Sichere Morcellation im Rahmen einer laparoskopischen totalen oder subtotalen Hysterektomie

Der minimalinvasive Ansatz für die totale oder subtotale Hysterektomie hat sich aufgrund nachgewiesener Vorteile, wie geringerer Kosten, kürzerer Hospitalisation und niedrigerer Morbidität, zum Goldstandard entwickelt, selbst bei Frauen mit einem grossen Uterus myomatosus. Die intraabdominelle Morcellation stellt eine einfache und sichere Methode im Rahmen einer laparoskopischen Hysterektomie dar. Sie birgt jedoch das Risiko einer intraabdominellen Tumorausbreitung, falls die Probe einen bösartigen Tumor enthält, was zu Peritonealmetastasen führen und somit die Überlebenschancen der Patientin erheblich verschlechtern kann. Aufgrund der FDA-Warnung 2014 und der Aktualisierung 2023 wurden in den letzten Jahrzehnten sicherere Extraktionsmethoden etabliert.Der minimalinvasive Ansatz für die totale oder subtotale Hysterektomie hat sich aufgrund nachgewiesener Vorteile, wie geringerer Kosten, kürzerer Hospitalisation und niedrigerer Morbidität, zum Goldstandard entwickelt, selbst bei Frauen mit einem grossen Uterus myomatosus. Die intraabdominelle Morcellation stellt eine einfache und sichere Methode im Rahmen einer laparoskopischen Hysterektomie dar. Sie birgt jedoch das Risiko einer intraabdominellen Tumorausbreitung, falls die Probe einen bösartigen Tumor enthält, was zu Peritonealmetastasen führen und somit die Überlebenschancen der Patientin erheblich verschlechtern kann. Aufgrund der FDA-Warnung 2014 und der Aktualisierung 2023 wurden in den letzten Jahrzehnten sicherere Extraktionsmethoden etabliert.

The minimally invasive approach for total or subtotal hysterectomy has become the gold standard due to proven advantages, such as lower costs, shorter hospitalization, and lower morbidity, even for women with a large myomatous uterus. Intraabdominal morcellation represents a simple and safe method within the scope of a laparoscopic hysterectomy. However, it carries the risk of intraabdominal tumor dissemination if the specimen contains a malignant tumor, which can lead to peritoneal metastases and thus significantly worsen the patient’s chances of survival. Following the FDA warning in 2014 and the update in 2023, safer extraction methods have been established in recent decades.

Keywords: Laparoscopic hysterectomy, safe morcellation, advances in laparoscopic surgery

Der minimalinvasive Ansatz für die Hysterektomie hat sich aufgrund nachgewiesener Vorteile, wie geringerer Kosten, kürzerer Hospitalisation und niedrigerer Morbidität, zum Goldstandard entwickelt, selbst bei Frauen mit großen Uterusmassen (1–2). In den letzten Jahrzehnten wurden verschiedene intraoperative Systeme entwickelt, um eine sichere Bergung des Uterus zu gewährleisten, und somit eine Laparotomie, wenn möglich, zu vermeiden. Bis dato gibt es vier etablierte Verfahren, um eine möglichst sichere Bergung im Rahmen der Laparoskopie zu gewährleisten. Dazu gehören die Power-Morcellation, die vaginale «in-bag» Morcellation, die «in-bag» Morcellation umbilical/Minilaparotomie sowie abdominale «in-bag» Systeme mit Power-Morcellation, wie z. B. das More cell Safe System (AMI-System®).

Problem: Gefahr einer intraabdominellen ­Tumorausbreitung

Die intraabdominelle Morcellation ist eine einfache und effektive Methode zur Extraktion großer Uterusmyome oder des gesamten Uterus im Rahmen einer laparoskopischen Hysterektomie (TLH). Sie birgt jedoch das Risiko einer intraabdominellen Tumorausbreitung, falls die Probe einen bösartigen Tumor enthält, was zu Peritonealmetastasen führen und die Überlebenschancen der Patientinnen erheblich verschlechtern kann (3–5). Wright et al. berichteten über eine Uteruskrebsrate von 0.27 % bei Frauen, die sich einer Morcellation während einer minimalinvasiven Hysterektomie unterzogen haben (6). Das geringe Risiko einer intraabdominellen Tumorausbreitung kann durch präoperative Risikobewertung und die Morcellation unsicherer Proben in einem geschlossenen System reduziert werden. Neben dem Risiko einer Dissemination eines malignen Tumors kann auch eine solche von Myomen zu ernsthaften Problemen führen. Eine disseminierte intraabdominale Myomatose als Folge eines Power-Morcellements können zu einer therapeutischen Herausforderung werden (7).

Risikostratifizierung: Risiko und Prävalenz von Uterussarkomen bei Operationen wegen ­Uterusmyomen

Aktuelle Studien legen nahe, dass bei etwa 1 von 2000 Frauen, die sich einer solchen Operation unterziehen, ein Leiomyosarkom vorliegen könnte. Uterussarkome treten bei Frauen, die sich einer Operation wegen Uterusmyomen unterziehen, häufiger auf als bisher angenommen (2).
Es ist präoperativ anhand von Kriterien der Bildgebung mit Ultraschall, CT oder MRI sowie auch klinischen Charakteristika praktisch unmöglich, zwischen einem Uterusmyom und -sarkom zu unterscheiden (8). Selbst ein rasches Wachstum postmenopausal ist kein verwertbares Merkmal für ein Sarkom (9).

Eine sorgfältige Anamnese, PAP-Abstrichentnahme und ein transvaginaler Ultraschall gehören zwingend zum präoperativen Work-up, um eine Risikostratifizierung durchzuführen. Bei Frauen mit einem Uterus myomatosus ist es häufig unklar, seit wann die Patientin Uterusmyome hat und die zeitliche Größenentwicklung nachzuvollziehen. Bei Frauen mit einem neu aufgetretenen singulären Myom mit rascher Größenprogredienz sowie vermehrter Durchblutung im Doppler sollte die Möglichkeit eines Leiomyosarkoms nicht ausgeschlossen werden.
Zudem muss bei Frauen mit perimenopausalen Blutungsstörungen an ein Endometriumkarzinom gedacht werden, dabei ist der transvaginale Ultraschall nicht immer wegweisend.

Die meisten Frauen mit einer bösartigen Erkrankung des Corpus uteri oder der Zervix weisen abnormale Vaginalblutungen und/oder verdächtige Bildgebungen auf, sodass nur wenige erst nach der Operation eine endgültige histopathologische Diagnose erhalten.
Die Risikostratifizierung und der zugrunde liegende peri- und intraoperative Algorithmus nach Günthert et al. haben sich als effektiv erwiesen (10).

FDA-Empfehlung (2014/Update 2023)

Aufgrund des Risikos der intraabdominellen Tumorausbreitung und der Verfügbarkeit alternativer chirurgischer Optionen warnt die FDA vor der Verwendung laparoskopischer Power-Morcellatoren bei den meisten Frauen, die sich einer Myomektomie oder Hysterektomie zur Behandlung von Myomen unterziehen (11).

Es ist entscheidend, dass die präoperative Risikobewertung und die Wahl der chirurgischen Methode sorgfältig abgewogen werden, um die Sicherheit und das langfristige Überleben der Patientinnen zu gewährleisten (12). Das geringe Risiko einer intraabdominellen Tumorausbreitung kann durch präoperative Risikobewertung und die Morcellation unsicherer Proben in einem geschlossenen System reduziert werden. Zu den sicheren Verfahren gehören die vaginale «in-bag» Morcellation, die «in-bag» Morcellation umbilical/Minilaparotomie sowie abdominale «in-bag» Systeme mit Power-Morcellation wie das Morecell Safe System (AMI-System®). Die Verwendung eines geschlossenen Systems zur Morcellation stellt entscheidende Schritte zur Verbesserung der Sicherheit bei der totalen laparoskopischen Hysterektomie dar.

Hervorzuheben dabei ist, dass in der präoperativen Sprechstunde eine fundierte und informierte Entscheidungsfindung von entscheidender Bedeutung ist. Dies gewährleistet, dass Patientinnen umfassend über die Risiken und Vorteile der geplanten Operation und der verschiedenen verfügbaren chirurgischen Techniken aufgeklärt werden.

Ansätze zur Lösung zur Minimierung der ­intraoperativen Risiken

1. Vaginale «in-bag» Morcellation. Eine Studie von Günthert et al. demonstrierte eine sichere Technik zur vaginalen «in-bag» Morcellation (10). Die Autoren betonten zudem die Bedeutung eines prä- und intraoperativen Algorithmus zur Risikostratifizierung, der die Rate der unkontrollierten Dissemination präoperativ nicht detektierter Tumorzellen deutlich verringern kann.
2. Abdominale «in-bag» Morcellation mit z. B. AMI-System (More Cell Safe®) (Abb. 1). Eine Proof-of-Concept-Studie von Rimach et al. zeigte, dass die «in-bag» Morcellation machbar und sicher ist. In der abschließenden Spülzytologie konnten keine Tumorzellen nachgewiesen werden. Diese Systeme sind insbesondere bei einem großen Uterus myomatosus geeignet, wenn eine vaginale Extraktion nicht möglich ist (13–14).


3. Abdominale «in-bag» Morcellation mit umbilicaler ­Morcellation (z. B. Endo-Catch, Cooper-Bag) (Abb. 2). Die umbilikale Morcellation ist eine einfache und effiziente Technik, insbesondere dann, wenn eine standardisierte Vorgehensweise verwendet wird. Bewährt hat sich die sog. Paper-roll Technik, mit der sich schlussendlich mit einer repetitiven Vorgehensweise beliebig grosse Gewebestücke extrahieren lassen (15).
In der Studie von Meurs et al. wurden 160 Frauen ohne Verdacht auf eine uterine oder zervikale Neoplasie untersucht, die sich einer laparoskopischen Hysterektomie unterzogen hatten (13). Die Patientinnen wurden in drei Gruppen eingeteilt:
Power Morcellation (PM): 77 Frauen
Vaginale Morcellation (VM): 33 Frauen
Mini-Laparotomie (ML): 50 Frauen
Zur Bergung des Gewebes wurde in 67 % der Fälle bei Power-Morcellation (PM), in 72 % der Fälle bei vaginaler «in-bag» Morcellation (VM) und in 92 % der Fälle bei minilaparotomie «in-bag» Morcellation (ML) ein Bergebeutelsystem verwendet. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Operationszeit in der ML-Gruppe im Vergleich zu den anderen Gruppen leicht verlängert war. Es gab jedoch keinen signifikanten Unterschied in der intraoperativen Komplikationsrate, in der nach Clavien-Dindo klassifizierten Komplikationsrate oder in der Re-Operationsrate zwischen den Gruppen.

Eine bemerkenswerte Beobachtung war, dass in der PM-Gruppe bei einer Patientin postoperativ ein low-grade Endometriumkarzinom diagnostiziert wurde. Bis zum Zeitpunkt der Studie wurden keine weiteren Komplikationen diesbezüglich berichtet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass alle drei untersuchten Morcellationstechniken – PM, VM und ML – sicher und effektiv sind. Die leicht verlängerte Operationszeit in der ML-Gruppe könnte durch die häufigere Verwendung eines Bergebeutelsystems erklärt werden.

Die Diagnose eines low-grade Endometriumkarzinoms in der PM-Gruppe unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen präoperativen Abklärung und Nachsorge. Die retrospektive ­Studie von Meurs et al. legt nahe, dass die Morcellationstechniken PM, VM und ML sichere und effektive Methoden zur Gewebsbergung im Rahmen einer laparo-skopischen Hysterektomie sind (13). Trotz der unterschiedlichen Vorgehensweisen und der Variation in der Verwendung von Bergebeutelsystemen konnten keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Komplikationen und Re-Operationsraten festgestellt werden. Die Befunde unterstützen die Anwendung dieser Techniken in der klinischen Praxis, wobei eine individuelle Bewertung und sorgfältige Patientenauswahl entscheidend bleiben.

Eine umfassende Metaanalyse von Vargas et al. untersuchte verschiedene Morcellationstechniken und unterstrich die Bedeutung eines prä- und intraoperativen Work-ups zur Risikominimierung. Die Ergebnisse dieser Analyse betonen die Wichtigkeit einer sorgfältigen Patientenauswahl und Operationsplanung, um die Sicherheit der Morcellationsverfahren zu gewährleisten (16).

Im Zweifel abdominale Bergung via Pfannenstiel-Inzision oder primäre abdominale Hysterektomie.

