Medizinische Versorgung von Gefangenen: Herausforderungen und Verantwortlichkeiten für Hausärzte und Grundversorger

Einführung

Im Jahr 2023 waren 6445 Personen in der Schweiz inhaftiert (1). Die medizinische Versorgung von Gefangenen ist ein komplexes Feld, das durch spezifische gesetzliche Rahmenbedingungen und ethische Herausforderungen geprägt ist. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die besonderen Bedingungen der medizinischen Praxis im Gefängnis und diskutiert ethische Dilemmata, mit denen Ärzte konfrontiert sind. Das Ziel besteht darin, Hausärzte und Grundversorger in ihrer Rolle als medizinische Betreuer von Inhaftierten zu unterstützen. Eine sehr gute und vertiefte Übersicht findet sich in einem Dokument der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) (2).

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die gesetzliche Regelung der medizinischen Versorgung von Gefangenen in der Schweiz wird durch eine Kombination aus nationalen Gesetzen und internationalen Normen bestimmt. Ein zentrales Element stellt die Schweizerische Bundesverfassung dar, deren Artikel 10 das Recht auf Leben und persönliche Freiheit garantiert und jegliche Form von Folter sowie grausamer oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verbietet. Das Strafgesetzbuch (StGB) trägt ebenfalls wesentlich zur Regelung bei. Artikel 75 StGB verankert das Äquivalenzprinzip, welches eine möglichst weitgehende Übereinstimmung des Strafvollzugs mit den allgemeinen Lebensverhältnissen fordert. Artikel 74 StGB schützt die Menschenwürde der Gefangenen und legt fest, dass ihre Rechte nur im erforderlichen Umfang eingeschränkt werden dürfen.

In Ergänzung dazu beinhaltet das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) wichtige Bestimmungen über die Handlungsfähigkeit und den Schutz von Personen, was insbesondere für die Einwilligung und Vertretung in medizinischen Angelegenheiten relevant ist. Das Epidemiengesetz (EpG) spielt eine besondere Rolle in den Gefängnissen, da es Regelungen zur Prävention und Kontrolle von ansteckenden Krankheiten beinhaltet, was in der dichten und oft geschlossenen Umgebung von Gefängnissen von grosser Bedeutung ist.
Auf internationaler Ebene gewährleistet die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), insbesondere Artikel 3, die Freiheit von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung von Gefangenen, auch bekannt als Nelson-Mandela-Regeln, setzen zudem globale Standards, die unter anderem den Zugang zu medizinischer Versorgung einschliessen.

Die Gesetzgebung zu Gesundheitsfragen kann auch auf kantonaler Ebene variieren, was bedeutet, dass die spezifischen Bedingungen und Standards der Gesundheitsversorgung von Kanton zu Kanton unterschiedlich sein können. Die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) bieten hier zusätzliche, konkrete Empfehlungen für die medizinische Praxis im Strafvollzug. Die Richtlinien betonen die Notwendigkeit, dass die medizinische Versorgung von Gefangenen den ausserhalb der Gefängnisse üblichen medizinischen Standards entsprechen sollte, um eine gleichwertige Behandlung zu gewährleisten.

Herausforderungen für medizinisches Personal und spezifische medizinische und psychologische Bedingungen

Die Rolle des Arztes ist häufig mit einem Spannungsfeld zwischen der Funktion als Gutachter und der als behandelnder Arzt konfrontiert. Dies führt in der Praxis zu ethischen und praktischen Schwierigkeiten, insbesondere im Kontext der ärztlichen Schweigepflicht.

Gefängnisinsassen weisen eine höhere Prävalenz von psychischen und physischen Erkrankungen auf. Die geschlossene Umgebung und das stressige Zusammenleben erhöhen das Risiko für die Übertragung von ansteckenden Krankheiten. Projekte wie BIG (Bekämpfung von Infektionskrankheiten im Gefängnis) zielen darauf ab, die Risiken zu mindern und das Äquivalenzprinzip besser umzusetzen.

Verantwortung über das Wohlergehen der gefangenen Patienten in Extremsituationen

Zwangsüberführungen psychisch oder körperlich kranker Gefangener

Bei der Überführung psychisch oder körperlich kranker Gefangener stehen medizinische Fachkräfte vor der Herausforderung, Transportmittel, Transportdauer sowie Sicherheits- und Ruhigstellungsmassnahmen adäquat zu beurteilen. Ärzte müssen dabei das Wohl des Patienten in den Vordergrund stellen und gegebenenfalls auch gegen Behördenentscheidungen Einspruch erheben, um die Gesundheit und Sicherheit des Patienten zu gewährleisten. Die genannten Situationen erfordern von den medizinischen Fachkräften eine sorgfältige Abwägung zwischen den rechtlichen Anforderungen und der medizinischen Ethik.

Der Respekt vor dem Willen des Patienten steht im Vordergrund, jedoch muss der Arzt in Situationen von Bewusstlosigkeit oder Urteilsunfähigkeit sowie bei fehlender klarer Patientenverfügung ethische Entscheidungen treffen, die unter Umständen eine Zwangsernährung medizinisch indizieren, insbesondere wenn der Verzicht auf künstliche Ernährung lebensbedrohlich ist.

In diesem Kontext ist es von entscheidender Bedeutung, den Respekt vor dem Patientenwillen mit dem Schutz des Patienten vor Schaden abzuwägen. Dabei ist es essenziell, sich nicht instrumentalisieren zu lassen und eine strenge neutrale Haltung zu wahren. Die tägliche Verantwortung des Arztes umfasst die Gewährleistung, dass dem Patienten regelmässig Nahrung angeboten wird, auch wenn dieser zunächst ablehnt.

Ausschaffungshaft

Die Aufgabe des Begleitarztes in der Ausschaffungshaft besteht in der Bewertung der Transportfähigkeit des Häftlings. Diese Beurteilung wird durch Fesselungen und die damit verbundene erschwerte klinische Untersuchung kompliziert. Zudem wird in der Ausschaffungshaft häufig nur Nothilfe vergütet, was die Möglichkeiten der medizinischen Versorgung weiter einschränkt.

Die Behandlung von Suchterkrankungen im Gefängnis stellt eine weitere Herausforderung dar, da der Entzug oft schwer vom System zu tragen ist. Therapien sollten auf freiwilliger Basis erfolgen und nicht erzwungen werden. Ohne adäquate Unterstützung besteht ein hohes Risiko für Rückfälle, was die Notwendigkeit einer umsichtigen medizinischen und psychologischen Betreuung unterstreicht.

Das Spannungsfeld zwischen ärztlicher Schweigepflicht und dem nötigen Informationsaustausch mit den als Pflege­personal fungierenden Angestellten des Gefängnisses ist besonders komplex. Ärzte sind dabei verpflichtet, die Vertraulichkeit von Patienteninformationen zu wahren, gleichzeitig jedoch sicherzustellen, dass notwendige Informationen zur Gewährleistung der Patientensicherheit, wie beispielsweise die Medikamentengabe und die Überwachung des Gesundheitszustandes, kommuniziert werden.

Zwischenfazit

Die medizinische Versorgung von Gefangenen in Extremsituationen erfordert nicht nur medizinisches Fachwissen, sondern auch eine hohe ethische Sensibilität und die Fähigkeit, unter Druck komplizierte Entscheidungen zu treffen. Die Balance zwischen medizinischer Ethik, Patientenautonomie und gesetzlichen Vorgaben zu halten, stellt eine der grössten Herausforderungen für Mediziner im Strafvollzug dar.

Organisatorische und systemische ­Herausforderungen in der Gesundheits­versorgung von Gefangenen

Ungereimtheiten in der Krankenversicherung von Häftlingen

Die Regelungen zur Krankenversicherung von Gefangenen in der Schweiz sind komplex und uneinheitlich, was grösstenteils auf die unterschiedlichen Bestimmungen der kantonalen Konkordate zurückzuführen ist. Diese Uneinheitlichkeit führt zu signifikanten Unterschieden in der Handhabung und Finanzierung der medizinischen Versorgung.

Im Ostschweizer Strafvollzugskonkordat existiert kein vertraglich festgelegter Rahmen, sondern lediglich ein Merkblatt, welches die Richtlinien vorgibt. Die Einweisungsbehörde muss entscheiden, ob sie die Kosten für die medizinische Versorgung des Häftlings übernimmt oder ob diese an einen anderen interkantonalen Kostenträger weitergeleitet werden.

Im Konkordat der lateinischen Schweiz werden die Kosten für die medizinische Versorgung generell vom Urteilskanton oder dem verantwortlichen Kanton getragen.

Im Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz übernimmt die Vollzugseinrichtung selbst die Kosten für die medizinische Versorgung.

Die divergierenden Regelungen resultieren in einer Entscheidung über die medizinische Behandlung durch Behörden, die möglicherweise nicht über die erforderlichen medizinischen Kompetenzen verfügen und deren Entscheidungen durch finanzielle Erwägungen beeinflusst sein könnten.

Empfehlungen zur Verbesserung

Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter hat die Einführung einer obligatorischen Krankenversicherungspflicht für alle Häftlinge empfohlen. Dies würde eine Vereinheitlichung der Versorgungsstandards ermöglichen und sicherstellen, dass alle Gefangenen unabhängig vom Kanton oder der Vollzugseinrichtung denselben Zugang zu medizinischen Leistungen haben.

Unterschiede in der Gesundheitsversorgung

Die Gesundheitsversorgung variiert erheblich zwischen verschiedenen Kantonen und Vollzugseinrichtungen. Diese Unterschiede ergeben sich aus den verschiedenen gesetzlichen Regelungen jedes Konkordats und jedes Kantons. Darüber hinaus beeinflusst die Anzahl der Insassen in den jeweiligen Einrichtungen die Verfügbarkeit und Qualität der medizinischen Dienstleistungen. Grössere Einrichtungen sind möglicherweise in der Lage, ein breiteres Spektrum an Gesundheitsdiensten anzubieten, während kleinere Einrichtungen mit begrenzten Ressourcen zu kämpfen haben.

Zwischenfazit

Die derzeitige Vielfalt und Komplexität der Regelungen zur medizinischen Versorgung von Gefangenen in der Schweiz führt zu einer ungleichen Gesundheitsversorgung, die sowohl ethische als auch praktische Herausforderungen mit sich bringt. Eine landesweite Standardisierung der Gesundheitsversorgung und der Krankenversicherung für Gefangene würde nicht nur die Fairness und Gleichheit der medizinischen Behandlung verbessern, sondern auch die Transparenz und Effizienz des Systems erhöhen. Es ist von essentieller Bedeutung, dass künftige Reformen die medizinische Versorgung von Gefangenen als integralen Bestandteil der öffentlichen Gesundheits- und Menschenrechtspolitik betrachten.

Unterschiede zur Gesundheitsversorgung in Freiheit: Herausforderungen und ethische Überlegungen

Die Gesundheitsversorgung im Gefängnis unterscheidet sich signifikant von jener in Freiheit und bringt eine Reihe von Nachteilen und Ungerechtigkeiten mit sich.

Dies steht in starkem Kontrast zu der Wahlmöglichkeit, die Menschen in Freiheit normalerweise haben. Zudem ist das Risiko für psychische und physische Krankheiten in Gefängnissen deutlich erhöht, was teilweise auf die hohe Konzentration von Personen in oft beengten Verhältnissen zurückzuführen ist. Das Risiko für Infektionskrankheiten war beispielsweise im Jahr 2008 in Gefängnissen signifikant höher als in der Allgemeinbevölkerung.

