Praktische Strategien für den Umgang mit Übergewicht bei Typ2 Diabetes
Das Phänomen der Fettleibigkeit, das als wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung und das Fortschreiten von Typ-2-Diabetes gilt, ist ein komplexes und vielschichtiges Problem, das einen umfassenden und koordinierten Ansatz erfordert, um effektiv verhindert und behandelt zu werden. Obwohl neuartige pharmakologische Massnahmen zur Bekämpfung von Fettleibigkeit eine noch nie dagewesene Wirksamkeit erreicht haben, bleibt ein gesunder Lebensstil für den langfristigen Erfolg jeder therapeutischen Intervention unerlässlich.
Eine aktuelle Übersichtsarbeit empfiehlt praktische Vorschläge zum Gewichtsmanagement aus einer ganzheitlichen und personenzentrierten Perspektive. Sie umfasst evidenzbasierte Empfehlungen für unterstützende Kommunikation, gemeinsame Entscheidungsfindung sowie ernährungsphysiologische und pharmakologische Therapien zur Erzielung einer nachhaltigen Gewichtsabnahme. Die Übersichtsarbeit diskutiert auch neurometabolische, psychologische und iatrogene Barrieren und klinische Trägheit, die zum Mangel an Adipositas-Behandlung beitragen, und schlägt Wege vor, wie diese Probleme in der Klinik angegangen werden können.
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen
Rodbard H W et al. Practical strategies to manage obesity in type 2 diabetes. Diabetes Obes Metab 2024 Mar 2 doi:10.1111/dom.15556 online ahead of print.
GLP-1-Agonisten und SGLT-2-Inhibitoren haben zusammen einen grösseren kardiorenalen Nutzen
GLP1-Rezeptor-Agonisten und SGLT-2-Hemmer verringern das Risiko kardiovaskulärer und renaler Ereignisse bei Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2DM). Diese modernen Antidiabetika werden zunehmend in Kombination eingesetzt, wenn eine vorherige Therapie mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten ungenügend ist resp. wenn ein hohes kardiovaskuläres Risiko vorliegt. Ob der kombinierte Einsatz dieser Medikamentenklassen zu einer Verbesserung der kardiovaskulären (cv) und renalen Ergebnisse führt, verglichen mit der einer der beiden Medikamentenklassen allein, ist noch unklar.
In dieser Populationsbasierten Kohortenstudie mit 15 638 Patienten mit T2DM und einem BMI ≥ 30kg/m² in 81% und verschiedenen kardiovaskulären Erkrankungen war die Kombination aus GLP1-RA und SGLT2-H. mit einem geringeren Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse und schwere Nierenereignisse im Vergleich zu einer der beiden Wirkstoffklassen allein assoziiert. Die kardiovaskulären Events wurden um 30%, die Nierenereignisse um 57% gesenkt. Verglichen mit dem SGLT2-H. war die Kombination mit einem 29% tieferen Risiko für cv Ereignisse assoziiert; schwere Nierenereignisse hatten ein breites Konfidenzintervall (HR 0,67).
Diese Ergebnisse unterstreichen den potenziellen Nutzen einer Kombination dieser beiden wirksamen Medikamentenklassen zur Vorbeugung von kardiovaskulären und renalen Ereignissen bei der Behandlung von Typ-2-Diabetes. Weitere Studien, einschliesslich randomisierter kontrollierter Studien, werden benötigt, um die vielversprechenden Ergebnisse zu bestätigen.
Dr. med. Urs Dürst
Simms-Williams N. et al., GLP-1 Agonists and SGLT-2 Inhibitors Together Have Greater Cardiorenal Benefits, BMJ 2024;385: e078242 http://dx.doi.org/10.1136/ bmj-2023-078242
Epidemiologische Studien haben seit Jahren gezeigt, dass ein hoher Harnsäurespiegel mit einem erhöhten Risiko für koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht. Weniger klar war, ob eine harnsäuresenkende Behandlung mit Xanthinoxidase-Hemmern wie Allopurinol dieses Risiko minimiert. Die hier zusammengefassten Studien zeigen, dass eine harnsäuresenkende Behandlung bei Hypertonikern mit Hyperurikämie eine signifikante Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks bewirkt. Eine harnsäuresenkende Behandlung hat eine positive Wirkung auf die Senkung des systolischen Blutdrucks und auf schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit früheren kardiovaskulären Erkrankungen gezeigt. In Bezug auf die kardiovaskuläre Sicherheit ist der neuere Xanthinoxidase-Hemmer Febuxostat dem altbewährten Allopurinol nicht unterlegen, und das Risiko von Tod oder schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen ist bei Febuxostat nicht erhöht.
Fazit: Die Hyperurikämie stellt, genau wie die Hypercholesterinämie, ein bewiesener kardiovaskulärer Risikofaktor dar und muss intensiv behandelt werden, mit einem Ziel-Harnsäure-Serumwert <360 umol/L, besser noch im Bereich von 300 umol/L.
KD Dr. med. Marcel Weber
Sosa F. Impact of Hyperuricemia and Urate-Lowering Agents on Cardiovascular Diseases. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38529322
Erhöhen Antidepresiva (SSRIs) das Blutungsrisiko bei antikoagulierten Patienten?
Frage
Führt die Einnahme von SSRIs bei Patienten mit oralen Antikoagulatien bei Vorhofflimmern (VHF) zu mehr Blutungen?
Hintergrund
Die weltweite Verordnung von Antidepressiva steigt kontinuierlich. In den USA geben 19% der Über-60-Jährigen an, in den letzten 30 Tagen ein Antidepressivum genommen zu haben. Unter den Antidepressiva dominieren die selektiven Serotonin Re-Uptake Hemmer oder SSRI. Daten aus Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass es unter SSRIs zu vermehrten Blutungen kommt, verantwortlich dafür wird eine Thromozytenaggregationshemmung der SSRIs gemacht.
Einschlusskriterien
Alle Erwachsenen Personen (>18 Jahren) mit Vorhofflimmern, diagnostiziert zwischen 1998 und 2021, die neu ein orales Antikoagulanz, OAK in Form eines Vitamin K-Antagonisten oder eines direkten oralen Antikoagulanz, DOAK, erhielten.
Studiendesign und Methodik
Populationsbasierte Fall-Kontrollstudie (nested case-control study), auf der Basis der UK Clinical Practice Research Datalink, einer grossen Primary Care Datenbank, vergleichbar FIRE, die die Daten (Verschreibungen, Überweisungen, etc.) von fast 60 Millionen Patienten aus 2000 Hausarztpraxen umfasst. Als SSRI exponiert wurden alle Patienten definiert, die Citalopram, Escitalopram, Fluoxetine, Fluvoxamine, Paroxetine oder Sertraline einnahmen. Die Ergebnisse wurden für zahlreiche Faktoren korrigiert, unter anderem Rauchen, Alkoholkonsum, BMI, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes, Leber- und Nierenerkrankungen, Anämie und weiteren. Korrigiert wurde auch für zahlreiche Medikamente, insbesondere solche, die das Blutungsrisiko beeinflussen können (Thrombozytenaggertaionshemmer, etc.)
Outcomes/Endpunkte
Als Endpunkt «Blutung» wurde eine Hospitalisation auf der Basis einer schweren Blutung (Hospitalisationsanlass) oder der Tod durch eine «major bleeding» gewertet. Antikoagulierte Patienten mit SSRI-Einnahme wurden dann mit antikoagulierten Patienten ohne SSRI Einnahme verglichen.
Resultate
Insgesamt traten relevante Blutungsereignisse («major bleedings») bei 42 190 Patienten auf (mittleres Alter 74.2, SD [9.3] Jahre, 59.8% Männer), die zu 1. 156.641 Kontrollen gematched wurden. Die gleichzeitige Einnahme von SSRIs und OAKs führte zu einem 33% höherem Blutungsrisiko als unter OAK alleine (Inzidenzverhältnis, inzidence rate ratio, IRR, 1.33; 95% CI, 1.24-1.42). Die Risikoerhöhung im Vergleich zu den Kontrollen war mit 74% zu Beginn der Therapie am höchsten (IRR, 1.74; 95% CI, 1.37-2.22 für die ersten dreissig Tage) und blieb für 6 Monate erhöht. Die Risikoerhöhung war unbeeinflusst durch Alter, Geschlecht, Blutungsanamnese, chronische Nierenerkrankung oder Potenz der SSRIs. Bei Vitamin-K-Antagonisten war die Risikoerhöhung (IRR, 1.36; 95% CI, 1.25-1.47) ausgeprägter als bei DOAKs (IRR, 1.25; 95% CI, 1.12-1.40).
Kommentar
• Diese sehr grosse, populationsbasierte Studie bestätigt frühere kleinere Studien, die bereits zeigten, dass die gleichzeitige Einnahme von SSRIs und oralen Antikoagulantien zu einem erhöhten Blutungsrisiko führt.
• Das Risiko scheint insbesondere initial, nach Beginn einer Therapie mit oralen Antikoagulantien erhöht
• Patienten sollten für diese Risikoerhöhung sensibilisiert werden und ein engmaschiges Monitoring erfolgen
• Die Studie belegt auch den hohen Nutzen von real-life Daten aus hausärztlichen Datenbanken, wie sie mit FIRE auch in der Schweiz zur Verfügung steht.
Prof. Dr. med. Thomas Rosemann
Rahman AA, Platt RW, Beradid S, Boivin J, Rej S, Renoux C. Concomitant Use of Selective Serotonin Reuptake Inhibitors With Oral Anticoagulants and Risk of Major Bleeding. JAMA Netw Open. 2024;7(3):e243208. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.3208
Kurz vor seinem 90. Geburtstag antwortete der Doyen der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg in einem aktuellen Interview auf die Frage, ob man sich ihn als einen glücklichen Menschen vorstellen dürfe: «Wider allen Erwarten halten sich meine zwei chronischen Leiden, ein Krebs und Diabetes, erstaunlich manageable, und das schon seit 2 Jahrzehnten. Wenn man das überlebt, kann man vielleicht noch etwas mehr überleben» (Schweiz am Wochenende vom 11.5.2024). Für Muschg war und ist dies weiterhin eine produktive und lebenswerte Zeit, und ja, es darf auch noch etwas mehr sein. Gerade hat er eine neue Erzählung geschrieben. Viele Betroffene können seine Erfahrung nachvollziehen und führen heute ein sogar besonders wertgeschätztes Leben.
