GSK Jemperli® Medienorientierung

Jemperli® (Dostarlimab) ist die erste und einzige immunonkologische Erstlinientherapie bei fortgeschrittenem oder rezidivierendem Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs).

Am 14. Februar fand in Basel eine Medienorientierung zu Jemperli® statt. Referenten waren Frau Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann, Co-Leiterin der Frauenklinik, Chefärztin Gynäkologie/Gynäkologische Onkologie am Universitätsspital Basel und Dr. pharm Urs Kientsch, Director Corporate Affairs, GSK. Die Moderation hatte Geri Staudenmann inne. Eine betroffene Patientin, die am Universitätsspital Basel mit Jemperli® behandelt worden war, schilderte ihre Erfahrungen.

Kompetenz GSK, Onkologie, Commitment für fortgeschrittenen Gebärmutterkrebs

Dr. pharm. Urs Kientsch

GlaxoSmithKline hat sich das Ziel gesetzt, das Leben von Patientinnen und Patienten mit innovativen Therapien zu verlängern. Wir verfolgen dabei bahnbrechende Therapieansätze im Bereich der Immun-Onkologie und der Krebszellbehandlung. Wir setzen unsere Schwerpunkte auf Indikationen im Bereich von malignen Melanomen, gynäkologischen Krebserkrankungen und soliden Tumoren, so Dr. pharm. Urs Kientsch, Corporate Affairs Director GSK.

Im Bereich der gynäkologischen Krebserkrankungen hat GSK zwei Medikamente: Zejula® (Niraparib) im Bereich des Ovarialkarzinoms und Jemperli® (Dostarlimab) zur Therapie des Endometriumkarzinoms. Jemperli® ist ein anti-PD-1 Checkpoint Inhibitor. Jemperli® fördert die körpereigene Immunabwehr, indem es den PD-1 Rezeptor auf der Immunzelle inhibiert. Dies führt zu einer erneuten Aktivierung des körpereigenen Immunsystems gegen den Tumor. Jemperli® ist neu zugelassen in Kombination mit Carboplatin und Paclitaxel zur Behandlung von Patientinnen mit primär rezidivierendem oder fortgeschrittenem Endometriumkarzinom mit fehlerhafter DNA—Mismatchreparatur (dMMR) und hoher Microsatelliteninstabilität (MSI-H). Jemperli® ist bereits heute als Monotherapie in der Zweitlinientherapie für Patientinnen mit rezidivierendem oder fortgeschrittenem Endometriumkarzinom mit fehlerhafter DNA-Mismatchreparatur und hoher Microsatelliteninstabilität zugelassen, die nach einer primären Platinhaltigen Chemotherapie rezidivierend sind. Jemperli® wird heute bereits in der Zweitlinientherapie vergütet, es wird jedoch noch nicht in der Erstlinientherapie vergütet. GSK ist zurzeit in Verhandlung mit dem BAG, so der Referent.

Endometriumkarzinom: Hintergrund und bisherige Therapielandschaft

Prof. Viola Heinzelmann

Das Endometriumkarzinom ist die häufigste gynäkologische Krebserkrankung in der Schweiz, stellte Frau Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann, Co-Leiterin Frauenklinik, Chefärztin Gynäkologie/Gynäkologische Onkologie, Universitätsspital Basel einleitend fest. Wir haben um die Tausend neu diagnostizierte Fälle jedes Jahr in der Schweiz, aber das fortgeschrittene Endometriumkarzinom ist eher selten. Dass jemand in einem fortgeschrittenen FIGO III-IV Stadium zu uns kommt, ist selten. Diese Patientinnen haben die Erkrankung dann oft nicht nur in der Gebärmutter, haben dadurch keine Symptome oder erst Spätsymptome und haben eine Erkrankung, die im ganzen Bauch vorhanden ist. Dadurch, dass es eine fortgeschrittene Erkrankung ist, haben sie eine schlechte 5-Jahres-Überlebensdauer von etwa 5%. Meistens entdecken wir die Erkrankung früh und die Patientinnen werden im Stadium I geheilt, so die Referentin.

