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Die COPD ist in Industrieländern die vierthäufigste Todesursache und häufig unterdiagnostiziert. Die Erkrankung ist durch irreversible Atemwegsschäden mit variabler Pathophysiologie (z.B. Obstruktion und/oder Emphysem) geprägt. Während pharmakologische Therapien nur begrenzten Einfluss auf die Mortalität haben, sind sechs nicht-pharmakologische Interventionen evidenzbasiert wirksam: Rauchstopp, pulmonale Rehabilitation, Langzeit-Sauerstofftherapie, nicht-invasive Beatmung, Lungenvolumenreduktion und Lungentransplantation. Die Indikationsstellung für invasive Verfahren erfolgt interdisziplinär und erfordert eine sorgfältige Patientenselektion in Zentrumsspitälern.
COPD is the fourth most common cause of death in industrialised countries and is often underdiagnosed. The disease is characterised by irreversible airway damage with variable pathophysiology (e.g. obstruction and/or emphysema). While pharmacological therapies have only a limited impact on mortality, six non-pharmacological interventions have evidence-based efficacy: smoking cessation, pulmonary rehabilitation, long-term oxygen therapy, non-invasive ventilation, lung volume reduction and lung transplantation. Indications for invasive procedures are determined on an interdisciplinary basis and require careful patient selection in centre hospitals. Key words: Rauchstopp, Pulmonale Rehabilitation, Langzeit-Sauerstofftherapie, Nicht-invasive Beatmung, Lungenvolumenreduktion, Lungentransplantation
Einführung
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) betrifft weltweit schätzungsweise 384 Millionen Menschen, mit einer Lebenszeitprävalenz von etwa 10 % (1). In den Industrieländern stellt sie derzeit die vierthäufigste Todesursache dar – nach kardiovaskulären Erkrankungen, malignen Tumoren und COVID-19. Epidemiologische Daten legen nahe, dass mehr als die Hälfte aller COPD-Patienten nicht diagnostiziert ist.
Die Pathophysiologie der COPD ist heterogen, geprägt durch das Zusammenspiel genetischer Prädisposition und exogener Noxen. In der Schweiz ist Tabakrauch der Hauptauslöser, jedoch sind 3–11 % der Betroffenen Nieraucher, was auf zusätzliche Risikofaktoren wie Genetik, Umweltverschmutzung, berufliche Exposition oder sonstige biologische Faktoren zu erklären ist (1).
Die klinischen Phänotypen reichen von einer ausgeprägten bronchialen Obstruktion infolge einer luminalen Verengung bis hin zur irreversiblen Destruktion der endständigen Lungenbläschen (Emphysem), wobei fliessende Übergänge zwischen diesen Formen bestehen. Gemeinsames Merkmal aller Phänotypen ist eine irreversible Schädigung der Atemwege, die durch altersbedingte Prozesse weiter voranschreiten kann.
Die krankheitsbedingte Umgestaltung der Lungenstruktur («Remodeling») führt in vielen Fällen zu einer Überblähung, welche insbesondere das Zwerchfell – den wichtigsten Atemmuskel – in seiner Funktion einschränkt. Dies resultiert in einer ineffizienten Kontraktion und einer erhöhten Atemarbeit. Zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden Oxygenation und/oder Ventilation greifen Patienten häufig auf kompensatorische Mechanismen zurück, wie beispielsweise die Kussmaul-Atmung zur Generierung eines auto-generierten endexpiratorischen Drucks (auto-PEEP).
Im Gegensatz zur pharmakologischen Therapie der COPD, bei der eine Mortalitätsreduktion lediglich für den Einsatz inhalativer Kortikosteroide (ICS) in spezifischen Subgruppen diskutiert wird (Stichwort: Eosinophilie, Exazerbationen), existieren sechs evidenzbasierte und breit etablierte nicht-pharmakologische Interventionen, die nachweislich die Mortalität senken können (Abb. 1) (1).
Rauchstopp
Tabakrauch ist der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung einer COPD in der Schweiz, die bei etwa 25–30 % der Raucher auftritt. Ein frühzeitiger Rauchstopp ist daher essenziell, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Studien zeigen, dass Ex-Raucher eine deutlich geringere Abnahme des FEV₁ aufweisen als weiterrauchende Patienten, was mit einer reduzierten Mortalität einhergeht. Entscheidend ist dabei die vollständige Abstinenz, da eine blosse Reduktion des Zigarettenkonsums ohne vollständigen Verzicht keinen vergleichbaren Nutzen bringt (2).
Trotz der bekannten Vorteile bleibt die Erfolgsrate der Raucherentwöhnung gering. Viele COPD-Patienten rauchen weiterhin, was vor allem auf die suchterzeugende Wirkung von Nikotin zurückzuführen ist. Neben der körperlichen Abhängigkeit spielen auch psychologische und soziale Faktoren eine Rolle. Eine regelmässige ärztliche Thematisierung des Rauchstopps kann die Motivation erhöhen und die Erfolgsquote verbessern.
Zur Unterstützung des Rauchstopps sind häufig pharmakologische Therapien erforderlich. Dazu gehören die Nikotinersatztherapie, Bupropion und Vareniclin, die nachweislich die Abstinenzraten erhöhen. Der Einsatz von E-Zigaretten zur Raucherentwöhnung bleibt umstritten: Während einige Studien positive Effekte nahelegen, fehlen belastbare Langzeitdaten zur Sicherheit und Wirksamkeit. Da Rückfälle häufig sind, sollte die Raucherentwöhnung als langfristiger Prozess betrachtet werden.
Pulmonale Rehabilitation
Die pulmonale Rehabilitation ist ein zentraler Bestandteil der COPD-Therapie, da das Ausmass der körperlichen Aktivität den wichtigsten Prädiktor für Exazerbationen und die Überlebensrate darstellt – noch vor dem FEV₁. Neben der Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität, reduziert sie nachweislich das Risiko für Hospitalisierungen.
In der Schweiz haben alle COPD-Patienten ab Risikoklasse B einmal jährlich Anspruch auf eine ambulante pulmonale Rehabilitation. Ein fortgesetzter Tabakkonsum stellt dabei keine Kontraindikation dar – im Gegenteil: Die Rehabilitation kann effektiv mit einem Rauchstopp-Programm kombiniert werden.