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in der Schweiz und die häufigste bei Frauen zwischen 25 und 84 und bei Männern zwischen 45 und 84 Jahren. Kürzlich veröffentlichte das Bundesamt für Statistik neue Krebsstatistiken. Es zeigt sich, dass die Krebsfälle bei Männern erstmals abnehmen, jedoch nicht bei Frauen. Besonders ausgeprägt ist der Rückgang der Mortalitätsrate bei Männern. Bei Frauen ist dieser Erfolg noch nicht zu verzeichnen. Hier sind wir alle gefordert, sowohl in unserer täglichen Arbeit mit den Patientinnen und ihren Familien, mit unseren Mitarbeiterinnen wie auch auf der gesundheitspolitischen Ebene.
Die starke Abnahme der Krebs-Mortalitätsrate bei Männern ist hauptsächlich auf die Reduktion tabakassoziierter Krebsfälle zurückzuführen. Neue Immuntherapien und Lungenkrebs-Screenings für Hochrisiko-Raucher könnten diesen positiven Trend weiter verstärken.
Pioniere in verschiedenen Kantonen begannen vor über 50 Jahren mit der Dokumentation von Krebsfällen, was regionale Versorgungslücken aufzeigte. Heute verfügen wir über ein nationales Krebsregister, das verlässliche Daten für die gesamte Bevölkerung liefert. Ein bedeutender Erfolg ist der im Frühjahr angenommene Nationale Krebsplan Schweiz (www.oncosuisse.ch), der durch eine koordinierte Strategie die Früherkennung, Prävention, Behandlungsqualität und Ausbildung verbessert und eine gerechtere Versorgung im ganzen Land ermöglicht.
Wir alle wissen um die enormen Kosten neuer Krebstherapien und es ist ein Gebot der Stunde, behandlungsbedürftige Krebsfälle wo möglich durch effiziente Prävention und Früherkennung zu verhindern. Laut BAG gehen über die Hälfte der Zunahme der totalen Medikamentenkosten in unserem Land auf Krebsmedikamente zurück. So sind die Kosten pro versicherte Person von knapp 60 CHF im Jahr 2015 auf über 140 CHF im Jahr 2023 angestiegen! Das Potential wird heute auf ca. 40% vermeidbare Krebstodesfälle geschätzt, eine unglaubliche grosse Zahl! Diese Vermeidung in 26 Kantonen mit kantonalen Strategien zu erreichen ist ineffizient und auch klar gescheitert. Deshalb hat das Bundesparlament endlich grünes Licht gegeben für eine Nationale Krebsstrategie der Schweiz. Die Krebsliga Schweiz und Oncosuisse mit all ihren Verbündeten haben mit dem Nationalen Krebsplan NKP 1 und NKP 2 und der Nationalen Strategie gegen Krebs NSK über die letzten Jahrzehnte unermüdlich dafür gekämpft und sind nun belohnt worden.
Die zur Diskussion stehende nationale Präventionsstrategie ist de facto deckungsgleich mit z.B. auch kardiovaskulären, pneumologischen, diabetologischen, gynäkologischen oder auch orthopädischen präventiven Massnahmen, da es schlicht um die Förderung einer gesunde Lebensweise geht: also regelmässige Bewegung, Kontrolle des Körpergewichts, gesunde Ernährung sowie Nichtrauchen bzw. Rauchstopp und limitierter oder kein Alkoholkonsum als wichtigste Massnahmen, aber auch um protektive Impfungen wie gegen Hepatitis-B oder HPV.
Die Lebenserwartung in der Schweiz liegt gemäss Bundesamt für Statistik für Frauen bei 85,9 und für Männer bei 82,3 Jahren. Alterforscher gehen heute davon aus, dass eine Lebenserwartung von 90 Jahren für eine gut informierte Bevölkerung mit guter Gesundheitsversorgung ein realistisches Ziel ist. Da Krebs eine stark altersabhängige Inzidenz aufweist, werden wir in den nächsten 20 Jahren viele neue Krebsfälle erwarten müssen. Nun geht es darum, hier Prioritäten zu setzten und griffige nationale Strategien zu entwickeln. Wir sind gespannt, wie die Umsetzung der nationalen Strategie gegen Krebs erfolgen wird und welche Prioritäten hier vom Bund gesetzt werden. Hoffen wir, dass die Umsetzung erfolgreich sein wird und machen Sie bitte mit, wo immer sie einen Hebel haben. Viel unnötiges Leid und viele vorzeitig verlorene Lebensjahre könnten gerettet werden und das Ganze ist ein kosteneffizientes Unterfangen mit einem hohen «Return of Investment».
Spätabends brachten 2 Leiterinnen eines Skilagers eine 11-jährige Patientin auf die Notfallstation eines Regionalspitals. Sie wurde im Rollstuhl in die Koje geschoben, weil sie zu schwach zum Gehen war. Die Begleitpersonen berichteten über seit 2 Tagen stetig zunehmende Schwäche, Appetitlosigkeit und vermehrten Schlafbedarf. Am Eintrittstag einmalig Durchfall mit Einstuhlen und Einnässen. Die Patientin klagte über Bauchschmerzen, Übelkeit und einmaliges Erbrechen sowie Kopfschmerzen. Keine Dysurie. Fieber und Schüttelfrost in den vorangehenden Tagen wurden verneint, wobei im Skilager die Körpertemperatur nicht gemessen worden war.
Die Systemanamnese war sonst wenig ergiebig bis auf eine COVID-19-Erkrankung vor rund drei Wochen. Die Diagnose war mittels positiven Spucktests in der Schule gestellt worden. Der Krankheitsverlauf war milde über wenige Tage mit leichtem Fieber, Husten und Schnupfen mit kompletter Genesung. Die Umgebungsanamnese war positiv für eine Gastroenteritis-Exposition vor wenigen Tagen. Geimpft sei sie nach CH-Impfplan. Beide Eltern stammen aus Eritrea, die Reiseanamnese war unauffällig.
Status und Labor (Tabelle 1)
Auffällig tiefer BMI von 13.5 kg/m2. Blutdruck 102/70 mmHg, Puls 99 bpm, 97 % Sauerstoffsättigung bei Atemfrequenz von 15/min und 40.2° C Körpertemperatur. Bei der Lymphknotenpalpation fiel einzig submandibulär rechts eine druckdolente Schwellung auf (im Zentrumsspital später sonographisch als Lymphadenopathie identifiziert). Das Abdomen war weich, diffus druckdolent, v.a. periumbilikal betont, ohne tastbare Organomegalie oder Abwehrspannung. Neurologisch wirkte die Patientin in der Interaktion verlangsamt. Sie war somnolent, jedoch allseits orientiert. Die Meningismusprüfung war schmerzhaft, aber nicht eindeutig positiv. Die Sensibilität der Extremitäten war normal, die Kraft wurde bei M4 eingestuft, und die Hirnnervenprüfung war unauffällig. Das Gangbild war nicht prüfbar wegen allgemeiner Schwäche. Kardiopulmonale Untersuchung, Otoskopie, Integument und enoral, bis auf etwas trockene Schleimhäute mit unauffälligen Befunden.
Differenzialdiagnose
Die diffuse klinische Symptomatik war initial schwierig einzuordnen. Eine (beginnende) Meningitis/Enzephalitis war nicht sicher auszuschliessen. Im Labor fiel vor allem der deutlich erhöhte Kreatininkinasewert auf, welcher zusammen mit den erhöhten Entzündungsparametern differenzialdiagnostisch an eine Myositis oder Myokarditis im Rahmen einer systemischen Inflammation denken liess. Die dadurch ausgelöste Literaturrecherche führte bei bekannter kürzlicher COVID-19-Erkrankung zur Verdachtsdiagnose eines Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome Temporally Associated with SARS-CoV-2 (PIMS-TS). In Europa wird mehrheitlich der Begriff PIMS-TS verwendet, in der US-amerikanischen Terminologie meist die Bezeichnung MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children). PIMS-TS ist ein seltenes, aber mit hoher Morbidität einhergehendes, meist zwei bis sechs Wochen nach SARS-CoV-2-Infektion auftretendes hyperinflammatorisches Immunreaktionssyndrom mit Beteiligung verschiedener Organsysteme. Die vorangehende COVID-19-Erkrankung ist oft oligo- oder asymptomatisch. Das Syndrom betrifft vor allem Schulkinder (2, 10, 11). Häufigste klinische Zeichen sind hohes Fieber, gastrointestinale Symptome wie Abdominalschmerzen, Erbrechen und Diarrhoe, kardiovaskuläre Dysfunktion (eingeschränkte linksventrikuläre Funktion, Hypotonie, Schock) sowie neurologische Symptome wie Kopfschmerzen und Encephalopathie (1, 2, 4). Die Definitionskriterien umfassen diverse klinische und laboranalytische Parameter, welche je nach Verfasser (WHO, Centers for Disease Control and Prevention; Deutsche Gesellschaft Pädiatrische Infektiologie (DGPI); Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin) leicht variieren (4, 6, 7).
Differenzialdiagnostische Überschneidungen finden sich mit häufigeren anderen Systemischen Inflammatorischen Syndromen, so mit dem Kawasaki-Syndrom, dem toxischen Schocksyndrom (TSS) und dem Haemophagozytose Lymphohistiocytose Makrophagen Aktivierungssyndrom (SHLH/MAS).
Das Kawasaki-Syndrom ist die häufigste Ursache von in der Kindheit erworbenen Herzerkrankungen, wobei im Gegensatz zum PIMS-TS primär Vorschulkinder betroffen sind. Klinisch-pathologisch stehen ein Exanthem/Enanthem, cervikale Lymphknotenschwellung und die Bildung von Koronaraneurysmata im Vordergrund, im Labor finden sich eine neutrophile Leukozytose und Thrombozytose (1).
Patienten mit PIMS-TS benötigen in den meisten Fällen eine intensivmedizinische Behandlung zur Kreislaufstabilisierung und (seltener) zur Beatmung. Medikamentös wurden bisher, je nach Schweregrad, Kortikosteroide, Immunglobuline und Biologika (v.a. Interleukin-1- und -6-Antagonisten; TNF-alpha-Antikörper) eingesetzt. In der kürzlich publizierten Studie der Swissped RECOVERY Trial Group zeigte sich kein signifikanter Unterschied der Hospitalisationsdauer zwischen der Behandlung mit Methylprednisolon allein im Vergleich zur intravenösen Immunglobulingabe (8). Trotz hoher Morbidität ist die Mortalität bei adäquater Behandlung gering, und es resultieren – soweit bisher bekannt – in der Regel keine langfristigen Folgeschäden (3). Analog dem PIMS-TS/MIS-C wurde bei Erwachsenen das MIS-A (A = adults) beschrieben, welches insgesamt mit schlechteren Verläufen assoziiert ist (1–3).
