Gastrointestinaler Krebs

Der Präsident der SAKK, Prof. Dr. Miklos Pless, Winterthur, konnte eine zahlreiche Teilnehmerschaft im KKL zum 5. ESMO in the Alps begrüssen. Obschon am diesjährigen ESMO keine wesentlichen Praxis verändernden Studien präsentiert wurden, gab es doch einige Präsentationen, die eine Vertiefung, und Beurteilung auf Schweizer Verhältnisse wert waren, wie dies am ESMO in the Alps Tradition hat.

Das Steering Committee mit Prof. Dr. Jörg Beyer, Bern, und Dr. Daniel Helbling, Zürich, hat auch dieses Jahr eine äusserst glückliche Hand bei der Auswahl der Präsentatoren gehabt, die ihrerseits interessante Studien aus ihrem Fachgebiet präsentierten und diskutierten. Entsprechend sehr gut fiel denn auch die Beurteilung durch die Teilnehmer des Meetings aus.

Die Experten Frau PD Dr. ssa Sara De Dosso, Bellinzona und Dr. Christian Weisshaupt, St. Gallen, wählten vier Präsentationen aus: die Phase III SAKK Studie 41/13, das 3 Jahre krankheitsfreie Überleben in NICHE-2, die Phase III PODIUM-303/InterAACT 2 und die Phase III Studie LEAP-112.

Adjuvant aspirin treatment in PIK3CA mutated colon cancer patients. The phase III prospective randomised placebo-controlled multicenter SAKK41/13 trial.

Die vorliegende Studie basiert auf einer Reihe von retrospektiven Studien, welche Hinweise auf eine potenzielle schützende Wirkung von Aspirin bei der adjuvanten Behandlung von Patienten mit Kolonkarzinom liefern. Dies trifft insbesondere auf Patienten mit PIK3CA-Mutationen zu. Die von Prof. Dr. Ulrich Güller, Thun, am ESMO präsentierte SAKK41/13-Studie stellt die erste prospektive, randomisierte Studie dar, welche einen protektiven Effekt von adjuvanten Aspirin-Gaben bei Patienten mit PIK3CA-mutiertem Stadium II und III des Kolonkarzinoms nachweist. Dies resultierte in einer klinisch relevanten Zunahme des krankheitsfreien Überlebens von 43 % (HR 0–57, p = 0.11) und einem absoluten 5-Jahres-Benefit von 13.6 % sowie einer klinisch relevanten Verbesserung des rezidivfreien Überlebens von 51 % (p = 0.089). Die Nebenwirkungen von Aspirin waren insgesamt sehr günstig (keine schweren unerwünschten Ereignisse). Bedauerlicherweise musste die Studie aus finanziellen Gründen vorzeitig abgebrochen werden, sodass die Ergebnisse keine statistische Signifikanz aufweisen.

Kommentar

Die Studienresultate wurden von den Experten als sehr gut beurteilt, schade, dass die Studie underpowered ist. Die Bestimmung der PIK3CA-Mutation kann nicht an überall durchgeführt werden und ist mit hohen Kosten verbunden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum Aspirin nicht allen Patienten verabreicht wird, obwohl die Träger des Wildtyps keinen Nutzen, aber auch kaum einen Schaden haben, ausser bei hohem Blutungsrisiko.

Neoadjuvant immunotherapy in locally advanced MMR-deficient colon cancer, 3-year disease-free survival from NICHE-2

In einer aktuellen Studie wurde bei 10–15 % der Patienten mit nicht metastasierendem Kolonkarzinom und einer Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR) eine 3-Jahres-Rezidivrate von 20–40 % trotz Standard-of-Care-Behandlung mit adjuvanter Chemotherapie beobachtet.

