Das Chronic Care Model zur besseren Versorgung kardiovaskulärer und chronisch kranker Patient/innen

Das Chronic Care Model (CCM) ist ein evidenzbasiertes Konzept zur Versorgung chronisch kranker Patientinnen und Patienten. Durch seinen ganzheitlichen Ansatz eignet es sich auch für die Versorgung einzelner, indikationsbezogener Erkrankungen. Das CCM wurde daher von einer Expertengruppe, welche die aktuelle Versorgung von kardiovaskulären Erkrankungen beurteilt hat, zur Verbesserung der Versorgung vorgeschlagen. Mit dem CCM konnten bereits erste Umsetzungserfahrungen in der Schweiz gesammelt werden. Aus diesen und weiteren Rückmeldungen von Expertinnen und Experten lassen sich CCM-Umsetzungsempfehlungen für die Praxis ableiten.

The Chronic Care Model (CCM) is an evidence-based approach for the care of chronically ill patients. With its holistic approach, it is also well-suited for managing individual, indication-specific diseases. An expert panel evaluating the current care of cardiovascular diseases has thus proposed the CCM to improve patient care. Initial implementation experiences with the CCM have already been gathered in Switzerland. From these experiences and additional feedback from experts, practical recommendations for CCM implementation can be derived.
Key words: chronic care model, chronic ill patients, holistic approach

Kardiovaskuläre Versorgung und das Chronic Care Model

Die Ergebnisse einer aktuellen Analyse der kardiovaskulären Versorgung in der Schweiz (1) haben eine erhebliche «Versorgungslücke» zwischen den empfohlenen Behandlungszielen aus den medizinischen Leitlinien und der Behandlung in der täglichen Praxis aufgezeigt; dies insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Zielwerte von kardiovaskulären Risikofaktoren (Evidence Performance Gap (EPG)). Inwieweit der ermittelte EPG von Expertinnen und Experten aus der Praxis bestätigt wird und wie sich dieser reduzieren lässt, wurde im Rahmen eines Roundtables 1, 2 diskutiert. Dabei hat sich gezeigt, dass der EPG durchaus so in der Praxis besteht. Die Teilnehmenden nannten folgende praxisbezogene Gründe für den EPG:

  • Evidenz, welche dem EPG zu Grunde liegt
    Die Versorgungsziele werden aus verschiedenen Guidelines entnommen. Diese stützen sich vielfach auf Studien, die nicht unbedingt repräsentativ für die ambulante Versorgung sind.
  • Technisch-digitale Infrastruktur in der Praxis
    Vor allem die technisch-digitale Infrastruktur in der ambulanten Versorgung unterstützt heute kaum bzw. nur vereinzelt die Langzeitversorgung chronisch kranker Patientinnen und Patienten.
  • Finanzielle und personelle Ressourcen
    Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels und veralteter Tarifstrukturen besteht immer weniger Zeit für die einzelnen Patientinnen und Patienten. Hierunter leidet speziell die notwendige Zeit für die Aufklärung und die Förderung des Selbstmanagements
  • Verantwortliches Selbstmanagement der Patientinnen und Patienten
    Durch ein «verantwortliches Selbstmanagement» besitzen die Patientinnen und Patienten einen grossen Einfluss auf ihre Gesundheit und Krankheit. Die Versorgungsstrukturen unterstützen aber erst in einem geringen Masse die Entwicklung der Betroffenen als «Experten» ihrer Erkrankung
  • Geringe Gesundheitskompetenz/Healthliteracy
    Im Praxisalltag zeigt sich immer wieder sehr überraschend, wie gering die Gesundheitskompetenz einzelner Patientinnen und Patienten ist. Dies führt oftmals zu bewussten Entscheidungen gegen eine Therapie, bzw. diese wird mit der Zeit immer weniger befolgt. Gesundheitsfachpersonen erreichen diese Betroffenen meistens nur sehr schwer.

Einig war sich die Expertengruppe, dass diese EPG-Gründe nicht nur bei der Versorgung kardiovaskulärer Erkrankungen eine Bedeutung haben, sie lassen sich auf jede andere chronische Erkrankung übertragen. Aus diesem Grund wurde ein umfassendes und ganzheitliches Versorgungskonzept wie das Chronic Care Model (CCM), das in den 90er Jahren in den USA entwickelt wurde, vorgeschlagen. Das CCM ist ein Grundversorger-basiertes sechsteiliges Versorgungskonzept, dass die Bedürfnisse chronisch Erkrankter stärker berücksichtig und den kompletten Versorgungsprozess danach ausrichtet. Es beinhaltet die in Tab. 1 aufgeführten sechs Versorgungselemente.

Das CCM ist in der Schweiz nicht unbekannt. Vor allem in grösseren Gruppenpraxen, wie die der Sanacare (2) oder in Ärztenetzen (3) wird das CCM bzw. einzelne Elemente bereits für die strukturierte Versorgung von chronisch kranken Patientinnen und Patienten umgesetzt. Mit zwei weiteren Initiativen, der Praxis Gesundheitspunkt (4) in Oberägeri sowie dem Projekt OptiQ (5) des Vereins QualiCCare, welches durch die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz während den Jahren 2020 bis 2024 mitfinanziert wurde, wurden zusätzlich zu den Erkenntnissen aus dem Roundtable Interviews zu ihren CCM-Umsetzungserfahrungen durchgeführt.

Das CCM-Konzept der Gesundheitspunkt Praxis wird in Abb. 1 dargestellt. Wie sich zeigt, werden durch die Praxis mehrere Komponenten des CCM angewendet. Das «Gemeinwesen: Mobilisierung wohnortnaher Ressourcen» erfolgt durch den Einbezug der Gemeinde Oberägeri, sowohl durch die Berücksichtigung des bereits bestehenden sozialmedizinischen Unterstützungsangebotes der Gemeinde durch die Praxis, als auch durch die Mitfinanzierung des zusätzlichen CCM-Angebotes der Praxis durch die Gemeinde. Besonders letzteres ist hervorzuheben, da es aufzeigt, dass für die Finanzierung eines zusätzlichen Versorgungsangebotes Gemeinden erfolgreich eingebunden werden können.

Im Projekt OptiQ wurden die im Kanton Waadt interprofessionell im ADAPTE Prozess erarbeiteten Praxisempfehlungen Multimorbidität (RPC multimorbidité (6)) in der Grundversorgung getestet. Zur Implementierung der sechs Versorgungsschritte der Praxisempfehlungen (Abb. 2) wurden diese durch QualiCCare übersetzt und durch die interprofessionelle Expertengruppe des Projekts Opti-Q national validiert. Für die praktische Anwendung in Hausarztpraxen, Apotheken und/oder durch die Spitex wurden die folgenden Anwendungshilfen erarbeitet, welche in einem Pilotprojekt getestet und anschliessend überarbeitet wurden.

  • einen Versorgungspass in Papierform für die Betroffenen
  • ein ganzheitliches Assessment für die strukturierte Standortbestimmung der Betroffenen als beschreibbares PDF eine Medikationscheckliste zur Überprüfung der Medikation inkl. Möglichkeit von pharmazeutischen Empfehlungen als beschreibbares PDF
  • Eine elektronisch verfügbare Liste an Selbstmanagement-Förderungsangeboten mit Suchfunktion auf der QualiCCare Webseite sowie auf der Blueprint Seite des BAG

Zusätzlich erhielten alle Pilotteilnehmer eine Fortbildung zur interprofessionellen Zusammenarbeit des Vereins SwissIPE (7).
In Tab. 2 sind die Empfehlungen für ein CCM aus Sicht dieser beiden Initiativen dargestellt.

Welche CCM-Elemente heute bereits wie in der Praxis umgesetzt werden können, zeigen die konkreten Umsetzungsempfehlungen aus Tab. 1. Es ist bekannt, dass eine Umsetzung ein erhebliches Engagement aller Beteiligten benötigt. Aber die Praxisbeispiele wie die Empfehlungen der Expertinnen und Experten zeigen auf, dass eine schrittweise Einführung und Entwicklung eines CCM heute bereits möglich sind. Es bedarf daher keiner grundsätzlich neuen Regulatorien, sei es im Bereich der Tarifierung oder der Systemstrukturen, wie sie u. a. im Parlament im Rahmen der Massnahmenpakete zur Kostendämpfung diskutiert werden. Förderlich wäre aber sicherlich die dringliche Modernisierung/Aktualisierung vieler Tarifsysteme in der ambulanten Versorgung, damit die interprofessionelle Zusammenarbeit in den «Prepare Practice Teams (PPT)» in der Praxis leichter umzusetzen ist.

Weitere Empfehlungen für die Umsetzung des CCM in der Praxis sind in Tab. 1 aufgeführt. Aus Sicht der Autoren bieten sich für den ersten Umsetzungsschritt die Systemelemente «3 Angebot von Entscheidungshilfen» und «5 Unterstützung und Förderung des Selbstmanagements» an. Hierzu bestehen bereits umfassende Vorarbeiten und Angebote, welche zur Verfügung stehen und den Start in die Umsetzung eines CCM-Konzeptes unterstützen. Ausgewählte Anwendungsbeispiele finden Sie ebenfalls in Tab. 1.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dipl. SozialwirtOliver Strehle

Schweizer Forum für Integrierte Versorgung (fmc)
Zugerstrasse 193
6314 Neuägeri

oliver.strehle@fmc.ch

Das vorliegende Paper ist im Rahmen des von Novartis unter­stützten Projektes «Take action» entstanden, das darauf abzielt, die Versorgung von kardiovaskulären Risikopatient/-innen zu verbessern und von Frau Agnès Bachofner geleitet wird. Novartis hat auf den Inhalt keinen Einfluss genommen.

1. Rosemann, T., Bachofner, A., Strehle, O. (2024), Kardiovaskuläre ­Erkrankungen in der Schweiz – Prävalenz und Versorgung, PRAXIS 2024; 113 (03): 57–66
2. Sahli, R., Jungi, M., Christ, E., Goeldlin, A. (2019), «Chronic Care Management»-Programm in der hausärztlichen Praxis, SWISS MEDICAL FORUM, 19(7–8):113–116
3. Strehle, O., Ritzmann, P., Helg, A. (2023), Qualität steigern und Kosten senken dank Ärztenetzen, Schweizerische Ärztezeitung, 104(27–28):36–38
4. https://gesundheitspunkt.ch/angebot/chronic-care/
5. Projekt «Opti-Q Multimorbidität – Optimierung der Behandlungsqualität von multimorbiden Patienten» | Gesundheitsförderung Schweiz (gesundheitsfoerderung.ch)
6. RPC_multimorbidite.pdf (recodiab.ch)
7. Home – SwissIPE

Messung des Albumins im Urin bei über 45-Jährigen für ein langes Leben in Gesundheit?

