Abklärung, wobei hier vor allem verkehrsrelevante Einschränkungen bei der Aufmerksamkeit, der Informationsverarbeitung und der Reaktionsgeschwindigkeit zu untersuchen sind. Ein weiteres grosses Problem bei der Krebsbehandlung ist die Schmerztherapie mit Opioiden oder Opiaten. Hierbei gilt, dass die Fahreignung nicht gegeben ist, wenn keine stabile Medikation vorliegt, ein Beikonsum von illegalen Drogen besteht beziehungsweise ein Suchtmittelproblem mit anderen Substanzen wie z.B. Alkohol. Eine negative Fahreignungsbeurteilung kann daher kommen, dass die Behandlung grundsätzlich nicht indiziert ist, dass die Mindestanforderungen nicht erfüllt sind, und dass es relevante kognitive Einschränkungen gibt und/oder eine relevante Tagesmüdigkeit besteht. Grundsätzlich ist anzumerken dass bei einer Behandlung mit Opiaten/Opioiden die Fahreignung wenn überhaupt lediglich für die 1. medizinische Gruppe gegeben ist. Bei einem stabil eingestellten Patienten, bei dem die Indikation der Behandlung sauber gestellt wurde und bei dem keinerlei Einschränkung der körperlichen und/oder kognitiven Leistungsfähigkeit bestehen, kann die Fahreignung auch unter der Behandlung mit Opiaten und Opioiden als gegeben erachtet werden.
Sollte in Erwägung gezogen werden eine Behandlung mit Cannabinoiden (THC, CBD etc.) einzusetzen, so ist die Fahreignung ebenfalls im Auge zu behalten. Bezüglich Cannabis im Strassenverkehr gilt weiterhin die Nulltoleranzregelung für THC. Die Studienlage betreffend anderen medizinisch verordneten Cannabisprodukten (z.B. CBD) und der Fahreignung ist derzeit noch nicht ausreichend, um Richtlinien zu erlassen. Die zur Lösung von Spastiken und Epilepsien eingesetzten Cannabinoide wie CBD können zu erhöhter Müdigkeit und zu Reaktionsverminderung führen und daher die Fahrfähigkeit einschränken. Aus verkehrsmedizinischer Sicht raten wir von der Verordnung von Cannabinoiden im Zusammenhang mit der Fahreignung ab. Sollte die Verordnung dennoch notwendig sein, so empfiehlt es sich, in diesen Fällen eine ärztliche Drittmeldung an die Administrativbehörde zu machen, damit die Fahreignung im Rahmen einer verkehrsmedizinischen Abklärung bei dem Arzt/einer Ärztin mit der Anerkennungsstufe 4 erfolgen kann. Mögliche Handlungsoptionen Wenn sie Zweifel an der Fahreignung hegen, so können sie von ihrem ärztlichen Melderecht nach Art. 15d Abs. 1 lit. e SVG Gebrauch und eine Meldung an das zuständige Strassenverkehrsamt machen. Sie sind im Zusammenhang mit der Drittmeldung von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden.
Im Vorfeld gibt es die Möglichkeit, ärztliche Fahrkarenzen auszusprechen, was v.a. bei complianten Patienten eine gute Möglichkeit ist. Hier ist es wichtig, dass sie gut dokumentieren, was sie mit den Patienten besprochen haben, und dies allenfalls vom Patienten unterzeichnen zu lassen.
Auch besteht für den betroffenen Fahrzeuglenker die Möglichkeit, vorübergehend auf den Fahrausweis zu verzichten. Entsprechende Formulare finden sich auf den Homepages der Strassenverkehrsämter. Dies ist v.a. eine Möglichkeit bei Personen, die von Gesetzeswegen her sich regelmässig einer Fahreignungsabklärung stellen müssen (Inhaber höherer Führerausweiskategorien, Senioren).

Dr. med. Kristina Keller

Universität Zürich
Institut für Rechtsmedizin
Abteilung Verkehrsmedizin
Kurvenstrasse 31
8006 Zürich

Kristina.Keller@irm.uzh.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit dem Beitrag deklariert.

  • Besondere Aufmerksamkeit ist bei Patienten mit Hirntumoren gegeben.
  • Meistens ist die Behandlung Grund für die verkehrsmedizinische Einschränkung, nicht der Primärtumor.
  • Die wesentlichen Einschränkungen betreffen das Sehvermögen, epileptische Anfälle, kognitive Defizite und Müdigkeit.
  • Ein grosses Problem ist die Schmerztherapie mit Opioiden und Opiaten.

Messages à retenir

  • Une attention particulière est accordée aux patients atteints de tumeurs cérébrales.
  • Dans la plupart des cas, le traitement est la raison de la restriction médicale de la circulation en véhicule, et non la tumeur primaire.
  • Les principales limitations concernent la vision, les crises d’épilepsie, les déficits cognitifs et la fatigue.
  • Un problème majeur est la thérapie de la douleur avec des opioïdes et des opiacés.

1. Krebs in der Schweiz: wichtige Zahlen, Krebliga Schweiz
2. https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19580266/index.html
3. https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19760247/index.html
4. Epilepsie und Führerschein; Günter Krämer, Claudio Bonetti, Johannes Mathis, Klaus Meyer, Margitta Seeck, Rolf Seeger, Daniela Wiest, SWISS MEDICAL FORUM – SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM 2015;15(7):157–160
5. https://www.irm.uzh.ch/dam/jcr:72ae4b5a-2432-481e-ba36-977d570b5b85/1705_Neue-Auto-Richtlinien_SGED_final_DE.pdf
6. Fahreignung bei Tagesschläfrigkeit, Prof. Dr. med. Johannes Mathis, Prof. Dr. med. Malcolm Kohlerb, PD Dr. med. Dr. phil. Ulrich-Michael Hemmeterc, Dr. med. Rolf Seeger: Verkehrskommission Schweizerische Gesellschaft für Schlafforschung, Schlafmedizin und Chronobiologie (SGSSC); Schweiz Med Forum 2017;17(20):442-447

Kann bei allen Patientinnen mit Mammakarzinom auf eine Axilladissektion verzichtet werden?

Mit der Studie SAKK 23/16 – TAXIS untersucht die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) die fokussierte Axillachirurgie in Kombination mit axillärer Radiotherapie zur Behandlung von Patientinnen mit Mammakarzinom und hoher Tumorlast in der Axilla.

Während fast eines Jahrhunderts gehörte die Axilladissektion zur Standardbehandlung jeder Patientin mit Mammakarzinom. In den neunziger Jahren wurde das Sentinelverfahren eingeführt und die Axilladissektion beschränkt auf Patientinnen und Patienten mit palpablen Lymphknotenmetastasen oder tumorbefallenen Sentinel-Lymphknoten. Heute haben wir aus verschiedenen randomisierten Studien gelernt, dass auch bei vielen Patientinnen mit limitiertem Tumorbefall der Sentinellymphknoten auf die Axilladissektion verzichtet werden kann. Die Axilladissektion ist weiterhin die Standardbehandlung von Patientinnen mit palpablen Lymphknotenmetastasen oder residuellem Tumor nach neoadjuvanter Chemotherapie.

Fokussierte Axillachirurgie

In den letzten Jahren hat die zielgerichtete Axilladissektion („targeted axillary dissection“) viel Aufmerksamkeit erlangt als Verfahren zum Ausschluss von residuellem Tumorgewebe in den axillären Lymphknoten nach neoadjuvanter Chemotherapie. Dabei wird das Sentinelverfahren kombiniert mit der selektiven Entfernung des initial tumorbefallenen axillären Lymphknotens, der vor der neoadjuvanten Therapie während oder nach der Biopsie mit einem Clip markiert wurde. Mehrere prospektive Interventionsstudien haben gezeigt, dass mit der zielgerichteten Axilladissektion die falsch-negative Rate auf wenige Prozent gesenkt werden kann, während diese beim alleinigen Sentinelverfahren in dieser Situation bei > 10% liegt. Mehrere prospektive multizentrische Studien, z.B. SenTa in Deutschland oder RISAS in Holland, haben derzeit zum Ziel, die zielgerichtete Axilladissektion weiter zu validieren. TAXIS untersucht ein neues Konzept zur De-eskalierung der Axillachirurgie, das wir fokussierte Axillachirurgie, auf Englisch tailored axillary surgery» (TAS) genannt haben. Dabei spielt die zielgerichtete Axilladissektion eine wichtige, jedoch nicht obligatorische Rolle zur selektiven Entfernung von befallenen Lymphknoten. Wichtiger ist bei TAS der Einsatz der Finger der Chirurgen zur selektiven Entfernung von palpablen Ablegern und natürlich das Sentinelverfahren zur Entfernung von nicht-palpablen Tumoranteilen. Die Axilla muss nach TAS ohne palpable Tumoranteile sein, während die residuellen mikroskopischen Tumoranteile der Radiotherapie überlassen werden.