In der Studie Niche-2 wurde die Wirksamkeit von Ipilimumab und Nivolumab bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem dMMR-Kolonkarzinom untersucht. Die Behandlung erfolgte an Tag 1 mit Ipilimumab und an Tag 1+15 mit Nivolumab, gefolgt von einer Operation innerhalb von 6 Wochen. Die Studie hatte zwei unabhängige primäre Endpunkte: Sicherheit und 3-Jahres-DFS.
Unter den 111 Patienten, die an der Wirksamkeitsanalyse teilnahmen, wies eine Mehrheit von 64 % eine cTTumo auf. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 36.5 Monaten (Spanne 7.8–83.4) wies die Kohorte der Patienten durchgängig ein Leben ohne Rezidive auf, sodass ein 3-Jahres-DFS von 100 % erreicht wurde. In 92 % der Fälle konnte ctDNA bei den 108 Patienten, von denen Plasmaproben verfügbar waren, zu Beginn der Behandlung nachgewiesen werden. Am 15. Tag konnte bei 45 % dieser Patienten keine ctDNA mehr nachgewiesen werden. Während sich die ctDNA-Werte zu Beginn der Studie nicht unterschieden, wiesen die Werte am Tag 15 und vor der Operation in den Gruppen mit pathologischem Ansprechen (pCR) und mit moderatem Ansprechen (MPR) eine signifikante Abnahme auf. Vor der Operation wies die ctDNA bei 94 % der Patienten mit einer pCR und bei 70 % der Patienten mit einer MPR einen negativen Befund auf. Bei 16 Patienten blieb die ctDNA vor der Operation jedoch nachweisbar, wobei die ctDNA-Werte deutlich reduziert waren. Dies betraf zwei von drei partiellen Respondern und einen von elf Non-Respondern. Zum Zeitpunkt der MRD-Bestimmung waren alle Patienten ctDNA-negativ.

Kommentar

Die Ergebnisse der Studie sind beeindruckend: Bei lokal fortgeschrittenem Kolonkarzinom mit dMM/MSI konnte eine 100-prozentige 3-Jahres-DFS verzeichnet werden. Somit etabliert sich diese Methode als neuer Standard für wirklich fortgeschrittene Stadien (T4).

Preisverleihung der Stiftung SWISS BRIDGE

In den letzten 27 Jahren hat die Stiftung SWISS BRIDGE über 45 Mio. Franken für die Krebsforschung gesammelt und in innovative Projekte investiert. Jährlich wird der SWISS BRIDGE Award mit mindestens 500 000 Franken für herausragende Forschungsprojekte verliehen, einer der renommiertesten Preise im Bereich Krebsforschung.

Zwei Studien zu Immuntherapien bei Krebs­erkrankungen preisgekrönt

Insgesamt haben sich 36 junge Forschende aus Europa für den SWISS BRIDGE Award 2024 beworben. In einem zweistufigen Evaluationsverfahren hat eine hochkarätig besetzte Jury unter der Leitung von Prof. Dr. med. Adrian Ochsenbein, Universitätsklinik für Onkologie am Inselspital Bern, den diesjährigen Forschungspreis an Prof. Dr. Juliane Walz, Medizinische Direktorin der Klinischen Kooperationseinheit Translationale Immunologie am Universitätsklinikum Tübingen und an PD Dr. med. Dr. sc. nat. Tobias Weiss, Oberarzt an der Klinik für Neurologie des Universitätsspitals Zürich verliehen. Sie erhalten je 250 000 Franken für die Durchführung ihrer klinischen Studien, die vielversprechende neue Ansätze in der Immuntherapie von schwer behandelbaren Krebserkrankungen erproben.

Ein innovativer Antikörper gegen metastasierten Krebs

Im Zentrum der Studie von Prof. Walz und ihrem Team steht die Erforschung eines sogenannten bispezifischen Antikörpers. Dieser Antikörper richtet sich gezielt an Strukturen auf den Immunzellen und auf den Tumorzellen, wodurch die Immunantwort gezielt auf die Tumorzelle gesteuert wird. Dies führt zu einer wirksameren Bekämpfung der Tumorzellen.