Das Projekt BIG wurde ins Leben gerufen, um die Prinzipien der Gleichwertigkeit der medizinischen Versorgung in Gefängnissen zu stärken und das Risiko von Ansteckungen zu senken. Trotz solcher Initiativen bleibt die Isolationshaft ein kritisches Thema, da sie mit einer bis zu zehnfach erhöhter Sterblichkeitsrate verbunden ist.

Unterschiede in den gesetzlichen Regelungen

Die Unterschiede in den gesetzlichen Regelungen zwischen den Konkordaten führen zu einer ungleichen Behandlung von Gefangenen in verschiedenen Kantonen. Dies beeinträchtigt die Einheitlichkeit und Gerechtigkeit der medizinischen Versorgung. Die Aufgaben dieser Ärzte sind aussergewöhnlich und liegen oft ausserhalb des üblichen medizinethischen Rahmens. Viele Standardtherapiemöglichkeiten, die ausserhalb des Gefängnisses verfügbar sind, fallen weg, was die Behandlungsoptionen einschränkt.

Gemeinsamkeiten in der Behandlungsqualität und ärztlichen Pflichten

Trotz der genannten Unterschiede muss die Qualität der Behandlungen im Gefängnis die gleichen Standards erfüllen wie ausserhalb. Das freie Einverständnis des Patienten nach ausreichender Aufklärung ist auch im Gefängnis erforderlich. Bei Unzurechnungsfähigkeit oder akuter Gefährdung darf von diesem Grundsatz abgewichen werden. Die ärztliche Schweigepflicht gilt unverändert, auch unter den erschwerten Bedingungen des Gefängnisses.

Zwischenfazit

Die Gesundheitsversorgung in Gefängnissen stellt aufgrund struktureller und organisatorischer Besonderheiten sowie ethischer Herausforderungen ein einzigartiges medizinisches Umfeld dar. Es sind kontinuierliche Anstrengungen und Reformen erforderlich, um die Gerechtigkeit, Qualität und Sicherheit der medizinischen Versorgung für diese vulnerablen Gruppen zu verbessern und den Standards der freien Gesellschaft anzugleichen.

Schlussfolgerung und Vorschläge für die Praxis

Für eine effektive medizinische Versorgung von Gefangenen ist es essenziell, dass medizinisches Personal regelmässig in ethischen Fragen und den spezifischen Bedingungen des Gefängnisumfeldes geschult wird. Zudem sollte die ärztliche Unabhängigkeit stets gewahrt bleiben, um eine medizinische Versorgung frei von administrativen und sicherheitsrelevanten Einschränkungen zu gewährleisten.

Die medizinische Versorgung von Gefangenen erfordert nicht nur ein hohes Mass an medizinischer Kompetenz, sondern auch ein tiefes Verständnis für die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen. Hausärzte und Grundversorger spielen eine entscheidende Rolle in der Gewährleistung einer adäquaten und gerechten medizinischen Betreuung dieser vulnerablen Bevölkerungsgruppe.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Dr. iur. Thomas D. Szucs

Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

thomas.szucs@hin.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. Anzahl der Gefängnisinsassen in der Schweiz von 2003 bis 2023
[Internet]. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/
studie/294714/umfrage/gefaengnisinsassen-in-der-schweiz/
2. SAMW [Internet]. [zitiert 6. Mai 2024]. Medizin im Strafvollzug.
Verfügbar unter: https://www.samw.ch

Der Wandel fordert die Schmerztherapie heraus

Der Kongress des Kollegiums für Hausarztmedizin stand im Zeichen der Neuerung: Unter dem Motto «Alles bleibt im Wandel» stellten die Organisatoren ein Programm zusammen, welches einen tiefgreifenden Einblick in die gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen der Allgemeinmedizin gab. «Nichts ist so beständig wie der Wandel» (Heraklit von Ephesos) stellte Dr. med. Stefan Zinnenlauf in seiner Begrüssung fest. Im Folgenden wird über den Wandel in der Schmerztherapie berichtet.

Über die Herausforderungen in der Schmerztherapie sprachen die Hausärztin Dr. med. Rachel Enz Perschel, Zürich und die Schmerzspezialistin Dr. med. Monika Jaquenod-Linder, Schmerz-Clinic-Zürich Hirslanden. Schmerzen provozieren die Patienten, stellte Monika Jaquenod-Linder eingangs fest. Sie sind durchdringende Störfaktoren, sowohl tagsüber als auch nachts. Schmerzen fordern auf, zu reagieren: Massnahmen zu ergreifen, einen Arzt aufzusuchen oder sich zu schonen. Die Patienten kommen mit vielen Vorschlägen und einer grossen Erwartungshaltung in die Praxis. Hier überträgt der chronische Schmerz-Patient die Verantwortung an den behandelnden Arzt, der entsprechend handelt, beispielsweise physiotherapeutische Massnahmen durchführt, Medikamente verordnet oder eine Operation vornimmt.

Schmerzen lösen beim Patienten oft ein Unverständnis über die Tatsache aus, weshalb die moderne Medizin keine Lösung bietet – die medizinische Realität des Versagens trifft auf die versprochene Schmerzfreiheit, welche die Pharmaindustrie proklamiert. Die Vortragenden sprachen in diesem Zusammenhang auch von den sogenannten «High-Utilizer»: Patienten, die bereits zahlreiche ambulante und stationäre Therapieversuche ohne den erhofften Erfolg durchlaufen haben und bei denen nur wenige erklärende Befunde vorliegen, was mit hohen Kosten einhergeht.

Pain reduction through exercise

Ambulanter Knie-Gelenkersatz bei einem unter 75 Jahre alten, gesunden Patienten.

• Normalerweise dauert die Hospitalisation 5 bis 7 Tage, 20-100 % gehen in die Rehakliniken – Kosten!
• Outcome-Vergleich ambulant – stationär: Komplikationen/Rehospitalisierungen sind identisch; die Schmerzen sind ambulant leicht geringer. Der Performance-Status ist bei ambulanten Patienten besser. Zwei Tage Bettruhe verursacht Schwindel, Quadriceps-Reflex (ungebrauchter Quadriceps, bleibt Tage inaktiv).
• Optimale perioperative Betreuung: perioperative Physiotherapie, intraoperativ kurze/keine Blutsperre, Spez. Chirurgischer Zugang, intraoperativ Dexamethason, Transexansäure (Blutgerinnung). LA-Schmerzpumpe 3 Tage, Oxynor, 5mg, sehr frühe Mobilisierung.
• GP sind massgeblich involviert.

Körperliche Aktivität

Mindestens 150-300 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche verbessert die Immunfunktion und senkt die Inflammation. Körperliche Aktivität hilft bei Schmerzen, bei der Genesung nach einer Covid-Infektion (2021), sorgt für besseres Outcome bei malignen Erkrankungen, besseres Outcome bei Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen, Diabetes.
Inaktivität führt dagegen zu verminderter Kollagenproduktion der Sehnen, was wiederum mehr Sehnenrisse verursacht.

Fallbeispiel

Distorsion in der Praxis . Weber-A-Fraktur. Bestehen nach dem Entfernen der Schiene Fussschmerzen? Traumatologie?
Physiotherapie: Fussgelenke mobilisiert; nach zwei Tagen Besserung, Joggen, … schmerzfrei.

Aktivieren Sie Ihre Patienten

• Vor und nach einer Operation
• Gründe dafür erklären
• Schrittzähler empfehlen
• Aktive Physiotherapie vorschlagen

Bio-Psycho-Soziale Dimension chronischer Schmerzen

• Biologische Komponente: Nociception durch Schmerzen, Schmerzgedächtnis
• Psychologische Komponente: Emotion (Angst, Panik). Kognition (Erfahrung)
• Soziale Komponente: Familie, Arbeit, finanzielle Probleme, Versicherungsprobleme→ «disuse Syndrom»

Schlaf

Schlafhygiene
Pregabalin
Antidepressiva (Trittico…)
Sirdalud
Melatonin
Sporadisch Z-Substanzen

Chronifizierungsrisiken, «Red Flags» für schlechtes Outcome

• Der Schmerz wird immer schlimmer.
• Der Schmerz lässt sich durch nichts positiv beeinflussen.
• Der Schmerz wird immer mehr zum Zentrum des Lebens des Patienten.
• Der Patient wünscht immer mehr und immer wieder somatische Abklärungen, beginnendes «Doctor-Hopping».
• Die Liste an Medikamenten wird länger und länger, der Patient wünscht (immer mehr) Opioide und Benzodiazepine zur Schmerztherapie.
• Psychische Auffälligkeiten, katastrophisierendes Denken, Angst, depressive Symptomatik, Kinesiophobie.
• Der Patient hat in seiner Anamnese psychosomatische oder psychiatrische (Vor-)Erkrankungen.
• Das Denken des Patienten engt sich immer mehr auf seine Schmerzen ein.
• Der Patient zieht sich von seinem sozialen Umfeld zurück, Arbeitsunfähigkeiten.
(Mandat PEPra Modul Schmerzmedizin, W. Ruppen, 2023)

Fallbeispiel

Ein 61-jähriger Patient hat zunehmend Schmerzen in der linken Körperhälfte. Die Schmerzen sind stechend, dumpf, brennend. «high utilizer», d.h. er nutzt die medizinischen Leistungen sehr häufig. In der Folge macht er eine REHA, lässt sich von Spezialisten behandeln, macht Therapien, nimmt Medikamente und lässt Infiltrationen machen.
Ängste: Nein!!! (SAEZ 2023;104(51-62):18-21).
Wie werde ich glücklicher mit Schmerzpatienten?
Ich lobe die Patienten mehr, nehme meinen Druck weg, akzeptiere, dass ich nicht immer erfolgreich sein kann, erhalten des status quo.
Genaue Anamnese: 2020 Covid-Pandemie mit auffälligem Verhalten, dann «schlimme Diagnosen»: stiff person syndrome, Kollagenose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule.

Anleitung zum Glück trotz Krankheit

• Glücklichere Menschen sind in der Lage, Dinge, die nicht mehr sind, loszulassen.
• Sie haben eine (kleine) Aufgabe, geben sich einer Sache ganz hin.
• Diese Menschen empfinden sich weniger als Opfer, denn als Gestalter.

WHO-Stufenschema

Stufe 1: Nicht-Opioidanalgetika (ggf. zusätzlich Co-Analgetika)
Stufe 2: Niederpotente Opioidanalgetika + Nicht-Opioidanalgetika (ggf. zusätzlich Co-Analgetika).
Stufe 3: Hochpotente Opioidanalgetika + Nicht-Opioidanalgetika (ggf. zusätzlich Co-Analgetika).

NSAIDs

Wirken Entzündungshemmend, keine Überdosierungen (keine NSAID- Kombinationen).
Vorsicht geboten ist bei Nieren-, Magen-, Darm- und herzkranken Patienten.
Eine langfristige Verordnung muss sehr gute Gründe haben.
Keine Kombinationstherapie mit Diuretika und ACE-Hemmern.
Mögliche Darmflora-Veränderungen nach zwei Wochen.
Erhöhte arterielle Thromboembolien (2023).
Erhöhte venöse Thromboembolien mit Kontrazeptiva (2023).
Motivation zur intermittierenden Einnahme.

Paracetamol

Hypertonie, GI-Blutungen, Nierenbecken-Ca???
Bei gewissen Patienten wenig wirksam.
Über 2g lebertoxisch, ähnliche Nebenwirkungen wie NSAIDs.

