Die saisonale Grippe

Die saisonale Grippe ist eine akute virale Infektionskrankheit, die durch Influenza A/H1N1, A/H3N2 und Influenza-B-Viren verursacht wird. Noch zu oft von den meisten Menschen als gutartige Krankheit angesehen, ist sie hoch ansteckend und manchmal mit schwerwiegenden Komplikationen verbunden. Influenza verursacht in der Schweiz jährlich 1 000 bis 5 000 Spitalaufenthalte und 1 500 Todesfälle, davon 90% unter den über 65-jährigen (www.bag.admin.ch). Die Sterblichkeit stellt jedoch nur die Spitze des Eisbergs dar. Influenza fördert auch die Dekompensation chronischer Krankheiten und kann vor allem bei älteren und gebrechlichen Patienten zu einem Funktionsverlust beitragen (1, 2).

Die Prävention mittels Impfungen ist die wirksamste Massnahme bei der Bekämpfung der Grippe, auch wenn die genaue Wirksamkeit der derzeitigen Impfstoffe noch diskutiert wird (3-6). Die Empfehlungen für diese Impfung haben sich seit 2013 nicht geändert (www.infovac.ch). Die Impfung wird jährlich für Personen mit erhöhtem Komplikationsrisiko, deren Familien und Angehörige des Gesundheitswesens empfohlen (Tab. 1)(1). Bis heute gibt es keine Hinweise auf eine Verringerung der Wirksamkeit dieser Impfung (7). Es gibt sogar Hinweise auf einen Vorteil bezüglich antigenetischer Abdeckung (8).

Grippe in Zahlen

In der Schweiz führt die Grippe zu 112 000 bis 275 000 Arztbesuchen pro Jahr (je nach Sentinella-Überwachungssystem). Während der 15-wöchigen Epidemie der Grippesaison 2017/2018, (1. Oktober 2017 bis 21. April 2018), überwogen die Viren des Typs B der Linie Yamagata (66%) und A/H1N1pdm09 (23%). Viren B/Victoria wurden nur sporadisch identifiziert. Bei einer Epidemie-Schwelle von 68 Konsultationen pro 100 000Einwohner wurden in zwei Spitzen in der zweiten und vierten Woche 2018 358 resp. 352 Konsultationen pro 100 000Einwohner gezählt, was ein tieferer Wert ist als in den Jahren 2008/09, 2012/13, 2014/5 und 2016/17. War die Inzidenz bei Kindern im Alter von 0 bis 4 Jahren am höchsten (6258/100 000 Einwohner), so war die Altersgruppe ab 65 Jahren weniger, aber immerhin mit 2549 Konsultationen/100 000 Einwohner betroffen. Mit fast 4% der Bevölkerung, die während der Epidemieperiode einen Hausarzt konsultiert haben (3950 Erstkonsultationen/100 000 Einwohner), ist dies der höchste Wert in der Schweiz seit 2000 (+46% des Durchschnitts der letzten 10 Saisons). Der Hauptgrund ist die aussergewöhnliche Dauer der Epidemie; sie betrug im Durchschnitt der letzten zehn Jahre 10,5 Wochen (www.bag.admin.ch).
Bei den über 65-Jährigen lag die Zahl der Todesfälle nur leicht über den anfangs März 2018 erwarteten Werten. Diese Übersterblichkeit widerspiegelt jedes Jahr den Schweregrad der in dieser Bevölkerung beobachteten Epidemie und die Gefahr schwerwiegender Veränderungen bei den gefährdeten Menschen. Von allen gemeldeten Influenza-Fällen hatten 7% ein erhöhtes Komplikationsrisiko und bei über 65-Jährigen 30%. Eine Pneumonie wurde in 4% aller Fälle diagnostiziert; am häufigsten bei den ältesten (12%) und am seltensten bei Kindern ≤ 4 Jahre (0.1%). Fast 1% aller Personen mit Grippeverdacht und 9% der Fälle mit Lungenentzündung wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Der höchste Anteil der Hospitalisationen bei Verdacht auf Influenza war bei den über 65-Jährigen (3%). Bei dieser Gruppe wurde auch am häufigsten die Diagnose während einer Hospitalisation gestellt (54% vs. 33% bei den 30-64-Jährigen, www.bag.admin.ch).
Während der Saison 2017/2018 waren etwa 7% der Verdachtsfälle mit bekanntem Impfstatus geimpft. Dieser Anteil war in den Gruppen, in denen das BAG Impfungen empfiehlt, höher (Tab. 1) mit 31% bei den über 65-Jährigen und 39% bei Personen mit erhöhtem Komplikationsrisiko, was die eher geringe Wirksamkeit des Impfstoffes bezeugt. Diese Daten wurden international bestätigt. Eine antivirale Behandlung, in den meisten Fällen mit einem Neuraminidase-Inhibitor, wurde bei 1% der Patienten mit Grippe verabreicht; 11% erhielten eine antibiotische Behandlung, wahrscheinlich aufgrund einer bakteriellen Superinfektion (www.bag.admin.ch).

Influenza ist ansteckend bevor Symptome auftreten und kann asymptomatisch verlaufen

Influenza wird durch direkten Kontakt mit einer infizierten Person (Niesen, Husten bis zu 1 Meter) übertragen, insbesondere in geschlossenen Räumen. Aber Grippeviren können auch auf inerten Oberflächen bis zu 48 Stunden am Leben bleiben. Da geschätzt wurde, dass ein erwachsener Mensch sein Gesicht bis zu 40 Mal mit den Händen berührt, sind Kontakte mit «kontaminierten» inerten Gegenständen und Oberflächen (Tisch, Türgriffe, Aufzugsknopf, Treppengeländer, Banknoten usw.) ein echtes Übertragungsmittel, das nicht trivialisiert werden sollte (9). Infizierte Menschen können Grippeviren auf andere übertragen, auch wenn sie sich (noch) nicht krank fühlen (9) am Arbeitsplatz, zu Hause und / oder in Gesundheitseinrichtungen wie Alters- und Pflegeheim (APH) oder Krankenhäusern.
Fast ein Drittel der Menschen, die mit einem der saisonalen Grippeviren infiziert sind, haben keine der spezifischen Symptome und fühlen sich nicht einmal krank (10). Diese Leute können das Virus immer noch übertragen. Die Impfung trägt wesentlich zur Verringerung des Ansteckungsrisikos bei (11). Angehörige der Gesundheitsberufe gehören zu denjenigen, die am stärksten von Influenza bedroht sind. Darüber hinaus bedeutet der daraus resultierende Krankheitszustand häufig eine zusätzliche Arbeitsbelastung für Kollegen in Epidemiezeiten und/oder Belastung der Organisation in Bezug auf den Einsatz von Teilzeitkräften, insbesondere im APH und in Krankenhäusern (12).

Klinik der Grippe

Nach einer Infektion treten Grippesymptome in der Regel innert ein bis drei Tagen auf. Die saisonale Grippe manifestiert sich in einem allgemeinen Unwohlsein, plötzlichem Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit und Schwindel. Die zweite Phase ist gekennzeichnet durch die Intensivierung der Atemwegsbeschwerden (trockener Husten, Halsschmerzen, Heiserkeit, Rhinitis). Das Fieber hält in der Regel 3 bis 8 Tage an und die Rekonvaleszenz dauert 7 bis 15 Tage, aber auch länger (13). Bei älteren Menschen und / oder Menschen mit chronischen Erkrankungen ist die Grippe weit davon entfernt, eine gutartige Erkrankung zu sein und kann mit Komplikationen einhergehen, wovon die häufigsten Pneumonien sind (14).

Grippepneumonien

Grippepneumonien können als eigentliche Influenza-Pneumonie, viralen Ursprungs mit akuter Atemnot wenige Tage nach Beginn der Infektion, und als bakterielle Lungenentzündung infolge Superinfektion, die sich in der Regel sekundär entwickelt, auftreten (13, 15, 16).

Influenza-Pneumonie
Die virale Pneumopathie infolge einer Influenza ist eine bedeutende, wenn auch seltene Komplikation. Sie betrifft vorzugsweise Kinder unter 2 Jahren und Betagte über 65 Jahre. Im Allgemeinen gutartig und von kurzer Dauer bei Kindern, ist sie bei Erwachsenen schwerwiegend (13).
Sie ist durch einen fieberhaften Husten gekennzeichnet, gefolgt von Dyspnoe und Zyanose. Das Thorax-Röntgenbild zeigt ein noduläres oder retikulo-noduläres Infiltrat mit oder ohne herdförmige Konsolidation. Im CT finden sich Bilder von peribronchialen und / oder subpleuralen Konsolidationen sowie Milchglasbilder. Das radiologische Erscheinungsbild und die klinischen Merkmale können das akute Atemnotsyndrom jederzeit nachahmen. Die Influenza-Pneumonie entspricht einem direkten Befall des Lungenparenchyms durch das Influenzavirus, sei es der Alveolen mit intraalveolärem hämorrhagischem Ödem oder des Interstitiums mit Induktion einer akuten Fibrose (meist mit respiratorischen Folgen). In den schwerwiegendsten Fällen ist meistens Pflege auf der Intensivstation erforderlich. Manchmal ist eine Myokarditis assoziiert. In seiner bösartigen Form tritt die Pneumonie innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Infektion auf, kann sich aber bis zu 10 Tage nach Krankheitsausbruch entwickeln. Das Risiko für eine Influenza-Pneumonie ergibt sich aus dem komplexen Zusammenspiel von Immunsystem und den Eigenschaften des Virus.
Ältere Menschen, insbesondere pflegebedürftige in Institutionen lebend, sowie solche mit kardiovaskulären und / oder respiratorischen Komorbiditäten sind in der Regel die Gruppe mit dem grössten Risiko für saisonale Influenza. Je nach Virus-Subtyp können diese Gruppen jedoch variieren, wie zum Beispiel während der Pandemie von 1918, als junge Menschen bevorzugt betroffen waren. Die Sterblichkeit bleibt hoch, in der Grössenordnung von 30%, wobei der Tod in der Regel innerhalb von 4 Tagen eintritt (13), insbesondere bei Koinfektionen durch Staphylococcus aureus oder Streptococcus pneumoniae (17).