Vormarsch der Radiotherapie

Parallel zum Rückgang der Axilladissektion bei Patientinnen mit positiven Sentinel-Lymphknoten hat sich ein klinischer Trend entwickelt hin zu mehr Radiotherapie der Lymphabflusswege. Beide Trends stützen sich auf Level 1 Evidenz aus randomisierten Studien. Während die brustchirurgischen Studien gezeigt haben, dass weniger Chirurgie nicht zu mehr Rezidiven führt, haben die radioonkologischen Studien gezeigt, dass vermehrte Radiotherapie das krankheitsfreie Überleben dieser Patientinnen zumindest leicht verbessert. Entsprechend werden Patientinnen mit befallenen Lymphknotenmetastasen zunehmend regionär bestrahlt. Diese Entwicklung begünstigt die kritische Re-evaluation der übrigen Indikationen für eine Axilladissektion, die zunehmend durch die Radiotherapie ersetzt wird.

Laufende Studien auf dem Gebiet der Axillabehandlung

Zurzeit rekrutieren acht grosse randomisierte nationale Studien in mehreren Ländern. Zwei davon untersuchen, ob nach einem unauffälligen Ultraschall ganz auf das chirurgische axilläre Staging – also auch auf das Sentinelverfahren – verzichtet werden kann. Einige Studien validieren das ACOSOG Z0011 Protokoll, wobei sie die Einschlusskriterien ausgeweitet haben. Dabei geht es grundsätzlich um die Frage, ob in der heutigen Zeit Lymphknotenmetastasen in der Axilla zurückgelassen werden dürfen, wenn wirksame adjuvante Therapien folgen – eine Abkehr von jahrzehntelang etablierten Standards. Einen wichtigen Schritt weiter geht der Alliance Trial A011202, der Patientinnen mit residuellem Tumor in den Sentinel-Lymphknoten nach der neoadjuvanten Chemotherapie einschliesst. Die Patientinnen werden in eine Kontrollgruppe randomisiert mit Axilladissektion und in eine experimentelle Gruppe mit axillärer Radiotherapie. Alle Patientinnen erhalten eine ausgedehnte regionäre Radiotherapie supraklavikulär und parasternal. Somit klärt diese Studie die wichtige Frage, ob auch nach systemischer Vorbehandlung residueller Tumor in der Axilla zurückgelassen werden darf, wenn eine regionäre Radiotherapie folgt.

SAKK 23/16 - TAXIS

Die SAKK Studie TAXIS nimmt diese Frage aus dem Alliance Trial mit auf und geht einen Schritt weiter: Darf selbst bei Patientinnen mit hoher Tumorlast in der Axilla – mit oder ohne neoadjuvante Chemotherapie – auf die Axilladissektion verzichtet werden, wenn eine ausgedehnte regionäre Radiotherapie durchgeführt wird? Dabei schliessen wir als erste Studie überhaupt auch Patientinnen mit palpablen Lymphknotenmetastasen ein. Sie werden randomisiert in eine Gruppe mit fokussierter Axillachirurgie und eine Gruppe mit radikaler Axilladissektion. Bei der fokussierten Axillachirurgie werden alle palpatorisch auffälligen Befunde zusammen mit den Sentinel-Lymphknoten entfernt. Dabei wird ein Präparateradiogramm durchgeführt mit der Frage, ob der Markierungsclip entfernt wurde, der während der bioptischen Sicherung der Lymphknotenmetastase eingelegt wurde. Ist der Clip im Präparateradiogramm, darf eine in die experimentelle Gruppe ohne Axilladissektion randomisierte Patientin weiter in der Studie behandelt werden. Wenn der Clip nicht entfernt wurde, muss die Patientin ausgeschlossen und die Axilla radikal disseziert werden – dies dient der chirurgischen Qualitätssicherung innerhalb dieser Phase III Studie. Präoperative Lokalisationstechniken, z.B. mit Draht oder radioaktivem Clip sind erlaubt, um die Rate der erfolgreichen Entfernungen der clipmarkierten Lymphknoten zu erhöhen, was der zielgerichteten Axilladissektion entspricht.

Abb.1 Ablauf der Studie SAKK 23/16

Diese grosse Phase III Studie wird interdisziplinär im Netzwerk der SAKK und mit internationalen Partnern durchgeführt werden. Die Hauptrolle teilen sich die Brustchirurgie und Radioonkologie, mit Unterstützung durch die anderen beteiligten klinischen Disziplinen und die Abteilungen für Statistik und Lebensqualität. Die Fallzahl beträgt 1500 Patientinnen, die während einer Zeitdauer von 5 Jahren rekrutiert werden. Die maximale Studiendauer beträgt etwa 10 Jahre Jahre. Geplant ist die Teilnahme von 34 Zentren aus vier Ländern.
Primärer Endpunkt ist das krankheitsfreie Überleben. Wir testen in einem non-inferiority Design die Hypothese, dass die fokussierte Axillachirurgie im Vergleich zur Axilladissektion nicht zu mehr Rezidiven oder einem schlechteren Überleben führt. Wichtigster sekundärer Endpunkt ist die Lebensqualität. Sie wird mit validierten Fragebögen gemessen, um zu zeigen, dass die fokussierte Axillachirurgie im Vergleich zur Axilladissektion weniger Morbidität verursacht. Fällt die Studie positiv aus, könnte der Rückzug der Axilladissektion aus der klinischen Praxis vollendet werden.

Studiendesign: A multicenter randomized open labeled phase III trial

Studienname: SAKK 23/16: Tailored AXIllary Surgery with or without axillary lymph node dissection followed by radiotherapy in patients with clinically node-positive breast cancer (TAXIS).

Teilnehmende Zentren: Kantonsspital Aarau, Kantonsspital Baden, Bethesda Spital Basel, Claraspital Basel, Universitätsspital Basel, Lindenhofgruppe – Engeriedspital Bern, Kantonsspital Graubünden, Clinique des Grangettes Chêne-Bougeries, Centre du sein Fribourg/Brustzentrum Freiburg, Hôpitaux Universitaires de Genève, Clinique de Genolier, Hôpital neuchâtelois – La Chaux-de-Fonds, CHUV – Centre hospitalier universitaire vaudois Lausanne, Hirslandenklinik St. Anna Luzern, Luzerner Kantonsspital, Hôpital du Valais, Hôpital de Sion, Kantonsspital St. Gallen, Tumor- und Brustzentrum ZeTuP St. Gallen, Spital Thurgau, Kantonsspital Winterthur, Brustzentrum – Seefeld Zürich, Spital Limmattal Zürich, Spital Zollikerberg Zürich, Stadtspital Triemli Zürich, UniversitätsSpital Zürich, Landeskrankenhaus Feldkirch, LKH-Univ. Klinikum Graz, Linz/Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, Klinikum Wels-Grieskirchen, Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien, National Institute of Oncology Budapest, Ospedale MultiMedica Castellanza (VA, Italien)

Coordinating Investigator: Prof. Dr. Walter Paul Weber, Chefarzt Brustchirurgie, Universitätsspital Basel, walter.weber@usb.ch

Supporting Coordinating Investigator: PD Dr. med. Michael Knauer, Leitender Arzt Brustchirurgie, Kantonsspital St. Gallen, michael.knauer@kssg.ch

Clinical Project Manager: Dr. Marie-Aline Gerard, marie-aline.gerard@sakk.ch, SAKK Bern

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

Krebsregistrierung in der Schweiz

Die landesweite Erfassung aller Krebserkrankungen ist eine unentbehrliche Grundlage für eine wirkungsvolle Public-Health-Politik und eine zukunftsweisende Patientenversorgung.