Die chronische Nierenerkrankung (CKD) betrifft etwa 10 % der Bevölkerung, wobei frühe Stadien oft unbemerkt bleiben. Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer CKD, die nicht nur zur Niereninsuffizienz, sondern auch zu kardiovaskulären Erkrankungen führen kann. Zwei Hauptparameter zur Diagnose sind der Kreatininwert im Serum (zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate) und die Albuminurie, welche eine strukturelle Schädigung der Nieren anzeigt. Studien empfehlen regelmäßige Screenings bei Risikogruppen, um frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen. In der Schweiz gibt es jedoch eine Versorgungslücke, da Leitlinien oft unzureichend umgesetzt werden. Alternative Versicherungsmodelle könnten Anreize für eine bessere Prävention schaffen.

Chronic kidney disease (CKD) affects approximately 10 % of the population, with early stages often going unnoticed. Risk factors such as diabetes, hypertension, and obesity increase the likelihood of CKD, which not only leads to renal failure but also to cardiovascular diseases. Two key parameters for diagnosis are serum creatinine levels (for estimating glomerular filtration rate) and albuminuria, indicating structural kidney damage. Studies recommend regular screenings for high-risk groups to enable early intervention. However, there is a gap in care implementation in Switzerland, as guidelines are often inadequately followed. Alternative insurance models could create incentives for improved prevention strategies.
Key words: chronic kidney disease, estimated glomerular filtration rate, albuminuria, longevity.

Mit zunehmendem Alter nimmt die Nierenfunktion langsam, aber stetig ab. Bei manchen Menschen nimmt sie so stark ab, dass eine Nierenersatztherapie notwendig wird. Da die Bevölkerung in unseren Breitengraden immer älter wird, nimmt die Zahl der Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion zu. Die Prävalenz der chronischen Nierenerkrankung (CKD) (1) in der Bevölkerung liegt bei etwa 10 %, wobei frühe und klinisch weniger relevante Stadien überwiegen (2). Es nimmt aber auch die Häufigkeit der Menschen mit einer gravierenden Einschränkung der Nierenfunktion zu. Die Zahl der neuen Dialysepa­tienten steigt jährlich um 2 bis 3 % (3). In wenigen Jahren wird die Niereninsuffizienz zu den zehn häufigsten Todesursachen im Alter gehören (4). Die chronische Nierenerkrankung ist nicht nur wegen der aufwendigen Nierenersatzverfahren – eingeschränkte Lebensqualität und hohe Kosten – sondern auch wegen des negativen Einflusses auf andere Organsysteme – z. B. kardiovaskuläres System, Knochen, Kognition – von klinischer Relevanz.

Der Erhalt der Nierenfunktion und die Verlangsamung der Abnahme der Nierenfunktion sind deshalb eine wichtige Voraussetzung für ein langes Leben in Gesundheit.

Die wichtigsten Massnahmen für den Erhalt der Nierenfunktion sind die Identifizierung eines frühen Nierenschadens und die Behandlung der Risikofaktoren und, wenn indiziert, der Einsatz von organprotektiven Medikamenten. Die wichtigsten Risikofaktoren sind: Diabetes mellitus, Hypertonie, Adipositas und Hyperlipidämie.

Laborparameter für die Erfassung der CKD und Prävention

Für Erfassung und Monitoring einer CKD sind hauptsächlich zwei Parameter relevant. Der Kreatininwert im Serum, aus dem die glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) abgeschätzt werden kann, und die Bestimmung des Albumins im Urin. Die eGFR spiegelt die Filtrationsleistung, also die exkretorische Funktion der Nieren wider, die Albuminurie ist Folge einer strukturellen Schädigung in den Nieren.

Es besteht Konsens darüber, dass Serumkreatinin und die Albuminurie bei allen Personen mit einem der oben genannten Risikofaktoren in jährlichen Abständen bestimmt werden sollten (5–7).

Populationsbasiertes Screening für die ­Identifikation einer Albuminurie

Menschen mit CKD haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für eine terminale Niereninsuffizienz. Eine CKD führt bereits in einem frühen Stadium zu einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (8). Während dies die direkte Folge einer eingeschränkten Nierenfunktion und reduzierter eGFR ist, so hat sich in den vergangenen Jahren auch die Bedeutung einer Albumin­urie als unabhängiger Risikofaktor kardiovaskulärer Ereignisse gezeigt. Da einfache Tests für eine Albumin­urie zur Verfügung stehen, stellt sich die Frage, ob nicht für alle Personen ab einem bestimmten Alter eine Untersuchung auf eine Albuminurie durchgeführt werden soll. In den Niederlanden wurde diese Frage in einer Studie mit mehr als 15 000 Personen im Alter zwischen 45 und 80 Jahren untersucht, wobei bei etwa 4 % der Teilnehmer eine abnorme Albuminurie festgestellt wurde. Bei diesen Personen konnte dann frühzeitig eine Behandlung eingeleitet werden, um sowohl eine Abnahme der Nierenfunktion als auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu reduzieren (9).

Unterversorgung von Menschen mit chronischer Niereninsuffizienz in der Schweiz – Lücke zwischen Wissen und Tun?

Es gibt Hinweise, dass das in Leitlinien (5, 7, 10) dargestellte Wissen in der Praxis nicht oder noch nicht vollständig umgesetzt wird.
Eine Studie, die Daten von Grundversorgern aus der Schweiz erfasste, zeigt vor allem im Monitoring (eGFR) von Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und in der Bestimmung der Albuminurie mittels der Albumin-Kreatinin-Ratio im Urin (uACR) ein deutliches Verbesserungspotential (11). Aus den Ergebnissen der Studien geht nicht klar hervor, ob der Grund für das Defizit in mangelndem Wissen, knappen Ressourcen oder anderen Faktoren liegt.

Verbesserung der Versorgung – mögliche Ansätze

Ärztinnen und Ärzte in der Primärversorgung spielen eine wichtige Rolle in der Prävention und Behandlung von Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung. Die Aufgabe besteht in der Erfassung und Behandlung von Risikofaktoren, der Bestimmung der eGFR und der Albuminurie. Menschen mit den erwähnten Risikofaktoren sind auf eine chronische Nierenerkrankung zu untersuchen (5) und die Risikofaktoren konsequent zu behandeln.

Wirksame Prävention benötigt Ressourcen

Dies alles benötigt Ressourcen. Dies insbesondere, um die betroffenen Menschen zu informieren und für diese Untersuchungen und Therapien zu motivieren.

Ein Faktor für die mangelnde Umsetzung der Empfehlungen in der Praxis ist möglicherweise die Tatsache, dass für Prävention im überwiegend durch den Einzelleistungstarif geprägten Tarifsystem kein systematischer Anreiz besteht.

Die Rolle alternativer Versicherungsmodelle – bessere Anreize für mehr Gesundheit

Wirksame Prävention setzt jedoch Qualitätsarbeit von Hausärztinnen und Hausärzten und interdisziplinären Teams auch ausserhalb von akuten Krankheitsanlässen voraus. Innerhalb von alternativen Versicherungsmodellen – «Hausarztmodellen» – können entsprechende positive Anreize gesetzt werden, um die geleistete Qualitätsarbeit zusätzlich zu vergüten. Dies ist auch eine Chance für Krankenversicherer, sich durch gute Leistungen über mehr Qualität und Prävention bei ihren Versicherten auszuzeichnen. Einzelne Versicherer schliessen bereits seit Jahren mit Ärztenetzen Vereinbarungen ab, um mit Hilfe von Abrechnungsdaten qualitätsfördernde Massnahmen zu unterstützen. Diese könnten auch auf diesen Themenbereich anwendbar sein und entsprechend ausgebaut werden (12, 13).
Schliesslich bietet eine Überarbeitung der «Nationalen Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten» eine Chance, chronische Nierenerkrankungen – in wenigen Jahren eine der häufigsten Ursachen verlorener Lebensjahre – im Hinblick auf ein längeres Leben bei guter Gesundheit die Bedeutung zu geben, um schlussendlich die nötigen Ressourcen zu mobilisieren, die diese wichtige Erkrankung verdient.

Für die Arbeitsgruppe «WDA Swiss Longevity Council»

Autoren
Prof. Dr. med. Patrice Ambühl
Institut für Nephrologie, Stadtspital Zürich

Prof. Dr. med. Heike Bischoff-Ferrari
DrPH, Lehrstuhl Geriatrie und Altersforschung, Universität Zürich

Prof. Dr. med. Eva Blozik
MPH, SWICA, Gesundheitsorganisation, Winterthur & Institut für Hausarztmedizin, Universität und UniversitätsSpital Zürich

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Verena Briner
FRCP, Medical Centre, Bürgenstock

Dr. med. Claude Cao
MPH, Meydoo Consulting

Dr. med. Hans Groth
Präsident World Demographic & Ageing Forum (WDA Forum), St. Gallen

Dr. med. Leander Muheim
EMBA, mediX zürich und mediX schweiz

Dr. Heiner Sandmeier
MPH, Sandmeier Health Care Consulting

Prof. em. Dr. med. Johann Steurer
Universität Zürich

Prof. Dr. med. Christoph Wanner
Universität Würzburg

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Dr. med. Hans Groth

World Demographic
& Ageing Forum (WDA Forum)
Rorschacher Strasse 304
9016 St. Gallen

Die Autorschaft hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. Jager KJ, Kovesdy C, Langham R, Rosenberg M, Jha V, Zoccali C. A single number for advocacy and communication—worldwide more than 850 million individuals have kidney diseases. Nephrol Dial Transplant. 2019;34(11):1803-5.
2. Ponte B, Pruijm M, Marques-Vidal P, Martin PY, Burnier M, Paccaud F, et al. Determinants and burden of chronic kidney disease in the population-based CoLaus study: a cross-sectional analysis. Nephrol Dial Transplant. 2013;28(9):2329-39.
3. Boerstra BA, Boenink R, Astley ME, Bonthuis M, Abd ElHafeez S, Arribas Monzón F, et al. The ERA Registry Annual Report 2021: a summary. Clinical kidney journal. 2024;17(2):sfad281.
4. Brauer M, Roth GA, Aravkin AY, Zheng P, Abate KH, Abate YH, et al. Global burden and strength of evidence for 88 risk factors in 204 countries and 811 subnational locations, 1990–2021: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2021. The Lancet. 2024;403(10440):2162-203.
5. Stevens PE, Ahmed SB, Carrero JJ, Foster B, Francis A, Hall RK, et al. KDIGO 2024 clinical practice guideline for the evaluation and management of chronic kidney disease. Kidney international. 2024;105(4):S117-S314.
6. Committee ADAPP. Introduction and Methodology: Standards of Care in Diabetes—2024. Diabetes Care. 2023;47(Supplement_1):S1-S4.
7. Schweizerischge Gesellschaft für Nephrologie. Richtlinien zu Screening und Identifikation der Chronischen Niereninsuffizienz für Allgemeinmediziner und Internisten.15. Juli 2024. Available from: https://www.swissnephrology.ch/wp/wp-content/uploads/2023/01/161121_SGN_Pocketguide_CKD_Web_A4_d_WZ.pdf.
8. Matsushita K, Van der Velde M, Astor B, Woodward M, Levey A, De Jong P, et al. Chronic Kidney Disease Prognosis Consortium: Association of estimated glomerular filtration rate and albuminuria with all-cause and cardiovascular mortality in general population cohorts: A collaborative meta-analysis. Lancet. 2010;375(9731):2073-81.
9. van Mil D, Kieneker LM, Evers-Roeten B, Thelen MH, de Vries H, Hemmelder MH, et al. Participation rate and yield of two home-based screening methods to detect increased albuminuria in the general population in the Netherlands (THOMAS): a prospective, randomised, open-label implementation study. The Lancet. 2023;402(10407):1052-64.
10. Crea F. The ESC Guidelines on cardiovascular prevention and a focus on old and new risk factors. Oxford University Press; 2021. p. 3209-13.
11. Jager L, Rosemann T, Burgstaller JM, Senn O, Markun S. Quality and variation of care for chronic kidney disease in Swiss general practice: A retrospective database study. PLoS One. 2022;17(8):e0272662.
12. Farcher R, Graber SM, Thuring N, Blozik E, Huber CA. Does the implementation of an incentive scheme increase adherence to diabetes guidelines? A retrospective cohort study of managed care enrollees. BMC Health Serv Res. 2023;23(1):707.
13. Hoglinger M, Wirth B, Carlander M, Caviglia C, Frei C, Rhomberg B, et al. Impact of a diabetes disease management program on guideline-adherent care, hospitalization risk and health care costs: a propensity score matching study using real-world data. Eur J Health Econ. 2023;24(3):469-78.