Bakterielle Lungenentzündung
Bakterielle Superinfektionen treten in allen Altersgruppen auf und sind die häufigste Komplikation (16-18). Durch das Grippevirus verursachte Läsionen fördern die Vermehrung von Bakterien in den Atemwegen (16). Die am häufigsten isolierten Keime sind S. aureus, S. pneumoniae und Haemophilus influenzae. Im Gegensatz zu S. aureus-Pneumonien treten Pneumokokken- und Haemophilus-Pneumonien in der Regel später, 2-3 Wochen nach Beginn der Grippesymptome auf und können ambulant mit den gleichen Behandlungsmodalitäten und Empfehlungen behandelt werden wie eine unkomplizierte ambulant erworbene Pneumonie. Superinfektionen werden durch vorbestehende Läsionen im Zusammenhang mit bestimmten chronischen Erkrankungen begünstigt. Dies erklärt, warum Influenza bei Patienten über 65 Jahre, bei Atem- und/oder Herzinsuffizienz oder Diabetes eine schwere Krankheit ist mit einer viel höheren Morbidität und Mortalität. Eine erneute Analyse von Lungenautopsie-Proben von Menschen, die an der Grippepandemie von 1918 starben, bestätigte, dass die überwiegende Mehrheit der Todesfälle damals nicht direkt mit der Virulenz des Influenzavirus allein, sondern mit Superinfektionen mit S. pneumoniae und S. aureus zusammenhingen (19). Wenn auch die Prognose unter einer adäquaten Antibiotikatherapie oft günstig ist, hängt sie letztlich vor allem vom Allgemeinzustand ab und ist bei älteren, fragilen, und polymorbiden Patienten unter Polymedikation deutlich belasteter.

  

Prävention: die jährliche Impfung bleibt das wirksamste Mittel

Die Impfung ist nach wie vor die einfachste, wirksamste und wirtschaftlichste Präventivmassnahme für Menschen, die von Komplikationen bedroht sind (Tab. 1) und für Menschen, die sich um solche oder deren Familien kümmern, sei es im Gesundheitswesen, in Gemeinden oder im Alltag. Die ideale Impfzeit ist Mitte Oktober bis Anfang Dezember.
Andere Massnahmen zur Bekämpfung der Influenza, einschliesslich Hygienemassnahmen, sind unerlässlich, wenn sie auch die Grippe-impfung nicht ersetzen können. Falls keine Impfung gemacht werden kann oder eine spezifische Behandlung anderer winterlicher Atemwegserkrankungen fehlt, sind Masken, Atemschutzgeräte und Handhygiene sowie Barrieremassnahmen (Isolation wegen «Tröpfchen», soziale Distanz) in institutionellen Strukturen, aber auch in Ambulanzen die einzigen wirksamen Waffen (20-22).
Bei Erwachsenen gibt es keine spezifischen klinischen Argumente für einen dreiwertigen oder einen vierwertigen Impfstoff. Alle in der Schweiz zugelassenen Impfstoffe sind inaktiviert und frei von Quecksilber und Aluminium. Die verfügbaren und zugelassenen Impfstoffe für Erwachsene sind: Agrippal®, Fluarix®, Influvac® und Mutagrip®. Fluarix Tetra® ist ein vierwertiger Impfstoff. Darüber hinaus enthält der Fluad®-Impfstoff ein Adjuvans (MF59C), das seine Wirksamkeit erhöht (20)] und besonders für Erwachsene über 65 Jahren empfohlen wird (www.sevaccinercontrelagrippe.ch) (21). Wenn auch Impfstoffe für alle verfügbar sind, geht es vorrangig darum, Menschen zu impfen, die einer Gruppe angehören, die von Komplikationen bedroht ist (Tab. 1) (www.infovac.ch).
Die Zusammensetzung der Impfstoffe wird jedes Jahr im Februar von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegt. Seit 2013-2014 gibt die WHO auf der Nordhalbkugel auch Empfehlungen zur Zusammensetzung von vierwertigen Impfstoffen ab. Für die Saison 2018/2019 wurde die Zusammensetzung für den des trivalenten Impfstoffs bestimmt und modifiziert für die Stämme A/H1N1pdm09 (A/Michigan/45/20154), A/H3N2 (A/Singapore/INFIMH-16-0019/2016) und B-Victoria (B/Colorado/06/2017) zur besseren Abdeckung zirkulierender Viren. Der zusätzliche Influenza-B-Stamm, der im tetravalenten Impfstoff enthalten ist, bleibt unverändert B Yamagata = B/Phuket/3073/2013. Die Impfstoffe ohne Adjuvantien stehen im Herbst zur Verfügung.
Im Allgemeinen kann die Impfung das Grippe-Risiko bei gesunden Erwachsenen um 70% senken, wenn die Impfstämme mit den zirkulierenden Stämmen übereinstimmen (was in der Saison 2015/16 nicht der Fall war) (5). Das Alter und die Immunkapazität der geimpften Person (21) erklären, warum der Impfschutz bei älteren Menschen auf 30-40 % reduziert ist (3,4). Im institutionellen Bereich führt die Impfung von Personal und Bewohnern zu einer Verringerung von Lungenentzündungen um 46%, einer Reduktion der Krankenhausaufenthalte um 45% und der Todesfälle durch Grippe oder Lungenentzündung um 42% (22, 23). Bei 5% der geimpften Personen werden den Grippesymptomen ähnliche Reaktionen beschrieben. Diese sind nicht die Grippe, sondern Manifestation der Immunantwort auf die Impfung. Während Adjuvantien die Immunogenität von Impfstoffen verbessern, erhöhen sie auch die Reaktogenität, die sich meistens durch eine intensivere, aber letztlich harmlose Reaktion an der Injektionsstelle zeigt (1).
Während der Grippesaison 2017/18 war die Abdeckung der zirkulierenden Stämme mit dem dreiwertigen Impfstoff gering (29%), da das Yamagata-Virus der Linie B nur im vierwertigen Impfstoff enthalten war (95% Schutz). Während die Wirksamkeit des Impfstoffs nach Altersgruppen auf 25-52% geschätzt wurde (A/H1N1pdm09-Stamm: 55-67%; Virus B: 36-55%), haben dreiwertige Impfstoffe dennoch eine Wirksamkeit gegen Influenzae B/Yamagata aufgrund des Kreuzschutzes zwischen den Linien gezeigt (49-77%) (www.bag.admin.ch). Diese Daten stammen aus den USA, da in der Schweiz keine Wirksamkeitsstudie durchgeführt wurde.
Interessanterweise wurden in Betracht gezogen, dass Vitamin D im Zusammenhang mit Prävention von Grippe und saisonalen Atemwegsinfektionen immunmodulatorische Effekte haben könnte (27). In einer randomisierten Langzeitstudie zeigten Ginde et al., dass die Supplementierung mit 100.000 IE Vitamin D pro Monat die Inzidenz akuter Atemwegsinfekte reduziert (2) im Vergleich zur Supplementierung mit den üblicherweise empfohlenen Dosen von 400-1000 IE/Tag (28). Während die antiinfektiöse Wirkung von Vitamin D immer besser dokumentiert ist, gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass die Vitamin-D-Supplementierung einen Einfluss auf die Verbesserung der Immunogenität von Grippeimpfstoffen hat (29).

Therapie: der Stellenwert der antiviralen Mittel

In der Schweiz gibt es antivirale Grippemittel, die erlauben, schwere Komplikationen und Todesfälle in Hochrisikosituationen zu verhindern. Im Idealfall sollten sie so schnell wie möglich nach Ausbruch der Krankheit verabreicht werden. Eine empirische Behandlung von Patienten mit Verdacht auf Influenza wird in der Regel nicht empfohlen. Eine antivirale Behandlung ist für Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen während der Epidemie mit Grippesymptomen von weniger als 48 Stunden Dauer indiziert (24).
Neuraminidasehemmer (Oseltamivir, Zanamivir) begrenzen die Ausbreitung von Viren ausserhalb infizierter Zellen und M2-Proteinhemmer (Amantadin, Remantadin) begrenzen die Viruspenetration in die Zelle. Sie reduzieren effektiv Komplikationen und allgemein die Entwicklung von Symptomen. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Viren noch sensibel ist, führen bestimmte Mutationen zu Resistenzen (Neuraminidase: H275Y und E119V; M2-Protein-Gen: Ser31). Die Resistenzen für zirkulierende Influenzaviren werden genau überwacht. Die WHO kann in Echtzeit Informationen über den möglichen Einsatz im therapeutischen oder prophylaktischen Management (z.B. Epidemie in geschlossenen Gemeinschaften, Institutionen usw.) liefern (24, 25). So zeigte in der Saison 2017/18 eines der 91 im Sentinella-Netzwerk getesteten Viren eine Resistenz gegen Oseltamivir. Weltweit sind Resistenzen selten (Europa <0,3% und USA 1% von A/H1N1pdm09, und 0% für andere Viren) (www.bag.admin.ch).