Aufgrund der demographischen Entwicklung und dem ansteigenden Krebsrisiko im Alter ist mit einer weiteren Zunahme an Krebserkrankungen zu rechnen. Gleichzeitig leben immer mehr Menschen dank verbesserter Früherkennung sowie erfolgreichen Innovationen in Diagnostik und Behandlung deutlich länger mit ihrer Erkrankung. Bis ins Jahr 2030 wird es in der Schweiz laut Hochrechnungen etwa eine halbe Million sogenannte «Cancer Survivors» geben. Damit steht unser Gesundheitssystem vor grossen Herausforderungen. Die rechtliche Verankerung der Krebsregistrierung ist deshalb von grosser gesundheitspolitischer Bedeutung. Mit dem Bundesgesetz (Krebsregistrierungsgesetz, KRG) und der Verordnung (Krebsregistrierungsverordnung, KRV) ist eine solide rechtliche Grundlage für eine flächendeckende und vollständige Registrierung von Krebserkrankungen in der Schweiz geschaffen. KRG und KRV treten am 1. Januar 2020 in Kraft.

Föderalistische Strukturen

Gemäss KRG und KRV baut die Registrierung der Krebserkrankungen auf dem bestehenden föderalistischen System auf. Die kantonalen und regionalen Krebsregister – finanziert durch die Kantone – erfassen Daten zu allen Krebserkrankungen. Anschliessend führt die nationale Krebsregistrierungsstelle (NKRS) die Daten auf nationaler Ebene zusammen und bereitet sie auf.
Im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens hat das EDI erfreulicherweise das Nationale Institut für Krebsepidemiologie und -registrierung (NICER) mit den Aufgaben der NKRS beauftragt. Die NKRS sorgt für die nötige Harmonisierung und Standardisierung, analysiert die Daten und erstellt zusammen mit den zuständigen Fachstellen die für die Krebspolitik wesentlichen Gesundheitsberichterstattungen und Krebsstatistiken.
Krebserkrankungen bei Kindern werden weiterhin zentral in einem Kinderkrebsregister erfasst. Mit dieser Aufgabe wurde das Schweizer Kinderkrebsregister (SKKR) betraut.

Kompromisse beim Datensatz

In den Ausführungsbestimmungen und der Umsetzung des nationalen Krebsregisters mussten Kompromisse eingegangen werden. Der 2017 in die Vernehmlassung geschickte Entwurf der KRV sah einen umfassenden Satz an zu registrierenden Daten vor, beispielsweise die Erfassung von Zusatzdaten zu Lungenkrebs bei Erwachsenen sowie Daten zum Krankheitsverlauf, zu Metastasen und zu Rezidiven. Aufgrund von Interventionen der Kantone in der Vernehmlassung hat sich der Bundesrat für eine Verkleinerung des Datensatzes sowie die Verschiebung der Inkraftsetzung um ein Jahr entschieden. Damit soll der Registrierungsaufwand und damit die Kosten für die Kantone eingedämmt werden. Den Kantonen steht dank der verschobenen Inkraftsetzung mehr Zeit für den Vollzug zur Verfügung.
Dass die vollständige Registrierung erst ein Jahr später umgesetzt wird, ist zwar schade, aber nicht entscheidend, wenn im Übergangsjahr 2019 keine Datenlücke entsteht und die Finanzierung der bestehenden Register sichergestellt ist. Die Kantone sollten die Vollzugsarbeiten nicht unterbrechen, es gilt, die gewonnene Zeit sinnvoll zu nutzen. So kann die zeitliche Verschiebung eine Chance sein, die Umsetzung der Krebsregistrierung in den Kantonen sowie die Datenlieferung der Meldestellen vollständig und in guter Qualität umzusetzen. Hier gilt es insbesondere, die Zentren und meldepflichtigen Fachpersonen frühzeitig in die Umsetzungsarbeiten einzubeziehen.
Die von den Krebsregistern gesammelten epidemiologischen Daten sollen die Voraussetzung liefern für die wirkungsvolle Prävention von Krebserkrankungen, für die Verbesserung der Diagnose- und Behandlungsqualität sowie zur Unterstützung der Versorgungsplanung. Gerade im Zusammenhang mit der Versorgungsforschung ermöglichen Krebsregisterdaten beispielsweise Auswertungen zur Versorgungsqualität, zur Prozess- und Ergebnisqualität von Diagnosen und Behandlungen, Leistungsvergleiche (Benchmarking) und Auswertungen zu interdisziplinärer Zusammenarbeit und zur Qualitätssicherung. Ob dies mit dem nun in der KRV definierten Datensatz möglich ist, ist allerdings fraglich. Beispielsweise wird die Interpretation von Überlebensstatistiken durch das Fehlen von Informationen zu Vorerkrankungen erschwert. Und das Weglassen der ursprünglich angedachten Zusatzdaten zur Behandlung der Metastasen und Rezidive verunmöglicht eine Abbildung der heutzutage immer bedeutsamer werdenden Second-Line-Therapien. Die Erfassung von Prädispositionen wäre insbesondere für gewisse seltene, genetisch stark beeinflusste Krebserkrankungen wichtig gewesen, um den Bedarf an genetischer Beratung adäquat zu erfassen.

Austausch Meldestellen mit Krebsregistern

Da die notwendige Infrastruktur (z.B. Austauschformate) und die dazugehörige Qualitätssicherung erst noch aufgebaut werden müssen, muss es den einzelnen Krebsregistern erlaubt sein, unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen und in Absprache mit den Meldestellen die für die korrekte medizinische Kodierung nötigen Informationen aus den Institutionen zu holen. Nur so kann nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Lücke in der Datenqualität vermieden werden. Bei den meldepflichtigen Personen und Institutionen fällt ein Mehraufwand an, der nicht vergütet wird. Deshalb ist der gegenseitige Datenaustausch zwischen Krebsregistern und klinischen Meldestellen sowie zwischen Krebsregistern und Früherkennungsprogrammen zentral.
Zudem sollen die Datenlieferanten im Sinne eines Benchmarkings Zugang zu den strukturierten, anonymisierten ausgewerteten Daten der Krebsregister erhalten. Dies bedeutet Anreiz und Motivation für die Institutionen, welche die Daten liefern. Sie erhalten durch die Vergleichswerte eine Orientierung für die Verbesserung ihrer Versorgungs- und Behandlungsqualität. Ebenso muss der beidseitige Austausch von Daten zwischen den kantonalen Krebsregistern und dem jeweiligen Einzugsgebiet eines Screening-Programms zur Zweckbestimmung des Gesetzes gewährleistet sein, damit aussagekräftige Qualitätskontrollen sichergestellt und die Wirksamkeit von Früherkennungsprogrammen überprüft werden können.
Unklar gemäss dem Entwurf der KRV ist, was auf nationaler und kantonaler Ebene als Gesundheitsberichterstattung und statistische Bearbeitung der gesammelten Daten gilt – und wo die Forschung beginnt, welche die Einhaltung der Regeln des Humanforschungsgesetzes (HFG) verlangt. Basierend auf den Krebsregisterdaten müssen zwingend Qualitätsevaluationen und deren Publikationen möglich sein.

Richtiger Umgang mit medikamentöser Dauertherapie

Der richtige Umgang mit medikamentöser Dauertherapie stellt im perioperativen Umfeld eine Herausforderung für die behandelnden Ärzte dar. Ein Grossteil der Dauertherapie kann ohne Unterbrechung fortgeführt werden, wobei vor allem gerinnungshemmende Medikamente häufig von dieser Regel ausgenommen sind. In dieser Arbeit befassen sich die Autoren mit Gerinnungshemmern, Antidiabetika, Antihypertonika und Psychopharmaka und deren Einsatz im perioperativen Umfeld. Eine Übersicht findet sich in Tabelle 1.

Dans un environnement périopératoire, la manipulation correcte de la pharmacothérapie à long terme pose un défi pour les médecins traitants. La plupart des traitements à long terme peuvent être poursuivis sans interruption, bien que les anticoagulants en particulier soient souvent exclus de cette règle. Dans cet article, les auteurs traitent des anticoagulants, des antidiabétiques, des antihypertenseurs et des médicaments psychotropes et de leur utilisation en milieu périopératoire. Une vue d’ensemble peut être trouvée dans le tableau 1.

Die Antikoagulanzien / Thrombozytenaggregationshemmer

Das perioperative Management von gerinnungshemmenden Substanzen bedarf einer individuellen Risikoabschätzung, welche das chirurgische Blutungsrisiko gegen das thromboembolische Risiko abwägt. Ausmass und Gefährlichkeit möglicher Blutungen bestimmen das Blutungsrisiko. Während dieses bei kleineren Eingriffen an der Körperoberfläche oder an gut komprimierbaren Stellen als gering eingestuft wird, zählen spinale und intrakranielle Operationen zur Hochrisikogruppe. Die überwiegende Anzahl der Eingriffe jedoch weist ein mittleres Blutungsrisiko auf. Das thromboembolische Risiko wird durch die Art und Schwere der kardiovaskulären Grunderkrankung determiniert. Eine Übersicht der Therapiepausen bei gerinnungshemmender Medikation findet sich in Tabelle 2.