Absolute Kontraindikationen sind vor allem instabile kardiale Erkrankungen sowie schwerwiegende orthopädische oder neurologische Einschränkungen, die eine Teilnahme unmöglich machen. Eine Übersicht geeigneter Rehabilitationszentren ist unter pneumo.ch/pulmonale-rehabilitation verfügbar.
Langzeit-Sauerstofftherapie
Die Langzeit-Sauerstofftherapie (je nach Setting: Druckgas, Sauerstoffkonzentrator oder Flüssigsauerstoff) ist seit Jahrzehnten ein zentraler Bestandteil der Therapie im Endstadium der COPD. Ihr Ziel ist es, Symptome zu lindern, die Funktion des Herz-Kreislaufsystems (inkl. pulmonale Hypertonie) zu verbessern und die Lebenserwartung der Patienten zu erhöhen (3, 4).
Die Indikation zur Langzeit-Sauerstofftherapie besteht bei Patienten mit einem arteriellen Sauerstoffpartialdruck (PaO₂) von ≤ 7.3 kPa oder zwischen 7.3 und 8.0 kPa, sofern begleitende Komorbiditäten wie pulmonale Hypertonie, ein Hämatokritwert von > 55 % oder periphere Ödeme vorliegen. In diesen Fällen sollte die Sauerstoffgabe idealerweise rund um die Uhr erfolgen.
Zusätzlich kann eine Sauerstofftherapie bei Patienten mit signifikanter Belastungsdesaturation erwogen werden, um kurzfristige Sauerstoffabfälle zu verhindern und den Bewegungsradius zu erhöhen. In solchen Fällen ist jedoch eine individuelle Anpassung erforderlich, da die Evidenzlage hierzu uneinheitlich ist.
Nicht-invasive Beatmung
Die nicht-invasive Beatmung (NIV) ist primär für eine kleine Gruppe von COPD-Patienten mit chronischer Hyperkapnie und gegebenenfalls bereits etablierter Sauerstofftherapie vorgesehen. In diesen Fällen zeigt sie positive Effekte auf Symptomatik, Rehospitalisationen und Lebenserwartung (5).
Darüber hinaus könnten auch Patienten, die während einer akuten Exazerbation eine kontinuierliche NIV benötigen, nach der Entlassung von einer nächtlichen NIV profitieren.
Bei stabilen ambulanten Patienten mit chronischer Hyperkapnie sollte die Indikation für eine NIV individuell geprüft werden. Insbesondere bestehende Komorbiditäten – wie eine obstruktive Schlafapnoe – spielen eine entscheidende Rolle. Die Einleitung und Anpassung der Therapie sollten idealerweise in einem spezialisierten Beatmungszentrum erfolgen.
Lungenvolumenreduktion
Nach Ausschöpfung nicht-invasiver Therapiemassnahmen hat sich die Lungenvolumenreduktion (LVR) als wirksame Behandlungsoption für ausgewählte COPD-Patienten etabliert, was durch mehr als 20 randomisierte Studien belegt ist (6). Ziel des Verfahrens ist die Entfernung oder der Kollaps emphysematöser, überblähter Lungenareale, die eine unterdurchschnittliche Ventilation und Perfusion aufweisen. Durch die Reduktion der Überblähung verbessert sich die Mechanik des Zwerchfells und der Brustwand, die elastischen Rückstellkräfte werden wiederhergestellt, und die Atemarbeit nimmt ab.
Für die Lungenvolumenreduktion stehen sowohl minimal-invasive bronchoskopische Verfahren – wie Ventile, Coils oder Dampf – als auch die chirurgische Resektion mittels thorakoskopischer Technik zur Verfügung. Aktuell gibt es keine eindeutigen Hinweise auf eine Überlegenheit einer dieser Methoden, weshalb die Wahl des Verfahrens individuell getroffen werden muss. Die Patientenselektion erfolgt interdisziplinär an sogenannten Emphysemboards, in denen Pneumologen und Thoraxchirurgen gemeinsam die Indikation stellen (Tab. 1). Da nur sorgfältig ausgewählte Patienten nachweislich von der Therapie profitieren, sollte die Zuweisung idealerweise an spezialisierte Zentren erfolgen, die in beiden Verfahren (bronchoskopisch, chirurgisch) Erfahrung haben.
Vor der Durchführung sind potenzielle Kontraindikationen wie eine relevante koronare Herzkrankheit oder eine pulmonale Hypertonie auszuschliessen. Zudem sind eine Lungenperfusionsszintigraphie zur Identifikation der Zielzonen sowie eine Fissurenanalyse erforderlich, die entweder softwaregestützt mittels hochauflösendem CT oder durch bronchoskopische Dichtigkeitsmessungen erfolgt. Gelegentlich kann eine LVR mit der Entfernung eines zufällig entdeckten malignitätssuspekten Rundherds kombiniert werden, sofern dieser sich in der Zielzone befindet.
Primäres Ziel der LVR ist die Verbesserung der Symptomatik, insbesondere eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität, mit potenziell positivem Einfluss auf die Lebenserwartung. Darüber hinaus kann die Methode als Überbrückungsmassnahme («Bridge-to-Transplant») für Patienten mit langen Wartezeiten auf eine Lungentransplantation in Betracht gezogen werden.
Lungentransplantation
Seit der Einführung der überaus effektiven pharmakologischen Therapie mit Potentiatoren und Korrektoren des CFTR (cystic fibrosis transmembrane conductance regulator)-Proteins für Patienten mit cystischer Fibrose ist die COPD in den meisten Lungentransplantationszentren zur häufigsten Indikation für eine uni- oder bilaterale Lungentransplantation geworden. Die Indikationsstellung ist jedoch komplex und erfordert eine interdisziplinäre Beurteilung im Rahmen eines sogenannten Lungenkolloquiums. Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, erfolgen die notwendigen Abklärungen in der Regel stationär und unter sorgfältiger Abwägung aller relevanten Faktoren.
Besondere Herausforderungen ergeben sich aus den zahlreichen Komorbiditäten, die häufig durch langjährigen Tabakrauchkonsum bedingt sind. Die eigentliche Schwierigkeit dieser Therapieoption liegt nicht nur in der Indikationsstellung selbst, sondern insbesondere darin, die durch Rauchen verursachten Begleiterkrankungen mit den strengen Auswahlkriterien für eine Lungentransplantation in Einklang zu bringen. So dürfen keine relevanten kardiovaskulären oder metabolischen Erkrankungen vorliegen, die den Erfolg der Transplantation beeinträchtigen könnten. Eine starre Altersgrenze existiert zwar nicht, vielmehr spielt das biologische Alter der Patienten eine wesentliche Rolle in der individuellen Beurteilung.