Fazit

Influenza ist die Infektion, die in der Schweiz jedes Jahr am meisten Menschen tötet, insbesondere über 65-Jährige. Die Impfungen von älteren Menschen ist daher eine Priorität, wie auch von allen Erwachsenen der Gruppe 1 und von Angehörigen der Gesundheitsberufe. Gemäss einer Umfrage des BAG bei 3605 Personen, die in der Saison 2017/18 hätten geimpft werden sollen, waren dies nur 32% der über 65-Jährigen und 25% der Personen mit chronischen Krankheiten. Während sich 2014/15 18% der Angehörigen von Gesundheitsberufen impfen liessen und 2015/16 21% und 2016/17 25%, ging die Deckung in der Saison 2017/18 auf 20% zurück. Erstmals wurden auch Personen befragt, die regelmässig Kontakt mit gefährdeten Personen haben; bei ihnen lag die Impfquote bei 7%. (www.bag.admin.ch). Während persönliche Schutzmassnahmen (Maskengebrauch und Handhygiene) eine gute Ergänzung darstellen, sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Impfraten bei Risikopatienten und Angehörigen des Gesundheitswesens zu verbessern (Tabellen 2A und 2B).

Dr. med. Pierre-Olivier Lang, PhD

Genolier Klinik und Montchoisi Klinik
Route du Muids 3
1272 Genolier
plang@genolier.net

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Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Beitrag keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Influenza ist eine hoch ansteckende akute Virusinfektion
  • Die Grippe verursacht jährliche Epidemien mit einem Wintergipfel
  • Influenza ist ein grosses Problem der öffentlichen Gesundheit, insbesondere in so genannten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, zu denen alle Menschen ≥ 65 Jahre gehören
  • In einem Drittel der Fälle bleibt die Grippe asymptomatisch, aber die Person ist ansteckend und kann das Virus auf jeden um sich herum übertragen
    Besonders gefährdet sind die Angehörigen der Gesundheitsberufe, sich zu infizieren und Grippe zu übertragen
  • Die Impfung ist nach wie vor das wirksamste Mittel der Prävention; individuelle Schutzmassnahmen sind eine gute Ergänzung
  • Bei Grippe sind antivirale Mittel wirksamer, wenn sie innerhalb der ersten 48 Stunden verabreicht werden.

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Akute Bauchschmerzen

Akute Bauchschmerzen treten häufig auf, definiert sind sie als plötzlicher Beginn von starken Schmerzen mit einer Dauer von weniger als 24 Stunden. Die Ursachen sind sehr zahlreich, sodass eine strukturierte Herangehensweise sinnvoll ist. Einige Ursachen erfordern eine unmittelbare Therapie, meist einen chirurgischen Eingriff: hierzu gehören Blutungen und Perforationen.

Intra-abdominelle Blutungen: Das rupturierte abdominelle Aortenaneurysma erfordert meist eine sofortige Vorstellung beim Gefässchirurgen. Andere Blutungsursachen bluten meist weniger stark, erfordern aber trotzdem eine schnelle Abklärung: eine rupturierte ektope Schwangerschaft, ein blutendes Magenulkus, stumpfes Abdominaltrauma. Diese Patienten präsentieren sich meist im hypovolämen Schock (Tachykardie, Blässe, Kaltschweissigkeit, schwacher Puls).

Perforation innerer Organe: Eine generalisierte Peritonitis ist eine Entzündungsreaktion, welche meistens durch die Perforation eines abdominellen Organs verursacht wird: ein perforiertes peptisches Ulcus, Dünn- oder Dickdarm-Obstruktion, Divertikulitis perforata, chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Diese Patienten liegen oft sehr unbeweglich im Bett (im Gegensatz zu einer Nierenkolik, wo sich die Patienten stark bewegen) und sind in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand. Klinisch imponiert ein hartes Abdomen, eine Abwehrspannung, Loslassschmerzen sowie sehr schwache oder fehlende Darmgeräusche.

Ischämie: Patienten mit starken und diffusen Bauschmerzen aber mit unauffälligem klinischen Status haben bis zum Beweis des Gegenteils eine Ischämie (Tabelle 1). Die Patienten haben meistens eine kardiovaskuläre Vorerkrankung. Ein wichtiger Hinweis liefert die arterielle Blutgasanalyse, wo eine Azidose und das erhöhte Laktat einen Hinweis auf die Schwere der Ischämie geben. Die Diagnose wird mittels Computertomographie gestellt, die auch die Diagnose von weitern Pathologien wie z.B. eine Intussuszeption oder Coecum-Volvulus erlaubt.
Weniger dringliche Bauchschmerzen sind Koliken, bei welchen der Patient den Schmerz als Crescendo/Decrescendo beschreibt. Typischerweise sind dies Ureter Obstruktionen (Harnsteine) und Darmverschlüsse. Eine biliäre Kolik zeigt zwar ein wellenförmiges Auftreten, die Schmerzen klingen jedoch nie ganz ab.
Der Peritonismus (nicht Peritonitis!) ist eine lokalisierte Reizung des Peritoneums verursacht durch entzündete innere Organe, welche das viszerale (und anschliessend das peritoneale) Peritoneum reizen. Der Patient kann den Startpunkt der Schmerzen oft genau beschreiben, welche dann im Verlauf an einem andern Ort auftreten. Das typische Beispiel ist die akute Appendizitis, wo der Schmerz von umbilikal in den rechten Unterbauch wandert. Die Lokalisation erlauben eine erste Differentialdiagnose (Tabelle 2).

Seltene Ursachen für akute Bauchschmerzen sind die Appendizitis epiploica (mit Peritoneum überzogene Fettanhängsel des Darms), die mesenterische Panniculitis (Entzündung des Mesenteriums) oder der Gallensteinileus, wo ein Gallenstein eine Perforation in den Dünndarm und dort einen Ileus verursacht.


Nicht zu vergessen sind extra-abdominelle Ursachen, welche ebenfalls Bauchschmerzen verursachen können: Hodentorsion, rupturierte ektope Schwangerschaft, diabetische Ketoazidose, Herzinfarkt und basale Pneumonie oder Pleuritis, Addison-Krise, Hyperkalzämie, Sichelzellerkrankung, Porphyrie, Quecksilber-Vergiftung, Opiat-Entzug, Spinnenbiss (schwarze Witwe) oder das Bauchwandhämatom.
Bei akuten Bauchschmerzen sollten immer folgende Untersuchungen durchgeführt werden:

Anamnese

Körperliche Untersuchung mit Vitalparametern (inkl. Atemfrequenz) zur schnellen Erfassung eines hypovolämen oder septischen Schocks.

Laboruntersuchungen

  • Die arterielle Blutgasanalyse liefert schnelle Resultate bei Blutungen und septischen Patienten, besonders pH, pO2, pCO2, und das Laktat zur Beurteilung einer Gewebeminderperfusion sind wertvolle Parameter, welche innerhalb weniger Minuten zur Verfügung stehen.
  • Routinelabor: Blutbild, CRP, Leber- und Cholestasewerte, Amylase, Kalzium. Dabei ist bemerkenswert, dass die Amylase nicht nur bei der akuten Pankreatitis erhöht ist, sondern auch bei mesenterialer Ischämie, ektoper Schwangerschaft, Darmperforationen und diabetischer Ketoazidose u.a. Falls der Patient operiert werden könnte, sollte auch ein Type & Screen abgenommen werden.
  • Blutkulturen, falls eine Infektion zur Differentialdiagnose stehtUrinstatus, insbesondere auch ein Schwangerschaftstest.

EKG

Bei jedem akuten Abdomen (Myokardinfarkt, Vorhofflimmern als Ursache von mesenterialen Ischämien).

Bildgebungen

Ein Ultraschall sollte als Orientierung auf der Notfallstation bei jedem akuten Abdomen zur schnellen (Ausschluss-)Diagnose
Aortenaneurysma, -dissektion, freie Flüssigkeit durchgeführt werden. Die Vorteile sind der Zeitgewinn bis zum CT, keine Therapieverzögerung mit «Warten auf das Labor» (Gallenwege und Leber bei Verdacht auf Gallensteinen, Nieren und ableitende Harnwege bei Verdacht auf Harnsteine, Uterus und Ovarien bei V.a. extrauteriner Pathologie).
Ein Thorax-Röntgenbild dient zum Nachweis einer Hohlorganperforation (subphrenisch freie Luft) sowie zum Nachweis einer basalen

Pneumonie

In der Computertomographie ohne Kontrastmittel können Nierensteine nachgewiesen werden. In 95% kann bei starken Schmerzen die Diagnose mit i.v.- und oralem Kontrastmittel gestellt werden.
Eine Gastroskopie sollte bei Verdacht auf ein peptisches Ulkus sowie bei einer oberen gastrointestinalen Blutung erfolgen. Eine Koloskopie ist zum Nachweis einer Darmischämie je nach Situation durchzuführen. Hier gilt ein sorgfältiges Abwägen zwischen Perforationsrisiko und Nutzen der Diagnostik.

Dr. med.Roger Wanner

Gastroenterologie Zürich AG
Seefeldstrasse 214
8008 Zürich

roger.wanner@hin.ch

Dr. med. Anouk Chuffart

Co-Leiterin Notfallstation
Spital Männedorf
Asylstrasse 10
8708 Männedorf

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Akute Bauchschmerzen müssen sofort durch einen erfahrenen Kliniker beurteilt werden – einige Krankheitsbilder erlauben keine
    diagnostische Verzögerung.
  • Das Spektrum der Ursachen ist sehr gross und reicht von Perforationen, Blutungen, Entzündungen und Ischämien der abdominellen Organe auch zu extraabdominalen Ursachen wie einem Myokardinfarkt oder einer Pneumonie.
  • Die Notwendigkeit einer notfallmässigen Operation sollte immer bedacht werden.