Thrombozytenaggregationshemmer

Weit verbreitet sind COX1/2- (Aspirin) sowie P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren (Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor). Das thromboembolische Risiko bei einer allfälligen Therapiepause wird durch die Indikation zur Thrombozytenaggregationshemmung bestimmt (1). Innerhalb des ersten Jahres nach einem akuten Koronarsyndrom (unabhängig der Therapiemodalität) sowie innerhalb der ersten Monate nach einer Koronarintervention (im Rahmen einer chronischen KHK) ist dieses besonders hoch. Nach Ablauf dieser Zeitintervalle sinkt das Risiko auf ein mittleres Niveau. Entsprechend empfehlen die aktuellen Leitlinien der Canadian Cardiovascular Society (CCS), American Heart Association / American College of Cardiology (AHA/ACC) und European Society of Cardiology (ESC) nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) eine doppelte Thrombozytenaggregationshemmung (DAPT) für mindestens zwölf Monate. Nach elektiver Koronarintervention beträgt diese drei bis sechs Monate (2-4).
Von einem niedrigen thromboembolischen Risiko spricht man hingegen beim primärprophylaktischen Einsatz von Thrombozytenaggregationshemmern. Detaillierte Angaben finden sich in Tabelle 3.
Wird die antithrombozytäre Therapie perioperativ weitergeführt, kann dies zu vermehrten Blutungskomplikationen führen (5). Besteht also ein niedriges thromboembolisches Risiko und/oder ein hohes Blutungsrisiko, so soll Aspirin fünf Tage präoperativ abgesetzt werden (1, 6). In allen anderen Situationen soll Aspirin weitergegeben werden (1). In kardialen Hochrisikosituationen sollen elektive Eingriffe verschoben werden. Bei dringlichen, nicht aufschiebbaren Operationen hingegen ist eine interdisziplinäre Absprache notwendig, die Art und Zeitpunkt des Eingriffs, das koronare Risiko sowie die Blutungssituation sind zu berücksichtigen. Je nach der Konstellation wird dann die Therapie unterbrochen oder in Ausnahmefällen ein intravenöses Bridging der DAPT durchgeführt (6). Um ein vollständiges Abklingen der gerinnungshemmenden Wirkung von P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren zu erreichen, müssen diese einige Tage vor dem geplanten Eingriff abgesetzt werden. Die in Tabelle 2 aufgeführten Zeitintervalle entsprechen den meisten anästhesiologischen Richtlinien. In den neuesten Richtlinien der European Society of Cardiology (ESC) werden um ein bis zwei Tage kürzere Zeiten angegeben (7). Die dem zugrundeliegenden Daten stammen allerdings von herzchirurgischen Patienten und sind ausserhalb dieser Population nicht validiert. In Einzelfällen kann die Erholung der Thrombozytenfunktion mittels Thrombozytenfunktionstests dokumentiert werden. Generell muss betont werden, dass auch eine fortgesetzte DAPT perioperative kardiale Ereignisse nicht zu verhindern vermag (8).

Vitamin-K-Antagonisten (VKA)

Der Einsatz von VKA erfolgt heutzutage vorwiegend zur Thromboembolieprophylaxe bei Vorhofflimmern oder nach mechanischem Herzklappenersatz und zur Therapie thromboembolischer Ereignisse. Zur Abschätzung des thromboembolischen Risikos eines Vorhofflimmerns wird der CHA2DS2-VASc-Score herangezogen. Dieser wurde jedoch bisher nicht im perioperativen Setting validiert (9).
Liegt ein geringes Blutungsrisiko vor, so sollen die VKA periinterventionell unverändert fortgeführt werden. Bei einem höheren Blutungsrisiko sollte Phenprocoumon (Marcoumar®) rund eine Woche und Acenocoumarol (Sintrom®) drei Tage präoperativ pausiert werden (10). Eine überbrückende Therapie mit anderen gerinnungshemmenden Substanzen («Bridging») ist ausschliesslich bei hohem kardiovaskulären Risiko indiziert (6), da nur dann die Erhöhung des Blutungsrisikos durch eine allfällige Reduktion thromboembolischer Ereignisse wettgemacht wird (11). Ein hohes Risiko liegt in folgenden Situationen vor: CHA2DS2-VASc-Score ≥ 6, Thromboembolie vor < 3 Monaten, St.n. Aortenklappenersatz plus drei Risikofaktoren (mechanische Herzklappe, LVEF < 50%, VHF, Hyperkoagulabilität, St.n. Thromboembolie), St.n. Mitralklappenersatz plus ein Risikofaktor sowie Klappenprothesen alter Bauart (12). Dannzumal wird ab einem INR unter 2 das Bridging nierenfunktionsabhängig mit niedermolekularem oder unfraktioniertem Heparin durchgeführt (6). In allen anderen Situationen reicht die übliche Thromboseprophylaxe aus.

Neue orale Antikoagulanzien (NOAK)

NOAK haben im Vergleich zu VKA ein besseres Risiko-Nutzen-Verhältnis, weshalb sie mittlerweile bei Patienten mit Vorhofflimmern als Therapie der ersten Wahl gelten (10).
Die Dauer der präoperativen Therapiepause richtet sich nach der Nierenfunktion und der Gefährlichkeit allfälliger Blutungskomplikationen und beträgt 24 bis 48 oder gar 72 Stunden. Ein perioperatives Bridging wird aufgrund der aktuellen Datenlage nicht empfohlen (13, 14).

Antidiabetika bei DM Typ II

Ein schlecht kontrollierter Diabetes mellitus gilt unter anderem als Risikofaktor für Wundheilungsstörungen und -infekte (15, 16). Hypoglykämien erhöhen zudem die Morbidität, Mortalität und verlängern den Intensiv- und Krankenhausaufenthalt (17). Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer guten Blutzuckereinstellung. In der Regel werden Antidiabetika lediglich am Operationstag pausiert (18), die Datenlage hierfür ist jedoch besonders bei den «neuen» oralen Antidiabetika noch relativ dürftig.
Metformin kann bei Kumulation das Risiko einer Laktatazidose erhöhen, was bei eingeschränkter Nierenfunktion vermehrt auftreten kann. Entsprechend stellt eine GFR unter 30ml/min eine Kontraindikation dar (19). Während gewisse Autoren auch längere Therapiepausen fordern, empfehlen wir, Metformin lediglich am Operationstag zu pausieren, wobei die Nierenfunktion auch im postoperativen Verlauf besonderer Beachtung bedarf. Sulfonylharnstoffe können bei Nüchternheit zu hypoglykämen Entgleisungen führen und sollen präoperativ am Operationstag pausiert werden (20, 21). Sodium-Glukose-Transporter-2(SGLT 2) – Inhibitoren bergen das Risiko einer euglykämen Ketoazidose (22, 23). In der aktuellen Literatur werden präoperativ Therapiepausen von eins (18, 20), drei (24) und bis zu sieben Tagen (25) beschrieben. Wir empfehlen SGLT-2-Inhibitoren vor kleinen bis mittleren Eingriffen am Operationstag und vor grossen Eingriffen zwei bis drei Tage präoperativ zu pausieren. DPP-4-Hemmer sollen gemäss den aktuellen Empfehlungen ebenso am Operationstag pausiert werden (18, 20). Aufgrund des geringen Hypoglykämierisikos ist bei kleinen Eingriffen auch ein perioperatives Fortführen vertretbar (21).

