Chronische Hämodialyse – Die Schöne und das Biest

Seit über 60 Jahren steht die Hämodialyse für Patientinnen und Patienten mit chronischem Nierenversagen zur Verfügung. Trotz der kontinuierlichen Weiterentwicklung dieses lebensrettenden Verfahrens bleibt die Morbidität und Mortalität von chronischen Hämodialyse-Patienten mit terminalem Nierenversagen im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöht. Den relevantesten Anteil an dieser Übersterblichkeit hat die deutlich erhöhte kardiovaskuläre Mortalität. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass intermittierende Hämodialyse-Behandlungen systemische Hypoperfusionsepisoden auslösen können, die zu langfristigen kardialen und systemischen Organschäden führen können und dadurch zur erhöhten Mortalität und Morbidität beitragen. Gleichzeitig deuten neue Daten darauf hin, dass eine verlängerte Dialysebehandlung, die Vermeidung der Hypervolämie, eine kardiovaskuläre Basismedikation und eine tiefe Temperatur des Dialysates Hypotonie-Episoden vermeiden und so einen protektiven Effekt haben können.

Haemodialysis has been available to patients with chronic kidney failure for over 60 years. Despite the continuous development of this life-saving procedure, the morbidity and mortality of chronic haemodialysis patients with end-stage renal failure remains higher than in the general population. The most relevant factor in this excess mortality is the significantly increased cardiovascular mortality. In recent years, it has been shown that intermittent haemodialysis treatments can trigger systemic hypoperfusion episodes, which can lead to long-term cardiac and systemic organ damage and thus contribute to increased mortality and morbidity. At the same time, new data suggest that prolonged dialysis treatment, avoidance of hypervolaemia, baseline cardiovascular medication and a low temperature of the dialysate can prevent hypotension episodes and thus have a protective effect.
Key Words: haemodialysis, chronic kidney failure, systemic hypoperfusion episodes

Einleitung

Im März 1960 überlebte der 39-jährige US-Amerikaner Clyde Shields aus Seattle als weltweit erster Patient ein chronisches Nierenversagen dank der chronischen Hämodialyse. Dieser medizinische Durchbruch erlaubte es Shields weitere 11 Jahre zu leben, bis er während einer Dialysebehandlung an einem Myokardinfarkt verstarb. Sein Tod war der Auslöser für eine Überlebensanalyse der weltweit ersten 39 chronischen Hämodialyse-Patientinnen und Patienten, die 1974 im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Innerhalb der ersten 13 Jahre (mittleres Follow-Up 6,5 Jahre, mittleres Alter 37 Jahre) zeigte sich eine Gesamtmortalität von 56 % mit einer Überrepräsentation kardiovaskulärer Todesfälle von 60 % (1). Knapp 50 Jahre nach dieser Publikation werden in der Schweiz aktuell ca. 4500 Patientinnen und Patienten (medi­anes Alter 71 Jahre) chronisch hämodialysiert (2). Europaweit sind es ungefähr 310’000 Patientinnen und Patienten (3).

Obwohl die Hämodialyse-assoziierte Übersterblichkeit in den letzten Jahren leicht gesunken ist (4), beträgt die Lebenserwartung eines 40-jährigen Hämodialyse-Patienten in Europa weniger als 20 Jahre und ist vergleichbar mit der Lebenserwartung eines ca. 75-Jährigen in der Allgemeinbevölkerung (3).

Die Gründe der Übersterblichkeit sind nur teilweise geklärt, den relevantesten Anteil stellt aber weiterhin die deutlich erhöhte kardiovaskuläre Mortalität (4). Die koronare Herzerkrankung scheint dabei allerdings nicht die Hauptursache für den Herztod bei chronischen Dialysepatienten zu sein, sondern die urämische Kardiomyopathie. Sie ist gekennzeichnet durch mediale Gefässkalzifikationen, erhöhte Gefässsteifigkeit, linksventrikuläre Hypertrophie, vermehrte interstitielle Fibrose und eine Rarefezierung kardialer Kapillaren (reviewed in (5)). Zusammen führen diese Veränderungen durch eine Abnahme des diastolischen Pulsdruckes, einem Myozyten/Kapillaren Missverhältnis und einer verlängerten Sauerstoffdiffusionsstrecke zu einer Neigung für Bedarfsischämien (Abb. 1).

Hämodynamische Effekte der Dialysebehandlung

Kurze, repetitive Hämodialyse-Behandlungen haben relevante hämodynamische Effekte. Eine Studie an 9 chronischen Hämodialyse-Pa-tientinnen und Patienten, von denen keiner einen vorhergehenden Myokardinfarkt oder klinische Anzeichen eines autonomen Versagens hatte, konnte zeigen, dass es während der Dialyse-Behandlung zu einem Blutdruckabfall von durchschnittlich 13 mmHg kam (6).

Eine ähnliche Studie mit 100 chronischen Hämodialyse-Patientinnen und Patienten ergab während ca. 20 % aller Dialyse-Behandlun­gen einen symptomatischen Blutdruckabfall über 20 mmHg systo­lisch, der eine pflegerische Intervention notwendig machte (7).

Aufgrund des Zusammenspiels dieser hämodynamischen Veränderun­gen und der kardialen Ischämieneigung besteht seit langem der Ver­dacht, dass repetitive Hämodialyse-Behandlungen eine Myokardi­schämie auslösen können (8).

Dialyse-induzierte kardiale Ischämie

Dieser Verdacht konnte durch eine H2150 PET-Studie, die den myokardialen Blutfluss mass, bestätigt werden. In einer Studie an 4 chronischen Hämodialyse Patienten zeigte sich, dass der globale myokardiale Blutfluss vor Beginn der Hämodialyse bei allen Patienten im normalen Bereich lag, während der Hämodialyse-Behandlung jedoch stark abnahm und sich über die Dialysedauer weiter verschlechterte. Eine koronare Herzerkrankung wurde im Vorfeld angiographisch ausgeschlossen. Am Ende der 4-stündigen Dialyse war der myokardiale Blutfluss in 90 % aller untersuchten Regionen reduziert und das Ausmass der Blutfluss Abnahme war mit dem Auftreten echokardiographischer Wandbewegungsstörungen assoziiert. Obwohl es nach der Dialyse zu einer Erholung des myokardialen Blutflusses kam, waren die Ausgangswerte auch 30 Minuten nach Beendigung der Hämodialyse-Behandlung noch nicht erreicht. Diese verlängerten Phasen von linksventrikulärer Dysfunktion sind als «myo­cardiales stunning» im Rahmen der koronaren Herzerkrankung gut bekannt und können langfristig zu einem irreversiblen Funktionsverlust und der Entwicklung einer Herzinsuffizienz beitragen. Weitere Arbeiten nutzten serielle intradialytische Echokardiographie, um die Häufigkeit des Hämodialyse-induzierten myokardialen Stunnings zu untersuchen. Dies wurde bewiesen durch das neue Auftreten und post-dialytische Verschwinden von regionalen Wandbewegungsstörungen und liess sich bei knapp 50 % aller Patientinnen und Patienten nachweisen (9, 10). Die wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten eines dialyse-induzierten myokardialen Stunnings waren einerseits vorbestehende kardiale Erkrankungen (i.e. höherer Linksventrikulärer Masse Index, geringere linksventrikuläre Ejektionsfraktion) und andererseits das Auftreten von intradialytischen Blutdruckabfällen, sowie die Menge des Ultrafiltrationsvolumens.

Besonders auffällig war die prognostische Bedeutung des dialyse-induzierten myokardialen Stunning: Patientinnen und Patienten, die bei der ersten Untersuchung ein myokardiales Stunning zeigten hatten nach einem Jahr eine signifikant niedrigere linksventrikuläre Pumpfunktion in Ruhe, eine zunehmende Ausdehnung der dialyse-induzierten Wandbewegungsstörungen und eine deutlich höhere Mortalität verglichen mit Patienten ohne myokardiales Stunning bei Studieneinschluss (9,10). Eindrücklicherweise hatten Patientinnen und Patienten ohne Zeichen eines dialyse-induzierten myokardialen Stunning ein 100 % Überleben in der 1-jährigen Nachbeobachtungszeit (9, 10).

Die hämodynamischen Effekte der Hämodialyse-Behandlung haben nicht nur kardiale, sondern auch systemische Auswirkungen.

Systemische Effekte der chronischen Hämodialyse

Eine Studie, die die renale Perfusion bei 29 chronischen Hämodialyse Patienten mittels CT-Perfusions-Studien vor, während und nach einer Hämodialyse-Behandlung untersuchte, konnte nachweisen, dass die renale Perfusion während der Dialyse Behandlung um 18 % abfiel und mit der Diureseabnahme nach Beginn der chronischen Hämodialyse assoziiert ist. Dabei ist die Restdiurese nach Dialysebeginn mit einer besseren Kontrolle von Serumphosphat, Hypervolämie, Bluthochdruck und sogar einem verbesserten Überleben verbunden. Der systemische hämodynamische Effekt der Dialyse-Behandlung wurde durch eine hohe Ko-Okkurrenz von myokardialen Stunning und reduzierter renaler Perfusion bestätigt (11). Erste Untersuchungen deuten sogar auf eine Umverteilung der hepatischen Perfusion mit negativem Einfluss auf die Leberfunktion und eine erhöhte Endotoxinfreisetzung während einer Hämodialyse-Behandlung hin (12).

Selbst die zerebrale Durchblutung wird durch die hämodynamischen Effekte der Hämodialyse beeinflusst. In MRI-Studien mit chronischen Hämodialyse-Patientinnen und Patienten konnte im Vergleich zu Kontrollpatienten eine diffuse Schädigung der weissen Hirnsubstanz nachgewiesen werden, die mit schlechteren Werten in neurokognitiven Tests korrelierten (13). In einem Beobachtungsverlauf von 12 Monaten kam es bei den Hämodialyse-Patientinnen und Patienten zu einer Zunahme der zerebralen Läsionen, wobei der Schweregrad der zerebralen Schädigung mit dem Ausmass der hämodynamischen Instabilität an der Hämodialyse zusammenhing (14).

Zusammenfassend ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass Hämodialyse-Behandlungen eine erhebliche, wiederkehrende Kreislaufbelastung auslösen, die in vulnerablen Gefässbetten zu Hypoperfusionsepisoden führen kann und langfristig zu relevanten Organschäden führt. Interventionen mit dem Ziel, die erhöhte Mortalität und die organspezifischen Langzeitfolgen einer Dialysebehandlung zu senken, sollten daher primär versuchen, die dialyse-induzierte Kreislaufbelastung zu reduzieren.

Therapeutische Möglichkeiten zur Reduktion der Dialyse-induzierten Hypoperfusion

Eine der bestuntersuchten Interventionen zur Reduktion der dialyse-assoziierten Kreislaufbelastung ist die Senkung der Dialysat-Temperatur unter die Körpertemperatur, die im Vergleich zu einer Dialysat-Temperatur von 37.5°C die Häufigkeit intradialytischer Blutdruckabfälle, das Auftreten von dialyse-induzierten myokardialen Wandbewegungen und dialyse-assoziierter Schädigungen der weissen Hirnsubstanz signifikant reduzieren konnte (14–16). Es wird angenommen, dass diese positiven Effekte einer niedrigeren Dialysat-Temperatur hauptsächlich auf einen verbesserten Gefässwiderstand zurückzuführen sind.

Eine weitere Massnahme zur Vermeidung der Dialyse-assoziierten Kreislaufbelastung ist das Verhindern einer chronischen Hypervolämie bei Dialyse-Patientinnen und Patienten.

So konnte zum Beispiel eine Interventionsstudie mit 120 chronischen Dialysepatienten nachweisen, dass eine verbesserte Volämiebeurteilung durch den zusätzlichen Einsatz einer Bioimpedance-Messung im Vergleich zu einer rein klinischen Volumenbeurteilung innerhalb einer 12-monatigen Verlaufsbeurteilung zu einer Reduktion der prä- und postdialytischen Hypervolämie, der linksventrikulären Hypertrophie und des systolischen Blutdrucks bei einer geringeren Anzahl notwendiger Blutdruckmedikamente erreicht werden kann (17). Allerdings war nach 12 Monaten der Anteil anurischer Patienten in der Interventionsgruppe höher als in der Standardgruppe. Die bessere prädialytische Volumenkontrolle hat bei gleichbleibender Dauer einer Dialyse-Behandlung einen direkten positiven Einfluss auf den notwendigen Flüssigkeitsentzug (Ultrafiltrationsmenge) während der nachfolgenden Dialyse-Behandlung. Dies ist von Bedeutung, da die Menge des Flüssigkeitsentzugs nicht nur ein wichtiger Risikofaktor für Dialyse-assoziierte Hypotonie und kardiale Wandbewegungsstörungen ist, sondern grosse Entzugsmengen auch mit einer Übersterblichkeit einhergehen (18).

Die Dialyse-assoziierte Kreislaufbelastung kann zusätzlich durch eine Reduktion der Entzugsgeschwindigkeit (Ultrafiltrationsrate) positiv beeinflusst werden. Die kann neben einer Reduktion der Gewichtszunahme zwischen zwei Dialyse-Behandlungen auch durch die Dauer einer Dialyse-Behandlung beeinflusst werden. Insbesondere sehr kurze Dialyse-Behandlungen unter 3h, die eine hohe Ultrafiltra­tionsrate zur Erhaltung der Euvolämie benötigen, sind mit einer Übersterblichkeit verbunden (18).

Gleichzeitig konnte eine Reihe von nicht-randomisierten Studien zeigen, dass eine verlängerte wöchentliche Dialyse-Dauer (nächtliche Dialyse oder häufigere Dialyse-Behandlungen) mit einer verbesserten Lebensqualität, einer verbesserten Blutdruck- und Phosphat-Kontrolle und sogar einer Reduktion der linksventrikulären Hypertrophie verbunden war (19, 20).

Diese Ergebnisse wurden allesamt in der randomisierten Frequent Hemodialysis Network Study bestätigt, welche 245 Patienten in eine Standardgruppe mit dreimal wöchentlicher Dialyse oder eine Gruppe mit kürzerer, sechsmal wöchentlicher Dialyse, (insgesamt zwei Stunden längere wöchentliche Dialysedauer) randomisierte (21).

In der verlängerten Studienbeobachtung zeigte sich sogar, dass die durch die verlängerte Dialyse-Dauer erzielten positiven kardiovaskulären Veränderungen auch nach dem Wechsel auf eine dreimal wöchentliche Standarddialyse zu einer signifikanten Mortalitätssenkung führten (22).
Last but not least, erscheint eine gute kardiovaskuläre Basis-Therapie mit RAAS-inhibierenden Medikamenten und Aldosteronantagonisten nach neuesten Daten der Cochrane Library und der internationalen Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study (DOPPS) nicht nur nicht schädlich zu sein, sondern sogar eine moderate Mortalitätsreduktion zu ermöglichen (23, 24).

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Markus Mutke

-Basel Klinik für Innere Medizin,
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

-Cardiovascular Research Institute,
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 2
4056 Basel

Prof. Dr. med. Tobias Breidthardt

-Basel Klinik für Innere Medizin,
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

-Cardiovascular Research Institute,
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 2
4056 Basel

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Die chronische Hämodialyse ermöglicht das Überleben von Patientinnen und Patienten mit einem terminalen Nierenversagen.
◆ Patientinnen und Patienten, die auf eine chronische Hämodialyse angewiesen sind, haben eine deutlich erhöhte Mortalität.
◆ In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass kurze, intermittierende Hämodialyse-Behandlungen zu einer systemischen Hypoperfusion führen können.
◆ Diese Hypoperfusions-Phasen führen direkt zu Organschäden (e.g. kardiale Wandbewegungstörungen, zerebrale Schäden der weissen Substanz, renale Hypoperfusion) und tragen langfristig durch irreversiblen Funktionsverlust zur hohen Morbidität und Mortalität der Dialyse-Patientinnen und -Patienten bei.
◆ Eine gute kardiovaskuläre Basismedikation, das Vermeiden einer Hypervolämie und eine Dialyse-Behandlung mit gekühltem Dialysat tragen zu einer Reduktion dieser Hypoperfusion-Phasen bei.
◆ Eine verlängerte wöchentliche Dialyse-Dauer steigert die Lebensqualität, reduziert die kardiovaskuläre Belastung der Dialyse-Behandlung und ist mit einem verlängerten Überleben assoziiert. Patientenwunsch, ärztliche Präferenz, sowie organisatorische und abrechnungstechnische Probleme verhindern einen breiteren Einsatz dieser Methode.

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3. Astley ME, Boenink R, Abd ElHafeez S, Trujillo-Aleman S, Arribas F, Asberg A, Beckerman P, Bell S, Bouzas-Caamano ME, Farnes JC, Galvao AA, Gjorgjievski N, Kelmendi VG, Guidotti R, Helve J, Idrizi A, Indriethason OS, Ioannou K, Kerschbaum J, Komissarov K, Castro de la Nuez P, Lassalle M, Nordio M, Arevalo OLR, Santiuste C, Seyahi N, Roblero MFS, Steenkamp R, Ten Dam M, Zakharova EV, Ziginskiene E, Bonthuis M, Stel VS, Ortiz A, Jager KJ and Kramer A. The ERA Registry Annual Report 2020: a summary. Clin Kidney J. 2023;16:1330-1354.
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21. Group FHNT, Chertow GM, Levin NW, Beck GJ, Depner TA, Eggers PW, Gassman JJ, Gorodetskaya I, Greene T, James S, Larive B, Lindsay RM, Mehta RL, Miller B, Ornt DB, Rajagopalan S, Rastogi A, Rocco MV, Schiller B, Sergeyeva O, Schulman G, Ting GO, Unruh ML, Star RA and Kliger AS. In-center hemodialysis six times per week versus three times per week. N Engl J Med. 2010;363:2287-300.
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Perspectives et réflexions en Antalgie intégrative

La Médecine Intégrative associe les meilleurs soins de la médecine scientifique occidentale à ceux des approches complémentaires ou Interventions Non Médicamenteuses (INM), dans le but de maintenir la santé et d’ améliorer le bien-être, en intégrant toutes les dimensions de la vie. C’ est ce qui en fait son intérêt dans le syndrome multidimensionnel qu’ est la douleur. Pour cela il est nécessaire d’ innover en allant au-delà de la médecine conventionnelle, par les thérapies énergétiques et spirituelles. Cette approche apparaît d’ autant plus évidente en gériatrie. En parallèle de ces champs de prospection, l’ information/formation des soignants médicaux et paramédicaux à cette autre dimension du soin est primordiale.

Integrative Medicine combines the best care of Western scientific medicine with complementary approaches or Non-Pharmacological Interventions (NPI), with the aim of maintaining health and improving well-being, by integrating all the dimensions of life. This is what makes it so interesting in the multidimensional syndrome of pain. Yet we need to innovate by moving beyond conventional medicine towards energetic and spiritual therapies. This approach is even more obvious in geriatrics. Alongside these fields of exploration, it is vital to inform and train medical and paramedical staff in this other dimension of care.
Key Words: Integrative Medicine, Non-Pharmacological Interventions (NPI), pain, paramedical care

Antalgie intégrative

«Lorsque l’ on parle de médecine intégrative, on parle entre autres de combiner les meilleurs soins de la médecine scientifique occidentale à ceux des médecines alternatives et complémentaires (MAC) dans le but de maintenir la santé et d’ améliorer le bien-être» (1).

La médecine occidentale conventionnelle a une orientation curative: elle traite des maladies une fois qu’ elles se présentent. La médecine complémentaire vise le maintien de l’ état de bonne santé, en favorisant des changements de mode de vie importants et durables dans le comportement des patients. Ainsi, bien que les deux approches «partagent les mêmes objectifs philosophiques», elles ont des orientations temporelles différentes (2). C’ est ce qui fait la richesse de leur association dans l’ antalgie intégrative. Dans les années 80, les traitements naturels de la douleur sont répertoriés dans un livre sous la plume de José Lefort, diplômé de l’ Institut de Psychosomatique Naturelle de Lausanne, et du Dr André Passebecq, chargé d’ enseignement de naturopathie à la faculté de médecine de Paris-XIIIème (Fig. 1). L’ intérêt présenté par l’ auteur dans l’ utilisation de ces méthodes naturelles (en dehors de l’ efficacité) tient dans le titre: «Traitements naturels de la douleur: les méthodes analgésiques naturelles et orthobiologiques pour vaincre la douleur physique sans dépendance ni toxicité» (3). Sur le moteur de recherche PubMed, on atteint le chiffre de 4443 résultats en inscrivant «Pain and integrative medicine». Le nombre d’ articles publiés à l’ année sur ce thème ne cesse d’ augmenter, passant de moins de 100 en 2012 à plus de 600 en 2022. C’ est dire la place qu’ occupent les Interventions Non Médicamenteuses (INM) dans la gestion de la douleur. La raison en découle de la définition même du syndrome douloureux chronique.

Pour rappel, la douleur chronique est un syndrome multidimensionnel caractérisé par sa persistance ou récurrence, une réponse insuffisante au traitement, et une détérioration significative et progressive, du fait de la douleur, des capacités fonctionnelles et relationnelles du patient dans ses activités de la vie journalière, au domicile comme à l’ école ou au travail. Les répercussions émotionnelles de la douleur sont aussi préjudiciables que les répercussions physiques (4). La douleur est donc à l’ intersection d’ une sommation de problèmes: somatiques (lésion organique réelle ou virtuelle), psychologiques (personnalité, histoire et culture de la personne), événementiels (traumatismes débordant les défenses) et environnementaux (familial, professionnel, social) (5). (Fig. 2)
Extrêmement répandue chez les personnes âgées, la douleur chronique est associée à une morbidité importante (mobilité limitée, isolement social et dépression). Le Dr J. Schwann (université de Stanford, USA) a mis en lumière l’ importance d’ accorder chez les personnes âgées douloureuses une attention particulière aux considérations propres au vieillissement, notamment les altérations du métabolisme des médicaments et l’ évitement de la polypharmacie (6).

Il est donc logique de conclure que seule une approche thérapeutique multidisciplinaire incluant des thérapeutiques non invasives et non iatrogènes, permet de répondre à la complexité de la douleur chronique ainsi qu’ à la spécificité gériatrique. Ce que démontre M. Besson dans un article présentant trois applications de ce concept en Suisse, à travers l’ action du réseau douleur des hôpitaux universitaires de Genève (HUG) qui met l’ accent sur la synergie entre diverses professions et entre les services pour améliorer la prise en compte de la douleur au sein de l’ institution (7).

La médecine intégrative, par la diversité et la complémentarité des thérapies qu’ elle regroupe, répond à cette demande grâce à l’ adjonction des INM aux soins conventionnels (traitements chimiques, chirurgicaux et psychologiques). Elle réadapte au monde actuel le concept de la médecine hippocratique, en intégrant toutes les dimensions de la vie: l’ environnement, le corps physique, la psyché, le mental et le spirituel, comme résumé dans le modèle d’ antalgie intégrative présenté par N. Zurron et C. Berna (8) (Fig. 3). La Plateforme universitaire CEPS (Montpellier, France) répartit les INM en 5 catégories (Fig. 4) et propose un modèle d’ évaluation scientifique adaptée aux INM qui peuvent alors faire l’ objet d’ études d’ efficacité et de leur impact sur des indicateurs de santé, de qualité de vie, comportementaux et socio-économiques (9). Les INM les plus citées en antalgie intégrative comprennent la médecine traditionnelle chinoise; les activités physiques telles que le yoga, la QI Gong et le Taï Chi, le Pilates; les thérapies nutritionnelles (jeûnes, compléments alimentaires); les thérapies manuelles (ostéopathie, massages, etc); les thérapies cognitivo-comportementales (TCC), l’ hypnose et la méditation, des programmes d’ éducation thérapeutique, des médications naturelles (homéopathie, phytothérapie, aromathérapie, etc).

Les patients revendiquent aussi de plus en plus l’ accès à ces pratiques dans leur parcours de soins conventionnels. Plus de 100 millions d’ européens en utilisent. En France, 68 % des Français sont convaincus des bienfaits des MAC jugées plus naturelles (90 %) et moins nocives pour l’ organisme (88 %), contre 56 % des médecins (deux tiers des professionnels de santé disent n’ avoir jamais suivi de formation sur les MAC) (10).

De plus en plus d’ études cliniques valident l’ effet thérapeutique et l’ innocuité de thérapies jusqu’ alors reléguées au rang «d’ ésotériques». Ces INM sont de plus en plus recommandées par les autorités de santé nationales et supranationales, prescrites par les médecins, intégrées dans les parcours de soins et remboursées par des assurances et des mutuelles.

Pour une vision globale un changement de ­paradigme est nécessaire

Malgré ce développement croissant, il est nécessaire d’ étoffer les propositions thérapeutiques antalgiques en s’ ouvrant à d’ autres médecines reposant sur un paradigme autre que la physique matérialiste. Nombreuses d’ entre elles sont en cours d’ évaluation clinique suivant par un processus d’ observation et d’ expérimentation avant toute application et intégration, comme les thérapies fréquentielles instrumentales. Nous pouvons en citer quelques exemples.

En rhumatologie, la photobiomodulation (PBM) (thérapie par laser basse intensité et champ électromagnétique pulsé) révèle ses effets bénéfiques sur les douleurs articulaires du genou (11). Au CH de Valenciennes (France), le Dr Antoine Lemaire a validé son intérêt dans la prise en charge des douleurs polymorphes chez le cancéreux, où elle agit directement sur les mécanismes responsables de la douleur, sans effet secondaire et sans interaction avec les autres traitements (12). Les traitements par champs magnétiques pulsés (PMF) suscitent un intérêt croissant en tant qu’ approche thérapeutique pour plusieurs maladies neuronales. Les résultats rapportés représentent un choix thérapeutique alternatif prometteur pour la gestion de la douleur neuropathique, grâce à ses actions anti-hyperglycémique, anti-inflammatoire, anti-hyperalgésique, anti-allodynique et neuro-immunomodulatrice (13).

En soins palliatifs, il est reconnu que la spiritualité permet aux patients d’ atteindre une plus grande conscience de soi et de répondre à leurs besoins spirituels sans les connotations religieuses, dont le soulagement de la douleur (physique et spirituelle) et d’ autres symptômes (14) (15). Il existe de plus en plus de preuves en faveur de l’ inclusion des facteurs spirituels en tant que composante importante de l’ évaluation et du traitement de la douleur (16). Dans l’ étude réalisée par L. Balducci, la perspective spirituelle a été associée, entre autres, à une meilleure tolérance au stress physique et émotionnel, et a contribué à la détection et à la gestion de la douleur spirituelle. La spiritualité a également amélioré la qualité de vie et réduit le risque de maladie et de décès pour l’ aidant du patient. (17).

D’ autres pistes à explorer? Les sciences physiques au service de la médecine

Afin de pouvoir offrir d’ autres perspectives aux patients douloureux chroniques, peut-être faut-il chercher des pistes du côté de la physique ondulatoire? L’ évolution des sciences physiques depuis l’ énonciation de la théorie relativiste (Albert Einstein) ouvre une approche scientifique des thérapies énergétiques et des expériences spirituelles. Selon les récentes découvertes en physique du rayonnement appliquée à la biologie, l’ être humain est considéré comme un champ électromagnétique complexe, un système organisé de connections fréquentielles et d’ organes qui interagissent entre eux par l’ intermédiaire d’ émissions biophotoniques (18).

C’ est le Pr Fritz Albert Popp†, biophysicien allemand de l’ université de Marburg, fondateur de «l’ Institut International de Biophysique» (IIB) à Neuss (Allemagne), qui démontra l’ existence des biophotons qui sont des photons de lumière dans la gamme des ultraviolets et de la faible lumière visible qui sont générés (et émis) par un système biologique (19). Une coopération franco-suisse (Université Paris 6ème et Institut Tropicale Suisse de Bâle) réalisa en 2009 une étude qui suggéra leur implication dans une communication cellulaire différente d’ un système basé sur les molécules et les récepteurs (20). Le Pr Popp a démontré que l’ ADN des cellules vivantes stocke et libère des photons créant des «émissions biophotoniques» qui pourraient être la solution à la maladie et à la santé (21). De fait, l’ émission de biophotons (EBP) fait référence au phénomène d’ émission constante et spontanée de lumière de tous les systèmes biologiques, y compris les humains, en raison d’ activités métabolique, sans excitation ni amélioration (22) (23).

L’ effet des thérapies électromagnétiques instrumentales et autres pourrait s’ expliquer par ce modèle de communication photonique de tout organisme vivant (cellule, tissu, organe, humain). En 2013 une revue de la littérature effectuée par le laboratoire de recherche biomédicale de l’ Université de Zurich conclut que la recherche sur les principes de la communication intercellulaire non chimique et sans contact a le potentiel d’ offrir de nouvelles perspectives fondamentales sur les processus biologiques, et donc sur les traitements (24).

Conclusion

Dans la pratique multidisciplinaire du traitement de la douleur chronique, l’ ensemble des protagonistes doit avoir connaissance des pratiques de chacun. Cette information – formation de base permet la compréhension et l’ acceptation d’ une thérapie qui nous est étrangère. Le constat de la carence en dimensions humaines autres que matérialiste dans la prise en charge de la douleur et du soin conventionnel en général sera palliée en considérant les structures électromagnétique et spirituelle de l’ être tout aussi importantes que le corps physique, autant dans la formation que dans la pratique professionnelle. Parallèlement au développement technologique des thérapeutiques analgésiques instrumentales et médicamenteuses, cette ouverture est un préalable indispensable à l’ évolution thérapeutique de la prise en charge des patients douloureux chroniques, plus particulièrement pour celles et ceux qui sont à l’ automne de leur vie.

A ce jour, la recherche clinique sur les possibilités thérapeutiques qu’ ouvre la dimension électromagnétique de l’ être humain est très peu documentée. De ce fait, il est normal que les institutions médicales restent prudentes quant à leur utilisation. Des études expérimentales en laboratoire, d’ imagerie des échanges biophotoniques et bien entendu des évaluations cliniques, sont plus que nécessaires pour mieux cerner les indications d’ utilisation de ces thérapies en antalgie intégrative.

Qu’ elle se fasse par la voie scientifique de la physique du vide et/ou par la voie philosophique de la spiritualité, cette ouverture transformera l’ approche du syndrome douloureux qui pourra peut-être devenir le guide menant soignants et patients vers une libération du corps et une reconnexion de l’ âme.

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Dr Olivier Abossolo

Médecin Anesthésiste Réanimateur
Département Douleur,
Psychosomatique, Maladie Fonctionnelle
PHU Cliniques Médicales,
Hôpital St Éloi, CHU Montpellier
80 avenue Augustin Fliche
34295 Montpellier Cedex 5
France

L’ auteur a déclaré aucun intérêt avec un organisme privé industriel ou commercial en relation avec le sujet traité.

  • La Médecine Intégrative consiste en l’ association des Interventions Non Médicamenteuses (INM) aux soins conventionnels. Elle est de plus en plus appliquée dans le traitement de la douleur chronique. Son évolution à court terme pourrait passer par l’ ouverture aux thérapies énergétiques et spirituelles pour gagner en efficience.

1. Organisation Mondiale de la Santé. 2000. «Médecine traditionnelle: définition». In «Principes méthodologiques généraux pour la recherche et l’ évaluation de la médecine traditionnelle».
2. McEwen, Laurel. «La médecine intégrative aux États-Unis et en France», Hegel, vol. 1, no. 1, 2020, pp. 52-57.
3. J. Lefort. Traitements naturels de la douleur. Les méthodes analgésiques naturelles et orthobiologiques pour vaincre la douleur physique sans dépendance ni toxicité. Editions Dangles. 1984.
4. Haute Autorité de Santé (HAS). Douleur chronique: reconnaître le syndrome douloureux chronique, l’ évaluer et orienter le patient. Consensus formalisé. 2008
5. https://www.prevention-sante.eu/actus/medecine-integrative-medecine-futur
6. Schwan J, Sclafani J, Tawfik VL. Chronic Pain Management in the Elderly. Anesthesiol Clin. 2019 Sep;37(3):547-560. doi: 10.1016/j.anclin.2019.04.012. Epub 2019 Jun 18. PMID: 31337484; PMCID: PMC6658091.
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8. N. Zurrron, C. Berna. Rev Med Suisse 2019; 15: 1259-65.
9. Ninot, Grégory. «Intervention non-médicamenteuse INM: un concept pour lever les ambiguïtés sur les médecines douces et complémentaires», Hegel, vol. 1, no. 1, 2018, pp. 2-3.
10. Sondage réalisé pour Orange, Nehs (actionnaire du «Quotidien»), Asip Santé, Sciences Po, le Figaro santé et France Inter, auprès d’ un échantillon de 290 médecins (76 généralistes, 166 spécialistes et 48 internes) interrogés par Internet du 26 décembre 2018 au 20 janvier 2019, et d’ un échantillon de 995 Français représentatif de la population française, interrogés par Internet les 19 et 20 décembre 2018.
11. E. Leal Junior, D. Scott Johnson. Adjunctive use of combination of super-pulsed laserand light-emitting diodes phototherapy on nonspecific knee pain: double-blinded randomized placebo-controlled trial. Lasers Med Sci (2014) 29:1839–1847 DOI 10.1007/s10103-014-1592-6
12. Lemaire, Antoine. (2023). Photobiomodulation: intérêt et perspectives dans la douleur multimorphe du cancer. 10.13140/RG.2.2.33862.86082.
13. Mert T. Pulsed magnetic field treatment as antineuropathic pain therapy. Rev Neurosci. 2017 Oct 26;28(7):751-758. doi: 10.1515/revneuro-2017-0003. PMID: 28599399.
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16. Siddall PJ, Lovell M, MacLeod R. Spirituality: what is its role in pain medicine? Pain Med. 2015 Jan;16(1):51-60. doi: 10.1111/pme.12511. Epub 2014 Aug 26. PMID: 25159525.
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18. Brizhik, Larissa & Del Giudice, Ennio & Popp, F.-A & Maric-Oehler, W & Schlebusch, K.-P. (2009). On the Dynamics of Self-Organization in Living Organisms. Electromagnetic biology and medicine. 28. 28-40. 10.1080/15368370802708272.
19. Popp, Fritz-Albert. (2003). Properties of biophotons and their theoretical implications. Indian journal of experimental biology. 41. 391-402.
20. Fels D. Cellular communication through light. PLoS One. 2009;4(4):e5086. doi: 10.1371/journal.pone.0005086. Epub 2009 Apr 1. Erratum in: PLoS One. 2009;4(7). doi: 10.1371/annotation/8d99ccc5-cc76-44f4-b468-d63e42e0b9e1. PMID: 19340303; PMCID: PMC2660427.
21. Popp, FA & Nagl, W & Li, K & Scholz, W & Weingärtner, Otto & Wolf, R. (1984). Biophoton emission – New evidence for coherence and DNA as source. Cell biophysics. 6. 33-52. 10.1007/BF02788579.
22. Popp, FA & Zhang, JZ. (2000). Mechanism of interaction between electromagnetic fields and living organisms. Science in China Series C Life Sciences. 43. 507-518.
23. Popp, Fritz-Albert. (1986). On the Coherence of Ultraweak Photonemission from Living Tissues. Disequilibrium and Self-Organization. 207-230. 10.1007/978-94-009-4718-4_16.
24. Scholkmann F, Fels D, Cifra M. Non-chemical and non-contact cell-to-cell communication: a short review. Am J Transl Res. 2013 Sep 25;5(6):586-93. PMID: 24093056; PMCID: PMC3786266.

Der Mensch ist, was er isst.

Der Philosoph Ludwig Feuerbach verdichtete mit diesem Satz seine Kritik an der überhöhten Stellung der Seele und des Geistes als Wesensmerkmal des Menschen. Feuerbach definiert das Menschsein über den Körper und der damit verbundenen Sinnlichkeit. «Der Leib ist die Existenz des Menschen.» Für ihn gibt es ohne Ernährung kein Denken, kein Wohlergehen, und keine Moral: «Die Diät ist die Basis der Weisheit und Tugend …. Wollt ihr das Volk bessern, so gebt ihm bessere Speisen. Der Mensch ist, was er isst.» Schon 100 Jahre vorher hatte Immanuel Kant in seiner Tugendlehre die Selbsterhaltung durch gesundes Essen zur moralischen Pflicht erklärt.

Ganz in diesem Sinne strebt die Biopolitik der westlichen Regierungen an durch Vorschriften zur Nahrung und durch Erziehung der Bevölkerung die Volksgesundheit zu verbessern. Krankheiten wie Diabetes, Arteriosklerose, Krebserkrankungen sollen eingedämmt werden. Diesem Ziel kann nicht ernsthaft widersprochen werden. Aber es stellt sich die Frage, wie es am besten erreicht werden kann. Denn was ist «gesundes», was «besseres» Essen? Ist es einfach wenig Zucker, wenig Salz, wenig Fett, viel Gemüse? Das sind die Makronährstoffe. Was ist die richtige Menge an Mikronährstoffen (Vitamine, Spurenelemente, essentielle Aminosäuren)? Wie müssen wir neue Entwicklungen, wie genetisch veränderte Lebensmittel, Metabolomik, Proteomik, Nahrungszusätze, Ernährungsmedizin (culinary medicine), Erkenntnisse der Interaktion von Darmflora und Essen, für die gesunde Ernährung berücksichtigen? Ernährungsstudien sind schwierig durchzuführen und gute Evidenz ist eher spärlich. Studien wären aber wichtig, weil Empfehlungen basierend auf pathophysiologischen Überlegungen nicht genügen. So haben wir früher, überzeugt von ihrem Nutzen, die Diabetes Diät beim Diabetes und die cholesterinarme Diät bei der Hypercholesterinämie verordnet. Beide Massnahmen hatten wenig Effekt und sind inzwischen verschwunden. Nichtsdestotrotz entstand nun eine Bewegung «Food-is-Medicine». Soll dieses Konzept Erfolg haben, dann muss noch viel Wissen erarbeitet werden. Denn Nahrung ist kein Medikament. Beim Medikament wird die exakte Dosis eines Wirkstoffs eingenommen. Bei der Nahrung ist nicht nur der «Wirkstoff» nicht dosierbar, sondern die Zubereitung und Einnahme ist abhängig von den Vorlieben, Gewohnheiten, kulturellen Bräuchen und von religiösen und sozialen Regeln und Geboten. Eine erste grosse Studie, die das Konzept «Food-is-Medicine» prüfte ist denn auch kläglich gescheitert (1). In der Studie wurden Patienten mit Diabetes Typ II während sechs Monaten mit ausgewählten Nahrungsmitteln versorgt und von Ernährungsberatern eng betreut. Verglichen mit der Kontrollgruppe hat die aufwändige Intervention nicht nur den Diabetes nicht verbessert, sondern das Körpergewicht der behandelten Patienten nahm zu statt ab. Ein Defizit an zuverlässigem Wissen bei den Ernährungsexperten wurde offensichtlich. Das New England Journal of Medicine will unser Wissen bezüglich der Effekte von Diätinterventionen stärken, oder besser unser Unwissen senken, und vermehrt Arbeiten zu diesem Thema veröffentlichen (2). Die Herausgeber weisen darauf hin, dass für eine korrekte Ernährung viele Aspekte berücksichtigt werden müssen. Zum einen ändern die Bedürfnisse im Laufe des Lebens. Die optimale Ernährung für Kinder, Schwangere und betagte Menschen unterscheidet sich substantiell. Zudem verlangen eine Vielzahl von Krankheiten, wie Polymorbidität, Lebensmittelunverträglichkeiten, entzündliche Darmerkrankungen, Betreuung nach bariatrischer Operation eine spezielle Ernährung. Im Lichte dieser offensichtlichen Komplexität scheint der gegenwärtige Ansatz einer vom Staat vorgeschriebenen Anpassung der Nahrungszusammensetzung (z. B. eidgenössische Salzinitiative) nicht sinnvoll. Bei fehlender guter Evidenz der Auswirkung auf die gesamte Bevölkerung kann damit mehr Schaden als Nutzen entstehen.

Zum Schluss sei noch einmal an die Feuerbach’sche Sinnlichkeit als Wesensmerkmal des Menschen erinnert. Ein feines Essen ist wohltuend für die seelische und körperliche Gesundheit. Massvoller Genuss ist sinnvoll und nicht verboten.

Prof. Dr. med. Franz Eberli

1. JAMA Intern Med. 2024;184(2):154-163.
2. New Engl J Med 2024;390(14):1324-25

Prof. Dr. med. Franz R. Eberli

Stadtspital Zürich Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

franz.eberli@triemli.zuerich.ch

CARDIO FLASH

Herzklappen der Frauen

Prognose nach Reparatur der Mitralklappe bei schwerer Mitralinsuffizienz

Die europäischen und die amerikanischen Richtlinien empfehlen eine Reparatur der Mitralklappe, wenn infolge einer schweren Mitralinsuffizienz das endsystolische Volumen auf >40 mm angestiegen oder die linksventrikuläre Auswurffraktion (EF) unter 60 % abgesunken ist. Eine grosse Registerstudie hat nun gezeigt, dass Frauen bei diesen Grenzwerten mehr Symptome, mehr Komorbiditäten (z.B. Vorhofflimmern) und eine höhere Mortalität haben (1). Die indexierte LV-Dimension (LVESDi) zum Operationszeitpunkt war bei den Frauen grösser. Je grösser der LV und je tiefer die EF, umso höher war die Mortalität der Frauen verglichen mit den Männern.

Diese Daten sprechen für eine tendenziell frühere operative Sanierung der Mitralklappe bei den Frauen. Wünschenswert wären auch geschlechtsspezifische Richtlinien für die Operationsindikation bei der Mitralklappe. Bei der Erarbeitung der Daten könnten idealerweise auch neue volumetrische Masse aus CT- oder MR-Untersuchungen, statt nur der eindimensionale LV end-systolische Diameter, berücksichtigt werden (2).

Progression und Prognose bei leichter und mittelschwerer Aortenstenose

In einer Registerstudie wurden Patientinnen (43 %) und ­Patienten mit leichter bis mittelschwerer Aortenstenose (KöF 1–2 cm2) (Alter =74 Jahre) nachverfolgt (3). Die Progredienz zur schweren Aortenstenose erfolgte bei den Frauen langsamer als bei den Männern (Zunahme des Druckgradienten 1.15 vs.2.1 mmHg/Jahr). Die Männer zeigten ein exzentrisches Remodeling des LV. Die Frauen entwickelten eine konzentrische Hypertrophie mit dickerem Septum und höheren LV Füllungsdrücken. Bei den Frauen nahm die LV-Auswurffraktion weniger schnell ab. Aus ungeklärten Gründen wurde bei den Frauen nach Erreichen einer schweren Aortenstenose weniger oft eine Klappenersatz durchgeführt als bei den Männern (37 vs. 58/ 1000 Patientenjahre). Die Mortalität, auch wenn stratifiziert nach Alter und Schwere der Stenose, war nicht unterschiedlich zwischen Frauen und Männern.

Trotz gleicher Mortalität sollten wir nicht annehmen, dass die Betreuung und der Operationszeitpunkt bei Frauen und Männern optimal ist. Auch hier wäre eine geschlechterspezifische Abklärungsstrategie und differenzierte Empfehlung für die operative Sanierung wichtig (4).

Prof. Dr. med. Franz Eberli

Literatur
1. Abadie BQ. et al. J Am Coll Cardiol 2024;83:303-312
2. Sannino A and Fortuni F. J Am Coll Cardiol 2024;83:313-316
3. Hariri EH. et al. JACC: Cardiovasc Imaging 2024;17:1-12
4. Pellikka P and Kato N. JACC: Cardiovasc Imaging 2024;17:13-15

Omega-3-Fettsäure EPA: Mehr Schaden als Nutzen

Omega-3-Fettsäure-Supplemente sollen besonders wirksam sein bei Patienten mit tiefem Gehalt an der Eicosapentaensäure (EPA), gemessen als Verhältnis EPA/Arachnidonsäure. Eine japanische Studie (RESPECT-EPA) (1) hat deshalb bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und tiefem EPA/AA-Verhältnis (0.243) in einer unverblindeten, nicht Placebo-kontrollierten Studie untersucht, ob 1800 mg EPA täglich die kardiovaskulären Ereignisse reduziert. Die Studie war ursprünglich auf 2 Jahre angelegt. Wegen fehlenden Effekts von EPA wurde sie auf insgesamt 5 Jahre Nachbeobachtung ausgedehnt. Nach vier Jahren Nachbeobachtung lagen die Ereignisraten noch deckungsgleich übereinander. Erst dann kam es zu einem Auseinandergehen der Kaplan- Meier-Kurven. Zu diesem Zeitpunkt verblieben allerdings nur noch 31 % Kontrollpatienten und 28 % EPA-behandelte Patienten in der Studie. Der primäre Endpunkt kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Hospitalisation wegen instabiler Angina pectoris und koronare Revaskularisation wurde in 112/1225 EPA Patienten und in 155/1235 Kontrollpatienten erreicht und war nicht signifikant unterschiedlich. Der numerische Unterschied kam alleine durch eine höhere Anzahl an elektiven Koronarinterventionen in der Kontrollgruppe zustande. Die Autoren diskutieren selber, dass dies eine Folge der unverblindeten Studienanlage ist. Auf der anderen Seite bewirkte EPA signifikant mehr Vorhofflimmern (3.8 % vs. 1.2 %; p=0.017) und mehr gastro-intestinale Nebenwirkungen (3.4 % vs. 1.2 %; p=<0.001). Die vermehrte Anzahl von neu aufgetretenem Diabetes war statistisch nicht signifikant (2.1 % vs. 1.2 %).

Trotz selektivem Einschluss von Patienten mit potentiell grösstem Nutzen aufgrund des metabolischen Profils mit tiefem EPA/AA-Verhältnis hat das Supplementieren der Nahrung mit der omega-3-Fettsäure EPA einmal mehr die kardiovaskulären Ereignisse nicht reduziert, jedoch vermehrt Vorhofflimmern ausgelöst. Omega-3-Fettsäuren Supplemente sollen in der Primärprävention oder Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen nicht eingesetzt werden.

Prof. Dr. med. Franz Eberli

Literatur
1. Miyauchi K. et al. Circulation 2024. DOI:10.1161/CIRCULATIONAHA.1223.065520

Kein prognostischer ­Nutzen von SGLT2-Hemmern in post-MI Patienten

Die EMPACT-MI-Studie untersuchte den Nutzen einer zusätzlichen Behandlung mit dem SGLT2-Hemmer Empagliflozin zur Standardtherapie nach einem akuten Myokardinfarkt (1). In EMPACT-MI wurden > 6500 Patienten mit einer neu aufgetretenen linksventrikulären Dysfunktion mit LVEF ≤ 45 % oder Anzeichen einer behandlungsbedürftigen Hypervolämie nach einem Myokardinfarkt, in 75 % ST-Hebungsinfarkt, zu Empagliflozin oder Placebo randomisiert. Die Patienten waren durchschnittlich 64 Jahre alt und wurden mehrheitlich revaskularisiert. Die Basistherapie bestand aus ACE-Hemmern, Betablocker, Statine und Diuretika. Nach 18 Monaten zeigten sich keine Unterschiede im kombinierten primären Endpunkt bestehend aus Mortalität oder Herzinsuffizienz-Hospitalisationen (Empagliflozin 8.2 % Empagliflozin; Placebo 9.1 % ; Hazard Ratio 0.90 mit 95 % CI, 0.76–1.06; P = .21). Die Gesamtzahl der Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz war in der Empagliflozin-Gruppe allerdings niedriger (HR, 0.67; 95 % CI, 0.51–0.89).

Diese Ergebnisse bestätigen die Ergebnisse der DAPA-MI-Studie mit Dapagliflozin, die ebenfalls keine signifikante Verringerung der kardialen Ereignisse nach einem Herzinfarkt zeigte (2). Dies deutet darauf hin, dass obwohl SGLT2-Inhibitoren bei Herzinsuffizienz, chronischen Nierenerkrankungen und Diabetes äusserst wirksam sind, bei Patienten unmittelbar nach einem Herzinfarkt keinen signifikanten Nutzen bringen. Dies liegt nicht an der Unwirksamkeit der SGLT2-Hemmer, sondern vielmehr daran, dass die Vergleichstherapien (akute Revaskularisierung, Thrombozytenaggregationshemmer, Statine, ACE-Hemmer etc.) bereits sehr potent sind. Aufgrund von EMPACT-MI nun einen klinisch relevanten Nutzen von Empagliflozin zur Verhinderung von Herzinsuffizienz-Hospitalisationen in post-MI Patienten zu postulieren, erscheint mir problematisch, da es sich dabei um eine Subgruppenanalyse einer negativen Studie handelt (3). Vielmehr sollten konsequent alle Patienten mit bekannter Herzinsuffizienz, Diabetes oder chronischer Niereninsuffizienz (v.a. mit Albuminurie) ungeachtet eines Myokardinfarktes mit SGLT2-Hemmern behandelt werden. Bei diesen Patientenkollektiven ist der prognostische Nutzen unbestritten.

Prof. Dr. med. Otmar Pfister

Literatur
1. Butler J, Jones WS, Udell JA, et al. Empagliflozin after Acute Myocardial Infarction. N Engl J Med 2024;390:1455-66.
2. James S, Erlinge D, Storey RF, et al. Dapagliflozin in Myocardial Infarction without Diabetes or Heart Failure. NEJM Evid 2024;3:EVIDoa2300286.
3. Hernandez AF, Udell JA, Jones WS, et al. Effect of Empagliflozin on Heart Failure Outcomes After Acute Myocardial Infarction: Insights From the EMPACT-MI Trial. Circulation 2024;149:1627-38.

Hohes Alter und Dyslipidämie: Statin ja oder nein in der Primärprävention?

Ist es sinnvoll Statine zur Primärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei älteren Patienten (Alter > 75 Jahre) einzusetzen? Hierzu besteht wenig Konsens, da diese Bevölkerungsgruppe in randomisierten kontrollierten Studien unterrepräsentiert ist. Die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin rät deshalb in dieser Altersgruppe in ihren Empfehlungen 2021 zu «smarter medicine» von einer Neubehandlung von Dyslipidämien bei Personen >75 Jahre in der Primärprävention ab. Die AGLA widerspricht dieser Empfehlung und folgt weiterhin den Empfehlungen der ESC und AHA/ACC von 2019, wonach eine Therapie bei entsprechend hohem Risiko auch im Alter > 75 Jahre erwogen werden soll, insbesondere auf der Basis einer «patient shared decision».

Eine auf elektronischen Krankenakten basierte longitudinale Observationsstudie bei knapp 70 000 Personen untersuchte nun den primärpräventiven Nutzen einer Statin-Therapie bei alten (75–84 Jahre) und sehr alten Personen ( ≥ 85 Jahre). Studien-Design: «sequential target trial emulation comparing matched cohorts initiating versus non-initiating statin therapy». Eine Statin-Therapie war dabei bei Personen 74–84 Jahre mit einer Reduktion des standartisierten 5-Jahresrisiko für kardiovaskuläre Ereignisse von 1 % in der «intention to treat» Analyse und von 5 % in der «per protocol» Analyse assoziiert. Sehr alte Patienten ( ≥ 85 Jahre) wiesen sogar eine deutlich höhere Risikoreduktion auf (4.4 % intention to treat; 12.5 % per protocol). Typische Statin-assoziierte Nebenwirkungen wie Myopathien oder Erhöhung der Leberenzyme traten in beiden Altersgruppen nicht gehäuft auf. Die in dieser Studie gezeigte Statin-assoziierte Risikoreduktion von kardiovaskulären Ereignissen bei alten und sehr alten Personen und die gute Verträglichkeit in dieser Patientenpopulation unterstützt die Empfehlungen der AGLA und ESC/AHA/ACC auch Patienten > 75 Jahre bei hohem kardiovaskulären Risiko und Dyslipidämie mit Statinen zu behandeln.

Prof. Dr. med. Otmar Pfister

Literatur
Xu W, Le AL, Lam CLK et al. Benefits and risks associated with statin therapy for primary prevention in old and very old adults; real-world evidence from a target trial emulation study. Ann Intern Med. 2024;Epub ahead of print

Prof. Dr. med. Franz R. Eberli

Stadtspital Zürich Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

franz.eberli@triemli.zuerich.ch

Prof. Dr. med. Otmar Pfister

Klinik für Kardiologie
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

otmar.pfister@usb.ch

Rückblick und Ausblick: Wohin entwickelt sich die Kardio-Onkologie?

Der noch junge Bereich der Kardio-Onkologie hat über die letzten Jahre enorme Fortschritte gemacht. Die Verbesserung onkologischer und hämatoonkologischer Therapien mit einer grösser werdenden Anzahl von Langzeitüberlebenden und das wachsende Bewusstsein für Krebstherapiebedingte kardiovaskuläre Nebenwirkungen mit kurz- und langfristig überhöhter kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität waren Basis für die ersten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology; ESC) zum Thema Kardio-Onkologie 2022 (1). Mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung möchten wir einen Überblick geben über die ersten Erfahrungen mit den Leitlinien im klinischen Alltag sowie einen Ausblick für die zukünftige Kardio-Onkologie.

During the past years, the still young field of Cardio-Oncology has made enormous progress. The increasing number of long-term cancer survivors due to improved oncological therapies as well as the growing awareness of cancer-therapy-related cardiovascular side effects and the excess cardiovascular morbidity and mortality in this patient segment formed the basis for the first international guidelines on Cardio-Oncology from the European Society of Cardiology (ESC) (1). More than a year after publication of these guidelines in 2022 we would like to reflect on the first experiences in everyday clinical practice and provide an outlook into the future of Cardio-Oncology.
Key Words: cardio-oncology, ESC Guideline, adverse cardiovascular events, risk assessment, primary and secondary prevention

Einführung

Krebserkrankte weisen eine erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität auf. Gemeinsame Risikofaktoren sowie Folgen potentiell kardiotoxischer Therapien gehören dabei zu den Hauptursachen. Die modernen und verbesserten Behandlungsoptionen auf dem Gebiet der Onkologie mit zunehmender Überlebenszeit nach der Krebsdiagnose rücken die kardiale Sicherheit für diese Patienten immer mehr in den Vordergrund. Umgekehrt zeigen Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen wie z.B. Herzinsuffizienz (2), Myokardinfarkt (3) oder reduzierter kardiovaskulärer Fitness (4) ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Krebsleidens. Die Schnittstellen sind multipel und vielfach nicht komplett verstanden.

Diese Beobachtungen bildeten die Basis für eine allgemeingültige, frühe und aggressive kardiovaskuläre Risikostratifizierung und Versorgung von Krebspatienten. Am ESC-Kongress in Barcelona 2022 wurden die neuen und ersten internationalen Guidelines für Kardio-Onkologie vorgestellt. Ein wichtiger und grundlegender Gedankenansatz dieser Leitlinien ist, dass es sich beim kardiovaskulären Risiko onkologischer Patienten um eine kontinuierliche Variable handelt, die sich über den gesamten onkologischen Behandlungsverlauf und darüber hinaus verändern kann. Ziel der Leitlinien ist es im Sinne eines proaktiven Ansatzes, das medizinisch-behandelnde Team von onkologischen Patienten vor, während und nach der Krebsbehandlung zu unterstützen, um kardiovaskuläre Nebenwirkungen optimalerweise zu verhindern oder zu minimieren (Abb. 1). Über 272 Empfehlungen sowie zahlreiche Strategien zur frühzeitigen Detektion und kardioprotektiven Behandlung werden uns an die Hand gegeben, fast 60% davon sind sogar als Klasse I-Empfehlungen formuliert. Allerdings gilt zu beachten, dass gross angelegte, randomisierte klinische Studien für das kardio-onkologische Patientenkollektiv weitgehend fehlen. Somit sind nur 3% der Empfehlungen mit dem Evidenzgrad (LOE) A versehen, und die meisten Empfehlungen basieren auf einem Experten-Konsensus oder kleineren Studien (LOE C: 76%). Nichtsdestotrotz liefern die Leitlinien mit Schaubildern und Algorithmen ein wertvolles, sehr ausführliches Nachschlagewerk. Über ein Jahr nach der Veröffentlichung dieser Guidelines ziehen wir eine kurze Bilanz bezüglich deren Anwendbarkeit im klinischen Alltag.

Wichtigste Punkte der Guidelines

Harmonisierung des Begriffs Kardiotoxizität

In der Vergangenheit bezog sich der Begriff «Kardiotoxizität» (Cancer Therapy-Related Cardiovascular Toxicity, CTR-CVT) vorwiegend auf eine myokardiale Dysfunktion und Herzinsuffizienz. In der ESC-Leitlinie wird – auf Grundlage der Definitionen der International Cardio-Oncology Society (IC-OS) (5) – betont, dass die CTR-CVT ein sehr breites Spektrum an kardiovaskulären Störungen umfasst, einschliesslich der koronaren Herzkrankheit, Herzklappenerkrankungen, Herzrhythmusstörungen, Perikarderkrankungen, autonomer Dysfunktion sowie systemischer und pulmonaler Hypertonie. Neu definiert, mit klaren Kriterien, wurde die myokardiale Dysfunktion basierend auf der Abnahme der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) und dem globalen longitudinalen Strain (GLS) sowie des Anstiegs kardialer Biomarker. Diese universelle Definition der Kardiotoxizität sowie deren Schweregrades ist grundlegend, um im klinischen Alltag im gesamten Behandlungsteam von Krebspatienten eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Schliesslich ist nicht selten die zentrale Frage bezüglich der onkologischen Therapie hiermit verknüpft: Abbrechen, unterbrechen oder weitermachen?

In der Onkologie wird aktuell die 6. Version der Common Terminology Criteria of Adverse Events (CTCAE) erwartet. Die Übernahme der Kardiotoxizitäts-Kriterien aus der ESC-Leitlinie ist zu erhoffen, da mit den Definitionen der CTCAE ebenfalls erhebliche praktische Auswirkungen für den Praxis- und Klinikalltag verbunden sind. Auch die Vergleichbarkeit in Studien- und Register-Daten wird erst durch eine breite Vereinheitlichung der Definitionen ermöglicht, was die Evidenzlage für zukünftige Empfehlungen in der Kardio-Onkologie qualitativ stark verbessern würde.

Baseline-Risk-Assessment vor Therapiebeginn

Ein wichtiger Input der Leitlinie ist die standardisierte Risikostratifizierung onkologischer Patienten noch vor Beginn der onkologischen Therapie. Denn erhält ein Patient die Diagnose «Krebs» ist eine Schlüsselfrage, wie ein Patient mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Toxizität identifiziert werden kann. Hier empfehlen die neuen Kardio-Onkologie-Leitlinien für 13 verschiedene Krebs

behandlungen (hierunter Chemotherapien, molekulare Therapien, Immuntherapien, hämatopoetische Stammzelltransplantation, Strahlentherapie u.a.) sowie im Fall einer Hormontherapie ein Baseline Risiko-Assessment als Basis für das weitere Monitoring und präventive Massnahmen (Abb. 2).

Einige Prädiktoren für kardiale Toxizität sind bekannt, wie z.B. Alter, Bluthochdruck, Diabetes, eine vorbestehend reduzierte systolische linksventrikuläre Funktion oder auch eine zurückliegende Anthrazyklin-haltige Therapie. Die Autoren der Guidelines verweisen zur einheitlichen Risikobewertung auf den Risiko-Kalkulator der Heart Failure Association (HFA) der ESC und der IC-OS (6). Dieser berücksichtigt Patienten-bedingte Faktoren wie kardiovaskuläre Risikofaktoren (KVRF), kardiovaskuläre Vorerkrankungen, EKG, Bildgebung, kardiale Biomarker sowie die onkologische Therapie. Je nach Resultat (niedriges, mittleres oder hohes/sehr hohes Risiko) werden in Folge Art und Umfang verschiedener Präventions- und Überwachungsstrategien empfohlen. Die ESC-Online-App ist mit dem interaktiven Risiko-Assessment Tool ein sehr geeignetes Hilfsmittel für die Risikostratifizierung im klinischen Alltag (https://www.escardio.org/Guidelines/Clinical-Practice-Guidelines/Guidelines-derivative-products/ESC-Mobile-Pocket-Guidelines).

Allerdings birgt das Baseline-Risiko-Assessment mehrere Hürden. Das vorgeschlagene Risiko-Assessment ist nie für diesen Zweck vollumfänglich validiert worden. Die tatsächliche Leistung und klinische Anwendbarkeit im Alltag sind jedoch zumindest für einige Patienten-Subgruppen gezeigt worden, so z.B. für Patienten mit geplanter Anthrazyklin-basierter Therapie (7) oder mit chronisch myeloischer Leukämie (CML) vor Tyrosin-Kinase-Inhibitor Therapie (8). Auch die Implementierung des Baseline Risk-Assessment in den Praxisalltag scheint erschwert. Denn es stellt sich in erster Linie die Frage, wer eigentlich für diese Risiko-Bewertung zuständig ist. Der kardiologische Fachkollege eher nicht; diese(r) wird in der Regel erst beigezogen, wenn bei einem Patienten bereits ein erhöhtes Risiko identifiziert worden ist. Im Gegenzug hat das onkologische Behandlungsteam kaum detaillierte Kenntnisse der Kardio-Onkologischen Guidelines der ESC und auch der Hausarzt rückt in der Phase einer neu diagnostizierten Tumorerkrankung zumindest passager in den Hintergrund. Ein weiteres Problem stellt der Zeitfaktor dar. Auch mit der besten Triage im kardiologischen Praxisalltag kommt es zu Wartezeiten und es ist kaum sinnvoll, auf die komplettierte Risikostratifizierung zu warten, bevor grünes Licht für den Therapiestart gegeben wird.

Primär-Prävention

Die Primär-Prävention beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie Kardiotoxizität verhindert oder minimiert werden kann. Frühe Studien auf diesem Gebiet liessen einen Nutzen für die Herzfunktion durch den Einsatz von ACE-Hemmern (ACEI) und Betablockern (BB) erahnen. Neuere randomisierte Studien konnten jedoch nur eine geringe oder gar keine Wirkung neurohormonaler Inhibitoren in der Primär-Prävention zeigen. So fiel auch eine grosse Metaanalyse von 17 Studien wenig überwältigend aus (9). Zwar war die LVEF leicht höher unter der kardioprotektiven Therapie, die Resultate aber waren sehr heterogen, mit wenig absolutem Unterschied der LVEF. Ähnlich fiel das Ergebnis der Themen-gleichen Metaanalyse in der grossen Gruppe der Patientinnen mit Brustkrebs aus (10). Einschränkend muss bei der Interpretation dieser Studien jedoch berücksichtigt werden, dass die häufig kleine Patientenzahl und vor allem die sehr heterogene, meist jüngere und somit potentiell gesündere Studienpopulation als im real-world Setting möglicherweise zu falsch negativen oder unterschätzten Resultaten führen.

Somit müssen wir noch besser verstehen, welche Patienten von einer primär-präventiven Therapie profitieren. Dies gilt nicht nur für den Einsatz neurohormonaler Inhibitoren wie ACEI oder Angiotensin Rezeptor Blocker (ARB) und BB. Es existieren auch primär-präventive Studien mit Statinen. Während die PREVENT-Studie (11) bei vorwiegend Brustkrebspatientinnen keinen Schutzeffekt ergab, zeigte sich in der STOP-CA-Studie (12) für die prophylaktische Statin-Behandlung ein signifikanter Benefit mit einem deutlich niedrigeren Risiko für das Auftreten einer LV-Dysfunktion bei LymphomPatienten. Diese diskrepanten Resultate der beiden Studien implizieren, dass eine solche Strategie möglicherweise nur bei Hoch-Risiko-Patienten sinnvoll ist und veranschaulichen, dass künftige Studien mit gut durchdachtem Design in möglichst homogenen Patientenpopulationen für die Gewinnung weiterer Erkenntnisse notwendig sind.

Aktuell erlauben die existierenden klinischen Studien keine allgemeingültige Empfehlung einer breiten Verabreichung einer primär-präventiven kardioprotektiven Pharmakotherapie. Vielmehr sollte diese auf der Risikobewertung des einzelnen Patienten basieren und v.a. bei Hoch-Risiko-Patienten eingesetzt werden. Konsens besteht darin: um eine wirksame Krebsbehandlung mit wenig unnötigen Unterbrüchen zu ermöglichen, sollten bereits bestehende kardiovaskuläre Herz-Kreislauf-Probleme unbedingt angemessen behandelt sein. Aus dem Praxisalltag wissen wir um die hohe Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen und Risikofaktoren. Wenn man genauer hinschaut, bestehen auch häufig entsprechende medikamentöse Therapien bei Patienten mit onkologischer Erkrankung, allerdings sind KVRF in dieser Patientenpopulation grossteils nicht suffizient kontrolliert (13).

Monitoring während der Therapie

Zur Vermeidung von kardiovaskulären Problemen, bzw. Kardiotoxizität bei Patienten unter onkologischer Therapie wird in der ESC-Leitlinie eine Überwachung generell empfohlen. Wie zu vielen anderen fachspezifischen Risiko-Fragen wird zur Diagnostik subklinischer Auffälligkeiten der multimodale Ansatz verfolgt, also die Kombination aus Kontrolle der Vitalparameter, EKG, Echo oder MRT und kardialen Biomarkern. So finden sich zu 13 verschiedenen potentiell kardiotoxischen Therapien in den Guidelines übersichtliche Surveillance-Pläne. Je nach Ausgangsrisiko der Kardiotoxizität sind die Empfehlungen häufiger oder eben weniger häufiger Kontrollen aufgeführt. Diese Surveillance-Protokolle klingen zwar plausibel, sind im klinischen Alltag jedoch nicht einfach umzusetzen, wenn man der Ressourcen-Knappheit und Kosteneffizienz Rechnung tragen soll (14,15). Eine jeweilige Priorisierung scheint im Gesamtkontext unumgänglich.

Jede Methode zur Überwachung der Herzgesundheit hat ihre Stärken und Limitationen. Dies ist auch bei der Echokardiographie der Fall. Von der Arbeitsgruppe um P. Thavendiranathan (16) wurde gezeigt, dass die biplane LVEF-Bestimmung nach Simpson – wenn es um die frühe Detektion einer LV-Dysfunktion geht – ungenügend ist, weil sie erst grössere LVEF-Abnahmen valide feststellen kann und eine erhebliche Variabilität aufweist. Im Methodenvergleich hat die 3D-Methode am besten abgeschnitten, mit der kleinsten Variabilität von 6% gegenüber >10% der 2D-Analyse. Seit längerem wissen wir, dass bei der Überwachung der kardialen Funktion die Bestimmung des globalen longitudinalen Strain (GLS) helfen kann. Eine Veränderung des GLS kann der Abnahme der LVEF vorausgehen. Der Rückgang um 15% vom Ausgangswert wird als signifikant angesehen und deshalb wurde dieser Parameter in die ESC-Leitlinien aufgenommen. Aber wie steht es eigentlich um die Verfügbarkeit der empfohlenen Untersuchungen wie 3D Echo und Strain-Analyse? Nicht überall gehören sie in kleineren Spitälern oder kardiologischen Praxen zur Routine-Diagnostik.

Viele Fragen aus dem praktischen Alltag sind hier nicht geklärt und neue Fragen kommen auf. Für eine Brustkrebspatientin unter Her2-gerichteter Therapie gilt es z.B. 6 Echokardiographien zu planen, dies sogar unabhängig des Kardiotoxizitäts-Risikos (Klasse I). Mit der Einführung von Trastuzumab 2005 (erst bei metastasierten, dann auch im adjuvanten Setting) sah man zum Teil schwere Formen von kardialer Dysfunktion, wie man sie bis anhin nur von Anthrazyklinen kannte; und zwar in hohem Masse von fast 20% (17) bei gleichzeitiger Gabe von Anthrazyklinen und ca. 4-12% bei sequenzieller Gabe mit Anthrazyklinen (18). Mittlerweile kommen bei den Her2-positiven Mamma-Karzinom-Patientinnen mehr und mehr Anthrayzyklin-freie Therapie-Schemata zum Einsatz. Für die neueren Anti-Her2-Therapien (Antikörper-Wirkstoff-Konjugate, bzw. Tyrosinkinase-Hemmer gegen Her2) zeigte sich in den Studien ein deutlich geringeres Kardiotoxizitätsrisiko mit <1% (z.B. DESTINY-Studien, u.a. nachzulesen in (19)). Für solche und andere Fragen wird das wachsende Interesse an neuen Parametern zur Identifizierung von Patienten mit erhöhtem Risiko einer «cancer therapy-related cardiac dysfunction» (CTRCD) klar.

Management im Fall einer Kardiotoxizität und Permissive Kardiotoxizität

Der «gesunde Menschenverstand» sagt, dass es eine gute Idee ist, die Patientengruppe mit onkologischer Erkrankung speziell zu überwachen. Über die frühe Detektion eines kardialen Problems hinaus stellt sich dann aber die Frage nach der «korrekten» Therapie. Wie sollen wir mit subklinischen Befunden und «geringeren Auffälligkeiten» wie z.B. einem asymptomatischen leichtgradigen Troponin-Anstieg umgehen? Sorge muss hier getragen werden, dass sich daraus nicht eine Über-Diagnostik oder Behandlungsodyssee ergeben. Denn es ist unklar, ob niederschwellig zu diagnostizieren und kardioprotektiv zu behandeln das Outcome tatsächlich verbessern. Aktuell fehlen hierzu die wissenschaftlich fundierten Daten. Und zu berücksichtigen gilt auch: nicht jedes Herzproblem, das unter Krebstherapie auftritt, ist der Behandlung oder der Tumor-erkrankung geschuldet.

Allerdings wissen wir, dass, wenn es Hinweise auf eine Kardiotoxiztiät oder LV-Dysfunktion unter Anthrazyklin-Therapie gibt, es Sinn macht, zeitnah zu handeln, um einen grösseren Myokardschaden zu verhindern und die Responder-Rate möglichst hochzuhalten (20, 21). Nachdem der 2D-GLS des linken Ventrikels mit robusten Daten bereits subklinische Myokardschäden entdecken und eine zukünftige CTRCD vorhersagen kann (22, 23), wurden die Ergebnisse des Succour-Trial gespannt erwartet (24). In dieser prospektiven randomisiert-kontrollierten Studie gab es 2 Studien-Arme zur Einleitung einer kardioprotektiven Therapie bei Patienten unter Anthrazyklin-haltiger Therapie. Es wurde ein GLS-basiertes Patienten-Management verglichen mit dem herkömmlichen LVEF-basierten Vorgehen. Je nach Resultaten im Echo-Monitoring erhielten die Patienten einen ACEI und BB. Man erhoffte sich, dass der früh-präventive Einsatz einer neurohumoralen Blockade ein besseres Outcome zeigt. Fast enttäuschend war jedoch das Resultat. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied in den Patienten-Gruppen bezüglich LVEF-Veränderung und / oder Auftreten einer CTRCD. Bei der Nachbeobachtung kam es leider im Rahmen der Covid-Pandemie zu erheblichen Verlusten von Studienteilnehmern. Arco Teske, ein Kardiologe aus Utrecht, brachte die Resultate folgendermassen auf den Punkt: «Global longitudinal strain in cardio-oncology: worth our trouble or more trouble than it’s worth?» (25), unterstreicht jedoch in seinem Statement, dass der GLS unbedingt auch zukünftig als ein solider Parameter für die Risikostratifizierung Bedeutung hat. Inwieweit der GLS zur Steuerung einer kardioprotektiven Therapie hilft, muss jedoch weiter untersucht werden.

In Anlehnung an die jeweiligen ESC-Guidelines offerieren die Cardio-Oncology Guidelines im Falle einer Kardiotoxizät kompakt aufgeführte Behandlungsvorschläge. Obwohl für all diese Krankheits-Entitäten bereits Guidelines bestehen, die zwar nicht für kardio-onkologische Patienten validiert sind, macht dieser fokussierte Blick durch die kardio-onkologische Brille dennoch Sinn. So wird z.B. für einen Patienten, der unter Ibrutinib ein symptomatisches Vorhofflimmern entwickelt, aufgrund der hohen Vorhofflimmer-Rezidiv-Rate und möglicher medikamentöser Interaktionen eher ein primär Herzfrequenz-kontrollierender Ansatz in Betracht gezogen und die Form der Antikoagulation muss aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos Patienten-individuell geprüft werden. Die in den Guidelines aufgeführten Algorithmen und decision trees können im klinischen Alltag helfen. Die Leitlinien beschäftigen sich auch mit der Frage, bei welchem Patienten die Tumortherapie fortgeführt werden kann und bei wem diese pausiert oder gar komplett gestoppt werden muss. In enger Kooperation von Onkologen, Kardiologen und Hausärzten soll dies jeweils interdisziplinär diskutiert und entschieden werden.

Neu ist in diesem Zusammenhang das Konzept der «Permissiven Kardiotoxizität» 2022 formuliert worden (26). Es steht für eine Strategie, unter der es möglich ist, eine optimale lebensrettende Krebstherapie trotz auftretender Kardiotoxizität fortzusetzen. Beispiele hierfür kommen aus der grossen Patientinnengruppe mit Her2-positivem Mamma-Karzinom (SCHOLAR (27) und SAFE-HeaRT (28) Studie). Wir wissen, dass jeder Unterbruch der 12-monatigen Anti-Her2-gerichteten Therapie das Outcome für die Patientinnen verschlechtern kann (29). Das Konzept der permissiven Kardiotoxizität ist bereits in die Guidelines von 2022 aufgenommen worden: solange die LVEF nur leicht oder mässig beeinträchtigt ist und die Patientinnen keine relevanten kardialen (Herzinsuffizienz-)Symptome aufweisen, soll die anti-Her2-gerichtete Therapie unter Etablierung einer kardioprotektiven Therapie möglichst fortgeführt werden. Eine enge Kooperation der verschiedenen Fachteams (Kardiologie, Onkologie) ist bei solch schwierigen Fragen wichtig. Kürzlich sind die 3 Jahres-Daten aus der Arbeitsgruppe D.P. Leong aus Kanada zu diesem Thema veröffentlicht worden (30). Unter der kardioprotektiven Therapie konnten 92% der Patientinnen die onkologische Therapie komplett beenden. In den überwiegenden Fällen normalisierte sich die LVEF, in 14% blieb die LV-Dysfunktion bestehen. Ähnlich erfolgreiche Therapie-Fortsetzungen mit geeigneten protektiven Massnahmen sind auch für andere toxische Therapien gezeigt worden, wie z.B. für Vasospasmen unter 5-Fluoro-Uracil (31). Was es zukünftig und langfristig heisst, mit permissiver Kardiotoxizität zu arbeiten, bleibt offen.

Evidenz-Lücken und Ausblick

Das Bewusstsein für krebstherapiebedingte kardiovaskuläre Nebenwirkungen ist über die letzten Jahre gewachsen. Die ESC Guidelines
Kardio-Onkologie haben sich als praktischer Leitfaden mit einer umfangreichen Vollständigkeit der dringlichen Notwendigkeit zum strukturierten Vorgehen in der standardisierten Versorgung kardio-onkologischer Patienten angenommen. Sie sind somit ein wichtiger Meilenstein in der Kardio-Onkologie. Eine standardisierte Risiko-stratifizierung, Überwachung und Behandlungsstrategien im Falle von aufgetretener Kardiotoxizität sollen zur Verbesserung der Versorgung und des Outcomes in dieser Patientengruppe beitragen. Das ist die hervorragende Leistung des Autoren-Teams. Nun heisst es, die Guidelines zu leben, üben, überprüfen und lernen und die aufgezeigten Lücken in der Evidenz mit geeigneten, gut angelegten klinischen Studien zu adressieren. Sowohl die Forschung als auch die multidisziplinäre Zusammenarbeit und der enge direkte Austausch im Alltag nehmen hierbei eine zentrale Rolle ein und bilden eine wichtige Voraussetzung für die künftige Weiterentwicklung der Guidelines und der Kardio-Onkologie im Allgemeinen. Dies wird schliesslich helfen, die Langzeitprognose von Krebspatienten in Zukunft weiter zu verbessern.

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Eva Scheler

Oberärztin mbF
Kantonsspital St.Gallen, Klinik für Kardiologie
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

Prof. Dr. med. Gabriela Kuster

Leiterin Kardio-Onkologie
Klinik für Kardiologie, Universitäres Herzzentrum
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

gabriela.kuster@usb.ch

Die Autorinnen haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Neue Trends der Antikoagulation bei Vorhofflimmern

Der Beitrag beschreibt die Etablierung der direkten oralen Antikoagulantien (DOACs) als Standard zur Schlaganfallsprävention in medizinischen Richtlinien. Er betont ihre Wirksamkeit und verbesserte Sicherheit im Vergleich zu Vitamin K Antagonisten. Er erwähnt auch die Empfehlungen für den klinischen Einsatz von DOACs in verschiedenen Situationen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich.

The article describes the establishment of direct oral anticoagulants (DOACs) as the standard for stroke prevention in medical guidelines. It emphasises their efficacy and improved safety compared to vitamin K antagonists. It also mentions the recommendations for the clinical use of DOACs in different situations and gives an outlook on future developments in this field.
Key Words: Anticoagulants, DOACs, stroke prevention, subclinical atrial fibrillation, dialysis

Seit Präsentation und Publikation der ersten Studie mit einem der dazumal neuen oralen Antikoagulantien (NOAC) – inzwischen treffender als ‘direkte orale Antikoagulantien’ (DOAC) bezeichnet – sind diese als Standard zur Schlaganfallsprävention in allen grösseren Richtlinien etabliert (1), basierend auf der mindestens gleich effektiven (wenn nicht besseren) Wirksamkeit sowie der deutlich verbesserten Sicherheit, insbesondere hinsichtlich der schwersten Blutungen verglichen mit Vitamin K Antagonisten (2–5). Zahlreiche Richtlinien und Positionspapiere wie der «European Heart Rhythm Association (EHRA) Practical Guide» geben darüber hinaus Tipps und Empfehlungen zum optimalen Einsatz dieser Substanzen im klinischen Alltag, inkl. Patienten mit Niereninsuffizienz, akuten Koronarsyndrom / Stenting, Kardioversion oder nach einem Schlaganfall (6, 7). In manchen Situationen ist hingegen einiges im Fluss; die vorliegende Übersichtsarbeit soll eine Übersicht über die klinisch relevantesten und im Alltag nicht selten vorkommenden Situationen geben, sowie über die weiteren in nächster Zeit zu erwartenden Entwicklungen.

Subklinisches Vorhofflimmern / Device-detektiertes Vorhofflimmern

Noch vor wenigen Jahren war die Diagnose des Vorhofflimmerns verhältnismässig einfach: Ein unregelmässig unregelmässiger Herzschlag, keine erkennbaren P-Wellen zwischen den QRS, idealerweise Nachweis von Flimmerwellen. Dies hat sich in letzter Zeit deutlich geändert, nicht zuletzt aufgrund der Versorgung von mehr und mehr Patienten mit implantierbaren kardialen Devices, sowie Smartwatches etc. Und auch wenn es kontra-intuitiv erscheint: Patienten mit asymptomatischem «Device-detektiertem» Vorhofflimmern auf ihren Schrittmachern oder ICDs haben ein tieferes Risiko eines Schlaganfalls als solche mit einer klinischen Vorhofflimmern-Diagnose. Zwei kürzlich erschienene Publikationen (NOAH und ARTESiA) konnten zeigen, dass bei diesen Patienten zwar das Risiko eines Schlaganfalls durch eine OAK (Orale Antikoagulation) verringert werden kann, das Risiko von Blutungen jedoch anstieg. Praktisch bedeutet dies, dass eine gute Risikostratifizierung – beispielsweise mittels CHADS-VASc Score – zu erfolgen hat: Nur bei Patienten mit hohem Schlaganfallsrisiko (und idealerweise niedrigem Blutungsrisiko) erscheint eine OAK bei Device-detektiertem Vorhofflimmern einen Netto-Nutzen zu bringen; ansonsten scheint das Risiko der Blutung zu überwiegen (Abbildung 1). Ab welchem «Burden» des Vorhofflimmerns, und ab welchem Risiko für einen Schlaganfall eine OAK sicher indiziert ist, bleibt aktuell unklar und ist Gegenstand weiterer Studien.

Gleichzeitig ist es sehr wichtig, von diesen asymptomatischen Zufallsdiagnosen das symptomatische Vorhofflimmern, welches ebenfalls auf einem Device festgehalten wurde, zu unterscheiden. Die meisten dieser durch einen Kardiologen oder Elektrophysiologen als Vorhofflimmern bestätigten Episoden würden auf einem zu diesem Zeitpunkt geschriebenen EKG ebenfalls einem Vorhofflimmern entsprechen. Das heisst, dass in diesen Fällen die klinische Diagnose ausschliesslich aufgrund logistischer Limitationen (kein EKG zur Verfügung) nicht gestellt wurde. Entsprechend erscheint die Behandlung dieser Patienten im Sinne eines klinischen Vorhofflimmerns gerechtfertigt – inkl. OAK und Rhythmuskontrolle, falls indiziert.

Jedoch muss bei den zunehmend beobachteten «Diagnosen» eines Vorhofflimmerns mittels Smartwatch genau zwischen der «Screening» Funktion (häufig mittels Plethysmographie) und der Diagnose eines symptomatischen Vorhofflimmerns mittels eigenständig aufgezeichnetem EKG unterschieden werden. Während die Implikationen von ersteren aktuell unklar ist (abgesehen vielleicht von einer erhöhten Vigilanz für eine allfällige klinische Rhythmusstörung), entspricht die Situation bei letzteren Patienten – wie oben erwähnt – de facto der eines klinischen Vorhofflimmerns. Bei der Diagnose eines VHF mittels Smartwatch oder anderen Patienten-aktivierten EKGs ist jedoch zu beachten, dass aufgrund der variablen und zum Teil markanten Filterung andere Massstäbe an die EKG Diagnose anzulegen sind. Gleichwohl ist die Diagnose durch erfahrene Kardiologen / Elektrophysiologen in aller Regel gut möglich.

Schwere Niereninsuffizienz / Dialyse

Das Risiko eines Schlaganfalls ist bei schwerer Niereninsuffizienz sowie an der Dialyse deutlich erhöht. Da die gegenwärtig verfügbaren DOACs in dieser Situation bisher nicht randomisiert untersucht worden waren, werden die meisten dieser Patienten mittels VKA behandelt. Hierbei wird jedoch nicht selten vergessen, dass auch für VKA nie eine adäquat gepowerte randomisierte Studie durchgeführt wurde, die einen Nettonutzen gegenüber Placebo hätte zeigen können. Denn auch das Blutungsrisiko dieser Patienten ist aufgrund verschiedener Mechanismen deutlich erhöht (8). Die Ergebnisse zweier Ende 2022 erschienenen Studien macht die Situation nicht einfacher: Auch für Apixaban – was mangels Alternativen nicht selten «off label» in solchen Situationen eingesetzt wird – konnte in der AXADIA sowie in der RENAL-AF Studie kein Benefit gegenüber VKA gezeigt werden (9, 10). Bedauerlich ist hierbei insbesondere, dass keine der beiden Studien einen Placeboarm hatten, so dass der Nettonutzen einer OAK überhaupt auch hier nicht untersucht werden konnte. Ebenso waren beide Studien underpowered, was insbesondere bei der RENAL-AF Studie auf eine weit unter den Erwartungen zurückbleibenden Rekrutierung zurückzuführen war. Dies ist umso erstaunlicher, als dass in Situationen fehlender klinischer Daten zur Entscheidungsfindung der Einschluss in eine Studie in aller Regel eine hervorragende Gelegenheit bietet, eben solche Daten zu generieren. Leider ist diese Chance erneut ungenutzt geblieben, so dass weiterhin keine Studiendaten existieren, die eine evidenz-basierte Entscheidungsfindung in dieser hoch vulnerablen Patientenpopulation erlauben würde. Dasselbe gilt für die häufig in dieser Situation eingebrachte Option eines perkutanen Vorhofohrverschlusses. In der Tat ist nicht nur die Sicherheit (deutlich erhöhtes Blutungsrisiko), als auch vor allen Dingen die Effizienz einer solchen lokal begrenzten Therapie bei diesen vaskulär und humoral schwer kranken Patienten völlig unklar und bisher nicht randomisiert untersucht. Daher sollte diese Therapie in der Abwesenheit von adäquat gepowerten randomisierten Endpunktstudien nur in Ausnahmefällen und nach ausführlicher Aufklärung (insbesondere der fehlenden Studiendaten) erfolgen.

«Valvuläres» Vorhofflimmern

Patienten mit mechanischen Herzklappen sowie mit mindestens mittelschwerer Mitralstenose sind von den grossen randomisierten Phase III Studien der DOACs aufgrund ihres hohen thromboembolischen Risikos ausgeschlossen gewesen.

Bei Patienten mit mechanischen Herzklappen scheint nunmehr – nach 2 weiteren negativen Studien – die Situation klar zu sein, dass VKA die Therapie der Wahl darstellen und DOACs kontraindiziert bleiben dürften (11, 12).

Bei (in der Regel postrheumatischen) Mitralstenose hingegen war die Situation lange Zeit weniger klar, bis 2022 in der INVICTUS Studie eine signifikant höhere Thromboembolierate sowie eine höhere Mortalität unter Rivaroxaban verglichen mit VKA gezeigt werden konnte (13). Die Daten sind eindeutig – allerdings nur für Patienten, welche prinzipiell in diese Studie eingeschlossen werden konnten. Dies beinhaltete insbesondere die Möglichkeit einer regelmässigen INR Kontrolle, und somit «access to care» – was von entscheidender Bedeutung ist, da es für viele der von post-rheumatischem Vorhofflimmern betroffenen Patienten genau nicht der Fall ist. Ob auch solche Patienten mit ‘unüberwachtem’ und somit fast zwangsläufig schlecht eingestelltem INR Wert eher von einem VKA als von einem DOAC profitieren bleibt auch nach der INVICTUS Studie unklar. Ob weitere Studien in dieser oftmals vernachlässigten, grossen Patientenpopulation durchgeführt werden ist fraglich – nicht zuletzt, da sie zu grossen Teilen in Ländern mit niedrigem bis mittleren Einkommen zu finden sind …

Faktor XIa Hemmer – die nächsten «NOACs»?

Obgleich mithilfe der aktuell eingesetzten DOACs (direkte Thrombin- bzw. Faktor Xa-Hemmer) ein klarer Benefit gegenüber VKA erzielt werden kann, ist insbesondere das Risiko für Blutungen nicht eliminiert. Um dieser Problematik zu begegnen, werden gegenwärtig grosse Phase III Studien der neuen NOACs durchgeführt, welche mittels Inhibition von Faktor XI/XIa die Gerinnung hemmen. Diese Therapie stellt ein prinzipiell hoch attraktives Konzept dar, da FXI/FXIa primär in der pathologischen Thrombusbildung, jedoch weitaus weniger in der physiologischen Hämostase involviert zu sein scheint (14). Daten sowohl aus Tiermodellen, als auch von Patienten mit angeborenem Faktor XI Mangel stützen diese Hypothese (15, 16). Phase II klinische Studien stützen das Konzept und zeigen eine erwartete niedrige Blutungsrate. Allerdings musste das Feld Ende 2023 einen Rückschlag hinnehmen: Eine der grossen Phase III Studien (OCEANIC-AF), in welcher der FXIa-Hemmer Asundexian mit Apixaban verglichen wurde, musste aufgrund unterlegener Effizienz des FXIa-Hemmers vorzeitig terminiert werden. Die Ursachen hierfür sind aktuell noch nicht klar; es kommen grundsätzlich 3 Erklärungen in Frage: Die Substanz, die untersuchte Dosis, oder das ganze Wirkprinzip. Es bleibt abzuwarten, wie die aktuell noch laufenden Studien zu den verbliebenen FXIa-Hemmern herauskommen. Zur Erinnerung: Auch das erste DOAC, der direkte Thrombinhemmer Ximelagatran, musste nach wenigen Wochen auf dem Markt 2006 zurückgezogen werden – wegen eines erhöhten Risikos einer Hepatotoxizität (welches mit den Folgesubstanzen nicht mehr beobachtet werden konnte). Es bleibt abzuwarten, wie sich die Zukunft der FXIa-Hemmer entwickelt.

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Prof. Dr. med.Jan Steffel

Swiss EP AG
Witellikerstrasse 40
8008 Zürich

J. Steffel hat Beratungs- und / oder Vortragshonorare erhalten von Abbott, Alexion, Astra-Zeneca, Bayer, Berlin-Chemie, Biosense Webster, Biotronik, Boehringer-Ingelheim, Boston Scientific, BMS, Daiichi Sankyo, Medscape, Medtronic, Menarini, Merck/MSD, Organon, Pfizer, Saja, Servier,und WebMD. Er ist Teilhaber der Swiss EP AG und von CorXL.
Dr. Steffel ist Mitglied des Executive Committees der OCEANIC-AF Studie (Asundexian vs. Apixaban zur Schlaganfallsprävention bei Vorhofflimmern).

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