Wegweisende Studie bei austherapierten ­Hirntumoren

Das Team unter der Leitung von Dr. Weiss untersucht einen neuen immuntherapeutischen Behandlungsansatz beim austherapierten Glioblastom, der häufigsten und aggressivsten Form von Hirntumoren bei Erwachsenen. Im Rahmen dieser Therapie werden Immunzellen aus dem Blut der Patientinnen und Patienten entnommen, modifiziert und so verändert, dass sie Tumorzellen erkennen und angreifen können. Diese Zellen werden nach ihrer Modifizierung wieder in die Patientinnen und Patienten zurückgeführt. Neu am von Dr. Weiss und seinem Team entwickelten Verfahren ist die Verwendung einer breiteren Palette von Immunzellen, die noch am selben Tag entnommen, modifiziert und den Patientinnen und Patienten wieder zugeführt werden. Neu ist auch der Einsatz der mRNA-Technologie zur Modifikation dieser Zellen. Diese Methode ist bekannt aus der Entwicklung der Impfstoffe gegen das Sars-Cov2 Virus. Das Konzept der Studie ist weltweit einzigartig und könnte auch für die Behandlung anderer Krebserkrankungen wegweisend sein.

Der Aerzteverlag medinfo ist mit SWISS BRIDGE durch die Stiftungsrätin Frau Eleonore Droux verbunden.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Kontroversen im Management von Tumoren des Weichgewebes

Aktuelle Leitlinien zu Weichgewebesarkomen (soft tissue sarcoma, STS) und anderen Weichgewebetumoren decken diagnostische und therapeutische Vorgehensweisen ab, für die es Evidenz aus kontrollierten Studien gibt. Widersprüchliche oder fehlende Daten aus retrospektiven oder qualitativ minderwertigen Studien, die vor allem der Seltenheit von Sarkomsubtypen geschuldet sind, führen zu Kontroversen im Management von STS und Weichgewebetumoren. Konsensus Konferenzen mit internationalen Experten aller involvierten Disziplinen können bestehende Leitlinien ergänzen.

Konzept von CCS2024

2024 haben wir zum zweiten Mal eine internationale Konferenz zu Kontroversen in der Diagnostik und Behandlung von Weichgewebesarkomen (soft tissue sarcoma, STS) und Weichgewebetumoren organisiert und durchgeführt. Über die erste Konferenz 2022 hatten wir in dieser Zeitschrift bereits berichtet (info@ONCO-SUISSE_05_2022, S. Hofer, C. Rothermundt, Konsensus Konferenz für Weichteilsarkome in St. Gallen 2022 – Management von Weichteilsarkomen – wenn die Evidenz fehlt).

In diesem Jahr formulierten wir in einem modifizierten Delphi-Prozess und in Zusammenarbeit mit dem interdisziplinären CCS2024 Scientific Committee 200 kontroverse Statements und eine Auswahl an Antwortmöglichkeiten. Wir achteten darauf, dass die kontroversen Statements nicht in etablierten Leitlinien abgebildet sind. Im Vorfeld zur Konferenz legten wir für die Abstimmung einen Konsens mit ≥ 75 % und einen starken Konsens mit ≥ 90 % Übereinstimmung der Antworten fest. Wenn nicht anderweitig erwähnt, wurde davon ausgegangen, dass es sich bei den Szenarien um fitte Patienten handelt, dass keine Restriktionen bezüglich Untersuchungsmodalitäten und Zugang zu Medikamenten vorliegen und dass keine aktuell rekrutierende Studie für die Fragestellung zur Verfügung steht.

Wir konzentrierten uns bei der Konferenz 2024 auf 8 klinische Szenarien mit den folgenden STS-Subtypen und Weichgewebetumoren:
1. Atypischer lipomatöser Tumor (ALT)
2. Extremitäten Synovialsarkom (ESTS)
3. Retroperitonealsarkom (RPS)
4. Phylloides Tumor (PT)
5. Tenosynovialer Riesenzelltumor (TGCT)
6. Maligner Nervenscheidentumor (MPNST)
7. Angiosarkom (AS)
8. Uterines Leiomyosarkom (uLMS)

Konferenzergebnisse CCS2024

63 interdisziplinäre Panelisten aus 13 europäischen Ländern (inklusive Schweiz) und ein Patientenvertreter nahmen aktiv an CCS2024 teil.
Während der zweitägigen Konferenz wurden die ausgewählten Fälle mit kontroversen Fragestellungen präsentiert und gewinnbringend unter den internationalen Panelisten diskutiert.

Nach der Diskussion erfolgte die Abstimmung über 143 der 200 vorbereiteten Fragen. Bei 53 Statements erlaubte die Diskussion eine angepasste Neuformulierung, über diese wurde nach der Konferenz ein zweites Mal, und zwar online, abgestimmt (Abb. 1–3).

Dem interdisziplinären Charakter der Behandlung von STS und Weichgewebetumoren geschuldet, waren alle Fragen, welche diskutiert und über die abgestimmt wurden, über diverse Fachbereiche verteilt (Abb. 3).

In Tab. 1. fassen wir diejenigen Resultate der Abstimmung zusammen, bei denen ein starker Konsens erreicht wurde.
CCS2024 ist die zweite interaktive Präsenzveranstaltung, welche kontroverse Themen im Management von Weichgewebesarkomen und -tumoren adressiert. Ein starker Konsens (≥ 90% der Panelisten) wurde in 22 von 143 Fragen erreicht, ein Konsens (≥ 75%) bei 44 Fragen. Es gab einige Fragen, denen eine Mehrzahl von Panelisten zustimmten (> 50%), diese werden wir in der abschliessenden Publikation zu CCS2024 diskutieren.

unterschiedlichen Vorgehensweisen in den verschiedenen Ländern und Sarkomzentren reflektieren. Dennoch erlauben uns die Ergebnisse, Themen zu identifizieren, bei denen dringend Forschungsschwerpunkte gesetzt werden sollen. Solche konnten bereits während der Diskussionen an der Konferenz benannt werden. Anderseits wurde erneut bewusst, dass es bei raren bis ultrararen Tumorentitäten, wie bei vielen – auch neu beschriebenen molekularen – STS-Subtypen der Fall, nie adäquate Studien geben wird, um die nötige Evidenz oder einen Konsens zu generieren.

Die European Society of Gynaecological Oncology wird demnächst ihre Guidelines für die Diagnostik und Behandlung von uterinen Leiomyosarkomen publizieren. Es wird interessant sein, die Abstimmungsresultate von CCS2024 mit dieser neuen Leitlinie zu vergleichen, mögliche Diskrepanzen zu entdecken und zu diskutieren.

Etablierte Leitlinien, welche für die Diagnostik und Behandlung von STS und Weichgewebetumoren bereits vorliegen sind u.a.:

• ESMO Guideline 2021: www.annalsofoncology.org/article/S0923-7534(21)02184-0/fulltext
• Deutsche S3 Leitlinie 2022: www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/adulte-weichgewebesarkome
• Onkopedia Weichgewebesarkome 2019: www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/weichgewebssarkome-maligne-weichgewebstumoren-des-erwachsenen/@@guideline/html/index.html
• Sarcoma of the Uterus. Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG, S2k-Level, AWMF Registry No. 015/074, April 2021: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36467974/
• NCCN Guidelines NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology: www.nccn.org/guidelines/guidelines-detail?category=1&id=1464
• Current clinical practice in the management of phyllodes tumors of the breast: an international cross‑sectional study among surgeons and oncologists, 2023: https://doi.org/10.1007/s10549-023-06896-1

Trotz vieler klarer Empfehlungen in diesen Leitlinien bleiben diverse Fragen im klinischen Alltag offen oder werden kontrovers beurteilt. Biologisch unterschiedliche Sarkome gleich zu behandeln ist äusserst problematisch und war in der Vergangenheit wenig erfolgreich.

Konsensuskonferenzen, wie die CCS2024, sollen Kliniker und Patienten im klinischen Alltag unterstützen und durch abgestimmte Expertenmeinungen bei nicht evidenzbasierten Situationen beraten, sowie weiterführende Forschung bei kontroversen Themen anregen.
Wir danken an dieser Stelle den 63 Panelisten, die tatkräftig zum Gelingen dieser zweiten Conference on Controversies in Soft Tissue Sarcoma (CCS) in St. Gallen vom 3.–4. Mai 2024 beigetragen haben.

Dr. med. Silvia Hofer 1
Prof. Dr. med. Dimosthenis Andreou 2
Prof. Dr. med. Chantal Pauli 1
PD Dr. med. Christian Rothermundt 3
1  Universitätsspital Zürich
2  Universitätsklinikum Essen
3  Kantonsspital St. Gallen

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Silvia Hofer

Universitätsspital Zürich
Institut für Pathologie und Molekularpathologie
Schmelzbergstrasse 12
8091 Zürich

silvia.hofer@usz.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Oncosuisse am SOHC 2024

Am diesjährigen Swiss Oncology & Hematology Congress (SOHC) veranstaltet Oncosuisse erneut zwei Sessions zu aktuellen Themen aus dem Krebsbereich

Session 1

Krebsregistrierung in der Schweiz: «Krebsepidemiologie – Ergebnisse aus nationalen Krebsregisterdaten»

Mittwoch, 20. November 2024 – 15:45–17:15 Uhr im Raum Rio

Seit der Einführung des Krebsregistrierungsgesetzes sind die Leistungserbringer/-innen von Krebspatient/-innen verpflichtet, gewisse Daten an die kantonalen Krebsregister des Wohnkantons der einzelnen Patient/-innen weiterzuleiten. Doch welche Rolle spielen die Nationale Krebsregistrierungsstelle (NKRS) und das Kinderkrebsregister (KiKR) und welche Daten werden ausgewertet?
Am SOHC-Kongress 2024 beleuchten wir in der Joint-Session Oncosuisse / NICER die Krebsepidemiologie und stellen Ergebnisse aus nationalen Krebsregisterdaten vor.

Wie sieht die Datenqualität beim Nationalen Krebsregister aus? Was bedeuten Indikatoren und wie können sie zur Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität bei Brustkrebs angewendet werden? Weitere Themen wie die «Auswirkungen der Covid-19 Pandemie» und «nationale Auswertungen zu Krebserkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen» bis 39 Jahre (AYA) werden vorgestellt. Gibt es eine Zunahme von Krebserkrankungen bei jungen Menschen?

Wir freuen uns auf interessante Referate und anregende Diskussionen zu den Ergebnissen aus nationalen Krebsregisterdaten.

Link zur Veranstaltung:
https://oncosuisse.ch/oncosuisse-session-1-krebsepidemiologie-ergebnisse-aus-nationalen-krebsregisterdaten/

Session 2:

Vorstellung des Oncosuisse Masterplan 2025

Donnerstag, 21. November 2024 – 15:45–17:15 Uhr im Raum Darwin

Der Oncosuisse Masterplan 2025 enthält prioritäre Themenbereiche und Ziele im Krebsbereich, die aus Sicht der Krebsorganisationen, prioritär angegangen werden müssen. Der Inhalt des Masterplans 2025 wurde basierend auf einer Bestandesaufnahme in der Schweizer Cancer Community erarbeitet und soll einen inhaltlichen Vorschlag für die Ausarbeitung eines Nationalen Krebsplans darstellen.
In dieser Session werden folgende Schwerpunkte aus dem Oncosuisse Masterplan 2025 besprochen:

  • Erarbeitung des Oncosuisse Masterplan 2025: Entstehung, mitwirkende Organisationen und Personen, Bedeutung
  • Übersicht über die Hauptziele des Masterplan 2025
  • Detailliertere Vorstellung ausgewählter Hauptziele
  • Der Oncosuisse Masterplan 2025 als inhaltliche Basis für einen Nationalen Krebsplan des Bundes – weiteres Vorgehen
  • Fragen und Diskussionen mit dem Publikum

Es werden Vertreter/-innen von Oncosuisse bzw. ihren Mitgliedsorganisationen anwesend sein, die auch Ihre Fragen zum Masterplan 2025 und dem weiteren Vorgehen hin zu einem Nationalen Krebsplan beantworten werden. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und Ihren Input zu diesem wichtigen Thema.

Link zur Veranstaltung:
https://oncosuisse.ch/sohc-oncosuisse-session-2-der-nationale-krebsplan-der-schweiz/

Weitere Informationen: info@oncosuisse.ch

Nationale Krebsregistrierung:
Leichtverständliche Informationen und neue Webseite

Die Krebsregistrierung spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen Krebserkrankungen in der Schweiz. Die nationale Krebsregistrierungsstelle bietet auf Basis der Daten aus den kantonalen Krebsregistern und des nationalen Kinderkrebsregisters eine systematische Erfassung aller Krebserkrankungen, was eine unverzichtbare Datenquelle für medizinische Forschung und öffentliche Gesundheit darstellt. Die Daten ermöglichen es, den Verlauf von Krebserkrankungen besser zu verstehen, Risikofaktoren zu identifizieren und Präventionsstrategien zu entwickeln. Ein wichtiger Aspekt der Krebsregistrierung ist zudem der Schutz der Patientendaten. Alle erfassten Informationen werden streng vertraulich behandelt und unterliegen den höchsten Datenschutzstandards. Patienten haben zudem die Möglichkeit, der Registrierung zu widersprechen, ohne dass ihnen dadurch Nachteile in der medizinischen Versorgung entstehen.

Um diese Fakten den Patienten, aber auch der breiten Bevölkerung näherzubringen, wurde von der Nationalen Krebsregistrierungsstelle NKRS und dem Kinderkrebsregister KiKR die Webseite www.krebsregistrierung.ch (Abb. 1) aufgeschaltet. Sie soll leichtverständlich mit einem Erklärfilm und anschaulichen Grafiken über alle oben genannten Aspekte der Krebsregistrierung informieren. Die leichtverständlichen Texte und Grafiken dürfen von Dritten benutzt werden, um zur Aufklärung bzgl. Krebsregistrierung beizutragen. Für diesbezügliche Anfragen wenden Sie sich bitte an die Nationale Krebsregistrierungsstelle unter info@nkrs.ch.

Weitere Informationen: info@oncosuisse.ch

Dr. sc. nat. Michael Röthlisberger

Selbstmanagement-Förderung bei Krebserkrankungen

Selbstmanagement bei Krebs beinhaltet alle Aktivitäten von Betroffenen und ihren Familien oder ihrem sozialen Umfeld, die helfen, mit der Krankheit, den Therapien und ihren langfristigen Folgen zurechtzukommen. Selbstmanagement-­Programme unterstützen Betroffene wirksam beim Selbstmanagement und fördern damit deren Lebensqualität und ­Gesundheit.

Interventionen zur Selbstmanagementförderung werden derzeit nicht durch das KVG vergütet. Die SCAPE Studien zeigen auf, dass etwa die Hälfte aller Krebspatient/-innen negative Erfahrungen bezüglich der Unterstützung des Selbstmanagements macht (Arditi et al., 2022). Es ist sehr wichtig Selbstmanagementförderung anzuwenden, um mögliche negative Auswirkungen einer Krebserkrankung zu minimieren und damit verbundene Belastungen zu lindern. Das Symptom Navi setzt genau hier an.

Symptom Navi Programm

Drei Kernelemente bilden das Symptom Navi Programm (SNP):
1. Schriftliche, evidenzbasierte Empfehlungen zum Selbstmanagement (SN-Flyer) für Krebsbetroffene
2. Leitfaden für Edukationsgespräche von Fachpersonen zur Förderung und Unterstützung der Betroffenen
3. Schulungen für Fachpersonen zur Einführung des SNP an Institutionen
Das SNP ist eines der wenigen standardisierten Programme zur Förderung des Selbstmanagements bei Menschen mit Krebs in der Schweiz. Es wurde gemeinsam mit Betroffenen und Fachpersonen entwickelt (Kropf-Staub et al., 2017) und umfassend evaluiert (Bana et al., 2021). Insgesamt stehen 22 SN-Flyer zum Selbstmanagement von Symptomen, 7 SN-Flyer zur Gesundheitsförderung und 2 SN-Flyer mit allgemeinen Informationen zur Verfügung. Die nachfolgenden Resultate basieren auf dem Evaluationsbericht der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH) (Frais, 2024).

Anwendung SN-Flyer

Fachpersonen geben an, dass von den Krebsbetroffenen, die SN-Flyer aktiv nutzen, etwas mehr als 80 % explizit Empfehlungen auf den Flyern anwenden (Abb. 1).

Edukationsgespräche

Geschulte Fachpersonen coachen Krebsbetroffene mit Edukationsgesprächen zum Selbstmanagement. Die Betroffenen lernen, ihre Symptome besser einzuschätzen und autonomer mit den Symptomen umzugehen oder diese zu lindern. Sie lernen besser einzuschätzen, wann sie das Behandlungsteam kontaktieren und sich Hilfe holen müssen.

Einführung an Institutionen

Fachpersonen nehmen an zwei Schulungen teil: eine 4-stündige Einführung zum SNP und eine 2-stündige Follow-up Schulung.

Erfahrungen und Wirkung

Seit 2011 wird das SNP zur Förderung des Selbstmanagements in der Praxis angewendet. Krebsbetroffene fühlen sich mit den SN-Flyern sicherer und durch das Coaching von Fachpersonen wirksam unterstützt (Bana et al., 2020). Der Evaluationsbericht der PHZH bestätigt diese Resultate (Frais, 2024) (Abb. 2).

Zudem konnte eine Studie aufzeigen, dass die Integration von SN-Flyer-Inhalten in ein digitales Tool das Selbstmanagement von Krebsbetroffenen effektiv unterstützt, indem die Kontaktaufnahme mit dem Behandlungsteam oder mit dem Notfall hinausgezögert werden kann (Eicher et al., 2023).

Voten von Fach- und Betreuungspersonen

Fachpersonen bewerten die Schulungen zum SNP als gut bis sehr gut (Gesamtmittelwert 3.5 auf einer 4-er Skala). Knapp 40 % der Fachpersonen integrieren Edukationsgespräche gut in ihren Praxisalltag und weitere 30 % können Edukationsgespräche mit Einschränkungen umsetzen (Abb. 3).

Fachpersonen bestätigen die Wichtigkeit der Selbstmanagement-Edukation und deren Nutzen für die Krebsbetroffenen, erleben aber auch Hindernisse für die Integration von Edukationsgespräche im Alltag:
• Fehlen einer ruhigen Umgebung
• Informationsüberflutung der Krebsbetroffenen
• Zeitmangel

Aussagen von Stakeholdern

Für die Einführung und Anwendung des SNP sind förderliche Rahmenbedingungen wichtig. Allerdings nennen Führungspersonen auch relevante hinderliche Faktoren (Tab. 1).

Was ist zu tun?

Krebsbetroffene in der Schweiz erfahren während der Diagnosestellung und stationären Therapien eine gute Betreuung und Behandlung, erhalten aber wenig Informationen zum Selbstmanagement (Arditi et al., 2022). Hier besteht dringender Handlungsbedarf, denn Selbstmanagement kann den Krebsbetroffenen Autonomie und Kontrolle über ihren Alltag zurückgeben.

Empfehlungen

Selbstmanagement-Förderung als fester Bestandteil in die Krebsversorgung integrieren. Dazu
• sind die Rahmenbedingungen an onkologischen Zentren
anzupassen, damit Edukationsgespräche im Alltag integriert werden können,
• ist eine dauerhafte Finanzierung von Selbstmanagement-
Förderung mittels öffentlicher Gelder anzustreben,
• sollen SN-Flyer für Krebsbetroffene frei zugänglich sein.

Fazit

Es braucht langfristige Finanzierungsinstrumente, um Krebsbetroffene im Selbstmanagement wirksam unterstützen zu können:
• Kantonale Gesundheitsdirektionen können die Selbstmanagement-Förderung als gemeinwirtschaftliche Leistungen an Spitäler vergüten.
• Krankenversicherer können das SNP in den Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung aufnehmen.

Autor/-innen:
Marika Bana, PhD, assoziierte Professorin FH, HES-SO Fribourg, Hochschule für Gesundheit; Schulung und Training Symptom Navi Programm
Karin Ribi, Dr. Phil. MPH, Senior Researcher, Careum Hochschule Gesundheit, Zürich; Projektverantwortliche Symptom Navi Programm von 2020 – 2022
Michael Frais, Fachspezialist Evaluation, Pädagogische Hochschule Zürich
Ursula Gehbauer Tichler, Dr., Geschäftsführerin Schweizerischer Verein zur Förderung des Selbstmanagements, Projektverantwortliche Symptom Navi Programm ab 2022
Manuela Eicher, Dr. rer. medic, FAAN, Ordinaria und Direktorin am Institut für Pflege und Versorgungswissenschaften IUFRS, Fakultät Biologie und Medizin, Universität Lausanne und Universitätsspital Lausanne; Vorstandsmitglied Schweizerischer Verein zur Förderung des Selbstmanagements

Kontakt
Marika.bana@symptomnavi.ch
www.symptomnavi.ch
Schweizerischer Verein zur Förderung des Selbstmanagements (VFSM)

Gesundheitsförderung Schweiz hat das SNP von 2020–2023 finanziell unterstützt.

Arditi, C., Eicher, M., Colomer-Lahiguera, S., Bienvenu, C., Anchisi, S., Betticher, D., Dietrich, P. Y., Duchosal, M., Peters, S., & Peytremann-Bridevaux, I. (2022). Patients’ experiences with cancer care in Switzerland: Results of a multicentre cross-sectional survey. Eur J Cancer Care (Engl), 31(6), e13705. https://doi.org/10.1111/ecc.13705
Bana, M., Ribi, K., Kropf-Staub, S., Näf, E., Sailer Schramm, M., Zürcher-Florin, S., Peters, S., & Eicher, M. (2020). Development and implementation strategies of a nurse-led symptom self-management program in outpatient cancer centres: The Symptom Navi© Programme. European Journal of Oncology Nursing, 44(01), Article 101714. https://doi.org/10.1016/j.ejon.2019.101714
Bana, M., Ribi, K., Peters, S., Kropf-Staub, S., Näf, E., Zürcher-Florin, S., Stoffel, B., Blaeuer, C., Borner, M., Malin, D., Biber, R., Betticher, D., Kuhn-Bächler, T., Cantoni, N., Seeger, T., Bütikofer, L., & Eicher, M. (2021). Pilot Testing of a Nurse-Led Basic Symptom Self-management Support for Patients Receiving First-Line Systemic Outpatient Anticancer Treatment: A Cluster-Randomized Study (Symptom Navi Pilot Study). Cancer Nursing. https://doi.org/10.1097/ncc.0000000000000995
Eicher, M., Bana, M., Ribi, K., Schneider, S., & Ammann, J. (2023). Use and value of self-management (SM) recommendations in a real-world evidence study evaluating digital patient monitoring (DPM) of patients (pts) receiving cancer care. Journal of Clinical Oncology, 41(16_suppl), 1603-1603. https://doi.org/10.1200/JCO.2023.41.16_suppl.1603
Frais, M. (2024). Evaluation Symptom Navi Programm (SNP). Pädagogische Hochschule Zürich. https://gesundheitsfoerderung.ch/node/9429
Kropf-Staub, S., Sailer Schramm, M., Zürcher, S., Näf, E., & Eicher, M. (2017). Symptom Navi Program – Entwicklung 2011 – 2015. Onkologische Pflege, 7(1), 21-27.