Antihypertensiva

Beta-Rezeptoren-Blocker, Calcium-Antagonisten und Alpha-2-Agonisten sollen gemäss aktueller Datenlage perioperativ fortgeführt werden (26, 27). Hingegen werden Diuretika in der Regel am Operationstag nicht verabreicht (26, 27). Kontrovers diskutiert wird die Therapie mit Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Hemmern. Die Leitlinien der «European Society of Cardiology/European Society of Anesthesiology» empfehlen, die Therapiepause abhängig von der Indikation durchzuführen. Werden ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten zur Therapie der Herzinsuffizienz und/oder linksventrikulären Dysfunktion eingesetzt, so sollen sie lückenlos weitergegeben werden. Erfolgt die Gabe jedoch wegen arterieller Hypertonie, werden sie 24 Stunden präoperativ pausiert (28). Die «CCS» (Canadian Cardiovascular Society) hingegen empfiehlt unabhängig von der Indikation ein perioperatives Absetzen für 24 Stunden (29), wohingegen die «AHA/ACC» ein Fortführen der Medikation als vertretbar erachten (30). In einer rezenten Metaanalyse führte weder perioperatives Pausieren noch Fortführen der Medikation zu einem signifikanten Unterschied beim Auftreten von MACE (major cardiac events) oder der Mortalität (31). Jedoch wurde bestätigt, dass ein Fortführen besagter Medikamente zu einem gehäuften Auftreten intraoperativer Hypotension führte. Weitere Studien zeigten, dass sich intraoperativ erniedrigte Blutdruckwerte negativ auf die renale und kardiale Funktion sowie die Mortalität auswirken können (32, 33).
Ein kausaler Zusammenhang mit ACE-Hemmern/AT1-Antagonisten konnte jedoch bisher nicht gezeigt werden, weshalb wir zusammenfassend kein perioperatives Pausieren der Dauertherapie empfehlen.

Psychopharmaka

Psychiatrische Dauermedikation kann grösstenteils perioperativ unverändert weitergeführt werden (34, 35). Eine Ausnahme bilden hierbei Monoaminooxidase (MAO)-Hemmer und Lithium. MAO-Hemmer können perioperativ in Kombination mit indirekten Sympathomimetika zu exzessiven Blutdruckentgleisungen führen (36). Ausserdem kann es durch eine pharmakokinetische Interaktion mit Opiaten (im Speziellen Pethidin und Tramadol) zu exzitativen Symptomen im Sinne eines Serotonin-Syndroms kommen (27). In der aktuellen Literatur wird für irreversible MAO-Hemmer ein Umstellen der Therapie zwei Wochen vor elektiven Eingriffen empfohlen (27, 34, 35).
Lithium hat eine sehr geringe therapeutische Breite, weshalb engmaschige Spiegelkontrollen notwendig sind (36). Zur Vermeidung von toxischen Nebenwirkungen wird in der aktuellen Literatur ein Absetzen 72 Stunden vor elektiven Eingriffen empfohlen (27,34,35).

Dr. med. univ. Johannes Widmann

Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Rettungs- und Schmerzmedizin
Kantonsspital St.Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

widmannjohannes@hotmail.com

Prof. Dr. med.Miodrag Filipovic

Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Rettungs- und Schmerzmedizin
Kantonsspital St.Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

miodrag.filipovic@kssg.ch

Die Autoren erklären hiermit, dass kein Interessenskonflikt in Verbindung mit dem vorliegenden Manuskript besteht.

  • Eine allfällige perioperative Modifikation der gerinnungshemmenden Medikation bedarf einer sorgfältigen Abschätzung des chirurgischen sowie thromboembolischen Risikos.
  • Aspirin im Rahmen einer Primärprophylaxe soll präoperativ pausiert werden.
    NOAK bedürfen keiner überbrückenden Gerinnungshemmung.
  • Antidiabetika haben das Potential, metabolische Veränderungen wie hypoglykäme Zustände, Laktat- und Ketoazidosen zu begünstigen und sollen deshalb mit besonderer Vorsicht gehandhabt werden.
  • ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten können das perioperative Risiko einer Hypotonie erhöhen, sollen aber in der Regel nicht pausiert werden.

Messages à retenir

  • Une éventuelle modification périopératoire de l’anticoagulant nécessite une évaluation attentive du risque chirurgical et thromboembolique.
  • L’aspirine doit être interrompue avant l’opération dans le cadre d’une prophylaxie primaire.
  • Les NOACs n’ont pas besoin d’un anticoagulant de pontage.
  • Les antidiabétiques ont le potentiel de favoriser les changements métaboliques tels que les états hypoglycémiques, les lactatacidoses et les acidocétoses et doivent donc être traités avec une attention particulière.
  • Les inhibiteurs de l’ECA et les antagonistes de l’AT1 peuvent augmenter le risque périopératoire d’hypotension, mais ne doivent habituellement pas être interrompus.

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Myokardinfarkte und Myokardischämie nach nichtkardialen Operationen

Perioperative Herzmuskelschädigungen nach nichtkardialen Operationen sind mit einer erhöhten Mortalität assoziiert und werden aufgrund ihrer häufig asymptomatischen Präsentation ohne systematisches Screening leicht übersehen. Das Management von perioperativen Myokardischämien (PMI) richtet sich nach der vermuteten Pathophysiologie, wobei bislang noch zu wenig Daten für klare Therapieempfehlungen vorliegen.

Les lésions périopératoires du muscle cardiaque après une chirurgie non cardiaque sont associées à une mortalité accrue et sont facilement négligées en raison de leur présentation souvent asymptomatique sans dépistage systématique. La prise en charge de l’ infarctus du myocarde périopératoire (IPM) est basée sur la physiopathologie présumée, bien que trop peu de données soient disponibles jusqu’ à présent pour formuler des recommandations thérapeutiques claires.

Wenn nichtkardiale Operationen aufs Herz schlagen

Trotz stetiger Verbesserung der chirurgischen und anästhesiologischen Technik sind nichtkardiale Operationen weiterhin mit einer relevanten Mortalität behaftet (1), welche in Risikopatienten bis 10% beträgt (2, 3). Eine zunehmende Anzahl Studien konnte ischämische Herzmuskelschädigungen als stark assoziiert mit dieser Mortalität zeigen (2–6).

Diagnose und Prognose

Die Prävalenz eines akuten Myokardinfarkts nach nichtkardialen Operationen variiert je nach Art der Operation und Population von 0.2 bis 36% (4, 5). Die Mortalität nach perioperativen akuten Myokardinfarkten (pAMI) ist immer noch hoch (15%), potentiell aufgrund der Schwierigkeit die Diagnose im perioperativen Setting zu stellen (4, 7). Für die Diagnose des Herzinfarkts sind im nichtoperativen Setting Biomarker, insbesondere hochsensitive kardiale Troponintests (hs-cTn), die zentrale diagnostische Komponente (8). Um die Diagnose eines Myokardinfarkt zu stellen braucht es obligat den Nachweis erhöhter und dynamischer cTn-Werte, definiert durch einen akuten Anstieg und/oder Abfall von cTn sowie einem cTn-Wert oberhalb des 99. Perzentile (8). Zusätzlich verlangt die universelle Definition das Vorliegen von ischämischen Symptomen (v.a. Brustschmerzen), ischämische EKG-Veränderungen oder den Nachweis neuer Wandbewegungsstörungen (8). Im perioperativen Setting zeigen jedoch die meisten Patienten (> 50%), am ehesten aufgrund der adäquaten Analgesie oder sogar Sedation, keine typischen ischämischen Symptome wie Brustschmerz. Die Spezifität des EKG ist ebenfalls, wie auch im nichtoperativen Setting, gering (3, 9). Daher wurde vorgeschlagen bei Patienten, welche das zentrale Kriterium eines dynamischen und erhöhten cTn-Werts erfüllen, die Diagnose einer perioperativen Myokardischämie (PMI) zu stellen. Sollte ein weiteres Kriterium für die Definition eines akuten Myokardinfarktes erfüllt sein (z.B. Brustschmerz, EKG-Veränderungen) handelt es sich um einem pAMI. In aktuellen prospektiven Studien war die Prävalenz der PMI 16-17% (2, 3). Diese war mit einer Mortalität von 10% in 30 Tagen und 23% nach einem Jahr assoziiert. Von diesen PMI erfüllten die Minderheit (22-29%) ein zusätzliches Kriterium für die Diagnose eines Myokardinfarkts, dies hatte jedoch keinen Effekt auf die Mortalität nach 30 Tagen, welche 11% bei Patienten mit asymptomatischem PMI und 9% bei Patienten mit pAMI war(3).
Aufgrund der oft asymptomatischen Präsentation im perioperativen Setting und der relevanten Mortalität von PMI empfehlen aktuelle perioperative Guidelines neu ein PMI-Screening mit cTn in Risikopatienten durchzuführen (8, 10–12). Weil die meisten PMI in den ersten drei Tagen nach der Operation auftreten, wird es empfohlen cTn einmal vor der Operation und dann täglich nach der Operation durchzuführen (8, 12). Der präoperative cTn-Wert erscheint aufgrund der zunehmend älteren und kardiovaskulär komorbiden chirurgischen Patienten unerlässlich, da diese immer häufiger chronisch erhöhte cTn-Werte aufweisen. In einer Studie mit Risikopatienten hatten bereits 51% der Patienten präoperativ erhöhte cTn-Werte (3). Entsprechend scheint eine Blutabnahme vor der Operation wesentlich, um postoperative akute Erhöhungen mit Interventionsbedarf sicher von chronischen Erhöhungen ohne akuten Krankheitswert unterscheiden zu können.