Adipositas – die neue Epidemie

Vorbeugen ist besser als heilen. Den Organisatoren des Prevention Summits – Prof. Thomas Lüscher, Zürich und London, Prof. François Mach, Genf, Prof. Felix Mahfoud, Basel und Prof. Stephan Windecker, Bern – ist es gelungen, hochkarätige Referenten einzuladen. Mit einem aktuellen Überblick über Risikofaktoren und neue Behandlungsmethoden haben sie ein äusserst interessantes Programm gestaltet, das auch eine grosse Anzahl von Zuhörern anzog. Der folgende Bericht umfasst den ersten Teil des Symposiums.

Adipositas: Neurobiologische und genetische Ursachen


Die Prävalenz der Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m²) nimmt seit 1975 exponentiell zu. Gleichzeitig nimmt die Mortalität zu, und zwar in einer U-förmigen Kurve ab einem BMI von mehr als 23 kg/m², stellte PD Dr. Eleonora Selig aus Basel eingangs fest.

Adipositas ist sowohl mit einer Übermenge als auch mit einer Dysfunktion des weissen Fettgewebes, insbesondere der viszeralen Fettdepots, verbunden. Adipositas ist ein evolutionäres Missverhältnis zwischen unserer uralten, genetisch bedingten Physiologie und der modernen Ernährung sowie Lebensweise. Wir haben uns nicht nur nicht so entwickelt, dass wir Fettleibigkeit haben, sondern auch nicht, um mit den zahlreichen damit verbundenen Fehlanpassungen fertig zu werden, wie z. B. der massiven Adipozyten-Hypertrophie, die überschüssiges Fett aufnehmen muss.

Gene regulieren das Körpergewicht.

Vererbt werden Appetit, Sättigung, Energieverbrennung in Ruhe und bei körperlicher Aktivität. Dies ergibt sich aus Untersuchungen an eineiigen Zwillingen, die eine Konkordanz von 70–90 % aufweisen, während diese bei zweieiigen Zwillingen 30–50 % beträgt.

Neurobiologie der Gewichtsregulation

Für die Regulation des Körpergewichts ist Leptin essenziell, wie die Referentin zeigte. Leptin soll den Körper vor Verhungern schützen.
Das Leptin-Melanocortin-System: Der Melanocortin-Signalweg erwies sich als wertvoller Weg für die Pharmakotherapie der Fettleibigkeit. Der Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R), eine Komponente des Leptin-Melanocortin-Systems, spielt eine Rolle bei der Regulierung des Körperfetts. Eine genetische Störung des MC4R führt zu extremer Fettleibigkeit, während subtilere polymorphe Variationen die Verteilung des Körpergewichts in der Bevölkerung beeinflussen. Die Korrelation zwischen den Signaleigenschaften dieser mutierten Rezeptoren und der Energieaufnahme unterstreicht die Schlüsselrolle dieses Rezeptors bei der Kontrolle des Essverhaltens beim Menschen.

Studien mit dem MC4-Agonisten Setmelanotid bei Personen mit schwerer Adipositas, die entweder auf einen Pro-Opiomelanocortin-(POMC)-Mangel oder einen Leptin-Rezeptor-Mangel zurückzuführen sind, unterstützen die Behandlung von Fettleibigkeit mit diesem Medikament. Dabei wurden mehr als 10 % Gewichtsverlust beobachtet.

Genetisches Screening

Die Endocrine Society Clinical Practice Guideline empfiehlt ein genetisches Screening bei Patienten mit morbider Adipositas seit der Kindheit (Beginn < 5 Jahre) in Kombination mit Hyperphagie und/oder einer Familienanamnese von morbider Adipositas.

Monogenes vs. polygenes Adipositas-Risiko

Monogen: Früher Beginn, schwere Adipositas, starker genetischer Beitrag, Einzelmutation in einem einzigen Gen, grosser genetischer Effekt, hohe Penetranz, kein Umwelteinfluss.

Polygen: Allgemeine Fettleibigkeit, bescheidener genetischer Beitrag, Hunderte von Varianten in oder nahe vieler Gene, jede Variante mit schwachem Effekt, niedrige Penetranz, Umwelt ist eine Hauptdeterminante.

Gesunder Lebensstil reduziert das Risiko für Adipositas

Ein hohes genetisches Risiko und ein adipogener Lebensstil werden sowohl unabhängig voneinander als auch gemeinsam mit einem hohen Adipositas-Risiko in Verbindung gebracht. Die Einhaltung eines gesunden Lebensstils kann jedoch der genetischen Veranlagung erheblich entgegenwirken. Darüber hinaus mindert die Einhaltung eines gesunden Lebensstils, der eine Gewichtsabnahme begünstigt, das Risiko fettleibigkeitsbedingter Erkrankungen bei genetisch prädisponierten Personen. Gesunde Lebensweisen sollten daher unabhängig vom genetischen Hintergrund gefördert werden, so die Referentin.

Fazit

Sowohl Umweltfaktoren (Energieaufnahme und Energieverbrauch) als auch Gene (strukturelle Variationen, Chromosomen; epigenetische Variationen, Histone; Single-Nucleotide-Variationen, DNA) beeinflussen unser Gewicht.
Ein gesunder Lebensstil reduziert das Adipositas-Risiko.

Globesitas – was kann durch körperliche Aktivität und Ernährung erreicht werden?


Das Leben in westlichen, gebildeten, industrialisierten, reichen Demokratien («weird countries») hat die Art und Weise, wie wir unseren Körper nutzen, tiefgreifend verändert, stellte Prof. Matthias Wilhelm aus Bern fest. Menschen aus diesen sogenannten «weird countries» sind anfällig für chronische Mismatch-Krankheiten, das heisst Krankheiten, bei denen die Gene einer Person nicht ausreichend an neue Umweltbedingungen angepasst sind. Die evolutionäre Perspektive verdeutlicht die Bedeutung des Lebensstils als zentralen Gesundheitsfaktor.

Faktoren, die im Laufe des Lebensalters eine Rolle spielen

Der Referent wies auf verschiedene altersabhängige Faktoren hin:
• Im Fetus: Genetik spielt eine entscheidende Rolle. Mehr als 250 Gene sind mit Obesitas verknüpft. Epigenetische Veränderungen beeinflussen die Genexpression. Übermässige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Adipositas beim Kind.
• Im Kleinkindalter: Gestationeller Diabetes erhöht das Risiko, später im Leben an Diabetes zu erkranken. Nur etwa 44 % der Säuglinge zwischen 0 und 6 Monaten werden ausschliesslich gestillt.
• Mit 10 Jahren: Kinder verbringen 4–6 Stunden täglich vor Bildschirmen, Teenager bis zu 9 Stunden. Ungesundes Essen, die «Teller-leer-essen»-Kultur und Nahrung als Belohnung tragen zur Gewichtszunahme bei.
• Mit 20 Jahren: Körperliche Untätigkeit nimmt zu. Weniger als 10 % der Erwachsenen erreichen das empfohlene Mass an körperlicher Betätigung. Gleichzeitig steigt der Konsum kalorienreicher, übermässig schmackhafter Fertiggerichte.
• Mit 30 Jahren: Ein sesshafter Lebensstil dominiert. 80 % der Arbeitsplätze gelten als sitzende Schreibtischarbeit. Ökonomische Faktoren verstärken die Problematik, da Fettleibigkeit disproportional Menschen mit niedrigem Einkommen betrifft.
• Mit 40 Jahren: Umwelt- und soziale Faktoren spielen eine grössere Rolle. Schlechte Stadtplanung, Transport zur Arbeit und mangelnde Freizeitmöglichkeiten fördern Adipositas. Schlechte soziale Verbindungen, Stress und hohe Ghrelin-Spiegel verschärfen das Problem.
• Mit 50 Jahren: Verhaltensbedingte Faktoren wie hormonelles Ungleichgewicht und schlechter Schlaf fördern übermässiges Essen und Gewichtszunahme. Frauen nehmen während der Perimenopause durchschnittlich 5–7 Pfund zu.
• Mit 60 Jahren: Abnehmende Kraft und Mobilität führen zu sarkopenischer Adipositas. Altersbedingte Veränderungen bei Östrogen und Testosteron beeinflussen die Körperzusammensetzung.

Das Risiko, Fettleibigkeit als Krankheit zu betrachten: Schwerpunkt auf pharmazeutischen Strategien gegen Fettleibigkeit

Was ist in der Pipeline für zukünftige Medikationen gegen Fettleibigkeit? «Da die neuen Pharmakotherapien gegen Fettleibigkeit zu einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 15-25% führen, können intensive Lebensstil-Interventionen lediglich einen geringen zusätzlichen Gewichtsverlust bewirken» (Int J Obesity 2024).

Da die Pharmakotherapie grössere Aufrechterhaltung der Gewichtsabnehme als Lebensstiländerungen allein (z.B. Step 3 Studie) unterstützen klinische Guidelines die Verwendung von Langzeit-Anti-Obesitas-Medikation (JAMA 2023; 330: 2000-2015).
Eine ausschliessliche Fokussierung auf die Gewichtsabnahme erscheint unangemessen, da GLP-1 RA sich negativ auf die fettfreien Körpermasse auswirkt (bis zu 40%) und eine Veränderung des Körperfettanteils für die Wirksamkeit berücksichtigt werden sollte.
Ozempic kann möglicherweise Ihr persönliches und ihr Sexualleben verändern, sagt ein Experte. Das Absetzen von GLP-1 Rezeptor-Agonisten war bei denjenigen die nur an Adipositas litten, häufiger als bei denjenigen, die zu Beginn der Studie an Diabetes litten (Obesitas 50%, Diabetes 36%).