Metamizol

Analgetisch, antipyretisch, spasmolytisch, sehr schwach entzündungshemmend.
In Pflegeheimen Nr. 1 (Analgetika 2024).
Langzeitanwendung: Risiko der Toleranzentwicklung, weniger in Kombination mit Opioiden.
Die Wirkung wird potenziert mit Tramadol/Opioiden (unklare Mechanismen).
Agranulozytose: Heiserkeit, Angina, Fieber, Rachenulzerationen, die Anzahl von «drug induced liver injury» steigt mit vermehrtem Einsatz in Europa.
Die Mortalität ist tiefer als mit Paracetamol.

Neuropathische Schmerzen

Trizyklica, SNRI, (SSRI), Pregablin, Gbapentin, Lamotrigin, Topiramate, Oxcarbazepine (Europ J Neurol 2006 ;13 :1153-1168)
30% Schmerzlinderung mit medikamentösen antineuropathischen Therapien (Pain 2022 ;163:964-974).

Trizyklische Antidepressiva
Trimipramin (Surmontil®)
Tropfen 4%: initial 5 Tropfen = 5mg abends 18h, täglich um 1 Tropfen steigern bis Nebenwirkungen oder max. 50-100mg
1. Tag – 5 Tropfen
2. Tag – 6 Tropfen
3. Tag – 7 Tropfen
4. Tag – 8 Tropfen
Etc.

Gapapentinoide

Wirkung:
• Stimmungsstabilisierung
• Verbesserung Tiefschlaf
• Anxiolyse
Nebenwirkungen
• Gewichtszunahme, Schwindel, Müdigkeit
• Periphere Ödem
• COPD-Abhängigkeit??
• Nebenwirkungen: Gewichtszunahme, Schwindel, Müdigkeit ! Periphere Ödeme! COPD ! Abhängigkeit ??, «Ruf nach irica»! Interaktionenpotential, Atemdepression, Todesfälle; «street drug»; In vielen Fällen von Pregabalin-Missbrauch wurde es nicht verschrieben – es wurde von Freunden bezogen oder auf der Strasse oder über das Internet gekauft. Die Wirkung ist sehr gut bis wirkungslos.

Antiepileptika

Vom Na Kanal-Typ
Membranstabilisierend
• Carbamazepin (Tegretol®)
• Oxcarabazepin (Trileptal®)
• Topiramat (Topamax®)
• Lamotrigin (Lamictal®)
Antiepileptika und psychiatrische Erkrankungen
Lamotrigen: antidepressiv
Carbamazepin / Oxcarbazepin: immunstabilisierend
Gabapentin / Pregabalin: anxiolytisch

Opioide

Fälle – Aktuelle Opioid-Dosierung:
Fall 1: 4 x 20 Tropfen Tramal und 4 x 1 Tbl Co-Dafalgan
Fall 2: 150 µg/h Durogesic alle 3 Tage
Fall 3: Methadon 3 x 10 mg, Durogesic 125 µg/h, Oxynorm 3 x 1 ml
Fall 4: 6 x 20 mg Morphin s.c.
Fall 5: Targin 20/10 mg 0-0-1 Fall 6: Palladon Retard 8 mg ½-0-½ Kps
Fall 7: Tramal 200 mg retard 1-0-1; Palladon 4 mg retard 1-1-1; Tramal Tropfen in Reserve
Fall 8: Oxynorm 6 x 10 mg/Tag, bezieht immer früher die Rezepte

S-3-Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht-tumorbedingten Schmerzen = LONTS

Wesentliche Punkte der neuen Fassung der LONTs-Leitlinie mit Empfehlungen zur Praxis der Opioidtherapie sind
• Setzen realistischer Therapieziele
• Regelmässige Überprüfung der Indikationen
• Absetzen der Opioidmedikation
• Höchstdosis von Morphiumäquivalenten (120mg/Tag) und
• Gute Patientenaufklärung

Herausforderung chronische Schmerzen

• Schmerz ist komplex: Es gibt wenig Patentrezepte – Individuelle Dosierung – Grenzen respektieren – Optimieren in kleinen Schritten – Interesse für den Patienten – Schlaf verbessern – Patient in die Verantwortung einbeziehen.
• Schmerzreduktion, Abgabe von Medikamenten – Zeit – Compliance.
• Langfristigkeit, Wirksamkeit, Gewöhnung, Grenzen respektieren.
• Medikamente allein genügen nie – es braucht zusätzlich körperliche, soziale und berufliche Aktivität

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Schlaf und Gesundheit des Gehirns

Die diesjährige Jahrestagung der Schweiz. Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizinstand stand unter dem Motto Kreative Medizin, Erneuern und Weitergeben. Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in das Thema Schlaf und Hirngesundheit

Schlaf als aktiver Prozess zur Regeneration des Hirns

Wozu schlafen wir?
Dies die Eingangsfrage von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Claudio Bassetti, Dekan der med. Fakultät der Universität Bern.

Die Antworten dazu waren
– Zelle: um den zellulären Stress zu reduzieren bzw. Energie zu sparen
– Körper: Wachstum/Reparatur, Infektabwehr/Immunantwort, kardiovaskuläre Gesundheit (Parasympathikus)
– Gehirn: um toxische Substanzen aus dem Gehirn zu entfernen, um Gedächtnis und Lernen zu konsolidieren.

Der Schlaf-/Wachzyklus ist ein aktiver Prozess des Gehirns. Es gibt verschiedene neuronale Netzwerke/Neurotransmitter. Der Schlaf wird homöostatisch («Batterie», «sleep drive») und zirkadian («innere Uhr», «wake drive») durch den suprachiasmatischen Nucleus (Melatonin) reguliert. Fünfundzwanzig Prozent der Bevölkerung schlafen weniger als empfohlen. Zwanzig bis dreissig Prozent der Bevölkerung leiden unter einer Schlafstörung (Insomnien, Hypersomnien, Parasomnien, Schlaf-Apnoe, RLS-Syndrom). Dies hat hohe Gesundheitsfolgen. Die Lebensqualität ist beeinträchtigt, die Lebenserwartung verkürzt, Leistungsfähigkeit und Resilienz sind reduziert. Es entstehen dadurch hohe Kosten (1–3 % des Bruttosozialprodukts).

Die Schlafcharakteristika über die gesamte Lebensspanne von 1.1 Mio. Personen aus den Niederlanden, Grossbritannien und den USA wurden in einem systematischen Review und Meta-Analyse von Kocevska beschrieben (Kocevska D et al. Nature Human Behaviour 2021; 5: 113–122). Schlaflosigkeitssymptome traten am häufigsten bei Menschen auf, die ≥ 9 Stunden im Bett verbrachten, während eine schlechte Schlafqualität häufiger bei Personen auftrat, die weniger als 6 Stunden im Bett verbrachten. Die TST (Total Sleep Time) war in allen Ländern ähnlich, aber die Schlaflosigkeitssymptome waren in den Vereinigten Staaten 1.5 bis 2.9mal höher. Frauen (≥41 Jahre) gaben an, kürzer oder etwas weniger effizient zu schlafen als Männer, während sie mit Aktigraphie schätzungsweise länger und effizienter schliefen als Männer.

Schlaf, Gesundheit und Schlafstörungen

Guter Schlaf

– Gehirn: metabolische Clearance, Entscheidungsfindung, Stimmungsregulierung
– Immunsystem: Bildung des immunologischen Gedächtnisses, inflammatorische Homöostase, Immunsystem-Überwachung (Tumorwachstum)
– Metabolismus: Wiederherstellung der Insulinsensitivität, Normalisierung der Grelin- und Leptin-Sekretion, Wiederherstellung des Gleichgewichts der Lipid- und Lipoproteinkonzentrationen, Wachstumshormonsekretion
– Kardiovaskuläres System: Normalisierung des Blutdrucks, arterielle Regenerierung durch Blutdruck-Dipping, Regenerierung des Herzmuskels

Schlechter Schlaf

– Gehirn: Depression, Alzheimer, Parkinson-Krankheit, Demenz, Schlaganfall
– Krebs: Brustkrebs, Kolorektaler Krebs, Prostatakrebs
– Metabolische Krankheiten: Hypertonie, Dyslipidämie, Übergewicht, Type2 Diabetes

Insomnien Klinik

– 10–20 % der Bevölkerung
– Nacht: Ein- Durchschafstörung, frühes Erwachen
– Tag: Nicht erholsamer Schlaf, Tagesmüdigkeit, kognitive, psychische Symptome
– DD: Misperzeption, Kurzschläfer
– Aetiologie: primär/idiopathisch vs. sekundär/Komorbidität
– Angststörung, Depression
– Restless Legs Syndrom
– Schlafapnoe
– Psychophysiologisch
– Andere (u.a. Medikamente, Noxen)

Insomnie Berner Studie (83 GPs)

Insomnien, Bedeutung

– Reduzierte Lebensqualität und Leistung
– Erhöhtes Risiko für Depression, Demenz, Schlaganfall und Unfälle
– Höhere Gesundheitskosten, reduzierte Produktivität

Diagnostik der Insomnie:
Anamnese, Status, Questionnaire (Insomnia Severity Index (BDI). Labor: Ferritin, Hämoglobin, TSH, Leberwerte, evtl. Aktigraphie, evtl. Pulsoximetrie, nur in selektionierten Fällen Video-Polysomnographie.
Aetiologie: Schlafhygiene, kausale Therapie (RLS, Schlafapnoe, Depression…), kognitive Verhaltenstherapie (CBT).

Pharmakotherapie der idiopathischen Insomnie
– Benzodiazepine, BDZ-Analoga (max. 4 Wochen), z. B. Zolpidem 5–10 mg, CR 6.25–12.5 mg, Triazolam 0.125–0.25 mg
– Sedierende Antidepressiva (max. 4 Wochen), z. B. Mirtazepin 7.5–30 mg, Trazodon 12.5–50 mg, Circadin retard 2 mg (> 55 j, bis 3 Monate)
– Dualer Orexin-Rezeptor-Antagonist (DORA), z. B. Daridorexant 25–50 mg (bis 12 Monate, zugelassen seit 6/2023)
– Nicht empfohlen sind Antihistaminika, Neuroleptika und Psychotherapie.

Probleme bei chronischem Hypnotika-Gebrauch
Toleranz, Abhängigkeit, Rebound, Hangover, Akkumulation (z. B. Flunitrazepam, Diazepam), Gedächtnisprobleme, Muskelrelaxation (Stürze), Atemsuppression (Schlafapnoe), Maskierung von Symptomen (z. B. Depression, RLS), Deprescribing, wie?

Therapie des Restless Legs Syndrom
Beratung (u. a. Alkohol, Kaffee, Nikotin, anti-Dopaminergika, Augmentation)
Eisensubstitution
Intermittierendes RLS. Carbidopa, Levodopa, (Start 5/100 mg)
Chronisches RLS: Gabapentin (Start 100–300 mg), Pramipexol (Start 0.125 mg), Rotigotine-Pflaster (Start 1 mg)
Resistentes RLS: Oxycodon (Start 5 mg), Tramadon (Start 50 mg).

Hypersomnien, Klinik
2–5 % der Bevölkerung, Tagesschläfrigkeit, «Schlafattacken» Schlafdauer pro 24h erhöhte (Hypersomnie), kognitive Symptome, Unfälle (20–30 % aller Unfälle).
DD: Müdigkeit/Fatigue, Apathie/Depression, Langschläfer.
Aetiologie: Schlafmanko, Schlafapnoe, Narkolepsie, andere (u.a. Medikamente).
Schläfrigkeit bei obstruktiver Schlafapnoe: Habituelles Schnarchen, Atempausen.

Hypersomnien, Bedeutung
Reduzierte Lebensqualität und Leistung (Kognition), erhöhtes Risiko für Unfälle, Demenz, Schlaganfall, kardiovaskuläre Erkrankungen, höhere Gesundheitskosten, reduzierte Produktivität.