Pathophysiologie von PMI

Aktuell gibt es noch Unklarheiten zur Pathophysiologie von PMI, insbesondere der Frage nach der Häufigkeit von Typ I Infarkten (mit Ruptur eines atherosklerotischen Plaques) vs der von Typ II Infarkten (aufgrund einer Dysbalance von koronarer Blutversorgung und myokardialem Sauerstoffverbrauch) und Herzmuskelschädigungen durch andere Erkrankungen wie Sepsis, Tachyarrhythmien oder Herzinsuffizienz (3, 13). Initiale Studien, in welche nur symptomatische, zur Koronarangiographie zugewiesene Patienten eingeschlossen wurden, zeigten in nur 50% der Patienten mit PMI einen Hinweis auf Plaqueruptur als Korrelat für einen Typ I Infarkt(7). Aufgrund der Häufung von mit Typ II-Infarkten assoziierten Faktoren direkt postoperativ (Hypotonie, Blutung, Hypoxie, Inflammation) erscheinen Typ II Mechanismen als wahrscheinliche Auslöser für die Mehrheit von PMI.

Abb. 1: Screening und wichtige Ursachen für PMI

Oberer Abschnitt: Schematische Darstellung des Ablaufs des Routinescreenings für perioperative Myokardischämien (PMI) nach nichtkardialen Operationen in Risikopatienten inkl. Diagnosekriterium für PMI auf Basis von hochsensitivem kardialen Troponin T (hs-cTnT). Unterer Abschnitt: wichtige kardiale Ursachen für PMI

Management von PMI

Systematisches Screening von Risikopatienten ermöglicht es, Erst massnahmen bei Erkennung einer PMI durchzuführen um potentiell das Überleben zu verbessern. Eine Pilotstudie konnte positive Effekte zeigen: In einer retrospektiven Analyse führte die Diagnose einer PMI durch Screening zu einer Intensivierung der medikamentösen Therapie in 65% der Patienten, was mit einem Trend Richtung Reduktion kardiovaskulärer Komplikationen oder Tod einherging (HR 0.63 CI, 0.10–1.19; P = 0.45) (14). In einer retrospektiven Analyse zeigten Sandoval et al, dass auch in einer Population mit vorbestehender schwerer kardiovaskulärer Erkrankung noch eine Optimierung der Medikation möglich war in Patienten mit entdeckter PMI (15).
Aktuell gibt es noch wenig Daten zur Behandlung von PMI, sodass die Therapie aktuell für jeden Patienten individuell festgelegt werden muss. Es existieren jedoch bereits erste Daten zu möglichen Strategien.

Medikamentöse Optionen

Sekundärprophylaktische Medikation

Statine und Acetylsalicylsäure (ASS) mit erwiesenem Nutzen nach akutem Myokardinfarkt scheinen auch nach PMI mit einer verbesserten Prognose assoziiert zu sein, wie eine Subanalyse der POISE-Studie zeigte (multivariable OR von 0.26, 95%CI 0.13-0.54 für Statin und 0.54, 95%CI 0.29-0.99 für ASS)(16). Während Statine im perioperativen Setting unproblematisch erscheinen, muss die Empfehlung zur ASS zusammen mit dem behandelnden Chirurgen getroffen werden aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos. Prophylaktisch gegebenes ASS hingegen zeigte keinen Hinweis für einen positiven Effekt auf das Auftreten von Herzinfarkten bei nichtkardialen Operationen, jedoch ein erhöhtes Blutungsrisiko (17).
Unklar sind die Effekte anderer sekundärprophylaktisch eingesetzter Medikamente wie ACE-Hemmer, dualer Antiplättchenhemmung oder Betablocker auf die Prognose nach PMI. In der ersten randomisiert-kontrollierten Studie in Patienten mit PMI zeigte der Einsatz von Dabigatran 110 mg einen leicht positiven Effekt auf kardiovaskuläre Komplikationen nach PMI(18). Aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos in der perioperativen Periode wurde jedoch selbst in der Studie Dabigatran erst durchschnittlich sieben Tage nach Auftreten der PMI begonnen, entsprechend erscheint eine interdisziplinäre Besprechung bzgl. des Risiko-Nutzen-Profils zentral.

Koronarinterventionen

Aufgrund der vermuteten Pathophysiologie mit grossteils Typ II Infarkten sowie dem verschlechterten Risiko-Nutzen-Verhältnis einer dualen Antiplättchentherapie postoperativ sollte eine Koronarangiographie nur bei klinischem Verdacht auf Typ I Infarkt durchgeführt werden. Hinweisend können ST-Hebungen, stark erhöhte Troponinwerte oder Thoraxschmerzen ohne Besserung angesehen werden.

Screening und Management von PMI: Erfahrungen aus einem Tertiärspital

In unserer Institution wird seit 2014 Erfahrung mit einem systematischen Screening für Risikopatienten mit nichtkardialen Operationen gesammelt. Gescreent werden Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko (≥ 65 Jahre ODER ≥ 45 Jahren mit vorbekannter koronarer/peripherer/zerebrovaskulärer Gefässerkrankung) die postoperativ zumindest 24 Stunden im Spital bleiben müssen. Das Screening besteht wie von Guidelines empfohlen aus einer präoperativen und zwei postoperativen Messungen von hs-cTnT. Die präoperative Messung wird idealerweise am Tag vor oder am Tag der Operation abgenommen, bei stabilen Patienten auch früher im Rahmen der präoperativen anästhesiologischen Planungssprechstunde. Die postoperativen Messungen werden am ersten und zweiten Tag morgens im Rahmen der Routineblutmessungen bestimmt (Abb. 1). Eine PMI wird diagnostiziert, wenn es zu einer absoluten Steigerung von prä- zu postoperativen hs-cTnT-Werten um ≥ 14 ng/L (abgeleitet von der 99. Perzentile dieses spezifischen hs-cTnT-Assays) kommt. Im Fall einer PMI kommt es zur elektronischen Auslösung eines Kardiologiekonsils durch ein vom Labor-IT-System generiertes Email. In Vorbereitung auf das Konsil wird ein EKG auf der chirurgischen Bettenstation geschrieben.
Mit der klinischen Untersuchung und EKG wird eine erste Triage durchgeführt zur Identifikation von ST-Hebungsinfarkten, Tachyarrhythmie oder akuter Herzinsuffizienz. Diese werden lt. entsprechender Guidelines im nichtoperativen Setting behandelt. Weiter wird das Vorliegen einer (beginnenden) Sepsis als extrakardiales Problem sowie perioperative Blutungen als potentielle Typ II Auslöser geprüft. Bei stabilen asymptomatischen Patienten ohne vorhergenannte definierte Faktoren beginnen wir eine Therapie mit Statin und führen eine, meist ambulante, Abklärung über das Vorliegen einer oder das Ausmass der KHK durch und passen nachfolgend die medikamentöse Therapie an.

Dr. med.Christian Puelacher, PhD

Cardiovascular Research Institute Basel, Department für Kardiologie,
Department für Innere Medizin
Department für Anästhesiologie
Universitätsspital Basel
Universität Basel
Spitalstrasse 2
4056 Basel

christian.puelacher@usb.ch

Dr. med.Danielle Menosi Gualandro, PhD

Cardiovascular Research Institute Basel, Department für Kardiologie
Department für Kardiologie, INCOR Universitätsspital Sao Paulo
Sao Paulo, Brasilien

Prof. Dr. med.Christian Müller

Universitätsspital Basel
Cardiovascular Research Institute Basel, Department für Kardiologie
Spitalstrasse 2
4056 Basel

Dr. Puelacher hat Unterstützung von der Schweizerischen Herzstiftung, Roche Diagnostics und der Universität Basel erhalten. Dr. Gualandro hat Unterstützung von dem FAPESP (Sao Paulo Nationalfond) erhalten. Prof. Müller hat Unterstützung vom Schweizerischen Nationalfond, der Schweizerischen Herzstiftung, der Europäischen Union, Roche Diagnostics und Abbott für Arbeit im perioperativen Bereich sowie von diversen Diagnostikfirmen für Arbeiten in anderen Gebieten erhalten.