Fazit

Lebensstilinterventionen sind sicher und wirksam und bleiben der Eckpfeiler sowohl in der Vorbeugung als auch der Behandlung von Fettleibigkeit, erfordern jedoch einen systemorientierten Ansatz Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert Ressourcen für eine langfristige Betreuung und Beratung, die mit denen für Pharmakotherapie vergleichbar sind.

Pharmazeutische Strategien zur Bekämpfung der Fettleibigkeit sind wertvoll, um eine Gewichtsabnahme einzuleiten und die Prognose für Patienten mit Fettleibigkeit zu verbessern, In Anbetracht ihrer Wirkungen gibt die langfristige Anwendung dieser Therapien – insbesondere bei gleichzeitiger Anwendung von Lebensstiländerungen jedoch Anlass zu Bedenken.

Neue Therapien: GLP1 und GIP/GLP-1 Rezeptoragonisten


«Herausforderungen der heutigen Gesellschaft sind Klimawandel, Künstliche Intelligenz und Langlebigkeit», so Prof. John Deanfield, London.
Weltweit ist das Leben länger aber nicht gesünder geworden. Die durchschnittliche globale Lebenserwartung hat massive Verbesserungen erfahren. Die mittlere Lebenserwartung lag 1960 bei 54 Jahren. 2019 betrug sie 73 Jahre, was einer Zunahme um 19 Jahre entspricht, so der Referent. 1922 hatte ein 20jähriger nur eine 20%ige Chance 80 Jahre alt zu werden. Ein heute geborenes Kind hat dagegen eine mehr als 50%ige Chance bis 95 Jahre alt zu werden. Das Alter sollte als biologischer, und nicht bloss als ein chronologischer Prozess angeschaut werden.

Fettleibigkeit – von der Epidemie zur Pandemie

Von 1990 bis 2022 hat sich die Fettleibigkeit bei Erwachsenen verdoppelt und bei Jungen in allen Regionen vervierfacht. Dies hat Auswirkungen auch auf die Lebenserwartung. Mit einem normalen BMI habe 80% die Chance ein Alter von 70 Jahren zu erreiche, bei einem BMI von 35-40kg/m2 60<% und bei einem BMI von 40-50kg/m2 nur 50%. Dies hat auch negative ökonomische Konsequenzen.

Neue Behandlungen für Fettleibigkeit

GLP-1RAs: Erstmalige potenzielle Lösung, um zuverlässig signifikanten, nachhaltigen Gewichtsverlust sicher mit Medikamenten zu produzieren.

Glykämische Kontrolle des T2DM, Management der Fettleibigkeit, kardiovaskuläre Krankheits-Modifizierung, plus andere Krankheiten?

Der Referent verwies auf die EMPA-REG Studie mit Empagliflozin die eine relative Risikosenkung des Risikos für Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz von 35% ergab und die SUSTAIN 6 Studie mit Semaglutid, die eine relative Risikosenkung für MACE von 26% zeigte. Die SELECT Studie, in welcher Patienten mit Herzkrankheit aber ohne Diabetes, die übergewichtig oder fettleibig waren, Semaglutid (2.4mg sc/Woche mit Placebo verglichen wurde, ergab eine Hazard Ratio von 0.8 für kardiovaskulären Tod, von 0.80 (p<0.001 für Überlegenheit) für ein kardiovaskuläres Komposit und 0.81 für Gesamtmortalität. Zwischen BMI und Herzinsuffizienz gibt es eine starke Assoziation bereits ab BMI 30kg/m2, zwischen BMI und KHK ab BMI 45kg/m2, aber keine Assoziation zwischen BMI und Schlaganfall, wie aus der ARIC-Studie hervorgeht.

Wie verursachen GLP-1RAs Körpergewichtsverlust?

GLP-1-Rezeptor-Agonisten fördern Glucose-abhängig die Insulinsekretion aus den Betazellen des Pankreas. Sie senken die Glucagonsekretion aus den Alphazellen und führen dadurch zu einer verminderten Glucose-Abgabe durch die Leber (Senkung der Gluconeogenese). Sie erhöhen die Insulinsensitivität und verlangsamen die Magenentleerung und reduzieren damit die Geschwindigkeit, mit der Glucose in den Blutkreislauf gelangt. Sie erhöhen die Sättigung (zentral), senken das Hungergefühl und tragen damit zu einer Gewichtsabnahme bei.

Neue Ansätze gegen Übergewicht/ Fettleibigkeit

Bimagrumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der den Activin-Typ II-Rezeptor bindet und inhibiert. In einer randomisierten Phase 2 Studie bewirkte Bimagrumab eine signifikante Abnahme der Fettmasse, eine Zunahme der fettfreien Köpermasse, und metabolische Verbesserungen bei Patienten mit Übergewicht oder Adipositas und T2DM.

Fazit

Fettleibigkeit verändert das Krankheitsbild der kardio-renalen-metabolischen Erkrankungen in der Bevölkerung
GLP1-Ras und Kombinationen ermöglichen eine signifikante und nachhaltige Gewichtsabnahme, die sich auf mehrere Alterskrankheiten wie T2DM, CKD und CVD positiv auswirken kann.

Die Regierungen engagieren sich, weil Prävention eine Chance zur Schaffung von Wohlstand ist und nicht einfach nur eine Ausgabe für das Gesundheitsbudget.

Die Öffentlichkeit ist begeistert von der Fähigkeit der GLP-1 Ras eine signifikante Gewichtsabnahme zu erreichen., aber die Medikamente können auch die Ergebnisse bei verschiedenen Alterskrankheiten verbessern und das Verhalten ändern. Dies schafft eine neue Möglichkeit zum Nutzen der Patienten und der Gesundheit der Bevölkerung ausserhalb des traditionellen Gesundheitssystems.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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Die Bedeutung des Stentings

Einen kritischen Überblick über die Bedeutung des Stenting präsentierte Prof. Dr. Franz Eberli, Stadtspital Triemli, Zürich an den diesjährigen ZAIM MediDays. Die Behandlung der koronaren Herzkrankheit erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen Stenting und medikamentöser Therapie.

Stenting zur Verbesserung der Prognose


Studien wie ISCHEMIA und ORBITA zeigen, dass ein invasives Vorgehen bei einer stabilen koronaren Herzkrankheit (KHK) oft keinen langfristigen Überlebensvorteil bietet, aber Symptome deutlich lindert und die Lebensqualität verbessert, sagte Prof. Eberli. Die Kombination aus optimaler medikamentöser Therapie, Lebensstiländerungen und gezielten Revaskularisationsmassnahmen bleibt der Schlüssel zu einer patientenzentrierten Behandlungsstrategie.

Konservatives Management der KHK

Das konservative Management der koronaren Herzkrankheit umfasst eine Vielzahl von Ansätzen, die auf die Reduktion von Risikofaktoren und die Verbesserung der Lebensqualität abzielen:
• Risikoreduktion
– Anpassung des Lebensstils: Rauchstopp, Gewichtsreduktion, körperliches Training, Essgewohnheiten
– Cholesterinsenkende Therapie
– Behandlung der Hypertonie
– Diabetestherapie
• Thrombozytenaggregationshemmer
• Antiischämische Therapie
• Betablocker
• Kalziumantagonisten
• Langwirkende Nitrate und Molsidomin (Corvaton®)
• Nicorandil (Dancor®), Ranolazin (Ranexa®), Ivabradin  (Procalaran®)

Mehrwert von Stenting zusätzlich zum medikamentösen Management

• Die einzelnen Komponenten der medikamentösen Therapie haben oft nur einen begrenzten Einfluss auf Prognose und Symptome. Jedoch verbessert die Gesamtheit der medikamentösen Therapie die Prognose.
• Lebensstiländerungen, eine optimale medikamentöse Therapie und die koronare Revaskularisation spielen komplementäre Rollen in der Behandlung der KHK.

Wann bringt die Revaskularisation mittels Stenting einen Mehrwert?

Beim akuten Koronarsyndrom zeigt die perkutane Koronarintervention (PCI) eine deutliche Senkung der Mortalität, wie der Referent anhand von Daten aus den Jahren 1997 bis 2015 darlegte.

Prognostischer Wert bei Hauptstammstenose und schwerer Dreigefässerkrankung

Historisch zeigte sich ein Überlebensvorteil bei der Revaskularisation mittels Bypass-Operation im Vergleich zur rein medikamentösen Therapie. Dies wurde in einer Meta-Analyse der 10-Jahres-Mortalität (Lancet 1994;344:563–570) für folgende Patientenpopulationen bestätigt:
• Patienten mit einer Hauptstammstenose >50 %
• Patienten mit Mehrgefäss-KHK und hochgradiger proximaler RIVA-Stenose
• Patienten mit Mehrgefäss-KHK und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (EF) <40 %
Die Folge war, dass alle diese Patienten von allen Studien ausgeschlossen wurden.

Prognostischer Wert des invasiven Managements beim chronischen Koronarsyndrom mit Ein/Zwei­gefässerkrankung

• In randomisierten Einzelstudien über 3–5 Jahre wurde kein prognostischer Vorteil einer initial invasiven im Vergleich zu einer initial medikamentösen Therapie nachgewiesen.
• Meta-Analysen deuten jedoch auf mögliche prognostische Vorteile hin.
• Die Randomisierung erfolge in allen Studien nach Koronarographie mit Ausnahme der ICHEMIA Studie
• In allen Studien führte die Revaskularisation zu einer Reduktion der Symptome und der benötigten antiischämischen Medikamente
Beispiel ISCHEMIA-Studie (New Engl J Med 2020;382: 1395–1407:
In die Studie wurden 5179 Patienten mit moderater oder schwerer Ischämie eingeschlossen. Sie wurden in zwei Gruppen randomisiert:
• Initial invasive Strategie: Koronarangiographie und, wenn möglich, Revaskularisation plus medikamentöse Therapie.
• Initial konservative Strategie: Medikamentöse Therapie allein, Angiographie und Revaskularisation nur bei Versagen der Therapie.
Der primäre Endpunkt war ein Komposit aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt, Hospitalisation wegen instabiler Angina pectoris, Herzinsuffizienz oder reanimiertem Herzstillstand. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass es keine Evidenz dafür gab, dass die initial invasive Strategie das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse oder die Gesamtmortalität über einen Median von 3,2 Jahren reduzierte.

