Update 2023 ESC Guidelines Endocarditis

Die infektiöse Endokarditis ist eine seltene Erkrankung, die jedoch aufgrund ihrer hohen Morbidität und Mortalität für die globale Gesundheit von grosser Bedeutung ist. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie hat im Jahr 2023 die Leitlinien zur infektiösen Endokarditis aktualisiert. Was die Prävention betrifft, so wurde die Risikogruppe für die Entwicklung einer Endokarditis auch aufgrund des zunehmenden Einsatzes von Transkatheterverfahren zur Klappenreparatur aktualisiert und die Indikation für eine Antibiotikaprophylaxe verstärkt. Die zentrale Rolle des Endokarditis-Teams bei der Behandlung des Patienten in allen Phasen von der Erstvorstellung bis zur Entlassung wird stigmatisiert. Die Diagnose der Endokarditis wird zunehmend mit multimodaler Bildgebung gestellt. Die Indikationen und der Zeitpunkt für herzchirurgische Eingriffe wurden überarbeitet, wobei auch das Vorhandensein möglicher neurologischer Komplikationen berücksichtigt wurde. Bei stabilen Patienten nach der kritischen Anfangsphase wird nun ein ambulantes Management eingeführt. Dieses Papier fasst die wichtigsten Änderungen und Neuerungen des Dokuments zusammen, die für Spezialisten verschiedener medizinischer Disziplinen bei der Behandlung von Patienten mit Endokarditis von Nutzen sein können.

Infective endocarditis is a rare disease, but due to its high morbidity and mortality it is of great importance for global health. In 2023, the European Society of Cardiology updated the guidelines on infective endocarditis. In terms of prevention, the population at risk for endocarditis has been updated also in consideration to the increasing use of transcatheter procedures for valve repair and the indication for antibiotic prophylaxis has been strengthened. The central role of the endocarditis team in the management of the patient at all stages from the initial presentation to discharge is stigmatized. The use of multimodality imaging for the diagnosis of endocarditis is introduced with specific diagnosis pathways. The indications and timing for cardiac surgery have been revised, also taking into account the presence of possible neurological complications. Outpatient management is now introduced for stable patients after the critical initial phase. This paper summarizes the main changes and innovations of the document that may be useful for specialists from different medical disciplines in the management of patients with endocarditis.
Keywords: Endocarditis; antibiotic prophylaxis; cardiac surgery; cardiac imaging.

Einleitung

Endokarditis ist eine schwere Erkrankung, die mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden ist und weltweit eine grosse Herausforderung für die Gesundheitsversorgung darstellt. Trotz zahlreicher Fortschritte in der Medizin steht die Endokarditis immer noch vor grossen Herausforderungen in Bezug auf die Prävention, die rechtzeitige Diagnose, die angemessene Behandlung und den Outcome für die Patienten. Neueren Daten aus Europa und Amerika entsprechend nimmt die Gesamtinzidenz der Endokarditis zu, und die «Global Burden of Disease» meldet 13.8 Fälle pro 100 000 Personen pro Jahr im Jahr 2019 (1).

Ein im Jahr 2019 veröffentlichtes prospektives internationales europäisches Register über Endokarditis berichtet über eine Spital-Mortalität von 17 % und eine hohe Prävalenz von Komplikationen, einschliesslich embolischer Ereignisse in 20 %, akutem Nierenversagen in fast 18 % und Herzinsuffizienz in 14 % der Betroffenen; ein grosser Teil der Patienten musste zudem einer Herzoperation unterzogen werden (51 %). In Europa sind die häufigsten Erreger Staphylokokken (44 %), Enterokokken (16 %), orale Streptokokken (12 %) und Streptococcus gallolyticus (7 %); andererseits sind bei etwa 21 % der Patienten die Blutkulturen negativ (2).

Im Jahr 2023 hat die Europäische Gesellschaft für Kardiologie neue Leitlinien für die Behandlung von Endokarditis herausgegeben, acht Jahre nach dem vorhergehenden Dokument, im Lichte mehrerer neuer Daten in Bezug auf die Risikopopulation für Endokarditis, diagnostische Kriterien und Bildgebungsmodalitäten, medikamentöse Therapie und chirurgische Behandlung (3). Das aktuelle Dokument fasst die wichtigsten Neuerungen zusammen und konzentriert sich auf praktische Informationen für die spezialisten verschiedener medizinischer Disziplinen.

Prävention

Das Rationale der Antibiotikaprophylaxe ist, dass durch die Reduzierung der Bakteriämie, die mit verschiedenen (vor allem oralen) Eingriffen verbunden ist, das Risiko einer bakteriellen Kolonisierung von Herzstrukturen minimiert wird. Tatsächlich befindet sich in der Mundhöhle eine reichhaltige kommensale Flora, und obwohl selbst alltägliche Tätigkeiten wie Zähneputzen, Kauen und die Verwendung von Zahnseide für eine Bakteriämie verantwortlich sein können, gibt es Hinweise darauf, dass eine Reihe von zahnärztlichen Eingriffen mit einem erhöhten Endokarditis-Risiko verbunden sein können. Dazu gehören: Zahnextraktionen, oralchirurgische Eingriffe (einschliesslich Parodontal-Chirurgie, Implantat-Chirurgie und orale Biopsien) und zahnärztliche Eingriffe, bei denen das Zahnfleisch oder der periapikale Bereich der Zähne manipuliert wird (einschliesslich Zahnsteinentfernung und Wurzelbehandlung) (4, 5).

Tatsächlich können Zahnärztliche Eingriffe etwa 30–40 % aller Fälle von Streptokokken-Endokarditis erklären. (4, 5) Thornhill et al. haben 2022 in einer sehr grossen Cross-over-Studie, die fast 8 Millionen Patienten in den USA umfasste, berichtet, dass der Einsatz einer Antibiotikaprophylaxe bei Hochrisikopatienten mit einer signifikanten Reduzierung der Inzidenz von infektiöser Endokarditis verbunden war (4). Die Verwendung einer Antibiotikaprophylaxe in der klinischen Praxis wurde daher unterstützt.

In den ESC-Leitlinien 2023 wird das Risiko der Bevölkerung für Endokarditis in Hoch-, Mittel- und Niedrigrisikogruppen eingeteilt. Die Antibiotikaprophylaxe vor zahnärztlichen ­Eingriffen wird nur bei Patienten mit hohem Risiko (Klasse I) empfohlen, während bei Patienten mit mittlerem Risiko (und idealerweise auch bei solchen mit niedrigem Risiko) Präventionsmassnahmen zwingend empfohlen werden (Abb. 1, 2 und 3).

Zur Hochrisikogruppe gehören die folgenden vier Kategorien von Patienten:
• Patienten mit vorheriger Endokarditis;
• Patienten, die mit chirurgisch oder per Transkatheter implantierten Herzklappenprothesen oder mit jeglichem Material für die Herzklappenreparatur behandelt wurden;
• Patienten mit unbehandeltem zyanotischem angeborenem Herzfehler und Patienten, die mit chirurgischen oder Transkatheterverfahren, mit postoperativen palliativen Shunts, Conduits oder anderen Prothesen behandelt wurden. Nach der Reparatur, bei Abwesenheit von Restdefekten oder Herzklappenprothesen wird eine Antibiotikaprophylaxe nur für die ersten 6 Monate nach dem Eingriff empfohlen.
• Patienten mit «Ventricular Assist Devices», die als Zieltherapie implantiert wurden.
Auch wenn die Evidenz begrenzt ist und hauptsächlich auf Fallberichten beruht, schlägt die Arbeitsgruppe vor, dass eine Antibiotikaprophylaxe auch bei Patienten mit Transkatheter-Edge-to-Edge-Reparatur der Mitral- oder Trikuspidalklappe in Betracht gezogen werden kann (Klasse IIa).

Zu den Patienten mit mittlerem Risiko gehören: rheumatische Herzkrankheiten, nicht-rheumatische degenerative Klappenerkrankungen, angeborene Klappenanomalien ohne hohes Risiko, implantierte kardiovaskuläre elektronische Geräte und hypertrophe Kardiomyopathie. Bei diesen Patienten wird eine Antibiotikaprophylaxe nicht routinemässig empfohlen.

Abgesehen von zahnärztlichen Eingriffen haben einige Observationsstudien gezeigt, dass auch andere Eingriffe ein erhöhtes Risiko für Endokarditis tragen können, beispielsweise kardiovaskuläre Eingriffe, Hauteingriffe und Wundbehandlung, Transfusionen, Dialyse, Knochenmarkspunktionen und endoskopische Eingriffe. (5, 6) Aus diesem Grund wurde in den Leitlinien 2023 die Klasse der Antibiotikaprophylaxe von III auf IIb (kann in Betracht gezogen werden) heraufgestuft.

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Antibiotikaprophylaxe vor kardiologischen Eingriffen. Diese wird in der Regel vor der Implantation einer Transkatheter-Klappenprothese, der Implantation eines elektronischen Geräts und von Verschlüssen oder Transplantaten empfohlen (Klasse I). Das empfohlene Antibiotikum ist Cefazolin 1g i.v. für die Implantation von elektronischen Geräten und Amoxicillin / Clavulanic 2 g oder Ampicillin 3 g für die Implantation von Transkatheterprothesen.

Endokarditis-Team

Die Endokarditis ist eine sehr komplexe und multisystemische Erkrankung, die einen multidisziplinären Ansatz für die Diagnose, die Erkennung von Komplikationen, die Antibiotikabehandlung, die chirurgische Behandlung und die Nachsorge der Patienten erfordert. Ein solcher multidisziplinärer Ansatz verbessert nachweislich den Outcome der Patienten mit einer geringeren Spital- und erste-Jahres-Mortalität. Daher wird ein Endokarditis-Team, das sich aus mehreren Fachleuten des Gesundheitswesens zusammensetzt, bereits in der Frühphase und während der Nachsorge dringend empfohlen. (7) Es ist sehr wichtig, dass das Team erkennt, ob der Patient z. B. in einem kleinen peripheren Spital behandelt werden kann oder ob er in ein hochspezialisiertes Zentrum mit herzchirurgischen Möglichkeiten (Herzklappenzentrum) verlegt werden muss. Diese Situationen sind unter anderem: hämodynamische Instabilität, Vorliegen einer schweren Klappenfunktionsstörung, Infektion einer Klappenprothese oder eines implantierten elektronischen Geräts, Vorliegen von perivalvulären Komplikationen, Schlaganfall, Auftreten von embolischen Ereignissen, Persistenz positiver Blutkulturen trotz Therapie > 7 Tage oder Vorliegen schwer abzutötender Keime. Zu den Kernmitgliedern des Endokarditis-Teams sollten Kardiologen, Experten für kardiale Bildgebung, Herzchirurgen, Spezialisten für Infektionskrankheiten und Mikrobiologen gehören; auch Mitglieder des Referenzzentrums (Herzklappenzentrum) können dem Team angehören. Weitere Fachleute aus dem Gesundheitswesen, die in die Diskussion einbezogen werden können, sind Neurologen, Pharmakologen, Spezialisten für Nierenerkrankungen und Krankenschwestern.

Diagnose

Der erste Verdacht auf eine Endokarditis ergibt sich in der Regel aus klinischen und Labordaten, wobei die kardiale (und extrakardiale) Bildgebung wichtige diagnostische Anhaltspunkte bietet. Die klassischen Duke-Kriterien für die Diagnose wurden in den ESC-Leitlinien 2023 leicht modifiziert und sind in Abb. 4 zusammengefasst.