  • Perioperative Myokardischämien sind häufiger als angenommen und präsentieren sich meist asymptomatisch im klinischen Setting
  • Perioperative Myokardischämien können durch verschiedene Pathologien bedingt sein wie zB koronare Plaquerupturen, akute Herzinusffizienz oder Vorhofflimmern, am häufigsten jedoch durch eine Dys-
    balance von koronarer Blutversorgung und myokardialem Sauerstoffverbrauch
  • Systematisches Screening von Hochrisikopatienten mittels kardialem Troponin ermöglicht das Erkennen von gefährdeten Patienten und die Einleitung von potentiell prognoseverbessernden Interventionen

Messages à retenir

  • Les ischémies myocardiques périopératoires sont plus fréquentes que prévu et sont généralement asymptomatiques en milieu clinique.
  • L’ischémie myocardique périopératoire peut être causée par diverses pathologies telles que les ruptures de plaques coronaires, l’insuffisance cardiaque aiguë ou la fibrillation auriculaire, mais le plus souvent par un déséquilibre de l’apport sanguin coronarien et de la consommation myocardique en oxygène.
  • Le dépistage systématique de la troponine cardiaque chez les patients à risque élevé permet d’identifier les patients à risque et d’amorcer des interventions susceptibles d’améliorer le pronostic.

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Zunehmende Bedeutung von kardialen Biomarkern

Aufgrund der demographischen und medizinischen Entwicklungen ist mit einer zunehmenden Anzahl an elektiven operativen Eingriffen bei älteren und oftmals auch kardiovaskulär vorbelasteten Patienten zu rechnen. Vor diesem Hintergrund ist eine, die Patientensicherheit gewährleistende und möglichst kosteneffiziente, präoperative kardiovaskuläre Risikoevaluation von entscheidender Bedeutung. Das aktuell etablierte Konzept beruht auf der Berücksichtigung verschiedener klinischer, laboranalytischer und radiologischer Parameter.

En raison de l’évolution démographique et médicale, on peut s’attendre à un nombre croissant d’interventions chirurgicales électives chez les patients âgés et souvent prélagés de maladies cardiovasculaires. Dans ce contexte, une évaluation préopératoire du risque cardiovasculaire qui garantisse la sécurité du patient et soit la plus rentable possible est d’une importance décisive. Le concept actuellement établi est basé sur la prise en compte de divers paramètres cliniques, analytiques et radiologiques en laboratoire.

Hintergrund

Die demographische Entwicklung der letzten Jahrzehnte wurde in der Schweiz durch eine wachsende, gleichzeitig jedoch auch älter werdende Bevölkerung geprägt. So waren Ende 2018 ca. 1,6 Millionen und somit knapp 20% der insgesamt 8,5 Millionen umfassenden Bevölkerung mindestens 65 Jahre alt (1). Dies bei einer seit 1990 sowohl bei den Männern (um 7,5 Jahre) als auch bei den Frauen (um 4,5 Jahre) gestiegenen Lebenserwartung von aktuell durchschnittlich 83 Jahren (2). Ähnliche Entwicklungen können weltweit in nahezu allen entwickelten Ländern beobachtet werden. Als einer der hierfür verantwortlichen Schlüsselfaktoren ist der medizinische Fortschritt zu nennen, welcher in verschiedenen medizinischen Bereichen zu einer eindrücklichen Zunahme und Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten geführt hat. So konnte beispielsweise die Anzahl der durch Herz-Kreislauf-Krankheiten bedingten Todesfälle im Zeitraum von 1995 bis 2014 in der Schweiz um rund 20% gesenkt werden (3). Dennoch bleiben die Herz-Kreislauf-Krankheiten auf nationaler und internationaler Ebene eine der führenden Todesursachen. So waren beispielsweise im Jahre 2015 ein Drittel aller Todesfälle in der Schweiz den Herz-Kreislauf-Krankheiten zuzuschreiben (3). Ähnlich verhält es sich auch global, wo gemäss den aktuellsten Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich 31% der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Krankheiten verursacht werden (4).

Für ein besseres Verständnis der Thematik ist es des Weiteren hilfreich, sich ein Bild über das Ausmass der nichtkardialen Operationen zu machen. So geht man aufgrund von auf nationaler Ebene erhobener Daten davon aus, dass sich in Europa jährlich ca. 19 Millionen Menschen einem nichtkardialen Eingriff unterziehen. Ungefähr 30% oder umgerechnet ca. 5,7 Millionen dieser Eingriffe erfolgen bei kardiovaskulär vorbelasteten Patienten (5). Die allgemeine, postoperative 30-Tage-Sterblichkeit nach nichtkardialen Eingriffen konnte in den letzten Jahrzehnten zwar gesenkt werden, sie beträgt in Europa jedoch weiterhin zwischen 1 – 4% (6). Kardiovaskuläre, perioperative Ereignisse sind ebenfalls häufig und treten bei über 45-jährigen Patienten mit Risikofaktoren nach stationären Operationen in bis zu 16% der Fälle auf. Damit gehören sie zu den wichtigsten Ursachen der perioperativen Morbidität und Mortalität mit massgeblichem Einfluss auf die Langzeitprognose der Patienten (7, 8). So beträgt beispielsweise die «In-Hospital-Mortalität» eines perioperativen Myokardinfarktes 14% bei einer Re-Hospitalisationsrate von rund 19% (9).
Diese statistisch geprägten Hintergrundinformationen zeigen auf eindrückliche Art und Weise die Dimensionen sowie die Wichtigkeit einer adäquaten präoperativen Risikostratifizierung auf.

Ablauf des kardiovaskulären Risiko-Assessments

Die in Europa und der Schweiz im Zusammenhang mit dem kardiovaskulären Risiko-Assessment vor elektiven, nichtkardialen Operationen am häufigsten zitierte Quelle ist die im Jahre 2014 publizierte Guideline der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC), welche in Zusammenarbeit mit der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) entstanden ist (5). Diese schlägt im Wesentlichen ein schrittweises, stufenförmiges Vorgehen vor, unter Berücksichtigung verschiedener klinischer, radiologischer und laboranalytischer Parameter (Abb. 1).

Abb. 1: Entscheidungsalgorithmus der präoperativen, kardialen Risiko-Evaluation und des perioperativen Managements (modifiziert nach ESC-/ESA-Leitlinien (5) )

In einem ersten Schritt ist die Dringlichkeit des operativen Eingriffes massgebend. Sollte eine notfallmässige Indikation bestehen, welche eine strukturierte, elektive präoperative Risiko-Stratifizierung nicht erlaubt, wird das unmittelbare Vorgehen von Patienten- und Operations-spezifischen Faktoren diktiert, welche in interdisziplinärer Zusammenarbeit ohne Zeitverzug erkannt und entsprechend behandelt werden müssen. Ein eingehendes kardiovaskuläres Risiko-Assessment sollte in solchen Fällen im postoperativen Verlauf aber nachgeholt werden.
Im Falle eines elektiven Eingriffes mit entsprechenden zeitlichen Möglichkeiten ist es von entscheidender Bedeutung, einen instabilen kardialen Zustand frühzeitig zu erkennen, insbesondere eine instabile Angina pectoris oder eine akute Herzinsuffizienz (Tabelle 1). Zur Identifikation dieser Situationen sind neben einer gründlichen Anamnese und klinischen Untersuchung als Basis je nach Situation auch ein Elektrokardiogramm, Laboruntersuchungen sowie weiterführende apparative Untersuchungen (z.B. eine Echokardiographie) notwendig. Bei Vorliegen eines oder mehrerer dieser Faktoren müssen die Behandlungsoptionen interdisziplinär besprochen werden, unter Einbezug sämtlicher, in die Patientenbetreuung involvierter Fachdisziplinen. Dies spielt in einem besonderen Masse eine Rolle in Zusammenhang mit der Notwendigkeit und dem zeitlichen Ablauf einer dualen Antiaggregation, welche unter Umständen einen operativen Eingriff verzögern kann.
Sollte eine im weitesten Sinne stabile kardiale Situation vorliegen, so ist für das weitere Vorgehen das Operationsrisiko des geplanten Eingriffes wegweisend. Hierzu werden die operativen und interventionellen Eingriffe in drei Risiko-Kategorien (für das 30-Tage-Risiko eines kardiovaskulären Todes oder eines Myokardinfarktes) eingeteilt (Tabelle 2).
Im Falle eines tiefen Risikos kann grundsätzlich eine Operationsfreigabe ohne zusätzliche diagnostische oder therapeutische Massnahmen erfolgen. Allerdings sollte immer versucht werden, allfällige modifizierbare kardiovaskuläre Risikofaktoren präoperativ zu optimieren. Zudem kann die Durchführung eines präoperativen Basis-Elektrokardiogramms hilfreich sein, damit perioperative Veränderungen leichter erkannt werden können. Auch die kardiale Medikation sollte überprüft werden. Beispielsweise kann bei Patienten mit einer bekannten ischämischen Kardiopathie eine präoperative, tiefdosierte Betablocker-Therapie evaluiert werden, wobei diese durchaus kontrovers diskutiert wird. Wir empfehlen ein Fortsetzen der Betablockertherapie bei bestehender langfristiger Indikation. Andererseits muss aufgrund der Datenlage beachtet werden, dass eine präoperative Therapie, welche innerhalb von 24 Stunden vor einer Operation gestartet wird, zwar zu einer Reduktion nicht-fataler Myokardinfarkte führen kann, aber auch eine erhöhte Gesamtmortalität sowie ein erhöhtes Risiko für Hirnschlag, Hypotension und Bradykardie mit sich trägt (10). Die Studien, welche den Neubeginn einer Betablockertherapie zwei oder mehr Tage präoperativ untersuchten, sind kontrovers und weitere randomisierte Multizenterstudien sind notwendig, um dieses Vorgehen zu rechtfertigen. Patienten mit einer Herzinsuffizienz profitieren, unter Kontrolle der Nierenretentionsparameter, von der präoperativen Optimierung der ACE-Hemmer-Therapie, wohingegen vor gefässchirurgischen Eingriffen der rechtzeitige Beginn einer Statin-Therapie sinnvoll ist.