Hypersomnien: Diagnostik und Therapie
Diagnostik: Anamnese, Status, Questionnaire (Epworth Sleepiness Score) Labor: TSH, Leber-, Nierenwerte, BSG/CRP, Aktigraphie, Videopolysomnographie, Vigilanz-Tests.
Therapie: Schlafhygiene, -extension, kausale Therapie (Schlafapnoe), pharmakologisch.
Parasomnien, Klinik
5–15 % der Bevölkerung
Komplex: Schlafwandeln, REM-Schlafverhaltensstörung
Nicht komplex: Schlafparalyse, Halluzinationen, andere
DD: Schlaf-assoziierte Epilepsie
Aetiologien: Hereditär, Neurodegenration (M. Parkinson)

Bedeutung der Parasomnien:
Eigen-/Fremdverletzung (Forensik). DD nächtliche (hypermotorische Epilepsie), Erstmanifestation einer zugrunde liegenden Hirnerkrankung (Parkinson, Demenz).

Diagnostik und Therapie:
Anamnese/Status, Videographie (evtl. Handy), Videoploysomnographie mit 10–20 EEG- Montage.
Therapie Schlafhygiene, Beratung (u.a. Alkohol, Medikamente, OSA, Sicherung), kausale Therapie (nächtliche Epilepsie). Clonazepam 0.5–2 mg, Melatonin 2–5 mg (RBD).

Grundlagen, Diagnose/Therapie Ausblick

Schlafgesundheit/Sleep Health: Dauer, Effizienz, Aufmerksamkeit/Schläfrigkeit, Atmen, ungeordneter Schlaf, Zufriedenheit, Timing, Regelmässigkeit.

Der Referent verwies abschliessend auf Neurotec, eine neu gegründete Forschungs- und Entwicklungsplattform, die am Schweiz. Institut für Translationale und Unternehmerische Medizin (SITEM) angesiedelt ist und von der Klinik für Neurologie des Inselspitals in enger Zusammenarbeit mit dem ARTORG Center for Biomedical Engineering Research betrieben wird. Bei Neurotec bemüht sich ein interdisziplinäres Team von Ärzten, Ingenieuren und Datenwissenschaftlern, diese Informationslücken zu schliessen. Neue Geräte und Methoden werden erprobt, die es erlauben, digitale Biomarker im täglichen Leben der Patienten ausserhalb des Krankenhauses zu erfassen. Ziel ist es, den individuellen Krankenverlauf eines Patienten zu überwachen und damit personalisierte Diagnostik und Therapien in einem noch nie dagewesenen Umfang zu ermöglichen.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Friedrich Nietzsche: «Wer von seinem Tag nicht zwei Drittel für sich selbst hat, ist ein Sklave»

Der deutsche klassische Philologe und Philosoph Friedrich Wilhelm Nietzsche gehört zu den umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Philosophie. Bezeichnet als Genie, hochintelligenter Philosoph, aber auch als Irrer und Vordenker des Rassen- und Züchtungswahns wurde er bewundert und zugleich heftig kritisiert.

Patient: Friedrich Nietzsche
Geboren: 15. Oktober 1844, Röcken, Sachsen D
Gestorben: 25. August 1900, Weimar, Thüringen D

Friedrich Nietzsches Vater war evangelischer Pfarrer, die Mutter Pfarrerstochter. Nietzsche war stets Klassenprimus und mit 24 Jahren bereits Professor an der Universität Basel. Zu seiner Tätigkeit gehörte auch der Unterricht am traditionsreichen Basler Gymnasium am Münsterplatz. 1879, nach Jahren, legte er aus gesundheitlichen Gründen die Professur nieder. Bereits seit seiner Kindheit hatte Nietzsche an gesundheitlichen Problemen gelitten, unter anderem an Migräne, Depressionen, Schlafstörungen und Kurzsichtigkeit. Nietzsches Symptomatik wurde nie komplett aufgeklärt.

Nietzsche konsultierte zahlreiche Ärzte. Sie vermuteten unter anderem Syphilis, Chloralhydrat-Vergiftung, geistige Überarbeitung, Schizophrenie, Epilepsie, präsenile Demenz, Manie, Depression. Am gesichertsten schien lange die Diagnose seiner Ärzte einer «progressiven Paralyse» als Folge einer damals unbehandelbaren Neurosyphilis von 1889. Neuerdings wird dies wieder bezweifelt und eher ein Hirntumor, ein CADASIL-Symptom vermutet (Tenyi, 2012).

Getrieben von seinen Krankheiten, suchte Nietzsche ständig nach für ihn optimalen Klimabedingungen. Im Sommer hielt er sich meist in Sils-Maria GR auf, im Winter vorwiegend in Italien und Südfrankreich. Er lebte von seiner kleinen Pension und Spenden von Gönnern. Es folgten lange produktive Schaffensperioden, in denen seine Hauptwerke entstanden. Sie erschienen meist in Kleinstauflagen von ein paar Dutzend Exemplaren als Privatdrucke.

1888, im Alter von 44 Jahren, schien Nietzsche wahnsinnig zu werden. Er lebte in Turin, wo er in den letzten Dezembertagen ein Droschkenpferd umarmte und bitterlich weinte. Was war passiert? Der Kutscher hatte sein Pferd getreten. Nietzsche hing dem Tier am Hals und schluchzte jämmerlich. Zwei Carabinieri befreiten das Pferd schliesslich aus den Armen des tränenüberströmten Fremden. Signor Davide Fino, der in der Nähe einen Zeitungsstand betrieb, erkannte, dass der zitternde Fremde zwischen den Carabinieri sein Mieter war: der von ihm und seiner Familie hoch geachtete Professor Friedrich Nietzsche. Er übernahm ihn, stützte ihn, führte ihn nach Hause und steckte ihn ins Bett. Er schickte nach einem Arzt und setzte sich zum Kranken, der im Wachschlaf vor sich hindämmerte.

Nietzsche in der psychiatrischen Klinik «Friedmatt»

Zu dieser Zeit begann Nietzsche «Wahnsinnsbriefe» zu versenden. Am Sonntag, 6. Januar 1889 erhielt ein guter Freund von Nietzsche, Franz Overbeck, Professor für Kirchengeschichte in Basel, unverhofften Besuch des bekannten Historikers Jacob Burckhardt. Dieser hielt einen Brief von Nietzsche in der Hand: «Meinem verehrungswürdigen Jacob Burckhardt. Das war der kleine Scherz, dessentwegen ich mir die Langeweile, eine Welt geschaffen zu haben, nachsehe. Nun sind Sie – bist du – unser grosser, grösster Lehrer, den ich, zusammen mit Ariadne, haben nur das goldene Gleichgewicht aller Dinge zu sein, wir haben in jedem Stücke Solche, die über uns sind…» gezeichnet: Dionysos. Ein paar Tage später erhielt auch Overbeck einen Brief von Nietzsche: «Eine letzte Botschaft: Ich lasse alle Antisemiten erschiessen… Dionysos.»

Overbeck war alarmiert. Er besprach sich mit Professor Ludwig Wille, dem Leiter der erst drei Jahre vorher gegründeten psychiatrischen Anstalt «Friedmatt». Wille riet Overbeck dringend, Nietzsche aus Turin in die Basler Klinik zu holen. Gleichentags stieg Overbeck in den Zug nach Turin, wo er nach 18 Stunden Fahrt erschöpft ankam. Mit Mühe fand er die kleine Pension, wo Nietzsche im 4. Stock grau und verfallen in einer Sofaecke kauerte. Als er seinen Freund Overbeck aus Basel erkannte, stürzte er auf ihn zu, umarmte ihn, schluchzte und brach dann stöhnend und wimmernd zusammen. Die Finos, die Vermieter, kannten das, sie pflegten ihn seit Tagen, flössten ihm Bromwasser ein, das Nietzsche beruhigte.

Ein deutscher Dentist war bereit, die Reise von Overbeck und Nietzsche nach Basel mitzumachen. Overbeck ging auf Nietzsches Grössenwahn ein und erklärte ihm, er sei ein Fürst, er werde im Triumphzug in die Schweiz einreisen. Unten am Wagen bat Nietzsche Signor Fino um seine Mütze. Er sagte, er brauche sie für den Triumphzug, als Krone.

Overbeck, der den Freund in die Klinik begleitete, war höchst erstaunt, wie Nietzsche in der verbindlichsten Manier seiner besten Tage und mit würdiger Haltung Wille begrüsste: «Ich glaube, dass ich Sie schon früher gesehen habe… Sie sind Irrenarzt. Ich habe vor einigen Jahren ein Gespräch mit Ihnen über religiösen Wahnsinn gehabt…» Was Overbeck besonders erschütterte, war, dass Nietzsche diese Erinnerungen nicht in die geringste Beziehung zu seiner eigenen augenblicklichen Lage brachte und dass kein Zeichen verriet, dass ihn der Psychiater etwas anging. «Ruhig lässt er sich dem eintretenden Assistenzarzt übergeben und verlässt mit ihm, auf erhaltene Aufforderung, ihm zu folgen ohne weiteres das Zimmer…», notierte Overbeck.

Der Befund des aufnehmenden Arztes in der «Friedmatt»:
«Pupillen different, rechte grösser als die linke, sehr träge reagierend. Strabismus convergens. Starke Myopie. Zunge stark belegt. Keine Deviation, kein Tremor. Facialisinnervation wenig gestört. Fühlt sich ungemein wohl und gehoben. Gibt an, dass er seit acht Tagen krank sei und öfters an heftigen Kopfschmerzen gelitten habe. Er habe auch einige Anfälle gehabt, während derselben habe sich Pat. ungemein wohl und gehoben gefühlt und hätte am liebsten alle Leute auf der Strasse umarmt und geküsst, wäre am liebsten an den Mauern in die Höhe geklettert.» Als Diagnose wurde notiert: progressive Paralyse.

Mutter holt Nietzsche nach Hause

Gegen alle Widerstände setzte die nach Basel angereiste Mutter Nietzsches durch, dass ihr Sohn in die nächstgelegene Klinik seiner Heimatstadt Naumburg nach Jena verlegt wurde. Der damalige Klinikleiter von Jena, Professor Otto Binswanger, hatte sich wissenschaftlich intensiv mit der progressiven Paralyse beschäftigt. Bei der Aufnahme in Jena wurde bei der Erhebung der somatischen Befunde unter anderem eine leicht unregelmässig verzogene Pupille diagnostiziert.

In den nächsten Monaten beherrschen Wahnideen mit starken Erregungszuständen das klinische Bild. Im Oktober 1889 kam es zu einer inneren und äusseren Beruhigung, die als deutliche Remission interpretiert wurde. Wiederum gegen alle Widerstände nahm ihn die Mutter im März 1890 mit nach Hause. Im Herbst 1890 verschlechterte sich sein Geisteszustand rapide. «Es scheint nun, als ob der Wahnsinn zum Blödsinn umzuschlagen Miene macht», schreibt ein Jugendfreund Nietzsches im Februar 1891 an Overbeck.

Ab 1893 entwickelte sich zusätzlich eine Tabes dorsalis, die als eine quartäre Manifestation der Syphilis gesehen wurde: Nietzsche erkannte alte Freunde nicht mehr, ab Herbst nur noch die Mutter, die Schwester und die Hausgehilfin. Nach dem Tod der Mutter 1897, auf den Nietzsche in keiner erkennbaren Weise mehr reagierte, übernahm die Schwester die Pflege. Sie erwarb die Rechte an den bisher wenig beachteten Schriften des Bruders und machte sie bekannt. In der Nacht vom 24. auf den 25. August starb Nietzsche an einem Gehirnschlag. Eine Obduktion fand nicht statt.