Anhand der Diagnosekriterien wird eine definitive Endokarditis durch das Vorhandensein von 2 Major- oder 1 Major- und mindestens 3 Minor-Kriterien definiert; eine mögliche Endokarditis wird durch 1 Major- und 1 oder 2 Minor-Kriterien oder 3–4 Minor-Kriterien definiert.
Die wichtigsten Hinweise und Neuerungen für die Diagnose, die in die Leitlinien 2023 aufgenommen wurden, sind die folgenden:
• Enterococcus faecalis wurde zuletzt als häufiger Erreger von Endokarditis beschrieben und wurde als typischer Endokarditis-Erreger in die Major-Kriterien aufgenommen.

• Bei positiven Blutkulturen wird eine MALDI-TOF MS (matrix-assisted laser desorption ionization time-of-flight mass spectrometry) zur schnellen Identifizierung des kausalen Erregers und zur schnellen Empfindlichkeitsprüfung empfohlen, um die geeignete Antibiotikabehandlung festzulegen.

• Im Falle negativer Blutkulturen sollte eine Serologie auf atypische Mikroorganismen durchgeführt werden (C. burnetii, Bartonella spp., Aspergillus spp., L. pneumophila, Brucella spp., M. pneumoniae). Zudem kann eine molekularbiologische Untersuchung (Polymerase-Kettenreaktion-Sequenzierung) von Blut, Emboliematerial, Vegetation oder explantiertem Herzgewebe zur Identifizierung des Mikroorganismus beitragen. Lässt sich weiterhin kein Mikroorganismus identifizieren, kann eine nicht bakterielle thrombotische Endokarditis in Betracht gezogen werden, und die Patienten sollten für eine Antiphospholipid-Antikörper, antinukleäre Antikörper und Anti-Schweinefleisch-Antikörper untersucht werden. Neuere Daten scheinen darauf hinzudeuten, dass eine Endokarditis mit negativen Blutkulturen mit einer schlechteren Prognose verbunden sein kann als eine Endokarditis mit positiven Blutkulturen (8).

• Was die Echokardiographie anbelangt, so ist die Indikation zur Transoesophageale über die Transthorakale Echokardiographie hinaus inzwischen zu einer Indikation der Klasse I aufgewertet worden. Tatsächlich erlaubt die transoesophageale Echokardiographie bei vielen Patienten eine bessere diagnostische Performance (mit der einzigen möglichen Ausnahme einer isolierten rechtsseitigen Endokarditis) und ermöglicht die frühzeitige Erkennung von Komplikationen, Abb. 5.

• Ein multimodaler Bildgebungsansatz wird dringend empfohlen. Neuere Studien haben gezeigt, dass die kardiale CT-Scan eine sehr gute diagnostische Aussagekraft für die Diagnose von Herzklappenläsionen und perivalvulären Komplikationen bei nativer Klappenendokarditis hat, während die PET-CT eine sehr gute Aussagekraft für die Diagnose von Endokarditis bei Herzklappenprothesen hat (9, 10), Abb. 6 und 7. Die Magnetresonanz Untersuchung ist nicht geeignet, um kardiale Vegetation oder Komplikationen zu erkennen, kann aber nützlich sein, um Fernläsionen zu entdecken.

• Für Patienten mit nativer oder prothetischer Herzklappenendokarditis wurden spezielle diagnostische Verfahren entwickelt. Insbesondere für den Fall, dass die Diagnose einer linksseitigen nativen oder prothetischen Herzklappenendokarditis nicht definitiv, aber möglich ist, empfiehlt die Leitlinie eine regelmässige Wiederholung der Blutkulturen (falls negativ oder zweifelhaft) und eine Wiederholung der Echokardiographie je 5–7 Tage; falls die Echokardiographie nicht diagnostisch ist, wird bei Patienten mit nativen Herzklappen ein CT-Scan empfohlen; bei prothetischen Herzklappen wird stattdessen ein kardiales CT-Scan oder PET-CT (oder, falls nicht verfügbar, ein White-Blood-Cell-SPECT) empfohlen. Wenn die Diagnose noch immer nicht definit ist, könnte ein weiteres Kriterium hinzugefügt werden, wenn eine extrakardiale Dissemination durch extrakardiale Bildgebungsmodalitäten festgestellt wird.

• Im Falle einer definitiven Endokarditis wird eine kardiale CT-Scan empfohlen, um eine paravalvuläre Komplikation zu erkennen, wenn die Echokardiographie nicht diagnostisch ist. Zusätzlich wird bei symptomatischen Patienten (Klasse I) eine extrakardiale Bildgebung zur Suche nach einer peripheren Dissemination empfohlen und kann bei asymptomatischen Patienten (Klasse IIb) in Betracht gezogen werden.
• Wenn nach den diagnostischen Kriterien eine Endokarditis des implantierten elektronischen Geräts nicht sicher ist, aber für möglich gehalten wird, empfehlen die Leitlinien, die Blutkulturen zu wiederholen (falls negativ oder zweifelhaft) und die Echokardiographie innerhalb von 5–7 Tagen zu wiederholen; falls die Diagnose immer noch unsicher ist, wird ein PET-CT empfohlen, um eine Pocket-Infektion oder eine septische Lungenembolie (Klasse I) oder sogar eine Elektrodeninfektion (Klasse IIb) zu erkennen, oder es kann ein CT-Scan durchgeführt werden, um eine Lungenembolie zu erkennen.

• Die Herz-CT kann auch als Alternative zur invasiven Koronarangiographie für die präoperative Beurteilung der Koronararterien verwendet werden (insbesondere bei Patienten mit Aortenklappenendokarditis).

Antibiotika-Therapie

Die Leitlinien 2023 enthalten sehr detaillierte Tabellen für die spezifische Antibiotikabehandlung entsprechend dem jeweiligen Erreger sowie für die empirische Erstbehandlung. Es wird daher empfohlen, das Dokument zur Entscheidung und Dosierung von Antibiotika heranzuziehen (3). Eine Neuerung der aktuellen Leitlinien besteht darin, dass die MIC-Werte für die Antibiotika gemäss dem EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) eingeführt wurden (11).

Die Dauer der Antibiotikabehandlung variiert von 2 Wochen bei nicht komplizierten nativen Klappeninfektionen bis zu > 6 Wochen bei Herzklappenprothesen. In beiden Fällen, native oder prothetischen Klappen, richtet sich die Dauer der Behandlung nach dem ersten Tag einer wirksamen Antibiotikatherapie (negative Blutkultur im Falle einer anfänglich positiven Blutkultur), nicht nach dem Tag der Operation.
Die wichtigste Neuerung bei der antibiotischen Behandlung der infektiösen Endokarditis ist die Möglichkeit, nach der Anfangsphase auf eine orale Behandlung umzusteigen, wenn bestimmte Stabilitätskriterien erfüllt sind. Diese Empfehlung stammt aus der POET-Studie, einer randomisierten, multizentrischen Studie, die an 400 Patienten mit linksseitiger Endokarditis durchgeführt wurde; nach einer ersten Phase mit intravenöser Behandlung wurden die Patienten randomisiert, um die intravenöse Behandlung fortzusetzen oder auf eine orale Antibiotikabehandlung umzusteigen, wenn Stabilitätskriterien erfüllt waren. Es gab keinen Unterschied zwischen den intravenös (12 %) und oral (9 %; p = .40) behandelten Patienten in Bezug auf die Gesamtmortalität, ungeplante Herzoperationen, embolische Ereignisse oder ein Rezidiv der Bakteriämie (12). Bei der nachfolgenden veröffentlichten Verlängerung der Follow-up-Studie auf mehr als 5 Jahren zeigte sich die «Step-down»Behandlung mit oraler Therapie sogar als besser mit einer geringeren Inzidenz von Ereignissen bei den oral Behandelten (33 %) im Vergleich zur intravenösen Behandlung (45 %) (13).

Dementsprechend hat die Endokarditis-Leitlinie 2023 nun zwei Phasen der Antibiotikabehandlung definiert. Die erste Phase ist die so genannte kritische Phase, in der der Patient hospitalisiert wird, eine intravenöse Antibiotikabehandlung durchgeführt wird und die Komplikationen chirurgisch behandelt werden. Nach der Anfangsphase wird eine transösophageale Echokardiographie durchgeführt, und wenn keine neuen Komplikationen auftreten und der Patient klinisch stabil ist, kann eine «Step-down»-Behandlung mit oralen Antibiotika (mit einem 2-Antibiotika-Schema) oder eine ambulante parenterale Behandlung (OPAT) in Betracht gezogen werden, siehe Abb. 8.

Chirurgische Behandlung

Bei einem grossen Teil der Patienten ist die antibiotische Behandlung nicht ausreichend, um die Infektion und ihre Komplikationen zu behandeln, sodass die Patienten einer herzchirurgischen Behandlung bedürfen, um das infektiöse Gewebe zu entfernen und die Beschädigungen zu beheben. Im Euro-Endo-Register lag die Prävalenz der Herzchirurgie in der Population der Patienten mit infektiöser Endokarditis bei 51 % (2).

Die drei Hauptindikationen für eine Operation sind Herzinsuffizienz, Anzeichen einer unkontrollierten Infektion und die Vermeidung von Embolierisiken. Der Zeitpunkt der Operation kann als Notfall eingestuft werden, wenn der Eingriff innerhalb von 24 Stunden durchgeführt werden muss, als dringend, wenn der Eingriff innerhalb von 3 bis 5 Tagen durchgeführt werden sollte, und als nicht dringend, wenn die Indikation zur Durchführung des Eingriffs innerhalb desselben Spitalaufenthalts besteht. Die Abb. 9 gibt einen Überblick über die Indikation und den Zeitpunkt für einen herzchirurgischen Eingriff. Darüber hinaus wird eine chirurgische Behandlung auch bei einer frühen Endokarditis der Herzklappenprothese (innerhalb von 6 Monaten nach der Implantation) empfohlen als Indikation der Klasse I.

Im Hinblick auf die rechtsseitige Endokarditis wurden die folgenden Bedingungen von Klasse IIa in den vorherigen Leitlinien zu Indikationen der Klasse I für eine Operation in den aktuellen Leitlinien überarbeitet: rechtsventrikuläre Dysfunktion aufgrund einer schweren Trikuspidalregurgitation, die nicht auf Diuretika anspricht; persistierende Vegetationen mit wiederkehrenden septischen Lungenembolien, die eine Beatmungsunterstützung erfordern; persistierende Vegetationen > 20 mm nach wiederkehrenden septischen Lungenembolien.

Neurologische Komplikationen

Neurologische Komplikationen sind die am meisten gefürchteten bei Patienten mit Endokarditis, da sie mit einer schlechten Prognose verbunden sind. Ein dringender chirurgischer Eingriff kann in der Tat bei Patienten mit zerebralen Embolien Sorgen verursachen, mit Blick auf das Risiko einer möglichen hämorrhagischen Konversion, die mit dem intraoperativen Einsatz von Heparin verbunden ist; tatsächlich ist in diesen Fällen die Mortalitätsrate extrem hoch. Dieses Risiko sollte jedoch mit dem Risiko hämodynamischer Komplikationen, die eine Verzögerung des Eingriffs mit sich bringen, und mit der Gesamtprognose der Patienten abgewogen werden. Hier ist die Diskussion im Rahmen des Endokarditis-Teams, dem auch ein Neurologe angehört, sehr wichtig. Eine transitorische ischämische Attacke gilt in der Regel nicht als Grund, eine Herzoperation zu verzögern, wenn sie indiziert ist. Bei einem ischämischen Schlaganfall wird die Operation, wenn sie indiziert ist, empfohlen (Klasse I), es sei denn, es gibt Hinweise auf eine hämorrhagische Transformation oder der Patient weist einen schlechten neurologischen Status auf (Glasgow Coma Scale < = 4 oder National Institutes of Health Stroke Scale Score (NIHSS) > 18).