Bei Eingriffen mit einem mittleren oder hohen Risiko sollte in einem nächsten Schritt die funktionelle Kapazität des Patienten bestimmt werden. Hierzu stehen prinzipiell zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Einerseits kann versucht werden, die Leistungsfähigkeit im Alltag anhand anamnestischer Angaben einzuschätzen. Sollte dies nicht oder nur unzuverlässig möglich sein, so kann eine Objektivierung mittels Ergometrie erfolgen. Als objektive Einheit der funktionellen Kapazität dient das metabolische Äquivalent (engl. metabolic equivalent of task; MET), welches die zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen in Ruhe während einer Minute notwendige Menge an Sauerstoff pro Kilogramm Körpergewicht definiert (ca. 3.5 ml/kg/min). Als Mindestmass der funktionellen Kapazität, welches eine Operationsfreigabe ohne weitere kardiologische Diagnostik erlaubt, wurde eine Schwelle von 4 METs festgelegt. Dieser Wert wird beispielsweise bei leichter Gartenarbeit, beim Treppensteigen (> 1 Stockwerk) oder beim Rennen kurzer Strecken erreicht (Tab. 3).

Natürlich empfiehlt sich auch in solchen Fällen eine Optimierung des kardiovaskulären Risikoprofils sowie der kardialen Medikation. Bei reduzierter funktioneller Kapazität (< 4 METs) spielt wiederum das Operationsrisiko eine Rolle. Für Eingriffe mit mindestens intermediärem Risiko sollte zusätzlich zu den bereits diskutierten Massnahmen in gewissen Situationen ein nicht-invasiver Stress-Test evaluiert werden.
Bei Hochrisiko-Eingriffen gilt es weitere klinische Risikofaktoren zu berücksichtigen (Tab. 4).

Bei Vorliegen von zwei oder weniger dieser Risikofaktoren sollte eine Echokardiographie sowie die Bestimmung von kardialen Biomarkern (z.B. NT-proBNP und hs-Troponin) erfolgen. Sollten mindestens drei der genannten Risikofaktoren vorliegen, so empfiehlt sich die Durchführung einer nicht-invasiven Ischämie-Testung. Nach Ausschluss einer relevanten kardialen Ischämie kann der geplante Eingriff durchgeführt werden, wohingegen bei Nachweis einer Ischämie ein individualisiertes perioperatives Management erfolgen muss, unter Abwägung des Risikos und des potentiellen Nutzens des geplanten Eingriffes.

Kritikpunkte und zukünftige Entwicklungen

Der medizinischen Entwicklung folgend, wird auch das derzeit etablierte prä- und perioperative Vorgehen durch verschiedene Entwicklungen in Frage gestellt. So bestehen beispielsweise Zweifel am Nutzen präoperativer transthorakaler Echokardiographien, da in verschiedenen Untersuchungen kein Benefit hinsichtlich der Rate kardiovaskulärer Ereignisse, der Mortalität oder einer Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes gezeigt werden konnte (11, 12). Auch die Verwertbarkeit der funktionellen Kapazität ist Gegenstand von Diskussionen und wird derzeit in einer multizentrischen Studie prospektiv untersucht (13).
Auf der anderen Seite konnte in den letzten Jahren in verschiedenen Studien eine konsistente Assoziation zwischen kardialen Biomarkern (natriuretische Peptide, Troponin) und dem Auftreten perioperativer Komplikationen nachgewiesen werden. Die Quintessenz dieser Untersuchungen war, dass der positiv-prädiktive Wert bzw. die Spezifität erhöhter Werte der natriuretischen Peptide nur mässig ist, wohingegen eine ausgezeichnete negativ-prädiktive Voraussagegenauigkeit (> 90%) für tiefe Werte besteht (14). Diese Datenlage hat beispielsweise die kanadische kardiologische Gesellschaft dazu bewogen, ihre Empfehlungen für die präoperative Risikostratifizierung stark auf die präoperative Bestimmung des BNP bzw. des NT-proBNP abzustützen und damit eine modifizierte, Biomarker-basierte Strategie einzuführen (8, 15). Bei Patienten mit normalen Werten sind keine weiteren Abklärungen perioperativ notwendig, bei erhöhten Werten empfiehlt die Gesellschaft postoperativ serielle Troponin-Bestimmungen mit dem Ziel, die meist stumm auftretenden, aber mit relevanter Morbidität und Mortalität vergesellschafteten perioperativen Myokardischämien zu detektieren und diese Patienten einer optimierten postoperativen Überwachung und Therapie zuzuführen. Diese Strategie wird auch von der Schweizerischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation (SGAR) unterstützt (8).

Dr. med. Dragan Despotovic

Universitäres Herzzentrum Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

dragan.despotovic@usz.ch

Prof. Dr. med. Christian Schmied

Universitäres Herzzentrum Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

christian.schmied@usz.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Aufgrund der aktuellen demographischen Entwicklung ist auch in Zukunft mit einer grossen Anzahl von älteren Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko zu rechnen
  • Optimaler Risikoevaluation und perioperativer Betreuung kommt gerade bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko eine entscheidende Rolle zu.
  • Das aktuell etablierte Konzept zur perioperativen Risikoeinschätzung basiert auf verschiedenen klinischen, laboranalytischen und radiologischen Parametern, wobei neben der individuellen Risikobeurteilung auch das Operationsrisiko evaluiert werden muss
  • Aktuell publizierte Studienergebnisse betonen zunehmend die Bedeutung von kardialen Biomarkern im perioperativen Setting.

Messages à retenir

  • En raison de l’évolution démographique actuelle, un grand nombre de patients âgés présentant un risque cardiovasculaire accru peuvent également être attendus à l’avenir.
  • L’évaluation optimale du risque et les soins périopératoires jouent un rôle décisif, en particulier chez les patients présentant un risque cardiovasculaire accru.
  • Le concept actuellement établi pour l’évaluation périopératoire des risques repose sur divers paramètres cliniques, analytiques et radiologiques, selon lesquels, outre l’évaluation individuelle des risques, le risque chirurgical doit également être évalué
  • Les résultats d’études publiées récemment soulignent de plus en plus l’importance des biomarqueurs cardiaques dans le contexte périopératoire.

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2. Bundesamt für Statistik, Sektionen Gesundheitsversorgung, Gesundheit der Bevölkerung. Taschenstatistik 2017.
3. Schweizerische Herzstiftung. Zahlen und Daten über Herz-Kreislauf-Krankheiten in der Schweiz. Ausgabe 2016.
4. World Health Organization. Cardiovascular disease. https://www.who.int/cardiovascular_diseases/world-heart-day/en/
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