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PD Dr. med. Corina Christmann

Chefärztin und Leitung Frauenklinik
Luzerner Kantonsspital
Spitalstrasse
6000 Luzern

corina.christmann@luks.ch

Dr. med. Ivo Fähnle

Chefarzt Frauenklinik Luzerner Kantonsspital
Standort Sursee

Die Autor/-innen haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Präzise Anamnese und präoperative Diagnostik, um eine mögliche Malignität auszuschliessen.
  • Vermeidung der intraabdominalen Power-Morcellation ohne Bergebeutelsysteme.
  • Verwendung der möglichen «in-bag» Bergungssysteme empfohlen.
  • «In-bag» Systeme zeigen keine höheren intra- und postoperative Komplikationen.
  • Im Zweifel Konversion zur abdominalen Hysterektomie.
  • In der präoperativen Sprechstunde ist eine fundierte und informierte Entscheidungsfindung von entscheidender Bedeutung.

1. Aarts J, Nieboer T, Johnson N, Tavender E, Garry R, Mol B, Kluivers K. Surgical ap-proach to hysterectomy for benign gynaecological disease. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Aug 12;2015(8).
2. Bhave Chittawar P, Franik S, Pouwer AW, Farquhar C. Minimally invasive surgical techniques versus open myomectomy for uterine fibroids. Cochrane Database Syst Rev. 2014.
3. Steiner RA, Wight E, Tadir Y, Haller U. Electricalcutting device for laparoscopic removal of tissue from the abdominal cavity. Obstet Gynecol 1993;81:471-4.
4. Morice P, Rodriguez A, Rey A, et al. Prognostic value of initial surgical procedure for patients with uterine sarcoma: analysis of 123 patients. Eur J Gynaecol Oncol 2003;24:237-40.
5. Rekha W, Amita M, Sudeep G, Hemant T. Unexpected complication of uterine myoma morcellation. Aust N Z J Obstet Gynaecol 2005;45:248-9.
6. Wright JD, Tergas AI, Burke WM, et al. Uterine pathology in women undergoing mini-mally invasive hysterectomy using morcellation. JAMA 2014;312:1253-5.
7. Tan H, Koh Y, Chew M, Wang J , Lim J , Leow W, S Lee Disseminated peritoneal leio-myomatosis: a devastating sequelae of unconfined laparoscopic morcellation. Singapore Med J. 2019 Dec;60(12):652-654.
8. Ricci S Stone R, Fader. Uterine leiomyosarcoma: Epidemiology, contemporary treat-ment strategies and the impact of uterine morcellation. A. Gynecol Oncol. 2017 Apr;145(1):208-216.
9. Parker W, Fu Y, Berek J. Uterine sarcoma in patients operated on for presumed leio-myoma and rapidly growing leiomyoma. Obstet Gynecol. 1994 Mar;83(3):414-8.
10. Günthert AR, Christmann C, Kostov P, Mueller MD. Safe vaginal uterine morcellation following total laparoscopic hysterectomy.Am J Obstet Gynecol. 2015 Apr;212(4):546
11. US Food and Drug Administration. Updated laparoscopic uterine power morcellation in hysterectomy and myomectomy: FDA safety communication. Available at:http://www.fda.gov/MedicalDevices/ Safety/AlertsandNotices/ucm424443.htm. Ac-cessed January 20, 2017. Update 2023.
12. Meurs EAIM, Brito LG, Ajao MO, Goggins ER, Vitonis AF, Einarsson JI, Cohen SL.J Comparison of Morcellation Techniques at the Time of Laparoscopic Hysterectomy and Myomectomy. Minim Invasive Gynecol. 2017 Jul-Aug;24(5):843-849
13. Rimbach S, Holzknecht A, Schmedler C, Nemes C, Offner F. First clinical experiences using a new in-bag morcellation system during laparoscopic hysterectomy.Arch Gynecol Obstet. 2016 Jul;294(1):83-93.
14. Rimbach S, Schempershofe M. In-Bag Morcellation as a Routine for Laparoscopic Hysterectomy..Biomed Res Int. 2017;2017:6701916.
15. Moawad GN, Samuel D, Abi Khalil ED Abdominal Approaches to Tissue Containment and Extraction in Minimally Invasive Gynecologic Surgery.J Minim Invasive Gynecol. 2016 Nov-Dec;23(7):1032.
16. Vargas M, Arora Y, Alejandro Bueno M, Gerardo Rodriguez C. Adverse outcomes related to morcellation in Total Laparoscopic Hysterectomy.Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2024 Mar;294:231-237

Behaviorale und Psychische Symptome der Demenz (BPSD)

Behaviorale und Psychische Symptome der Demenz (BPSD) sind psychiatrische Begleitsymptome dementieller Erkrankungen, die neben den kognitiven Störungen für die Betroffene und deren betreuende Angehörige besonders belastend sind. Die Schweizerische Gesellschaft für Alterspsychiatrie und -psychotherapie (SGAP) entwickelte interprofessionelle und interdisziplinäre Empfehlungen für die Diagnostik und Therapie der BPSD, um den vielfältigen Herausforderungen zu begegnen. Diese stellen die nicht-pharmakologischen Assessment- und Therapiemethoden ausführlich vor und priorisieren diese auch. Die pharmakologischen Therapieoptionen werden eingehend diskutiert und die Grundsätze für deren Einsatz geschaffen. Die Empfehlungen sollen dazu dienen, die Frühdiagnostik der BPSD zu ermöglichen, individuell angepasste Therapien einzusetzen und die Lebensqualität und Selbstständigkeit der Betroffenen zu verbessern.

Behavioral and psychological symptoms of dementia (BPSD) are psychiatric concomitant symptoms of dementia that, in addition to cognitive disorders, are particularly stressful for those affected and their caregivers. The Swiss Society of Old Age Psychiatry and Psychotherapy (SGAP) has developed interprofessional and interdisciplinary recommendations for the diagnosis and treatment of BPSD in order to meet the various challenges. These present the non-pharmacological assessment and therapy methods in detail and also prioritize them. The pharmacological treatment options are discussed in detail and the principles for their use are established. The recommendations are intended to enable the early diagnosis of BPSD, to use individually adapted therapies and to improve the quality of life and independence of those affected.
Key words: Demenz. BPSD. Alzheimer

Neben den kognitiven Störungen prägen psychiatrische Symptome, sogenannte «Behaviorale und Psychische Symptome der Demenz (BPSD)», wie Apathie, Depression, Euphorie, Angst, Agitiertheit/Aggressivität, Wahn, Halluzinationen, Irritabilität/Reizbarkeit, Enthemmung und Schlafstörungen das klinische Bild der Demenz-Erkrankungen (1–4). Diese Symptome führen einerseits zu einer schnelleren Progression der Demenz, andererseits wird ihre Therapie erschwert durch die Multimorbidität der Betroffenen. Noch zu Beginn der Nationalen Demenzstrategie hat die Schweizerische Gesellschaft für Alterspsychiatrie und –psychotherapie (SGAP) schon 2014 die Diagnostik- und Therapieempfehlungen für BPSD in kurzer und in längerer Version publiziert (1, 2). Diese wurden jetzt revidiert und liegen in Kurzform (3) und als Manual (4) vor. Die Empfehlungen sollen die Frühdiagnostik stärken und stellen bewusst die nicht-pharmakologischen Therapieoptionen in den Vordergrund. Die Stellung der interprofessionellen und interdisziplinären Arbeitsweise in der Alterspsychiatrie soll gestärkt werden.

Veränderungen bei Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Glutamat tragen zur ­Entstehung der BPSD bei. Strukturell sind der anteriore cinguläre und der orbitofrontale Kortex sowie das fronto-limbische System betroffen. Komorbiditäten, psychosoziale Faktoren wie die Belastung der Angehörigen, Kommunikationsstil und Mangel an sinnvollen Tätigkeiten sowie infrastrukturelle Faktoren wie eine Orientierung erschwerende Einrichtung, Lärm und mangelnde Bewegungssicherheit können die Entstehung und Aufrechterhaltung von BPSD begünstigen.

Diagnostik

Der therapeutische Algorithmus für BPSD sieht ein strukturiertes Vorgehen als Basis der Diagnostik und Therapie vor. Der Grundsatz der Personenzentrierung und die Multimorbidität machen einen interprofessionellen und interdisziplinären Ansatz notwendig. Der personenzentrierte Ansatz ist definiert durch die drei Kernthemenbereiche: Individualisierung der Pflege mit Bezug auf die Bedürfnisse der betroffenen Person, Begegnung mit Respekt und Empathie zur Bewahrung der Autonomie und Privatsphäre und Abbau von Hindernissen in den Rahmenbedingungen. Modelle wie «Eden Alternative und Green House Model» oder der «Montessori Ansatz» sind anwendbar. Für die nachhaltige Reduktion der BPSD sollen die individuelle Ursache, Auslöser und Beweggründe für die Verhaltensweise gefunden werden. Methoden wie «Serial Trial Intervention», «Verstehende Diagnostik», «TIME-Targeted Interdisciplinary Model for Evaluation and Treatment of neuropsychiaric symptoms» and «DICE-Describe, Investigate, Create and Evaluate» und «BPSD-DATE-Algorithmus» sind hilfreich.

Als neuropsychologisches Assessment-Verfahren hat sich in erster Linie das «NPI-Neuropsychiatrische Inventar» etabliert. Das «BEHAVE-AD – Behavioral Pathology in Alzheimer’s Disease Rating Scale» ist auch geeignet, liegt aber in deutscher Sprache nicht vor. In der Schweiz haben sich in der Langzeitpflege Bedarfserhebungsinstrumente wie RAI und BESA gut etabliert, haben aber bei der Erfassung der BPSD ihre Limitationen. Die «GDS-Geriatrische Depressionsskala» ist für die Erfassung der Depression und das «CMAI-Cohen-Mansfield Agitation Inventory» für die Agitation bestens geeignet.

In der Differentialdiagnostik müssen vor allem Delir und Altersdepression berücksichtigt werden. Psychosen, zerebrovaskuläre Ereignisse, Neoplasien sowie intellektuelle Entwicklungsstörungen sind weitere Störungsbilder mit ähnlichen Symptomen. Eine auf die differentialdiagnostischen Überlegungen basierende ausführliche Anamnese (mit Fremdanamnese), klinische Untersuchung, Labor-Diagnostik, neuropsychologische Testung und Bildgebung (MRT bzw. CT, wenn erstere nicht möglich) sind Standarduntersuchungen.

Nicht-pharmakologische Interventions­möglichkeiten

Nicht-pharmakologische Massnahmen und Therapien werden als erste Wahl empfohlen. Diese sollen auch dann eingesetzt werden, wenn Psychopharmaka zum Einsatz kommen müssen. Die Teams sollen mit regelmässigen Schulungen und Supervision befähigt werden, diese prioritär einzusetzen. Angehörige sollen über BPSD aufgeklärt und in den Therapie-Prozess involviert werden. Im Umgang mit Menschen mit Demenz können drei Kategorien von pflegerischen Massnahmen eingesetzt werden: sensorisch orientiert (Pflege mit Musik, Aromapflege, Licht, Snoezelen, Sensory Garden, tiergestützte Aktivitäten, intelligente assistive Technologien, Massage/Berührung, Basale Stimulation, Positive Image Therapie und Clown Therapie), kognitionsorientiert (Simulierte Präsenztherapie, Kognitions- und Kommunikationsorientierte Methoden, Validation) und bewegungsorientiert (Bewegung, Outdoor-Aktivitäten, Tanz und Kinästhetik). Zusätzlich hat die Regulierung der Umgebungsfaktoren mit Vermeidung von Reizüberflutung und –Armut positiven Einfluss auf die BPSD. Faktoren wie Umgebungsgestaltung, Licht, Farben, Temperatur, Lärm und Hilfsinstallationen spielen dabei eine Rolle.

Im Umgang mit spezifischen Verhaltensweisen haben sich die obengenannten Massnahmen mit einem multimodalen Ansatz bewährt. Bei Aggressivität ist es wichtig, den aktuellen Grund des Verhaltens auf der Basis der individuellen Faktoren und der Vorgeschichte zu verstehen. Bei der sexuellen Enthemmung soll eine Balance zwischen den individuellen Rechten der Betroffenen und dem Schutz der Betreuenden unter Beibehaltung der Intimsphäre gefunden werden. Bei disruptiver Vokalisation sind verschiedene Ursachen zu eruieren, wie z.B. Deprivation, Angst und Schmerzen.