Die Wartezeit auf der Lungentransplantationsliste ist nicht genau vorhersehbar, da sie von verschiedenen Faktoren abhängt. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Blutgruppe des Empfängers, die massgeblich die Verfügbarkeit eines passenden Organs bestimmt.
Copyright
Aerzteverlag medinfo AG
Ph.D. PD Dr. med. Thomas Gaisl
Oberarzt
Klinik für Pneumologie
Universitätsspital Zürich
thomas.gaisl@usz.ch
Dr. med.Carolin Steinack
Oberärztin meV
Klinik für Pneumologie
Universitätsspital Zürich
carolin.steinack@usz.ch
Prof. Dr. med. Christian Clarenbach
Department of Pneumology
University Hospital Zurich
Die Autorenschaft hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
COPD ist eine der häufigsten und tödlichsten chronischen Lungenerkrankungen, wobei mehr als die Hälfte der Betroffenen unerkannt bleibt.
Ein konsequenter Rauchstopp und eine pulmonale Rehabilitation (ambulant/stationär) sind essenzielle nicht-pharmakologische Therapiebausteine, die die Lebensqualität und Prognose symptomatischer COPD-Patienten verbessern.
Die Lungenvolumenreduktion, entweder minimal-invasiv über Bronchoskopie oder chirurgisch, reduziert die Lungenüberblähung, verbessert die Atemmechanik und kann sowohl Symptome als auch die Mortalität positiv beeinflussen.
Langzeit-Sauerstofftherapie, nicht-invasive Beatmung und Lungentransplantation sind etablierte lebensverlängernde Massnahmen, die jedoch eine sorgfältige Patientenselektion sowie langfristige Anbindung bei Spezialisten erfordern.
1. Diseaese, G.I.f.C.O.L. 2025 Report: Global Strategy for the Diagnosis, Management, and Prevention of Chronic Obstructive Pulmonary Disease. 2025.
2. Lokke, A., et al., Developing COPD: a 25 year follow up study of the general population. Thorax, 2006. 61(11): p. 935-9.
3. Continuous or nocturnal oxygen therapy in hypoxemic chronic obstructive lung disease: a clinical trial. Nocturnal Oxygen Therapy Trial Group. Ann Intern Med, 1980. 93(3): p. 391-8.
4. Long term domiciliary oxygen therapy in chronic hypoxic cor pulmonale complicating chronic bronchitis and emphysema. Report of the Medical Research Council Working Party. Lancet, 1981. 1(8222): p. 681-6.
5. Murphy, P.B., et al., Effect of Home Noninvasive Ventilation With Oxygen Therapy vs Oxygen Therapy Alone on Hospital Readmission or Death After an Acute COPD Exacerbation: A Randomized Clinical Trial. JAMA, 2017. 317(21): p. 2177-2186.
6. Caviezel, C., et al., (Surgical or bronchoscopic lung volume reduction for emphysema therapy). Zentralbl Chir, 2023. 148(S 01): p. S51-S70.
7. Bourbeau, J., et al., 2023 Canadian Thoracic Society Guideline on Pharmacotherapy in Patients with Stable COPD. Canadian Journal of Respiratory, Critical Care, and Sleep Medicine, 2023. 7(4): p. 173-191
Die Bevölkerung altert in einem noch nie dagewesenen Tempo und dies auf der ganzen Welt. Während die seit Jahrzehnten steigende Lebenserwartung ein Beweis für medizinischen und gesellschaftlichen Fortschritt ist, stellt der steigende Altersquotient (OADR) eine soziale und volkswirtschaftliche Herausforderung dar. Ein Perspektivwechsel ist erforderlich – Altern sollte nicht länger mit Gebrechlichkeit gleichgesetzt werden, sondern mit erweiterten Möglichkeiten der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Um die demografische Alterung zu einer nachhaltigen Errungenschaft zu transformieren, sind strukturelle gesellschaftliche Veränderungen erforderlich: Reformen der Rentensysteme, Zusammenarbeit zwischen den Generationen und Anpassungen des Gesundheitswesens. Ein globaler Ansatz für Wissensaustausch, gegenseitiges Lernen und innovative politische Entscheidungen sind hierbei unabdingbar. Durch Förderung von Flexibilität des Arbeitslebens, einer Verbesserung der sozialen Teilhabe und einer präventions-orientierten Priorisierung der Gesundheitssysteme können Gesellschaften das Potenzial einer alternden, aber lange gesunden Bevölkerung umfassend und nachhaltig nutzen.
The world is at a turning point as populations are ageing at an unprecedented rate. While increased life expectancy is a testament to medical and societal progress, the rising old-age dependency ratio (OADR) presents an economic and social challenge. A change in perspective is needed – ageing should not be equated with more years of frailty, but with increased opportunities for participation. To cope with demographic change, structural changes are needed: reforms to pension systems, intergenerational cooperation and adjustments to the healthcare system to meet the increasing demand. A global approach to knowledge sharing and innovative policy-making can turn ageing into an asset rather than a burden. By promoting flexibility at work, improving social participation and prioritising preventive healthcare, societies can harness the potential of an ageing but healthier population. Key Words: Healthy Ageing, Old-Age Dependency Ratio (OADR), Disability-Adjusted Life Years (DALYs)
Wir stehen an einem Scheideweg: Ein immer längeres Leben breitet sich wie ein Lauffeuer in praktisch allen Ländern aus. Auf der einen Seite ist dies Beweis für den Erfolg eines zunehmend gesünderen Lebensstils und der Leistungsfähigkeit/Verfügbarkeit von Gesundheits-dienstleistungen, auf der anderen Seite ist die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter mit einem Anstieg des Altersquotienten (OADR: old-age dependence ratio)¹ konfrontiert, der zu einer wachsenden Belastung wird. Spannungen zwischen den Generationen können daher zukünftig nicht ausgeschlossen werden, wenn man den Megatrend «demografische Alterung» in gesellschaftlichen Entwicklungsszenarien berücksichtigt.
«Wir können den demografischen Wandel nicht aufhalten, aber wir können uns an seine Auswirkungen anpassen.» Es muss ein neues «Lebensdesign» entwickelt werden! Entscheidungsträger in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und natürlich jeder selbst sind gefordert, den Sinn und Zweck der verschiedenen Lebensphasen zu überdenken. Länger leben muss nicht unbedingt bedeuten, länger «alt» zu sein.