Studien bei stabiler Angina pectoris: Fast Check

Bei stabiler Angina gab es nie eine Studie, die PCI vs. medikamentöse Therapie allein, d. h. unter Verbot/Ausschluss der jeweils anderen Therapie untersucht hat. Alle Studien bei stabiler Angina waren Strategiestudien initial medikamentöse Therapie vs. initial invasives Vorgehen. Ein Drittel aller Patienten, die initial medikamentös behandelt wurden, mussten im Verlauf revaskularisiert werden.
ISCHEMIA: Ist es sicher, dass die Prognose durch das konservative Management im Langzeitverlauf nicht schlechter wird?
Es ist wichtig zu wissen, dass der erste erreichte Endpunkt auf der Kaplan-Meier-Kurve dargestellt ist. Das heisst: Wenn jemand einen Herzinfarkt erleidet, gilt dies als Erreichen des Endpunkts. Wenn der Patient drei Wochen später stirbt, erscheint das nicht auf der Kaplan-Meier-Kurve.
ISCHEMIA Trial: Mehr spontane Myokardinfarkte (Typ 1) bei anfänglich konservativer Strategie
• Spontane Myokardinfarkte waren mit einer höheren Sterblichkeit im Verlauf von 3.2 Jahren verbunden
• Sorge, dass bei Weiterbestehen der erhöhten Rate an spontanen Myokardinfarkten die konservative Strategie zu erhöhter kardiovaskulärer Mortalität führt.

ISCHEMIA Extended (Hochman JS et al. Circulation 2023;147:8–19)

Es wurde eine 22 % erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei initial konservativem Management beobachtet:
• Beobachtungszeit betrug 7 Jahre
• Mortalität (Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Mortalität unbestimmt)
• Es wurden keine weiteren Ereignisse wie Myokardinfarkt, Revaskularisationen, Herzinsuffizienz oder medikamentöse Therapie berücksichtigt
• Hazard Ration betrug 0.78 (0.63 bis 0.96)

Konklusionen zur Prognose

• Der Nutzen eines koronaren Stenting muss differenziert bezüglich Verbesserung der Prognose und der Symptome betrachtet werden
• Die Prognose hängt ab vom Ausmass der KHK (Hauptstammstenose, Dreigefässerkrankung)
• Patienten, auch diabetische, können initial eine medikamentöse Therapie erhalten, sofern aus prognostischen und symptomatischen Gründen keine Revaskularisation erforderlich ist
• Bei konservativem Management muss im Verlauf eine erhöhte Anzahl an spontanen Myokardinfarkten in Kauf genommen werden

Meta-Analyse aller Studien mit invasivem vs. konservativem Management

Das Risiko für einen spontanen Myokardinfarkt kann durch das invasive Management um 26 % gesenkt werden. Ebenso kann die kardiale Mortalität durch das invasive Management um 21 % reduziert werden (Navarese et al Eur. Heart J 2021;42:4638–4651.
OMT plus präventive PCI vs. medikamentöse Therapie (Prevent trial Lancet 2024;403:1752).
• Patienten mit hämodynamisch nicht wirksamen Stenosen (FFR > 0.8) von > 50 %
• Vulnerable Plaque nach IVUS und/oder OCT
• Randomisiert zu 803 Patienten mit optimaler medikamentöser Therapie versus 803 Patienten mit OMT plus Stenting (33 % ABSORB 67 % XIENCE)

Konklusionen I

• Der Nutzen von koronarem Stenting muss differenziert erfolgen, wobei einerseits die Verbesserung der Prognose und andererseits die Linderung der Symptome zu betrachten sind
• Die Prognose hängt ab vom Ausmass der koronaren Herzkrankheit KHK (Hauptstammstenose, Dreigefässerkrankung)
• Auch Patienten mit Diabetes können initial medikamentös behandelt werden, wenn aus prognostischen und symptomatischen Gründen keine Revaskularisation erforderlich ist
• Bei einem konservativen Management muss im Verlauf eine erhöhte Anzahl an spontanen Myokardinfarkten in Kauf genommen werden

Stenting zur Verbesserung der Symptome

Messen der Qualität eines initial konservativen vs. invasiven Managements der chronisch koronaren Herzkrankheit

Clinical Reported Outcome Measures (CROM)
• Kardiovaskulärer Tod
• Gesamtmortalität
• Myokardinfarkt
• Revaskularisation
• Instabile Angina pectoris
• Herzinsuffizienz
Patient Reported Outcome Measures (PROM)
• Symptome
• Funktioneller Status (physisch, psychisch, sozial)
• Lebensqualität bezüglich Gesundheit
• Lebensqualität insgesamt
• Gesundheitsverhalten (Medikamentenadhärenz, Selbstsorge)
• Erfahrung mit der Behandlung (PREM)

Resultate der ISCHEMIA-Studie

CROM: Ischämische KV-Ereignisse oder Tod. Kein Vorteil der initial invasiven Strategie vs. initial konservatives Management.
PROM: Angina, QoL, physische Fitness. Weniger Angina und bessere Lebensqualität durch initial invasives vs. konservatives Management.
ISCHEMIA: Die initial invasive Strategie zeigt eine höhere Effektivität bezüglich der Symptomfreiheit als die initial konservative Strategie. Die Wahrscheinlichkeit, frei von Angina pectoris zu sein, ist gegeben. In der Gesamtpopulation der Studie mit mässiger oder schwerer Ischämie, zu der 35 % der Teilnehmer ohne Angina pectoris zu Studienbeginn gehörten, zeigten die Patienten, die nach dem Zufallsprinzip der invasiven Strategie zugewiesen wurden, eine grössere Verbesserung des Angina-bedingten Gesundheitszustands als diejenigen, die der konservativen Strategie zugewiesen wurden. Die geringen mittleren Unterschiede zugunsten der invasiven Strategie in der Gesamtgruppe reflektierten die minimalen Unterschiede bei den asymptomatischen Patienten sowie die grösseren Unterschiede bei denjenigen, die zu Beginn der Studie eine Angina pectoris auswiesen.

ORBITA-Studie

Die ORBITA-Studie stellt die PCI als Therapie der Angina pectoris in Frage.

Im Rahmen der ORBITA-Studie wurde untersucht, ob die PCI besser als die anti-anginöse Therapie zur Leistungs- und Symptomverbesserung bei Eingefässerkrankung ist.

Es wurden 200 Patienten mit stabiler KHK x 1 (≥ 70 % Stenose), im Mittel 3.1 anti-anginöse Medikamente, 75 % AP CCS II, CCS 0-1, randomisiert zu PCI oder Sham-Intervention. Die Resultate zeigten keine signifikante Verbesserung der Belastbarkeit bei Stenting vs. OMT. Stenting reduzierte die Ischämie, nach Sham gab es keine Reduktion der Ischämie (p = 0.011). Je kleiner FFR (je grösser die Ischämie), desto grösser war die Verbesserung. 20 % mehr PCI-Patienten waren nach 6 Wochen frei von Angina (NNT = 5).
Urteil der Patientinnen und Patienten: 85 % der Sham Gruppe wünschten und erhielten eine PCI.

ORBITA-2-Studie

PCI reduziert Angina pectoris bei instabiler KHK. Die ORBITA-2-Studie ging der Frage nach, ob die PCI die Angina bei Patienten, welche keine antianginöse Therapie erhalten, verbessert. Es wurden 300 Patienten mit stabiler KHK (80 % Eingefäss-, 20 % Mehrgefässerkrankung) in die Studie eingeschlossen. Die antianginöse Therapie wurde unterbrochen, alle Patienten waren symptomatisch. Sie wurden randomisiert zu PCI oder Sham-Intervention («Placebo»). Primärer Endpunkt war die Differenz im Angina-Symptom-Score nach 12 Wochen. Die PCI verbesserte die Ischämie und alle Aspekte der Symptome und der Lebensqualität.

Konservatives vs. invasives Management der KHK

Die Kosten für ein Stenting belaufen sich auf 500 CHF pro eingesetztem Stent. Im Mittel werden zwei Stents pro Intervention eingesetzt, was einer Gesamtzahl von 25 933 Stents pro Jahr entspricht. Multipliziert mit einem Preis von 500 CHF pro Stent resultiert dies in Kosten von 25.9 Mio. CHF pro Jahr. Im Jahr 2022 beliefen sich die Kosten für Statine auf 200.5 Mio. CHF. Die jährlichen Behandlungskosten der stabilen koronaren Herzkrankheit sind in Tab. 1 dargestellt.

Arteriosklerose in der CH: 1.2 Mio. Personen. Kosten für Medikamente und ärztliche Betreuung 1.2 Mio. x 1901 = 2.73 Milliarden.

ODYSSEY Kosten für die Verhinderung eines nicht-tödlichen kardiovaskulären Ereignisses (MI, CVI, UAR, HF-Hospitalisierung, Revaskularisation wegen Ischämie). NNT für 4 Jahre: 44 für das erste Ereignis, 18 für alle Ereignisse. Kosten, um ein kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern:
Erstereignis CHF 4993 x 44 x 4 = 878 768 CHF
Jedes Ereignis CHF 4993 x 18 x 4 = 359 496 CHF
STEMI = 8 % aller kardiovaskulärer Ereignisse. Kosten zur Verhinderung eines STEMI: 359 496 CHF x 12.5 = 4 493 700 CHF.

Stabile KHK

Unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des Patienten kann eine Entscheidung bezüglich der zu wählenden Behandlungsstrategie getroffen werden. Dazu schilderte der Referent das Fallbeispiels Bill Clinton, 2004: vierfacher aorto-koronarer Bypass, 2010 Stentimplantation wegen Bypass-Verschluss. Der Patient hatte die Statintherapie abgesetzt.
Die Betreuung des Patienten mit chronischer koronarer Herzkrankheit erfolgt nach dem Prinzip der gemeinsamen Entscheidungsfindung (Shared Decision Making).
Die Patientenperspektive umfasst folgende Aspekte:
• Symptome und Lebensqualität
• Kardiovaskuläres Risiko
• Präferenzen des Patienten
• Haltung gegenüber dem Risiko
Die Perspektive des Arztes beinhaltet:
• Wissen um Behandlungsoptionen
• Nutzen und Risiko der verschiedenen Therapie­strategien

Konklusionen II

• Die koronare Revaskularisation reduziert zuverlässig die Symptome bei stenosierender koronarer Herzkrankheit
• Die medikamentöse Therapie und die koronare Revaskularisation ergänzen einander in der Behandlung der KHK
• Therapieentscheide sollten patientenzentriert getroffen werden
• Die Kosten für eine Revaskularisation entsprechen den Kosten für 10 Jahre konservatives Management, solange kein PCSK9-Inhibitor eingesetzt wird.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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Langzeitwirksamkeit und Sicherheit des tetravalenten Dengue-Fieber-Impfstoffs (TAK-003)

Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Regionen, in denen Dengue-Fieber endemisch ist. Ziel einer kürzlich veröffentlichten Studie war es, die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit von zwei Dosen des tetravalenten Dengue-Impfstoffs TAK-003 (Qdenga®) bei der Prävention symptomatischer Dengue-Erkrankungen unterschiedlicher Schweregrade zu untersuchen. Dabei wurden auch die verschiedenen Dengue-Virus-Serotypen (DENV) bei Kindern berücksichtigt.