Diagnose, Therapie und Verlauf
Die Patientin wurde zur Antipyrese und Analgesie (Ibuprofen), Volumensubstitution (Ringeracetat) und Überwachung stationär aufgenommen. In der Nacht war sie teilweise desorientiert, febril (max. 39.9° C) und leicht hypoton (minimal 80/48 mmHg), reagierte jedoch gut auf die etablierte Therapie.
Aufgrund der Gesamtkonstellation wurde rasch die Verdachtsdiagnose eines PIMS-TS mit kardialer, gastrointestinaler, zentralnervöser und hämatologischer Beteiligung gestellt. Zur Diagnosestellung wurden die Kriterien der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin verwendet (4). Im Folgelabor am nächsten Morgen erhärteten die erhöhten Werte von hs Troponin I und NT-proBNP, die charakteristische zunehmende Thrombo- und Lymphopenie und auch eine Hypochloridämie und Hypokalzämie die Verdachtsdiagnose (Tabelle 1). Eine transthorakale Echokardiographie zeigte einen kleinen Perikarderguss (Abbildung 1) und eine leichtgradig verminderte systolische linksventrikuläre Funktion (LVEF 52 %; Globaler Longitudinaler Strain –16 %).
Es erfolgte die notfallmässige Verlegung ins pädiatrische Zentrumsspital zur weiteren Diagnostik und Therapie. Dort wurde die Elfjährige auf die pädiatrische Intensivstation aufgenommen. Weitere Abklärungen zeigten zusätzlich einen Pleuraerguss, Aszites sowie eine Gerinnungsstörung (erhöhter Spontan-INR, erhöhte D-Dimere und Fibrinogen, verlängerte aPTT). Eine Liquorpunktion ergab eine geringe gemischte Pleozytose (56 Leukozyten/ul; davon mononukleär 32/ul und 24/ul polynukleär); Glukose, Laktat und Protein waren im Normbereich.
Die Diagnose eines PIMS-TS wurde bestätigt. Die Patientin wurde katecholamin- (Noradrenalin und Adrenalin) sowie sauerstoffbedürftig (Maske mit Reservoir) und verweilte drei Wochen im Akutspital, davon zwei auf der Intensivstation. Die medikamentöse PIMS-TS-Therapie bestand in der Gabe von Kortikosteroiden, Immunglobulinen und Interleukin-1-Rezeptorantagonisten (Anakinra). Bei fraglichem Meningismus und angesichts der Schocksymptomatik erfolgte eine initiale empirische antibiotische Therapie mit Ceftriaxon, und Aciclovir (kein Erregernachweis), im weiteren Verlauf bei Verdacht auf eitrige Peritonitis Behandlung mit Meropenem und Metronidazol (kein Erregernachweis). Da die Patientin bei Spitalaustritt noch sehr geschwächt war, folgte ein Rehabilitationsaufenthalt. Inzwischen hat sich die Patientin komplett erholt. Eine Diagnose in Bezug auf den tiefen BMI wurde im Verlauf der Hospitalisation und Rehabilitation nicht gestellt.
Diskussion
Schwere COVID-19-Verläufe bei Kindern sind selten. Auch das PIMS-TS als Folgeerkrankung ist selten (7 Fälle auf 100 000 Personen <19 Jahre; (11)) und dadurch wenig bekannt. Deshalb ist, vor allem ausserhalb pädiatrischer Zentrumsspitäler, die Früherkennung des Syndroms schwierig, aber für die Prognose wichtig (12).
Bekannte Risikofaktoren für einen schweren Verlauf mit IPS-Bedürftigkeit sind Alter (5–12 Jahre), Ethnie («non-Hispanic black»), männliches Geschlecht, Adipositas, Abdominalschmerzen, Dyspnoe, verminderte LVEF, Myokarditis und erhöhte Werte für CRP, Troponin, NT-proBNP, Ferritin, D-Dimere, Thrombo- und Lymphopenie (10, 11). Unsere Patientin wies in den ersten 12 Stunden der Hospitalisation alle diese Risikofaktoren auf mit Ausnahme des Geschlechts, einer Adipositas und der sich erst später entwickelnden Dyspnoe. Ein zusätzliches Risiko der Patientin könnte der tiefe BMI gewesen sein. Hierzu gibt es jedoch keine Literatur. Die reduzierte Nahrungs- und Trinkmenge in den 2 Tagen vor der Hospitalisation akzentuierten sicherlich diesen Wert. Eine vorbestehende Essstörung war nicht bekannt, und das übliche stabile Gewicht vor Krankheitsbeginn wie auch nach vollständiger Genesung lag ca. 2 kg höher und somit im Bereich der 3. Perzentile für Industrieländer, wobei verlässliche Daten für Kinder mit dem ethnischen Hintergrund der Patientin fehlen.
Hauptziel dieser Kasuistik ist, bei im Winter weiterhin hoher endemischer Inzidenz von COVID-19 (https://idd.bag.admin.ch/diseases/COVID/overview) die «klinische Awareness» für das PIMS-TS zu erhöhen, damit, wie in unserem Fall, mittels erweiterter Diagnostik eine zeitnahe Diagnosestellung und dadurch rasch adäquate Therapiemassnahmen eingeleitet werden können.
Daten von Luxemburg zeigen, dass die meisten PIMS-TS-Fälle während der Omikron-Welle auftraten, die relative Inzidenz pro SARS-CoV-2-Infektion war jedoch am höchsten während der Delta-Welle (9).
Eine Fall-Kontroll-Studie zeigte, dass 92 % von 304 Patienten mit PIMS-TS nicht SARS-CoV-2 geimpft waren (5). Von den Nichtgeimpften benötigten 44 % intensivmedizinische Unterstützung, von den Geimpften keiner. Ob dies bereits genügend Grund ist, eine Impfung auch für diese Altersgruppe zu empfehlen, bleibt angesichts der Seltenheit der Erkrankung offen. Hierzu braucht es mehr valable Daten.
Am wichtigsten für die Praxis ist die «klinische Aware-ness», aufgrund der Assoziation von klinischer Symptomatik, Laborbefunden und der Anamnese einer kürzlich durchgemachten COVID-19-Erkrankung an dieses Syndrom zu denken. Da in der aktuellen epidemiologischen Situation bei Symptomen eines viralen Infekts in der betroffenen Altersgruppe oft keine spezifische Diagnostik, im Speziellen kein SARS-CoV-2 Test mehr durchgeführt wird, sollte bei entsprechender klinischer Präsentation anamnestisch immer nach einem wenige Wochen vorausgehenden Infekt gefragt und differenzialdiagnostisch ein PMS-TS in Betracht gezogen werden.
Abkürzungen:
BMI Body Mass Index
COVID-19 Corona Virus Disease 2019
LVEF Left Ventricular Ejection Fraction (linksventrikuläre Auswurffraktion)
MIS-C Multisystem Inflammatory Syndrome in Children
PIMS-TS Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome Temporally Associated with SARS-CoV-2
SARS-CoV-2 Severe Acute Respiratory Syndrome Corona Virus type 2
Dr. med. Gian Flury
Medizinische Klinik, Ospidal CSEB
Via da l’Ospidal 280
7550 Scuol
gian.flury@cseb.ch
Es bestehen keine Interessenkonflikte.
Historie:
Manuskript eingereicht: 19.02.2024
Nach Revision angenommen: 25.04.2024
• PIMS-TS ist ein seltenes, zwei bis sechs Wochen nach meist leichter COVID-19-Erkrankung auftretendes hyperinflammatorisches Immunreaktionssyndrom bei Kindern und Jugendlichen, welches, verzögert diagnostiziert, oft mit hoher Morbidität und Intensivbehandlungsbedürftigkeit einhergeht.
• Leitsymptome sind hohes Fieber, gastrointestinale Beschwerden (Bauchschmerzen, Erbrechen, Diarrhoe), kardiovaskuläre Dysfunktion (Hypotonie, Schock) und neurologische Auffälligkeiten (Kopfschmerzen, Encephalopathie). Diagnostisch wegleitend können erhöhtes Troponin und NT-proBNP sowie echokardiographische Befunde (verminderte linksventrikuläre Auswurffraktion, Perikard- und Pleuraergüsse) sein.
• Differenzialdiagnostisch ist an andere Systemische Inflammatorische Syndrome, wie das Kawasaki-Syndrom, das toxische Schocksyndrom (TSS) und das Haemophagozytose Lymphohistiocytose Makrophagen Aktivierungssyndrom (SHLH/MAS), zu denken.
• Dank intensivmedizinischer Behandlung mit Kreislaufsupport und Gabe von Methylprednisolon sind Mortalität und Langzeitfolgen gering.
1. Nakra NA, Blumberg DA, Herrera-Guerra A, Lakshminrusimha S. Multi-System Inflammatory Syndrome in Children (MIS-C) Following SARS-CoV-2 Infection: Review of Clinical Presentation, Hypothetical Pathogenesis, and Proposed Management. Children 2020;7:69. doi: 10.3390/children7070069. PMID: 32630212; PMCID: PMC7401880.
2. Radia T, Williams N, Agrawal P, Harman K, Weale J, Cook J, Gupta A. Multi-system inflammatory syndrome in children & adolescents (MIS-C): A systematic review of clinical features and presentation. Paediatr Respir Rev. 2021; 38:51-57. doi: 10.1016/j.prrv.2020.08.001. PMID: 32891582; PMCID: PMC7417920.
3. Feldstein LR, Tenforde MW, Friedman KG, et al. Overcoming COVID-19 Investigators. Characteristics and Outcomes of US Children and Adolescents With Multisystem Inflammatory Syndrome in Children (MIS-C) Compared With Severe Acute COVID-19. JAMA 2021; 325:1-14 . doi: 10.1001/jama.2021.2091. PMID: 33625505; PMCID: PMC7905703.
4. Schlapbach LJ, Andre MC, Grazioli S, et al. PIMS-TS working group of the Interest Group for Pediatric Neonatal Intensive Care (IGPNI) of the Swiss Society of Intensive Care and the Pediatric Infectious Diseases Group Switzerland (PIGS). Best Practice Recommendations for the Diagnosis and Management of Children With Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome Temporally Associated With SARS-CoV-2 (PIMS-TS; Multisystem Inflammatory Syndrome in Children, MIS-C) in Switzerland. Front Pediatr. 2021; 9:667507. doi: 10.3389/fped.2021.667507. PMID: 34123970; PMCID: PMC8187755.