Die RUBY-Studie (1) ist die erste Studie, die einen sogenannten prädiktiven Marker benutzt hat, um eine Therapie zu testen. Diese Therapie, die in der Studie einen Benefit gezeigt hat, ist eine Behandlung mit einem sogenannten Checkpoint-Inhibitor. Bisher hat man bei dieser Art der Erkrankung nur die Operation durchgeführt, allenfalls eine Bestrahlung und eine Chemotherapie mit Standard-Chemotherapeutika, d.h. Carboplatin und Taxol. In der RUBY-Studie wurde zusätzlich ein Checkpoint-Inhibitor dazugegeben, wobei RUBY die erste Studie ist, bei der dies gemacht wurde. Diese zusätzliche Gabe eines Checkpoint-Inhibitors ermöglicht es dem körpereigenen Immunsystem den Tumor zu erkennen. Normalerweise erkennt der Körper den Tumor nicht. Hier setzt diese Therapie während der Chemotherapie ein, und wird nach der Chemotherapie in der sogenannten Erhaltungsphase fortgeführt. Die Studie hat gezeigt, dass nun ein Marker für Patientinnen, die besonders gut ansprechen, vorhanden ist. Das sind Patientinnen, bei denen ein gewisser Reparaturprozess nicht funktioniert, genannt dMMR oder die eine hohe Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) aufweisen. Diese Patientinnen haben eine bessere Prognose, sowohl was die erste Rezidivrate als auch was die Überlebensrate insgesamt anbelangt, d.h. 70% Besserung beim progressionsfreien Überleben und auch beim Gesamtüberleben und dies bei Patientinnen, die ungefähr nach einem Jahr ihr erstes Rezidiv haben. In dieser Patientengruppe, die eine sehr schlechte Prognose haben, wurden durch die Daten der RUBY-Studie derart starke Prognose-verbessernde Daten gewonnen, dass das erneute Auftreten des Tumors und das Gesamtüberleben gleich sind wie in der Kontrollgruppe. Dies ist ein enormer Benefit. Der zweite Vorteil, den wir durch die Resultate der Studie haben, ist, dass wir genau wissen, welche Patientengruppen von der Therapie sehr gut profitieren wird. Diese Patientinnen wurden klar definiert. Es sind die Patientinnen mit defektem Reparaturmechanismus oder hoher Mikrosatelliteninstabilität. Das Endometriumkarzinom ist mit einer MSI High Rate von 31% die Krebsart mit der höchsten Rate von MSI-H. Eine von 3 Patientinnen mit Endometriumkarzinom hat einen Tumor mit dMMR/MSI-H. dMMR ist das Resultat fehlerhafter DNA- Reparaturmechanismen. Diese werden mit Immunhistochemie nachgewiesen. Die Mikrosatelliteninstabilität wird über Genomanalysen also Next Generation Sequencing bestimmt, MSI-H mit PCR-Tests. Diese Analysen werden heute standardmässig in den meisten Spitälern durchgeführt. Aufgrund der Datenlage der Ruby-Studie ist diese Therapie ganz klar der neue Standard, wie die Referentin festhielt. Was ihr an der RUBY-Studie besonders gut gefallen hat, ist, dass besonders Wert auf die molekularen Analysen gelegt wurde und dass auch weitere Subanalysen durchgeführt wurden. Es kann durchaus sein, dass noch weitere Indikationen folgen werden. Für dMMR und MSI-H ist Ruby klar der neue Standard. Die RUBY-Studie hat auch gezeigt, dass die Patientinnen, die Jemperli® erhielten, im Vergleich zur Kontrollgruppe unwesentliche oder fast gar keine Nebenwirkungen hatten. Die Verträglichkeit ist in der Erfahrung der Referentin hervorragend. Patientinnen nehmen sehr gerne an Studien wie die RUBY-Studie teil, weil dies bedeutet, dass man frühzeitig an ein neues Medikament kommt, welches potenziell das Überleben verbessern kann. Aber auch die Referentin nimmt als akademische Institution gerne an solchen Studien teil. Die Sicherheit dieser Studien ist gewährleistet, da sie erst durchgeführt werden, wenn die Sicherheit der Medikamente nachgewiesen ist. Zudem werden die Patientinnen eng mit CT und anderen Methoden überwacht, stellte die Referentin abschiessend fest.

Erfahrungen einer Patientin mit Endometriumkarzinom

Zum Abschluss der Medienkonferenz schilderte eine betroffene Patientin ihre Erfahrungen mit Jemperli® als Therapie für das Endometriumkarzinom. Sie wurde trotz Wohnort im benachbarten Ausland wunschgemäss in der Abteilung für Gynäkologie und Klinik für Gynäkologie/gynäkologische Onkologie des Basler Universitätsspital behandelt. Sie schilderte sehr eindrücklich ihre Heilung und erklärte, dass sie wieder ihren Hobbys nachgeht und Sport treiben kann, wie vor der Erkrankung.

Fazit

Jemperli® in der dMMR/MSI-H. Endometriumkarzinom-Population (RUBY-Studie) (1)
► Signifikante Verbesserung des PFS mit einer Verringerung des Progressionsrisikos um 72%
► Deutlicher Gesamtüberlebenstrend mit einer Verringerung des Sterberisikos um 70 %
► Mediane Ansprechdauer nach 2 Jahren und mehr nicht erreicht.
► Erhalt der Lebensqualität im Jemperli® + Carboplatin-Arm.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

1. Mirza MR et al Dostarlimab for primary advanced or recurrent endometrial
cancer. New Engl J Med 2023; 388:2145-2158, incl Supplements

Fünfzehn Jahre NPlate® (Romiplostim)

Am 8. Februar 2024 lud Amgen anlässlich des 15. Geburtstag von NPlate® zu einem Fachpresse-Dialog ein. Dabei standen die Versorgungsrealität und die Behandlungsqualität von Patienten mit Immunthrombozytopenie (ITP) im Fokus. Dr. med. Achim Rieth, Director Medical Development Hematology/Oncology bei Amgen GmbH in München, führte die internationale Fachpresse durch den Anlass.

In seiner Einführung erinnerte er an das Launch-Symposium an der Charité vor 15 Jahren, anlässlich welcher Professor Matzdorff Rudolf Virchow zitierte, der sagte «es wird ja fleissig gearbeitet und viel mikroskopiert, aber es müsste wieder mal einer einen gescheiten Gedanken haben». Die Leute bei Amgen hatten den gescheiten Gedanken, wie der Referent feststellte. Nachdem die Stimulation der Thrombozyten mit dem endogenen Thrombopoetin (TPO) versagt hatte, hatten sie ein «Peptibody» biotechnisch hergestellt, mit zwei Domänen, einer Peptid-Thrombopoetin-Rezeptor-Bindungsdomäne, die die biologische Aktivität vermittelt, aber keine Sequenzhomologie zum endogenen TPO aufweist und somit keine Antikörper dagegen stimuliert und einer Antikörper-Fc-Domäne, die die Halbwertszeit im Blut verlängert. Die Wirkung dieses Peptibodys, der Romiplostim genannt wurde, entspricht dem endogenen Thrombopoetin; es stimuliert die Thrombopoese und bewirkt einen dosisabhängigen Anstieg der peripheren Thrombozyten.

Der Referent erinnerte an die Therapielandschaft 2009/2010. Die damalige Standardtherapie bestand aus Steroiden und bei starker Blutung i.v. Immunglobulinen, ev. Thrombozytenkonzentraten in der ersten Linie, in der zweiten Linie Azathiopirin, Vinca- Alkaloiden oder Splenektomie, dann TRA (Thrombopoetin-Rezeptor -Agonist), Rituximab, oder wie bisher und in der dritten Linie gleich wie in der 2. Linie ohne Splenektomie. In der post 3. Linie Anti D, Cyclophosphamid, Cyclosporin, Mycophenolat-Mofetil, Danazol, Dapson, Alemtuzumab, Kombinationschemotherapie und Stammzelltransplantation.

Immunthrombozytopenie

Romiplostim – Von der Markteinführung bis zum heutigen Behandlungsalltag

Die ITP ist definiert als Blutplättchenverminderung unter 100 Gpt/l. Die Inzidenz ist in Europa 1.6 bis 3.9 pro 100’000, die Prävalenz 16-20 pro 100’000. In Deutschland gibt es ca. 16’000 bis 20’000 ITP-Patienten, davon ist etwa die Hälfte unter regelmässiger Therapie, so Dr. med. Thomas Stauch, Jena. Es gibt zwei Altersspitzen: in jüngerem Alter sind die Frauen etwas häufiger, und in höherem Alter (ca. ab 65J) sind es eher die Männer, die an einer ITP leiden.

Pathophysiologie

Die Thrombozyten (Blutplättchen) stammen aus den Megakaryozyten, die im Knochenmark gebildet werden. An diese binden sich fälschlicherweise Antikörper (meistens als Folge einer Infektion). Man nennt dies molekulare Mimikry. Die Ähnlichkeit von Peptidsequenzen von Pathogenen und eigenem Gewebe führt zu einer Aktivierung autoreaktiver B- und T-Zellen, die dann Antikörper gegen körpereigene Strukturen, wie die Thrombozyten, bilden. Dabei zeigen bereits die Megakaryozyten eine gestörte Reifung und eine reduzierte Thrombozytenbildung. Die Antikörper-beladenen Thrombozyten werden als fehlerhaft erkannt und von den Makrophagen verspeist und abgebaut.

Die ITP ist primär eine Erkrankung mit Blutungszeichen. Aus Registerdaten von 302 Patienten geht hervor, dass 58 % Blutungszeichen hatten, 30 % mukosale Blutungen und 7 % schwere Blutungen. Der beste Thrombozyten-Schwellenwert ist 20 Gpt/l für jegliche Blutungen. Schwere Blutungen treten unabhängig vom Schwellenwert auf, was die Therapieentscheidung schwierig macht. Die Lebensqualität dieser Patienten ist eingeschränkt, was oft unterschätzt wird, und es gibt eine erhöhte Mortalität durch kardiovaskuläre Erkrankungen (HR 1.5), Infektionen (HR 2.4), Blutungen (HR 6.2) und hämatologische Malignome (HR 5.7).

Steroide sind immer noch das Mittel der Wahl bei der Erstlinientherapie. Bei schweren Blutungen Steroide in Kombination mit Immunglobulinen. Die langanhaltenden Remissionen liegen unter dieser Therapie bei 30 bis 40 %, d.h. zwei Drittel der Patienten haben eine Erkrankung, die wir weiter behandeln müssen. Damals hat man ziemlich heroisch Immunsuppressiva gegeben. Die Steroide haben verschiedene Nebenwirkungen wie etwa Osteoporose, Gewichtszunahme, Infektionen, so dass heute der internationale Konsens ist, dass die Erstlinientherapie mit Glukokortikoiden nur während 6-8 Wochen gegeben werden darf. Dann soll rasch zur Zweitlinientherapie übergeleitet werden. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Da sind die sogenannten Thrombopoetin-Agonisten, die an den Thrombozyten produzierenden Zellen eine vermehrte Produktion bewirken, aber auch Fostamatinib. ein Tyrosinkinasehemmer aus der Gruppe der SYK-Inhibitoren, der zur Behandlung der chronischen Immunthrombozytopenie (ITP) zugelassen ist. Fostamatinib inhibiert die sogenannte Milztyrosinkinase (Syk) insbesondere in Makrophagen. Dadurch wird die Signaltransduktion von B-Zellrezeptoren und Fc-aktivierenden Rezeptoren blockiert. Daraus resultiert eine verringerte Antikörper-vermittelte Zerstörung von Thrombozyten.

ITP-Timeline

Die Geschichte der ITP reicht von der Erstentdeckung im Jahre 1735 über die Selbstversuche von Harrington bis zur heutigen Therapie mit Romiplostin. Harrington führte sich das Blut eines ITP-Patienten zu und stellte dabei fest, dass seine Thrombozyten einen Abfall verzeichneten. Ein heroischer Versuch, der aber auch zeigte, dass die Thrombozytopenie aus dem Plasma entstehen muss. Kurz danach wurden die ersten Behandlungen mit Kortison durchgeführt. Nach Versuchen mit Immunsuppression, Behandlung mit i.v. Immunglobulinen, erfolgte 2009 die Zulassung von Romiplostim (NPlate®). Damit konnten die klassischen Wege der ITP-Therapie verlassen werden und es zeigte sich eine deutliche Zunahme der Thrombozyten unter der Therapie mit diesem Medikament. Die Entwicklung blieb aber nicht stehen. Mittlerweile sind weitere Medikamente zugelassen worden, wie Etrombopag, Avatrombopag und das bereits erwähnte Fostamatinib. 2022 wurden Rilzabrutinib in Phase 2- und Efgartigimob in Phase 3-Studien untersucht und im letzten Jahr Ianamulab mit 2 Arten der Unterdrückung von B-Zellen in einer Phase 3-Studie.

Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten

Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten steigern die Megakaryopoese durch Bindung an den Thrombopoetin-Rezeptor. Romiplostim bindet an die externe Membrankomponente, dies ist ein Unterschied zu Avatrombopag und Eltromopag, die an der internen Membrankomponente ansetzen. Bei Romiplostim gibt es daher keine Kreuzresistenz.

In Deutschland sind Avatrombopag (nur chronische ITP) seit 2019, Eltrombopag seit 2010, Romiplostim seit 2009 zugelassen. Eine therapiefreie Remission wurde in 25 % der Fälle gesehen.

Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten haben eine hohe Wirksamkeit auch im längerfristigen Verlauf, was auch bei splenektomierten Patienten (grössere Anzahl an Vortherapien daher geringere Wirkung) als auch bei nicht splenektomierten Patienten gezeigt werden konnte.

Zum Schluss erwähnte der Referent zwei wichtige Effekt der Therapie mit Romiplostim, einmal die wesentliche Verbesserung der Lebensqualität der Patienten mit ITP und zum Zweiten das deutlich verbesserte Überleben in der letzten Dekade. Er wies daraufhin, dass die Daten hauptsächlich aus Studien stammen und damit noch eher spärlich sind. Dies wird mit dem deutschen ITP-Register, welches seit 2022 existiert und Gegensand des nächsten Vortrags ist, nun korrigiert.

Therapiequalität im Fokus

Das deutsche ITP-Register – Hintergründe, Ziele und Ausblick

Ein Register ist besonders wertvoll für die Erforschung seltener Erkrankungen. Die ITP ist eine seltene Erkrankung und Studien sind entsprechend eher weniger häufig. Das Register dient der Evidenzgenerierung für die Leitlinienerstellung, Beantwortung relevanter klinischer Fragestellungen und Evaluation von Interventionsstudien. Es führt zu einer verbesserten Transparenz der Versorgung und es liefert die Datengrundlage für klinische Studien, so Frau Dr. med. Karolin Trautmann-Grill, Dresden.

ITP ist eine seltene Erkrankung. In Deutschland sind genaue Inzidenzen, Prävalenzen und Outcome nicht bekannt. Es gibt eine dezentrale Versorgung und keine ITP- Zentren. Die Leitlinienadhärenz bei der Therapiewahl ist eher schlecht. 30% der ITP-Patienten erhalten nach einem Jahr immer noch Steroid. Man rechnet in Deutschland mit einer Inzidenz von 2-4 pro 100’000 pro Jahr. Vermutlich gibt es ca. 2600 Neuerkrankungen pro Jahr. Die Prävalenz bei Erwachsenen beträgt 9-26 pro 100’000. Seltene Erkrankungen bedeuten eine besondere Herausforderung für Patienten und Ärzte. So kam die Idee zur Schaffung eines ITP- Registers zustande. Damit sollte eine bessere Vernetzung ermöglicht werden (Selbsthilfegruppen, Kliniken, ambulante Zentren, Studienplattform). Ein weiteres Ziel war die Förderung der Versorgungsforschung (Epidemiologie, Therapiesequenzen, Krankheitszeitverlauf). Eine Besonderheit des Deutschen ITP-Registers ist, dass auch Daten zur Lebensqualität der Patienten erfasst werden (von Patienten berichtete Outcomes, ITP-Patienten leiden in besonderem Masse an Fatigue). Zur Begleitforschung dient die Biobank Dresden.

Das Studienkonzept

Einschlusskriterien sind: Patienten ≥18 Jahre, Erstdiagnose ITP≤12 Monate, Wohnsitz Deutschland, unterzeichnete Einwilligungserklärung. Das ursprüngliche Ziel war 1100 Patienten, 50 Zentren, ca. 4 Patienten pro Zentrum pro Jahr. Es wurde eine jährliche Verlaufsdokumentation geplant. Erstdiagnose: Initialbogen + Basisdokumentation. Verlaufsbogen nach einem Jahr Beobachtungszeit, Verlaufsbogen nach 2 Jahren Beobachtungszeit etc.

Der Beginn des Registers war im November 2021 mit dem Ethikvotum in Jena, ab Dezember 2021 war die RedCap Datenbank produktiv. Der erste Patient wurde im Dezember 2021 eingeschlossen. Im Februar 2022 wurde die Website www.d-itp.de eröffnet, im Juni 2022 erfolgte die Initiierung des 2. Zentrums in Dresden und ab Juli 2022 erfolgte der weitere Rollout in Deutschland. Der Stand am 28.1.2024 waren 287 Patienten im Register eingeschlossen, das Biobanking betrug 181. Derzeit gibt es 58 Zentren in Deutschland, die gut über das ganze Land verteilt sind. Es wird jährlich eine Fortbildung und ein Patiententag durchgeführt. Es gibt nun auch eine europäische Initiative zur Vernetzung der Zentren.

Daten-Cut im November 2023: Demographie

Das Register umfasst 251 Patienten im Alter zwischen18-97 Jahren (median 64 Jahre). 48 % sind männlich, 52 % weiblich. 86% hatten eine primäre ITP, 13 % eine sekundäre ITP, bei 1% fehlt die Angabe.

Symptome bei Erstdiagnose

Über 75 % hatten keine Blutungssymptomatik, d.h. eine inzidentielle Blutung. Grad 1 Blutungen hatten ca. 15%, Grad 2 Blutungen etwa 4 % Grad 3 ca. 2 % und eine Person hatte eine Grad 4 Blutung.

Diese Population hat auch Komorbiditäten: Über 40 % haben eine arterielle Hypertonie, gegen 20 % einen Diabetes, etwa 6 % hatten Thromboembolien, was bei ITP wichtig ist, denn die ITP stellt per se ein Thromboembolie-Risiko dar. Mehr als 10 % hatten eine KHK und etwa 6 % einen Schlaganfall. Eine Antikoagulation wurde immerhin bei 16 % festgestellt (ein deutlicher Prozentsatz). Diese Patienten sind besonders gefährdet, an einem Blutungsereignis zu erkranken.

Therapiespektrum, 146 waren behandlungspflichtig

Prednisolon erhielten 69 Patienten, Dexamethason 61, Eltrombopag 21, Romiplostin 19, Avathromopag 3, Fostamatinib 3, Splenektomie 1, Rituximab 3.

Ausblick

Daten aus dem ersten Daten-Cut sollen am Europäischen Hämatologenkongress präsentiert werden.

Langfristig soll das Register als gemeinsame Studienplattform genutzt werden. Weitere Forschungsprojekte zur Pathogenese und Behandlung der ITP sind am Laufen. Das Register soll verstetigt werden und insgesamt soll es helfen, die Situation der ITP-Patient/-innen zu verbessern.

Abschliessend dankte die Referentin der Leitungsgruppe mit Prof. A. Matsdorff, PD Dr. med Oliver Meyer, Dr. med. A Georgi, Frau Arnold SHG-ITP Giessen, dem Zentrum Klinische Studien Jena, der Biobank Dresden und insbesondere der Firma Amgen für das unabdingbare Sponsoring eines derartigen Projekts.

Immunmodulation mit Romiplostim – das zeigt die IROM-Studie

Fast alle Behandlungsstrategien bei der ITP zielen darauf ab, die Blutung zu kontrollieren. Man versucht den vorzeitigen Thrombozytenabbau zu bremsen oder die Thrombozytenproduktion zu stimulieren, so Frau Dr. med. Alexandra Schifferli, Leitende Ärztin Hämatologie/Onkologie UKBB, Basel.

Nur wenige Medikamente wurden untersucht, die das Potenzial haben, die Immundysregulation – also die Ursache der ITP – zu behandeln und die verlorene Immuntoleranz zu induzieren. Die Ursache aller Autoimmunerkrankungen ist eine gestörte Immuntoleranz. Medikamente wie Rituximab, und Dexamethason haben das Potenzial die Immuntoleranz wieder zu induzieren, aber nur mit mässigen Langzeitergebnissen. Zwischen 2010 und 2015 wurde zunehmend von Patienten berichtet, dass sie ihre TPO-Mimetika sicher stoppen konnten, ohne ein Rezidiv zu erleiden. Dies wurde zunächst in retrospektiven Kohorten aber auch in prospektiven Studien gezeigt. Diese Gruppe von Patienten wird in den meisten Publikationen mit dem Akronym SROT (sustained remission of treatment) bezeichnet. Im Jahre 2010 wurde in einer kleinen Studie mit nur 10 Patienten eine verbesserte Aktivität der regulatorischen T-Zellen bei Patienten mit chronischer ITP gezeigt, die TPO-Mimetika erhielten. Die Daten dieser Studie deuteten auf eine Wiederherstellung der Immuntoleranz durch diese Medikamente hin (1). TPO-Mimetika sind eigentlich nur rein symptomatische Medikamente. Sie boosten die Produktion von Thrombozyten um die Hämostase zu verbessern und somit auch das Risiko von Blutungen zu vermindern. Um die Hintergründe für die Verbesserung der Grundkrankheit zu verstehen, wurde die IROM-Studie (2) geplant. Die Hypothese war, dass durch die Erhöhung der Thrombozyten, also der Masse des Antigens, eine Immuntoleranz erzeugt werden kann, analog zur Immuntoleranztherapie in der Allergologie. Bei der Antigen-Desensibilisierung in der Allergologie gibt man sehr hohe Dosen von Antigen über längere Zeit. Dies führt paradoxerweise dazu, dass der Körper denkt, wenn so viel Antigen im Umlauf ist, muss es doch normal oder ungefährlich sein und reagiert nicht mehr auf den Antigenstimulus. Nicht nur in der Allergologie kennt man diese Therapieform, sondern entsprechende Forschungsberichte gibt es auch beim Diabetes Typ 1, bei Multipler Sklerose und Colitis ulcerosa. Häufig versagen diese Therapien an der Tatsache, dass die vermeintlich wichtigsten Antigene nur die Spitze des Eisbergs sind. Die ideale Immuntoleranztherapie wäre eigentlich Organ-bezogen und nicht Antigen-bezogen. Diese Möglichkeit hätten wir bei der ITP mit den TPO-Mimetika, so die Referentin. Zusätzlich war den Forschern klar, dass die Thrombozyten auch Immunzellen sind, die sowohl mit dem angeborenen als auch dem erworbenen Immunsystem interagieren. Thrombozyten sind also nicht nur Zielscheibe des Geschehens bei der ITP, sondern vermutlich auch Akteure (3). Sie produzieren verschiedene Zytokine und sind das grösste Reservoir von TGFβ, einem starken inflammatorischen Zytokin.

Hypothese zur Immunmodulation mit TPO- RA als Grundlage der IROM-Studie

Die Hypothese zur Immunmodulation mit TPO-RA, wie sie für die IROM-Studie (1) formuliert wurde, ist in der Abb. 1 wiedergegeben. Sie umfasst die folgenden Punkte: Thrombopoietin-Rezeptor-Agonisten (TPO-RAs) haben offensichtlich das Potenzial, den Krankheitsverlauf mit einer behandlungsfreien Remission von bis zu 30 % zu beeinflussen. Mögliche Mechanismen könnten die Exposition gegenüber hochdosiertem Antigen und/oder die angeborene Immunaktivität von Thrombozyten sein, insbesondere die Freisetzung von TGF-ß, die regulatorische T-Zellen (Tregs) stimulieren oder wiederherstellen kann. Tregs spielen eine grundlegende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Immuntoleranz. Frühere Studien haben gezeigt, dass die Funktion der Tregs im peripheren Blut von ITP-Patienten verringert und beeinträchtigt ist.

Die IROM-Studie (4, 5)

2016 wurde die IROM-Studie nach 2 Jahren Vorbereitungszeit an 5 Orten eröffnet. Romiplostim war damals noch nicht als Second-Line Therapie zugelassen, sondern indiziert für die chronisch refraktäre ITP. Die Studie war konzipiert als nationale multi-center, open label, single arm, proof of concept Studie. Das Ziel war die Untersuchung möglicher immunmodulierender Wirkungen von Romiplostim bei Patienten mit ITP. Einschlusskriterien waren junge Erwachsene mit primärer ITP (initial 18j.- 45j., bei denen die Erstlinientherapie versagt hatte, nicht vertragen wurde oder die einen Rückfall erlitten hatten (unabhängig von der Krankheitsdauer). Der primäre Endpunkt war das Verhältnis TH1(TH17) / TH2(TREG). Zu den sekundären Endpunkten gehörten neben den immunologischen Daten auch die Rate der anhaltenden Remission ohne Behandlung (SROT) nach einem Jahr, sowie die Romiplostim-Dosis, die Thrombozytenzahl und Blutungen.

Studienplan

Romiplostim s.c. während 22 Wochen gegeben, wöchentliche Dosisanpassung je nach Thromboztenansprechen, Ziel 50-200 x 109/l (gemäss Produkteinformation). Follow-up bis Woche 52 (clinical visit und Blutbild), immunologisches Panel an Woche 1, 6, 12, 22, 52.

Resultate

Ansprechen der Thrombozyten und Romiplostim-Dosis: Bei SROT-Patienten war die Titration der Romiplostim-Dosis geringer und die Thrombozytenzahl reagierte schneller, höher und stabiler.

Die Thrombozytenzahl bei Patienten mit einem Rückfall zeigte eine sehr zackige Kurve über 22 Wochen Behandlungsdauer. Es zeigte ich eine starke Korrelation zwischen Thrombozytenzahl und TGF-β.

Die Beobachtung eines höheren Anstiegs der Thrombozyten und eines stärkeren Anstiegs des TGF-β bei Patienten mit SROT im Vergleich zu Patienten mit einem Rückfall bekräftigt die Hypothese, dass der tolerogene Stimulus von der Thrombozytenmasse kommt.
Die meisten Zytokinwerte sanken unmittelbar nach Behandlungsbeginn (bei allen Patienten).

Das Immunsystem kann durch Romiplostim beeinflusst werden (Tregs, proinflammatorische Zytokine, TGF-β).

Klinische Resultate: Bei 6 von 9 Patienten mit neu diagnostizierter ITP war das Absetzen von Romiplostim erfolgreich und führte zu einer anhaltenden behandlungsfreien Komplettremission nach einem Jahr, während alle Patienten mit chronischer ITP einen Rückfall erlitten und erneut mit verschiedenen Behandlungen beginnen mussten.

Diese Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass eine frühzeitige Behandlung der ITP mit TPO-RAs, zB. Romiplostim, den natürlichen Verlauf der ITP positiv beeinflussen könnte. Eine Einschränkung der Studie in Bezug auf klinische Endpunkte ist die geringe Stichprobengrösse.

Fazit 15 Jahre Romiplostim

Die Therapie der ITP hat sich in den letzten 15 Jahren durch Romiplostim (NPlate®) und andere TPO-RAs grundlegend verändert, u.a. durch den Wegfall der Splenektomie und die Verkürzung der Erstlinientherapie mit Steroiden.

ITP-Registerdaten sind besonders wertvoll zur Erforschung und Qualitätssicherung und können künftig bei der Beantwortung relevanter klinischer Fragestellungen in Bezug auf die ITP beitragen.

Die Ergebnisse der IROM-Studie zeigen, dass eine frühzeitige Behandlung mit Romiplostim durch Immunmodulation den natürlichen Verlauf der ITP positiv beeinflussen kann.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

1. Bao W et al. Improved regulatory T-cell activity in patients with chronic immune thrombocytopenia treated with thrombopoietic agents. Blood 2010 ; 116 :4639-4645.
2. Schifferli A and Kühne T. Thrombopoietin receptor agonists: a new immune modulatory strategy in immune thrombocytopenia. Sem. Hematol 2016;53:S31-S34
3. Yeaman M. Platelets at the nexus of antimicrobial defence. Nat Rev Microbiol 2014; 12: 426-437
4. Schifferli A et al Immunomodulation with Romiplostim in Young adult primary immune thrombocatopenia (ITP) as second line strategy (iROM study). Blood 2021 ; 138 : Suppl 1 : 3149. Doi.org/101182/blood-2021_146648.
5. Schifferli A et al. Immunomodulation with Romiplostim as a second-line strategy in primary immue thrombocytopenia : the iROM study Br J Haematol. 2023 ;203 :119-130

Prestigeträchtige internationale Anerkennung für Prof. Franco Cavalli

Die American Association for Cancer Research (AACR) hat entschieden, Prof. Franco Cavallis Karriere zu ehren und ihm den renommierten Preis „Award for Lifetime Achievement“ zu verleihen. Diese sehr bedeutende Auszeichnung wird ihm im Rahmen der Eröffnungszeremonie des jährlichen Kongresses der AACR am Sonntag, den 7. April 2024, in dem Convention Center von San Diego, Kalifornien, übergeben. „Forschung und Medizin des Kantons Tessin sollen stolz auf die Auszeichnung von Prof. Franco Cavalli sein: Wenige haben in der Schweiz einen solch prestigeträchtigen Wissenschaftspreis erhalten“, betont Prof. Giovanni Pedrazzini, Dekan der biomedizinischen Fakultät der USI.

Mit ihren mehr als 60.000 Mitgliedern ist die American Association for Cancer Research (AACR) die grösste weltweite Organisation in dem Bereich Krebsforschung. Der jährliche Kongress der AACR, an dem üblicherweise 20-30 Tausend Forscher teilnehmen, gilt zweifellos als das grösste wissenschaftliche Event für all jene, die sich mit Krebsforschung auseinandersetzen.

Dieses Jahr möchte die AACR mit dem “Award for Lifetime Achievement” (Auszeichnung für das Lebenswerk) den derzeitigen Präsident der Stiftung des „Istituto Oncologico di Ricerca“ (IOR) und des Verbands „Bellinzona Institutes of Sciences“ (BIOS+) Prof. Franco Cavalli ehren. Der Preis wird ihm im Zuge der offiziellen Eröffnungszeremonie des jährlichen Kongresses verliehen, der im Convention Center von San Diego am Vormittag des 7. April dieses Jahres stattfindet. Während der Zeremonie wird Prof. Cavalli die Gelegenheit haben, den Preis entgegenzunehmen und der AACR dafür zu danken.

Als besonderes Zeichen der Anerkennung wurde er gebeten, am Nachmittag einen 45-minütigen ausserordentlichen Vortrag zu halten und die Ergebnisse seiner Karriere sowie seiner Forschungen in der Onkologie zusammenzufassen und seine Vision über die Zukunft der Krebsforschung zu erörtern. Ausserdem bat man ihn, auf das Thema einzugehen, wie wissenschaftliche Welt und internationale Politik sich der weltweiten Herausforderung des Krebses stellen sollten, da diese Erkrankung voraussichtlich in wenigen Jahren den Herz-Kreislauf-Erkrankungen überwiegen und die häufigste Todesursache auf der Welt sein wird.

In der kürzlich veröffentlichten umfangreichen Bekanntmachung der AACR, in der sie die amerikanischen und internationalen Medien über die Preisverleihung an Prof. Cavalli informierte, fasst die Organisation seine wissenschaftlichen Errungenschaften zusammen: von klinischen Studien, bei denen er den Nutzen einer Reihe neuer, innovativer Medikamente in der medikamentöser Therapie von Tumoren aufzeigte, bis hin zu den vielfältigen Forschungen im Bereich Maligne Lymphome, welche unter anderem dazu führten, dass man heute weltweit die sog. Lugano-Klassifikation benutzt, um den objektiven Zustand dieser Patienten zu beurteilen. In der Bekanntmachung zitieren sie selbstverständlich die „International Conference on Malignant Lymphomas“ in Lugano, die Cavalli im Jahr 1981 ins Leben rief und heute das wichtigste Event weltweit in diesem Bereich ist. Ausserdem wird darauf eingegangen, dass er die “International Extranodal Lymphoma Study Group” (IELSG) gründete, die weltweit einzige Vereinigung für klinische Studien über sog. extranodale Lymphome, die fast die Hälfte der Erkrankungsfälle ausmachen. Die IELSG koordiniert heute mehr als 300 Institute auf fünf Kontinenten und hat in den 25 Jahren ihres Bestehens die Standardtherapie in Grossteil dieser Lymphome neu definiert. Die Bekanntmachung der AACR verweist des Weiteren insbesondere auf die Gründung – von nahezu Null auf – der Institute IOSI (“Istituto Oncologico della Svizzera Italiana”), das auch in den Vereinigten Staaten als sog. “Comprehensive Cancer Center” anerkannt ist, sowie des IOR (“Istituto Oncologico di Ricerca di Bellinzona”, heutiger Partner der USI). Cavalli gründete ausserdem in Zusammenarbeit mit der “European School of Oncology” (ESO) das World Oncology Forum (WOF), das seit 2012 regelmässig in Tessin oder in Mailand (letztes Mal im vergangenen September auf dem Monte Verità in Ascona) stattfindet, um die Lage des weltweiten Kampfes gegen Krebs zu beurteilen. Das WOF zeigt regelmässig Wege auf, welche Massnahmen die internationale Gemeinschaft ergreifen sollte, um dieser Epidemie, die sich vor allem in armen Ländern ausbreitet, entgegenzuwirken, und die dann grösstenteils eingeschlagen werden, beispielsweise von der WHO (Weltgesundheitsorganisation).

Die AACR zählt ebenso die mehr als 600 wissenschaftlichen Artikel von Cavalli, seine vier Bücher sowie die 20 Preise und nationale bzw. internationale Auszeichnungen, die er bis heute erhalten hat, auf, darunter insbesondere die Auszeichnungen für sein Lebenswerk durch die Europäische Gesellschaft für Medizinische Onkologie und die Chinese Society of Clinical Oncology, beide Sitz in den Vereinigten Staaten, und nicht zuletzt die drei Ehrenprofessuren, die ihm in China und Mittelamerika vergeben wurden.

Abschliessend wird ihm eine besondere Auszeichnung für seine medizinischen und humanitären Initiativen vergeben, vor allem für die Gründung der AMCA (“Associazione per l’aiuto medico al Centro America”) in Mittelamerika – Initiativen, die im Bereich pädiatrische Onkologie kürzlich von der WHO umgesetzt wurden, um auf der Grundlage dieses Modells eine weltweite Kampagne zur Bewältigung der zunehmenden Krebsfälle im Kindesalter zu starten.

Servizio comunicazione istituzionale
Università della Svizzera italiana

DKG-Äquivalenztabelle Neu überarbeitet für das Auditjahr 2024

In der Schweiz nimmt die Zahl der DKG-zertifizierten Organ-/ Tumorzentren stetig zu. Insgesamt gibt es in der Schweiz derzeit 146 zertifizierte Zentren.

Um den länderspezifischen Unterschieden in der Krebsversorgung gerecht zu werden, passt die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Krebszentren (AGSKZ) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Zertifizierungslandschaft Onkologie Schweiz (AGZOS) von Oncosuisse die Zertifizierungskriterien mit der jährlich neu überarbeiteten Äquivalenztabelle spezifisch an das Schweizer System an.

Die Äquivalenztabelle ist ein wichtiges Instrument für die Gutachter bei den Audits der DKG-zertifizierten Schweizer Zentren. Oncosuisse stellt sicher, dass alle Mitglieder der AGZOS ihre Haltung einbringen, bzw. die für sie wichtigen Schweizer Äquivalenzen in der Tabelle verankern können.
Die neu überarbeitete Äquivalenztabelle kann man einerseits auf der Homepage der DKG (Deutsche Krebsgesellschaft) und andererseits auf der Homepage von Oncosuisse einsehen.

Weitere Informationen: info@oncosuisse.ch

Die Schweiz erhält einen nationalen Krebsplan

Mit der Motion 23.3014 «Nationaler Krebsplan» hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) im Februar 2023 dem Parlament bzw. dem Bundesrat beantragt, basierend auf der Nationalen Strategie gegen Krebs 2014-2020 (NSK) einen Nationalen Krebsplan zu erarbeiten. Das Schweizer Parlament hat die Motion 2023 (Ständerat) bzw. 2024 (Nationalrat) angenommen und damit den Bundesrat mit der Umsetzung beauftragt.

Die Motionäre der SGK stellten fest, dass es in der Schweiz seit dem Auslaufen der NSK keine koordinierte Strategie gegen Krebs mehr gibt. Das Forum Oncosuisse führe die Arbeiten der Nationalen Strategie gegen Krebs weiter und habe die Aufgabe, die Koordination zwischen den Akteuren, insbesondere den Krebsorganisationen, zu fördern. Bund und Kantone sind jedoch nicht am Forum Oncosuisse beteiligt. Bund, Kantone sowie die relevanten Organisationen, Expert/-innen sollen in die Entwicklung des Nationalen Krebsplans einbezogen werden.

Oncosuisse als Verband von acht national tätigen Krebs­organisationen hat diese Entwicklung eng begleitet und ist zurzeit daran, mit dem Masterplan 2025 einen inhaltlichen Vorschlag für die Erarbeitung eines Nationalen Krebsplans zu erarbeiten. Der Masterplan 2025 schlägt dem Bundesrat Themenbereiche und Ziele vor, die aus Sicht der Krebsorganisationen prioritär angegangen werden sollten. An der Erarbeitung dieser Vorschläge waren neben den Oncosuisse-Mitgliedorganisationen insgesamt über 400 Expert/-innen aus 150 Organisationen/Abteilungen der Schweizer Krebsversorgung bzw. des Gesundheitswesens beteiligt: Sie haben im Rahmen der Netzwerkveranstaltungen des Oncosuisse-Forums in 27 Workshops die prioritären Ziele ihres spezifischen Teilbereichs identifiziert und mögliche Massnahmen beschrieben. Die Oncosuisse-Mitgliedsorganisationen sind daran, diesen Vorschlag zu bereinigen, um ihn anschliessend dem Bundesamt für Gesundheit einzureichen.

Die Bandbreite der möglichen Themen ist gross: Von der Prävention und Früherkennung über die Behandlung und Nachsorge bis hin zur Registrierung und Forschung hat das Thema Krebs viele Facetten. Entsprechend schwierig ist es, all diese Teilbereiche in einem Krebsplan gebührend zu berücksichtigen. Umso wichtiger wird es sein, diesen Krebsplan optimal in bestehende Initiativen und Gesundheitsstrategien einzubetten bzw. mit diesen zu verknüpfen. Die Strategie des Bundes zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie), das Programm Digisanté zur Digitalisierung des Gesundheitswesens, die gesetzlich verankerte nationale Krebsregistrierung oder die Botschaft zur Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik des Bundes 2025-2028 (BFI-Botschaft) sind nur einige Beispiele. Es wird zentral sein, all diese Initiativen optimal aufeinander abzustimmen und dafür zu sorgen, dass gemeinsam ein bestmögliches Resultat für die Krebspatient/-innen erzielt werden kann.

Oncosuisse wird den Masterplan 2025 im Sommer 2024 veröffentlichen und ist bestrebt, zusammen mit allen Akteur/-innen der Schweizer Krebsversorgung die Umsetzung des Nationalen Krebsplans möglichst rasch anzustossen.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
info@oncosuisse.ch

Präventive und therapeutische Strategien in der Pflege

Mit dem vorliegenden Buch ist den Autorinnen und den Autoren eine übersichtliche und informative Aufarbeitung dermatologischer Reaktionen in der onkologischen Pflege gelungen.

Der Aufbau ist logisch gegliedert, beginnend bei pathophysiologischen Hintergründen und beim Aufbau sowie bei der Funktion der Haut über die Anamnese und körperliche Untersuchung zur konkreten Veränderung von Haut, Mukosa, Nägeln und Haaren. Zudem werden Aspekte der Selbstmanagementförderung und Implementationsbeispiele aus der Praxis beschrieben. Es wird deutlich, wie vielfältig die Herausforderungen im Umgang mit dermatologischen Reaktionen sind.

Die verschiedenen Erscheinungsformen der Veränderungen werden jeweils hinsichtlich der Ätiologie, der Inzidenz, möglicher Risikofaktoren und des Schweregrades sowie möglicher Therapieoptionen dargestellt. Bilder ergänzen die Aussagen sinnvoll und eindrücklich.
Anhand der Implementationsbeispiele gelingt es, die erweiterte Praxis Pflegender in der Onkologie und damit die Wichtigkeit und die Möglichkeiten der Pflegeprofessionalisierung abzubilden.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass «Dermatologische Reaktionen bei onkologischen Therapien» das Potenzial besitzt, sich zu einem Standardwerk aller Pflegender in der Onkologie zu entwickeln.

Es wird nicht nur fachliches Know-how vermittelt, sondern auch strukturiertes und evidenzbasiertes Vorgehen beschrieben und Anstösse zu möglichen Beratungs- und Schulungsangeboten mit auf den Weg gegeben. Von meiner Seite eine klare Leseempfehlung.

Cornelia Kern Fürer, Harald Titzer und
Irene Bachmann-Mettler (Hrsg.). (2023).
ISBN des e-Books
978-3-662-66606-7
ISBN des gedruckten Buches
978-3-662-66605-0

Sara Kohler, sara.kohler@zhaw.ch
MScN, MAS onkologische Pflege, RN
Studiengangsleitung MAS in onkologischer Pflege
ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Departement Gesundheit
Institut für Pflege
8401 Winterthur

Buchrezension der Zeitschrift Onkologiepflege Schweiz, 1/24