Im Falle eines hämorrhagischen Schlaganfalls ist das Szenario völlig anders, und die Entscheidung sollte von Fall zu Fall nach sorgfältiger Bewertung und Diskussion im Endokarditis-Team getroffen werden. Wenn dies vernünftig erscheint, sollte die Operation unter strikter Überwachung der hämodynamischen Parameter und der neurologischen Bildgebung um 4 Wochen verschoben werden (Klasse IIa), wenn dies nicht möglich ist, sollte eine Notfall- oder Dringlichkeitsoperation unter Abwägung von Risiko und Nutzen in Betracht gezogen werden und wenn ein vernünftiges Ergebnis möglich ist (Klasse IIa). Günstige hämorrhagische Merkmale sind ein Hämorrhagievolumen von < 30 ml oder ein NIHSS < 12.

Kardiovaskuläre implantierte elektronische Geräte

Die Empfehlungen für Patienten mit Endokarditis und kardiovaskulären implantierten elektrischen Geräten wurden auch gemäss einem aktuellen Dokument der European Heart Rhythm Association (14) aktualisiert. Eine konservative Behandlung der Geräteinfektion ist mit einer erhöhten Mortalität verbunden, daher empfehlen die Leitlinien bei definitiver Diagnose einer Geräteinfektion eine vollständige Systemextraktion in erfahrenen Zentren (Indikation Klasse I) (15). Im Falle einer Herzklappenendokarditis, auch ohne Hinweise auf eine Geräte- oder Elektrodenbeteiligung, kann im Falle einer S. Aureus-Infektion eine vollständige Extraktion in Betracht gezogen werden (Klasse IIa); im Falle einer möglichen Geräteendokarditis wird zunächst eine antimikrobielle Therapie empfohlen, aber wenn die Blutkulturen anhaltend positiv sind, sollte das gesamte System entfernt werden. Die Reimplantation des Geräts sollte nach einer angemessenen Antibiotikatherapie an einer anderen Stelle der vorherigen Implantation mindestens 2 Wochen nach Negativierung der Blutkultur (bei Patienten mit Vegetationen) oder mindestens 72 Stunden nach Negativierung der Blutkultur (bei Patienten ohne Vegetationen) erfolgen. Als Überbrückung bis zur nächsten Geräte-Implantation können schrittmacherabhängige Patienten mit einem transjugulären Schrittmacher behandelt werden, oder bei Patienten mit implantierbaren Defibrillatoren kann ein «wearable defibrillator» in Betracht gezogen werden.

Schlussfolgerungen

Mit mehr als dreissig neuen Empfehlungen und einer grossen Anzahl überarbeiteter und aktualisierter Empfehlungen stellen die Leitlinien 2023 der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur Endokarditis einen grossen Fortschritt gegenüber dem vorherigen Dokument von 2015 dar. Die Arbeitsgruppe räumt ein, dass es noch einige wissenschaftliche Lücken gibt und dass vor allem die Robustheit einiger Empfehlungen aufgrund des Fehlens randomisierter klinischer Studien schwächer ist. Nichtsdestotrotz geben die Leitlinien 2023 den aktuellen Wissensstand im Lichte der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse wieder und sind ein sehr praktisches und nützliches Dokument für alle Angehörigen der Gesundheitsberufe, die an der Behandlung von Patienten mit Endokarditis beteiligt sind.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. PhD, FESC Stefano Caselli

Herzgefässzentrum im Park
Hirslanden Klinik im Park,
Seesstrasse 247
8038 Zürich
Tel. 044 209 20 20

stefano.caselli@hirslanden.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Die transformative Rolle der ­Künstlichen Intelligenz in der ­personalisierten Medizin

Der Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) 2024, der vom 30. August bis 2. September in London stattfand, brachte die weltweit führenden Experten der kardiovaskulären Medizin zusammen, um die Patientenversorgung zu verbessern und das Fachgebiet durch bahnbrechende Forschung, wegweisende Technologien und kooperative Initiativen voranzutreiben (1).

Mit über dreissigtausend Teilnehmern und über fünftausend Fakultätsmitgliedern und Referenten, einschliesslich nationaler kardiologischer Gesellschaften und Industriepartnern, fungiert dieser bedeutende Kongress als Katalysator für die Gestaltung der Zukunft der kardiovaskulären Medizin auf globaler Ebene. Neben der Bereitstellung neuester klinischer Updates, wie z.B. neuer Leitlinien für das Patientenmanagement in verschiedenen klinischen Bereichen, legte der Kongress auch grossen Wert auf die wachsende Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Kardiologie. Zahlreiche Sitzungen und Präsentationen behandelten das Thema KI, von ihrer Anwendung in der Diagnostik und Risikostratifizierung bis hin zu Fortschritten in KI-gestützten Behandlungsstrategien. Der diesjährige ESC-Kongress unterstrich die nahtlose Integration von Technologie in die klinische Praxis und läutete eine neue Ära in der kardiovaskulären Versorgung ein. Tatsächlich wurden mehr als hundert wissenschaftliche Beiträge zur KI in der Kardiologie auf dem Kongress vorgestellt (1). Hier fassen wir eine Auswahl interessanter Studien aus unserer Sicht zusammen, um wertvolle Einblicke in die sich entwickelnde Rolle der KI in der kardiovaskulären Versorgung zu geben.

Ein Forschungsteam des University College London und des Karolinska Instituts nutzte Künstliche Intelligenz zur Analyse von kardialen Magnetresonanzbildern (MRT) von 45 789 Teilnehmern der UK Biobank, um genetische Faktoren zu untersuchen, die mit der Steifigkeit der Aorta in Zusammenhang ­stehen. Die Steifigkeit der Aorta ist als Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse bekannt, und diese Studie verwendete ein neues Mass für die Steifigkeit. Die Forscher identifizierten 17 genetische Varianten, die mit der Aortensteifigkeit verbunden sind, darunter vier neue Varianten in der Nähe von Genen, die mit koronarer Herzkrankheit und Myokardinfarkt assoziiert sind. Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass bestimmte genetische Faktoren, die zur Aortensteifigkeit beitragen, möglicherweise auch mit kardiovaskulären Erkrankungen in Verbindung stehen und neue Einblicke in die potenziellen genetischen Mechanismen zu diesen Erkrankungen liefern (2).

Eine Forschergruppe aus der Schweiz und den USA, angeführt von Wissenschaftlern des Universitätsspitals Bern und der Harvard Medical School, entwickelte ein Deep-Learning-Modell zur Vorhersage des «Herzalters» anhand von Daten der UK Biobank. Die Studie zielte darauf ab, Personen mit höherem kardiovaskulärem Risiko zu identifizieren, auch wenn sie gesund erscheinen, indem das Herzalter sowohl anhand von MRT-Aufnahmen des Herzens als auch von EKG-Daten geschätzt wurde. Das Modell analysierte Daten von 45 000 Teilnehmern und erreichte eine hohe Genauigkeit, wobei das Herzalter mit einem mittleren Fehler von nur 2.5 Jahren vorhergesagt wurde. Die Studie ergab, dass die Form und Struktur des Herzens (basierend auf MRT) bessere Prädiktoren für das Herzalter waren als die elektrische Aktivität (basierend auf EKG). Die Forscher entdeckten auch genetische und nicht-genetische Faktoren, die mit beschleunigteb Herzaltern verbunden sind, wobei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Gesundheit bedeutende Faktoren waren. Dieser Ansatz könnte dazu beitragen, Präventionsstrategien für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu personalisieren, indem das Altern des Herzens besser verstanden wird (3).

Eine Forschungsgruppe der Yale University entwickelte einen neuartigen Ansatz mit digitalen Zwillingen, um die Ergebnisse von randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) auf unterschiedliche Patientengruppen zu übertragen. Anhand von Daten aus zwei grossen Studien, SPRINT und ACCORD, die unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Wirkung einer intensiven Blutdruckkontrolle zeigten, erstellten die Forscher einen digitalen «Zwilling» jeder Studie, der auf den Merkmalen der anderen Studienpopulation basiert. Auf diese Weise simulierten sie, wie die Ergebnisse einer Studie auf die andere Gruppe angewendet würden. Ihr Modell replizierte erfolgreich die nicht signifikanten Ergebnisse von ACCORD, wenn sie auf die SPRINT-Population angewendet wurden, und umgekehrt. Dieser innovative Ansatz könnte die Anwendung von RCT-Ergebnissen auf reale Patientengruppen verbessern (4).

Ein Forscherteam von ELEM Biotech in Spanien, dem University College London und der Washington University entwickelte eine Pipeline zur Erstellung personalisierter digitaler Herzmodelle, sogenannter «kardialer Zwillinge», mithilfe fortschrittlicher kardiovaskulärer MRT und elektrographischer Bildgebung (ECGI). Die Studie, die Teil des MyoFit46-Projekts war, umfasste 406 Teilnehmer der National Survey of Health and Development, die alle in derselben Woche im Jahr 1946 geboren wurden. Die digitalen Zwillinge sind detaillierte virtuelle Versionen des Herzens jedes Teilnehmers, die anatomische, funktionelle und elektrische Eigenschaften auf der Grundlage realer klinischer Daten beinhalten. Durch die Integration von CMR-Daten mit ECGI-Karten konnten die Forscher die Fehler bei der Vorhersage der Herzaktivierung und -repolarisation reduzieren. Diese digitalen Zwillinge bieten ein neues Werkzeug zur Bewertung des arrhythmischen Risikos und könnten in zukünftigen In-silico-Studien eingesetzt werden, um den Weg für eine personalisierte kardiovaskuläre Versorgung zu ebnen (5).

Unsere Gruppe «Künstliche Intelligenz in der kardiovaskulären Bildgebung» war auf dem ESC-Kongress 2024 stark vertreten, mit acht KI-orientierten Präsentationen. Eine bemerkenswerte Studie des Universitätsspitals Bern in der Schweiz entwickelte ein KI-Modell zur Vorhersage der langfristigen kardiovaskulären Mortalität bei Patienten nach der Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI). Mithilfe von Daten von fast 4000 Patienten über einen Zeitraum von 16 Jahren analysierte das Team multimodale Eingaben, einschliesslich klinischer Anamnese, Labortests, Bildgebung (CT-Scans, EKG, Echokardiogramme) und Verfahrensdetails. Fortgeschrittene KI-Algorithmen wurden verwendet, um den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit eines kardiovaskulären Todes bis zu 10 Jahre nach der TAVI vorherzusagen. Das KI-Modell übertraf traditionelle Methoden und zeigte eine überlegene Genauigkeit bei der Vorhersage von Ergebnissen. Dieser innovative Ansatz könnte es Klinikern ermöglichen, Hochrisikopatienten besser zu identifizieren und eine personalisierte Nachsorge nach TAVI zu steuern. Diese Studie wurde mit dem Young Investigator Award an Dr. Isaac Shiri in der Sitzung zur valvulären Herzkrankheit ausgezeichnet.

Zusammenfassend hat der ESC-Kongress 2024 die tiefgreifenden Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf verschiedene Aspekte der kardiovaskulären Versorgung hervorgehoben, von der Vorhersage des Herzalters und der Aortensteifigkeit bis hin zur Personalisierung von Behandlungsplänen für komplexe Verfahren wie TAVI und den digitalen Zwillingen des Herzens. Diese Fortschritte zeigen das enorme Potenzial der KI, die diagnostische Genauigkeit zu verbessern, die Risikobewertung zu optimieren und personalisierte Behandlungsstrategien zu entwickeln.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. Isaac Shiri

Inselspital, Universitätsspital Bern
Universitätsklinik für Kardiologie
Herz Gefäss Zentrum
Freiburgstrasse 20
3010 Bern

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. https://www.escardio.org/Congresses-Events/ESC-Congress
2. Paliwal N, Henry A, Finan C, Davies R, Hughes A, Williams B, Malarstig A, Lumbers RT, Hingorani AD. Genome-wide association study of CMR image-based aortic stiffness in 45,789 individuals identifies loci linked with cardiovascular diseases. Presented at: ESC Congress 2024; August 30 – September 2, 2024; London, UK.
3. Siontis G, Le Goallec A, Prost JB, Collin S, Diai S, Vincent T, Patel C. Multi-modality deep learning prediction of heart age: insights from UK-Biobank. Presented at: ESC Congress 2024; August 30 – September 2, 2024; London, UK.
4. Thangaraj P, Vasisht Shankar S, Oikonomou E, Khera R. A novel digital twin strategy to enable the translation of evidence from randomized control trials to new populations. Presented at: ESC Congress 2024; August 30 – September 2, 2024; London, UK.
5. Gonzalez-Martin P, Webber M, Chan F, De S, Topriceanu CC, Falconer D, Zingaro A, Pozo JM, Butakoff C, Rudy Y, Hughes AD, Orini M, Vazquez M, Aguado-Sierra J, Captur G. A pipeline for developing digital cardiac twins integrating cardiovascular magnetic resonance and electrocardiographic imaging: results from the MyoFit46 study. Presented at: ESC Congress 2024; August 30 – September 2, 2024; London, UK.
6. Shiri I, Tomii D, Nakase M, Balzer S, Windecker S, Pilgrim T, Grani C. Multi-modal artificial intelligence-based prediction for cardiovascular mortality after transcatheter aortic valve implantation: a time-to-event survival prediction. Presented at: ESC Congress 2024; August 30 – September 2, 2024; London, UK.

Das kardiovaskuläre-renale-metabolische Syndrom (CKM)

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache. Unter den kardiovaskulären (cv) Risikofaktoren nimmt Diabetes mellitus Typ II (T2DM) aufgrund der steigenden Prävalenz eine besondere Stellung ein. Koronare Herzkrankheit (KHK), Herzinsuffizienz (HI) und chronische Niereninsuffizienz (CKD) sind deutlich erhöht. Der Begriff CKM bezeichnet ein komplexes Gesundheitsproblem, das auf den Wechselwirkungen zwischen Herzerkrankungen, Nierenerkrankungen, Diabetes und Adipositas beruht. Das Syndrom erhöht das Risiko für die Entwicklung und das Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und betrifft sowohl Risikopersonen als auch Personen mit bestehenden cv-Erkrankungen. Das Stadium zum Zeitpunkt der Diagnose kann Aufschluss über den Schweregrad der Erkrankung geben.

Cardiovascular disease (CVD) is the leading cause of death worldwide. Among the cardiovascular (CV) risk factors, diabetes mellitus type II (T2DM) occupies a special position due to its increasing prevalence. Coronary heart disease (CHD), heart failure (HF) and chronic kidney disease (CKD) are significantly increased. The term CKM describes a complex health problem resulting from the interaction between heart disease, kidney disease, diabetes and obesity. The syndrome increases the risk of developing and progressing cardiovascular disease and affects both those at risk and those with existing cardiovascular disease. The stage of the disease at the time of diagnosis may indicate the severity of the disease.
Key words: heart disease, kidney disease, diabetes and obesity, CKM-syndrome

Fallbeschreibung

Wir möchten einen 63-jährigen Hochrisiko-Patienten mit einer neuen moderaten Anstrengungsdyspnoe vorstellen. Er hat seit ca. 8 Jahren einen T2DM und eine CKD: G3aA3; Erstdiagnose vor 2 Jahren. Seit kurzem eine HI mit einer LV-EF von 53 % (HFpEF). Negative FA bez. koronarer Herzkrankheit, kein Nikotin. Die Details zum Fall vermittelt Abb. 1. Der Fall aus der Praxis soll auch die aktuellen Leitlinien zu den vorhandenen Krankheiten beleuchten. Der Patient hat mit drei kardiovaskulären Risikofaktoren und der Anstrengungsdyspnoe, nach den neuen ESC-Guidelines 2024 des CCS, ein moderates Risiko von 17 % für eine obstruktive KHK (1). In einer Koronar-CT-Untersuchung fand sich eine koronare diffuse 3-Gefässerkrankung mit zwei 50–60 % Stenosen am mittleren RIVA und an der proximalen CX. In einer Stressechokardiographie wurde eine koronare Ischämie ausgeschlossen. Die augenärztliche Kontrolle ergab eine leichte diabetische Retinopathie. Somit besteht wahrscheinlich eine diabetische Nephropathie. Der ABI betrug bei guten Fusspulsen bds 1.0 Die Transaminasen waren normal. Im erweiterten Echo nicht dilatierte, sklerosierte Aorta abdominalis, keine Lebersteatose, Nieren bds morphologisch normal.

Kommentar

Das BD-Ziel von 120–129 mmHg systolisch haben wir mit obiger dualer Fixkombinatio (ACE-H./ Kalziumantagonist) erreicht. Dies ergibt eine bessere Progressionshemmung bei proteinurischen Nieren und eine geringere Mortalität (2). Die Triglyceride sind trotz des T2DM bei unserem Patienten normal, das Non-HDL ist <2,2mmol/l, das LDL misst unter obiger Kombinationstherapie 1,4mmol/l.

Bei Hypertonikern, kardiovaskulären- und diabetischen Patienten ist der regelmässige Ausschluss einer CKD mit einer eGFR (EPI) von <60ml/min/1.73m2 und/oder einer Mikro-/Albuminurie mit Hilfe der Urin-Albumin-Kreatinin-Ratio (UACR) im Spontanurin (A2-A3 >30mg/g Kreatinin) über >3 Monate entscheidend. In der Praxis wird ein Screening bei Risikopatienten viel zu selten durchgeführt. Eine CKD erhöht das cv Risiko resp. die cv Events und die Mortalität. Die UACR ist ein unabhängiger Prädiktor der cv Mortalität über das gesamte Spektrum der Nierenfunktion, dies unabhängig von anderen cv Risikofaktoren. Eine UACR ≥10mg/g ist mit einer erhöhten cv Mortalität assoziiert (30mg/g= HR 1,77), bei der eGFR ist dies <60ml/min/1.73m2 der Fall (2).

Das Risiko für eine HI bei einem T2DM, auch nach Kontrolle aller RF, beträgt nach verschiedenen Studien 25–45 %; davon haben ¾ eine HFpEF. Vier von 10 Patienten mit einem T2DM und vier von 10 mit einer HI haben eine CKD. 20 % aller Hypertoniker, 50 % aller T2DM-Patienten und 40 % aller Patienten mit einer kardiovaskulären Vorerkrankung haben eine Albuminurie. 80 % aller Diabetiker erleiden im Laufe ihres Lebens ein kardiovaskuläres Ereignis oder eine CKD (2,3). Da bei unserem Patienten eine Endorganschädigung vorliegt, ist er ein Hochrisiko-Patient. Er hat auf Grund der eingeschränkten eGFR und der Albuminurie eine 5x erhöhte 10-Jahres-Mortalität und nach den KDIGO 2024 Risikokalkulationen ein Risiko von 16,5 % in 5 Jahren ein terminales Nierenversagen zu erleiden – ckdpcrisk.org/kidneyfailurerisk (4, 5).

Wir haben neben den Lebensstilinterventionen mit einem regelmässigen körperlichen Training, einer gesunden Ernährung, einem Gewichtsmanagement und der Reduktion der kardiovaskulären Risikofaktoren drei neue wirksame medikamentöse Therapieoptionen, welche das kardiovaskuläre und renale Risiko deutlich senken. Zusätzlich kommt es zu einer Progressionshemmung der CKD. So wurde u.a. auch aufgrund der «ESC-Guidelines 2023: Diabetes und Herz», am ERA-Kongress 2024 anlässlich der Präsentation der FLOW-Studie, eine 6-Säulen-Therapie vorgestellt (5,6):
Die bisherigen 3 Säulen bestehen aus einem ACE-Hemmer/ARB, einem Statin/±Ezetimib und Metformin. RAAS-H. sind seit Jahren der Hauptpfeiler der Therapie, um das kardiovaskuläre und renale Outcome zu verbessern (2).

ACE-H./ARB: bei Diabetes; Hypertonie (>130/80mmHg); CKD mit Albuminurie >30mg/g (A2); BD-Selbstkontrolle, 24h-BD; cave: maskierte Hypertonie; wenn möglich max. zugelassene Dosis. Bei Hypertonie Fixkombinationen mit CCB/Diuretika, BD <130/80 mmHg bei Proteinurie; i.R. MRA.

Ein klarer cv Benefit ist bei den Statinen nachgewiesen. Metformin hat nach einer Metaanalyse von 40 Studien bei einem T2DM und einer koronaren Herzkrankheit günstige Auswirkungen mit einer Mortalitätssenkung von 33 % und eine Verminderung der cv Ereignisse um 17 % (7). Es gibt aber keine grossen Endpunktstudien.

Die neuen 3 Säulen sind: ein SGLT2-H., ein nicht steroidaler Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist (ns-MRA) und ein GLP-1 RA (5,6). Das Ziel ist eine kardio-renale Protektion: Verringerung der kardiovaskulären Endorganschäden, der Mortalität und eine Verlangsamung der CKD-Progression.

Daher wurde die bisherige Therapie in unserem Fall auf Grund des T2DM, der HI und der eGFR von 46ml/min/1.73m2 und der Albuminurie neu angepasst: Anstelle eines DPP-4 Hemmers wurde dieser durch einen SGLT2-H. ersetzt.

Ein SGLT2-Hemmer wird als Antidiabetikum in den verschiedenen internationalen Guidelines, auf Grund seiner kardio- und renoprotektiven Wirkungen, bei obigen Erkrankungen primär eingesetzt (5,6,8). SGLT2-H. bei T2DM ± Atherosklerose; HI; CKD eGFR ≥20ml/min/1.73m2; Fortsetzung SGLT2-H. bis zur Dialyse; evtl. mit Metformin sofern eGFR ≥30ml/min/1.73m2 (Dosisanpassung).

Beispielsweise konnte in der DAPA-CKD Studie der renale Endpunkt innert 2,4 Jahren um 39 % gesenkt werden bei einer NNT von 19 (9). In der EMPA-Kidney Studie bei diabetischer (31 %) und nicht diabetischer CKD wurde der renale Endpunkt (Abfall eGFR, end stage renal disease, renaler od. cv Tod) um 28 % über 2 Jahre gesenkt, bei einer NNT von 28 (10). Je nach Ausgangs-eGFR kann eine Nierenersatztherapie mit einem SGLT2-H. um viele Jahre verzögert werden. So z.B. bei einer eGFR von 85ml/min/1.73m2 um 26.6 Jahre, bei einer eGFR von 20ml/min/1.73m2 um 5.4 Jahre (11). Nach den KDIGO Leitlinien 2024 wird bei einer CKD ein SGLT2-H. eingesetzt bei einer ACR ≥200mg/g und oder einer eGFR <45ml/min./1.73m2 (5). Auch bei nicht albuminurischen Patienten haben diese nach einer gepoolten Analyse von DECLARE-TIMI 58 und DAPA-CKD eine positive Wirkung (HR 0,54); je höher die Proteinurie, desto grösser ist der Benefit. Es kommt zu einer Halbierung des GFR-Verlustes (12). Patienten mit einem initialen GFR-Dip haben den grössten Benefit. In den ESC-Guidelines 2023 (6) wird der SGLT2-H. bereits bei einer eGFR <60ml/min/1.73m2 eingesetzt. Eine CKD ohne Albuminurie findet man vor allem bei einer HI. Bei einer HI wird ein SGLT2-H. unabhängig von der LVEF und dem HbA1c als Klasse IA-Indikation gewertet (6,13).

Finerenon, ein nicht steroidaler Mineralokortikoid-Receptor Agonist, hat heute einen sicheren Stellenwert bei einem T2DM mit CKD und einer persistierenden Albuminurie ≥300mg/g bei eGFR: >60 (A3) oder >30mg/g bei eGFR: 25–60 ml/min/1.73m2 (A2) trotz RAAS-H., eGFR: ≥25ml/min/1.73m2. Das Serumkalium darf bei Therapiebeginn nicht ≥4,8 mmol/l betragen; engmaschige Kontrollen sind wichtig. Stopp bei ≥5,5mmol/l. Die zusätzliche Gabe eines SGLT2-H. wirkt hier günstig.

Finerenon verhindert eine profibrotische und proinflammatorische Genexpression und zusätzlich Verminderung des oxidativen Stresses und Reduktion einer Vasokonstriktion. Klinisch kommt es zu einer Abnahme einer CKD-Progression, einer Abnahme einer Proteinurie, einer BD-Senkung und einem verbesserten cv Outcome.

Die Studien FIDELIO-DKD und FIGARO-DKD zeigen eine Risikoreduktion bezüglich CKD-Progression bei weniger kardiovaskulären Events (14, 15). In der FIDELITY-Studie, welche diese beiden zusammenfasst, wurde über 4 Jahre der renale Endpunkt um 23 %, das Risiko der cv Morbidität (HI-Hospitalisationen) und cv Mortalität um 14 % gesenkt (16). Es kommt zu einer Reduktion der Niereninsuffizienz, dies vor allem durch einen signifikanten Abfall der Albuminurie. Bei beiden war die Wirksamkeit über ein breites eGFR-Spektrum nachweisbar. Dabei war die Sicherheit gewährleistet, auch bei Personen mit einer tiefen eGFR. Finerenon ist zugelassen bei einer eGFR: >25ml/min/1.73.m2. Eine Hyperkaliamie wurde in der FIDELITY Studie in 1.7 % nachgewiesen.

Die aktuelle FINEARTS-HF Studie bei einer HI (HFmrEF, HFpEF) mit einer LVEF ≥40 % zeigte mit und ohne T2DM bei 6016 symptomatischen, hovhrisiko und gut behandelten älteren Patienten, teils mit CKM, mit Finerenon bis 40mg/p.d. positive kardiale Resultate mit einer Reduktion des primär zusammengesetzten Ergebnisses, cv Tod und Gesamtverschlechterung der HI, um 16 % bei diesen kardio-renalen-metabolischen Patienten. Dies unabhängig vom HbA1c (17). Dies ist als klinisch hochrelevant einzuschätzen, da es bisher neben der Gabe von SGLT2-Inhibitoren keine prognoseverbessernde Medikation für Betroffene mit einer HFpEF und einer evtl. CKD gibt. Interessant ist, dass auch bei mit SGLT2-Inhibitoren vorbehandelten Studienteilnehmenden eine ähnliche Risikoreduktion zu beobachten war wie bei den nicht vorbehandelten Patienten.

Das ereignisfreie Überleben konnte um 3.1 Jahre verlängert werden – je jünger ein Patient, desto besser (18). Nach einer HI-Verschlechterung sollte die Substanz möglichst rasch verordnet werden. Auch war der Gesundheitszustand deutlich besser. Gleichzeitig zeigte eine Subanalyse eine signifikante Reduktion eines neuen T2DM von 25 %, in Kombination (bei 14 %) mit einem SGLT2-H. um 27 % (19). Im Gegensatz zu den bisherigen MRAs hat die Substanz eine höhere Wirkkonzentration an Niere und Herz.

In der FINE-HEART Analyse wurden die 3 genannten Finerenon Studien gepoolt mit 18 991 Patienten (mittleres Alter 67 ±10 Jahre, 35 % Frauen). Es zeigte sich eine deutliche Senkung der Nierenendpunkte (HR 0.80) und der HI-Hospitalisation (HR 0.83). Der cv Tod wurde nicht signifikant gesenkt (20). Aktuell läuft bezüglich UACR-Verbesserung auch eine Studie bei Typ1-Diabetes (FINE-One).

GLP1-RA reduzieren die arteriosklerotischen Endpunkte und das Gewicht. Indikation: bei T2DM ± Atherosklerose, CKD bei zu hohen Bz-Werten, trotz SGLT2-H./Metformin (eGFR ≥ 30 ml/min/1.73m2);

GLP-1 RA eGFR >15ml/min/1.73m2, evtl. weitere Bz senkende Medikamente. Gewichtsreduktion bis 15 %, zusätzliche Senkung des cv Risikos und Senkung einer Albuminurie durch GLP-1 RA. Je höher das atherosklerotische Risiko und je adipöser ein Pa-tient, desto eher Gabe eines GLP1-RA (6).

Die im Sommer 2024 publizierte Flow Studie zeigte, dass Sema-glutid 1.0mg sc./Woche bei einer diabetischen CKD bei 3160 Pa-tienten mit einem RAAS-Hemmer den renalen Endpunkt hochsignifikant um 24 % gesenkt hat mit einer NNT von 20 in 3 Jahren (21). In einer am ERA-Kongress am 24.5.2024 vorgestellten Metaanalyse von 8 Studien inkl. FLOW mit GLP1-RA bei T2DM und CKD wurde bez. Nierenendpunkt eine Risikoreduktion von 18 % nachgewiesen.

Bei Herzkreislauferkrankungen mit Übergewicht resp. Adipositas ohne einen T2DM konnte mit Semaglutid 2,4mg sc./Woche die kardiovaskuläre Mortalität, die nichttödliche Myokardinfarkt- und die Schlaganfallrate gesenkt werden – (HR 0.80) (22). Der mittlere Gewichtsverlust betrug über 33 Monate 9.4 %. Bei einer HFpEF mit Adipositas ohne und mit T2DM zeigen sich unter Semaglutid 2.4 mg sc./Woche ebenfalls positive Resultate mit Verringerung der HI-Symptome und der körperlichen Einschränkung und Verbesserung der Bewegungsfunktion bei deutlichem Gewichtsverlust von im Mittel 13.3 % ohne T2DM resp. 9.8 % mit T2DM. Durch die Reduktion des Fettanteils kommt es u.a. zu einer Verbesserung der Entzündung (CRP-Abfall 42 resp. 43.5 %), des prothrombotischen und metabolischen Milieus. Auch die Hämodynamik wird günstig beeinflusst. GI-NW traten in 9.5 % auf (23,24).

Es gibt auch einen additiven Effekt bei der Kombination SGLT2- H. und GLP1-RA. In einer Kohortenstudie war die Kombination aus GLP1-Rezeptor-Agonist/SGLT-2-Inhibitor im Vergleich zu beiden Arzneimittelklassen allein mit einem geringeren Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse und schwerwiegende renale Ereignisse verbunden (25). Bei Patienten mit T2DM und zumindest mässig erhöhter Albuminurie hat eine Kombinationsbehandlung von SGLT2i, GLP-1 RA und ns-MRA das Potenzial relevante Verbesserungen beim kardio-vaskulären und renalen ereignisfreien Überleben und beim Gesamtüberleben zu erzielen: Mace Reduktion für schwere cv Ereignisse (HR 0.65), HI-Hospitalisationen (HR 0.45), Verlangsamung Fortschreiten CKD (HR 0.42) (26). Die besprochenen neuen Medikamente wirken positiv auf den Metabolismus, den Entzündungszustand, den oxidativen Stress, die Insulinresistenz und die vaskuläre Dysfunktion (27, 28). In Zukunft werden noch mehrere weitere Substanzen (u.a. Tirzepatid ein dualer Agonist an GIP- und GLP-1-Rezeptoren) oder Alternativen dazu kommen. Die soeben publizierte SUMMIT-Studie ergab, dass Tirzepatid das Risiko des primären Endpunkts – einer Kombination aus Tod durch kardiovaskuläre Ursachen oder einer sich verschlimmernden HI – im Vergleich zu Placebo um 38 % reduzierte. Der Effekt wurde durch eine Verringerung der Verschlechterung der HI (HR 0,54) angetrieben, die als solche definiert wurde, die einen Krankenhausaufenthalt oder eine dringende intravenöse medikamentöse Therapie erfordern. Tirzepatid hatte auch signifikante Auswirkungen auf den Gesundheitszustand, die Belastungstoleranz und auf systemische Entzündungen. Diese hoch aktuelle Studie zeigt den kardiovaskulären Nutzen von Tirzepatid bei Patienten mit HFpEF und Adipositas (29).

Durch diese drei neuen Substanzen (ein SGLT2-H., ein ns-MRA und ein GLP-1 RA) kann beim kardio-renalen-metabolischen Syndrom eine hocheffektive, evidenzbasierte, multidisziplinäre, personenzentrierte Therapie nach den neuen Guidelines durchgeführt werden; waren doch bisher 1/3 aller Todesfälle in den USA auf ein CKM-Syndrom zurückzuführen. Bei unserem Patienten sind, trotz des hohen cv Risikos mit einem CKM-Syndrom Stadium 4, aktuell die Kriterien für einen GLP1-RA nicht gegeben – gut eingestellter T2DM und BMI < 27 kg/m2.

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Dr. med. Urs N. Dürst

Zelglistrasse 17
8127 Forch

u.n.duerst@ggaweb.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Das CKM-Syndrom wird als eine systemische Störung definiert, die durch patho-physiologische Wechselwirkungen zwischen metabolischen Risikofaktoren, chronischer Nierenerkrankung und dem Herz-Kreislauf-System gekennzeichnet ist.
  • Die Kombination von SGLT2-H., GLP-1 RA und ns-MRA bietet signifikante Vorteile in Bezug auf kardiovaskuläre und Nierenereignis-freie Überlebenszeit sowie Gesamtüberlebenszeit bei Patienten mit T2DM und Albuminurie.
  • Die Implementierung der «sechs Säulen» der Therapie für T2DM und CKD – RAAS-Blockade, Metformin, Statin und neu SGLT2-H., GLP-1 RA und ns-MRA – wird individuell empfohlen, um signifikante Vorteile für Patienten mit hohem kardiovaskulärem und renalem ­Risiko zu bieten.

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2. Nephro Live 2024, 4.6. und Diabetes und Niere vom 4.7.2024, Streamed Up
3. Zhang R et al, Lifetime risk of cardiovascular-renal disease in type 2 diabetes: a population-based study in 473,399 individuals, BMC Med. 2022; 20(1) 63
4. Afkarian M. et al., Kidney disease and increased mortality risk in type 2 diabetes, J Am Soc Nephrol 2013; 24: 302-308
5. KDIGO, Kidney Int Suppl 2024; Clinical Practice Guideline for the evaluation and management of CKD, Kidney International 2024; 105, 4S, April 2024, 117-314
6. Marx N. et al., 2023 ESC-Guidelines for the management of cardiovascular disease in patients with diabetes, European Heart Journal (2023) 00, 1–98, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad192
7. Han Y. et al., Effect of metformin on all-cause and cardiovascular mortality in patients with coronary artery diseases: a systematic review and an updated meta-analysis, Cardiovasc Diabetol 2019 Jul 30;18(1):96. doi: 10.1186/s12933-019-0900-7
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Update Chronisch thromboembolische Pulmonale Hypertonie (CTEPH)

Die chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) gehört zur Gruppe 4 der pulmonalen Hypertonie infolge von Obstruktion der Pulmonalgefässe. Wichtigstes Leitsymptom ist eine progrediente Anstrengungsdyspnoe Monate bis Jahre nach stattgehabter Lungenembolie, obschon die Erkrankung auch ohne erinnerliche akute Embolie auftreten kann. Dieser Artikel berichtet über den aktuellen Wissensstand bezüglich Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie der CTEPH und weist auf diese wichtige, zum Teil unterdiagnostizierte Krankheit hin.

Chronic thromboembolic pulmonary hypertension (CTEPH) belongs to group 4 of pulmonary hypertension due to obstruction of the pulmonary vessels. The most important leading symptom is progressive exertional dyspnea months to years after a pulmonary embolism, although the disease can also occur without a previously diagnosed acute embolism. This article reports on the current state of knowledge regarding the pathophysiology, diagnosis and treatment of CTEPH and draws attention to this important, sometimes underdiagnosed disease.
Key Words: pulmonary hypertension, chronic thromboembolic pulmonary hypertension, CTEPH, Exertional dyspnea

Einleitung

Die präkapilläre pulmonale Hypertonie (PH) wird obligatorisch im Rechtsherzkatheter diagnostiziert. Die PH ist seit der Aktualisierung der ESC/ERS Richtlinien für Lungenhochdruck definiert als pulmonal arterieller Mitteldruck (mPAP) >20mmHg (zuvor ≥25mmHg) mit einem pulmonal-vaskulären Widerstand (PVR) >2 WU und einem pulmonal-arteriellen Verschlussdruck (Wedge-Druck) ≤15mmHg (1). Die PH wird in fünf Gruppen eingeteilt, wobei die chronisch thromboembolische PH (CTEPH) der Gruppe 4, der PH assoziiert mit Obstruktion der Pulmonalgefässe, zugeteilt ist. Die CTEPH wird definiert als symptomatische PH mit persistierendem Perfusionsdefizit trotz adäquater Antikoagulation über mehr als 3 Monate (1). Häufig gehen der CTEPH akute Lungenembolien voraus. Bei persistierender Dyspnoe nach akuten Lungenembolien und mindestens 3 Monate suffizienter Antikoagulation sollte daher an eine CTEPH gedacht werden. Da sich nach akuten Lungenembolien noch Monate bis Jahre später auch bei asymptomatischen Personen radiologisch oder pathologisch narbige Residuen in den Lungenarterien finden können (webs and bands), ist die Abklärung bezüglich CTEPH nur bei Patient/-innen mit Dyspnoe empfohlen. Wenn eine persistierende Dyspnoe und entsprechende radiologische Veränderungen vorhanden sind, jedoch keine PH, spricht man von chronisch thromboembolischer Lungenerkrankung (chronic thrombo-embolic lung disease; CTED).

Epidemiologie

Die Inzidenz der CTEPH nach stattgehabter Lungenembolie liegt gemäss Studien zwischen 2.3% und 4% (2-5). Wahrscheinlich besteht eine hohe Dunkelziffer von nicht erkannten Patient/-innen mit CTEPH, aufgrund von Fehldiagnosen aus nicht-spezifischen Symptomen und der zu seltenen Verwendung von Lungenperfusionsszintigrafien (6). Daten aus verschiedenen Registern zeigten zudem, dass 25% – 63% aller Betroffenen keine akute Lungenembolie in der persönlichen Anamnese aufwiesen (7-9).

Pathophysiologie

Die CTEPH beginnt meist mit einer Obstruktion von Lungenarterien im Rahmen einer akuten Lungenembolie. Selbst unter konsequenter Antikoagulation lösen sich bei einem kleinen Teil der Betroffenen nicht sämtliche Emboli auf. In diesem Fall kann es im Verlauf zu einer Organisation und Fibrosierung des residuellen thrombotischen Materials mit meist wandständigen Residuen oder radiologisch zum Teil erkennbaren Strickleitern (webs) kommen. In Fällen ohne erinnerter/stattgehabter akuter Lungenembolie wird ein in-situ Geschehen in den Pulmonalarterien oder okkulte Embolien diskutiert. Dazu können eine Inflammation/Infektion, ein abnormales Fibrinogen, eine eingeschränkte Angiogenese, eine unzureichende Antikoagulation oder biologische und genetische Faktoren, die die Hyperkoagulabilität erhöhen, beitragen (10-12). Passend zur gesteigerten Inzidenz von CTEPH nach erfolgter Splenektomie wird auch ein erhöhter Thrombozytenumsatz als Faktor in der Entstehung beschrieben (13).

Bereits 1993 wurde zusätzlich eine mikrovaskuläre «small vessel» Komponente beschrieben (14). Diese Mikrovaskulopathie verhält sich sehr ähnlich zu derjenigen bei pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) und ist von dieser kaum zu unterscheiden (15). Die Umverteilung des pulmonalen Blutflusses verursacht in den kleinen Gefässen erhöhte Scherkräfte, was über eine endotheliale Dysfunktion und ein Remodelling der Gefässwände zu einem erhöhten Gefässwiderstand und schliesslich Symptomatik der PH führt (11, 16).

Klinische Präsentation

Die Symptomatik der CTEPH ist unspezifisch, da sie durch die Dysfunktion des rechten Ventrikels als Folge der PH verursacht ist, was die Diagnosestellung erschwert. Als erstes Leitsymptom beschreiben die meisten Patient/-innen eine Belastungsdyspnoe, welche unbehandelt progressiv zunimmt (17). Weitere Symptome sind in Tab. 1 zusammengefasst (18). Die klinischen Befunde sind unspezifisch, abgesehen von einer möglichen Akzentuierung der pulmonalen Komponente des zweiten Herztons.

Diagnostik

Die CTEPH sollte sowohl bei persistierenden Beschwerden nach stattgehabter Lungenembolie als auch bei anderweitigen Hinweisen für eine PH differenzialdiagnostisch evaluiert werden. Ein routinemässiges Screening nach überstandener Lungenembolie ist nicht empfohlen. Weitere Untersuchungen sind indiziert bei Befunden passend zu einer vorbestehenden CTEPH, Patient/-innen mit erhöhtem Risiko für CTEPH oder persistierenden Beschwerden nach 3-monatiger Antikoagulation (19, 20). Die entsprechende Diagnostik und Festlegung der Therapie sollte in einem Referenzzentrum im multidisziplinären Team erfolgen (1, 21).

Erste Hinweise für eine pulmonale Hypertonie finden sich oftmals mittels Echokardiografie. Neben dem systolischen pulmonal arteriellen Druck (sPAP) können auch indirekte Hinweise für eine PH vorhanden sein, zum Beispiel ein dilatierter rechter Vorhof/Ventrikel, eine eingeschränkte Kontraktilität des rechten Ventrikels, ein D-shaping des linken Ventrikels oder Fluss-Abnormalitäten im Doppler des Ausflusstrakts des rechten Ventrikels (22, 23).

Zu möglichen EKG-Veränderungen bei der PH zählen das P-pulmonale in Ableitung II, eine Achsenabweichung (QRS-Achse >90°), ein Rechtsschenkelblock oder eine T-Inversion (V1-4 oder II, III, aVF) (24).

In der Spiroergometrie finden sich bei CTEPH typischerweise eine Hyperventilation, ineffiziente Ventilation und erhöhte alveolo-kapilläre O2- und CO2-Gradienten (22). Diese Befunde können auch bei unauffälliger Echokardiografie auf eine pulmonale Hypertonie hinweisen (25).

Spätestens bei auffälligen Ergebnissen obiger Untersuchungen sollte eine Zuweisung ins Referenzzentrum erfolgen. Eine Rechtsherzkatheter-Untersuchung (RHK) ist zwingend nötig zur Bestätigung der PH-Diagnose und kann, gerade in frühen Stadien mit normaler Hämodynamik in Ruhe, auch unter Belastung durchgeführt werden (26). Dabei sollte der Herzauswurf mit der direkten Fick-Methode oder Thermodilution gemessen werden. Nur so ist eine korrekte Bestimmung und Errechnung des Gefässwiderstandes (PVR), der benötigt wird, möglich. Die dazu verwendete metabolische Einheit im RHK-Raum ist nur in spezialisierten Zentren vorhanden. Zudem ist für die Diagnose einer CTED eine dynamische Belastungsuntersuchung mittels Fahrradergometrie im RHK angezeigt. Im Falle der CTEPH ist die korrekte Erfassung des Lungenwiderstandes in Ruhe und unter Belastung diagnostisch wichtig sowie prä- und postoperativ ein prognostischer Marker (27).

Die Lungenperfusionsszintigrafie (V/Q-Scan) ist weiterhin das Mittel der Wahl zum Ausschluss einer CTEPH (1). Bei bestehendem Verdacht auf eine CTEPH ist eine Computertomografie der Pulmonalarterien (CTPA) empfohlen, insbesondere hinsichtlich Einschätzung der Operabilität (19). Wenn vorhanden, können diese beiden Bildgebungsverfahren in spezialisierten Zentren auch direkt durch eine Dual-Energy CT ersetzt werden (Abb. 1). Selten wird in erfahrenen Zentren bei nicht konklusivem Befund, aber ansonsten hochgradigem Verdacht, eine klärende digitale Subtraktionsangiographie (DSA) angewendet (19).

Therapie

Die Lokalisation der Gefässobstruktion ist massgebend für die möglichen Therapieoptionen. Häufig besteht ein Mischbild aus proximalen, distalen und mikrovaskulären Läsionen. Entsprechend kommt ein multimodales Therapiekonzept zum Zug. Therapieempfehlungen werden in multidisziplinären Teams spezialisierter Zentren festgelegt. In der Schweiz gibt es hier­für, organisiert durch die Gesellschaft für pulmonale Hyper­tonie (SGPH), ein nationales multidisziplinäres CTEPH-Board (cteph@sgph.ch), welches alle beteiligten Disziplinen umfasst (u.a. Pneumologie, Kardiologie, (interventionelle) Radiologie und Thoraxchirurgie).

Antikoagulation

Da eine inkomplette Auflösung von Gerinnseln und rezidivierende Thromboembolien wichtige pathophysiologische Mechanismen in der Entstehung von CTEPH sind, ist eine lebenslängliche Antikoagulation empfohlen (1). Bei 10 % aller Patient/-innen mit CTEPH liegt ein Antiphospholipidsyndrom vor, welches aufgrund der Indikation für eine Antikoagulation mittels eines Vitamin-K-Antagonisten (VKA) aktiv gesucht werden sollte (7, 28). Ansonsten gibt es mangels RCTs keine Empfehlung zur Wahl der Antikoagulation. Eine Meta-Analyse zeigte eine tiefere Mortalität von DOAKs gegenüber VKAs, bei jedoch höherem Rezidivrisiko für thromboembolische Ereignisse (29).

Chirurgisch

Die pulmonale Endarteriektomie (PEA, siehe Abb. 2) ist der Goldstandard bei zugänglichen Läsionen und kann die pulmonale Hämodynamik deutlich verbessern oder in einem erheblichen Teil normalisieren (1, 30). Dies geschieht durch die Verbesserung des Ventilations-Perfusions-Mismatch, was die rechtsventrikuläre Funktion steigert und sekundären Veränderungen der kleinen Gefässe vorbeugt (31). Durch gewonnene Erfahrung konnte die perioperative Mortalität auf 2 % gesenkt werden, obschon immer mehr Patient/-innen als operabel eingestuft werden (18, 32, 33). Die Mortalität hängt vom Patientenkollektiv und den Risiken ab, beispielsweise vom präoperativen PVR als Zeichen der bestehenden Mikroangiopathie und Komorbiditäten (33-35). Die Überlebensrate nach 3 Jahren von 89% gegenüber 70% bei nicht operierten Patient/-innen unterstreicht die Wichtigkeit der PEA (36).

Der chirurgische Zugang erfolgt via medianer Sternotomie. Wichtig ist eine gute Sicht auf das Operationsfeld, erreicht durch einen kardiopulmonalen Bypass sowie kurzzeitigem hypothermem Kreislaufstillstand (31). Die visuell identifizierte Dissektionsebene in der Gefässwand wird von proximal nach distal verfolgt und die Okklusion bis subsegmental entfernt (37). Dies ist wichtig, da eine Thrombektomie ohne Endarteriektomie den PVR nicht senkt (38). Die postoperativ häufigsten Komplikationen, das Reperfusionsödem der Lunge und eine residuelle PH im Rahmen der konkomittierenden Mikroangiopathie, treten oft gemeinsam auf und werden, wenn nötig, mit einer überbrückenden extrakorporalen Membran-oxygenierung (ECMO) behandelt (39, 40).

Interventionell

Je nach Grundpopulation ist bis zu 1/3 der Erkrankten nicht operabel, sei dies aus morphologisch-technischen Gründen (z.B. zu distale Läsionen), wegen erheblicher Komorbiditäten oder Ablehnung einer Operation durch die Patient/-innen selbst (9). Für diese Patient/-innen, sowie bei Mischformen mit distaler Beteiligung im Sinne eines multimodalen Behandlungskonzeptes, hat die Ballonangioplastie (balloon pulmonary angioplasty; BPA) in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen, nachdem initial vor allem japanische Studien durch verbesserte Technik eine Reduktion der potenziell lebensgefährlichen Komplikationen zeigten (41). Studien beschreiben ein Komplikationsrisiko von 8% bis 12% mit Lungenverletzung/Hämoptysen als häufigste Folge, was wiederum stark von der Patientenauswahl und Erfahrung der Zentren abhängt (42-44). Neue Daten zeigen zudem, dass in erfahrenen Zentren auch (sub-)segmentale totale Gefässverschlüsse mittels BPA therapiert werden können – mit vergleichbarem Komplikationsrisiko (45).

Die Intervention erfolgt in mehreren Etappen, um das Komplikationsrisiko zu senken. Einerseits sollte eine schrittweise Dilatation das Risiko für allfällige Verletzungen der Gefässe vermindern, andererseits dem Reperfusionsödem vorbeugen. Zudem können Erkrankte mit einem PVR >4 WU von einer vorgängigen medikamentösen Therapie profitieren (43).

Es gibt immer mehr Langzeitdaten zur BPA und diese ist auch im multimodalen Therapiekonzept, das heisst vor, während oder nach einer PEA, im Aufschwung (46-49). In aktuellen Leitlinien ist die BPA neben Patient/-innen, die inoperabel sind oder mit persistierender PH nach PEA (neu Empfehlungsgrad I-B), auch bei operablen Patient/-innen mit ungünstiger Nutzen/Risiko-Abwägung (Empfehlungsgrad IIb-C) in Betracht zu ziehen (1).

Medikamente

Die medikamentöse Therapie wird zur Behandlung der Mikrovaskulopathie bei inoperablen Patient/-innen oder bei persistierender PH nach PEA eingesetzt. Die erste zugelassene und am besten erforschte medikamentöse Therapie für CTEPH ist Riociguat, ein Stimulator der löslichen Guanylatcyclase (sGC). Nach 16 Wochen Therapie zeigte sich eine signifikante Verbesserung im 6-Minuten-Gehtest sowie eine Reduktion des PVR (50). Treprostinil, ein parenterales Prostacyclin-Analogon, erwies sich in einer Phase-3-Studie ebenfalls als sicher und ist sogar zugelassen für Betroffene mit WHO-Funktionsklasse III-IV (1, 51). Ebenso wurde die Wirksamkeit von Macitentan, einem für PAH zugelassener Endothelinrezeptor-Antagonisten, aufgezeigt und kürzlich publiziert (52). Weitere Wirkstoffe aus der PAH-Therapie (z.B. Sildenafil oder Bosentan) werden im klinischen Alltag häufig off-label verwendet, da ihr Nutzen bislang in keinen randomisiert-kontrollierten Studien belegt werden konnte (1).

Ergänzende Therapien

Sowohl operable als auch inoperable Patient/-innen profitieren von kontrolliertem Muskel- und Ausdauertraining (53, 54). Unter gezielter Anleitung konnte eine Verbesserung im 6-Minuten-Gehtest, der Lebensqualität und der Leistungsfähigkeit erzielt werden (54).

Herausforderungen im Alltag und Ausblick

Die Unterscheidung zwischen einer akuten Lungenembolie und einer vorbestehenden CTEPH ist nicht trivial. Guérin et al fanden, dass Patient/-innen mit nachfolgend bestätigter CTEPH bereits zum Diagnosezeitpunkt der Lungenembolie häufiger einen sPAP >60mmHg aufwiesen, hinweisend auf eine vorbestehende Adaptation des rechten Ventrikels. Aufgrund dessen liessen sie die CT-Befunde erneut und verblindet beurteilen, wobei bei allen Betroffenen bereits dort Hinweise für eine CTEPH gefunden werden konnten, gegenüber 20% der nicht erkrankten (55). Auch Barco et al fanden bei 15 % aller Patient/-innen mit akuter Lungenembolie Hinweise für eine CTEPH, die sich in 1.7 % der Ausgangspopulation im Verlauf diagnostizieren liess (56). Eine weitere Studie identifizierte 6 radiologische Parameter als unabhängige Prädiktoren für eine CTEPH (57). Somit sollte bei akuten Lungenembolien bereits an die CTEPH gedacht werden. Ein Mittel zur Früherkennung der CTEPH könnte ein «surveillance program» bei Hochrisikopatient/-innen sein, wobei es hierfür aktuell keine klaren Guidelines gibt (58). Eine verkürzte Zeit bis zur CTEPH-Diagnosestellung wäre jedoch wichtig, da eine spätere Diagnose mit einer schlechteren Prognose einhergeht (59).

Ein weiterer Diskussionspunkt ist die medikamentöse Therapie vor geplanter PEA/BPA. Einerseits sollte, um der fortschreitenden Mikrovaskulopathie vorzubeugen, mit Interventionen nicht unnötig zugewartet werden. Andererseits ist das Komplikationsrisiko grösser, je höher der PVR. Im klinischen Alltag tendieren wir dazu, Patient/-innen mit einem hohen PVR (>6-8 WU) bei Diagnosestellung vorzubehandeln, dies sollte jedoch auf keinen Fall die Operation verzögern. Ein Entscheid für oder gegen eine medikamentöse Therapie vor einer geplanten Intervention wird individuell vom multidisziplinären Gremium gefällt (60).

med. pract. Aldo Kammerlander 1
Prof. Dr. med. Isabelle Opitz 2
PD Dr. med. Mona Lichtblau 1
Prof. Dr. med. Silvia Ulrich 1
1 Klinik für Pneumologie, Universitätsspital Zürich, Rämistrasse 100, 8091 Zürich
2 Klinik für Thoraxchirurgie, Universitätsspital Zürich, Rämistrasse 100, 8091 Zürich

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

med. pract. Aldo Kammerlander

Klinik für Pneumologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Prof. Dr. med. Isabelle Opitz

Klinik für Thoraxchirurgie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Prof. Dr. med. Silvia Ulrich

Klinik für Pneumologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

silvia.ulrich@usz.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Bei ungeklärter anstrengungsinduzierter Dyspnoe, insbesondere nach stattgehabter Lungenembolie, ist PH/CTEPH eine wichtige Differenzialdiagnose, die häufig vergessen geht.
  • Sollten sich in Basisuntersuchungen (EKG, Echo, Spiroergometrie) pathologische Befunde zeigen, die vereinbar mit einer pulmonalen Hypertonie sind, ist eine Zuweisung in ein Referenzzentrum empfohlen (www.sgph.ch).
  • Die mögliche Normalisierung der Hämodynamik nach PEA macht die Früherkennung von CTEPH umso wichtiger. Auch nicht operable Patient/-innen können deutlich von multimodalen Therapiekonzepten profitieren.
  • Eine lebenslängliche Antikoagulation ist empfohlen. Ein Antiphospholipidsyndrom sollte bei vorliegender CTEPH aktiv gesucht werden, insbesondere als Indikation für eine Antikoagulation mittels VKA.

 

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Risikostratifizierung der nicht-ischämischen ­dilatativen Kardiomyopathie

Late Gadolinium Enhancement in der kardialen Magnetresonanztomographie ist ein deutlich stärkerer Mortalitäts- und Arrhythmieprädiktor als die linksventrikuläre Ejektionsfraktion.

Meta-Analyse Eichhorn et al. JAMA (1): Multiple Studien, wie das DANISH (2) und SCD-HeFT (3) Trial, haben wiederholt nicht nachweisen können, dass die prophylaktische ICD-Implantation unter den aktuellen Auswahlkriterien, die allein auf einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) von 35 % oder darunter als einzigem bildgebenden Kriterium in den Risikostratifikationsalgorithmen basieren, langfristige Überlebensvorteile bietet. Die Rolle der kardialen Magnetresonanztomographie (CMR) bei der Diagnose von Kardiomyopathien wurde zuletzt in den ESC-Leitlinien (4) 2023 zu Kardiomyopathien als Klasse-I-Empfehlung hervorgehoben.

Die grosse Meta-Analyse von Eichhorn et al. (1) unter der Leitung von Prof. Gräni der Universität und des Inselspitals Bern zeigte bei Einschluss von 103 Studien mit insgesamt 29 687 Patienten mit nicht-ischämischer dilatativer Kardiomyopathie (NIDCM), dass das Vorhandensein und das Ausmass des Late Gadolinium Enhancement (LGE) deutlich mit arrhythmischen, nicht-arrhythmischen und Mortalitätsendpunkten assoziiert war, während die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) pro 1 % nicht signifikant mit Mortalität und Arrhythmien in Verbindung stand. Die LVEF war lediglich mit weicheren Endpunkten wie Herzinsuffizienz-Ereignissen assoziiert, dies konnte auch beim Global Longitudinal Strain reproduziert werden. CMR erlaubt es auch Gewebecharakteristiken mittels neuer vielversprechender Sequenzmethoden darzustellen (wie T1 mapping und Extrazellulär Volumen Berechnung), hier gab es aber noch nicht ausreichend Evidenz, um konklusive Rückschlüsse auf die Prädikation zu machen.

Risikostratifizierung der NIDCM

Die NIDCM ist durch eine linksventrikuläre oder biventrikuläre Dilatation und eine kontraktile Dysfunktion gekennzeichnet, ohne dass eine signifikante koronare Herzerkrankung oder abnormale Belastungsbedingungen vorliegen. Zur Vermeidung eines plötzlichen Herztodes werden alleine in den USA jährlich bei 100 000 Menschen mit NIDCM primärprophylaktische implantierbare kardioverte Defibrillatoren (ICD) implantiert (4). Historisch gesehen wurde die LVEF als verlässlicher Marker zur Vorhersage von Ereignissen wie Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen und Mortalität angesehen und wird in der Stratifizierung passender Patienten für die Einlage eines ICD verwendet (LVEF < 35 %).

Diese Meta-Analyse zeigt nun auf, dass zumindest in der NIDCM, wie schon durch mehrere klinische Studien in den letzten Jahren postuliert, die Risikostratifizierung mittels der Auswurffraktion nicht zielführend erscheint und hierdurch erhebliche Mehrkosten (5) durch primärprophylaktische ICD-Implantationen entstehen. Stattdessen erscheint das Late Gadolinium Enhancement als Marker einer Vernarbung des Myokards deutlich stärker mit relevanten Endpunkten assoziiert zu sein. Durch eine bessere Auswahl von passenden NIDCM-Patienten könnten einerseits die Einlage unnötiger ICDs reduziert werden, wie auch die Kosten und Komplikationen gesenkt werden und gleichzeitig der plötzliche Herztod (SCD) verhindert werden. Die Ergebnisse zwei relevanter, laufender, randomisierter klinischer Studien (CMR-ICD und BRITISH) untersuchen den Effekt primärprophylaktischer ICDs bei NIDCM-Patienten mit einer LVEF ≤35 % und dem Nachweis von LGE werden endgültige Antworten darauf liefern, ob das LGE die therapeutische Entscheidungsfindung bei Patienten mit NIDCM und fortgeschrittener kontraktiler Beeinträchtigung spürbar verbessern kann.

Allerdings muss die Integration von CMR-Daten mit klinischen Risikofaktoren, Biomarkern, elektrophysiologischen Daten und genetischen Varianten in multiparametrische Risikostratifizierungsmodelle für die routinemässige klinische Anwendung noch erfolgen, hier werden zukünftige Studien noch erfordert.

Dr. med. Christian Eichhorn

See-Spital
Asylstrasse 19
8810 Horgen

Prof. Dr. Dr. med. Christoph Gräni

PhD, FESC, FACC, FSCCT, FSCMR
Leiter kardiale Bildgebung
Universitätsklinik für Kardiologie
Inselspital Bern
Freiburgstrasse 18
3010 Bern

christoph.graeni@insel.ch

1. Eichhorn C, Koeckerling D, Reddy RK, Ardissino M, Rogowski M, Coles B, Hunziker L, Greulich S, Shiri I, Frey N, Eckstein J, Windecker S, Kwong RY, Siontis GCM, Gräni C. Risk Stratification in Nonischemic Dilated Cardiomyopathy Using CMR Imaging: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA. 2024 Sep 19:e2413946. doi: 10.1001/jama.2024.13946.
2. Yafasova A, Doi SN, Thune JJ, Nielsen JC, Haarbo J, Bruun NE, Gustafsson F, Eiskjær H, Hassager C, Svendsen JH, Høfsten DE, Torp-Pedersen C, Pehrson S, Køber L, Butt JH. Effect of Implantable Cardioverter-defibrillators in Nonischemic Heart Failure According to Background Medical Therapy: Extended Follow-up of the DANISH Trial. J Card Fail. 2024 May 13:S1071-9164(24)00157-X. doi: 10.1016/j.cardfail.2024.04.017.
3. Poole JE, Olshansky B, Mark DB, Anderson J, Johnson G, Hellkamp AS, Davidson-Ray L, Fishbein DP, Boineau RE, Anstrom KJ, Reinhall PG, Packer DL, Lee KL, Bardy GH; SCD-HeFT Investigators. Long-Term Outcomes of Implantable Cardioverter-Defibrillator Therapy in the SCD-HeFT. J Am Coll Cardiol. 2020 Jul 28;76(4):405-415. doi: 10.1016/j.jacc.2020.05.061. PMID: 32703511.
4. Yousuf OK, Kennedy K, Russo A, Varosy P, Lindsay BD, Steinberg B, Atwater BD, Calkins H, Spertus JA. Appropriateness of implantable cardioverter-defibrillator device implants in the United States. Heart Rhythm. 2024 Apr;21(4):397-407. doi: 10.1016/j.hrthm.2023.12.005. Epub 2023 Dec 18. PMID: 38123044.
5. Friedman DJ, Parzynski CS, Varosy PD, Prutkin JM, Patton KK, Mithani A, Russo AM, Curtis JP, Al-Khatib SM. Trends and In-Hospital Outcomes Associated With Adoption of the Subcutaneous Implantable Cardioverter Defibrillator in the United States. JAMA Cardiol. 2016 Nov 1;1(8):900-911. doi: 10.1001/jamacardio.2016.2782. PMID: 27603935; PMCID: PMC5112106.

Lipid-Cholesterin – Update 2024

Low Density Lipoproteine (LDL) spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Atherosklerose. Sie sind aber nicht der einzige Treiber in der Atherogenese und damit der Ursache von Herzinfarkt und Schlaganfall. Alter und Geschlecht, die Familienanamnese, Rauchen, Hypertonie und Diabetes sind weitere wichtige Risikofaktoren. Die Erfassung des globalen kardiovaskulären Risikos beinhaltet daher die Bestimmung der Gesamtheit dieser Risikofaktoren. Während das Alter und das Geschlecht, sowie die Familienanamnese nicht veränderbare Risikofaktoren sind, lassen sich die übrigen Risikofaktoren verändern. Der folgende Beitrag befasst sich mit dem Risikofaktor LDL-Cholesterin (LDL-C), mit der Beziehung zwischen LDL-C-Konzentration und kardiovaskulären Erkrankungen und mit den therapeutischen Möglichkeiten der LDL-C-Senkung.

LDL-C und kardiovaskuläres Risiko

Die Therapie erhöhter LDL-C-Werte hat mir der Einführung der Statine erstmals eine Senkung des kardiovaskulären Risikos und sogar des Risikos für Gesamttod gezeigt (1).

Dabei hat sich in Studien mit verschieden intensiver Statintherapie und in Mendel’schen Randomisierungsstudien gezeigt, dass je niedriger der LDL-Cholesterinwert ist, desto niedriger das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis ist. Sowohl in der Primärprävention als auch in der Sekundärprävention besteht ein linearer Zusammenhang zwischen dem erreichten LDL-C-Wert und dem Risiko ein koronares Ereignis zu erleiden.

Diese Erkenntnis aus klinischen Studien mit Statinen und vor allem aus Mendel’ schen Randomisierungsstudien (2) haben zu neuen Guidelines der ESC geführt, die tiefere LDL-Cholesterinwerte empfahlen (3).

Neben der Höhe des LDL-C-Wertes spielt die Dauer der Exposition an erhöhtes LDL-C, die Anzahl sogenannter Cholesterinjahre eine wesentliche Rolle für die Erfassung des kardiovaskulären Risikos (4). In den verschiedenen Scores wird gewöhnlich das Risiko während der nächsten 10 Jahre erfasst. Entscheidend ist aber die Expositionszeit, über die Zeit, so z. B. bei familiärer Hypercholesterinämie von Geburt an. Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie sollten möglichst früh erfasst und therapiert werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Therapieadhärenz. Die verschiedenen Therapien haben nur eine Wirkung, wenn man sie befolgt.

Zielerreichung durch Kombinationstherapie

Tiefere LDL-Cholesterinwerte bedingen neue Formen der lipidsenkenden Therapie. Die Therapie mit einem hochintensiven Statin kann zu einer LDL-Cholesterinsenkung um ca. 50 % führen. Mit der Verdoppelung der Statindosis lässt sich der LDL-Cholesterinwert lediglich um zusätzliche 6 % senken. Neben den Statinen, die durch Hemmung der HMG CoA Reduktase die Cholesterinsynthese in der Leber hemmen, hat sich Ezetimibe, ein Hemmer der Cholesterinabsorption, etabliert. Ezetimibe senkt LDL-Cholesterin um ca. 20 %, was einer dreifachen Verdoppelung einer Statindosis gleichkommt. Die Kombination einer Statintherapie mit Atorvastatin 10 mg plus 10 mg Ezetimibe entspricht einer LDL-Senkung mit 80 mg Atorvastatin (5).

Ein weiteres Prinzip der LDL-Senkung ist die Therapie mit einem Hemmer von PCSK9. In der Gegenwart von PCSK9 werden die LDL-Rezeptoren in der Leber abgebaut und können nicht auf die Oberfläche rezirkulieren. Wird PCSK9 inhibiert, werden die LDL-Rezeptoren nicht abgebaut und rezirkulieren auf die Zelloberfläche, wo sie LDL binden und in die Leber aufnehmen, wo es abgebaut wird. PCSK9 Hemmer senken LDL-Cholesterin ähnlich wie die Statine um ca. 50 %. Die Kombination Statine plus PCSK9 plus Ezetimibe erlaubt eine ca. 85 %ige LDL-Senkung, wie in den Studien FOURIER und ODYSSEY OUTCOMES gezeigt wurde (6, 7). Während diese beiden Studien mit monoklonalen Antikörpern gegen PCSK9 durchgeführt wurden, ist seit kürzerer Zeit ein PCSK9-Hemmer auf der Basis von siRNA (Inclisiran, LEQVIO®) zugelassen. Mit Leqvio® lässt sich der LDL-Cholesterinwert über ein halbes Jahr mit einer einzigen Injektion um ca. 50 % senken (8).

Bempedoinsäure – eine sinnvolle Erweiterung der Lipidsenkenden Therapie

Bempedoinsäure ist ein Prodrug, welches in der Leber durch das Enzym Very long chain acyl-CoA-synthetase 1 (ACSVL 1) in seine aktive Form (Bempedoyl-CoA) umgewandelt wird. (9). Dieses Enzym ist im Skelettmuskel nicht aktiv. Die aktivierte Bempedoinsäure hemmt die Adenosintriphosphat-Citrat-Lyase, welche Citrat zu Acetyl-CoA umsetzt und damit ein Schlüsselsenzym der hepatischen Cholesterinsynthese darstellt.

Die LDL-Senkung mit Bempedoinsäure liegt bei 20 bis 30 %. Bempedoinsäure wird als Monotherapie eingesetzt bei Patienten, die entweder eine Statin-Intoleranz aufweisen oder bei denen die Statintherapie kontraindiziert ist und bei denen die LDL-Cholesterin-Zielwerte mit Ezetimibe allein nicht erreicht werden können. Die Fix-Kombination Bempedoinsäure plus Ezetimibe (Nustendi®) erlaubt LDL-Cholesterinsenkungen in der Grössenordnung von 30 bis 40 % (10).

Die häufigste muskelbezogene Nebenwirkung, Myalgie, trat bei 4.7 % bzw. 7.2 % der Patienten auf, die Bempedoinsäure bzw. Placebo erhielten. Eine weitere unerwünschte Nebenwirkung ist das mögliche Auftreten von Gicht. Schlussfolgerungen der Autoren: Bempedoinsäure stellt eine sichere und wirksame orale Therapieoption zur Lipidsenkung bei Patienten dar, die Statine nicht vertragen.
Bempedoinsäure (Nilemdo®) ist in Kombination mit einem Statin oder mit einem Statin und anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien zugelassen bei Patienten, die mit einer maximal verträglichen Statintherapie die LDL-Cholesterinzielwerte nicht erreichen. Im Gegensatz zu den PCSK9 Hemmern kann Bempedoinsäure durch den Hausarzt verschrieben werden und unterstützt damit die Zielwerterreichung in einem frühen Stadium. Die Kombination Bempedoinsäure, Ezetimibe plus Atorvastatin hat bei Patienten mit Hypercholesterinämie eine signifikante Senkung des LDL-Cholesterins bewirkt, die bei mehr als 90 % der Patienten die Erreichung des durch die Guidelines empfohlenen LDL-Zielwerts erlaubte (11). Bempedoinsäure hat in verschiedenen klinischen Studien nicht nur eine bedeutende Senkung des LDL-C gezeigt, sondern auch eine Senkung des kardiovaskulären Risikos. In der CLEAR Outcomes Studie wurden über 13000 Patienten mit Statinintoleranz und hohem kardiovaskulärem Risiko mit Bempedoinsäure randomisiert und doppelblind behandelt. Die Therapie war mit einem niedrigeren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt, nicht tödlicher Schlaganfall oder koronare Revaskularisation) vergesellschaftet (12).

Fazit

• LDL-Cholesterin stellt einen wichtigen, kausalen kardiovaskulären Risikofaktor dar. Reduktion erhöhter Werte sind eine effektive Massnahme zur Senkung des Risikos für Herzerkrankungen und Schlaganfälle.

• Neben Lebensstilmassnahmen kann eine medikamentöse Senkung des LDL-Cholesterins notwendig sein, dies insbesondere bei familiärer Hypercholesterinämie, sowie bei hohem und sehr hohem Risiko, wenn die entsprechenden Zielwerte ohne Medikamente nicht erreicht werden.

• Für die medikamentöse LDL-C Senkung empfehlen die Leitlinien der ESC primär den Einsatz von Statinen. Wenn hochpotente Statine in maximal verträglicher Dosierung allein nicht ausreichen, können Ezetimibe, Bempedoinsäure oder ein PCSK9-Hemmer (monoklonaler Antikörper gegen PCSK9 oder PCSK9-siRNA [Inclisiran]) zusätzlich verordnet werden.

• Neben der Höhe des LDL-C-Werts spielt die Dauer der Exposition (Cholesterinjahre) eine wichtige Rolle. Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie müssen daher so frühzeitig wie möglich mit einer effizienten Therapie behandelt werden.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

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