5. Zambrano LD, Newhams MM, Olson SM, et al. Overcoming COVID-19 Investigators. Effectiveness of BNT162b2 (Pfizer-BioNTech) mRNA Vaccination Against Multisystem Inflammatory Syndrome in Children Among Persons Aged 12-18 Years – United States, July- December 2021. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2022; 71 :52-58. doi: 10.15585/mmwr.mm7102e1. PMID: 35025852; PMCID: PMC8757620.
6. WHO Team – WHO International; Publications / Scientific Brief Multisystem inflammatory syndrome in children and adolescents with COVID; WHO/2019- nCoV/Sci_Brief/Multisystem_Syndrome_Children/2020.1 (2020 May 15); (cited 2022 December 06) Available from: Multisystem inflammatory syndrome in children and adolescents with COVID-19 (who.int)
7. Deutsche Gesellschaft Pädiatrische Infektiologie (DGPI) – Falldefinition bei Kindern und Jugendlichen: PIMS bzw. MIS-C; (cited 2022 December 06) Available from: PIMS-Survey: Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS) in Deutschland » DGPI: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie
8. Welzel T, Atkinson A, Schöbi N et al for the Swissped RECOVERY Trial Group. Methylprednisolone versus intravenous immunoglobulins in children with paediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with SARS-CoV-2 (PIMS-TS): an open-label, multicentre, randomised trial. Lancet Child Adolesc Health 2023; 7: 238- 48; d oi.org/10.1016/S2352-4642(23)00020-2
9. Ooms C, Mossong J, Vergison JA et al. Multisystem inflammatory syndrome in children during the first two years of the COVID-19 pandemic in Luxembourg. Front Pediatr 2023;11:1141074. d oi: 10.3389/ped.2023.1141074
10. Abrams JY, Oster ME, Godfred-Cato SE et al. Factors linked to severe outcomes in multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) in the USA: a retrospective surveillance study. Lancet Child Adolesc Health 2021;5:323-31
11. Rhedin S, Lundholm C, Horne AC et al. Risk factors for multisystem inflammatory syndrome in children – A population-based cohort study of over 2 million children. The Lancet Regional Health Europe 2022;19:100443
12. Brisca G, Consolaro A, Caorsi R et al. Timely Recognition and Early Multi-Step Antiinflammatory Therapy May Prevent ICU Admission of Patients With MIS-C : Proposal for a Severity Score. Front Pediatr. 2021;9:783745; Doi: 10.3389/ped.2021.783745
Dysfunktionale Atmung beschreibt eine Gruppe von chronischen Störungen des Atemmusters, die sowohl primär als auch in Zusammenhang mit kardiopulmonalen Erkrankungen vorkommen. Das Leitsymptom sind unspezifische Atembeschwerden. Daneben treten auch nicht-respiratorische Beschwerden wie thorakale Schmerzen, Schwindel oder Kribbelparästhesien auf. Die bekannteste Vertreterin der dysfunktionalen Atmung ist die chronische Hyperventilation, jedoch werden diverse weitere dysfunktionale Atemmuster beschrieben. Einen Goldstandard für die Diagnostik gibt es nicht. Häufig werden Fragebogen und funktionelle Untersuchungen zur Objektivierung der Atemstörung eingesetzt. Einen hohen Stellenwert hat dabei die Spiroergometrie. Die Behandlung besteht aus einer individuellen Atemphysiotherapie in Kombination mit einer guten Patientenedukation.
Dysfunctional breathing describes a group of chronic breathing disorders that occur either primarily and secondary to cardiopulmonary diseases. Key symptom is a non-specific breathlessness. Furthermore, non-respiratory symptoms such as thoracic pain, dizziness or tingling may occur. The most common form of dysfunctional breathing is known as chronic hyperventilation, but various other dysfunctional breathing patterns have been described. There is no gold standard for diagnosis. Questionnaires and functional examinations are frequently used to detect the breathing disorder. Thereby, cardiopulmonary exercise testing (CPET) plays an important role. The treatment consists of an individual respiratory physiotherapy in combination with a good patient education. Dysfunktionale Atmung, chronische Hyperventilation, Nijmegen Questionnaire, Spiroergometrie
Einleitung und Definition
Der Überbegriff dysfunktionale Atmung beschreibt eine Gruppe von Atmungsstörungen, die zu chronischen Veränderungen des Atemmusters führen (1–5). Ein dysfunktionales Atemmuster kann auftreten, ohne dass eine organische Erkrankung zugrunde liegt. Eine solche primäre Störung liegt in etwa 10–20 % der Fälle vor (3, 6, 7). Häufiger tritt die dysfunktionale Atmung jedoch in Zusammenhang mit kardialen, pulmonalen oder neurologischen Erkrankungen auf (3, 6, 8, 9). Patient/-innen mit Asthma bronchiale sind besonders oft betroffen (bis zu 30 %). Auch bei der COPD tritt die Erkrankung gehäuft auf (1, 3, 8). Zuletzt ergaben sich zudem Hinweise, dass die dysfunktionale Atmung eine der Ursachen für die noch ungenügend verstandenen persistierenden Atembeschwerden nach COVID-19 Erkrankungen («long-COVID-19») sein könnte (10, 11) und auch beim post-Lungenembolie Syndrom wird eine dysfunktionale Atmung beschrieben (12).
Die bisher bekannteste Form der dysfunktionalen Atmung ist die chronische Hyperventilation. Oft wird die chronische Hyperventilation auch als Synonym für die dysfunktionale Atmung verwendet. Tatsächlich handelt es sich dabei aber nur um eine von vielen Formen der Atmungsstörung (1). Eine einheitliche Definition und Klassifikation der dysfunktionalen Atmung gibt es bisher nicht. Die meisten bisherigen Klassifikations-Vorschläge basieren auf einer Beschreibung des Atemmusters. So definiert beispielsweise Boulding et al. fünf Formen der dysfunktionalen Atmung: Hyperventilation, periodisches tiefes Luftholen, thorakal-dominante Atmung, forcierte abdominale Exspiration und thorako-abdominale Asynchronie (1). Eine alternative Einteilung berücksichtigt zudem extrathorakale Erkrankungen. Die zwei Gruppen der thorakalen und extrathorakalen Erkrankungen werden zudem jeweils in funktionelle und strukturelle Ursachen eingeteilt (2, 3). Ein bekanntes Beispiel für eine Erkrankung aus der Gruppe der extrathorakalen, funktionellen Störungen ist die ILO (induzierbare laryngeale Obstruktion, früher vocal cord dysfunction) (3, 4) (Tab. 1).
Das Leitsymptom der dysfunktionalen Atmung sind unspezifische Atembeschwerden. Die Beschwerden können sowohl in Ruhe als auch unter Belastung auftreten. Oft wird ein «Lufthunger» beschrieben. Damit gemeint ist das Gefühl, trotz tiefer Einatmung nicht genügend Luft zu bekommen. Daneben erleben die Betroffenen auch verschiedene nicht-respiratorische Symptome, wie thorakale Schmerzen, Tachykardien, Schwindel, Kribbelparästhesien oder Fatigue. Die Beschwerden sind teilweise der respiratorischen Alkalose, die durch die chronische Hyperventilation entsteht, zuzuschreiben (1, 2, 4, 7).
Diagnosestellung
Die Diagnose der dysfunktionalen Atmung ist eine Ausschlussdiagnose. Eine sorgfältige Diagnostik ist deshalb sehr wichtig. Bei sekundären Formen der dysfunktionalen Atmung kann die Diagnose erst gestellt werden nach bestmöglicher Kontrolle der zugrundeliegenden Erkrankung. Es gibt bis heute keine validierte Untersuchungsmethode und keinen Gold-Standard für die Diagnosestellung der dysfunktionalen Atmung. Es wird deshalb eine multimodale Herangehensweise empfohlen, bestehend aus einer fundierten Anamnese, die ergänzt wird durch Fragebogen, der klinischen Untersuchung und funktionellen Tests (1, 2, 4, 13).
Es gibt verschiedene Fragebogen, die in der Diagnostik der dysfunktionalen Atmung eingesetzt werden. Der hierfür am häufigsten verwendete Fragebogen ist der Nijmegen Questionnaire (Tab. 2). Der Nijmegen-Fragebogen wurde ursprünglich als Screening-Tool für das Hyperventilationssyndrom bei Asthma bronchiale entwickelt und erfragt eine Liste von Symptomen und deren Häufigkeit, die bei der dysfunktionalen Atmung gehäuft auftreten (1, 14, 15).
Die funktionellen Untersuchungen haben zum Ziel, das dysfunktionale Atemmuster nachzuweisen. Die Lungenfunktionstestung fällt meist normal aus, sie ist aber wichtig für den Ausschluss anderer Dyspnoe-Ursachen und gehört deshalb dennoch zur Diagnostik dazu (3).
Ein einfacher diagnostischer Test, der auch in der Hausarztpraxis durchgeführt werden kann, ist der Hyperventilations-Provokationstest. Hier wird die/der Patient/-in angeleitet, für einen bestimmten Zeitraum (typischerweise 1–3 Minuten) so schnell und so tief wie möglich zu atmen. Treten dabei die gleichen Beschwerden auf, die der Patient im Alltag erlebt, ist das Vorliegen eines Hyperventilations-Syndroms sehr wahrscheinlich (3, 15). Ebenfalls einfach messbar ist die sogenannte «breath-holding time», die Zeitdauer, während der/die Patient/-in nach einer normalen Ausatmung die Atmung anhalten kann. Diese ist bei Patient/-innen mit dysfunktionaler Atmung typischerweise deutlich verkürzt (< 20 Sekunden vs. 45–90 Sekunden bei Kontrollpersonen) (1, 16).
Eine weitere Untersuchungsmethode ist das direkte Beobachten und die Palpitation der Thorax- und Abdomenbewegung (Manual Assessment of Respiratory Motion (MARM))(1, 3, 15, 17–19).