Jörg Weber

1. Hemelsoet D, Hemelsoet K, Devreese D. The neurological illness of Friedrich Nietzsche. Acta Neurol Belg. 2008 Mar;108(1):9-16. PMID: 18575181

Weitere Quellen:
– Tényi, T.: The madness of Dionysus – six hypotheses on the illness of Nietzsche, Psychiatria Hungaria 27/2012
– Gschwend, G.: Pathogramm von Nietzsche aus neurologischer Sicht. Schweizerische Ärztezeitung 81/2000
– Volz, P.D.: Nietzsche im Labyrinth seiner Krankheit. Eine medizinisch-biographische Untersuchung. Königshausen + Neumann, Würzburg, 1990

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Effet de l’ entraînement de l’ équilibre: Intégration d’ un programme en réadaptation

Le vieillissement affecte la coordination et augmente le risque de chutes, impactant la qualité de vie des personnes âgées. Les avancées en neurosciences suggèrent l’ importance d’ un mode de vie actif et de l’ entraînement de l’ équilibre pour atténuer ce risque. L’ espérance de vie croissante associée à l’ altération du contrôle postural lors du vieillissement explique la prévalence élevée des chutes chez les séniors, justifiant l’ importance de programmes de réadaptation adaptés. La collaboration entre physiologistes de l’ exercice et physiothérapeutes au Réseau Hospitalier Neuchâtelois (RHNe) amène des approches inédites en réadaptation au sein de l’ institution, débouchant sur la mise en place d’ un entraînement de la coordination sous la forme d’ un groupe thérapeutique. Un travail interdisciplinaire combinant expertise scientifique et application clinique pour une prise en charge optimale.

Science et équilibre: Repenser la mobilité des séniors

Même si certaines recherches dans le passé mettaient déjà en avant les pertes fonctionnelles dues au vieillissement (1), c’ est principalement au cours des dernières années que les neurosciences et la recherche cognitive ont modifié notre façon de penser face au vieillissement, surtout en termes de santé et de qualité de vie (2). Si l’ ampleur de ces pertes comme une mémoire plus pauvre, un risque accru de chutes ou encore un traitement de l’ information plus lent peuvent varier d’ un individu à l’ autre, des différences apparaissent généralement lorsqu’ on compare des groupes de séniors à des jeunes adultes (3). Un mode de vie actif regroupant des stimulis physiques, cognitifs et sociaux semble être bénéfique non seulement pour réduire les pertes fonctionnelles et améliorer la mobilité des personnes âgées, mais également pour maintenir de bonnes facultés cognitives (4). Le contrôle de l’ équilibre paraît crucial pour préserver ou retrouver un mode de vie actif au vu des différents processus du contrôle moteur impliqués dans les activités quotidiennes telles que la marche ou le vélo; ceux-ci nécessitant l’ intégration continue d’ informations multi- sensorielles du corps dans l’ espace (5).

Prévalence des chutes chez les séniors

Dans les pays développés, l’ espérance de vie des personnes de 65 ans est d’ approximativement 17 ans pour les hommes et de 21 ans pour les femmes. De plus, il est démontré que le contrôle postural entre les jeunes gens et les personnes âgées diffère passablement (6), expliquant ainsi l’ augmentation des chutes chez les séniors avec au moins une chute par année chez un tiers des personnes de plus de 65 ans (7). Ce taux augmente très rapidement avec l’ âge et atteint des valeurs de 56 % pour les groupes de 90 à 99 ans (8). En suisse, les statistiques montrent que les chutes sont la cause principale de mortalité et de blessure causées par un accident non-professionnel (9). Pas moins de 300 000 personnes sont chaque année blessées en raison de chute, ce qui représente plus que la moitié de tous les accidents domestiques confondus. (10).

Altération du contrôle postural

Les personnes âgées présentent des différences significatives dans leur contrôle postural lors de l’ exécution d’ une double tâche (DT) (11). Cette différence est d’ autant plus marquée si la tâche est complexifiée (12): On observe dès lors une dégradation de la performance en lien avec la tâche concurrente. En relation avec cette détérioration du contrôle postural, l’ augmentation de chutes chez les personnes de plus de 65 ans peut s’ expliquer par une dégradation de certaines facultés neuromécaniques liées au vieillissement telle que la pondération sensorielle (13). Ce déclin dans le contrôle de la pondération sensorielle jouerait ainsi un rôle significatif dans l’ augmentation des chutes chez les séniors (14). Les raisons justifiant cette corrélation positive entre l’ altération du contrôle postural et l’ augmentation de l’ âge sont multiples: la sarcopénie, c’ est-à-dire la perte involontaire de masse musculaire, est un composant pathophysiologique critique de la fragilité (15), la détérioration des capacités sensorielles telles que la vue, l’ ouïe et le touché, une diminution de la condition physique entraînant une perte de force musculaire (notamment de la force explosive), une immobilisation prolongée, les effets secondaires résultant de la prise de certains médicaments, et finalement la peur de la «perte de contrôle» et du risque de tomber (6). Chuter à un âge avancé peut avoir de lourdes conséquences et altérer drastiquement la qualité de vie d’ une personne, d’ où l’ importance d’ étudier les causes et les risques de chutes chez les aînés. Mieux comprendre l’ altération du contrôle postural permet ainsi une meilleure prévention contre les potentielles déficiences de certaines facultés neuromécaniques et une meilleure prise en charge des personnes âgées dans le but de diminuer leur risque de chute.

Les effets de l’ entraînement de l’ équilibre

Dans la lutte contre l’ augmentation des chutes chez les aînés, l’ entraînement de l’ équilibre semble être bénéfique notamment dans l’ amélioration de certains paramètres du contrôle postural (16), mais également au niveau structural (17). L’ activité physique en endurance permet d’ améliorer le contrôle postural (18). Plusieurs études (19) recommandent l’ entraînement de l’ équilibre comme une mesure efficace pour contrer l’ altération naturelle de certaines fonctions neuromécaniques mais également cognitives (20). Les effets positifs résultant de l’ entraînement et de l’ apprentissage de l’ équilibre ont montré des améliorations comportementales sur plusieurs niveaux, tels que: une réduction de l’ incidence des chutes (avec ou sans conséquences médicales), de meilleures compétences de réhabilitation, une réduction des douleurs cervicales, une amélioration des fonctions sensorimotrices des vertèbres cervicales, et une augmentation de la performance en pliométrie. Ainsi, ces recherches mettent en évidence les nombreux bénéfices découlant de l’ entraînement de l’ équilibre chez les personnes âgées. Par conséquent, la mise en place de tels programmes en réadaptation paraît essentielle.

Mise en application: Expérience au RHNe

Mise en place d’ un groupe de «coordination»

La nécessité d’ intégrer un entraînement de l’ équilibre en réadaptation paraît donc indispensable. De ce fait et dans le cadre d’ un projet institutionnel visant à améliorer les processus de réadaptation, une approche proactive a été développée et crée pour améliorer la qualité de vie de nos patients, notamment âgés en réadaptation, en mettant sur pied un groupe de coordination.

Objectifs

Le but premier de ce groupe de coordination est de renforcer la coordination motrice des patients âgés; compétences essentielles à leurs activités quotidiennes et à la prévention des chutes. Dans la pratique, ce groupe est réalisable en position assise ou debout et s’ articule autour de quatre objectifs:
1. Sensibiliser les patients à l’ importance vitale de la coordination pour leurs activités quotidiennes
2. Améliorer la coordination sous toutes ses formes, assurant notamment une prévention efficace contre les chutes
3. Proposer des exercices simples et reproductibles à domicile, favorisant l’ autonomie et la continuité du soin
4. Suivre et quantifier les progrès de chaque patient, afin d’ ajuster les exercices pour répondre au mieux à leurs besoins

Critères

Le groupe est conçu pour accueillir un large éventail de patients tout en leur offrant un programme adapté et personnalisé. Toutefois, afin de garantir l’ efficacité et la sécurité des séances pour tous les participants, certains critères d’ exclusion sont appliqués.
Ce programme est idéal pour ceux qui peuvent s’ engager activement dans les exercices proposés, à l’ exception des cas suivants:
1. Patients présentant des troubles cognitifs sévères, avec un score au Mini-Mental State Examination (MMS) inférieur à 15
2. Patients affectés par une surdité ou une cécité sévère
3. Patients ayant des troubles du comportement qui pourraient entraver la dynamique de groupe
4. Patients ayant une dépendance trop importante, indiquée par un score à la Mesure d’ Indépendance Fonctionnelle (MIF) inférieur à 4 pour les transferts et les locomotions

Fréquence et déroulement des séances

Les patients participent au groupe de coordination trois fois par semaine. Notre volonté est d’ intégrer le plus fidèlement possible les données scientifiques dans la pratique clinique. En effet, la recherche suggère une amélioration substantielle de la capacité de performance de l’ équilibre à une fréquence de trois sessions hebdomadaires (21) (Fig 1).

La thérapie dure 45 minutes par séance. Chaque groupe accueille jusqu’ à six patients qui sont encadrés par un physiologiste de l’ exercice ou un physiothérapeute. Les participants au groupe sont des patients connus du service ce qui permet une sélection personnalisée des exercices en anticipant leurs exigences pour répondre de manière individualisée aux besoins de chacun.

Choix des exercices

Le choix des exercices repose sur une série d’ exercices ciblés, structurés autour de cinq thématiques clés: l’ orientation, la réaction, la différenciation, le rythme, et l’ équilibre (ORDRE). Chacune de ces thématiques propose six niveaux de difficulté, de la variation la plus simple à la plus complexe. Cette gradation permet une personnalisation poussée, adaptant l’ exercice aux capacités et aux progrès de chaque patient. Des exercices simples, comme par exemple le maintien de la station debout sur une surface instable, ou encore des exercices plus complexes comme l’ utilisation de la double tâche, permettent d’ ajuster finement le niveau de difficulté aux capacités du patient (Fig 2). Cette adaptabilité assure non seulement une sécurité maximale lors de la pratique, mais permet également de maintenir un niveau d’ engagement élevé chez le patient, facteur clé dans la réussite de tout programme de réadaptation.

Des retours positifs

Des retours empiriques indiquent une bonne adhésion des patients mettant en lumière le réentraînement de certains aspects de la coordination longtemps délaissés, tels que le rythme ou la réaction. Les patients ont augmenté leur quantité de mouvements quotidiens, et l’ appréciation de la variété des exercices a été notée. Les physiothérapeutes, assurant des séances individuelles dans le cadre de l’ itinéraire spécifique du patient en réadaptation, ont également partagé des retours positifs, notant les avantages de l’ entraînement en coordination sur leurs patients.

De nouvelles collaborations: Complémentarité Physiologiste et physiothérapeute

L’ introduction d’ un groupe de coordination au sein de notre institution est née d’ une collaboration enrichissante entre le physiologiste de l’ exercice et le physiothérapeute, offrant une perspective innovante sur l’ entraînement et la thérapie de nos patients.
Le physiologiste de l’ exercice apporte une base scientifique solide, mettant en avant les bienfaits de l’ activité physique sur la santé. Sa connaissance approfondie dans les domaines de l’ équilibre, de l’  endurance, de la biomécanique du mouvement et de la force permet d’ introduire des pratiques novatrices. Pour ce dernier paramètre et dans le cadre d’ un centre de réadaptation, il apporte une précision scientifique au travail de la force. Il personnalise la charge de travail en fonction de la force maximale relative de chaque patient, exploitant l’ ensemble du spectre de l’ entraînement contre résistance, de la force maximale à la force explosive.