Als Kognition-stabilisierende Therapien sind Kognitive Stimulation und Reminiszenztherapie wirksam. Kombinierte, personzentrierte Methoden sind Einzelinterventionen überlegen. Bei leichten bis mittelschweren Demenzerkrankungen besteht eine gute Evidenzlage für die Wirksamkeit von Psychotherapie, vor allem für die kognitive Verhaltenstherapie. Lebensrückblickinterventionen sind ebenso wirksam. All diese Massnahmen sind effektiver, wenn Betreuungspersonen/Angehörige beigezogen werden. Angehörige sind oft selbst betroffen und können Depressionen entwickeln. Angehörigenbetreuung ist integrativer Bestandteil der Therapie.

Als spezialtherapeutische Interventionen kommen Musik- und Kunsttherapie, Aktivierungstherapie/Ergotherapie, tiergestützte Therapien, Akupunktur/Akupressur und körperliche Aktivität/Sport in Frage. Diese sind vor allem bei Depression, Angst und Agitation wirksam und sollen den individuellen Präferenzen und der Vorgeschichte angepasst angeboten werden. Weil die Effekte von kurzer Dauer sind, sollen sie mit hoher Frequenz angeboten werden.

Psychopharmakotherapie

Bei akuter Selbst- und Fremdgefährdung und für die Gewährleistung der Betreuung kann, wenn die nicht-pharmakologischen Interventionen nicht ausreichen, der Einsatz von Psychopharmaka gerechtfertigt sein. Obwohl mit vielen der eingesetzten Medikamente ausreichend klinische Erfahrung besteht, ist oft die Evidenzlage gering, weil die kontrollierten Studien fehlen. Zudem ist der Einsatz der meisten Substanzen «Off-Label», was unter erhöhter und hinreichender Aufklärungs- und Dokumentationspflicht möglich und u. U. sogar nötig ist.

Die Anwendung von Psychopharmaka soll nach einer Nutzen-/Risiko-Abwägung indikationsgerecht und zeitlich limitiert erfolgen. Zu Beginn sollen eine ausführliche Anamnese, Labor-Diagnostik und EKG durchgeführt und im Verlauf regelmässig wiederholt werden. Mögliche Nebenwirkungen und Interaktionen der eingesetzten Medikamente sind laufend zu evaluieren. In Abhängigkeit von der Symptomreduktion sind Absetzversuche vorzunehmen. Psychopharmaka sind möglichst als Monotherapie anzuwenden und Rezeptorantagonisten (Anticholinergika, Antihistaminika und Dopaminantagonisten) sind zu vermeiden. Der Einsatz möglichst niedriger Dosierungen ist zu empfehlen.

Aufgrund ihres besseren Nutzen-Risiko-Profils und weil sie durch den kognitionsstabilisierenden und u. U. auch -verbessernden Effekt auch bei BPSD wirksam sind, werden Antidementiva als Medikament der ersten Wahl empfohlen. Acetylcholinesterase-Hemmer werden bei leichter bis mittelschwerer Demenz eingesetzt und sind vor allem bei Apathie, Depression und Irritabilität wirksam. Memantin wird bei mittelschwerer bis schwerer Demenz eingesetzt und reduziert Agitiertheit, Aggressivität, Wahn und Halluzinationen. Der Einsatz von Antidementiva kann den Bedarf an anderen Psychopharmaka reduzieren.

Depression gehört zu den häufigsten BPSD. Eine effektive Antidepressiva-Therapie kann helfen, die Alltagsfähigkeiten zu verbessern. Die Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI) sind vom Nebenwirkungsprofil her vorteilhafter und sind auch bei Agitiertheit wirksam (cave Verlängerung des QTc-Intervalls). Trizyklische Antidepressiva werden aufgrund ihres anticholinergen Nebenwirkungspotentials bei älteren Personen nicht empfohlen. Bei fehlender Wirksamkeit nach 4–6 Wochen, kann die Medikation ersetzt werden.

Bei BPSD wie Wahn, Halluzinationen, Agitiertheit und Aggressivität kann eine Intervention mit Antipsychotika notwendig werden. Der Einsatz dieser Substanzen ist mit erhöhtem Mortalitätsrisiko, zerebrovaskulären Ereignissen, Sedierung, extrapyramidalen-motorischen Symptomen (EPS) und metabolischen Veränderungen verbunden. Die Grundsätze des Einsatzes von Psychopharmaka bei älteren Personen sind hier besonders einzuhalten. Beim Einsatz soll alle vier Wochen eine Indikationsprüfung vorgenommen werden mit Reduktion- und Absetzversuchen. Atypische Antipsychotika werden aufgrund des besseren Nutzen-Risiko-Profils bevorzugt.

Benzodiazepine und analoge Hypnotika sind aufgrund der delirogenen Wirkung, der Sedierung mit Sturzfolge und des Abhängigkeitspotentials bei Betroffenen mit Demenz nicht empfohlen. Falls sie in Notfallsituationen trotzdem eingesetzt werden müssen, sollen Substanzen mit kürzerer Halbwertzeit (Lorazepam, Oxazepam) bevorzugt werden, um Kumulationseffekte zu vermeiden. Bei Insomnie sind hypnotisch wirksame Substanzen wie z.B. schlafanstossende Antidepressiva (Trazadon, Mirtazapin, Agomelatin) zu bevorzugen. Antipsychotika wie Pipamperon oder Quetiapin werden auch oft zur Sedierung eingesetzt. Hier ist auf die zeitliche Limitierung zu achten. Für Melatonin-Agonisten, Pregabalin und Gabapentin sind Hinweise für hypnotische Wirkungen vorhanden. Chloralhydrat, Clomethiazol, Diphenhydramin, Doxylamin und Promethazin sollen bei Demenz nicht eingesetzt werden.

Von den Antikonvulsiva ist die Wirksamkeit von Carbamazepin bei Aggressivität gut belegt, aber aufgrund von möglichen schweren Nebenwirkungen soll es zurückhaltend eingesetzt werden. Lamotrigin, Gabapentin oder Pregabalin können eine Alternative sein. Oxcarbazin, Valproat und Lithium werden bei Demenz nicht empfohlen. Für Perampanel, Lacosamid und Brivaracetam ist die Datenlage für eine Empfehlung noch unklar.

BPSD entstehen oft aufgrund von Schmerzen, die nicht zum verbalen Ausdruck gebracht werden können. Für die Behandlung von neuropathischen Schmerzen bei älteren Personen werden folgende Substanzen empfohlen: Duloxetin, Gabepentin oder Pregabalin, als Antidepressiva, Lidocain für die topische Anwendung und Tramadol oder Oxycodon als Opioide. Die Opioide sollen ausserhalb terminaler Indikationen nur zeitlich limitiert und zurückhaltend eingesetzt werden um Delir, Abhängigkeit und andere Nebenwirkungen zu vermeiden.
Als biologisches Verfahren ist die Lichttherapie (weisses Licht bis zur Untergrenze 400 nm; 25 000 Lux für zwei Stunden oder 10 000 Lux für 30 Minuten) bei zirkadianen Rhythmus- und Schlafstörungen sowie bei «Sundowning Syndrom» und Agitiertheit wirksam. Schlafentzug ist zwar bei Depression wirksam, wird aber bei Demenz nicht empfohlen.

«Elektrokrampftherapie (EKT)» kann eine Option sein, wenn alle anderen Therapiemöglichkeiten nicht wirksam sind. Ihr Einsatz setzt eine angemessene Aufklärung, Einwilligung und Dokumentation voraus. Mit «Repetitiven Transkranialen Magnetstimulationen (rTMS)» sind zunehmend gute Erfahrungen vorhanden. Für die «Tiefe Hirnstimulation» oder «Vagusnervstimulation» bei Demenz ist die Datenlage für eine Empfehlung nicht ausreichend.

Eine ganzheitliche, personzentrierte, interdisziplinäre und interprofessionelle Arbeitsweise mit Priorisierung der nicht-pharmakologischen Therapiemöglichkeiten und Einhaltung der Grundsätze des Psychopharmaka-Einsatzes soll gewährleisten, dass den Herausforderungen der Diagnostik und Therapie der BPSD begegnet wird und die Lebensqualität und Alltagsfähigkeiten der Betroffenen verbessert wird.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Egemen Savaskan

Klinik für Alterspsychiatrie
Psychiatrische Universitätsklinik Zürich
Minervastrasse 145
8032 Zürich

egemen.savaskan@puk.zh.ch

Dr. med. Dan Georgescu

Klinik für Konsiliar-, Alters- und Neuropsychiatrie
Psychiatrische Dienste Aargau AG
Königsfelderstrasse 1
5210 Windisch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • BPSD sind belastend und machen oft den Einsatz von ­Psychopharmaka notwendig
  • Frühdiagnostik und Therapie sind wichtig, um die Selbstständigkeit der Betroffenen zu erhalten.
  • Nicht-pharmakologische interprofessionelle Therapien sind Therapien der ersten Wahl und sind auch dann anzubieten, wenn Psychopharmaka zum Einsatz kommen.
  • Der Einsatz von Psychopharmaka soll indikationsgerecht, zeitlich limitiert und unter regelmässiger klinischer Evaluation stattfinden. Dabei sollen die Grundsätze des Psychopharmaka-Einsatzes in der Alterspsychiatrie eingehalten werden.

1. Savaskan E, Bopp-Kistler I, Buerge M et al. Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der behavioralen und psychologischen Symptome der Demenz (BPSD). Praxis 2014; 103(3): 135–148.
2. Savaskan E, Bopp-Kistler I, Buerge M et al. Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der behavioralen und psychologischen Symptome der Demenz (BPSD) – lange Version. https://www.sgap-sppa.ch/fileadmin/user_upload/Empfehlungen_zur_Diagnostik_und_Therapie_der_BPSD_-_November_2014.pdf
3. Savaskan E, Georgescu D, Becker S et al. Empfehlungen für die ­Diagnostik und Therapie der Behavioralen und Psychischen Symptome der Demenz (BPSD). Praxis 2024; 113(2): 34–43.
4. Savaskan E, Georgescu D, Zuniga F (Hrsg.). Empfehlungen zur ­Diagnostik und Therapie der Behavioralen und Psychischen Symptome der Demenz (BPSD). Bern; Hogrefe: 2024.

Crash-Kurs Rauchstopp-Beratung

Eine Hausarztkonsultation bietet einen günstigen Moment, das Thema «Rauchen und Rauchstopp» anzugehen. Nebst der Prävention, welche vor allem Jugendlichen und jungen Erwachsenen gelten soll, sollten werdende Eltern, Patienten vor Operationen und solche mit Tabak-assoziierten Folgeerkrankungen darauf angesprochen werden. Ist die Motivation für einen Rauchstopp gegeben, soll Unterstützung angeboten werden. Günstig ist eine Kombination von Beratung nach dem «motivational interviewing» und einer medikamentösen Unterstützung in Form von pharmakologischem Nikotinersatz. Neue Nikotin-/Tabakpräparate (E-Zigaretten, erhitzbare Tabakprodukte, Nikotin-/Tabakbeutel) enthalten oft hoch konzentrierte, stark abhängig machende Nikotinsalze und Zusatzstoffe, welche gesundheitlich problematisch sein können und deren Langzeiteffekte noch nicht erforscht sind. Diese Präparate sollten daher nicht vorbehaltlos in der Rauchstoppberatung eingesetzt werden.

A GP consultation is a good time to address the topic of smoking and smoking cessation. In addition to prevention, which is primarily aimed at adolescents and young adults, expectant parents, patients about to undergo surgery and those with tobacco-related diseases should also be addressed. If there is motivation to quit, support should be offered. A combination of motivational interviewing counseling and drug support in form of pharmacological nicotine replacement is recommended. New nicotine/tobacco products (e-cigarettes, heated tobacco products, nicotine/tobacco pouches) often contain highly concentrated, highly addictive nicotine salts and additives, which can be problematic for health and whose long-term effects have not yet been researched. These products should therefore not be used without reservation in smoking cessation counseling.
Key words: Smoking cessation support, nicotine metabolism, nicotine replacement products, new tobacco/nicotine products

Dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, ist hinlänglich bekannt. Dennoch raucht gemäss der schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 gut ein Viertel der Bevölkerung. Weiterhin werden vorwiegend Tabakzigaretten geraucht. Alternative Tabak-/Nikotinprodukte («E-Zigaretten», erhitzbare Tabakprodukte, oraler Tabak) werden zunehmend vorwiegend von Jugendlichen und jungen Erwachsenen konsumiert (1).

Der «teachable moment» in der ­Hausarztkonsultation

Praktisch jede Hausarztkonsultation eignet sich, das Thema «Rauchen und Rauchstopp» anzugehen.