Interventionelle Schmerztherapie

Interventionelle schmerztherapeutische Verfahren spielen heute sowohl in der Behandlung akuter wie zunehmend auch chronischer Schmerzen eine wichtige Rolle. Dies gilt sowohl unter diagnostischen als auch therapeutischen Aspekten. Im vorliegenden Beitrag sollen die wichtigsten Verfahren vorgestellt werden.

Die Anwendung interventioneller schmerztherapeutischer Verfahren ist aus der modernen Schmerztherapie nicht mehr wegzudenken. Dies galt in der Vergangenheit insbesondere für akut und subakut auftretende Schmerzen. Auf der anderen Seite spielten interventionelle Verfahren in der Behandlung chronischer Schmerzen lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle. Hier hat in den letzten Jahren ein gewisses Umdenken stattgefunden und schmerztherapeutische Interventionen gewinnen sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie bei chronischen Schmerzen ebenfalls zunehmend an Bedeutung. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die zunehmende Standardisierung und Professionalisierung der Indikationsstellung und Durchführung interventioneller Verfahren (1, 2). Zusätzlich konnte nachgewiesen werden, dass entsprechend interdisziplinär durchgeführte Assessments die Indikationsstellung und damit die Erfolgsrate von interventionellen Massnahmen verbessern (3). In der gleichen Arbeit wurde gezeigt, dass andererseits diagnostische Interventionen helfen können, eine klinische Diagnose zu verifizieren. Im vorliegenden Beitrag wird der Stellenwert interventioneller Verfahren im Kontext einer multimodalen Therapie chronischer Schmerzen dargelegt. Des Weiteren werden aus schmerztherapeutischer Sicht einige der wichtigsten interventionellen Verfahren vorgestellt.

Stellenwert interventioneller Verfahren in der schmerztherapeutischen Diagnostik

Analog zu den meisten Erkrankungen wird auch bei chronischen Schmerzen im ersten Schritt basierend auf der Anamneseerhebung und klinischen Untersuchung eine Verdachtsdiagnose gestellt. Diese wird durch weitere multiprofessionelle Diagnostik (z. B. Physiotherapie, Psychologie) erhärtet und es kann ein zunehmend konkreter Therapieplan entwickelt werden. Allerdings sind gerade im Zusammenhang mit Schmerzerkrankungen bildgebende Verfahren zwar sensitiv und spezifisch in Bezug auf anatomische Veränderungen, nicht aber in Bezug auf den Schmerz als solchen (4).
Durch die selektive ultraschall- oder fluoroskopisch gestützte Applikation eines Lokalanästhetikums an einen Nerven oder in ein Gelenk kann die Wertigkeit radiologischer Befunde in Hinsicht auf die Schmerzproblematik beurteilt werden. In der Schmerztherapie wird für dieses Verfahren der Begriff der «diagnostischen Blockade» verwendet, welche als positiv gewertet wird, wenn der Schmerz durch die Lokalanästhesie um 50% reduziert wird. Der Begriff der «Blockade» darf in diesem Zusammenhang indessen nicht mit einer mechanischen Blockade von Gelenken verwechselt werden, welche Basis für manualtherapeutische Mobilisationen sein kann.
Als praktisches Beispiel sei an dieser Stelle die Beurteilung des Iliosakralgelenkes (ISG) genannt. In der orthopädischen und physiotherapeutischen Praxis sind diverse Provokationstests bekannt und anerkannt. Allerdings liegen bezüglich Validität dieser Testverfahren in Bezug auf die Diagnosestellung in der Literatur sowohl positive als auch negative Publikationen vor (5, 6). Die gezielte röntgengesteuerte diagnostische intraartikuläre ISG-Blockade hingegen wird hingegen unumstritten als Goldstandard angesehen.
Ein anderes häufig anzutreffendes Beispiel ist die Diagnostik von Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die untere Extremität. In der neurologischen Diagnostik werden zum Nachweis lumbosakraler Wurzelläsionen routinemässig die Elektromyographie, die F-Wellen-Darstellung sowie die Untersuchung des H-Reflexes durchgeführt. Hier werden häufig die Begriffe «Radikulopathie» und «radikulärer Schmerz» fälschlicherweise synonym gebraucht. «Radikulopathie» beschreibt einen Symptomkomplex aus verschiedenen sensiblen und motorischen Veränderungen mit oder ohne Schmerzempfindung, welche auf eine Reizung oder Verletzung einer Nervenwurzel zurückzuführen sind. Es ist demzufolge durchaus vorstellbar, dass zwar eine Radikulopathie neurophysiologisch nachweisbar ist, die Intensität des ausstrahlenden Schmerzes sich aber nicht durch eine selektive diagnostische Wurzelblockade reduzieren lässt. In diesem Fall muss nach einer anderen Ursache für den gleichzeitig vorhandenen Schmerz gesucht werden. Andererseits kann auch ohne in der Neurophysiologie nachweisbare strukturelle Veränderungen ein relevanter radikulärer Schmerz vorliegen. Diese Diagnose kann dann ausschliesslich durch eine selektive diagnostische Blockade verifiziert werden.

Stellenwert interventioneller Verfahren in der multimodalen Schmerztherapie

Die Effektivität, zumindest für den kurzzeitigen Effekt, ist in der Literatur für viele Blockaden gut belegt, dazu zählen unter anderem die selektiven Nervenwurzel- und Facettengelenksblockaden oder die Triggerpunktinfiltrationen (7-9). Die Wirkung dieser Blockaden kann häufig durch die Augmentation mit Kortison oder die Applikation von Radiofrequenzströmen auf mehrere Wochen verlängert werden. Dennoch ist diese Therapie insbesondere bei chronischen Schmerzpatienten als Monotherapie kritisch zu hinterfragen. Eingebunden in ein multimodales Konzept können jedoch gerade diese Phasen der reduzierten Schmerzintensität ein ideales Zeitfenster für die erfolgreiche Umsetzung anderer Therapiemodalitäten, insbesondere der Physiotherapie, darstellen (10).

Häufig durchgeführte interventionelle Massnahmen

Nervenwurzelverfahren

Die selektive Nervenwurzelblockade beschreibt ein wirbelsäulennahes Verfahren, bei dem unter fluoroskopischer oder CT-gestützter Kontrolle eine Nadel in unmittelbare Nähe einer bestimmten Nervenwurzel im entsprechenden Neuroforamen platziert wird. Wie oben beschrieben, kann diese Intervention unter diagnostischem wie auch unter therapeutischem Aspekt durchgeführt werden. Grundsätzlich wird dieses Verfahren sowohl im zervikalen, im thorakalen als auch im lumbalen und sakralen Abschnitt der Wirbelsäule eingesetzt.
Zur Diagnostik werden aufgrund der hohen Rate falsch-positiver Ergebnisse bei der ersten Intervention zwei Interventionen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, sinnvollerweise mit unterschiedlich lang wirkenden Lokalanästhetika (zum Beispiel Lidocain und Bupivacain) durchgeführt (11). Vor Injektion des Lokalanästhetikums wird zur definitiven Lagekontrolle sowie zum Ausschluss einer intravasalen Position der Nadelspitze Röntgenkontrastmittel injiziert (Abb. 1). Nach positiver Diagnostik kann unter therapeutischem Aspekt sowohl die perkutane funktionelle Denervation (Radiofrequenztherapie) als auch die transforaminale Steroidinfiltration zum Einsatz kommen, wobei die Durchführung grundsätzlich der Durchführung der diagnostischen Blockaden sehr ähnlich ist. Für die Wirksamkeit der Radiofrequenztherapie besteht etwas Evidenz (12), die Evidenz bezüglich Steroidinfiltrationen ist nicht eindeutig belegt (13).

Abb. 1 Darstellung des periradikulären Kontrastmittelabflusses bei einer diagnostischen Nervenwurzelblockade L4 rechts

Blockaden an den Facettengelenken

Eine häufige (Mit-) Ursache lumbaler Schmerzen liegt in den lumbalen Facettengelenken als Schmerztrigger. Auf der anderen Seite gibt es im Rahmen der klinischen Untersuchung keine Testverfahren, die beweisend für die Diagnose eines Facettengelenksschmerzes sind. Mögliche Differentialdiagnosen beinhalten den diskogenen Schmerz, eine Pathologie im Bereich der Iliosakralgelenkes, sowie myofasziale Schmerzen. Zusätzlich besteht gerade bei dieser anatomischen Struktur die Gefahr, dass aufgrund radiologischer (meist degenerativer) Veränderungen zu schnell und undifferenziert von der Bildgebung auf die klinische Situation des Patienten geschlossen wird und invasive Therapieverfahren der lumbalen Facettengelenke (häufig operative Verfahren im Sinne von Spondylodesen) ohne vorherige interventionelle Diagnostik durchgeführt werden. Dabei besteht gerade für die unter fluoroskopischer Kontrolle durchgeführten diagnostischen Blockaden (im Sinne einer Blockade der sensiblen Versorgung der Facettengelenke durch die entsprechenden Rami mediales) eine sehr gute Evidenz (14). Diese werden mit einem Lokalanästhetikum durchgeführt und der Patient hat mit Hilfe eines Schmerztagebuches die Aufgabe, die Schmerzintensität in den folgenden Stunden zu beurteilen. Als positiv gilt eine Blockade üblicherweise, wenn eine mindestens 50%ige Schmerzreduktion erreicht werden konnte.
An therapeutischen Optionen stehen auf der einen Seite die intraartikuläre Steroidinfiltration der betroffenen Gelenke, auf der anderen Seite die Radiofrequenz-Thermoablation oder die gepulste Radiofrequenztherapie der entsprechenden Rami mediales zur Verfügung. Die Evidenz für die intraartikuläre Injektion ist weniger gut, neueren Datums gibt es nur einige Beobachtungsstudien. Die besten Untersuchungen existieren zur Thermoablation. Hier konnte in einer randomisierten Doppelblindstudie nicht nur eine signifikante Schmerzlinderung, sondern auch eine Verbesserung funktioneller Parameter gezeigt werden (15).

Epidurale Infiltration

Schmerzen aufgrund einer Spinalkanalstenose haben üblicherweise ein recht charakteristisches Verteilungsmuster. Meistens sind beide Beine betroffen, eine dermatomale Zuordnung der Schmerzen ist nur schwer möglich und es liegt der typische (anamnestische) Hinweis einer claudicatio spinalis vor. Insgesamt ist diese strukturelle Pathologie häufig schon klinisch deutlich besser von einem unspezifischen Schmerzbild abzugrenzen als andere pathologische Zustände. Dennoch kommt auch bei dem klinischen (und möglicherweise radiologischen) Vorliegen einer relevanten Spinalkanalstenose der diagnostischen Epiduralanästhesie eine gewisse Bedeutung zu, insbesondere wenn von wirbelsäulenchirurgischer Seite eine mögliche operative Option diskutiert wird.
Die Durchführung einer epiduralen Injektion gehört zur anästhesiologischen Grundausbildung. Bei Einsatz dieser Intervention im Rahmen der Schmerztherapie, insbesondere unter diagnostischen Aspekten, ist allerdings die Durchführung unter fluoroskopischer Kontrolle indiziert, da auf diese Weise die Ausbreitung des Kontrastmittels (und damit entsprechend des Wirkstoffes) kontrolliert und eine gegebenenfalls unvollständige Blockade entsprechend interpretiert werden kann.
Unter therapeutischen Aspekten wird üblicherweise eine Kombination aus Lokalanästhetikum und Steroid eingesetzt. In der aktuellen Literatur wird der Effekt zwar zum Teil kontrovers diskutiert (16, 17), dennoch kann gerade bei klinisch zwar relevanten, radiologisch aber nicht kompletten Spinalkanalstenosen mit Hilfe (gegebenenfalls wiederholt durchgeführter) epiduraler Injektionen möglicherweise eine Operation vermieden oder zumindest hinausgezögert werden. Dies erlaubt dem Patienten im besten Fall, schmerzgelindert mit Hilfe der Physiotherapie bestmögliche Voraussetzungen für die Operation zu schaffen.

Zusammenfassung

Interventionelle Verfahren spielen in der Schmerztherapie eine wichtige Rolle. Allerdings konnten an dieser Stelle nicht alle in der Diagnostik oder der Therapie von Schmerzen eingesetzten Verfahren beschrieben werden. Zusätzlich zu nennen sind zum Beispiel die gezielte Blockade peripherer Nerven, die Iliosakralgelenksblockade oder die Infiltration des M. piriformis.
Allen diesen Verfahren gemeinsam ist die Tatsache, dass sie unter diagnostischem Aspekt dazu beitragen können, eine anamnestisch und klinisch aufgestellte Verdachtsdiagnose zu erhärten. Unter therapeutischen Aspekten können interventionelle Verfahren eine rasche und im besten Fall mittel- bis langfristig anhaltende Schmerzreduktion bringen, eventuell eine Operation hinauszögern oder gar ersetzen, oder, gerade bei chronischen Schmerzzuständen, die multimodale Schmerztherapie unterstützen.

Dr. med.Tim Reck, MSc

Schmerzspezialist SGSS, Interventionelle Schmerztherapie (SSIPM)
Zentrum für Schmerzmedizin, Schweizer Paraplegiker Zentrum
Guido A. Zäch Str. 1
6207 Nottwil

tim.reck@paraplegie.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  •  Insbesondere gezielte selektive Blockaden können dem Schmerztherapeuten im Rahmen einer interdisziplinären schmerzmedizinischen Abklärung bei der Diagnosestellung helfen.
  • Im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie können durch den schmerzlindernden Effekt von interventionellen Massnahmen die Erfolgschancen anderer Therapiemodalitäten (Physiotherapie, Psychotherapie) gesteigert werden.
  • Häufig durchgeführte schmerztherapeutische Interventionen sind die selektiven Nervenwurzelblockaden, Blockaden an den Facettengelenken sowie epidurale Infiltrationen.

  1. Boswell, M.V., et al., Interventional techniques: evidence-based practice guidelines in the management of chronic spinal pain. Pain Physician, 2007. 10(1): p. 7-111.
  2. Practice guidelines for chronic pain management: an updated report by the American Society of Anesthesiologists Task Force on Chronic Pain Management and the American Society of Regional Anesthesia and Pain Medicine. Anesthesiology, 2010. 112(4): p. 810-33.
  3. Van Zundert, J., et al., Clinical trials in interventional pain management: optimizing chances for success? Pain, 2010. 151(3): p. 571-4.
  4. Boden, S.D., et al., Abnormal magnetic-resonance scans of the lumbar spine in asymptomatic subjects. A prospective investigation. J Bone Joint Surg Am, 1990. 72(3): p. 403-8.
  5. Laslett, M., et al., Diagnosis of sacroiliac joint pain: validity of individual provocation tests and composites of tests. Man Ther, 2005. 10(3): p. 207-18.
  6. Dreyfuss, P., et al., The value of medical history and physical examination in diagnosing sacroiliac joint pain. Spine (Phila Pa 1976), 1996. 21(22): p. 2594-602.
  7. Pfirrmann, C.W., et al., Selective nerve root blocks for the treatment of sciatica: evaluation of injection site and effectiveness–a study with patients and cadavers. Radiology, 2001. 221(3): p. 704-11.
  8. van Kleef, M., et al., Randomized trial of radiofrequency lumbar facet denervation for chronic low back pain. Spine (Phila Pa 1976), 1999. 24(18): p. 1937-42.
  9. Garvey, T.A., M.R. Marks, and S.W. Wiesel, A prospective, randomized, double-blind evaluation of trigger-point injection therapy for low-back pain. Spine (Phila Pa 1976), 1989. 14(9): p. 962-4.
  10. Schatman, M.E. and A. Campbell, Chronic Pain Management: Guidelines for Multidisciplinary Program Development. 1st Edition ed. Pain Management2007: CRC Press.
  11. Van Zundert, J., et al., Evidence-based Interventional Pain Medicine: According to Clinical Diagnoses2011: Wiley-Blackwell
  12. Abejon, D., et al., Pulsed radiofrequency in lumbar radicular pain: clinical effects in various etiological groups. Pain Practice, 2007. 7(1): p. 21-6.
  13. Chou, R., et al., Nonsurgical interventional therapies for low back pain: a review of the evidence for an American Pain Society clinical practice guideline. Spine (Phila Pa 1976), 2009. 34(10): p. 1078-93.
  14. Falco, F.J., et al., An update of the effectiveness of therapeutic lumbar facet joint interventions. Pain Physician, 2012. 15(6): p. E909-53.
  15. Nath, S., C.A. Nath, and K. Pettersson, Percutaneous lumbar zygapophysial (Facet) joint neurotomy using radiofrequency current, in the management of chronic low back pain: a randomized double-blind trial. Spine, 2008. 33(12): p. 1291-7; discussion 1298.
  16. Friedly, J.L., et al., A randomized trial of epidural glucocorticoid injections for spinal stenosis. N Engl J Med, 2014. 371(1): p. 11-21.
  17. Manchikanti, L., et al., Randomized trial of epidural injections for spinal stenosis published in the New England Journal of Medicine: further confusion without clarification. Pain Physician, 2014. 17(4): p. E475-88.

Neuropathischer Schmerz nach Chemotherapie

Trotz dem bedeutenden Erfolg der modernen Chemotherapieverfahren lässt sich ein Einfluss auch auf das gesunde Gewebe oft nicht vermeiden, wobei neurotoxische Nebenwirkungen für den Patienten besonders beeinträchtigend sein können. Dieser Artikel gibt einen Überblick über das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten von neuropathischen Schmerzen.

Bei der Chemotherapie handelt es sich um eine medikamentöse Therapie eines Tumors. Voraussetzung für eine onkologische Therapie ist die Diagnose des Tumors, die Kenntnis des Stadiums der Erkrankung, sowie die molekularen Merkmale des Tumors.

Formen und Zielsetzung einer Chemotherapie

Unterschieden werden folgende Zielsetzungen der Chemotherapie:
1. kurative Therapie: Potentielle Heilung
2. palliative Therapie: Verminderung des Tumorleidens und damit Erhöhung der Lebensqualität ohne Aussicht auf Heilung
3. neo-adjuvante Therapie: Präoperative Chemotherapie, um eine Erniedrigung des Stadiums präoperativ zu erreichen
4. adjuvante Therapie: Nach Durchführung einer potenziell kurativen Tumortherapie soll eine adjuvante Chemotherapie Rezidive verhindern
Die wesentlichen Therapieformen werden nach folgenden Kriterien unterschieden:
Systemische (i.v. oder orale Verabreichung) oder regionale Chemotherapie (intrathekal, intrapleural, selektive Perfusion von Organen) sowie kontinuierliche (täglich Einnahme der Therapeutika ohne Unterbrechung) oder zyklische Therapie (Behandlung erfolgt an einem oder wenigen Therapietagen, gefolgt von einer Behandlungspause).

Allgemeine und neurologische Nebenwirkungen

Das Ziel jeder Chemotherapie ist die Hemmung der DNA Replikation und damit der Tumorzellen. Bei jeder Chemotherapie wird je nach Methode und verwendetem Medikament auch gesundes Gewebe mehr oder weniger stark angegriffen.
Darum: Keine Chemotherapie ohne Nebenwirkungen.

Unter anderem können folgende Nebenwirkungen auftreten:

  • Myelosuppression mit Immunsuppression welche die Patienten anfällig für Infektionen und septische Komplikationen machen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • dermatologische Nebenwirkungen wie Haarausfall und Hyperkeratosen
  • thromboembolische Ereignisse
  • neurotoxische Nebenwirkungen. Hierbei sind zu unterscheiden zwischen zentralnervösen Störungen (Rückenmark und Gehirn), sowie Polyneuropathie (peripher und autonom).

Die Patienten geben als unangenehmste aller Nebenwirkungen brennende Schmerzen in der Peripherie an. Hinzu kommen unter Umständen noch Kribbelparästhesien, sowie Schwäche der Extremitäten. Beim Auftreten dieser Symptome sollte also primär an die Chemotherapeutika induzierte periphere Neuropathie gedacht werden.
Die Chemotherapie-induzierten peripheren Neuropathien werden vor allem durch folgende Chemotherapeutika begünstigt:

  • Alkaloide aus Vinca rosea ( Alle, deren Name mit Vin- beginnt)
  • Alkaloide aus der Klasse der Taxane (Alle, deren Name mit -taxel endet)
  • Platinanaloga

Ebenso sind Patienten mit erhöhtem Lebensalter, sowie kachektische und neurologisch vorgeschädigte Patienten – Stichwort Diabetes – eher davon betroffen.

Behandlungsmöglichkeiten

Der Behandlung dieser neuropathischen Schmerzen im Speziellen, aber auch der Schmerzen im Allgemeinen kommt, neben der Chemotherapie, bei der Tumorbehandlung eine zentrale Bedeutung zu. Die häufigsten Gründe einer unzureichenden Schmerztherapie sind die fehlende Schmerzdiagnose, sowie die Unterschätzung der Schmerzen. Ein Fehler, der ebenfalls häufig begangen wird, ist die Verordnung nach Bedarf statt nach Schmerzvorbeugung.

Die Grundregeln einer effektiven Schmerztherapie sind folgende:
1. Orale Gabe anstreben da diese bei über 90% effektiv ist
2. Regelmässige Einnahme nach festem Zeitschema
3. Die individuelle Dosierung muss ermittelt werden. Die Dosis wird so lange erhöht bis eine ausreichende Schmerzreduktion erreicht ist
4. Eine kontrollierte Dosisanpassung
5. Die Medikation antizipiert die Schmerzen und läuft dem Schmerz nicht hinterher.

Die Therapie von neuropathischen Schmerzen ist äusserst schwierig, da nur bei 40–60% eine wirkliche Schmerzreduktion erreicht werden kann.
Als Therapeutika der ersten Wahl gehören Trizyklische Antidepressiva (z.B. Amitriptylin: Saroten®), SSNRI (z.B. Duloxetin: Cymbalta®) und Antikonvulsiva (Pregabalin: Lyrica®, Gabapentin: Neurontin®). Andere Medikamentenklassen umfassen topische Behandlungen wie Lidocain 2% Patches oder Capsaicin 8% Patches. Ebenso kommen schwache Opiate (Tramadol®) oder die starken Opiate in Frage. Diese Therapeutika sind jedoch nur in zweiter Linie einzusetzen.
Zu wenig schlüssigen Resultaten haben bis jetzt die Kombination einzelner Medikamentenklassen geführt. Ebenso brachten Cannabinoide nur wenig versprechende Resultate. Weitere Forschung muss ebenso noch an interventionellen schmerztherapeutischen Ansätzen (Neurostimulatoren, intrathekale Schmerzmittelpumpen) getätigt werden.
Bei allen medikamentösen Ansätzen werden zunächst die üblichen Dosierungen eingesetzt. Bei Anzeichen einer Unterdosierung wird antizipierend die Dosis gesteigert, damit der Patient schon gar nicht in eine schwer therapierbare Schmerzspitze gerät. In jedem Fall sollte so früh wie möglich ein Schmerzspezialist beigezogen werden. Eine wirksame Prophylaxe ist bisher keine bekannt.

Fazit

Der Neuropathische Schmerz ist eine äusserst schwierig zu behandelnde Krankheit. Diese kommt zum eigentlichen Tumorleiden hinzu und bedarf einer separaten Therapie. Die eigentliche Crux liegt im Umstand, dass die Therapie des einen Leidens, Chemotherapie, das Entstehen des anderen, des neuropathischen Schmerzes, erst verursacht. Die Therapie des neuropathischen Schmerzes nach Chemotherapie kann daher nicht von einer einzelnen Fachrichtung ausgeübt werden. Es ist von äusserster Wichtigkeit, dass die Schmerztherapie in die Diskussion über die Behandlung eines Tumorpatienten im Tumor Board integriert wird. So kann das zusätzliche Leiden des Patienten in der Behandlung der Grundkrankheit reduziert werden.

Dr. med.Patrick Nordmann

Praxisklinik Urania
Löwenstrasse 28
8001 Zürich

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Dass Chemotherapie neben den Tumorzellen auch gesundes Gewebe angreift, ist hinlänglich bekannt. Dies ergibt sich daraus, dass Chemotherapeutika die schnell teilenden Tumorzellen, aber auch schnell teilende Zellen in anderen Geweben schädigt
  • Dadurch entstehen die Hauptnebenwirkungen betreffend den Magen-Darm-Trakt, sowie dermatologische (Haarausfall) und hämatologische Bereiche (Immunschwäche, thromboembolische Ereignisse)
  • Eine zusätzliche Komplikation kann die Schädigung von Nervenzellen sein, insbesondere von peripheren Nervenendigungen. Dies kann
    sich in neuropathischem, brennendem Schmerz äussern.
  • Diese Schmerzen sind äusserst schwierig zu behandeln und erfordern spezielle Kenntnisse der Schmerztherapie, welche ein interdiszipli-näres Konzept erfordern, unter anderem mit Onkologen und Schmerztherapeuten.

Anenhütte im Lötschental

Diese kleine Rundwanderung beginnt zuhinterst im Lötschental beim grossen Parkplatz vor den Hütten des Gletscherstafels. Wir überqueren gleich am Ende der früheren Alpsiedlung die Lonza und folgen für den Aufstieg zur Anen-Hütte vorerst dem Weg in Richtung Langgletscher. Wir bewegen uns aus geologischer Sicht im Aare-Massiv, dem kristallinen Sockelbereich der Alpen, der etwa 260 Millionen Jahre alt ist. Im Lötschental herrschen Gneise mit Einlagerungen von Augengneisen vor. Der im Norden anschliessende Petersgrat besteht aus Graniten des kleinen Gastern-Massivs, das ebenfalls zum Sockel aus dem Erdaltertum gehört, genauso wie die Granitpyramide des Bietschhorns auf der Südseite des Tales. Beeindruckend sind auch die glazialen Veränderungen der Alpen, die wir auf dieser Wanderung beobachten können. Wir verwenden Kartenmaterial aus den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts, die gegenüber dem Gelände eine noch wesentlich grössere Ausdehnung der Gletscher am Talende aufzeigen. Die verschiedenen im Gletschervorfeld kreisförmig verlaufenden Moränenzüge lassen unschwer den Rückzug des Eises erkennen. Entsprechend instabil ist der vom Eisdruck befreite Moränenhang an der Gandegga. Aber nicht nur der Gletscherrückzug destabilisiert die Berghänge, sondern auch der abnehmende Permafrost. Während der Wanderung begleiten uns ständig Stein- und Eisschlag aus den Wänden des Breit- und der Lonzahörner.
Die reiche Flora im Bereich des Gletschervorfeldes wird rarer, je mehr wir uns dem Langgletscher nähern. Trotzdem ist es erstaunlich, wie selbst Lärchen dem Eis auf dem Fusse zu folgen scheinen und selbst auf über 1900 Metern Höhe in den Geröllfeldern von Ganderre Wurzeln schlagen, wohl auch begünstigt durch die allmähliche Erwärmung unserer Atmosphäre.
Auf fast 2000 Metern Höhe wendet sich der Pfad gegen Norden und quert die Lonza auf einer Brücke. Wild schäumt das Wasser, als würde der Gletscher in Strömen schwitzen. Wir erklimmen die Geländerippe südlich des Anunbachs und folgen dieser bis zur Hütte (Abb. 1).
Die alte Anenhütte wurde 2007 durch eine mächtige Staublawine vollständig zerstört. Ihr Besitzer, der Bergführer und Ingenieur Peter Tscherrig liess sich dadurch nicht entmutigen und begann umgehend mit Planung und Bau der neuen, in ihrer Bauweise einmaligen Hütte. Diese stellten grosse Herausforderungen. Vorerst mussten die über zwei Kilometer verstreuten Trümmer der alten Hütte aufgesammelt und ausgeflogen werden. Danach konnte mit dem Aushub und dem Rohbau des neuen Gebäudes begonnen werden. Dieses besteht aus einem massiven Stahlbetonbau, der einem erneuten Lawinenniedergang zu widerstehen vermag. Die bergseitigen Glasfenster weisen deshalb eine Dicke von sieben Zentimetern auf! Auch das Dach besteht aus Stabilitätsgründen aus Stahlbeton. Trotzdem wirkt die Hütte wie aus einem organischen Guss erstellt und fügt sich harmonisch in das Landschaftsbild ein. Der geräumige und geschickt mit viel Holz gestaltete Innenausbau strahlt Wärme und Geborgenheit aus.
Nach dem ausgezeichneten Mittagessen auf der Südterrasse steigen wir noch gegen den Anengletscher auf, bevor wir den Weg über die Gugginalp zum Guggistafel unter die Füsse nehmen (Abb. 2). Dieser beginnt an der Nordostecke der Hütte und führt zum Anunbach hinunter. Danach folgt er der Hangschulter mit seinen zahlreichen Moränenbuckeln am Fuss des Gugginbärgs. Vor dem Guggisee zweigt ein Weg ab, der direkt zum Gletscherstafel zurückführt. Wir leisten uns den Umweg über den malerisch gelegenen Guggistafel, von wo man weiter Richtung Westen oder mit einem Schlenker nach Osten zum Ausgangspunkt der Rundwanderung im Gebiet des UNESCO-Kulturerbes zurückkehren kann (Abb. 4). Einmal mehr beeindruckte uns der rasante Gletscherschwund der letzten Jahrzehnte, der diese einmalige Gebirgslandschaft weiter dramatisch verändern und destabilisieren wird. Wie zur Mahnung zieht zum Schluss ein mächtiges Gewitter auf, das die Landschaft in ein gespenstisch wildes Licht taucht (Abb. 3).

Aufgepasst

In dieser Rubrik werden Berg- und Schneeschuhwanderungen vorgestellt, die in der Regel wenig bekannt sind, zu aussergewöhnlichen Orten führen und die Genugtuung einer besonderen persönlichen Leistung bieten, sei es, dass man sich am Abend nach der Arbeit noch zu einer kleinen körperlichen Anstrengung überwindet, bzw. sich in ein oder zwei Tagen abseits breit getretener Wege unvergessliche Naturerlebnisse erschliesst. Zur besseren Beurteilbarkeit des Schwierigkeitsgrades der Tourenvorschläge wird jeweils eine Einschätzung anhand der SAC-Skala für Berg- (B, EB, BG) und für Schneeschuhwanderungen (WT 1 – 6) gegeben. Die schwierigste Wegstelle, unabhängig von ihrer Länge, bestimmt jeweils die Gesamtbewertung der Route. Letztendlich bleibt aber jeder selbst für die Beurteilung seiner Fähigkeiten und Eignung für die vorgestellte Wanderung verantwortlich. Die Gehzeiten sind Richtwerte und gelten für normal trainierte Wanderer. Sie müssen nicht zwingend mit den Angaben auf Wegweisern übereinstimmen.

Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo

Riedstrasse 9
6430 Schwyz

christian.besimo@bluewin.ch

Differentialdiagnosen der Unverträglichkeits- Reaktionen auf Getreide

Heute ist man vermehrt mit den Schlagworten Allergie, Intoleranz und Unverträglichkeit auf Nahrungsmittel, insbesondere auf Milch- und Getreideprodukte konfrontiert. Klare Begriffsbestimmungen sind notwendig. Prinzipiell muss man zwischen echten Allergien und Intoleranzen unterscheiden.

A food allergy is mediated by the immune system reaction to food, leading to clinical symptoms. The most common food allergies are caused by specific antibodies, so-called immunoglobulins E, IgE antibodies, which are detected by skin tests in the immediate reaction or by blood tests (IgE determinations). Symptoms of skin (hives, atopic dermatitis), respiratory tract (runny nose, asthma), gastrointestinal tract (vomiting, diarrhea, convulsions), or circulatory (anaphylactic shock) may be caused by small or moderate amounts of the food in question, but elimination and can be convincingly and reproducibly triggered by a renewed exposure.
A food intoleranceis a nonimmunological food intolerance, ie it is not detectable by immunological methods (skin tests or blood tests). Most often, enzymatic (enzyme defects) or pharmacological mechanisms are responsible for triggering the complaint. Of the enzymatic intolerances, the most common is lactose intolerance due to a lactase deficiency, a deficiency in the enzyme lactase in the intestinal mucosa, which degrades the lactose. Pharmacological intolerances occur in susceptible persons after a high content of histamine (histamine intolerance) and other pharmacologically active biogenic amines, such as tyramine, serotonin and phenylethylamine (vascular or psychoactive biogenic amines),
Mental aversions on food, patient convictions of a food allergy or intolerance, and food intolerances diagnosed by alternative methods, without intolerances being confirmed by conventional medicine, must be delineated from the term food allergies or intolerances. Irritable Bowel Syndrome (IBS) is not considered a food intolerance. (Fig. 1).

Wheat allergy

Eine Weizenallergie ist eine echte IgE-bedingte allergische Erkrankung und die Diagnose wird entsprechend durch eine Blutbestimmung auf IgE-Antikörper gegen Weizenproteine gestellt. Dabei ist zu beachten, dass es sich hier um andere Allergene handelt, als diejenige, welche im Mehlstaub für das Bäckerasthma verantwortlich sind. Die Weizenallergie macht sich in der Regel schon im Säuglingsalter bemerkbar. Bei Erwachsenen ist die Weizenallergie eher selten. Während sich die Weizenallergie bei Kindern oft wieder verlieren kann, ist dies bei Erwachsenen aber eher nicht der Fall.
Eine Sonderform der Weizenallergie ist die weizenabhängige, anstrengungsinduzierte Anaphylaxie (Wheat Dependent Excercise Induced Anaphylaxis, WDEIA). Die Diagnose wird gestellt durch eine Bestimmung der IgE-Antikörper gegen Omega-5-Gliadin.

Gluten-assoziierte Erkrankungen und Symptome

Zöliakie (Gluten-empfindliche Enteropathie)

Die sogenannte Gluten-empfindliche Enteropathie (Zöliakie) ist den immunologisch bedingten Darmerkrankungen zuzuordnen, und die Voraussetzung für die Entstehung der Symptomatik durch glutenhaltige Nahrungsmittel ist eine genetische Veranlagung. Die Zöliakie kommt mit einer Häufigkeit von 1:100 bis 1:400 vor. 10 - 15 % der Verwandten 1. Grades von Zöliakie-Patienten sind ebenfalls betroffen. Die Symptome und die Schwere des Krankheitsbildes können sehr unterschiedlich sein, was das Erkennen erschwert. Durchfall, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Depressionen und im Kindesalter nicht zuletzt eine Gedeihstörung sind die Leitsymptome.
Heute steht die sogenannte oligosymptomatische (d.h. nur am Darmtrakt) Sprue des Erwachsenenalters häufigkeitsmässig weit im Vordergrund. Bei unspezifischen Symptomen wie chronischer Müdigkeit oder reizdarmartigen Abdominalbeschwerden oder pathologischen Laborbefunden (Eisenmangel, Transaminaseerhöhung) soll auf Zöliakie abgeklärt werden.
Gluten ist als Kleberprotein vieler Getreidesorten (Weizen, Roggen, Gerste) omnipräsent in der westlichen Ernährung. Gluten ist eine Mischung von verschiedenen Eiweissen, die in 2 Gruppen aufgeteilt werden können: Glutenine und Gliadine. 90% des Eiweissanteils von Weizen besteht aus Gluten, worin zu gleichen Teilen Gliadine und Glutenine vorkommen. Im Verdauungstrakt wird Gluten nicht vollständig abgebaut, da es durch die vielen Prolin- und Glutamineinheiten in seiner Aminosäurensequenz gegen menschliche Verdauungsenzyme resistent ist. Nach unvollständiger Verdauung passieren Glutenfragmente die Dünndarmwand und induzieren in Menschen mit Zöliakie eine Autoimmunantwort gegen die Dünndarmmukosa. Das im Endomysium (Darmmuskelzellen) lokalisierte Enzym Tissue-Transglutaminase (tTGA) modifiziert die Gliadinpeptide, die eine lokale Immunreaktion auslösen und spezielle intestinale Immunzellen (T-Lymphozyten) aktivieren. Das tTGA wirkt dabei als Autoantigen. Die nachfolgende entzündliche Autoimmunreaktion führt zum Zelltod der Enterozyten (Darmschleimhautzellen) mit oft ausgedehnter Zottenatrophie. Es kommt zur Malabsorption. Aufgrund dieser Befunde wird die Zöliakie aus pathophysiologischer Sicht als eine Mischform aus Allergie (Gluten als Antigen) und Autoimmunerkrankung verstanden.
Umweltfaktoren wie Darminfektionen, Stress oder hoher Alkoholkonsum können eine erhöhte Aktivität der tTGA bewirken und so die Entstehung der Zöliakie fördern.
Bei klinischem Verdacht auf Zöliakie werden IgA-Antikörper gegen Endomysium und gegen Transglutaminase (ELISA-Methode) sowie der IgA-Spiegel bestimmt.

Nicht-Zöliakie-bedingte Glutensensitivität

Nicht-Zöliakie-bedingte Glutensensitivität (NCGS) beschreibt ein Syndrom von symptomatischen Reaktionen auf die Einnahme von Gluten bei Patienten ohne serologischen oder histologischen Nachweis einer Zöliakie. Die häufigsten Beschwerden sind Bauchschmerzen, Blähungen und/oder Veränderungen der Darmgewohnheiten, aber einige Patienten klagen über extraintestinale Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Arthralgien. Der Beginn ist in der Regel innerhalb von Stunden oder ein paar Tagen nach der Einnahme von Gluten. Dieser Zeitverlauf unterscheidet NCGS vom schnellen Auftreten von Symptomen bei Weizenallergien (Minuten bis Stunden), kann sich aber mit dem verzögerten Auftreten von Symptomen bei Zöliakie (Tage bis Wochen) überschneiden.
In pathophysiologischer Hinsicht ist Gluten wahrscheinlich bei vielen Patienten mit Symptomen, die sie selbst auf Gluten zurückführen, kein spezifischer Auslöser. Die Symptome replizieren sich oft nicht bei doppelblinder Glutenexposition, was auf eine Plazebowirkung oder einen Effekt eines anderen Prinzipes hindeutet. Ein Beispiel dafür sind Erwachsene, deren gastrointestinale Symptome durch die fermentierbaren, schlecht absorbierten, kurzkettigen Kohlenhydrate (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole; «FODMAP») verursacht zu werden scheinen. Es handelt sich dabei um vergärbare Mehrfach-, Zweifach- und Einfachzucker sowie mehrwertige Alkohole aus Hülsenfrüchten und einigen Obst-, Gemüse- sowie Getreidearten – inklusive Weizen. Auch Laktose (Milchzucker), Fruktose (Fruchtzucker), Fruktane und Galactane sowie Polyole (z. B: Sorbitol, Mannitol, Xylitol und Maltitol) zählen zu den FODMAPs. Da diese Zucker auch in einer glutenfreien Ernährung reduziert werden, kann das klinische Ansprechen eher auf eine Reduktion der Oligosaccharide als auf eine Eliminierung des Glutens selbst zurückzuführen sein. Es handelt sich dabei am Wahrscheinlichsten um Patienten mit Reizdarmsyndrom (IBS), das durch Oligosaccharide und nicht durch NCGS ausgelöst wird.

Abb. 1. Klassifikation der Unverträglichkeitsreaktionen auf Nahrungsmittel

Bei einer kleineren Anzahl von Patienten mit diesen Symptomen scheint Gluten jedoch tatsächlich selbst der spezifische Auslöser für Symptome zu sein, womit bei diesen die Diagnose eines NCGS zu Recht gestellt werden kann. So konnten bei 39% von Kindern mit vermuteter Glutenempfindlichkeit nach Ausschluss einer Zöliakie die Symptome durch doppelblinde Glutenexposition reproduziert werden oder umgekehrt wurde die Verdachtsdiagnose bei 61% widerlegt.
Zur Diagnose müssen sowohl eine Zöliakie als auch eine IgE-vermittelte Weizenallergie ausgeschlossen sein und die Untersuchungen müssen unter glutenhaltiger Kost erfolgen, da sonst die Gefahr von falsch negativen Befunden droht. Ausser der doppelblinden Glutenexposition existiert kein Test zur zuverlässigen Unterscheidung von einer echten NCGS von einem IBS oder anderen Zuständen, die nicht spezifisch mit Gluten zusammenhängen. Daher sollte die Diagnose von NCGS mit Vorsicht angegangen werden und nicht nur auf einer kurzfristigen Verbesserung der Symptome bei einer glutenfreien Ernährung beruhen. Bevor ein Patient mit Verdacht auf NCGS eine Gluteneliminierungsdiät einleitet, sollten er über diese Problematik informiert sein und auch auf mögliche Ernährungsdefizite hingewiesen werden, die nicht begründeten Diätrestriktionen folgen können.

Therapie

Da es bisher keine pharmakologische Therapie gibt, bleibt Menschen mit Zöliakie nur der vollständige, lebenslängliche Verzicht auf Gluten, insbesondere Elimination von Weizen, Gerste, Roggen, Dinkel. Oftmals erweist sich eine glutenfreie Ernährung jedoch als schwierig, weil Gluten nicht nur in Brot und Teigwaren, sondern auch als Zutat in vielen verarbeiteten Lebensmitteln verwendet wird (z.B. zum Binden von Suppen und Saucen). Zudem können natürlicherweise glutenfreie Nahrungsmittel (z.B. Hirseflocken) verarbeitungsbedingt Kontaminationen enthalten. Für viele Zöliakiebetroffene ist eine glutenfreie Ernährung mit bedeutenden Mehrkosten (200 CHF pro Monat laut IG Zöliakie der Deutschschweiz) und einer verschlechterten Lebensqualität verbunden, die sich besonders auf das Auswärtsessen, Reisen, Familien und Arbeitsleben auswirkt.
Für Personen, die sich glutenfrei ernähren müssen, wäre es äusserst vorteilhaft, wenn kleine Glutenmengen sicher eingenommen werden könnten (z.B. bei Restaurantbesuchen oder auf Reisen).
Dazu erforschen Mitarbeiter des Institutes für Pharmazeutische Wissenschaften, Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften, ETH Zürich in Zusammenarbeit mit der Universität von Montreal, Kanada und der Firma BioLineRx zwei adjuvante Therapieansätze:

  • Mit Poly(hydroxyethylmethacrylat-co-styrolsulfonat) [P(HEMA-co-SS)] haben die Forscher ein Polymer entwickelt, das gezielt an Gluten und Glutenspaltprodukte bindet und Aggregate bildet, die mit den Fäzes eliminiert werden.
  • Die zweite Methode ist die orale Administration von exogenen Enzymen, sogenannten Prolylendopeptidasen (PEPs), die Gluten vollständig abbauen können. Würden diese glutendetoxifizierenden Substanzen gleichzeitig mit potenziell glutenhaltigen Speisen eingenommen, fiele die Autoimmunreaktion schwächer aus oder im Idealfall ganz weg.

Mit GLUTEOSTOP wird ein Präparat als Nahrungsmittelzusatz und nicht als Medikament angeboten, das Prolyloligopeptidase (Pop) enthält, welches in vitro Gluten in Aminosäuren spaltet. Dieser Vorgang soll verhindern, dass durch Spuren von Gluten oder «verstecktes» Gluten in nicht-deklarierten Fertigprodukten bei Patienten, die eine glutenfreie Diät einhalten müssen, Schäden im Darm ausgelöst würden. Leider liegen keine der Öffentlichkeit zugängliche klinische Studien zum Einsatz dieses Präparates bei Zöliakiepatienten vor, so dass ein allfälliger Nutzen nicht gegenüber dem potentiellen Schaden durch Vermittlung eines falschen Gefühls der Sicherheit abgeschätzt werden kann. Dementsprechend schreibt der wissenschaftliche Beirat in einer Stellungnahme der IG Zöliakie ”Wir sind derzeit an fundierten Abklärungen in Bezug auf dieses Produkt. Dieses Produkt kann aus unserer Sicht aber auf jeden Fall n i c h t die glutenfreie Diät ersetzen! Das schreibt auch diese Firma auf ihrer Homepage: «Gluteostop kann weder eine glutenarme Ernährung ersetzen noch eine Glutenintoleranz, Weizenallergie oder Zöliakie vorbeugen oder behandeln»„. Zudem ist GLUEOSTOP für Patienten mit einer echten Weizenallergie nicht geeignet: es könnte trotz Einnahme des Präparates auch bei kleinen Diätfehlern zu schweren allergischen Reaktionen kommen.

Prof. em. Brunello Wüthrich

Langjähriger Leiter der Allergiestation
der Dermatologischen Klinik,
Universitätsspital Zürich,
Im Ahorn 18, 8125 Zollikerberg

bs.wuethrich@bluewin.ch

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Eine Nahrungsmittelallergie ist eine durch IgE-Antikörper vermittelte Immunreaktion auf Nahrungsmittel, die zu klinischen Symptomen führt
  • Eine Nahrungsmittelintoleranz ist eine nichtimmunologische Unverträglichkeit auf Nahrungsmittel, die meistens auf enzymatischen (Enzymdefekte, z.B. Laktose-Intoleranz) oder pharmakologischen
    (z.B. Histaminintoleranz) Mechanismen basiert
  • Von diesen müssen psychische Aversionen auf Nahrungsmittel
    abgegrenzt werden
  • Die Zöliakie ist den immunologisch bedingten Darmerkrankungen zuzuordnen
  • Der Nicht-Zöliakie-bedingte Glutensensitivität (NCGS) liegt in der Mehrzahl der Fälle eine unspezifische Unverträglichkeit von FODMAPs zu Grunde, echte Unverträglichkeiten von Gluten sind ausserhalb der Zöliakie möglich, aber selten.

1. Wüthrich B. Unverträglichkeitsreaktionen nach Nahrungsaufnahme (Teil 1).
der informierte arzt 2012;3:13-16.
2. Wüthrich B. Unverträglichkeitsreaktionen nach Nahrungsaufnahme (Teil 2).
der informierte arzt 2012;9:23-25.
3. Wüthrich B. Zöliakie Betroffene: Hände weg von der Bioresonanz. Zöliakie Info 4 / 2012, Dezember 2012, S. 24-26
4. Matoori S, Fuhrmann G., Schulz J D und Leroux J-C. Gluten binden und spalten – zwei neue adjuvante Therapieansätze für die Zöliakie. Schweiz Med Forum 2012;12(37):716–717
5. Studerus D., Wanner R.M. Die 100 Symptome der Zöliakie. der informierte arzt 2017;7(12):19-23
6. Schulthess H.K. Reizdarm bei Weizen- und Lactose-Intoleranz. der informierte arzt 2016;6(12):30-33
7. https://www.zoeliakie.ch/en/news/details/gluteostop-stellungnahme-ig-z%C3%B6lia-bil-wissenschaftlicher-beirat.html (accessed February 21, 2019