Pour répondre au mieux aux objectifs fixés pour les patients, Il élabore des protocoles adaptés tout en s’ appuyant sur des donnés probantes et des méthodes efficaces et variées, comme l’ entraînement en excentrique (22) ou en force maximale. Cette dernière, requiert moins de répétitions avec des charges plus élevée pour maximiser les gains en force (Fig 3). A titre d’ exemple, lorsque le but recherché est de gagner en force, il est courant d’ observer des protocoles de 10 à 20 répétitions avec des charges inférieures à 75 % de la capacité maximale et des pauses courtes. Cependant, la littérature recommande depuis longtemps des séances plus intensives (> 75 %), limitées à 8 répétitions et espacées de pauses plus longues (2 à 4 min) pour une amélioration optimale de la force (23).

Cette expertise scientifique renouvelle l’ approche de prescription d’ exercices, s’ éloignant des pratiques conventionnelles, pour des adaptations physiologiques plus marquées. Cette démarche contribue également à dissiper les réticences des physiothérapeutes à utiliser des exercices de force, notamment à des intensités plus élevées, avec des patients considérés comme fragiles.

Parallèlement, le physiothérapeute apporte une dimension complémentaire avec un regard plus clinique et fonctionnel, axé directement sur les besoins des patients. Cette expertise permet de déterminer la faisabilité des exercices proposés, garantissant ainsi leur adaptation et leur sécurité pour chaque individu. De plus, la collaboration entre ces deux professions favorise une approche holistique où la théorie scientifique rencontre la pratique clinique pour un bénéfice patient optimal.

Cette complémentarité a donné naissance à une nouvelle vision de l’ application des sciences du mouvement à une population considérée comme fragile. Elle permet de dépasser les approches thérapeutiques traditionnelles, en éliminant les appréhensions et en remettant en question les pratiques établies.

Copyright: Aerzteverlag medinfo AG

Jeremy Barfuss

Réseau Hospitalier Neuchâtelois
Coordinateur Médecine du Sport /
Physiologiste du Sport
Swiss Olympic Sport Medical Base
Route de Landeyeux
2046 Fontaines

l’auteur n’a pas déclaré de conflit d’ intérêts en rapport avec cet article.

◆ L’ impact du vieillissement sur la coordination et l’ augmentation du risque de chutes compromet la qualité de vie.
◆ Maintenir une activité physique soutient les capacités de coordination et diminue les effets négatifs du vieillissement.
◆ La collaboration entre physiologistes de l’ exercice et physiothérapeutes peut conduire à l’ introduction de nouvelles approches, améliorant significativement la prise en charge des patients âgés en réadaptations.

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2. Park DC, Reuter-Lorenz P. The Adaptive Brain: Aging and Neurocognitive Scaffolding. Annu Rev Psychol. 1 janv 2009;60(1):173‑96.
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4. Bherer L. Cognitive plasticity in older adults: effects of cognitive training and physical exercise. Ann N Y Acad Sci. mars 2015;1337(1):1‑6.
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9. Ewert U, Stürmer YA, Niemann S. Soziale Ungleichheit und Nichtberufsunfälle in der Schweiz. 2016;
10. Bächli M, Derrer P. Unfallschwerpunkte im Bereich Haus und Freizeit.
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12. Doumas M, Rapp MA, Krampe RTh. Working Memory and Postural Control: Adult Age Differences in Potential for Improvement, Task Priority, and Dual Tasking. J Gerontol B Psychol Sci Soc Sci. 1 mars 2009;64B(2):193‑201.
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18. Seidel O, Carius D, Kenville R, Ragert P. Motor learning in a complex balance task and associated neuroplasticity: a comparison between endurance athletes and nonathletes. J Neurophysiol. 1 sept 2017;118(3):1849‑60.
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20. Liu-Ambrose T, Donaldson MG. Exercise and cognition in older adults: is there a role for resistance training programmes? Br J Sports Med. 19 nov 2008;43(1):25‑7.
21. Lesinski M, Hortobágyi T, Muehlbauer T, Gollhofer A, Granacher U. Effects of Balance Training on Balance Performance in Healthy Older Adults: A Systematic Review and Meta-analysis. Sports Med. déc 2015;45(12):1721‑38.
22. Suchomel TJ, Nimphius S, Bellon CR, Stone MH. The Importance of Muscular Strength: Training Considerations. Sports Med. avr 2018;48(4):765‑85.
23. Benedict T. Manipulating Resistance Training Program Variables to Optimize Maximum Strength in Men: A Review. J Strength Cond Res. 1999;13(3):289.

Mesures limitatives de liberté en psychiatrie de la personne âgée

Les mesures limitatives de liberté (MLL) comprennent les mesures limitant la liberté de mouvement et le traitement sans consentement (TSC), conformément au code civil suisse (CC). En psychiatrie de la personne âgée hospitalière, on traite souvent des patientes et des patients incapables de discernement qui, outre leur maladie psychique, sont multimorbides sur le plan somatique. Dans ce groupe de patients, on recourt de manière répétée à des mesures limitant la liberté de mouvement pour prévenir les chutes et à des isolements en raison des consignes d’ hygiène en cas de maladies infectieuses. On réalise des TSC qui sont tolérés par les personnes concernées sans refus apparent, mais qui doivent néanmoins être saisis comme TSC en raison de l’ absence de consentement. L’ Association nationale pour le développement de la qualité dans les hôpitaux et les cliniques (ANQ) a introduit la psychiatrie de la personne âgée comme une nouvelle catégorie de cliniques. Cette différenciation doit également être considérée comme une opportunité et une invitation à considérer de manière différenciée les MLL dans cette catégorie.

Measures restricting freedom include physical restraints restricting movement and treatment without consent according to the Swiss Civil Code. Patients incapable of consenting to treatments and other measures of care and who are somatically multimorbid in addition to their mental illness are frequently encountered in the geriatric psychiatry inpatient setting. In this group of patients, physical restraints are repeatedly used to prevent falling and to quarantine patients due to infectious diseases. Frequently, treatment is conducted with the apparent agreement of the patient but which are to be recorded as measures restricting freedom due to the inability to give informed consent. The National Association for Quality Development in Hospitals and Clinics (ANQ) has introduced geriatric psychiatry as a separate hospital category; this differentiation should also be seen as an opportunity and invitation to take a differentiated look at measures restricting freedom in geriatric psychiatry.
Key Words: geriatric psychiatry, measures restricting freedom, treatment without consent, quality

Introduction

Dans le domaine de la psychiatrie de la personne âgée (PPA) en milieu hospitalier, de nombreux patients sont traités – en particulier en soins médicaux de base figurant sur les listes hospitalières cantonales – qui sont incapables de discernement de manière globale et durable en raison de troubles cognitifs importants. Une agitation associée à une agressivité dans le cadre d’ un état confusionnel aigu est régulièrement à l’ origine d’ une hospitalisation en psychiatrie aiguë. Souvent, il existe en même temps une forte tendance à la chute due à la maladie et/ou aux médicaments, dont les patients ne peuvent pas suffisamment ou pas du tout évaluer le risque en raison de leur incapacité de discernement. Pour les raisons précitées, il faut souvent décider chez ces patients de l’ utilisation de mesures limitant la liberté de mouvement et de les traiter sans consentement (TSC). Les deux attitudes sont regroupées sous le terme de mesures limitatives de liberté (MLL). En raison de l’ absence de consentement juridiquement valable, la saisie en tant que mesure limitant la liberté a lieu même en l’ absence de refus verbal ou physique reconnaissable. Ces mesures, très hétérogènes du point de vue de leur caractère invasif, sont discutées ici dans la perspective de la PPA.

Définitions des termes et bases juridiques

Sur le plan juridique, les directives médico-éthiques «Mesures de contrainte en médecine» (2015) de l’ Académie Suisse des Sciences Médicales (ASSM) en plus du CC, sont contraignantes par l’ intermédiaire du code de déontologie médicale («droit mou») et ceci – malgré leur statut juridique différent.

Dans ce texte, nous utilisons le terme de MLL conformément à la définition de l’ Association nationale pour le développement de la qualité dans les hôpitaux et les cliniques (ANQ)1. Les hôpitaux et les cliniques ont adhéré volontairement à un contrat avec l’ ANQ, contrat établi sur des bases légales dans le but de recenser les MLL conformément aux directives de l’ ANQ. La terminologie de l’ ANQ est donc fortement présente dans les institutions. Des termes tels que «mesures de contrainte» ne sont toutefois utilisés ni dans le CC ni par l’ ANQ.
La notion de MLL doit ici être considérée moins comme un terme générique au sens juridique formel que comme un regroupement des mesures à saisir. En PPA, la base juridique ou le cadre d’ une MLL est typiquement le placement à des fins d’ assistance (PAFA). Le CC contient une section avec les articles 426 à 439 qui règlent le PAFA. En principe possible et pertinent pour la PPA, un PAFA peut également être justifié par un grave état d’ abandon, auquel cas il est effectué sans objectif de traitement et donc uniquement à des fins d’ assistance (art. 426, al. 1), pour autant que la proportionnalité soit donnée (et qu’ une aide à domicile ou un placement dans un établissement de soins ne soient pas plus appropriés).

Les MLL selon la définition de l’ ANQ englobent les mesures limitant la liberté de mouvement selon les art. 383 ss et 438 CC et les TSC selon les art. 434 CC (avec PAFA) et 379 et 435 CC (sans PAFA, par ex. lorsque la décision ne peut être prise qu’ à postériori après une intervention d’ urgence).

Si une personne capable de discernement donne son consentement à une MLL, cela n’ est pas considéré comme une mesure de contrainte. Il convient toutefois de noter que le consentement d’ une personne incapable de discernement ne doit pas être considéré comme juridiquement valable. Toutefois, d’ un point de vue éthique, un tel consentement d’ une personne incapable de discernement joue un rôle.
La TSC est considérée comme la MLL la plus forte. Le traitement ne peut donc être administré qu’ à des personnes incapables de discernement. Il faut en outre qu’ il y ait une menace sérieuse et que la mesure soit proportionnée. La plupart du temps, la TSC est également effectuée dans le cadre d’ un PAFA ou en cas d’ urgence. Si ce traitement d’ une maladie psychique a lieu dans un établissement psychiatrique, les décisions ne sont pas prises par les personnes habilitées à représenter la personne concernée, mais par le médecin-chef traitant2. Un plan de traitement est toutefois nécessaire (art. 433). Il doit être établi avec la participation de la personne concernée et, le cas échéant, de sa personne de confiance. Le plan de traitement constitue la base d’ un TSC. Les exigences légales concernant le plan de traitement sont élevées et comprennent les raisons, le but, la nature, les modalités, les risques et les effets secondaires de la mesure médicale prévue, ainsi que des indications sur les conséquences d’ une absence de traitement et sur d’ éventuelles possibilités de traitements alternatifs. Il s’ en suit que de nombreux patients en PPA n’ ont pas le discernement pour donner leur consentement au plan de traitement.