Steht ein Kinderwunsch an, sollten die werdenden Eltern darüber aufgeklärt werden, dass Rauchen bei Männern die Potenz beeinträchtigt und Frauen zu anovulatorischen Menstruationszyklen neigen. Bei Raucherinnen sind Schwangerschafts- und geburtshilfliche Komplikationen bis hin zu Totgeburten gehäuft. Ihre Neugeborenen haben ein geringeres Geburtsgewicht, ein erhöhtes Risiko für Geburtsdefekte und einen plötzlichen Kindstod. Kinder, welche Passivrauch ausgesetzt sind, neigen zu respiratorischen Infekten und entwickeln häufiger ein Asthma bronchiale (2).

Vor geplanten Operationen sollte informiert werden, dass Rauchen das perioperative Risiko erhöht: Nikotin steigert die «Stress-Antwort» (Tachykardie, Hypertonie, Vasokonstriktion). Das beim Verbrennen entstehende Kohlenmonoxid ist proarrhythmogen und verringert das Sauerstoff-Angebot im Gewebe, was die Wundheilung verzögert und die Infektanfälligkeit erhöht (3). Eine «Rauchpause» von bereits 4 Wochen kann das Risiko für Komplikationen im peri-/postoperativen Verlauf reduzieren.

Mit Patienten, welche bereits Folgekrankheiten ihres Tabakkonsums (chronische Bronchitis, COPD, koronare Herzkrankheit, Krebserkrankungen) entwickelt haben, sollte vertieft über die Notwendigkeit eines Rauchstopps diskutiert werden. Die im Zigarettenrauch enthaltenen Stoffe wirken sowohl lokal wie auch systemisch toxisch bzw. kanzerogen und induzieren genetische Veränderungen (2, 4–8). Ein Rauchstopp unterbricht diese Mechanismen und ist daher zu jedem Zeitpunkt günstig. Die weitere Prognose wird dadurch verbessert.

Ein besonderes Augenmerk gilt Jugendlichen und jungen Erwachsenen, in erster Linie im Sinne einer Prävention. Sie riskieren neurokognitive Störungen, weil ihr Gehirn besonders stark auf Nikotin reagiert (5, 6). Die Lunge ist erst mit 20–25 Jahren vollständig ausgereift, was bedeutet, dass ein Rauchbeginn in der Adoleszenz die Lungenfunktion beeinträchtigt, bevor sich diese vollständig entwickeln konnte (9, 10). Rauchen führt zu einer vorzeitigen Lungenalterung durch beschleunigten Abfall des FEV1, sprich COPD. Dieser Prozess kann durch einen Rauchstopp aufgehalten werden. Dies konnten Fletcher und Peto bereits 1977 zeigen, (Abb 1) (9, 11). Die «Fletcher-Peto-Kurve» kann in der Rauchstopp-Beratung zur Motivation genutzt werden: «Je früher, desto besser, lieber spät als nie». Eine rezente Studie dokumentierte, dass ein Rauchstopp die raucherbedingte gesteigerte Mortalität reduziert. Erste positive Effekte wurden bereits 3 Jahre nach Rauchstopp gemessen und waren umso ausgeprägter, je früher die Abstinenz erreicht wurde (12).

Rauchstopp-Beratung konkret

Ist ein Raucher oder eine Raucherin für einen Rauchstopp motiviert, lohnt es sich, im Rahmen einer «Kurzintervention» Unterstützung anzubieten. Das 5-A-Modell dient als Leitfaden (13):
Ask: Raucherstatus bei jeder Konsultation erfragen
Advise: klare, dezidierte Empfehlung zum Rauchstopp
Assess: Motivation evaluieren
Assist: Hilfe zum Rauchstopp anbieten / Überweisung an Rauchstoppberatung
Arrange follow up: regelmässiges Nachfragen / ­Rückfallprophylaxe
Um einen Rauchstopp erfolgreich umzusetzen, muss eine Verhaltensänderung stattfinden. Eine solche verläuft über mehrere Phasen, welche im transtheoretischen Modell von Prochaska und Di Climente beschrieben werden (14). In der professionellen Rauchstopp-Beratung wird eine lösungsorientierte Kommunikation und das «motivational interviewing» nach Miller und Rollnick angewendet (15). Die Rauchstopp-willige Person soll Vorteile für einen Rauchstopp formulieren und Alternativen für das Rauchen finden. In der Beratung werden konkrete Tipps und Hilfestellungen vermittelt. Gemeinsam werden ein Plan erstellt und (Zwischen-)Ziele formuliert. Das Verlangen nach Zigaretten (Craving) dauert 3 bis 5 Minuten, diese Zeit gilt es, durch Ablenkung zu überbrücken (Wasser trinken, Frucht essen, Fingerübungen, etc.). Wenn die Zeit für eine umfassende Beratung fehlt, kann die rauchstoppwillige Person an etablierte Rauchstopp-Angebote verwiesen, bzw. dorthin überwiesen werden. Auf der Internetseite www.stopsmoking.ch finden Laien (und auch Fachpersonen!) viele fundierte Informationen. Es besteht die Möglichkeit einer online- und einer Telefon-Beratung (0848 000 181 für Deutsch, Französisch, Italienisch, zusätzlich unter separaten Nummern für Rätoromanisch, Albanisch und Portugiesisch) (6). Verschiedene Institutionen (Spitäler, Krebs- und Lungenligen) bieten Einzelberatungen oder Kurse an. Je nach Angebot werden die Kosten von den Krankenkassen vergütet oder es wird ein Teil der Kosten bei lückenloser Teilnahme rückerstattet.

In der Regel sind drei bis sieben Rauchstopp-Versuche notwendig, um eine anhaltende Rauchfreiheit zu erlangen (6). Um Rückfälle zu erfassen und weitere Hilfeleistung anzubieten, lohnt sich wiederholtes Nachfragen über einen längeren Zeitraum (z.B. nach 3, 6, 12 Monaten).

Nikotinmetabolismus

Nikotin ist ein potenter zentral-nervös wirksamer Ligand an den alpha4-beta2-Acetylcholin-Rezeptoren im Tegmentum. Er bewirkt die Freisetzung von Dopamin im Nucleus acumbens (Belohnungssystem), was zu den mit dem Rauchen verbunden positiven Assoziationen führt (16). Ein Absinken des Nikotinspiegels führt zu Craving und Entzugssymptomen. Durch gezieltes Beifügen von Zusatzstoffen in die Zigaretten wird die Nikotinaufnahme in den Alveolen beschleunigt, sodass dieses innert Sekunden im zentralen Nervensystem anflutet, was die Sucht verstärkt (17). Dies gilt es zu beachten, wenn zum Rauchstopp geraten wird: Ein solcher sollte nur in einer psychisch stabilen Situation erfolgen, da veränderte Spiegel von Nikotin und in der Folge Dopamin zu einer psychischen Entgleisung führen können. Allenfalls muss eine vorbestehende Medikation mit Psychopharmaka angepasst werden. Patienten, welche in psychiatrischer Behandlung sind, sollten einen Rauchstopp nur in Rücksprache mit ihrem Psychiater angehen.

Medikamentöse Unterstützung

Um einen Rauchstopp optimal unterstützen zu können, ist es hilfreich, den Schweregrad der Nikotinabhängigkeit zu eruieren. Dazu eignet sich der «Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit» (Abb. 2) (18, 19). Liegt eine schwere Sucht vor (Fagerström-Test > 5, bzw. rauchen von > 15 Zigaretten / Tag, rauchen der ersten Zigarette am Morgen innerhalb von 30 Minuten nach dem Aufstehen) empfiehlt sich die Beratung mit Medikamenten zu unterstützen. Nikotinersatzpräparate werden seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Sie sind in Apotheken frei käuflich und werden von den Krankenkassen nicht vergütet. Das Nikotin wird entweder über die Haut (transdermale Pflaster in drei Wirkstoffklassen, mit einer Wirkdauer von 16 bzw. 24 h) oder die Mundschleimhaut (Mundspray, Lutsch-/Sublingualtabletten, Kaudepots, Inhalator) aufgenommen und gelangt im Vergleich zum inhalierten Nikotin verzögert ins zentrale Nervensystem, was das Suchtpotential minimiert (20). Es empfiehlt sich, Pflaster mit einem kurzwirksamen oralen Präparat zu kombinieren. Eine In­struk­tion in der korrekten Anwendung ist wichtig: der Mundspray soll in die Wangentasche gesprüht, während dem Sprühstoss darf nicht eingeatmet und danach soll einige Sekunden nicht geschluckt werden. Das Kaudepot soll nur kurz gekaut und dann in der Wangentasche deponiert werden, bis der scharfe Geschmack nachlässt, dann ist der Vorgang zu wiederholen (chew and park-Technik). Der Inhalator soll gepafft werden (21). Da Nikotin eine basische Substanz ist, sollte der Konsum von sauren Getränken (Kaffee, Säfte) kurz vor der Verwendung von oralen Präparaten vermieden werden (20). Die Dosis richtet sich nach dem Verlangen nach Zigaretten. In der Regel können die Nikotinersatzpräparate über einen Zeitraum von acht bis zwölf Wochen ausgeschlichen werden (5, 6).

Leider sind in der Schweiz zurzeit keine nicht-nikotinhaltigen Medikamente für den Rauchstopp erhältlich. Der duale Nikotinagonist/-antagonist Vareniclin (Champix®) wurde 2021 vom Markt genommen und auch Zyban® (Bupropion) ist nicht verfügbar. Off label kann das Antidepressivum Wellbutrin® (ebenfalls Bupropion) verschrieben werden. Für eine Rauchstopp-Unterstützung empfiehlt sich eine Verschreibedauer von sieben bis zwölf Wochen (Dosisempfehlung für Zyban®: 1 Tablette à 150 mg/Tag für 6 Tage, danach 2 Tabletten/Tag im Abstand von 8 Stunden, 21). Kontraindikation sind Epilepsie, bipolare Störungen, Leberzirrhose und eine Medikation mit Monoaminooxidase-Hemmern (MAO). Des Weiteren sind Interaktionen zu beachten, da Bupropion ein Cytochrom P450(CYP)2B6-Induktor ist (20, 21). Dieses Medikament ist rezeptpflichtig und wird von den Krankenkassen vergütet. Da es sich um ein Psychopharmakon handelt, müssen regelmässige Kontrollen geplant werden, um die psychische Stabilität zu überprüfen.

Neue Nikotin- und Tabakprodukte

Zu den elektronischen Nikotin- und Tabakprodukten zählen die sogenannten Electronic Nicotin Delivery Systems (ENDS, «E-Zigaretten») und die erhitzbaren Tabakprodukte. Bei beiden Gerätetypen wird ein Aerosol (Dampf) produziert, welches inhaliert wird. Von Herstellern, Verkäufern, aber auch Gesundheitsorganisationen wird immer wieder kolportiert, dass «E-Zigaretten zu 95 % weniger gefährlich sind als herkömmliche Tabakzigaretten». Diese Aussage geht auf einen Artikel von 2014 zurück (22). Zwischenzeitlich konnte eruiert werden, dass sie auf der einseitigen Meinung von wenigen Personen basiert, welche nachweislich Verbindungen zur Tabakindustrie pflegten. Eine wissenschaftliche Grundlage für diese Aussage gibt es nicht (5).

E-Zigaretten bestehen aus einer Batterie, einem Heizkörper und einem Behälter, in welchen ein Liquid eingefüllt wird. Trägersubstanzen der Liquids sind Propylenglykol und Glycerin. Beigefügt werden verschiedene Aromastoffe und in den meisten Fällen Nikotin. Letzteres wird sehr hoch dosiert und als Salz beigemischt, sodass es sehr schnell im zentralen Nervensystem anflutet, was eine rasche Suchtentwicklung begünstigt (5, 6). Durch Erhitzen entstehen neue chemische Verbindungen. Unter anderem können im Aerosol von E-Zigaretten Nitrosamine, Aldehyde und Schwermetalle isoliert werden (6, 23). Es ist nachgewiesen, dass der Konsum von E-Zigaretten viele gesundheitsschädigende Auswirkungen hat. Kurzzeiteffekte sind Husten, respiratorische Infekte, Irritationen im Mund-/Rachenraum, Kopfschmerzen und Übelkeit. Erste beschriebene Langzeitfolgen sind Beeinträchtigungen der neurokognitiven, kardiovaskulären und respiratorischen Funktionen. So treten Verhaltensstörungen, Tachykardie, Hypertonie, Myokardinfarkt und Asthma bronchiale auf (24). Einige der isolierten Stoffe sind kanzerogen (5, 6). Erste Untersuchungen belegen, dass durch Konsum von E-Zigaretten genetische Veränderungen im Lungengewebe induziert werden, welche zu chronischen Lungenkrankheiten führen können (25).