Einen hohen Stellenwert in der Diagnostik der dysfunktionalen Atmung hat zudem die Spiroergometrie. Bei der meist auf einem Fahrradergometer durchgeführten Untersuchung erfolgt im Anschluss an eine Ruhemessung eine Belastungstestung gemäss einem Rampenprotokoll mit kontinuierlich ansteigender Belastung. Idealerweise wird dabei die maximale Ausbelastung nach einer Belastungszeit von 8 bis 12 Minuten erreicht. Neben der Leistungsfähigkeit werden Parameter zum Sauerstoffverbrauch, der Herzleistung und dem Gasaustausch, sowie die Atemeffizienz und das Atemmuster erfasst (9, 13, 17). Die Spiroergometrie spielt dadurch eine wichtige Rolle in der primären Differenzierung der Atembeschwerden und ermöglicht gleichzeitig die direkte Objektivierung des dysfunktionalen Atemmusters. Im Vergleich zu anderen Untersuchungsmethoden hat die Spiroergometrie den Vorteil, dass die Atmung sowohl im Ruhezustand als auch unter Belastung beurteilt werden kann. Nicht alle Formen der dysfunktionalen Atmung können bereits im Ruhezustand nachgewiesen werden. Umgekehrt ist auch eine Normalisierung des Atemmusters unter Belastung möglich. Patient/-innen mit dysfunktionaler Atmung haben häufig bereits in Ruhe eine erhöhte Atemfrequenz mit dem typischen Bild eines irregulären und chaotischen Verlaufs der Atemfrequenz und des Atemzugvolumens unter Belastung (Abb. 1). Dies führt zu einer eingeschränkten Atemeffizienz mit oft schon im Ruhezustand erhöhten Atemäquivalenten für CO2. Je nach Form der dysfunktionalen Atmung können ausserdem eine Ruhe-Hypokapnie und ein tiefer endexspiratorischer CO2-Wert als Ausdruck der Hyperventilation nachgewiesen werden. (Tab. 3) Trotz des subjektiven Empfindens der respiratorischen Erschöpfung wird die Atemreserve bei Untersuchungsende typischerweise nicht ausgeschöpft (9, 13, 17, 20).
Behandlung
Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung der dysfunktionalen Atmung ist die Aufklärung der Patienten/-innen über das Krankheitsbild. Das Wissen, dass keine lebensbedrohlichen Erkrankungen des Herzkreislaufsystems vorliegen, führt bei vielen Patienten/-innen bereits zu einer Verbesserung der Symptome (4, 15, 16). Die Therapie der Wahl ist dann eine individualisierte Atemphysiotherapie. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass dadurch eine langfristige Reduktion der Beschwerden und eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden kann (4, 21, 22). Eine der etablierten Therapiemethoden ist die Atemphysiotherapie nach Buteyko, wobei eine Kombination aus konsequenter Nasen- und Bauchatmung und einer bewussten Entspannung und Verlangsamung der Atmung erlernt wird (1, 23, 24).
Patienten mit dysfunktionaler Atmung tendieren dazu, körperliche Aktivität zu vermeiden. Es ist deshalb zudem ein individuelles und kontrolliertes Training zu empfehlen, um der zunehmenden Dekonditionierung entgegenzuwirken (4).
Copyright
Aerzteverlag medinfo AG
Dr. med. Pascale Huber
Universitätsspital Zürich
Klinik für Pneumologie
Rämistrasse 100
8091 Zürich
PD Dr. med. Mona Lichtblau
Universitätsspital Zürich
Klinik für Pneumologie
Rämistrasse 100
8091 Zürich
Die Autorinnen haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
Chronische Störungen des Atemmusters sind eine häufige Ursache von unspezifischen Atembeschwerden.
Wenn der Schweregrad einer Erkrankung das Ausmass der
geschilderten Atembeschwerden nicht erklärt, sollte an eine
dysfunktionale Atmung gedacht werden.
Die Spiroergometrie ist zentral in der Diagnostik der dysfunktionalen Atmung, da hiermit sowohl Differentialdiagnosen ausgeschlossen als auch das dysfunktionale Atemmuster direkt objektiviert werden kann.
Therapie der Wahl ist eine individuelle Atemphysiotherapie.
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Auf Grund einer Sitzung mit drei sehr informativen Vorträgen an der diesjährigen 90. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim und guten Publikationen zu diesem hochaktuellen Thema möchten wir ein kurzes Summary wiedergeben. Die Adipositas, eine chronisch fortschreitende Erkrankung, ist heute und in der nahen Zukunft ein grosses gesundheitliches Problem, insbesondere in der kardiovaskulären Medizin. Sie hat aber auch metabolische, onkologische und weitere medizinische Auswirkungen. Somit ist sie eine enorme Herausforderung für Betroffene, Ärzte und das Gesundheitssystem.
Based on a session with three very informative presentations at this year‘s 90th Annual Meeting of the DGK in Mannheim and good publications on this highly topical subject, we would like to provide a brief summary. Obesity, a chronically progressive disease, is a major health problem today and in the near future, particularly in cardiovascular medicine. However, it also has metabolic, oncological and other medical implications. It is therefore an enormous challenge for patients, doctors and the healthcare system. Key words: Adipositas, Cardiovascular disease and Mortality, Semaglutide, Weight reduction, HFpEF
Die Adipositas ist eine relevante kardiologische Komorbidität. Sie steigt weltweit überproportional an. 2022 waren gemäss BAG 12 % der schweizerischen Bevölkerung adipös; unter zusätzlicher Berücksichtigung des Übergewichts waren es 43 %. Innerhalb von 30 Jahren hat sich der Anteil der adipösen Menschen in der Schweiz verdoppelt.
In den letzten 35 Jahren (1980-2015) hat sich die Prävalenz in mehr als 70 Ländern bei Frauen und Männern verdoppelt (1). Bei Adipositas assoziierten Todesfällen haben vor allem die kardiovaskulären (cv) mit 41 % stark zugenommen. Heute ist eine von acht Personen adipös; bis 2035 ist wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung übergewichtig oder adipös. Nach einer sehr grossen amerikanischen Kohortenstudie erhöht Übergewicht/Adipositas das cv Risiko mit vermehrten Schlaganfällen, Herzinfarkten, Herzinsuffizienz und cv Tod. Übergewicht war mit einem signifikant erhöhten Risiko verbunden, in einem früheren Alter an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken, was zu einem grösseren Anteil der Lebenszeit mit kardiovaskulärer Morbidität führte (2).
Adipositas bedeutet nach WHO ein BMI ≥30 kg/m2. Der BMI variiert nach Geschlecht, Alter und Ethnizität. Das Problem ist die viszerale Fettansammlung, darum wird auch der Taillenumfang als Mass diskutiert. Der BMI korreliert aber gut mit dem Gesamtkörperfett. So bleibt er vorerst immer noch als Mass erhalten. Die kardiovaskulären Erkrankungen sind mit ca. 6,5 % weltweit an erster Stelle der nicht infektiösen Erkrankungen.
Neben den nicht modifizierbaren cv Risikofaktoren (Alter, Geschlecht, Genetik, Ethnizität) gibt es die modifizierbaren cvRisikofaktoren. Diese sind: Hypertonie, Hyperlipidämie, Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM), Rauchen und körperliche Inaktivität. Mehr als 50 % des cv Risikos kann dadurch beeinflusst werden. In der Primärprävention ist die Hypertonie der wichtigste modifizierbare Risikofaktor (RF). Die Adipositas ist mit diesen cv RF assoziiert, sie begünstigt einige davon. Fünf modifizierbare RF (Body-Mass-Index, systolischer Blutdruck, Nicht-HDL-Cholesterin, Rauchen und Diabetes) sind mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und dem Tod jeglicher Ursache verbunden. Daten aus einer globalen Kohorte zeigten, dass 57,2 % bzw. 52,6 % der Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen bzw. Männern und 22,2 % bzw. 19,1 % der Todesfälle jeglicher Ursache auf diese Risikofaktoren zurückzuführen sind (3). Bei der Hypertonie ist eine Körpergewichtsreduktion ein wichtiges Therapieziel, das primär durch Bewegung und Ernährungsmodifikation erreicht werden kann. Die Leitlinien betonen eine Gewichtsabnahme. Pro kg Gewichtsverlust bei übergewichtigen (BMI ≥25 kg/m2) oder adipösen (BMI ≥30) Menschen kann mit einem systolischen Blutdruckabfall von 0,5–2mmHg gerechnet werden.
Pathophysiologisch kommt es im viszeralen Fettgewebe bei vergrösserten Adipozyten zu einer systemischen Entzündung mit Erhöhung von Interleukin 6 und IL-β und weiteren Zytokinen und TNF-α. Dies führt zu einer Endotheldysfunktion, einer Oxidation von LDL mit Dyslipidämie, Plaquebildungen und späteren kardiovaskulären Events. Zusätzlich kommt es zu einer Insulinresistenz und einer verminderten Insulinsekretion mit Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) (Abb. 1) (4). Gastrointestinale Karzinome sind bei Adipositas gehäuft. Erwähnenswert sind die nichtalkoholische Fettlebererkrankung und weitere internistische, neurologische, psychische und orthopädische Leiden (5). Die Adipositas wird heute als chronisch fortschreitende Erkrankung anerkannt.
Bei der Prävention gibt es die individuelle und die Population basierte Form. Bei der ersten stehen Lifestyle-Massnahmen (körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion, gesunde energiereduzierte Ernährung) neben spezifischen Interventionen im Vordergrund. Weitere cv Risikofaktoren sind zu vermeiden. Bei der zweiten Form sind zusätzliche Umwelt bedingte Massnahmen und Entscheidungen der Politik notwendig. Ein signifikanter Gewichtsverlust von ≥5–10 % ist für eine cv protektive Wirkung notwendig. Dies konnte bis vor kurzem nur durch eine bariatrische Chirurgie erreicht werden. In einer sehr grossen Kohortenstudie aus den USA konnte das cv Risiko in 4 bis 7 Jahren (Tod, MI, HI, Stroke) signifikant gesenkt werden (6).
Mit den GLP1-RA haben wir heute ein Medikament, welches als Antidiabetika ebenfalls zu einer signifikanten Gewichtsreduktion führt. GLP1-RA ahmen die Wirkung der körpereigenen Hormone GLP-1 und glukoseabhängiges insulinotropes Peptid (GIP) nach; diese werden bei T2DM vermindert ausgeschüttet, wodurch der Inkretin-Effekt, d.h. die blutzuckersenkende Wirkung, verringert ist (Abb. 2) (7, 8).
In der STEP-4 Studie kam es bei 902 jüngeren Patienten mit einem durchschnittlichen BMI von 38 kg/m2 mit einer Dosistitration auf 2.4 mg Semaglutid 1x/Woche sc nach 68 Wochen zu einer Gewichtsreduktion von 18 %. Wurde das Medikament nach 20 Wochen wieder abgesetzt, ging das Gewicht wieder hoch (9). In der SUSTAIN-6 Studie bei T2DM und Patienten mit sehr hohem cv Risiko schützt die Substanz in tieferer Dosierung von 0.5 resp. 1 mg 1 x/Woche sc über 2 Jahre vor kardiovaskulären Ereignissen (cv Tod, MI, Schlaganfall) bei einer HR von 0.74. Es kam auch zu einem signifikanten Abfall des HbA1c und des Körpergewichts (10).