La définition de la contrainte est d’ une grande importance pour l’ évaluation juridique. Dans le contexte des traitements médicaux, le terme «contrainte» n’ est pas utilisé dans le CC. Or, pour une évaluation éthique et compte tenu du caractère invasif de la mesure, la distinction entre le traitement avec consentement de la personne concernée incapable de discernement et sa résistance active est très importante. La nécessité du consentement a des conséquences importantes pour la PPA, car les personnes incapables de discernement souffrant de graves déficits cognitifs ne peuvent pas le donner de manière juridiquement valable ni dans le sens d’ une manifestation de volonté claire. Cela commence dès l’ entrée à l’ hôpital qui, en raison de l’ absence de consentement clair, se fait souvent dans le cadre d’ un PAFA. Il en va de même pour une admission dans une unité fermée ce qui constitue également une restriction de la liberté personnelle. Ces patients ne peuvent donc pas non plus consentir à d’ autres mesures de contention, comme l’ immobilisation sur une chaise au moyen d’ une ceinture souple pour prévenir les chutes. Par conséquent, ces mesures doivent également être saisies en tant que MLL bien qu’ elles ne soient souvent pas remarquées par les patients.

Documentation des MLL

Les établissements psychiatriques hospitaliers sont légalement tenus de documenter les MLL. L’ ANQ est responsable de la saisie centrale. Les MLL suivantes sont saisies et évaluées pour un benchmarking.
• L’ isolement (psychiatrique vs. Infectieux / somatique)
• L’ immobilisation
• La médication forcée (orale vs. injection)
• Le maintien ferme
• Les limitations du mouvement à la chaise
• Les limitations du mouvement au lit

Pour chaque mesure, le début et la fin doivent être saisis (uniquement le moment pour la TSC). Il existe encore de nombreuses autres mesures qui ne sont pas prises en compte par la définition de la MLL de l’ ANQ. Ces mesures, comme la prise en charge 1:1 ou les restrictions de sortie, portent également atteinte à la liberté personnelle. En tant que mesures limitatives de liberté, elles correspondent à une définition plus large de la MLL3.

Comme la PPA ne constitue une catégorie de cliniques propre dans le système ANQ que depuis 2023, on dispose de peu de données sur les fréquences des MLL en PPA. En moyenne, environ 11% des patients en traitement hospitalier en psychiatrie de premier recours sont concernés par une MLL (1). L’ ANQ ne recueille pas de données sur la MLL en soins aigus. Les données recueillies en Suisse dans le cadre d’ études n’ indiquent que des taux légèrement inférieurs si l’ on tient compte du séjour nettement plus court en moyenne à l’ hôpital somatique (2).

Mesures limitant la liberté de mouvement

Comme mentionné, la notion de MLL englobe la TSC et les mesures limitant la liberté de mouvement. Par ces dernières, on entend des mesures mécaniques qui ne servent pas en premier lieu au traitement, mais à la prévention de dommages corporels pour le patient ou des tiers. Ce groupe de mesures est régi par l’ article 383 du CC, qui a été formulé en premier lieu pour les établissements médico-sociaux. Parmi les conditions d’ utilisation de ces mesures, on compte le danger menaçant la vie ou l’ intégrité corporelle de la personne concernée ou d’ un tiers ainsi que l’ absence d’ alternatives moins invasives. La personne concernée doit être informée au préalable et la mesure doit être aussi brève que possible. En outre, l’ article 384 CC règle les obligations en matière de documentation. Au sens du droit de la protection de l’ adulte ou du CC, les limitations de mouvement occasionnées par des médicaments ne font pas partie des limitations de mouvement selon l’ art. 383 CC, mais constituent une mesure médicale.

Restriction de mouvement pour prévenir les chutes

Les chutes chez les personnes âgées sont fréquentes et ont différentes causes. Celles-ci comprennent des troubles sensoriels (les obstacles sont ignorés ; les inégalités du sol sont moins bien ressenties etc.), de l’ appareil locomoteur (l’ atrophie musculaire empêche des mouvements compensatoires rapides) et, en outre, les maladies cérébrales (par ex. les démences) provoquent des troubles de la coordination. Les troubles cognitifs augmentent non seulement la fréquence des chutes, mais aussi le risque de se blesser en tombant (3). Ces facteurs sont persistants, mais peuvent être atténués par exemple par la physiothérapie, les aides visuelles etc. D’ autres facteurs viennent s’ ajouter, en particulier dans le cadre de la psychiatrie aiguë hospitalière: Parmi eux, la maladie psychique aiguë qui, associée par exemple à un besoin de bouger irrépressible, à un état confusionnel aigu ou à des hallucinations, augmente le risque de chute. A cela s’ ajoutent de nombreux médicaments psychotropes dont l’ effet indésirable peut être la chute. Des études observationnelles menées dans le domaine de la psychiatrie aiguë des personnes âgées montrent par conséquent une fréquence élevée atteignant 17 chutes pour 1000 jours de soins (4). Les recommandations internationales proposent une évaluation multifactorielle du risque de chutes. Cela comprend par exemple le relevé des antécédents de chutes, l’ impression clinique et l’ utilisation de questionnaires sur la peur de tomber (5). Sur le plan préventif, il est fait référence à des formations qui s’ adressent en premier lieu à l’ entourage des personnes souffrant de troubles cognitifs. Mais l’ aménagement de l’ environnement (éviter les risques de trébuchement, bon éclairage), l’ activité physique et la physiothérapie ont également une grande importance.

Outre les approches thérapeutiques mentionnées, des mesures de limitation de la mobilité sont également utilisées pour réduire le risque de chute. Les limitations mécaniques de la mobilité, telles que les ceintures souples et les planches de fixation des fauteuils roulants, revêtent une importance particulière dans la PPA. Les barrières de lit ne sont plus que rarement utilisées, car elles augmentent la hauteur de chute. Un tapis de sonnette est placé devant le lit des patients et alerte l’ équipe soignante (par exemple par radio) dès que quelqu’ un marche dessus. L’ utilisation de tapis de sonnette montre de manière exemplaire à quel point les points de vue sur de telles mesures sont différents. Dans certaines institutions, elle est enregistrée comme MLL. Pour l’ ANQ, elle n’ entre cependant pas dans cette catégorie, car cette mesure est considérée comme peu invasive et permet en outre d’ éviter des mesures plus invasives (en particulier l’ immobilisation au lit). Le tapis de sonnette n’ est pas une restriction de mouvement s’ il sert uniquement à aider les patients à se lever. L’ utilisation de chaises et de canapés profonds ainsi que de poufs et de lits au sol, qui peuvent rendre impossible le lever des patient-e-s fragiles, doit donc être considérée dans le cas concret comme des mesures limitant la mobilité au sens du CC.

Restrictions de sortie et autres mesures limitant la liberté de mouvement

Les restrictions de sortie sont des mesures fréquentes en psychiatrie hospitalière, par exemple lorsqu’ un-e patient-e suicidaire n’ est pas autorisé-e à quitter le service sans accompagnement approprié ou seulement avec une limitation de temps. En PPA, les restrictions de sortie et les unités de soins fermées («protégées») en permanence sont souvent utilisées lorsque les patient-e-s ne peuvent pas retrouver seuls leur chemin vers l’ unité de soins en raison d’ une désorientation ou qu’ ils/elles peuvent s’ égarer, ou encore lorsqu’ il faut partir du principe qu’ il existe un risque élevé de chutes lors de la sortie. Comme cette forme de MLL n’ est pas explicitement recensée par l’ ANQ, elle fait moins l’ objet de discussions. Pour la partie des patients et patientes n’ ayant pas conscience de leur maladie, cette mesure constitue toutefois une restriction réelle. Cela vaut également pour d’ autres mesures énumérées par l’ ASSM, telles que la limitation des possibilités de visite, l’ accès à des substances nocives pour la santé ou encore le retrait du téléphone portable. Les mesures limitant les mouvements sont plus fréquentes en médecine somatique, mais aussi en psychiatrie hospitalière, et visent d’ empêcher par exemple le retrait d’ une perfusion, d’ une sonde nasale ou d’ un cathéter urinaire.

Mesures limitant la liberté de mouvement en raison d’ aspects infectieux

La pandémie de COVID n’ est pas la seule raison nécessitant l’ isolement de patients qui ne comprennent pas le sens de la mesure à cause de leur incapacité de discernement. Il en est de même pour d’ autres maladies infectieuses (p. ex. norovirus) pour lesquelles il convient de saisir une MLL. Contrairement aux restrictions de mouvement d’ un point de vue psychiatrique, celles-ci sont prescrites sur la base d’ une indication infectieuse et ne peuvent généralement pas être évitées par d’ autres mesures. Il existe ici des recoupements avec la limitation de sortie mentionnée plus haut, par exemple lorsque des unités de soins entières doivent être isolées.

Conséquences des mesures limitant la liberté de mouvement pour les personnes âgées

Lors de l’ utilisation de mesures de limitation de mouvement pour éviter les chutes, il convient de mettre en balance les conséquences des chutes (blessures, peur de tomber) et les inconvénients psychiques et somatiques de la mesure. Dès qu’ une mobilité habituelle n’ est plus possible en raison de la restriction (p. ex. se lever en cas d’ immobilisation avec une ceinture souple), cela peut entraîner un sentiment d’ insécurité et d’ inquiétude. La participation sociale peut également être menacée lorsque les personnes sont fixées à l’ écart de l’ activité du service. Il faut également tenir compte des conséquences négatives directes de l’ immobilisation. Celles-ci vont des thromboses à l’ atrophie musculaire et à la perte de force, en passant par une tendance accrue à la chute à long terme faute d’ entraînement. En psychiatrie aiguë, où les changements de médicaments sont souvent rapides, il faut tenir compte du fait que la tendance aux chutes peut être considérablement accrue à court terme. Il n’ existe cependant pas de données issues du setting aigu qui prouvent l’ utilité à long terme des mesures de restriction de l’ activité physique pour la mobilité (6). Elles peuvent plutôt être un facteur de risque de chutes (7). Les chutes sont certes fréquentes en PPA en raison des caractéristiques des patients et de leur état aigu, mais les conséquences des chutes ne semblent pas être graves dans la plupart des cas (8). De plus, les chutes surviennent souvent lors des transferts et dans la propre chambre (8, 9), ce qui ne peut être évité que de manière limitée par des mesures de limitation de mouvement.

Ce sont souvent les infirmiers/infirmières qui recommandent aux médecins de prendre ou non des mesures de limitation de mouvement (10). L’ accent est mis sur le sentiment de responsabilité pour la sécurité immédiate des patient-e-s et moins sur les conséquences à moyen et long terme (11, 12).

Les enquêtes sur l’ observation rétrospective des limitations de mouvement chez les personnes atteintes de démence sont par nature difficiles. Les enquêtes menées auprès de patients de moins de 65 ans non atteints de démence indiquent au moins que les personnes plus âgées voient les restrictions de mouvement d’ un œil plus critique que les jeunes (13). Ces enquêtes sont importantes, car elles permettent d’ évaluer si les mesures prises vont dans le sens du patient.

Alternatives aux mesures limitant la liberté de mouvement

En raison des conséquences négatives des mesures mécaniques de limitation de mouvement, il est important de prendre en compte les alternatives. La préférence est donnée aux méthodes moins invasives que les restrictions de mouvement au lit ou au fauteuil. Il s’ agit par exemple des différentes approches de stimulation sensorielle de base (massage, arômes, mouvements réguliers). Toutefois, l’ évidence ne repose souvent que sur l’ expérience clinique. En particulier en cas de risque aigu de chute, il faut souvent recourir à la prise en charge 1:1 comme alternative. Dans ce cas, le patient est accompagné en permanence par du personnel qui peut intervenir, par exemple lorsqu’ il se lève de son fauteuil roulant. Cela implique des efforts organisationnels et financiers élevés pour la clinique. Pour une partie des patients, cette mesure est en outre désagréable en raison de l’ observation permanente par une personne physiquement présente et est perçue comme invasive. L’ ANQ ne considère toutefois pas cette situation comme une MLL. C’ est pourquoi il est important d’ impliquer l’ entourage, en particulier lors de l’ utilisation de la limitation des mouvements pour prévenir les chutes. Ceci, d’ une part, afin de clarifier la préférence supposée du patient (dans la mesure où l’ observation du comportement ne permet pas déjà de la déduire) et, d’ autre part, afin d’ avoir une sécurité juridique en cas de blessures graves dues à une chute. Dans ce contexte, il convient de mentionner la campagne «Laufen Lassen» («Laisser courir») de la Société des soins en gérontologie (14).