Seit der Markteinführung wurden mehrere Generationen von E-Zigaretten entwickelt. Aktuell erfreuen sich die Einwegprodukte «puff bars» sehr grosser Beliebtheit, in einigen Ländern wird von einem «epidemischem Ausmass» gesprochen (5, 6, 23). Obwohl von den Herstellern als weniger gefährliche Alternative für Raucher deklariert, sprechen diese Produkte wegen ihres trendigen Aussehens und der verführerischen Geschmacksrichtungen sehr viele Jugendliche an und verleiten so zum Konsum von Nikotin. Das sich noch in Entwicklung befindende zentrale Nervensystem ist hierfür sehr empfänglich – so entwickelt sich schnell eine starke Sucht (5, 6). Es wird beobachtet, dass Jugendliche, welche elektronische Nikotinprodukte konsumieren, eher mit dem Rauchen von Tabakzigaretten anfangen als Jugendliche, welche keine ENDS konsumieren (24, 26). Viele (jugendliche) E-Zigaretten-Nutzer/-innen sind sich des schädigenden Einflusses ihres Konsums nicht bewusst (24). Tabakpräventionsorganisationen sind sehr besorgt über diesen Trend (5, 6). Eine im Februar 2024 im New England Journal of Medicine veröffentliche Schweizer Nationalfondsstudie hat untersucht, wie nikotinhaltige E-Zigaretten den Rauchstopp beeinflussen (27). Allen Teilnehmenden wurde eine professionelle Beratung zuteil, die Interventionsgruppe erhielt gratis nikotinhaltige E-Zigaretten, die Kontrollgruppe erhielt einen Gutschein von 50 CHF zur freien Verwendung, z. B. zum Kauf von Nikotinersatzpräparaten. Die Abstinenzrate für Zigaretten betrug nach 6 Monaten bei den E-Zigaretten-Nutzern 28.9 % bzw. 16.3 % in der Kontrollgruppe. Es muss erwähnt werden, dass knapp 80 % in der E-Zigarettengruppe weiter nikotinhaltige E-Zigaretten konsumierten, also weiter nikotinabhängig waren (Suchtverlagerung). Die Studie muss deshalb mit Vorbehalt interpretiert werden. Die WHO hat bislang keine Empfehlung formuliert, diese Produkte in der Rauchstopp-Unterstützung systematisch einzusetzen (29).

In den erhitzbaren Tabakprodukten wird Tabak durch ein elektronisches Heizelement auf ca. 300 Grad C erhitzt. Bei diesen Temperaturen kommt es zur unvollständigen Verbrennung und Bildung eines Aerosols, welches inhaliert wird. Die Bestandteile des Aerosols sind vergleichbar mit den Inhaltstoffen des inhalierten Zigarettenrauchs, sind aber unterschiedlich, oft geringer konzentriert. Da eine nichtlineare Beziehung zwischen Exposition und gesundheitlichen Folgen gesteht, bedeutet dies nicht, dass diese Produkte weniger gefährlich sind (23). Vielen Produkten werden ebenfalls (trendige) Aromastoffe beigemischt (6, 7). Weitere isolierte Inhaltstoffe führen zu kardiovaskulären und respiratorischen Problemen. Somit sind auch erhitzbare Tabakpräparate nicht risikofrei und stellen ein Problem für die öffentliche Gesundheit dar (23).

Nikotin- bzw. tabakhaltige Beutel zum oralen Konsum sind ebenfalls zunehmend bei (vorwiegend männlichen) Jugendlichen beliebt. Erstere enthalten Nikotinsalze, letztere haben ihren Ursprung in Schweden und sind unter dem Namen «Snus» bekannt. Der Konsum dieser Beutel hat negative Auswirkungen auf die Mundgesundheit (u.a. Parodontose). Kanzerogene Stoffe in den Beuteln begünstigen Leukoplakien und wirken teilweise systemisch. Wie bereits erwähnt, führen die Nikotinsalze rasch zu einer starken Nikotinabhängigkeit (23).

Es gibt zunehmend Evidenz, dass mit der Verfügbarkeit dieser neuen Tabak- und Nikotinprodukte ein «Dual- bzw. Poly-use» praktiziert wird, was zu einer erhöhten Toxin-Exposition und Nikotinabhängigkeit führt (23).

Das «Tobacco Control Committee» der European Respiratory Society (ERS) konstatiert, dass alle diese neuen Nikotin- und Tabakprodukte hochgradig abhängig machen und gesundheitsschädigend sind. Es gibt noch zu wenig unabhängige Evidenz, um die von der Tabakindustrie beanspruchte «harm reduction» zu unterstützen. Die ERS fordert, dass der Konsum von Tabak reduziert und insbesondere Jugendliche vor dem Einstieg in eine Nikotinabhängigkeit geschützt werden müssen (23). Im Sinne des Jugendschutzes fordert die WHO, dass Aromastoffe in den elektronischen Produkten verboten, Werbemassnahmen eingeschränkt und die Nikotinkonzentration sowie Batteriekapazität limitiert werden (29).

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Alice Zürcher

FMH Pneumologie
Fähigkeitsausweis Schlafmedizin
FMH Innere Medizin
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praxisgemeinschaft
Poststrasse 2
8610 Uster

Die Autorin hat keinen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Die Konsultation in der Hausarztpraxis bietet günstige Momente, das Thema «Rauchen und Rauchstopp» anzusprechen
  • Bei gegebener Motivation zum Rauchstopp empfiehlt sich eine Kurzintervention nach dem 5-A-Modell
  • Eine vertiefte Beratung orientiert sich an der lösungsorientierten Kommunikation und dem «motivational interviewing»
  • Bei schwerer Nikotinabhängigkeit ist nebst einer umfassenden Beratung der Einsatz von pharmakologischem Nikotinersatz hilfreich
  • Neue Nikotin-/Tabakprodukte (E-Zigaretten, erhitzbare Tabakprodukte, oraler Tabak) sollen nicht vorbehaltlos in der Rauchstoppberatung eingesetzt werden

1. Bundesamt für Statistik Schweizerische Gesundheitsbefragung 2022
2. Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg: diverse Faktenblätter
3. Thomsen T. et al., Interventions for preoperative smoking cessation. Cochrane Database Syst. Rev. 2014 (3): CD002294
4. Murray CJ et al., Health effects of dietary risks in 195 countries, 1995-2017: a systemic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet 2019; 393: 1958-1972
5. Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz. www.at-schweiz.ch
6. www.stopsmoking.ch
7. Barben J., Künzli N, Tabakprävention angesichts neuer Trends. Swiss Medial Forum 2019; 19(33-34): 531-536
8. Strulovici-Barel et al., Serial Sampling of the Small Airway Epithelium to Identify Persistent Smoking-dysregulated Genes. Am J Respir Crit Care Med, 2023; 208(7): 780-790.
9. Fletcher C, Peto R. The natural history of chronic airflow obstruction. Br Med J 1977; 1: 1645–1648.
10. Sargent et al., Childhood Cigarette Smoking and Risk of Chronic Obstructive Pulmonary Disease in Older U.S. Adults, Am J Respir Crit Care Med, 2023; 208 (4): 428-434.
11. Kotz et al., Efficacy of confrontational counselling for smoking cessation in smokers with previously undiagnosed mild to moderate airflow limitation: study protocol of a randomized controlled trial. BMC Public Health 7, 332 2007
12. Cho et al., Smoking Cessation and Short- and Longer-Term Mortality. NEJM Evid. 2024 Mar; 3(3): EVIDoa2300272. doi: 10.1056/EVIDoa2300272. Epub 2024 Feb 8. PMID: 38329816.
13. Fiore MC et al., Treating Tobacco Use and Dependence: 2008 Update. Clinical Practice Guideline. Rockville MD: U.S. Department of Health and Human Services. Public Health Service.
14. Prochaska JO, et al., Stages and processes of self-change of smoking: toward an integrative model of change. J Conult Clin Psychol. 1983; 51(3): 390-395
15. Miller WR, Rollnick S. Motivational Interviewing: preparing people to change addictive behavior. Second ed, New York: Guilford Press; 2002.
16. Benowitz N. Nicotine Addiction. N Engl J Med 2010; 362: 2295-2303
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19. Fagerström KO, et al., Measuring nicotine dependence: a review of the Fagerstrom Tolerance Questionnaire. J Behav Med. 1989; 12(2):159-182.
20. Liakoni E et al. Medikamentöse Unterstützung beim Rauchstopp. Swiss Medical Forum 2023; 23(38): 1308-1312
21. www.compendium.ch
22. Nutt et al., Estimating the harms of nicotine-containing products using the MCDA approach. European addiction research. 2014; 20 (5), 218–225.
23. Chen et al. European Respiratory Society statement on novel nicotine and tobacco products, their Role in Tobacco control and ‘harm reduction’. Eur Respir J. 2024 Feb 22; 63(2):2301808. doi: 10.1183/13993003.01808-2023. PMID: 38316440.
24. Roh et al., Association between e-cigarette use and asthma among US adolescents: Youth Risk Behavior Surveillance System 2015-2019. Prev. Med. 2023 Sep 4; 175:107695. doi: 10.1016/j.ypmed.2023.107695. Epub ahead of print. PMID: 37666307.
25. Kidane et al., Lung transcriptome of e-cigarette users reveals changes related to chronic lung disease. Eur Respir J 2024; 63: 2301623 [DOI: 10.1183/13993003.01623-2023].
26. O’Brien et al. Association between electronic cigarette use and tobacco cigarette smoking initiation in adolescents: a systematic review and meta-analysis. BMC Public Health 2021; 21: 954.
27. Auer et al. Electronic Nicotine-Delivery Systems for Smoking Cessation. N Engl J Med. 2024 15;390(7):601-610.
28. WHO. www.who.int

Invasiver Brustkrebs bei Frauen im Alter von ≥ 80 Jahren

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und nimmt mit zunehmendem Alter deutlich zu. Die Entwicklung der onkologischen Behandlungen hat zu einem Rückgang der Brustkrebssterblichkeit geführt. Dennoch ist die Betreuung der Patientinnen ≥80 Jahren wenig kodifiziert und beinhaltet keine klare Definition der Behandlungsziele sowie der potenziellen Auswirkungen auf die Funktionalität und Lebensqualität. Die auf den verfügbaren Daten basierenden Therapieempfehlungen sollten die Lebenserwartung der Patientin, ihre Ziele und die geriatrische Beurteilung einbeziehen. Dieser Artikel fasst die aktuelle Literatur und die Anpassungen zusammen, die bei Patientinnen ≥80 Jahre mit frühem oder metastasierendem Brustkrebs möglich sind.

Breast cancer is the most common cancer in women and increases considerably with age. Developments in oncological treatments have led to a reduction in breast cancer mortality. However, for patients ≥80 years, there are few treatment guidelines, that is why it is important to clearly define the objectives of the treatment as well as its potential effects on functionality and quality of life. Treatment recommendations based on available data must take into account the patient’s life expectancy, goals and geriatric assessment. This article summarizes the current literature and possible adaptations in patients ≥80 years with early or metastatic breast cancer.
Key words: oncogeriatrics, elderly patients and breast cancer, localised breast cancer, metastatic breast cancer

Das Medianalter bei der Diagnose von Brustkrebs liegt in der Schweiz bei 64 Jahren; 36 % der Patientinnen sind 70 Jahre und älter, 15 % 80 Jahre und älter. Die spezifische 5-Jahres-Überlebensrate steigt seit Jahren an und liegt bei 88 % (1) für alle Stadien. Im Jahr 2022 betrug die Lebenserwartung einer 80-jährigen Frau 10.4 Jahre (2). Diese sehr alten Patientinnen sind in den Studien nicht vertreten, die, von Ausnahmen abgesehen, Folgendes umfassen: Patientinnen in gutem Allgemeinzustand, ohne Organdysfunktion mit einen Leistungsstatus nach WHO 0 oder 1, d. h. normale Aktivität oder eingeschränkt für wichtige körperliche Aktivitäten, aber Patientin ambulant und in der Lage, leichte Arbeit zu verrichten. Es besteht also eine gewisse Unsicherheit über die Wirksamkeit und Toxizität von onkologischen Behandlungen bei dieser Bevölkerungsgruppe, die zudem eine hohe Prävalenz von Komorbiditäten und Polymedikation aufweist. Die Internationale Gesellschaft für geriatrische Onkologie (SIOG) hat Empfehlungen für die ältere Bevölkerung herausgegeben (3).