Methodik

In dieser laufenden, doppelblinden, randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie wurden gesunde Teilnehmer im Alter von 4 bis 16 Jahren aus 26 medizinischen und Forschungszentren in acht Dengue-endemischen Ländern (Brasilien, Kolumbien, Dominikanische Republik, Nicaragua, Panama, Philippinnen, Sri Lanka und Thailand) rekrutiert. Zu den wesentlichen Ausschlusskriterien gehörten fieberhafte Erkrankungen (Körpertemperatur ≥ 38 °C) zum Zeitpunkt der Randomisierung, Überempfindlichkeit gegen Impfstoffbestandteile, Schwangerschaft oder Stillzeit, schwere chronische Erkrankungen, beeinträchtigte Immunfunktion sowie frühere Impfungen gegen Dengue. Die Teilnehmer erhielten randomisiert im Verhältnis 2 : 1 (stratifiziert nach Alter und Region) zwei subkutane Dosen von TAK-003 oder Placebo im Abstand von drei Monaten. Sowohl die Ermittler als auch die Teilnehmer und deren Eltern oder Erziehungsberechtigten waren über die Gruppenzuteilung verblindet. Die Identifizierung von virologisch bestätigtem Dengue-Fieber erfolgte durch aktive Überwachung fieberhafter Erkrankungen sowie durch RT-PCR-Testungen bei den fieberhaften Episoden. Die Wirksamkeit des Impfstoffs wurde im Sicherheitsanalyse-Set (alle randomisierten Teilnehmer, die mindestens eine Dosis erhielten) sowie im Per-Protokoll-Set (Teilnehmer ohne schwerwiegende Protokollverstösse) bewertet. Die kumulative Wirksamkeit wurde von der ersten Impfung bis etwa 4.5 Jahre nach der zweiten Impfung ermittelt. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden kontinuierlich überwacht.

Ergebnisse

Zwischen dem 7. September 2016 und dem 31. März 2017 wurden insgesamt 20 099 Teilnehmer randomisiert (TAK-003: n = 13 401; Placebo: n = 6698). Von diesen erhielten 20 071 Teilnehmer, darunter 10 142 (50.5 %) Männer und 9929 (49.5 %) Frauen, TAK 003 oder Placebo. 18 257 (91 %) schlossen die Nachbeobachtung nach etwa 4.5 Jahren ab (TAK-003: 12 177/13 380; Placebo: 6080/6687). Von 27 684 gemeldeten fieberhaften Erkrankungen wurden insgesamt 1007 (Placebo:560; TAK-003:447) als virologisch bestätigtes Dengue-Fieber identifiziert, darunter 188 Fälle (Placebo: 142; TAK-003: 46), die einen Krankenhausaufenthalt erforderten. Die kumulative Wirksamkeit des Impfstoffs betrug 61.2 % (95% KI 56–65.8) gegen virologisch bestätigtes Dengue-Fieber und 84.1 % (77.9–88.6) gegen hospitalisiertes virologisch bestätigtes Dengue-Fieber. Bei seronegativen Teilnehmern zu Studienbeginn betrugen die entsprechenden Wirksamkeiten 53.5 % (41.6–62.9) und 79.3 % (63.5–88.2). In einer explorativen Analyse zeigte sich, dass der Impfstoff gegen alle vier Serotypen bei seropositiven Teilnehmern wirksam war. Bei seronegativen Teilnehmern war die Wirksamkeit gegen DENV-1 und DENV-2 nachweisbar, während der Impfstoff für DENV-3 keine statistische Wirksamkeit zeigte. Eine niedrige Inzidenz schloss eine Bewertung gegen DENV-4 aus. Während des dritten Teils der Studie (ca. 22–57 Monate nach der ersten Impfung) wurden bei 664 (5 %) der 13 380 TAK-003-Empfänger und 396 (5.9 %) der 6687 Placebo-Empfänger schwerwiegende unerwünschte Ereignisse berichtet. Es gab 17 Todesopfer (6 in der Placebogruppe und 11 in der TAK-003-Gruppe), von denen keiner als studienimpfstoffbezogen betrachtet wurde.

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend zeigt TAK-003 (Qdenga®) eine kumulative Langzeitwirksamkeit bei der Prävention symptomatischer Dengue-Erkrankungen, die durch alle vier DENV-Serotypen bei zuvor exponierten sowie durch DENV-1 und DENV-2 bei Dengue-naiven Studienteilnehmern im Alter von 4 bis 16 Jahren in acht Dengue-endemischen Ländern verursacht wurden. Die 4.5-jährige Nachbeobachtung fand in einem Zeitraum mit niedriger DENV-4-Inzidenz statt, und die Daten deuteten auf eine begrenzte Wirksamkeit von TAK-003 gegen DENV-3 bei Dengue-naiven Teilnehmern hin. Der Impfstoff bietet einen anhaltenden hohen Schutz gegen Dengue-bedingte Hospitalisierungen und hat das Potenzial, die Belastung durch Dengue-Fieber signifikant zu verringern. Bei der Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils von TAK-003 sollten die Gesundheitsbehörden das Verhältnis zwischen den Vorteilen, den bestehenden Wissenslücken und verschiedenen Faktoren wie der zunehmenden Belastung durch Dengue-Fieber, den begrenzten Präventionsmöglichkeiten und der praktischen Umsetzung von Impfprogrammen abwägen.

Quelle
Tricou V et al. Long-term efficacy and safety of a tetravalent dengue vaccine (TAK-003): 4·5-year results from a phase 3, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet Glob Health 2024 Feb;12(2):e257-e270. doi: 10.1016/S2214-109X(23)00522-3.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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Behandlung des kardiogenen Schocks

Der kardiogene Schock verbleibt auch mit den heute verfügbaren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten eine schwer zu behandelnde Erkrankung. Patienten mit diesem Krankheitsbild widerspiegeln eine heterogene Population mit unterschiedlichen Schockursachen, Schockstadien und Komorbiditäten, welche zusammen die Gesamtprognose bestimmen. Die hohe Mortalität von circa 50% konnte in den vergangenen zwei Jahrzehnten trotz grossem Aufwand zur Generierung von Evidenz nicht merklich reduziert werden und die Therapie richtet sich weiterhin vorwiegend nach pathophysiologischen Gesichtspunkten und ist dazu zeitsensibel. Dies macht die Therapie für das behandelnde Team herausfordernd, aber auch spannend.

Even with the diagnostic and therapeutic options that are available nowadays, treatment of cardiogenic shock remains difficult to handle. Patients present with different causes and stages of shock and various comorbidities, which together determine the overall prognosis. The high mortality of around 50% could not be reduced in a significant manner over the past two decades, despite a great effort to generate evidence. Treatment strategies of such patients continue to be based primarily on pathophysiological considerations and are additionally time-sensitive. This leads to a challenge but also excitement for the whole team involved in the treatment of such patients.
Key Words: cardiogenic shock, vasoactive therapy, temporary mechanical circulatory support, advanced heart failure

Schock-Klassifikation

In der Klassifikation des Schweregrades des Schocks herrschte lange Zeit Uneinigkeit. Im Jahr 2019 wurde schliesslich von der amerikanischen Gesellschaft für kardiovaskuläre Angiographie und Interventionen (SCAI) ein mittlerweile international anerkanntes, auf dem Konsens von Experten basierendes Dokument veröffentlicht, welches den kardiogenen Schock in unterschiedliche Schweregrade unterteilt (1). Es wurden insgesamt fünf Stadien, von A bis E, anhand von klinischen, laborchemischen und hämodynamischen Kriterien definiert (Tab. 1).

In einer grossen Kohorte mit > 10 000 Patienten einer kardiologischen Intensivstation wurde die Klassifikation validiert: Es zeigte sich eine starke Assoziation zwischen den SCAI-Schockstadien und der Mortalität (2).

Die Einteilung der Patienten in eines dieser Schockstadien ist ohne komplizierte Berechnungen und rasch möglich und erlaubt, therapeutische Schritte (beispielsweise eine Eskalation der Therapie) frühzeitig in die Wege zu leiten.

Ein weiteres Ziel der Klassifikation ist es, eine einheitliche Definition für künftige Studien zu kreieren, um die Patientenpopulation möglichst homogen zu halten und die Aussagekraft der Studienergebnisse zu erhöhen.

Nachträgliche Analysen von publizierten Studien haben ergeben, dass die Schockstadien und –verteilung in den verschiedenen Studien beträchtlich variiert 3. Diese heterogenen Studienpopulationen mit unterschiedlichen Schock-Schweregraden sind sicherlich miterklärend für die diskrepanten Ergebnisse der verschiedenen Studien.

Behandlungsstrategien

Nach dem prompten Erkennen des kardiogenen Schocks geht es darum, die fortschreitende Schockspirale möglichst rasch zu durchbrechen. Dazu müssen folgende Massnahmen getroffen werden:
1. Rasche Identifikation und- wenn möglich- Behandlung der Ursache
2. Kreislaufstabilisierung zur Wiederherstellung einer genügenden Gewebeperfusion sowie kardioprotektive Massnahmen zum Schutz des Myokards

Ursachen

Die Ätiologie des kardiogenen Schocks ist vielfältig (Tab. 2) und die Diagnose kann gerade bei seltenen, schwer diagnostizierbaren Ätiologien verspätet oder gar nie gestellt werden, was zu Verzögerungen oder gar einer Unmöglichkeit der kausalen Behandlung führt.

Exkurs: Kardiogener Schock im Rahmen eines akuten Myokardinfarkts

Die häufigste Ursache des kardiogenen Schocks ist der akute Myokardinfarkt mit Pumpversagen aufgrund der Myokardischämie. Der kardiogene Schock kompliziert 5-10% der akuten Myokardinfarkte und ist die häufigste Todesursache bei dieser Patientenpopulation. Die massgebliche Studie «SHould we emergently revascularize Occluded Coronaries for cardiogenic shocK (SHOCK)» wurde noch vor der Jahrtausendwende- im Jahr 1999- publiziert und zeigte einen signifikanten Überlebensvorteil nach 6 Monaten (Mortalität von 50.3% in der Revaskularisationsgruppe, versus 63.1% in der Kontrollgruppe (p = 0.027) (4). Dieser Vorteil hielt auch nach 6 Jahren weiter an (5). Die perkutane Revaskularisation wird heute routinemässig angewendet und ist breit verfügbar.

Die Mortalität bleibt aber trotz Revaskularisation hoch (um die 50%) und verblieb seit Beginn der 2000-er Jahre trotz der routinemässigen Anwendung neuer Technologien und zahlreichen Studien auf diesem Niveau.

Neben der Heterogenität dieser Population ist auch die hohe Rate an mechanisch reanimierten Patienten mit überwiegend neurologischem, und nicht kardial bedingtem Tod ursächlich für die persistierend hohe Mortalität des kardiogenen Schocks. Eine erste nachweisliche Mortalitätsreduktion gelang erst dieses Jahr. Dies nach Jahren an negativen Studien im Bereich der mechanischen Kreislaufunterstützung, auf welche wir weiter unten eingehen.