Traitement sans consentement

Alors que les mesures de limitation de la liberté de mouvement servent en premier lieu à prévenir une mise en danger de soi ou d’ autrui, un traitement d’ une maladie peut également être effectué sans le consentement du patient. Comme déjà expliqué, les exigences légales sont particulièrement élevées dans ce cas. Du point de vue de l’ ASSM, il est possible de distinguer dans la pratique entre une médication à des fins thérapeutiques et une administration de médicaments visant à prévenir la mise en danger d’ autrui.

Administration de médicaments

Les traitements médicamenteux chez les patients incapables de discernement se distinguent par leur caractère invasif (de la persuasion à l’ administration par voie intramusculaire, voire intraveineuse, contre résistance physique). En PPA, il s’ agit souvent de traitements administrés sans consentement explicite ou légalement valable, mais acceptés par le patient sans refus évident. Un exemple est la prise autonome d’ un comprimé proposé par un patient incapable de discernement. Dans certaines circonstances, il n’ est pas clair pour ce patient ou cette patiente qu’ il s’ agit d’ un comprimé. Comme il s’ agit d’ un TSC, le plan de traitement présenté plus haut est d’ une importance capitale. L’ administration dissimulée de médicaments, par exemple sous forme liquide ou en granulés avec la nourriture, constitue également un défi éthique. Conformément aux directives de l’ ASSM (15), il faut faire la distinction entre les situations dans lesquelles le patient donne son accord ou peut être supposé donner son accord, et celles dans lesquelles le refus du médicament a été déclaré ou doit être supposé. Dans ce cas, il y a, outre la «tromperie à des fins d’ assistance», une mesure de contrainte qui doit être justifiée soit par une décision d’ urgence soit par une décision élective (nécessité de traitement donnée selon l’ art. 434 CC). Les consentements nécessaires pour les traitements médicamenteux d’ une maladie somatique et d’ une maladie psychique dans le secteur hospitalier d’ un établissement psychiatrique sont réglés de manière différente. Le droit de représentation médicale ne s’ applique qu’ aux traitements somatiques. Dans les deux cas, il convient toutefois de tenir compte des directives anticipées du patient.

Prises de position sur les défis

La mise en œuvre de mesures contre la volonté représente une atteinte considérable aux droits de la personnalité et est donc, à juste titre, liée à des exigences élevées. Une délimitation des mesures exécutées sans consentement mais aussi sans refus semble judicieuse. La question se pose toutefois de savoir si une telle délimitation peut être maintenue dans la pratique, car il existe des transitions (par exemple en cas de persuasion ou si le consentement est lié à des avantages pour le patient). De nombreuses associations et initiatives ont pris position sur le sujet. Deux prises de position qui nous semblent particulièrement pertinentes pour la PPA sont présentées.

La position de l’ Académie Suisse des Sciences Médicales

Selon l’ ASSM (15), la contrainte comprend les mesures qui sont appliquées «en dépit du fait que la personne concernée manifeste ou a manifesté par le passé son désaccord par l’ expression de sa volonté ou par la résistance». Dans l’ annexe à la directive, l’ ASSM définit quatre dimensions de la contrainte (15). Selon la première dimension, il y a contrainte lorsque l’ on agit contre la volonté d’ une personne (volonté libre d’ une personne capable de discernement ou volonté préétablie ou présumée d’ une personne incapable de discernement). La deuxième dimension évalue le comportement de la personne face à la mesure. La contrainte est ici définie comme le fait de surmonter un refus verbal ou une résistance physique. L’ examen de ces deux dimensions permet de distinguer déjà quatre situations dans lesquelles il y a ou non contrainte dans l’ une ou l’ autre dimension ou dans les deux. Les autres dimensions concernent le but (thérapie ou prévention d’ un danger aigu pour soi-même ou pour autrui) et le caractère invasif de la mesure (de la persuasion à l’ utilisation de la force physique). Conformément à la définition de l’ ASSM, de nombreuses restrictions de mouvement et TSC en PPA ne remplissent pas le critère de contrainte.

La position de la Société suisse de psychiatrie de la personne âgée

Du point de vue de la Société suisse de psychiatrie et psychothérapie de la personne âgée (SPPA), dont les deux auteurs font partie, la considération des quatre dimensions de l’ ASSM est très utile pour l’ évaluation des restrictions de mouvement et de la TSC en PPA. Jusqu’ à présent, la saisie de l’ ANQ ne différencie pas les MLL selon qu’ elles sont contraires à la volonté présumée ou qu’ elles se heurtent à une résistance verbale ou physique, ou encore selon que la personne concernée ne s’ exprime pas du tout à ce sujet quelle qu’ en soit la raison. Dans ce dernier cas, il s’ agirait effectivement d’ une «mesure sans consentement» au sens du CC, mais une mesure que le patient ou la patiente tolère sans aucune indication qu’ il ou elle n’ est pas d’ accord. Du point de vue de la SPPA, cette thématique nécessite une discussion substantielle d’ un point de vue médical, juridique et éthique. Les mesures de prévention des chutes sont fréquemment utilisées, en particulier dans les phases de changement rapide de médicaments, et sont souvent peu invasives (par exemple ceinture souple lors de la participation à des thérapies de groupe). En partie, par exemple dans la ligne directrice S3 allemande «Verhinderung von Zwang» (prévention de la contrainte), cela est également souligné sur le plan conceptuel, en faisant la distinction entre les mesures «limitatives de liberté» et les mesures «privatives de liberté» (16).

Dans la perspective de la SPPA, la réduction des mesures de contrainte invasives en particulier est un critère de qualité important (17).Dans ce contexte, la saisie indifférenciée des mesures de contrainte ne suffit pas pour être adaptée à des systèmes d’ incitation basés sur la qualité. Les données des registres allemands montrent que le pourcentage de cas avec des mesures de contrainte, par exemple, n’ est pas un indicateur de qualité approprié, car il dépend trop, entre autres, de la proportion de patients ayant le statut de PAFA, de la présence d’ autres cliniques et d’ offres ambulatoires dans les environs, des mandats de prestations cantonaux et de la structure de la population locale (p. ex. fréquence des minorités ethniques) (18).Comme les patients incapables de discernement doivent généralement être traités en PAFA, le nombre de PAFA n’ est pas non plus un indicateur de qualité approprié. D’ autre part, de nombreux facteurs infrastructurels peuvent être modifiés et sont susceptibles de réduire le recours aux MLL. En font partie, outre un aménagement adéquat des espaces intérieurs et extérieurs (absence de barrières / «conception universelle», aides à l’ orientation / environnement lisible, incitations au mouvement et à l’ activation, concept d’ éclairage, mains courantes continues), mais aussi les nouveaux systèmes numériques de prévention des chutes et le monitoring des patients basé sur des capteurs. Les chutes et la peur de tomber sont une thématique importante en médecine gériatrique et devraient faire l’ objet d’ une plus grande attention (19). Cela inclut également le manque de financement direct et le recours à davantage de physiothérapie et de thérapie par le mouvement et le sport en PPA hospitalière.

Perspectives

La définition de la PPA comme type de clinique propre à l’ ANQ est à saluer. Elle pose la première pierre d’ une saisie appropriée de la MLL. Il faut s’ assurer qu’ il soit possible de distinguer les MLL en fonction de leur caractère invasif. Du point de vue des patient-e-s, il est très important de savoir si une MLL est réalisée contre la volonté déclarée du patient, voire contre résistance, ou si elle est acceptée, mais saisie comme MLL en raison de l’ absence de capacité à consentir en cas d’ incapacité de discernement. A cet effet, il convient de trouver des moyens appropriés d’ objectivation afin que les transitions (persuasion, association avec des avantages etc.) soient représentées de manière adéquate. La proportionnalité exigée par la loi d’ une MLL découle des attentes de la société en matière de traitement des malades psychiques. Cela concerne également le financement des prestataires de soins psychiatriques de base, car un personnel plus nombreux et une infrastructure adéquate contribuent à prévenir la MLL. A l’ avenir, il serait souhaitable d’ uniformiser la terminologie. La terminologie de l’ ANQ est très présente dans la plupart des institutions. De plus, on peut facilement avoir l’ impression que la liste des MLL à saisir pour l’ ANQ est exhaustive. En revanche, la terminologie juridique est beaucoup moins utilisée.

Importance des innovations techniques

Les développements techniques peuvent aider à rendre les MLL moins invasives à de nombreux endroits. Cela concerne par exemple le remplacement des tapis de sonnette par des systèmes de capteurs qui signalent le lever du patient et allument simultanément l’ éclairage ambiant, d’ une part pour prévenir les chutes et d’ autre part pour alerter l’ équipe soignante. Il en va de même pour les systèmes de localisation qui garantissent que les patients désorientés peuvent être retrouvés rapidement en cas de besoin. D’ un point de vue éthique, il convient de trouver un équilibre entre l’ augmentation souhaitable de la sécurité des patients et les exigences de la protection des données. Ce n’ est donc qu’ une question de temps avant que les systèmes de localisation, basés par exemple sur l’ analyse de la marche et la reconnaissance faciale, puissent identifier avec précision la position de toutes les personnes présentes dans un service. Ces systèmes pourraient en outre aider à mieux évaluer une tendance à la chute et à ne recourir à des restrictions de mouvement pour prévenir les chutes que là où elles sont nécessaires. Les freins à l’ utilisation d’ une telle technique devraient également varier considérablement au niveau international, comme le montre déjà l’ utilisation de caméras vidéo dans les services de psychiatrie aiguë. Ici aussi, le débat social est donc nécessaire.

Remerciements: Nous remercions Armin von Gunten et Dan Georgescu pour la traduction de la version allemande (20).

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Cet article est une traduction de PRAXIS_13_2023: Stefan Klöppel, Dan Georgescu: Freiheitsbeschränkende Massnahmen in der Alterspsychiatrie

Pr Stefan Klöppel

– Société Suisse de psychiatrie et
psychothérapie de la personne âgée (SPPA)
– Service universitaire de psychiatrie et
psychothérapie de la personne âgée,
Universitäre Psychiatrische Dienste AG (UPD),
Université de Berne, Suisse

Dr. med. Dan Georgescu

Société Suisse de psychiatrie et
psychothérapie de la personne âgée (SPPA)

Service de psychiatrie de liaison,
de psychiatrie gériatrique et de neuropsychiatrie,
Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG), Windisch, Suisse

Les auteurs n’ ont pas déclaré de conflit d’ intérêts en rapport avec cet article.

  • Les mesures limitatives de liberté (MLL) couvrent un large spectre.
  • Les MLL ne sont pas nécessairement contraires à la volonté présumée de la personne incapable de discernement.
  • En cas d’ incapacité de discernement due, par exemple, à une démence ou à un état confusionnel, le traitement psychiatrique hospitalier doit être effectué sous un titre juridique approprié.
  • Le nombre de placements à des fins d’ assistance (PAFA) dépend de différents motifs de l’ hospitalisation et n’ est donc pas un indicateur de qualité pertinent pour la PPA.

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