Geriatrisches Assessment

Die gute Praxis empfiehlt ein geriatrisches Assessment für alle älteren Krebspatienten ≥70 Jahre (3). In der Routine können anhand des G8-Screening-Scores Patientinnen identifiziert werden, die ein umfassenderes geriatrisches Assessment benötigen (4). Mehrere randomisierte Studien haben gezeigt, dass eine Anpassung der Behandlung die Toxizität von Behandlungen reduziert, die Anzahl der Behandlungen verringert und die Krankenhausaufenthalte und die Lebensqualität verbessert werden, während gleichzeitig das Überleben präserviert wird (5, 6). Eine Bewertung der Lebenserwartung mithilfe von Tools, in evidenzbasierten und in ePrognosis aufgelisteten Verfahren sollte durchgeführt werden.

Lokalisierter Brustkrebs

Wenn die Lebenserwartung <10 Jahre beträgt, ist das Mammographie-Screening sinnlos, da eine Reduzierung der Brustkrebssterblichkeit unwahrscheinlich ist (7). Die Standardbehandlung ist in der Tabelle 1 zusammengefasst. Die Wahl der Therapie hängt in erster Linie von der TNM-Klassifikation und dem histologischen Phänotyp ab (Tabelle 2). Etwa 90 % der Patientinnen im Alter von ≥80 Jahren weisen RH+ HER2– Tumoren auf (8).

Chirurgische Behandlung der Brust

Angesichts des fehlenden Unterschieds beim Gesamtüberleben (OS) im Vergleich zur Mastektomie, ist die brusterhaltende Chirurgie (engl. Breast Conserving Surgery = BCS) mit Strahlentherapie der Goldstandard geworden (9). Eine Hormontherapie ohne Operation sollte die Ausnahme bleiben, da sie eine schlechtere lokale Kontrolle beinhaltet, die manchmal einen chirurgischen Eingriff erforderlich macht (10), sowie die Tatsache, dass in einer neueren Studie ein schlechteres OS nach 5 Jahren bei Frauen im Alter von 80 Jahren und älter mit RH+ Krebs festgestellt wurde (11).

Axilläre chirurgische Behandlung

Die Phase-III-Studie NSABP-32, fand keinen Unterschied im Überleben oder der lokoregionären Kontrolle bei Patientinnen mit RH+ Brustkrebs ohne klinischen Befall der Axilla, die mit der Technik des Lymphknotenschnitts des Sentinel-Lymphknotens (engl. Sentinel Lymph Node = SLN) versus die axilläre Ausräumung behandelt wurden, was SLN zur Referenz für diese Patientinnen macht (12). Diese Praxis verringert die ­Komplikationen der klassischen Dissektion (Schmerzen, Taubheitsgefühl, Schwellung, etc. und eine Einschränkung der Armbewegung). Seit 2016 wird in einigen Leitlinien empfohlen, von einer routinemässigen Anwendung der SLN-Biopsie bei Frauen im Alter von ≥70 Jahren mit RH+, HER2– Krebs, < 2 cm, vom Grad 1 oder 2 abzusehen (13). Vor kurzem hat die SOUND-Studie (N=1405, 36 % > 65 Jahre) keinen Unterschied beim krankheitsfreien Überleben von Frauen ohne Fernerkrankungen mit < 2 cm, RH+, HER– Brustkrebs gezeigt (14).

Postoperative Strahlentherapie

Die postoperative Strahlentherapie (RT) reduziert das lokoregionale Rezidiv und senkt bei N+ Patientinnen die Mortalität durch Brustkrebs (15). Die Indikation bei älteren Patientinnen sollte nach einer Risikostratifizierung beurteilt werden (16). Zwei randomisierte Studien, haben gezeigt, dass die RT nach BCS das Gesamt- oder brustkrebsspezifische Überleben bei Patientinnen im Alter von ≥70 Jahren mit RH+ Brustkrebs, die eine Hormontherapie mit Tamoxifen (Tam) erhielten, nicht verbessert (17, 18). In diesen beiden Studien war die Rate des lokoregionalen Rezidivs ohne Strahlentherapie höher (10 % Tam vs. 2 % Tam+RT nach 10 Jahren (17) und 4.1 % Tam vs. 1.3 % Tam+RT nach 5 Jahren (18)). Allerdings zeigte die prospektive Kohortenstudie LUMINA (Alter Median 67.1 Jahre), dass Lokalrezidive nach 5 Jahren gering waren (2.3 %), obwohl bei postmenopausalen Frauen (8 % ≥75 und 3 % ≥80) mit Niedrigrisikokrebs (Luminal A, Grad 1 oder 2, T1N0), die mit BCS und Hormontherapie behandelt wurden, keine RT durchgeführt wurde (19). Die Strahlentherapie der gesamten Brust wird daher immer noch empfohlen nach BCS, aber bei Krebs mit niedrigem Risiko ist es bei Patientinnen mit begrenzter Lebenserwartung sinnvoll, auf eine Bestrahlung zu verzichten.

Neoadjuvante/adjuvante Chemotherapie

Präoperativ waren nur 6.3 % der 8949 eingeschlossenen Patientinnen in 8 randomisierten Studien 65 Jahre oder älter und keine über 80 Jahre alt (20). Die Erfahrung eines Referenzzentrums zeigt, dass höhere Toxizitäten zur Reduktion oder zum vorzeitigen Abbruch der Behandlung bei 78 % versus 57 % (p < 0.001) der 74 Patientinnen im Alter von 71 bis 76 Jahren führten (21). Die Indikation für eine solche Behandlung sollte nur bei hoch selektierten Patientinnen in Betracht gezogen werden, bei erhöhtem Rezidivrisiko, auf der Grundlage von Scores (22) oder bei RH-Karzinomen, bei denen die meisten Rückfälle innerhalb von 5 Jahren auftreten. Wie bei der neoadjuvanten Chemotherapie sind die Standardschemata, die in dieser Altersgruppe vorgeschlagen werden können, die folgenden: 4 Zyklen Docetaxel und Cyclophosphamid (TC), 4 Zyklen Doxorubicin – Cyclophosphamid, oder 6 Zyklen Cyclophosphamid, Methotrexat und Fluorouracil (CMF). Insbesondere wöchentliches Paclitaxel kann mit der Anti-HER2-Therapie kombiniert werden und auch bei schwächeren Patientinnen eingesetzt werden (22).

Anti- HER2-Behandlungen

Bei HER2+-Krebs sollte eine Anti-HER2-Therapie mit Trastuzumab unabhängig vom Alter eingeführt werden, obwohl ältere Patientinnen ≥60 Jahre in der HERA-Studie mit 16 % unterrepräsentiert waren (23), und eine erhöhte kardiale Toxizität aufwiesen, was die Notwendigkeit von Behandlungsunterbrechungen in fast 40 % der Fälle (24) bedeutete. Die SIOG empfiehlt eine adjuvante Chemotherapie (Docetaxel oder Paclitaxel wöchentlich) in Kombination mit 1 Jahr Trastuzumab. Angesichts des erhöhten Risikos für Toxizität, insbesondere im Verdauungstrakt, sollte die Kombination mit Pertuzumab nur gesunden Patientinnen vorbehalten sein (22). Eine Behandlung mit kürzerer Behandlungsdauer (6 Monate) kann für schwächere Patientinnen mit einem kardiologischen Risiko in Betracht gezogen werden (25, 26). Die Phase-III-Studie Short-HER zeigt ein vergleichbares krankheitsfreies Überleben und Gesamtüberleben mit 9 Wochen Trastuzumab versus 1 Jahr bei niedrigem Risiko (N0) und intermediärem Risiko (weniger als 4 befallene Lymphknoten) (27). Die Anwendung von Trastuzumab allein, ohne Chemotherapie, kann bei besonders anfälligen Patientinnen ebenfalls in Betracht gezogen werden (28).

Trastuzumab Emtansine (T-DM1) als adjuvante Therapie bei einer Erkrankung mit Resttumor reduziert das Risiko von Rückfällen und Tod nach neoadjuvanter Trastuzumab-basierter Behandlung im Vergleich zu Trastuzumab adjuvant. Toxizitäten wie Neuropathie und Pneumopathie stellen das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei älteren Patientinnen in Frage (29).

Hormontherapie

Die Wirksamkeit der endokrinen Therapie ist altersunabhängig und die Wahl der Behandlung hängt vom geschätzten Rezidivrisiko, den Komorbiditäten der Patientin und den erwarteten Nebenwirkungen der endokrinen Therapie, darunter Osteoporose und Muskelschmerzen, der Skelettmuskulatur (Aromatasehemmer (AI)) oder dem Risiko von Thromboembolien und Endometriumkarzinom (Tam) (30) ab. Die IA sind dem Tam in Bezug auf das Risiko eines erneuten Auftretens des Brustkrebses und der Mortalität überlegen und sollten bevorzugt werden. Die Nicht-einhaltung der endokrinen Therapie in jedem Alter ein grosses Problem und scheint bei den 80-Jährigen und Älteren (n=100) mit 52 % gegenüber 24.2 % in der Gesamtbevölkerung (n=1192) zuzunehmen (31). In einer Studie mit 437 Patientinnen im Alter von ≥60 Jahren, weigerten sich die Patientinnen im Alter von ≥80 Jahren (n=79) häufiger, mit der Hormontherapie zu beginnen. (13 Prozent gegenüber 4.5 Prozent, P= 0.01) (32). Dieses Problem sollte angesprochen werden, bevor man sich bei einer lokalisierten Erkrankung gegen eine Operation entscheidet.

Behandlung von metastasierendem Krebs

Die Behandlung jeder Patientin mit metastasierendem Brustkrebs, unabhängig von ihrem Alter, ist nicht kurativ und zielt darauf ab, den Krebs zu kontrollieren und die Lebensqualität zu erhalten. Wir beschränken uns auf die ersten Behandlungslinien (Tabelle 2).

Je höher die RH-Expression, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Krebs auf eine Hormonbehandlung anspricht, die dann die erste Wahl darstellt. Wenn eine Bedrohung der Organfunktion eine schnelle Tumorreaktion voraussetzt, kann eine Chemotherapie in Betracht gezogen werden. Die Inhibitoren der Cyclin-abhängigen Kinase 4/6 (CDK4/6) (Ribociclib, Abemaciclib, Palbociclib) in Kombination mit einem IA oder Fulvestrant (Antiöstrogen) verbessern die Ansprechrate und das progressionsfreie Überleben (PFS) (33). Ein besseres Gesamtüberleben wird in der 2. Linie erhalten. In der Erstlinie hat bislang nur Ribociclib plus Letrozol einen Vorteil beim OS auch bei den ≥75-Jährigen nachgewiesen (median 63.9 Monate vs. 51.4 Monate mit Letrozol plus Placebo) (34). Die Wirksamkeit von CDK4/6-Inhibitoren scheint altersunabhängig zu sein (198 Patientinnen ≥75 Jahre, d. h. 10.8 % der eingeschlossenen Population), zum Preis erhöhter Toxizitäten (88.8 % Grad 3–4 bei ≥75 Jahren versus 73.4 % bei <75 Jahren), was Dosisänderungen oder sogar den Abbruch der Behandlung erforderlich machte (33). Zum Zeitpunkt der Progression wird ein Wechsel der endokrinen Therapie (von IA zu Fulvestrant, von Fulvestrant zu IA) vorgeschlagen. Die Fortsetzung der Behandlung mit dem CDK4/6-Inhibitor wird weiterhin diskutiert (35), doch sollte diese begonnen werden, wenn sie nicht bereits vorher eingeführt wurde, in Anbetracht des erwarteten Nutzens für das OS (36). Bei Resistenz gegen eine Hormontherapie, können andere Therapien diskutiert werden (Chemo, zielgerichtete Therapien (37)).