In der SELECT-Studie konnte bei 17 604 adipösen Nicht-Diabetikern mit kardiovaskulären Erkrankungen (ASCVD) und einem BMI ≥27, mittlerer BMI von 33 kg/m2, die Eventrate nach 3.2 Jahren mit Semaglutid, Dosistitration von 2.4 mg 1x/Woche sc, um 20 % gesenkt werden. Es kam zu signifikant weniger cv Todesfällen, nicht fatalen MI und nicht fatalen Strokes und weniger Hospitalisationen wegen einer HI nach 40 Monaten. Der Gewichtsabfall betrug -8.5 %, der Taillenumfang nahm um 7.6 % ab. Eine sehr interessante Beobachtung war, dass die protektive Wirkung, unabhängig vom Ausgangsgewicht, Prädiabetes, GFR, chron. HI (24 %), sehr rasch einsetzte, was mit der Gewichtsreduktion nicht zu erklären war. Man vermutet, dass die systemische Entzündung rasch vermindert wird und dadurch die cv Events bei allen bereits in der Frühphase positiv beeinflusst werden. Das hs-CRP sank um 37. 8%, der BD um 3.3 mmHg (Gewichtsreduktion) und das LDL um 2.2 %. An NW waren die GI- und hepatobiliären Nebenwirkungen deutlich ausgeprägter als Placebo mit 16.6 % vs. 8.2 %. Diese können mit individuellen Massnahmen und einer langsamen Dosissteigerung oft reduziert werden (11). Es fehlen Daten bei jüngeren gesunden Adipösen.
«SELECT» identifiziert erstmals Adipositas als einen behandelbaren kardiovaskulären Risikofaktor und eröffnet damit eine neue Domäne für die Kardiologie. Die Reduktion von Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall durch Semaglutid wurde, zusätzlich zu einer guten leitliniengerechten Therapie, beobachtet. Der Befund war in allen Subgruppen konsistent. «Insbesondere ist interessant, dass Patient/-innen in der niedrigen BMI-Gruppe von 27-30 kg/m2 mindestens ebenso stark, numerisch evtl. sogar stärker, profitiert haben» schrieb Prof. Dr. U. Laufs aus Leipzig im November 2023 in «Herzmedizin» der DGK.
Seit mehr als 20 Jahren wissen wir, dass die Adipositas mit der Herzinsuffizienz (HI) assoziiert ist; vor allem mit einer HFpEF bei vielen Komorbiditäten. Am häufigsten eine Hypertonie in 60–80 %, ein höheres Alter, eine CHK, das weibliche Geschlecht, eine chronotrope Inkompetenz, die Adipositas in 30–40 % und viele weitere. Die Adipositas verschlechtert die HI-Symptome, die Lebensqualität und die Prognose (12). Pathophysiologisch kommt es zu einer diastolischen Funktionsstörung mit Elastizitätsabnahme, steiferem Ventrikel mit verminderter Compliance. Man findet einen erhöhten pulmonal vaskulären Widerstand mit erhöhten pulmonalen Druckwerten inkl. RV und RA und erhöhten Füllungsdrücken. Mit der Zeit kommt es zu einer RV-Dysfunktion. Adipöse HFpEF-Patienten haben einen niederen BNP/NT-pro-BNP Wert bei gleichem Wedge-Druck als normalgewichtige Personen. Unter Belastung Abfall des Cardiac-Index und überproportionaler Anstieg der pulmonalen Druckwerte/Füllungsdrücke. Dies führt zur Belastungseinschränkung.
Insbesondere bei Frauen mit hohem BMI ist auch das Blutvolumen erhöht. Das perikardiale Fettgewebe hat eine restriktive Wirkung. Klinisch periphere Ödeme, Orthopnoe und Belastungsdyspnoe, Anstieg des NT-pro BNP (12, 13). Nach einer bariatrischen Chirurgie gibt es nach einer schwedischen Studie mit 2 Registern bei fast 40 000 Patienten deutlich weniger HI-Fälle im Vergleich zu einer intensiven Änderung des Lebensstils (14).
In der STEP-HFpEF Studie konnte bei 529 medikamentös gut vorbehandelten Patienten ohne T2DM (noch ohne SGLT2-H., nur 3,6 %) mit einem Durchschnittsalter von 69 Jahren und einer LVEF ≥ 45 % mit einem BMI ≥30 kg/m2 (median 37) mit einer HFpEF (NYHA II-IV), eingeschränkter Lebensqualität und kardiovaskulären Vorerkrankungen (Hypertonie, Vorhofflimmern, chronische Nierenerkrankung) klar aufgezeigt werden, dass mit Semaglutid in aufsteigender Dosierung über 16 Wochen bis 2.4mg 1 x /Woche sc und einer Beobachtung über 1 Jahr, es zu einer starken Verminderung der Symptome und einer Verbesserung der körperlichen Einschränkung kam und die Lebensqualität (KCCQ) deutlich verbessert wurde mit einer stärkeren Gewichtsabnahme (–10.7 %) als Placebo. Alle Patienten profitierten unabhängig vom Ausgangs-BMI. Der Nutzen war besonders ausgeprägt bei starker Gewichtsreduktion. Die Frauen waren insgesamt stärker beeinträchtigt und wiesen eine grössere subjektive Verbesserung auf – vgl. Pathophysiologie. Neben der Senkung des hs-CRP wurde auch das NT-pro-BNP (–16 %) deutlich gesenkt (15). Semaglutid stellt eine neue, wertvolle Therapieoption für die Behandlung von Patienten mit HFpEF und Übergewicht dar.
In der am ACC 2024 vorgestellten STEP-HFpEF DM Studie bei 616 Patienten mit einer HFpEF bei Adipositas und einem T2DM kam es zu einer Gewichtsreduktion von minus 6.4 % und einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität über 52 Wochen. Das NT-pro BNP wurde 23.2 %, das HbA1c 0.7 % gesenkt; dies mit einer Dosistitration über 16 Wochen auf 2,4mg Semaglutid 1x/Woche sc. 33 % hatten zusätzlich einen SGLT2-Hemmer (16).
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Aerzteverlag medinfo AG
Dr. med. Urs N. Dürst
Zelglistrasse 17
8127 Forch
u.n.duerst@ggaweb.ch
Der Autor hat keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert
Die Adipositas als kardiovaskuläre Komorbidität nimmt weiterhin
stark zu.
Adipositas begünstigt neben ischämischen cv Erkrankungen auch
die Entwicklung einer HFpEF und ein Vorhofflimmern; 30–40 % der HFpEF Patienten haben eine Adipositas. Bei diesen bestehen charakteristische ungünstige hämodynamische Veränderungen (Frauen > Männer).
Eine substanzielle Gewichtsreduktion von ≥ 5–10 % bei adipösen ASCVD Patienten führte zu einer Reduktion der cv Ereignisrate (SELECT Studie). Möglicherweise über eine Reduktion
der Inflammation jenseits des eigentlichen Gewichtsverlusts.
Bei Patienten mit einer HFpEF und Adipositas ist der GLP1-RA
Semaglutid assoziiert mit einer stärkeren Verbesserung der Symptome, der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität bei einer signifikanten Gewichtsreduktion und Verringerung der Entzündung als bei Placebo.
Mit Semaglutid ist eine Langzeittherapie notwendig;
die häufigsten NW sind gastrointestinal.
Eine Rückerstattung der hohen Kosten von Ozempic®, Wegovy®
muss individuell abgeklärt werden – vgl. Spezialitätenliste BAG.
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Hausbesuche nehmen in der medizinischen Praxis in der Schweiz einen wichtigen Platz ein und tragen dazu bei, die Inanspruchnahme von Notfallzentren zu reduzieren. Um eine qualitativ hochstehende Dienstleistung zu gewährleisten, muss der Inhalt des Notfallkoffers an die Hausarztpraxis angepasst sein: Er muss ausreichend sein, um verschiedene klinische Situationen zu bewältigen, aber nicht zu umfangreich, um transportierbar zu bleiben. Wir schlagen hier einen aktualisierten Inhalt des Notfallkoffers vor, der sich an den für die Diagnose und Behandlung erforderlichen Mitteln orientiert. Wir unterscheiden zwischen Basiselementen und ergänzenden Mitteln, die eine Erweiterung der Versorgung ermöglichen, insbesondere in Regionen, in denen es keine wohnortnahe Gesundheitsversorgung gibt.
House calls are an important part of medical practice in Switzerland and help reducing the need for emergency room visits. To ensure quality service, the content of the doctor’s bag must be adapted to home practice: Enough to deal with a variety of clinical situations, while sufficiently limited to remain portable. We offer here an updated doctor’s bag content, focusing on the resources needed for diagnosis and treatment. We distinguish between basic items and additional resources that can be used for extended care, particularly in regions with no local health resources. Keywords: House Call – Doctor’s bag – Primary care medicine – Emergency
Einleitung
Ärztliche Hausbesuche werden häufig durchgeführt und tragen dazu bei, die Inanspruchnahme von Notfalldiensten zu begrenzen (1, 2). Eine Studie im Kanton Waadt hat gezeigt, dass Hausbesuche etwa 2,5 % der ärztlichen Konsultationen ausmachen, sich hauptsächlich an Personen über 65 Jahre richten und zu 20 % dringende Konsultationen darstellen (3). Etwa 70 % der ärztlichen Hausbesuche werden aufgrund eingeschränkter Mobilität der Patienten durchgeführt (4). Am häufigsten treten muskuloskelettale, zirkuläre, respiratorische, neurologische und psychiatrische Problematiken auf (5).
Angesichts der Alterung der Bevölkerung und der Strategien zur Förderung des Verbleibs älterer Menschen zu Hause dürften die ärztlichen Hausbesuche weiterhin einen wichtigen Platz in der Tätigkeit der Grundversorger einnehmen oder sogar noch an Bedeutung gewinnen, Dies zeigt die jüngste Entstehung von Unternehmen in der Westschweiz, die sich auf Hausbesuche spezialisiert haben («Docadom» in Lausanne, «Médecins à domicile» oder «Médecins Genève» in Genf, «SOSmed» an der Côte, «Médecins du Léman» an der Riviera und im Chablais, usw.).
Um eine qualitativ hochwertige Leistung zu gewährleisten, muss der Inhalt des Notfallkoffers, der bei Hausbesuchen verwendet wird, ausreichend sein, um verschiedene klinische Situationen zu bewältigen. Einige Elemente können mit der Praxisausstattung geteilt werden, insbesondere wenn es sich um teures Material handelt. In der Literatur gibt es keine validierten Empfehlungen für den Inhalt des Notfallkoffers, obwohl in einigen Veröffentlichungen (6, 7, 8) Vorschläge gemacht wurden.
Dieser Artikel ist ein aktualisierter Vorschlag für den Inhalt des medizinischen Notfallkoffers, der sich auf die Literatur stützt, soweit vorhanden, mit einem Basisinhalt, der je nach Art und Ort der Praxis (Hausbesuche, abgelegene Region usw.) und der Erfahrung des Arztes durch zusätzliche Ausrüstung und Behandlungen ergänzt werden kann.
Diagnostische Werkzeuge
Grundlegende Werkzeuge
Der Notfallkoffer sollte grundlegende diagnostische Werkzeuge enthalten, die in Tabelle 1 aufgelistet sind.
Gerät für das Elektrokardiogramm (EKG)
Ein EKG-Gerät ist hilfreich bei der Diagnose von Herzerkrankungen. Es gibt viele tragbare Modelle, die sich sowohl für den Einsatz in der Praxis als auch für Hausbesuche eignen. Bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom (ACS) sollte ein EKG innerhalb von 10 Minuten nach dem ersten Arztkontakt, idealerweise bereits in der Notaufnahme, durchgeführt werden, um einen STEMI-Infarkt zu erkennen und eine rasche Behandlung zu ermöglichen. Bei einem Nicht-STEMI-Infarkt oder instabiler Angina pectoris kann das EKG normal sein und schliesst ein ACS nicht aus (9).
Ultraschallgerät
Die Entwicklung des Point-of-Care-Ultraschalls (POCUS) für Hausärzte, das Aufkommen erschwinglicher, ultra-portabler Geräte und die Möglichkeit, die Untersuchung nach erfolgreicher Ausbildung abzurechnen, machen dieses Instrument für Hausbesuche interessant. Zu beachten ist, dass eine umfassende Schulung für die korrekte Erstellung und Interpretation der Bilder unerlässlich ist. Der Nutzen von POCUS ist mit hoher Evidenz für die Suche nach einer tiefen Venenthrombose, die Beurteilung einer akuten Dyspnoe, die Unterscheidung zwischen einer Dermohypodermitis und einem Abszess und mit mässiger Evidenz für die Suche nach Anzeichen einer Nierenkolik (Hydronephrose, Steine) oder einer Cholezystitis belegt (10). Er ist auch nützlich für die Erkennung einer akuten Harnverhaltung. POCUS hat somit das Potenzial, die diagnostischen Möglichkeiten zu erweitern, Unsicherheiten zu reduzieren und eine gezieltere Behandlung zu ermöglichen.
Biologische Tests
Point-of-Care (POC) Analysen werden immer häufiger durchgeführt und können zum Teil auch in der Wohnung des Patienten durchgeführt werden. Die am häufigsten verwendeten POC-Tests sind Blutzuckermessungen, Urinstix oder SARS-Cov2-Antigentests, Streptokokken-Tests und möglicherweise INR-Tests. Die Verwendung fortschrittlicherer POC-Tests wird durch das Aufkommen tragbarer Geräte ermöglicht, die Ergebnisse innerhalb weniger Minuten liefern und sich in dringenden Situationen oder bei Hausbesuchen ausserhalb der Geschäftszeiten als nützlich erweisen können (11). Beispielsweise sind mehrere Tests von Interesse, wie die Messung des CRP, um den Einsatz von Antibiotika bei Atemwegsinfektionen im ambulanten Bereich zu begrenzen (12), die Messung von D-Dimeren, um eine tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie auszuschliessen (13), und die Messung von Kreatinin, um die Dosierung einer Behandlung zu steuern. Die Studien, in denen diese Tests beschrieben werden, wurden jedoch überwiegend in der Praxis oder im Krankenhaus durchgeführt und sind nicht formal für Hausbesuche validiert. Die Messung des hochsensitiven Troponins vom Typ POC («POC hs-Troponin») könnte sich ebenfalls als nützlich für die häusliche Pflege erweisen, aber der Rahmen für seine Anwendung muss ebenfalls durch Studien an dieser Bevölkerungsgruppe präzisiert und validiert werden.
Therapeutika
Pharmakologische Massnahmen (Tab. 2)
Die im Folgenden empfohlenen Behandlungen beziehen sich auf Situationen, die am ehesten bei einem dringenden Hausbesuch auftreten können. Wir haben Medikamente ausgewählt, die bei Raumtemperatur gelagert werden können (die Hersteller geben in der Regel eine Temperatur zwischen 15 und 25°C an). Das Set sollte an einem trockenen und dunklen Ort aufbewahrt werden. Um die Qualität der Medikamente zu gewährleisten, sollte es nicht über längere Zeit im Auto aufbewahrt werden, wo die Temperatur extreme Werte erreichen kann. Die Liste unterscheidet zwischen grundlegenden Bestandteilen und solchen, die je nach Praxis spezielle oder nützliche Erfahrungen und Kenntnisse erfordern. Die Aufnahme von teuren Medikamenten sollte entsprechend dem Kontext der Praxis und der Wahrscheinlichkeit ihres Gebrauchs erfolgen.
Analgesie
Leichte Schmerzen können mit Paracetamol oder einem NSAR behandelt werden. Bei mässigen Schmerzen können Paracetamol und ein NSAR kombiniert und ein schwaches Opioid (Tramadol oder Codein) hinzugefügt werden. Bei starken Schmerzen ist ein Opioid erforderlich. Der Verabreichungsweg hängt von der Art und Schwere der Schmerzen ab, und die Wahl des Medikaments hängt von den Fähigkeiten des Arztes und den Eigenschaften des Patienten ab (14). Die parenterale Verabreichung von Opioiden erfordert wegen des Risikos einer Atemdepression oder anderer Nebenwirkungen eine Überwachung. Sie kann sich als nützlich erweisen, wenn eine palliative Behandlung erforderlich ist oder die Zeit bis zur Verlegung in ein Krankenhaus überbrückt werden muss. Für die Anwendung muss ein Gegenmittel (Naloxon) zur Verfügung stehen.
Herz-Kreislauf
Bei Verdacht auf ACS wird die Gabe von 150–300 mg Aspirin PO in nicht magensaftresistenter Form (oder 75–250 mg IV) empfohlen, wobei eine frühe präklinische Gabe wahrscheinlich einen Mortalitätsvorteil hat (9, 15). Bei Allergien kann eine Ladedosis Clopidogrel (300–600 mg PO) verabreicht werden (16). Vor einer Koronarangiographie wird eine doppelte Antikoagulation nicht empfohlen (9). Bei ischämisch bedingten Thoraxschmerzen ist eine Nitrattherapie sinnvoll.
Bei einer hypertensiven Krise (ohne Organschaden) kann der Blutdruck – unter Vermeidung eines plötzlichen Blutdruckabfalls – durch Anpassung der üblichen Behandlung und Hinzufügen eines Moleküls gesenkt werden. Wir empfehlen Nifedipin retard (17). Die symptomatische Herzinsuffizienz erfordert eine Behandlung mit Diuretika, intravenös oder parenteral, und Nitratderivaten bei akutem Lungenödem (18). Bei Tachyarrhythmien (Vorhofflimmern, symptomatische Extrasystolen) empfehlen wir einen Betablocker, sofern eine begleitende Herzinsuffizienz vorliegt.
Atemsystem
Bei leichter bis mittelschwerer Asthmaexazerbation wird empfohlen, in der ersten Stunde alle 20 Minuten 4–10 Sprühstösse (400–1000 mcg) Salbutamol im Dosieraerosol, möglichst mit Inhalationskammer, und 20–40 mg Prednison PO zu verabreichen. Im Falle einer Verschlechterung oder einer schweren Exazerbation sollte Ipratropiumbromid hinzugefügt werden, bis eine notfallmässige Krankenhauseinweisung erfolgt (21). Eine leichte bis mittelschwere COPD-Exazerbation sollte mit einem kurzwirksamen Beta-Agonisten ± in Kombination mit Ipratropiumbromid, einer fünftägigen Kortikosteroidtherapie mit Prednison 40 mg und einer Antibiotikatherapie bei Verdacht auf eine Infektion behandelt werden (22). Die Behandlung von COPD-Exazerbationen sollte mit einem kurzwirksamen Beta-Agonisten ± in Kombination mit Ipratropiumbromid, einer fünftägigen Kortikosteroidtherapie mit Prednison 40 mg und einer Antibiotikatherapie bei Verdacht auf eine Infektion erfolgen.
Im Falle einer Sauerstoffentsättigung ist häufig eine Sauerstofftherapie erforderlich, die eine Überweisung in ein Krankenhaus nach sich zieht, wobei insbesondere bei Patienten in Pflegeheimen die Vor- und Nachteile einer Überweisung sorgfältig abgewogen werden müssen. Aufgrund der hohen Kosten eines Sauerstofftherapiegerätes (mehrere tausend Franken für einen tragbaren Konzentrator) haben wir dieses Gerät nicht in unser Set aufgenommen. Sie kann jedoch je nach Art der Praxis und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von lebensbedrohlichen Notfällen in Betracht gezogen werden.
Anaphylaxie
Bei einer Anaphylaxie mit kardiovaskulärer oder respiratorischer Beteiligung ist die frühzeitige Verabreichung von Adrenalin IM (auf der anterolateralen Seite des Oberschenkels) in einer Dosis von 0,5 mg, die bei Bedarf nach 5 Minuten wiederholt werden muss, von grösster Bedeutung. Bei Angioödemen oder ausschliesslichem Hautbefall ist eine Antihistaminika-Behandlung in der Regel ausreichend (23). Glukokortikoide werden häufig eingesetzt, um das Risiko einer biphasischen Reaktion zu verringern, aber es gibt keine Belege für ihre Wirksamkeit und ihre routinemässige Verabreichung wird nicht mehr empfohlen (24).
Metabolismus
Im Falle einer Hypoglykämie bei einem Diabetiker besteht die Behandlung in der Gabe von 15–20 g Glukose PO, gefolgt von einem Snack oder einer Mahlzeit. Wenn die Verabreichung PO nicht möglich ist, besteht die Behandlung in der Verabreichung von Glukose 20–25 g IV oder Glukagon 1 mg SC oder IM (25). Bei Hypoglykämie und Verdacht auf Thiaminmangel oder nachgewiesenem Gayet-Wernicke-Syndrom steht die sofortige Korrektur der Hypoglykämie im Vordergrund, die Thiaminsubstitution kann in einem zweiten Schritt so schnell wie möglich erfolgen (26).