Ein Ansatz, Gesundheitsentwicklungen über Zeit, Geschlecht und Altersgruppen hinweg fortlaufend zu evaluieren und zu vergleichen, sind behinderungsadjustierte Lebensjahre (DALYs: disability-adjusted-life-year). DALYs berücksichtigen sowohl die Auswirkungen von Krankheiten auf die Morbidität als auch auf die vorzeitige Mortalität. Diese Messgrösse bietet daher eine ganzheitlichere Erfassung der Krankheitslast als die alleinige Messung von Mortalitätsdaten.
Ein DALY entspricht dabei dem Verlust von einem Lebensjahr in voller Gesundheit. Da DALYs die Auswirkungen von Krankheiten über die Zeit standardisieren, ermöglichen sie einen direkten Vergleich der Last verschiedener Krankheiten.
In der Schweiz beispielsweise lag die Lebenserwartung bei der Geburt im Jahr 2023 bei 82,0 Jahren für Männer und 85,8 Jahren für Frauen, was einem Anstieg von 5,1 Jahren bzw. 3,2 Jahren seit dem Jahr 2000 entspricht (1). Hierbei war für die Gruppe der älteren Erwachsenen (60-89 Jahre) eine Reduktion ischämischer Herzkrankheiten und Schlaganfälle um fast 50 Prozent besonders bemerkenswert. Lungenkrebs nahm bei Männern ab und Brustkrebs bei Frauen. DALYs, die auf Beschwerden am Bewegungsapparat, Stürzen sowie depressiven und Angststörungen zurückzuführen sind, blieben jedoch weitgehend unverändert. Krankheiten wie Diabetes, Alzheimer nahmen hingegen leider zu. Da die Langlebigkeitsperspektiven in der Schweiz für die Altersgruppen 60+ in hohem Masse durch nicht- übertragbare Krankheiten (NCDs) und Multimorbidität bestimmt werden, muss der Fokus des Gesundheitswesens zukünftig auf intensivierten präventiven NCD – Massnahmen, Innovationen in den Behandlungen von Krebstherapien und einem wirklich wirksamen Ansatz zur Bekämpfung von Alzheimer, Demenz und anderen altersbedingten Krankheiten liegen. Aber auch die psychische Gesundheit der jüngeren Bevölkerung muss Berücksichtigung finden, denn sie ist letztlich Grundlage für ein gesundes Altern.
Weltweit leben die Menschen länger und gesünder, wobei die globale demografische Alterung auf drei Ebenen stattfindet (Abb. 1):
Strukturelle Alterung
erlängerung der Langlebigkeit
Ausweitung des gesunden Alterns
Alternde Gesellschaften sollten daher ihre Reform- und Entwicklungsbemühungen auf die folgenden drei Schwerpunkte konzentrieren:
• Korrektur des sich abzeichnenden Ungleichgewichts in der Rentenfinanzierung
Da der OADR sehr deutlich zunehmen wird, ist das lange bewährte umlagefinanzierte Rentensystem nicht mehr nachhaltig. Um ein Rentensystem von Morgen zu entwerfen, müssen wir unter anderem auch Antworten auf die folgenden Herausforderungen finden: Ist wirtschaftliche Produktivität nur für Menschen unter 65 Jahren möglich? Welche Möglichkeiten gibt es ältere Erwachsene sich weiter produktiv zu engagieren? Beispielsweise können ältere Erwachsene durch innovative Formen der Teilnahme am Erwerbsleben, erweiterten Konsum, längeres Sparen/Investitionen sowie einer aktiven Teilnahme am Gesellschaftsleben gezielt zum Wachstum der Wirtschaft beitragen.
• Generationenübergreifender sozialer Stress als «Triggerpunkt» für einen Neuanfang
Die letztlich natürlichen Generationenunterschiede und deren vielfältigen Ursachen sollten eine Einladung zu einem respektvollen Umgang und «neugierigen» Dialogen sein. Es ist notwendig, bestehende Spannungen anzuerkennen, während die Bereitschaft für ein «neues Miteinander» der Schlüssel zur Erschliessung neuer Potenziale in Gesellschaft und Wirtschaft von morgen sein können. Zum Beispiel kann die Zusammenarbeit zwischen erfahrenen, älteren Menschen und jungen Arbeitskräften mit ganz anderem Fachwissen sehr fruchtbar sein und z.B. ungeahnte Produktivitätsverbesserungen erschliessen – und genau dies braucht eine alternde Gesellschaft dringendst.
• Zunehmende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen
Wir müssen die jeweiligen Gesundheitssysteme hinsichtlich ihrer bisherigen und zukünftigen Leistungsfähigkeit gut verstehen, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Die Frage des Zuganges für alle ist dabei zentral und entscheidet auch für die Stabilität einer alternden Gesellschaft. Dementsprechend müssen wir sicherstellen, dass wir genügend Ärzte, Hilfspersonal und andere Angehörige der verschiedenen Gesundheitsberufe in der Ausbildungspipeline haben. Ausserdem sollte deren Ausbildung auf dem neuesten Stand des technologischen Fortschritts sein. Gewachsene familiäre Strukturen brauchen ebenfalls Unterstützung und gezielte Einbindung. Sie können einen wichtigen Beitrag in der Pflege- und Betreuungsarbeit übernehmen und damit dringend benötigtes berufliches Potenzial in den jüngeren Generationen freisetzen. Dies ist besonders wichtig, da die jungen Altersgruppen als Folge der niedrigen Geburtenraten absehbar abnehmen.
Diese oben aufgeführten drei Ebenen sind eng miteinander verbunden. Ihre intergenerationelle Dynamik wirkt sich direkt auf die Gesundheit der Bevölkerung und deren Produktivität aus: Zusammenarbeit zwischen den Generationen steigert das persönliche Wohlbefinden und den wirtschaftlichen Wohlstand aller, während Spannungen zwischen den Generationen zu schlechteren Gesundheitsergebnissen und einer weniger robusten Wirtschaftsleistung führen.
Wenn die neue Norm lange und gute Gesundheit auch in den Lebensjahren nach dem offiziellen Rentenalter ist, müssen wir uns fragen, ob es erfüllend ist, diese in einen reinen passiven Konsumstatus zu verbringen oder nicht? Was können Menschen mit diesen zusätzlichen gesunden Lebensjahren oder sogar Jahrzehnten für sich selbst, ihre Nächsten und die Gemeinschaft noch erreichen? Mit dieser Frage gilt es sich auseinander zu setzten – letztlich jeder für sich selbst.
Wenn wir vorurteilsfrei über unseren Tellerrand schauen und nicht alle zusätzlich gewonnenen Lebensjahre pauschal als «altersabhängige Jahre» abstempeln, dann sollten wir beginnen, dieser Lebensphase einen neuen Sinn zu geben. Sozialpolitik, wie auch die Rentenpolitik, ist dazu da, den Menschen zu dienen, und nicht um sie einzuschränken. So sollten wir bei aller «verdienten Ruhe» unserer älteren Bürgerinnen und Bürgern auch ihrem Wunsch nach mehr Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung tragen. Unsere Aussichten, immer länger zu leben, sollten belebend und inspirierend sein, nicht beunruhigend und einschränkend.
Letztlich unterstreicht die kontinuierliche Zunahme gesunder Lebensjahre über das Rentenalter hinaus die Tatsache, dass ein längeres Leben nicht gleichbedeutend mit «älter sein» sein muss. «Alt sein» bedeutet nicht länger körperliche, geistige und soziale Gebrechlichkeit. Gesundheit ist ein wesentlicher Aspekt der Lebensqualität und die Grundlage für die Aktivierung jeder Form von demografischer Dividende². Wie in Abbildung 1 illustriert, ist der «Gürtel» der alters-bedingten Gebrechlichkeit formbar und kann durch eine Ausweitung des gesunden Alterns erweitert werden. Alarmierend sind jedoch die Trends eines früheren Auftretens altersbedingter Komorbiditäten (z.B. Diabetes und Beschwerden des Bewegungsapparates etc.). Sie betreffen zunehmend die jüngere Bevölkerung und verschlechtern deren Potential für ein langes gesundes Leben.
Hier steht viel auf dem Spiel: Wenn es gelingt, die Gesund- heit der ganzen Bevölkerung zu verbessern und etwaige früh einsetzende Gesundheitsbeschwerden zu stoppen oder umzukehren, dann werden wir zukünftig eine robuste Bevölkerung unter 60 Jahren haben, die eine immer gesündere Bevölkerung der über 60-Jährigen unterstützt. Dies würde uns erlauben, von einer dritten demografischen Dividende z.B. der über 60-jährigen zu profitieren. Wenn die Gesundheit der Bevölkerung hingegen nicht verbessert wird, wird das Versprechen der dritten demografischen Dividende fraglich bleiben, und eine wachsende medizinische Belastung wird über alle Generationen hinweg zu spüren sein – physisch, mental, sozial und finanziell.
Was können wir tun?
Im Grunde genommen geht es darum, Veränderungen nicht zu ignorieren oder sich dagegen zu wehren, sondern diese zu verstehen und auch zu nutzen. Jede Herausforderung ist in sich eine Chance.
Das Herzstück eines nachhaltigen, gesunden langen Lebens liegt in der Weitsicht und der Zusammenarbeit. Offenheit für Neues ist in jedem Fall erforderlich, da wir uns auf unbekanntem Terrain bewegen, in dem die bisherigen Erfahrungen und Gewohnheiten sind, immer weiterführen. Das bedeutet, dass bestehende Systeme an ihre Grenzen kommen. Der einzige Weg nach vorne ist gemeinsam. Daher brauchen wir Mut und Offenheit, um uns aus den konzeptionellen Fesseln der Vergangenheit zu befreien und durch Zusammenarbeit unsere neue immer längere Zukunft zu gestalten. Wenn wir unseren Horizont erweitern, können wir unsere heutigen Systeme effektiver umgestalten.
Auf internationaler Ebene können wir unsere Erfahrungen zum gegenseitigen Vorteil austauschen und nutzen. Da der Stand der gesundheitlichen Entwicklung in den verschiedenen Ländern auf einem Kontinuum liegt, kann ein Wissenstransfer zu einer globalen gesundheitlichen Chancengleichheit beitragen und die jeweiligen öffentlichen Gesundheitssysteme messbar weiterentwickeln. Zum Beispiel können viele afrikanische Länder südlich der Sahara von einer breiteren Verabreichung von Impfstoffen profitieren, während Japan seine einzigartigen Erfahrungen im Umgang mit einer älter werdenden Gesellschaft mit dem Rest der Welt teilen kann.
Jedes Land sollte 7 Strategien auf ihre Anwendbarkeit bzw. Machbarkeit in Erwägung ziehen:
• Ein längeres und flexibleres Arbeitsleben auf freiwilliger Basis ermöglichen – ein festes Rentenalter von 65 Jahren gehört der Vergangenheit an. Die Möglichkeiten für ältere, gesunde Menschen müssen erweitert werden, sofern diese an weiteren beruflichen Aktivitäten über das 65. Lebensjahr hinaus interessiert sind;
• Einbeziehung älterer Erwachsener in Freiwilligenarbeit – soziales Engagement und Zugehörigkeitsgefühl sind ein wesentlicher Bestandteil der psychischen Gesundheit älterer Erwachsener. Sie tragen erwiesenermassen zu einer besseren körperlichen Gesundheit und Lebensqualität bei;
• Förderung sozialen Kompetenzen – Dialog und Zusammenarbeit zwischen den Generationen, die auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt basieren, werden zur zentralen Säule langlebiger Gesellschaften;
• Neugestaltung des Wohnumfeld – die Minimierung von Barrieren und die Gewährleistung der Zugänglichkeit der öffentlichen Infrastruktur – nur so können alle wirklich teilhaben;
• Förderung neuer Märkte und neuer Verbrauchergewohnheiten – die Bedürfnisse eines wachsenden Anteils älterer, gesunder Erwachsener müssen erforscht und berücksichtigt werden;
• Aktivierung von intergenerationellen Transfers – ein enormes Potential liegt in den Interaktionen zwischen den verschiedenen Generationengruppen, sei es durch den Transfer von Wissen oder durch sozialen und finanziellen Reichtum;
• Fördern des familiären Zusammenhalts – familiäre Beziehungen tragen wesentlich zu einer guten Lebensqualität bei. Sie unterstützen das Gefühl der Zugehörigkeit und emotionalen Sicherheit. In diesem Zusammenhang kann der anhaltende Trend niedriger Heirats- und Geburtenraten bedenklich sein. Gesellschaftspolitische Entscheidungsträger sollten sich mit den kontextuellen Gründen dieser Phänomene befassen. Ausserdem sollte jeder und jede Einzelne einen vorurteils- und verantwortungsvollen Dialog mit sich selbst und seinen Familien, über die daraus resultierenden persönlichen und gemeinschaftlichen Auswirkungen führen.
Es ist an der Zeit, dass wir einen Sprung nach vorne wagen und den demografischen Wandel zu einem immer längeren Leben annehmen. Ein gesünderes, längeres Leben stellt eine Herausforderung aber auch eine Chance für Wachstum und Entwicklung dar. Dieser Sprung beginnt mit einem breit gefächerten Dialog.
In diesem Dialog – sofern wir ihn erfolgreich führen – bauen wir neue Brücken, welche über die derzeitigen konzeptionellen Grenzen hinausgehen – für jeden Einzelnen und für die Gesellschaft als Ganzes. Es ist keine Option uns im Status quo auszuruhen, denn dieser verschwindet bereits im Treibsand des demografischen Wandels.
Uns bleibt aber die Wahl, ehrlich, mutig und proaktiv das nächste Kapitel der Menschheitsgeschichte zu schreiben.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung eines Strategiepapiers des Global Longevity Council des World Demographic & Ageing Forum (WDA Forum), welches im Dezember 2024 veröffentlicht wurde. In diesem Strategiepapier wurden 32 ausgewählte Länder aus 6 Kontinenten untersucht. Die untersuchten Länder entsprechen 67 % der Weltbevölkerung und 78 % des globalen BIP im Jahr 2023. Das vollständige Dokument ist in Englisch unter www.wdaforum.org abrufbar.
Bei Fragen und für Feedback wenden Sie sich bitte an: Dr. Hans Groth, E-Mail: hgroth@wdaforum.org
Dr. med. Hans Groth Sven Bättig Ziqian Feng
World Demographic
& Ageing Forum (WDA Forum)
Rorschacher Strasse 304
9016 St. Gallen
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Aerzteverlag medinfo AG
Dr. med. Hans Groth
World Demographic
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Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
1. United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Division (2024). World Population Prospects 2024, Online Edition.
2. Mason, A. 2005. Demographic transition and demographic dividends in developed and developing countries. United Nations expert group meeting on social and economic implications of changing population age structures (Vol. 31).
3. Linda P. Fried, Investing in Health to Create a Third Demographic Dividend, The Gerontologist, Volume 56, Issue Suppl_2, April 2016, Pages S167–S177
Auch dieses Jahr berichten wir über einige Highlights des alljährlichen, zweitägigen, ausgezeichneten Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Berlin. In diversen Vorträgen wurden am 14./15. Februar die neuesten relevanten Fachpublikationen aus dem Jahre 2024 von Experten besprochen und gewertet. Wir geben einige praktische Schlaglichter für die Hausärzte aus einigen relevanten Vorträgen in zwei Teilen wieder.
Vorhofflimmern
2024 wurde am ESC ein Update zum Vorhofflimmern (VHFLi) publiziert (1). VHFLi nimmt weiterhin stark zu. 25 % haben in ihrem Leben VHFLi, bei Risikofaktoren bis 40 %. Die bedeutensten Risikofaktoren sind Herzklappendefekte, Herzinsuffizienz, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II. Den grössten Stellenwert hat aufgrund ihrer hohen Prävalenz die Hypertonie.
Kernelement der neuen Leitlinien ist ein AF-CARE benanntes Konzept, das zentrale Behandlungspfade im Management von Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern vereint. C: Comorbiditäten und Risikofaktoren Management. Dieser Punkt ist zur Prävention und zur Therapie beim VHFLi entscheidend. Eine Hypertonie muss behandelt werden, ebenso eine Herzinsuffizienz, ein Übergewicht resp. eine Adipositas, ein Diabetes, eine Schlafapnoe, ein Alkoholkonsum (≤ 3 Drinks/Woche) und ein Bewegungsmangel. Eine ausreichende körperliche Bewegung ist wichtig. A: Avoid Stroke and Thromboembolism. Eine OAK (DOAK) bedarf es bei einem CHA2DS2-VA Score ≥ 2 (IA). Bei einem Punkt muss die OAK in Betracht gezogen werden (IIaC). In diesem neuen Score (Streichung von «Sc» (Sex category)) ist das weibliche Geschlecht nicht mehr enthalten. Damit wird die Risikoabschätzung nun geschlechtsneutral. Das Blutungsrisiko und dessen Prävention müssen beachtet werden. Es soll aber die OAK nicht verhindern. R: Reduce Symptoms via Rhythmus und Frequenzkontrolle. Eine Rhythmuskontrolle sollte das Ziel sein: Rhythmuskontrolle geht vor Frequenzkontrolle. Bei einem VHFLi > 24 h (neu) bedarf es einer OAK für 3 Wochen oder einem TEE bevor eine EKV durchgeführt wird. Auch bei einer erfolgreichen Rhythmuskontrolle richtet sich die Indikation zur Antikoagulation allein nach dem CHA2DS2-VA-Score. Bei einer Frequenzkontrolle wird ein Betablocker eingesetzt. Beträgt die LVEF > 40 % ist auch Dilzem oder Verapamil möglich. Die Ziel-HF liegt heute bei einem VHFLi bei 70–90/min. Bei dieser HF besteht das geringste Risiko für eine Herzinsuffizienz (HI) resp. für die Mortalität. E: Evaluation und dynamische Neubeurteilung inkl. des thromboembolischen Risikos alle 6–12 Monate nach dem Prinzip CARE.
Die Therapie des Vorhofflimmerns besteht aus den Säulen Symptomkontrolle, Modifikation der Risikofaktoren und Thromboembolie-Prophylaxe.
Eine Katheterablation der Pulmonalvenen (PVI) ist eine Klasse I Indikation bei Patienten < 74 Jahre: bei paroxysmalem VHFLi als Firstline Option, beim Versagen einer antiarrhythmischen Therapie und bei einer HI oder einer Tachykardie-Kardiomyopathie. Die Behandlung des VHFLi ist essenzieller Bestandteil einer wirksamen HI-Therapie zur Erhaltung des Sinusrhythmus.
Mit der Radiofrequenz- oder Kryoablation sowie der Pulsed-field-Ablation (PFA) stehen aktuell 2 thermische und ein nichtthermisches Verfahren zur Behandlung von VHFLi zur Verfügung. Die PFA gilt als gewebeselektiv. Die heutige Bildgebung und die modernen Techniken beschleunigen die Ablation mit ggf. besserem Outcome. Mit einer frühen Ablation kann ein Progress der Krankheit deutlich verzögert werden. Mit jedem Jahr, um das eine Katheterablation hinausgeschoben wird, sinkt die Aussicht, von Vorhofflimmernrezidiven verschont zu bleiben. Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern profitieren besonders von einer frühen Therapie.
Vor einer Ablation sollte eine Adipositas bei einem BMI ≥ 40 reduziert werden (GLP-1 RA, bariatrische Chirurgie). Blutdruck und Diabetes sollten gut eingestellt werden; dadurch ergibt sich ein stabilerer Sinusrhythmus nach der Ablation. Je fitter der Patient, desto weniger kommt es zu einem VHFLi-Rezidiv. Nach einer PVI gibt es mehr asymptomatisches VHFLi, daher wird die DOAK-Therapie beibehalten.
Bei 218 Männern mit einer erektilen Dysfunktion und VHFLi konnte diese durch eine PVI deutlich verbessert werden.
Asymptomatisches Vorhofflimmern ist keine Seltenheit und sollte insbesondere in Hochrisiko-Populationen gesucht werden. Dieses sollte auf die gleiche Weise behandelt werden wie symptomatisches VHFLi. Die Behandlung von DDAF (Gerät detektiertes subklinisches Vorhofflimmern) ist komplexer, insbesondere angesichts der Entscheidung über die Antikoagulation, und sie sollte das Risikoprofil des Patienten für Schlaganfall und Blutungen berücksichtigen. Die ESC 2024-Leitlinien kommen zu dem Schluss, dass eine DOAK-Therapie in Untergruppen von Patienten mit asymptomatischem gerätedetektiertem subklinischem Vorhofflimmern in Betracht gezogen werden kann, die ein hohes geschätztes Schlaganfallrisiko (CHA2DS2-VA Score ≥ 4–5) und das Fehlen schwerwiegender Blutungsrisikofaktoren aufweisen (IIbB). Die Dauer und Belastung durch subklinisches VHFLi, das möglicherweise von oralen Antikoagulanzien profitieren könnte, bleibt ungewiss. Beim subklinischen VHFLi kommt es in ca. 10 %/Jahr zu einem klinischen VHFLi. Dabei spielen folgende Parameter eine Rolle: CHA2DS2-VA Score, ESUS, AF-Burden/Dauer, Blutungsrisiko, LA-Volumen/ Funktion, Nierenfunktion und eine koronare Herzkrankheit. Bei einer vaskulären Erkrankung besteht ein erhöhtes Embolierisiko.
Viele Daten der Versorgungsforschung weisen darauf hin, dass eine Rhythmuskontrolle mit einer geringeren Demenzentwicklung verbunden ist. Der definitive Beweis muss aber noch erbracht werden. Eine intrakraniale Atherosklerose ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine Demenz. Eine grosse Metaanalyse aus China aus drei Kontinenten identifizierte mehrere Faktoren bei VHFLi, die das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen beeinflussen. Das grösste Risiko ist mit dem Faktor Rauchen (OR 2.44) assoziiert, gefolgt von weiblichem Geschlecht (OR 2.19), Hypertonie (OR 1.61), T2DM (OR 1.42), höheres Alter (OR 1.38) und Schwerhörigkeit (OR 1.37). Protektiv wirken hingegen die Katheterablation (OR 0.74), Sport (OR 0.66), NOAK (OR 0.61) sowie ein höheres Bildungsniveau (OR 0.57) (3). Ein frühzeitiges Risikoscreening eröffnet die Möglichkeit zur Prävention.
Unabhängig vom Risiko soll eine orale Antikoagulation bei allen Patienten mit VHFLi und hypertropher Kardiomyopathie oder kardialer Amyloidose erfolgen.
Ca. 1-2 % erleiden trotz einer OAK bei VHFLi einen ischämischen Insult/Jahr. Dieser ist aber unter der OAK signifikant kleiner und das Risiko für eine hämorrhagische Transformation ist deutlich geringer; dies ergab eine aktuelle retrospektive Analyse in Deutschland aus 86 Stroke units (4).
Bei einer Kontraindikation für eine OAK sollte bei VHFli ein LAA-Verschluss an einem Zentrum in Betracht gezogen werden, um einen ischämischen Stroke und eine Thromboembolie zu verhüten (IIbC). Es fehlen grössere randomisierte Studien. Bei einem postoperativen VHFLi besteht ein hohes Risiko für ein späteres VHFLi. Ist dieses reversibel, so muss individuell entschieden werden bez. OAK, u.a. am CHA2DS2-VA Score und an der LA-Grösse.
Bei Patienten mit KHK und VHFLi empfehlen die Leitlinien nach Koronarintervention (PCI) oder akutem Koronarsyndrom für eine befristete Zeit (sechs bis zwölf Monate) eine duale antithrombotische Therapie aus Antikoagulation und Plättchenhemmung; danach sollte der Plättchenhemmer abgesetzt und nur noch die Antikoagulation (DOAK) fortgesetzt werden.
Bei HI-Patienten mit einer LVEF < 50 % ohne erklärende KHK, Myokarditis oder Klappenerkrankung aber mit VHFLi und einer Herzfrequenz von > 100/min liegt bei 82 % der Patienten eine Tachymyopathie vor. «Hier sollte die prima causa der Herzinsuffizienz, in diesem Falle das Vorhofflimmern, möglichst konsequent und vorrangig behandelt werden!», betonte der Vortragende Prof. Dr. med. Thorsten Lewalter.
Viele VHFLi-Episoden treten gehäuft nachts auf. Dabei sind verschiedene Faktoren involviert: die biologische Uhr, nächtliche Bewegungen der Beine, Position beim Schlaf, schlechte Schlafqualität, Vagotonus, OSAS, Reflux, abendlicher Alkohol. Therapeutisch Diskussion Flecainid, CPAP, Sport am Tag, Modulation des autonomen Nervensystems.
Die Schlafqualität hat Einfluss auf die VHFLi-Häufigkeit und Episodendauer am folgenden Tag. «Für die klinische Praxis bedeutet dies, dass wir bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern die Schlafgüte hochhalten sollten; mindestens bedeutet dies, dass man den Patienten darüber aufklären sollte und er versuchen muss möglichst «gut» zu schlafen. Bei primär nächtlich auftretendem VHFLi muss nach einer Schlafapnoe gefahndet werden; auch für die medikamentöse Differentialtherapie ist es von Bedeutung.»
Der Einsatz von Cannabis bei chronischen Schmerzpatienten führt zu mehr Vorhofflimmern; dies sollte man bei dieser älteren Patientengruppe mit verschiedenen Begleitkrankheiten in der klinischen Praxis beachten; insbesondere kardiovaskulär Vorerkrankte zeigen mit einer Verdopplung der Auftretensrate das höchste Risiko. Gesunde junge Personen weisen diese Cannabis-Nebenwirkung nicht auf.
Bei älteren Patienten, insbesondere mit zusätzlichen Risikofaktoren (Abb. 1) für ein VHFLi, sollte in der täglichen Praxis konsequent an ein Screening auf ein VHFLi gedacht werden. Zur qualitativen Diagnostik von VHFLi ist eine EKG-basierte Technik und eine ärztliche Befundung notwendig; dies kann ein 1-Kanal- oder 12-Kanal-EKG sein. Befunde in Nicht-EKG-basierten Methoden (Puls, PPG, Oszillometrie u.a.) haben dagegen lediglich einen hinweisenden Charakter und müssen durch eine EKG basierte Methode bestätigt werden.
Smartwatches sind als Einkanal-EKG sehr effektiv im Erkennen von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern bei älteren Erwachsenen – entspricht am Handgelenk EKG Abl. I. Tragbare EKG-Geräte wie Smartwatches werden in Zukunft deutlich mehr Informationen aus dem EKG übertragen als nur die qualitative Feststellung einer Arrhythmie. Durch eine Umpositionierung sind weitere Ableitungen möglich; so kann auch u.a. eine Ischämie, ein QT-Monitoring oder eine Bradykardie oder eine AV-Blockierung erkannt werden.
Eine medikamentöse Kardioversion wird häufig nach dem Prinzip «Pill in the pocket» mit 200–300 mg Flecainid per os durchgeführt. Alternativ kann auch Propafenon 450–600 mg oder Ranolazin 2000 mg verwendet werden. In naher Zukunft wird es eine inhalative Applikation von Flecainid geben mit einer medianen Wirkung nach bereits 13.7 Minuten. Das Medikament wird über die Alveolen resorbiert mit rascher Wirkung am linken Vorhof.
KI–basierte Algorithmen, eine neue Ära der Herzmedizin, ermöglichen detaillierte Risikoabschätzungen für VHFLi-Rezidive nach PVI, die über die bisherigen Ansätze hinausgehen. Zu den wichtigsten prädiktiven Faktoren gehören das Ausmass einer linksventrikulären Fibrose (CMR), die Grösse des LA im TTE und die Pulmonalvenenanatomie im CT. Die frühzeitige Anerkennung von Hochrisiko- Rezidiv-Patienten wird es ermöglichen, gezielte Interventionen oder alternative Therapiestrategien einzuleiten, um die Erfolgsquote von VHFLi-Ablationen zu erhöhen.
Prävention
Zwei grosse US-Studien zeigten, dass Kaffee-Konsum nicht mit negativen Ereignissen assoziiert ist. Angeblich ist der morgendliche Kaffee-Konsum gesünder. Auch die dunkle Schokolade hat erneut günstige Wirkungen gezeigt. Hier sind aber wahrscheinlich sozio-ökonomische Faktoren und das Verhalten zu berücksichtigen.
Nach einer neuen Arbeit, bei 716 Patienten, muss man vor einer Koronarangiographie (1 bis 4h) nicht mehr nüchtern sein. Es kommt zu keiner Aspirationspneumonie, weniger Hypotonien und weniger Bz-Entgleisungen. Auch sind die Patienten bei einer leichten Mahlzeit deutlich zufriedener.
Bei einer koronaren Herzkrankheit ist das LDL-Ziel < 1.4 mmol/l. Bei einer Statinunverträglichkeit oder einer ungenügenden Wirkung kann neben Ezetimib auch die Bempedoinsäure eingesetzt werden. Bei einer CHK und einem T2DM sollte ein SGLT2-H., unabhängig vom HbA1C, verordnet werden (IA).
Bei einer CHK mit Übergewicht/Adipositas (BMI > 27) haben GLP-1 RA eine IIaB-Indikation. Bei ausgewählten Patienten kann auch Colchizin, 0.5 mg/die bei einer eGFR > 45 ml/min, 1.73 m2, diskutiert werden. Hier ist die Datenlage aber sehr heterogen (IIaA).
Mehr als 150 Min. moderate bis anstrengende körperliche Aktivität/Woche ist mit einem tieferen Risiko für mehr als 200 Erkrankungen assoziiert. Dies ergibt eine grosse Analyse der UK-Biobank.
Je höher das genetisch festgelegte Lipoprotein A (Lpa), desto mehr Myokardinfarkte, ischämische Schlaganfälle, HI und Aortenklappenstenosen. Der Wert sollte bei einer Atherosklerose oder einer diesbezüglich positiven FA einmal im Leben bestimmt werden. Aktuell kann bei einem erhöhten Wert neben der Vermeidung der kardiovaskulären Risikofaktoren nur das LDL optimal eingestellt werden. In naher Zukunft stehen aber auch hier verschiedene Medikamente, u.a. ein siRNA-Wirkstoff, zur Verfügung.
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Dr. med. Urs N. Dürst
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1. 2024 ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) European Heart Journal (2024) 00, 1–101 https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae176
2. Hindricks G. et al., 2020 ESC Guidelines for the diagnosis and management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS): The Task Force for the diagnosis and management of atrial fibrillation of the European Society of Cardiology (ESC) Developed with the special contribution of the European Heart Rhythm Association (EHRA) of the ESC, European Heart Journal, Volume 42, Issue 5, 1 February 2021, Pages 373–498
3. Feng Z et al. Factors associated with cognitive impairment in patients with atrial fibrillation: A systematic review and meta-analysis. Arch Gerontol Geriatr 2025;128:105619. https://doi.org/10.1016/j.archger.2024.105619
4. Grosse GM et al. Prior Anticoagulation and Risk of Hemorrhagic Transformation in Acute Stroke: A Post Hoc Analysis of the PRODAST Study. J Am Heart Assoc 2025;14:e037014. https://doi.org/10.1161/JAHA.124.037014