HER2+-Krebs

Bei Patientinnen mit HER2+-Krebs wird die Anti-HER2-Therapie mit Trastuzumab in Kombination mit Pertuzumab und wöchentlichem Paclitaxel als Erstlinientherapie empfohlen (38). Für Patientinnen, die nicht für Taxane in Frage kommen oder die ein Schema wünschen, das weniger toxisch ist (wenig oder keine Alopezie oder Komplikationen im Verdauungstrakt, Infektionen und Neuropathie), können Vinorelbin oder Capecitabine Alternativen sein (22, 39, 40). Bei sehr fragilen Patientinnen kann Trastuzumab +/– Pertuzumab allein oder in Kombination mit einer Hormontherapie bei RH+ in Betracht gezogen werden (41, 42). Nach der Erstlinientherapie mit Trastuzumab ist der konjugierte Antikörper Trastuzumab-Deruxtecan (T-dxd) mit einem besseren OS im Vergleich zu T-DM1 (OS nach 24 Monaten 77.4 % vs. 69.9 %) assoziiert (43). Bei Patientinnen im Alter von ≥65 Jahren wurde eine Zunahme der Toxizitäten (Verdauung und Hämatologie) beobachtet, die in 25.4 % der Fälle zum Abbruch der Behandlung führten, verglichen mit 18.7 % bei den jüngeren Patientinnen. Das Risiko einer Lungenerkrankung ist auch höher (17.5 % gegenüber 11.8 %) (44). Die Anwendung dieser Behandlung muss daher bei älteren Patientinnen sehr vorsichtig sein. T-DM1 könnte bei Unverträglichkeit eingesetzt werden (45).

Triple-negative (TN) oder hormonresistente Krebserkrankungen

Eine Chemotherapie kann Patientinnen mit TN-metastasiertem Krebs oder bei RH+ Krebs, der gegen eine endokrine Therapie resistent ist oder deren Krankheit schnell fortschreitet oder die Funktion von Organen bedroht, vorgeschlagen werden. Eine Monochemotherapie ist vorzuziehen, wegen des höheren Risikos von Nebenwirkungen (22). Die Wahl basiert auf dem Nebenwirkungsprofil, Komorbiditäten und den Wünschen der Patientin. Die Hinzufügung eines Checkpoint-Inhibitors (CPI) zur Erstlinien-Chemotherapie verbessert bei PDL1-exprimierenden TN-Tumoren das OS um etwa 7 Monate (medianes Alter 55 Jahre, 23 % ≥65 Jahre (46); (medianes Alter 53 Jahre, 21 % > 65 Jahre (47)). Die Verwendung dieser neuen Therapien müssen bei älteren Patientinnen mit der grössten Vorsicht angewendet werden. Die schlechte Prognose von TN-Tumoren mit dem Einsatz von Chemo allein, wird auch verbessert in der 2. Linie durch den Antikörper Sacituzumab, gegen Trop2 konjugiert mit Govitecan (einem Topoisomerase-Inhibitor), mit einem medianen Überleben von 12.1 versus 6.7 Monaten (medianes Alter 54 Jahre, (29–82) (48)). Diese neuen Therapien sollten bei älteren Patientinnen mit grösster Vorsicht eingesetzt werden.

Schlussfolgerung

Brustkrebspatientinnen im Alter von ≥ 80 Jahren stellen einen wachsenden Anteil der Bevölkerung dar. Die therapeutischen Entscheidungen sollten auf der Lebenserwartung, den Vorteilen der potenziellen Behandlung, den Wünschen der Patientin und den potenziellen Nebenwirkungen der Behandlung beruhen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Onkologen und Geriatern ist von entscheidender Bedeutung, um ein Gleichgewicht zwischen den Zielen der onkologischen Behandlung und der Erhaltung der Lebensqualität der Patienten zu erreichen.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Marie-Gabrielle Courtès

Abteilung für Onkologie
Spital Wallis – CHVR
Av. Grand-Champsec 86
1951 Sitten

PD Dr. med. Sandro Anchisi

Abteilung für Onkologie
Spital Wallis – CHVR
Av. Grand-Champsec 86
1951 Sitten

Die Autor/-innen haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Ältere Frauen mit Brustkrebs stellen eine wachsende Population dar.
  • Die Sterblichkeit durch Brustkrebs sinkt dank der Weiterentwicklung der onkologischen Behandlungsmethoden.
  • Patientinnen ≥80 Jahre sind in klinischen Studien kaum vertreten, was die Entwicklung von Standards in dieser Population schwierig macht.
  • Eine Anpassung der Behandlungen ist nach einer geriatrischen Beurteilung erforderlich, unter Berücksichtigung der Lebenserwartung, der Komorbiditäten und den Wünschen der Patientinnen.

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47. Cortes J, Rugo HS, Cescon DW, et al; KEYNOTE-355 Investigators. Pembrolizumab plus chemotherapy in advanced triple-negative breast cancer. N Engl J Med 2022; 387:217-26.
48. Bardia A, Hurvitz SA, Tolaney SM, et al; ASCENT clinical trial Investigators. Sacituzumab govitecan in metastatic triple-negative breast cancer. N Engl J Med 2021; 384:1529-41.

 

Infektiologie: Therapie im Wandel

Der Kongress des Kollegiums für Hausarztmedizin stand im Zeichen der Neuerung: Unter dem Motto «Alles bleibt im Wandel» stellten die Organisatoren ein Programm zusammen, welches einen tiefgreifenden Einblick in die gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen der Allgemeinmedizin gab. «Nichts ist so beständig wie der Wandel» (Heraklit von Ephesos) stellte Dr. med. Stefan Zinnenlauf in seiner Begrüssung fest. Im Folgenden werden einzelne Ausschnitte aus dem vielseitigen Programm wiedergegeben.

Antimikrobielle Resistenzen sind eine grosse Gefahr für die öffentliche Gesundheit, stellte PD Dr. med.Andreas Plate, MSc vom Institut für Hausarztmedizin am Universitäts Spital Zürich im Seminar mit Hausärztin Dr. med. Hanni Bartels, Küssnacht, fest.

Die WHO hat unter den zehn grössten Bedrohungen der globalen Gesundheit die antimikrobielle Resistenz nach Luftverschmutzung und Klimaveränderungen, den nicht übertragbaren Krankheiten, der Bedrohung durch eine Influenza-Pandemie sowie fragilen und gefährdeten Situationen an fünfter Stelle gelistet. Das beste Mittel gegen steigende Resistenzen ist, kein Antibiotikum einzusetzen, so der Referent.

Fall 1

Frau Dr. Bartels präsentierte einen ersten Fall aus ihrer Praxis, der eine 28-jährige nicht schwangere Frau betraf. Die persönliche Anamnese ergab, dass die Patientin keine Operationen hatte, keine täglichen Medikamente einnimmt und seit drei Jahren in einer festen Partnerschaft lebt.

Klinik

Seit drei Tagen besteht eine Dysurie und Pollakisurie. Der Abdomen ist weich, wobei eine leichte Druckdolenz suprapubisch zu verzeichnen ist. Eine Abwehrspannung ist nicht festzustellen, ebenso wenig ein Peritonismus. Die Körpertemparatur ist normal, und es bestehen keine Klopfdolenz oder Flanken- oder Rückenschmerzen.

Diagnostik

Urinstatus: Lc +++, Erys ++, Nitrit +++. BB: Lc 9.8, leichte Granulozytose, CRP 17.
Urinkultur: E. coli 105 KBE/ml (pansensible).

Unkomplizierte Zystitis ohne Antibiotika

Wer kennt die nationalen Guidelines?
Welches ist Ihr First-Line Antibiotikum?
Wer hat schon einmal eine akute, unkomplizierte Harnwegsinfektion (HWI) ohne Antibiotikum behandelt?
Bei wem ist eine Therapie ohne Antibiotikum erste Wahl bei Patienten mit einem unkomplizierten HWI? So lauteten die Fragen der Referenten.

Antibiotika-sparende Therapieansätze im Zeichen der Antibiotikaresistenz

Untere HWI:
Bis zur Hälfte der Harnwegsinfektionen heilen spontan ab (allerdings beschleunigen Antibiotika den Heilungsprozess um 1–2 Tage).
Eine unbehandelte Zystitis scheint das Risiko einer Progression zur Pyelonephritis nicht signifikant zu erhöhen.
Für ausgewählte Patienten können zuerst Antibiotika-sparende Ansätze versucht werden.
Keine Vorgeschichte einer Pyelonephritis.
Symptomdauer ≤ 5Tage.

Häufige komplizierende Faktoren und Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf in der Hausarztpraxis:

Alle HWI bei Kindern, Männern und Schwangeren.
Funktionelle oder anatomische Besonderheiten, Z. n. OP.
Immunsupprimierte Patient/-innen.
Fieber und Flankenschmerzen.

Urologische Behandlung bei Nierensteinen innerhalb der letzten zwei Wochen:
• Anlage eines Urinkatheters.
• Entlassung aus dem Krankenhaus oder dem Pflegeheim.
• Antibiotikatherapie in den letzte zwei Wochen
• renale Erkrankung

Welche Patientengruppen eignen sich für eine primärsymptomatische Behandlung? Junge und ansonsten gesunden Patienten mit unkomplizierten Harnwegsinfektionen. Bei komplizierten Harnwegsinfektionen oder Hinweisen auf komplizierende Faktoren, älteren Patienten (> 65 Jahre), Patienten mit eingeschränktem Allgemeinzustand, Patienten mit stark erhöhtem CRP, Pyelonephritis in der Vorgeschichte, Patienten mit Fieber sowie Patienten mit Symptomen, die länger als fünf Tage andauern, sollte eine antibiotische Therapie erfolgen.

Aus einer Publikation aus dem Jahr 2019 (Gharbi M et al. BMJ 2019;364: l525) geht hervor, dass bei älteren Patienten, bei denen in der Primärversorgung eine Harnwegsinfektion diagnostiziert wurde, keine Antibiotika und aufgeschobene Antibiotika im Vergleich zur sofortigen Antibiotikagabe mit einem signifikanten Anstieg der Blutstrominfektionen und der Gesamtmortalität verbunden war. Vor dem Hintergrund der Zunahme von Escherichia coli-Blutstrominfektionen in England wird eine frühzeitige Einleitung der empfohlenen Erstlinien-Antibiotika bei Harnwegsinfektionen in der älteren Bevölkerung befürwortet.

Empirische Therapie

Zystitis
Erstlinien-Therapie: Nitrofurantoin, po 100 mg alle 8 h für 5 Tage oder Trimethoprim /Sulfamethoxazol (TMP/SMX) pro 160/80 mg alle 12 h für 3 Tage
Zweitlinien-Therapie: Fosfomycin po 3 g (Einmaldosis) oder Norfloxacin po 400 mg alle 12 h für 3 Tage oder Cefuroxim po 500 mg alle 12 h für 3 Tage oder Amoxicillin/Clavulansäure po 500/125 mg alle 8 h für 3 Tage.

Fall 2

Ein siebenjährige Junge ohne Vor-OPs, keine Grund­erkrankung.

Klinik

Akut seit zwei Tagen Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. Fieber bis 38° C.
Enoral: Rachen gerötet, Tonsillen vergrössert mit gelben Stippchen, LK submandibulär geschwollen und druck­dolent.

Diagnostik

BB: Lc 12.3, Granulozytose (Linksverschiebung), CRP 68, Transmainasen im Normbereich, Center Score 4 Punkte/McIsaac Score 5 Punkte.

Management Pharyngitis

Dr. Plate stellte die folgenden Fragen: Wer kennt die Guidelines? Was ist Ihr First Line Antibiotikum? Amoxicillin, Amoxicillin/Clavulinsäure, Penicillin, Makrolid, Cephalosporin. Wer hat schon einmal eine Streptokokken-Pharyngitis ohne Antibiotikum behandelt?

Bei wem ist eine Therapie ohne Antibiotikum erste Wahl bei Patienten mit einer Streptokokken-Pharyngitis?

Häufig wird folgendes gemacht: Patient mit Symptomen → Abstrich, bei einem positiven Ergebnis erfolgt die Verabreichung eines Antibiotikums.
Patient mit Symptomen → Abstrich, wenn positiv erfolgt eine Beratung (SDM) über die Therapie.

Zur Vorhersage von Gruppe-A-Streptokokken im Rachenabstrich wird der McIsaac-Score herangezogen.

Bei einem Patienten, der über Halsweh klagt, werden die folgenden Symptome zusammengezählt: Kein Husten: 1 Punkt, Fieber > 38° C: 1 Punkt, Tonsillen-Rötung + Beläge: 1 Punkt, Zervikale Lymphadenopathie: 1 Punkt, Kein Husten: 1 Punkt.

Alter:

3–14 Jahre: 1 Punkt, 15–44 Jahre: 0 Punkte, 48 oder mehr –1 Punkt.
Die Wahrscheinlichkeit eines positiven Rachenabstrichs je nach McIsaac Score beträgt: Score 1 → 5–10 %, Score 2 → 11–17 %, Score 3 → 28–39 %, Score 4 oder Score 5 → 51–63 %
McIsaac Score 3 oder mehr → Rachenabstrich + Strepokokken-Schnelltest.
Im Falle eines negativen Befunds ist die Verabreichung eines Antibiotikums kontraindiziert (Ausnahmen: siehe Red Flag-Patienten). Im Falle eines positiven Befundes wird auf die Anwendung von Penicillin/Amxicillin verzichtet oder deren Einsatz zumindest verzögert.
McIsaac Score 0–2 → kein Rachenabstrich, keine Anti­biotika.