Verdauungstrakt
Bei Verdauungsbeschwerden empfehlen wir als Antiemetikum Domperidon (nicht bei wahrscheinlicher Hypokaliämie oder langem QT wegen der Gefahr einer QT-Verlängerung), als Antidiarrhoikum Loperamid, als Antispasmodikum Butylscopolamin.
Verlängerung), Loperamid als Antidiarrhoikum, Butylscopolamin als Antispastikum und Lansoprazol als Protonenpumpenhemmer. Auch die Ausrüstung zur Durchführung eines Einlaufs sollte vorhanden sein.
Neuropsychiatrie
Als Antiepileptikum, das intravenös oder intramuskulär verabreicht werden kann, empfehlen wir Midazolam, das in einigen Apotheken auch in einer intranasalen Formulierung erhältlich ist. Diazepam ist eine Alternative, aber die Zeit bis zum Erreichen der Spitzenkonzentration ist bei den IM- und IN-Formen länger (27). Lorazepam als Injektionslösung muss im Kühlschrank aufbewahrt werden und ist daher nicht für ein Notfallset geeignet. Akute Dystonien, die sekundär zu einer antidopaminergen Therapie (typischerweise einem Neuroleptikum) auftreten, erfordern die Gabe eines Anticholinergikums wie Biperiden (Akineton®) als PO oder IV (28).
Bei akuter Agitation kann nach Versagen nicht-pharmakologischer Massnahmen eine Behandlung mit Benzodiazepinen (z.B. Lorazepam 2.5 mg PO, Midazolam IM oder IV) oder Antipsychotika erforderlich sein. Olanzapin hat ein geringeres Risiko für QT-Verlängerung und extrapyramidale Störungen als die Neuroleptika der ersten Generation. Haloperidol, ein Antipsychotikum der 1. Generation, hat jedoch den Vorteil, dass es wesentlich kostengünstiger ist (29). Benzodiazepine werden auch zur Behandlung von Angstzuständen eingesetzt.
Infektiologie
Wir schlagen Antibiotika für die empirische Therapie häufiger Infektionen vor, die ambulant behandelt werden können, gemäss den Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie (30). Die Behandlung ist den mikrobiologischen Befunden anzupassen, sofern diese vorliegen.
Bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen empfehlen wir Nitrofurantoin. Für Harnwegsinfektionen ohne Fieber bei Männern (die nicht auf die Ergebnisse einer Kultur warten können) oder Pyelonephritis bei Frauen empfehlen wir nach mikrobiologischer Untersuchung des Urins Ciprofloxacin (beachten Sie, dass die Food and Drug Administration eine «Boxed Warning» wegen des Risikos von Tendinopathien herausgegeben hat). Für Prostatitis wird derzeit Ceftriaxon IV empfohlen, die orale Alternative ist Ciprofloxacin, ebenfalls nach Kultur. Bei ambulant behandelter Pneumonie mit Komorbiditäten wird Co-Amoxicillin empfohlen, bei Penicillinallergie ein Chinolon wie Levofloxacin. Die SGI hat keine Empfehlung für die Dermohypodermitis veröffentlicht, aber das Co-Amoxicillin deckt die häufigsten verursachenden Keime ab. Ceftriaxon kann bei Verdacht auf Meningitis mit Meningokokkämie oder im Schockfall zur Verabreichung IM oder IV das Notfall-Set ergänzen (31).
Toxikologie
Angesichts des häufigen Gebrauchs von Opiaten wird empfohlen, das Antidot Naloxon bereitzuhalten. Das Benzodiazepin-Antidot Flumazenil kann bei einer Monotoxizität hilfreich sein, es besteht jedoch die Gefahr von epileptischen Anfällen, insbesondere bei Polyintoxikation, Benzodiazepin-Abhängigkeit oder zugrunde liegender Epilepsie. Bei anderen Vergiftungen besteht die Behandlung hauptsächlich in einer unterstützenden Behandlung, bis eine Überweisung in ein Krankenhaus erfolgt.
Sonstiges
Kristalloidbeutel (Natriumchlorid 0,9 % 500 ml oder Ringerlaktat 500 ml) sind als Fülllösung nützlich, Flaschen mit NaCl 0,9 % zur Spülung der Venenwege, Hautdesinfektionslösung zur Desinfektion von Wunden und kleinen Eingriffen, Lokalanästhesielösung für Nähte und Anästhesiegel zum Legen eines Blasenkatheters. Tranexamsäure kann lokal zur Blutstillung eingesetzt werden (Tab. 2).
Material
Grundausstattung
Die Grundausstattung wird für alle Notfallkoffer benötigt und ist in Tabelle 3 aufgeführt. Die erweiterte Ausrüstung hängt von der vorhandenen Praxisumgebung und der Erfahrung des Arztes ab. Für die Verabreichung von Sedativa oder Antiepileptika (z. B. Midazolam) kann ein Mucosal Atomization Device (MAD) hilfreich sein.
Kardiorespiratorisches System
Mit einer nasopharyngealen (Wendel) oder oropharyngealen (Guedel) Kanüle (Abb. 1) können die Atemwege bei Bewusstlosigkeit offen gehalten werden. Eine Taschenmaske und ein Beatmungsbeutel sind im Falle einer Reanimation hilfreich. Beim Einsatz von Bronchodilatatoren bei akuter Atemnot wird die Verwendung einer Inhalationskammer empfohlen.
Obwohl ein Herz-Kreislauf-Stillstand eines Patienten in der Arztpraxis ein seltenes Ereignis ist (32), sind Hausärzte potenziell einer Risikopopulation ausgesetzt. Die Durchführung der kardiopulmonalen Reanimation durch Hausärzte verbessert die Überlebenschancen der Patienten (33), und die Defibrillation eines Herz-Kreislauf-Stillstand mit schockbarem Rhythmus durch Ersthelfer ausserhalb des Krankenhauses verbessert das Überleben bei gutem neurologischem Status im Vergleich zur Defibrillation durch den Rettungsdienst ab einer Zeitspanne von 4 Minuten zwischen Notruf und Eintreffen des Rettungsdienstes (34). Die Ausstattung mit einem Defibrillator kann für Praxen mit erhöhtem Risiko für lebensbedrohliche Notfälle (abgelegene Gebiete, risikoreiche Eingriffe, Gemeinschaftspraxen) relevant sein und ist auch bei Hausbesuchen angezeigt, insbesondere bei Hausbesuchen ohne vorherige Telefontriage, in Gebieten, die für präklinische Notfallmassnahmen schwer zugänglich sind, oder in Gebieten mit geringer Dichte an verfügbaren automatischen externen Defibrillatoren.
Traumatologie
Es kann sinnvoll sein, eine kleine Naht beim Patienten zu Hause durchzuführen, um die Inanspruchnahme eines Notfalldienstes zu vermeiden. Gewebekleber kann bei kleinen, linearen, sauberen und spannungsfreien Wunden eine Naht ersetzen (35). Bei externen Blutungen können blutstillende Kompressen (z. B. Tabotamp oder Quik Clot) hilfreich sein. In Polytrauma-Situationen (z. B. Medikation bei Sportveranstaltungen) kann eine provisorische Schiene, ein Beckengurt oder ein Tourniquet hilfreich sein. Eine Halskrause kann hilfreich sein, ihr Nutzen in diesem Zusammenhang wird jedoch diskutiert (36).
Verschiedenes
Wir schlagen vor, dass die Möglichkeit besteht, einen peripheren Venenzugang zu legen, eine Infusion zu verabreichen und einen Blasenkatheter im Falle einer Harnverhaltung zu legen. Je nach den örtlichen Gegebenheiten kann es bei einem Todesfall mit einem Herzschrittmacher erforderlich sein, die Ausrüstung zur Extraktion des Herzschrittmachers und zur Durchführung einer Naht bereitzuhalten.
Administratives
Tabelle 4 enthält einen Vorschlag für administrative Unterlagen und Inhalte. Im Todesfall sind die Formulare für die Sterbeurkunde unerlässlich.
Schlussfolgerung
Der Inhalt des Notfallkoffers sollte grundlegende diagnostische und therapeutische Materialien enthalten, die je nach Praxiskontext und Erfahrung des Arztes durch umfangreichere Materialien ergänzt werden können. Eine umfassendere Ausstattung ermöglicht es, auf mehrere Situationen zu reagieren und möglicherweise Überweisungen in medizinische Einrichtungen zu vermeiden, insbesondere bei älteren Patienten, die zu Hause oder in Pflegeheimen leben.
Der Einsatz tragbarer Ultraschallgeräte kann die diagnostischen Möglichkeiten erweitern und eine gezieltere Behandlung ermöglichen. Die Entwicklung von Point-of-Care-Tests, die in wenigen Minuten auf tragbaren Geräten durchgeführt werden können, ist interessant und sollte regelmässig überprüft werden. Die Integration eines Defibrillators in die Ausrüstung ermöglicht die Reanimation bei Herzkreislaufstillstand und erhöht die Überlebenschancen bei gutem neurologischem Zustand im Falle eines defibrillierbaren Rhythmus. Je nach Art der Praxis oder der Entfernung zum präklinischen Rettungsdienst kann eine solche Ausstattung sinnvoll sein.
Unisanté – Département des policliniques
Rue du Bugnon 44
1011 Lausanne
Prof. Dr. med. Pierre-Nicolas Carron
CHUV – Notaufnahme
Abteilung für interdisziplinäre Zentren
Rue du Bugnon 44
1005 Lausanne
Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
Hausbesuche helfen in manchen Fällen die Inanspruchnahme von Notdiensten zu vermeiden.
Der Inhalt des Notfallkoffers sollte so umfassend sein, dass er für verschiedene Situationen geeignet ist. Er sollte je nach Art der Praxis und der
Erfahrung des Arztes/der Ärztin angepasst werden.
Die Utraschalluntersuchung ist auch zu Hause durchführbar und kann die diagnostischen Möglichkeiten verbessern.
Die Defibrillation bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand kann die Überlebenschancen bei gutem neurologischen Status verbessern und die Integration eines Defibrillators kann angemessen sein, wenn die Praxis in abgelegenen Gebieten stattfindet oder wenn die Interventionen nicht durch eine vorgeschaltete Zentrale geregelt werden.
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