Andere Schockursachen als der Myokardinfarkt bedürfen zur Ursachenbehandlung beispielsweise:

  • Eine notfallmässige herzchirurgische oder ggf perkutane Behandlung (z. B. bei gewissen Klappenvitien)
  • Eine Immunsuppression (z. B. bei Riesenzellmyokarditis oder der kardialen Sarkoidose)
  • Eine Elektrokonversion (z. B. kreislaufrelevante Kammertachykardie)

Folgende Schocks werden oft fälschlicherweise als kardiogen beurteilt, fallen jedoch in die Kategorie der obstruktiven Schocks und sollten entsprechend primär mittels Desobstruktion behandelt werden:

  • Lungenembolie: Aufhebung der Obstruktion mittels Lyse (systemische Lyse oder- bei hämodynamisch zumindest knapp stabilen Patienten- die EKOS-Lyse (ultraschallverstärkte Katheterthrombolyse))oder chirurgische/interventionelle Thrombektomie. Daneben ist stets eine Antikoagulation nötig
  • Perikardtamponade: Perikardpunktion zur Entlastung des Perikards und Ermöglichung der Entfaltung der Herzhöhlen

Kreislaufstabilisierung

Die rasche Kreislaufunterstützung ist nebst der Behandlung der Ursache des kardiogenen Schocks wichtig, um ein lebensbedrohliches Multiorganversagen zu verhindern. Grundsätzlich bieten sich in der Akutsituation zwei Optionen, die auch kombiniert werden können:
a) die pharmakologische Therapie
b) die temporäre mechanische Kreislaufunterstützung
Die Kombination dieser beiden Optionen, und in fortgeschrittenen Schockstadien sogar die Kombination von mehreren Vasoaktiva/Inotropika mit mehreren mechanischen Unterstützungssystemen ist möglich, wenn auch (naturgemäss aufgrund der Erkrankungsschwere) mit einer höheren Mortalität vergesellschaftet (6).

A. Pharmakologische Therapie des kardiogenen Schocks

Die pharmakologische Behandlung mittels Vasoaktiva wird in > 90 % der Patienten notwendig. Gleichzeitig gibt es keine Evidenz, welche Wirkstoffklasse in der jeweiligen Situation überlegen ist (7).

Die Therapie richtet sich überwiegend nach pathophysiologischen Überlegungen und in Abwägung mit den Nebenwirkungen.

Grundsätzlich liegt der Zweck einer pharmakologischen Therapie in der Verbesserung der Sauerstoffversorgung des Gewebes. Dies geht- in unterschiedlichem Ausmass je nach Typ und Dosis des Wirkstoffs- auf Kosten eines erhöhten myokardialen Sauerstoffverbrauchs einher. Dies kann zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und –bedarf der Kardiomyozyten führen, was die myokardiale Funktion weiter beansprucht und Verletzungen im kontraktilen Apparat verstärken, und die Regeneration aufhalten kann (8).

Vasoaktiva können in folgende vier Kategorien eingeteilt werden:

1. Vasopressoren

Typische Vertreter: Noradrenalin, Phenylephrin, (Vasopressin, Dopamin → kaum mehr angewendet).
Verbessert die Gewebeperfusion durch Steigerung des systemischen Widerstands und damit dem Perfusionsdruck. Nebeneffekt: Nachlasterhöhung für den linken Ventrikel, was je nach Ausmass bei Linksherzinsuffizienz zu einer relevanten Reduktion des Schlagvolumens führen kann und das Remodeling verstärkt.

Anwendungsbereich (Beispiele):

  • Vor einer Revaskularisation beim akuten Myokardinfarkt mit Hypotonie, um die Koronarperfusion aufrechtzuerhalten. Dies zu Ungunsten der peripheren Sauerstoffversorgung, was in Anbetracht von Nutzen und Risiken in Kauf genommen wird. Man merke deswegen: Primär Noradrenalingabe bei Hypotonie während des Transports ins Herzkatheterlabor.
  • Korrektur bei schwerer Hypotonie im Rahmen einer Therapie mit Inodilatatoren

2. Inotropika

Typische Vertreter: Dobutamin, Adrenalin.
Erhöhen das Herzminutenvolumen durch Steigerung der myokardialen Kontraktilität (= Inotropie) und oft auch der Herzfrequenz.
Grössten Einfluss auf den myokardialen Sauerstoffverbrauch hat die Herzfrequenz; einen geringeren Einfluss haben Kontraktilität und Wandspannung. Dobutamin wird Adrenalin wegen des geringeren Herzfrequenzanstiegs aus diesem Grund oft der Vorzug gegeben.
Anwendungsbereich (Beispiele):
Linksherz-Pumpversagen mit dem Ziel, das Herzminutenvolumen zu steigern (und nicht primär die Hypotonie zu korrigieren).

3. Inodilatatoren

Typische Vertreter: Levosimendan, Phosphodiesterasehemmer (= Milrinon) und in tiefer Dosierung Dobutamin (in hoher Dosierung wirkt Dobutamin vasokonstriktiv).
Weisen eine Kombination von Inotropika und Vasodilatatoren auf. Sie steigern die Kontraktilität und vermindern den systemischen Widerstand durch eine Vasodilatation. Achtung: Milrinon sollte nicht generell beim ischämisch bedingten kardiogenen Schock angewendet werden und ist dort mit einer erhöhten Mortalität assoziiert (9).
Anwendungsbereich (Beispiele):

  • Linksherz-Pumpversagen mit dem Ziel, nebst der Inotropie die Nachlast zu senken (kardioprotektiver Effekt)

4. Vasodilatatoren

Typische Vertreter zur intravenösen Gabe: Nitratverbindungen (Nitroprussid, Nitroglyzerin)
Wirken vasodilatierend. Je nach Wirkstoff mit überwiegendem Effekt auf die präkapillären Arteriolen, was vor allem zur Nachlastsenkung führt.
Anwendungsbereich (Beispiele):
Linksherz-Pumpversagen bei arterieller Hypertonie, hypertensives Lungenödem.

Exkurs zum Levosimendan

Levosimendan ist anders als Dobutamin, Noradrenalin oder Adrenalin kein (künstliches oder echtes) Katecholamin, sondern ein Calcium-Sensitizer. Die Inotropie des Herzens wird durch eine Ca2+-Sensibilisierung der kontraktilen Proteine im Zellinneren erreicht, und die Nachlast durch eine K+-Kanal-vermittelte Vasodilatation und Phosphodiesterase-III-Inhibition gesenkt.
Vorteile am Levosimendan sind unter anderem:

  • lange Halbwertszeit (Wirkungsdauer 10-14 Tage nach Beendigung der Infusion)
  • der myokardiale Sauerstoffverbrach wird nicht erhöht
  • die Wirksamkeit ist auch gegeben bei Patienten, die noch unter Betablocker stehen

In der Praxis wird anhand des klinischen Bildes und der verfügbaren Vitalparametern abgeschätzt, was das Therapieziel ist, um dann gezielt eine Therapie einzuleiten.

Der Einsatz eines adäquaten Monitorings ist also zentral, auch wenn hierfür die Evidenz fehlt und der Umfang häufig von den Gewohnheiten der jeweiligen Institution abhängt. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die verfügbaren und oft angewendeten Methoden sowie einen typischen Zielbereich. Die angestrebten Zielwerte sind im Alltag aber je nach hämodynamischer Situation individuell festzulegen und variieren beträchtlich, wie folgende zwei Beispiele veranschaulichen:

Beispiel 1:
Kardiogener Schock bei akut dekompensierter Mitralinsuffizienz (bspw. flail leaflet bei Sehnenfadenabriss)

Beispiel 2:
Kardiogener Schock bei schwerer dekompensierter Aortenstenose vom Typ high gradient
Während den beiden Beispielen die rasche (chirurgische oder perkutane) Sanierung des Klappenvitiums gemeinsam ist, so sind die hämodynamischen Ziele bis zu dem Zeitpunkt abweichend:

Bei der Mitralinsuffizienz (Beispiel 1) steht die maximale Nachlastsenkung im Vordergrund. Und zwar mit einem Zielwert, der möglichst tief angesetzt wird und durch eine periphere Vasodilatation erreicht wird (das Ziel kann durchaus einem arteriellen Mitteldruck von 55mmHg oder tiefer entsprechen). Dies, um den Vorwärtsfluss zu steigern.

Bei der schweren high gradient Aortenstenose (Beispiel 2) ist die Nachlast weitestgehend fixiert und entspricht im Wesentlichen dem Widerstand durch die Aortenstenose. Eine Senkung des peripheren Widerstands reduziert die Nachlast daher nicht, sondern führt bei systemischer Hypotonie in Verbindung mit einem hohen linksventrikulären Füllungsdruck u.a. zu einer Abnahme des koronaren Perfusionsdrucks bis auf kritische Werte, was zu einer myokardialen Globalischämie führen kann (mit deletären Folgen). Auch eine Hypotonie durch Vorlastsenkung kann durch Abnahme des Schlagvolumens zur kaum reversiblen Kreislaufinsuffizienz führen (Tab. 3).

B. Temporäre mechanische Kreislaufunterstützung

Bei der Behandlung des kardiogenen Schocks geht es einerseits um die Aufrechterhaltung der Endorganfunktionen durch Verbesserung der Gewebeperfusion, und andererseits sollten die Therapien die bereits strapazierte kardiale Funktion nicht weiter belasten.
Genau dies widerspricht sich bei der pharmakologischen Therapie im kardiogenen Schock in aller Regel, wie im vorherigen Abschnitt zur vasoaktiven Therapie dargestellt. Wenn immer möglich soll zur kardialen Protektion die Dauer der Vasoaktivatherapie also nicht länger als absolut nötig verabreicht werden (Ausnahme: whs. Levosimendan). Eine Ergänzung oder Alternative zur pharmakologischen Therapie stellt die mechanische Kreislaufunterstützung dar, welche die Funktion des Herzens – und je nach Wahl des Gerätes – auch der Lunge übernehmen kann.

Ob eine solche Kreislaufunterstützung auch eine kardioprotektive Wirkung hat, hängt von der Wahl des Gerätes ab: Das Linksherzunterstützungssystem «Impella®» (schematisch dargestellt in Bild 1) befördert als Mikroaxialpumpe das Blut vom linken Ventrikel in die Aorta ascendens und entlastet somit den linken Ventrikel. So kann der Vasoaktivabedarf gering gehalten werden oder gar unnötig bleiben. Es wird sogar angestrebt, bereits eine konventionelle Herzinsuffizienztherapie unter laufender Kreislaufunterstützung zu beginnen (mittels SGLT-2-Inhibitor, ACE-Inhibitor/AR(N)I, Mineralokortikoidantagonist und verzögert Betablocker).

Bei einem mutmasslich grossen Myokardschaden (wie beispielsweise beim ausgedehnten Vorderwandinfarkt) empfiehlt sich die Gabe von Levosimendan als unterstützende Massnahme. Die lange Wirkungsdauer von bis zu 2 Wochen kann genutzt werden, um auch beim hämodynamisch instabilen Patienten langsam eine Herzinsuffizienztherapie einzuleiten, um die Entwöhnung zu erleichtern (Abb. 1).

Eine andere hämodynamische Wirkung erzielt die Anwendung der veno-arteriellen ECMO oder ECLS («extrakorporale Membranoxygenierung» oder «extrakorporaler Life Support»), schematisch dargestellt in Bild 2. Das Blut wird über einen venösen Schenkel mittels Zentrifugalpumpe durch einen Membranoxygenator geleitet, wo es zum Gasaustausch kommt. Das sauerstoffreiche Blut wird dann über den arteriellen Schenkel dem Körper zugeführt.

Bei der gängigsten (peripheren) Anlage des VA-ECMO kommen die Schleusen femoral-venös und femoral-arteriell zu liegen. Die drainierende venöse Schleuse ist lang und reicht bis in den rechten Vorhof. Anders die zurückführende arterielle Schleuse: Diese ist kurz und gibt das Blut bereits auf Höhe der Aorta abdominalis ab. Das Blut fliesst entsprechend körperaufwärts und somit in umgekehrter Richtung als dies physiologischerweise der Fall ist.

Das Myokard wird damit, anders als bei der Impella®, nicht entlastet, sondern durch diese Nachlasterhöhung belastet. Bei eingeschränkter Myokardfunktion und hohem Fluss über das VA-ECMO ist der linke Ventrikel oft nicht mehr fähig den Aortendruck zu generieren, womit die Aortenklappe geschlossen bleibt. Dies führt zu einer Blutstase im gesamten Lungengefässbett, im linken Vorhof, linken Ventrikel und in der Aortenwurzel. Bleibt dieser Zustand über Stunden bestehen, sind die Folgen verheerend: Es kommt zu einer kompletten Thrombosierung und die Wiederaufnahme eines physiologischen Flusses wird verunmöglicht (Abb. 2).

Durch eine Entlastung des linken Ventrikels- typischerweise mittels zusätzlicher Einlage einer Impella®– lässt sich die Stase durch den kontinuierlichen Abfluss des linken Ventrikels und Wiederherstellung eines zumindest minimalen physiologischen Flusses über die Pulmonalgefässe vermeiden (schematisch dargestellt in Abb. 3).

Das Ziel ist auch bei dieser Gerätekombination die sequentielle Entwöhnung. Aus naheliegenden Gründen wird in der Situation des kardiogenen Schocks mit Linksherzinsuffizienz in aller Regel versucht einen physiologischen Zustand zu erreichen, in dem zuerst die v-a- ECMO und in einem zweiten Schritt die Impella entfernt wird.

Wird angenommen, dass eine Linksherzunterstützung (Impella®) über eine längere Zeit nötig sein wird (entweder zur Erholung des Myokards oder zur neurologischen Beurteilung bei komatösen Patienten), so steht mit der «Impella 5.5®» eine axillär implantierbare Pumpe mit grösserer Förderleistung zur Verfügung (maximal 5.5 L/min im Vergleich zur Impella CP® mit maximal 3.8 L/min). Die Einlage erfolgt über einen axillären Zugang und ermöglicht anders als bei femoral eingelegten Systemen die Mobilisation der Patienten.
Zusätzliche Therapien können weiters eine Entwöhnung ermöglichen, oder bei schwer herzinsuffizienten Patienten auch ohne temporäre Kreislaufunterstützung zur Optimierung angewendet werden (Tab. 4).

Weitere Therapien, die im kardiogenen Schock häufig angewendet werden, sind die Beatmung (nicht-invasive und mechanische Beatmung), wobei die positive Druckbeatmung zu einer Nachlastsenkung für den linken Ventrikel, und einer Nachlasterhöhung für den rechten Ventrikel führt. Zudem kommen additive Therapien bei Endorganschäden zur Anwendung, wie die Hämodiafiltration beim akuten Nierenversagen.

Lässt sich eine schwere Herzinsuffizienz oder ein kardiogener Schock auch unter den oben beschriebenen Therapien nicht mindestens so weit beheben, dass es zu einer genügenden Endorganperfusion und akzeptablen Lebensqualität kommt, so soll frühzeitig eruiert werden, ob Patienten für eine fortgeschrittene Herzinsuffizienztherapie in Frage kommen. Hierbei kommt als klassische Therapie der «fortgeschrittenen Herzinsuffizienz» ein linksventrikuläres Unterstützungsdevice (LVAD) und/oder die Herztransplantation in Frage.
Es versteht sich von selbst, dass nicht alle Patienten im kardiogenen Schock von diesen fortgeschrittenenen Therapieoptionen profitieren. Sei es wegen der Gesamtsituation mit refraktärem Multiorganversagen, relevanten Nebenerkrankungen oder fortgeschrittenem Alter.
Es empfiehlt sich, in solchen Fällen frühzeitig den Patienten und Angehörigen eine psychologische Unterstützung anzubieten und Palliativgespräche einzuleiten.

Studienlage zur temporären Kreislaufunter­stützung

Die Behandlung von Patienten mit Bedarf einer mechanischen Kreislaufunterstützung sind mit einem enormen personellen, monetären und infrastrukturellen Aufwand verbunden und berechtigterweise stellt sich die Frage nach der Evidenz, die dieses Vorgehen rechtfertigt.

Es lohnt sich ein kritischer Blick auf die aktuelle Studienlage, wobei wir uns hier auf die relevantesten beschränken:
Eine erste grosse randomisierte Studie untersuchte den Nutzen der intraaortalen Ballonpumpe (IABP)- der historisch gesehen ersten perkutanen Kreislaufunterstützung:

In der «IABP-Shock II»-Studie wurden 600 Patienten (45% reanimierte Patienten) mit Myokardinfarkt und kardiogenem Schock (AMICS: «acute myocardial infarction complicated by cardiogenic shock») eingeschlossen und 1:1 randomisiert zur Standardtherapie versus IABP plus Standardtherapie: Die Einlage der IABP zusätzlich zur frühen Revaskularisation und optimalen medikamentösen Therapie führte zu keiner Reduktion der Gesamtmortalität (welche sowohl den neurologisch bedingten, als auch den kardialen Tod einschliesst) (10). Diese und weitere kleinere negative Studien führte zu einer Klasse III Empfehlung (= nicht routinemässig empfohlen) der IABP.

Im August 2023 wurden die Ergebnisse der ECLS-SHOCK II Studie veröffentlicht, wo 420 Patienten mit AMICS 1:1 randomisiert wurden zu VA-ECMO-Einlage zusätzlich zur Standardtherapie, oder alleinige Standardtherapie. Die übliche Behandlung- insbesondere die Revaskularisation- wurde bei allen Patienten rasch durchgeführt. Auch diese Studie fiel negativ aus: Es ergab sich kein Vorteil in Bezug auf die Gesamtmortalität nach 30 Tagen (11). Auffallend war auch in dieser Studie der hohe Anteil an Patienten, die reanimiert wurden (knapp 80%, mit einer mittleren Reanimationsdauer von 20 Minuten).

In der rezentesten Studie im Bereich der temporären Kreislaufunterstützung bei AMICS, der im April dieses Jahres publizierten «DanGer Shock» -Studie, wurde im experimentellen Arm eine Impella® implantiert (355 Patienten, 1:1 Randomisierung). Anders als bei den beiden vorgenannten Studien wurden hier sämtliche Patienten, welche nach einer Reanimation keinen Glasgow coma scale von 9 oder höher erreichten, ausgeschlossen. Durch dieses Ausschlusskriterium gelang es, den Störfaktor des neurologisch bedingten Todes weitestgehend zu eliminieren.

Und die routinemässige Anwendung einer Impella® zusätzlich zur Standardbehandlung erwies sich in diesem Patientenkollektiv als nützlich: Das Überleben konnte im Interventionsarm um über 10% erhöht werden (Gesamtmortalität nach 6 Monaten in der «Impella®-Gruppe» 45.8%, versus 58.5% in der Standardgruppe; HR 0.74, P = 0.04). Ein solch klares Zeichen für einen therapeutischen Nutzen einer Therapie bei Patienten mit AMICS gab es seit der «SHOCK»-Studie zur Revaskularisation bei AMICS um die Jahrtausendwende nicht mehr und stimmt zuversichtlich.

Die Anwendung temporärer Kreislaufunterstützungen hat aber – so hoffnungsvoll ihr hämodynamischer Nutzen im korrekt ausgewählten Patientenkollektiv auch sei – auch negative Auswirkungen: so kommt es häufig zu Komplikationen wie Blutungen im Bereich der Punktionsstelle, Beinischämie oder Hämolyse. Die Prävention, rasche Erkennung und Behebung solcher Ereignisse ist von grosser Wichtigkeit und bestimmt mitunter den weiteren Verlauf.

In den Richtlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) wurde die temporäre Kreislaufunterstützung (die klar nicht mehr routinemässig empfohlene IABP ausgenommen) in den 2021 erschienenen Herzinsuffizienzrichtlinien mit einer Klasse IIa Empfehlung versetzt («sollte in Betracht gezogen werden») (12). In den 2023 erschienenen Guidelines für akutes Koronarsyndrom wurde eine IIb-Empfehlung ausgesprochen («kann in Betracht gezogen werden») (13).

Diese Empfehlungen stammen aus einer Zeit vor Veröffentlichung der DanGer-Studie. Damals konnte noch keine Studie einen klaren Nutzen hinsichtlich Mortalitätsreduktion zeigen.

Dies unterstreicht die Tatsache, dass es in der Behandlung des kardiogenen Schocks legitim ist, die Therapie nach pathophysiologischen Überlegungen zu steuern. Die Durchführung von aussagekräftigen Studien in diesem heterogenen, schwer kranken Patientenkollektiv ist derart erschwert, dass dies wohl auch in den kommenden Jahren so bleiben wird.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Monika Fürholz

Inselspital, Universitätsspital Bern
Universitätsklinik für Kardiologie
Herz Gefäss Zentrum
Freiburgstrasse 20
3010 Bern

Dr. med. Lukás Capek

Inselspital, Universitätsspital Bern
Universitätsklinik für Kardiologie
Herz Gefäss Zentrum
Freiburgstrasse 20
3010 Bern

Prof. Dr. med. Lukas Hunziker

Inselspital, Universitätsspital Bern
Universitätsklinik für Kardiologie
Herz Gefäss Zentrum
Freiburgstrasse 20
3010 Bern

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Die Behandlung des kardiogenen Schocks bleibt auch heutzutage eine Herausforderung. Evidenzbasierte Handlungsanweisungen gibt es weder für die pharmakologische Therapie noch bis vor kurzem für die mechanische Kreislaufunterstützung, was aber nicht mit Sinnlosigkeit der Behandlung gleichzusetzen ist. Vielmehr spielt Erfahrung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und vor allem der Einbezug pathophysiologischer Überlegungen eine grosse Rolle zur erfolgreichen Behandlung dieser Patienten.

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