(Strepokokken)-Pharyngitis

Empirische Behandlung
Option: Beobachten -ohne Antibiotikum
• Selbst bei Streptokokken-Angina möglich
• Symptomdauer mit Antibiotika unwesentlich verkürzt (1–2 Tage)

Therapieindikation (Erwachsene und Kinder)

• Centor Score 3 oder 4 (s. Diagnostik)
• UND
• Positives Resultat Streptokokken-Antigen-Schnelltest (Schnelltest nur durchführen, wenn eine antibiotische Behandlung bei positivem Ergebnis in Betracht gezogen wird).
• Das Entscheidende steht in der Klammer: Beratung VOR dem Schnelltest.

Beratung

Beratung über voraussichtlichen Verlauf, selbstlimitierend, Beschwerdedauer ca. 1 Woche.
Geringes Risiko (ca. Otitis media/Sinusitis/PTA/Erysipel)
Selbstmanagement (z. B. viel Flüssigkeit, körperliche Schonung usw.)

Wahrscheinlichkeit für eine behandelbare bakterielle Pharyngitis auf Basis von Anamnese und ärztlicher Befunderhebung
Vor- und Nachteile einer antibiotischen Therapie bei Pharyngitis
(+) durchschnittliche Symptomverkürzung von 16 Stunden
(–) hohe NNT v. ca. 200 zur Vermeidung einer o.g. Komplikation
(–) bei Einnahme, ca. 10 % UAW (Diarrhoe, Anaphylaxie, Mykosen)
(ggf. auf Nachfrage: geschätzte Inzidenz des ARF: < 1 : 1 000 000, Geschätzte NNT > 5500 für rheumatologische Herzerkrankung in De.)

Wenn Sie doch behandeln wollen

Erwachsene
• Penicillin V 1 Mio. IE/12 h per os, 6 Tage
• Amoxicillin 1 g/12 h per os, 6 Tage
• Ausnahmen:
– Penicillin-Allergie, Cephalosporine nicht kontraindiziert, Cefuroxim 500 mg/12 h p o, 6 Tage
– Penicillin-Allergie, alle Betalactam-Antibiotika kontraindiziert

Kinder
• Amoxicillin 25 mg/kg/12 h per os, 6 Tage
• Ausnahme:
– Penicillin-Allergie, Cephalosporine nicht kontraindiziert, Cefuroxim 15 mg/kg/8 h per os, 6 Tage
Häufig wird Amoxicillin/Clavulinsäure verschrieben.

Fazit

Sowohl bei Patienten mit einer unkomplizierten Harnwegsinfektion als auch mit einer Streptokokken-Pharyngitis kann eine symptomatischer Therapieversuch vor einer (sekundären) antibiotischen Therapie erfolgen.
Antibiotika-sparende Therapieansätze werden in den nationalen (SSI-) Guidelines empfohlen.
Achten Sie auf die richtige Identifizierung der Patienten, bei welchen Sie diese Therapie durchführen.
Aufklärung und Beratung. Viele Patienten sind darüber froh, keine Antibiotika einnehmen zu müssen.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Insomnia

An der diesjährigen 26. Fortbildungstagung des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM) in Luzern präsentierte Dr. med. Martin Meyer, Basel, und Dr. Cristina Mitrachem, Basel, ein Seminar über das Thema Insomnie und stellten dabei einführend fest, dass es sich dabei um ein 24h-Syndrom und nicht bloss um ein Symptom handelt.

Insomnie ist eine klinische Diagnose. Es handelt sich um eine im Vordergrund stehende Beschwerde der Unzufriedenheit mit der Schlafqualität oder -quantität, verbunden mit einem oder mehreren der folgenden Symptome: Schwierigkeiten einzuschlafen, Schwierigkeiten durchzuschlafen, charakterisiert durch häufige Wachperioden oder Schwierigkeiten nach nächtlichen Wachperioden wieder einzuschlafen. Frühmorgendliches Erwachen mit der Unfähigkeit wieder einzuschlafen, so Dr. med. Martin Meyer.

Die Schlafstörung führt zu klinisch signifikantem Leiden oder Einschränkungen im sozialen, ausbildungs- und beruflichen Leben oder anderen wichtigen Funktionsbereichen. Die Schlafstörung tritt mindestens 3 Nächte pro Woche auf und hält mindestens drei Monate an. Sie tritt trotz ausreichender Schlafgelegenheit ein. Sie wird nicht besser erklärt und tritt nicht ausschliesslich im Rahmen einer andern Schlaf-, Wach- oder Rhythmusstörung auf. Die Insomnie ist nicht zurückführbar auf die physiologischen Effekte einer Substanz (Droge oder Medikation) und die koexistierenden psychischen und körperlichen Erkrankungen erklären nicht das Auftreten der Insomnie.

Dr. med. Meyer stellte das psychologische Insomnie-Modell nach Morin CM 1993 vor (Abb. 1).

Er nannte als Problem 1 das Bett als Stressor (Wut, Anspannung, Grübeln, Angst, Ärger, Wachsein). Das ­Problem 2 ist die Erniedrigung des homöostatischen Schlafdrucks. Die zirkadiane Rhythmik und die Schlafhomöostase sind zwei Hauptkomponenten der Schlaf-Wach-Regulation. Das fein aufeinander abgestimmte Zusammenspiel dieser zwei oszillatorischen Prozesse erlaubt dem Menschen optimale Aufmerksamkeit während des Wachseins am Tag und konsolidierten Schlaf in der Nacht. Kleine Abweichungen im Zusammenspiel beider Prozesse führen zu Aufmerksamkeits- und Schlafstörungen.

Insomnia Severity Index Fragebogen

Der Fragebogen umfasst die folgenden 5 Punkte: Einschätzung der Schwere der Schlafstörung in den letzten beiden Wochen, Zufriedenheit mit dem gegenwärtigen Schlaf, Auswirkung der Schlafstörung auf die Lebensqualität, Sorge um die momentane Schlafstörung mit jeweils 4 Schweregraden (gar nicht – 0 Punkte, bis sehr schwer – 4 Punkte). Cut Off: 10 Punkte, 15–21 mittelschwer, 22–28 schwer.

Elemente der Kognitiven Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapeutische Techniken: Stimuluskontrolle, Bettzeit-Restriktion.

Instruktionen zur Stimuluskontrolle:
1. Erst ins Bett gehen, wenn man glaubt, innerhalb von 15–20 Min. einschlafen zu können.
2. Wenn dies nicht möglich, aufstehen, Zimmer verlassen, sich anderweitig beschäftigen.

Die konsequente Durchführung führt zu Erfolgen nach 2–3 Wochen.
Des Weiteren ist ein Mittagsschlaf zu vermeiden, das Bett ist ausschließlich zum Schlafen zu nutzen, nirgendwo sonst darf geschlafen werden, beispielsweise nicht vor dem Fernseher. Die Aufstehzeit am Morgen ist fix einzuhalten. Eine Reduktion der Schlafdauer führt zur Konsolidierung der Schlafphase. Die Wachphasen werden geringer, die Schlafeffizienz erhöht sich, die Einschlaflatenz wird verkürzt. Die Anwendung dieser Methode ist bei Vorliegen einer Psychose, bipolaren Erkrankung oder Epilepsie kontraindiziert.

Zur Durchführung der Bettzeit-Restriktion ist es erforderlich, dass die betreffende Person lediglich die durchschnittliche Schlafphase im Bett verbringt.
• Minimum: 5 h stationär, 6 h ambulant
• Restriktion am Anfang vs. Ende der Nacht, Aufstehzeiten fixieren
• Zeitfenster entsprechend dem Chronotyp planen.

Die Ziele umfassen die Erhöhung des Schlafdrucks sowie die Assoziation von Bett und Schlaf. Die Evaluation erfolgt wöchentlich und umfasst eine sukzessive Verlängerung der Zeit im Bett. Die Schlafeffizienz wird anhand folgender Kriterien beurteilt:

≥ 90 %: Zeit im Bett +30 min
≥ 80 % und ≤ 90 %: keine Veränderung
≤ 80 %: Zeit im Bett –30 min

1. Sitzung
Die erste Sitzung dauert 45 Minuten und beinhaltet einen persönlichen Kontakt. Im Rahmen dessen werden Hintergrundinformationen, schlafverhinderndes oder schlafstörendes Verhalten, Bildschirmzeit und Onlineverhalten, Schlafphysiologie, Schlafprotokoll der letzten 14 Tage sowie Bettzeiten und Aufstehzeiten, Einschlaflatenz, Wachzeiten nach Schlafbeginn, Zeit im Bett und Schlafzeit besprochen.
Regel 1: Die Bettzeit wird auf 6 Stunden reduziert. Ziel ist eine Zeit im Bett von 8–9 Stunden. Das Zubettgehen erfolgt, wenn man müde ist.
Die Aufstehzeit ist fixiert. Die Einschlafzeit kann verschoben werden, unabhängig davon, wie schlecht die Nacht davor war.
Es wird empfohlen, nicht wach im Bett zu liegen. Wenn man 20 Minuten wach ist, sollte man das Bett verlassen, bis man wieder schläfrig wird.

2. Sitzung
In der zweiten Sitzung wird ein Kurzkontakt persönlich oder telefonisch durchgeführt. Die Einschlafzeit sollte zwischen 15 und 30 Minuten vorverschoben werden und weniger als 30 Minuten betragen. Auch die Wachzeit im Bett sollte unter 30 Minuten liegen.

3. Sitzung
In der dritten Sitzung wird eine persönliche Beratung mit folgenden Empfehlungen durchgeführt:
a) Die Einschlafzeit sollte weniger als 30 Minuten betragen, genauso wie die Wachzeit im Bett. Einschlafzeit um 15–30 Minuten vorverschieben
b) Einschlafzeit > 30 Minuten oder > 30 Minuten Wachzeit im Bett. Die Einschlafzeit sollte zwischen 15–30 Minuten nach hinten verschoben werden.

4. Sitzung
Die vierte Sitzung findet persönlich statt, wobei es um eine Evaluation und die Rückfallprävention geht. Bei fehlender Verbesserung nach vier Wochen sollte eine Zuweisung an einen Schlafspezialisten mit CBT-I erwogen werden.

Komorbiditäten sind zu berücksichtigen, insbesondere OSAS, Restless-Legs-Syndrom und Parasomnien.
Circadiane Schlafstörungen können wie Insomnien aussehen, insbesondere bei jungen Patienten oder bei einem deutlichen Unterschied zwischen Arbeits- und Schulphasen einerseits und Ferien oder Wochenenden andererseits.

Die Medikation von Schlafstörungen ist in Abbildung 2 ersichtlich.

Patientenbeispiele

Im Rahmen der Präsentation stellte Dr. med. Mayer drei Fallbeispiele von Patienten mit Insomnie vor. Fall 1 umfasste einen jungen Erwachsenen, der durch seinen Medienkonsum nicht ausreichend Schlaf erhielt. Fall 2 zeigte eine Person, die durch Schichtarbeit in ihrer Schlafqualität beeinträchtigt wurde. Fall 3 demonstrierte eine circadiane Schlafstörung.

Zusammenfassung

• Chronische Isomnie ist ein 24 h Syndrom
• Klinische Diagnose (DSM-V, ICD-11) mit Behandlungsbedarf
• Stress und Hyperarrousel als Modell für die Einleitung und Aufrechterhaltung der Insomnie mit oder ohne Grunderkrankung

• Therapie 1. Wahl bei Erstkontakt: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Therapie 2. Wahl: KVT und Medikation → Schlafspezialisten
https://prodormo.ch/clubdesk/www?p=1000056
• Therapieoption für Grundversorger: Brief Behavioral Treatment for Insomnia (BBT-I) und Medikationsempfehlungen, Rückfallprophylaxe
• Digitale Gesundheitsanwendungen (DIGA) sind evidenzbasiert und werden auch teilweise von Kostenträgern übernommen. (Beispiel CH: Somnio ist Medizinalprodukt https://somn.io)
• Gemeinsame Erwartungen bewältigen: kleine, aber stetige Schritte, weil die Therapie einer chronischen Insomnie ein unspezifischer, aber effektiver Faktor für körperliches und psychisches Wohlbefinden ist.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch