Neue Behandlungsmöglichkeiten in der Systemtherapie beim Mammakarzinom und damit verbundene neue Nebenwirkungen

Das Mammakarzinom hat heute eine deutlich bessere Prognose als noch vor zwei bis drei Dekaden. Die Behandlungsoptionen wurden deutlich verbessert. Durch neue Systemtherapie sind aber auch Nebenwirkungen hinzugekommen, die der Kliniker erst kennen lernen muss, um sie optimal behandeln zu können. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen der letzten 10 Jahre im Bereich der Systemtherapie und zeigt auch die wichtigsten Nebenwirkungen und deren Management auf.

Einführung

In der Schweiz erkranken pro Jahr rund 6.000 Frauen und 30-50 Männer an Brustkrebs. Die Sterberate an Brustkrebs liegt dabei bei 1300 Frauen pro Jahr. (1) In den letzten Jahrzehnten hat sich die Prognose deutlich gebessert durch verschiedene Faktoren wie beispielweise: Screening Mammographien, optimale Radiotherapie und auch Verbesserungen in der molekularen Diagnostik und in der Systemtherapie. Weltweit geht man heute von einer Heilungsrate in den westlichen Ländern von rund 85% aus. (2) Durch schonendere und strikter indizierte lokale und systemische Behandlungen wurden die Morbidität reduziert und die Lebensqualität verbessert.
Sollte es zu einem Rezidiv mit Metastasen kommen, gibt es heute bessere Behandlungsmöglichkeiten einschliesslich molekular basierter Therapien und zielgerichteter Therapien. Die Behandlung des frühen wie auch metastasierten Mammakarzinoms basiert weiterhin auf den intrinsischen Subtypen: (3)
a) Luminal A
b) Luminal B
c) Triple negativer Brustkrebs
d) HER2 positiver Brustkrebs
Die wichtigsten Behandlungen umfassen die anti-estrogene Therapie, Chemotherapie und zielgerichtete Therapie sowie Immuntherapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitor. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Behandlungsoptionen beim frühen Mammakarzinom. (4, 5)
Bei den metastasierten Tumorerkrankungen sind weitere molekulare Marker hinzugekommen: BRCA-Status, PDL-1 Status, ESR – Status und PIK3CA Status und HER2-low Status. Anhand dieser Marker kann häufig eine zielgerichtete Therapie empfohlen werden mittels PARP-Inhibitoren, Immuncheck-Point-Inhibitoren, selektiven Estrogenrezeptor-Downregulators (SERDS), PIK3CA-Inhibitoren und Antikörper-Drug-Konjugaten. (6, 7)
In den letzten 10 Jahren haben sich in der Systemtherapie des frühen wie auch fortgeschrittenen Mammakarzinoms zahlreiche Neuerungen ergeben.(8) Durch die neuen Substanzen musste allerdings auch neue Toxizität in Kauf genommen werden. Bei der Medikamentenentwicklung im Bereich Brustkrebs sind heute in vielen Studien auch Erhebung der Lebensqualität mittels «Patient reported outcomes» anhand von standardisierten Fragebögen selbstverständlich geworden.(9) Beim Management der verschiedenen Nebenwirkungen und Lebensqualitätsassessments werden heute auch elektronische Patientenprogramme, sogenannte eHealth Apps eingesetzt. Diese können frühzeitig zu einer Verbesserung der Arzt-Patientenkommunikation führen und sogar die Prognose verbessern. (10-12) (Abbildung 1)

Die am amerikanischen Krebskongress vorgestellte multizentrische, randomisierte Phase-IV «PreCycle» Studie untersuchte bei Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs, die eine Behandlung mit Palbociclib plus Aromatasehemmer oder Palbociclib plus Fulvestrant erhielten, die Rolle einer solchen Patienten-App.(13,14) In den Jahren 2017 und 2021 wurden 499 Patientinnen 2:1 in den aktiven (CANKADO PRO-React; Arm A) oder inaktiven (CANKADO Inform; Arm B) Arm randomisiert. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität (TTD QoL). Bei allen Patientinnen wurde ein signifikant verringertes Risiko für den aktiven CANKADO-Arm A hinsichtlich der TTD QoL gezeigt (p = 0,03). Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 21,4 Monate im Arm A und 18,7 Monate im Arm B. Das mediane Gesamtüberleben wurde im Arm A nicht erreicht und war bei 42,6 Monaten im Arm B.
Zusätzlich können eHealth Anwendungen die Therapiekontrollen erleichtern und auch der Patientin mit Mammakarzinom eine verbesserte Kommunikation mit dem Spital und eine bessere Informationsquelle ermöglichen.

Neue Systemtherapieoptionen beim frühen Mammakarzinom und das Management der Nebenwirkungen

Sowohl beim TNBC als auch beim HER2-positiven Mammakarzinom wird häufig eine neo-adjuvante Chemotherapie appliziert, die bei letzterem mit Antikörpern kombiniert wird.(15) Der Vorteil des neo-adjuvanten Konzepts beinhaltet: Prognostische Information, Verkleinerung des Tumors, Zeitgewinn für die genetische Testung und Verbesserung der Therapieentscheide nach Remissionsstatus. In der Regel werden 6-8 Zyklen Chemotherapie appliziert vor der Operation und die Antikörper werden auch nach der Operation weiter verabreicht.
Beim frühen HER2+ Mammakarzinom empfehlen heute viele Onkolog*Innen eine anthracyline-freie Chemotherapie in Kombination mit Trastuzumab und Pertuzumab. Dabei können pathologisch komplette Remissionen bis zu 60% erreicht werden. (16, 17) Besseres Ansprechen erreichen Tumore, bei denen hohe Tumor-infiltrierende Lymphozyten nachzuweisen sind.(18) Durch die anthracyline-freien Regime ist das Risiko für Chemotherapie-assoziierte Leukämien deutlich geringer und auch das Risiko für eine anthracyline-induzierte Kardiopathie fehlt. Allerdings müssen Patientinnen bei HER2-gerichteter Therapie weiterhin kardiologisch monitorisiert werden. Nach den aktuellen ESC Guidelines soll zu Beginn der Therapie eine Risikostratifizierung erfolgen. (19) Alle Patientinnen sollten als Baseline ein transthorakales Echokardiogramm (TTE), EKG und Labor mit Troponin und NT-proBNP erhalten. Während der Trastuzumab-basierten Therapie sollten TTE und Labor alle 3 Monate wiederholt werden. Nach der Therapie sollte für die «High-risk» Patientinnen nach 3 Monaten und 12 Monaten ein TTE und Labor erfolgen, für die «Low-risk» Patientinnen sollte 12 Monate post-Therapie noch ein TTE und Labor erfolgen.

Bei kompletter pathologischer Remission sollte nur die Antikörpertherapie weiter verabreicht werden. Dabei sollte das kardiologische Monitoring wie oben beschrieben weitergemacht werden. Sollte es nicht zu einer kompletten pathologischen Remission kommen, sollte eine Therapie mit Trastuzumab-Emtansine (T-DM1) durchgeführt werden. In der KATHERINE Studie war die Therapie mit T-DM1 einer alleinigen Trastuzumab-Erhaltungstherapie bei non-pCR deutlich überlegen. Somit ist T-DM1 heute der Standard bei Patientinnen mit HER2+ Mammakarzinom, die keine komplette Remission erreichen. Die Verträglichkeit von T-DM1 ist in der Regel gut, die häufigsten Nebenwirkungen in der KATHERINE Studie waren Blutbildveränderungen mit Thrombozytopenie.(20)
Beim frühen TNBC die neo-adjuvante Chemotherapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor Pembrolizumab kombiniert. Die Hinzunahme des Pembrolizumab hatte die komplette Remissionsrate um rund 15% Punkte verbessert und auch die Rate an Rezidiven deutlich verringert. Der Effekt war unabhängig vom PDL-1 Status. Bei hoher Anzahl an TILs war der Effekt für eine pCR höher und auch unabhängig von der PDL-1 Blockade.(21, 22)
In der Phase II Studie GeparNueovo wurde eine neo-adjuvante Chemotherapie mit Durvalumab -einem PDL-1 Checkpoint-Inhibitor- ebenfalls in neo-adjuvanter Absicht untersucht. In dieser Phase II Studie fand sich ein signifikanter Effekt auf das Gesamtüberleben bei noch kurzem Follow-up. (23)

Die Immuntherapie wurde mittlerweile zum Standard beim TNBC mit mindestens 2 cm Durchmesser und/oder Lymphknotenbefall, weil es dort entscheidend zur Prognoseverbesserung beiträgt. Offen bleibt, ob auch für kleinere Tumoren von einer Chemo-Immuntherapie ein Nutzen erbracht werden kann.(22)

Nebenwirkungen der Immuntherapie sind im Vergleich zur Chemotherapie verschieden. Dabei ist die Interaktion zwischen T-Zellen und Tumor, sowie auch eigenem «Körpergewebe» wichtig. Bei der Blockade der Immuncheckpoint-Pathways kommt es zu einer generalisierten Aktivierung von T-Zellen. Die Checkpoints der T-Zellen helfen Autoimmunität und Toleranz zu vermeiden und das Immunsystem sozusagen zu kontrollieren. (24) Die Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren ist mittlerweile eine der wichtigsten Therapien im Bereich der soliden Onkologie und Standardtherapie für das maligne Melanom, Bronchuskarzinom, Mikrosatelliten-defiziente Tumore (z.B. Endometriumkarzinom, Kolorektalkarzinom) und anderer.
Schwere immunvermittelte Nebenwirkungen sind gelegentlich zu finden (10-15%), können dosisabhängig sein und führen häufig zu Abbruch der Therapie. Zu den am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen von Immuncheckpoint-Inhibitoren zählen Hautreaktionen wie Rash, Vitiligo und andere Hautveränderungen. Zudem kommt es häufiger zu Diarrhoe durch immunvermittelte Colitiden. Eine weitere häufige Manifestation von immunvermittelten Nebenwirkungen ist eine Hyperthyreose, die im Verlauf zu einer Hypothyreose führt. Selten kann es zu schwerwiegenderen Fällen und Entzündungen in Organen wie der Lunge oder der Leber kommen, die lebensbedrohlich sein können.(24) Es ist wichtig, dass dann schnell eine Behandlung mit Immunsuppressiva wie Kortikosteroiden eingeleitet wird. Tabelle 2 gibt einen Überblick der wichtigsten immunvermittelten Nebenwirkungen bei verschiedenen Immun-Checkpoint-Inhibitoren, die beim Mammakarzinom eingesetzt werden.

Bei der Behandlung der immunvermittelten Nebenwirkungen gibt es mittlerweile zahlreiche Empfehlungen und lokale Richtlinien, die den Klinikern helfen. (25, 26) In der Regel wird das Absetzen oder Pausieren empfohlen, bis die Nebenwirkung sich verbessert oder aufgelöst hat. Je nach Schweregrad wird auch ein dauerhaftes Sistieren der Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitor empfohlen. Therapeutisch werden Steroide lokal oder systemisch sowie verschiedene Immunsuppressive empfohlen (z.B. Infliximab oder Mycophenolat-Mofetil).

Neue Systemtherapieoptionen beim fortgeschrittenen Mammakarzinom und das Management der Nebenwirkungen

Beim fortgeschrittenen Mammakarzinom hat sich in den letzten 10 Jahren eine erhebliche Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten und Prognose ergeben. Molekulare Therapien und antikörperbasierte Therapien sind mittlerweile in den klinischen Alltag eingezogen.

Beim HR+/HER2- metastasierten Mammakarzinom sind bereits seit einigen Jahren die CDK4/6 Inhibitoren zugelassen. Die Medikamente blockieren die «Cycline-dependent Kinase -4 und -6» und verhindern so eine Komplexbildung mit Cycline D und dies führt zu einer Phosphorylierung des Retinoblastom-Proteins und zum Stoppen des Zellzyklus in der G1/S- Phase. Es gibt mittlerweile drei zugelassene CDK4/6 Inhibitoren (Abemaciclib, Palbociclib, Ribociclib), welche in Kombination mit endokriner Therapie in der 1st Line und 2nd Line beim HR+/HER2- Mammakarzinom zugelassen sind.(27-29) In den Zulassungsstudien haben die Medikamente das progressionsfreie Überleben mit allen drei Substanzen verdoppelt gegenüber der alleinigen endokrinen 1st Line Therapie. In der kürzlich veröffentlichten OS-Analyse der MONALEESA-2 Studie, welche Ribociclib plus Letrozol untersuchte, konnte gegenüber Letrozol alleine ein signifikanter Überlebensvorteil gezeigt werden. (63,9 gegenüber 51,4 Monate, p=0,008) (30)
In der Regel sind CDK4/6 Inhibitoren sehr gut verträgliche Medikamente, jedoch bestehen einige spezifische Nebenwirkungen, die jedoch durch Dosisanpassungen optimiert werden können. Tabelle 4 gibt die wichtigsten Eigenschaften des Medikamentes und die Toxizität wieder. (31)
Am Amerikanischen Krebskongress in Chicago wurden dieses Jahr erstmalig die Daten der SONIA Studie vorgestellt. Dies ist eine Phase III Studie mit 1050 Patientinnen, welche untersuchte, ob die Verschiebung des CDK4/6 Inhibitors in die 2nd Line die Prognose verschlechtert. Letztendlich hatte die 2nd line Therapie mit dem CDK4/6 Inhibitor Palbociclib keinerlei Auswirkung auf die Gesamtprognose der Patientinnen. Es erscheint wichtig, solche Sequenzierungsstudien durchzuführen, die Daten der CDk4/6 Inhibitoren besonders des Ribociclib in der 1st line sind so stark, dass aus unserer Sicht sich draus noch kein «Practice Change» ergibt.(32)

Eine weitere wichtige noch relativ neue Substanzklasse sind die sogenannten Antikörper-Medikamenten-Konjugate (ADCs). Die Idee hinter ADCs besteht darin, dass ein Anti­körper an ein speziell ausgewähltes «Target» der Tumorzelle bindet und anschließend die an den Antikörper gebundene Chemotherapie (Payload) freisetzt, um die Tumorzelle zu zerstören.(33) Der Antikörper wird so konstruiert, dass er spezifisch an die Tumorzellen bindet. Dadurch soll verhindert werden, dass gesunde Zellen geschädigt werden. Die Verbindung zwischen dem Chemotherapie-Molekül und dem Antikörper, der sogenannte Linke, sorgt dafür, dass die Chemotherapie zielgenau an den Tumorzellen «abgeladen» wird. ADCs können bei vielen Arten von Krebserkrankungen eingesetzt werden. Beim fortgeschrittenen Mammakarzinom sind zurzeit drei Substanzen in der Schweiz zugelassen: Trastuzumab-Emtansin (T-DM1), Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) und Sacituzumab-Govitecan(SG).(34-36) Das Trastuzumab-Emtansine wird sowohl beim frühen wie auch beim metastasierten HER2+ Mammakarzinom eingesetzt. Beim metastasierten HER2+ Mammakarzinom wurde sowohl das PFS als auch das OS in der 2nd Line nach Taxan- und Trastuzumab-haltiger Chemotherapie verlängert (EMILIA Studie).(37)
Das Medikament Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) hat allerdings im direkten «Head-to-Head» Vergleich ein höheres Ansprechen, längeres PFS und OS gezeigt gegenüber dem Trastuzumab-Emtansin und ist seither der neue Standard in der 2nd Line Behandlung des HER2+ metastasierten Mammakarzinoms. Mittlerweile wurde in einer Phase III Destiny-Breast004 gezeigt, dass T-DXd beim HER2-low fortgeschrittenen Mammakarzinom besser war als eine Standardchemotherapie. (38) HER2-low wurde dabei als eine Immunhistochemie 1+ oder 2+ definiert. Insgesamt wurden in die Studie 557 Patientinnen randomisiert, insgesamt waren 494 (88,7%) HR+/HER2-low. In der IIT war das PFS 10,1 versus 5,4 Monate für T-DXd bzw. Chemotherapie nach Investigator-Entscheid (TPC) (HR 0,51, p<0,001). Auch das OS war in der T-DXd Gruppe besser als in der TPC Gruppe (23,4 versus 16,8 Monate HR 0,64 p=0,001).
Die Gesamtrate an Grad 3 oder höher Toxizität lag bei T-DXd bei 52,6 Monaten. Die Gesamtrate an interstitieller Lungenerkrankung (ILD) lag bei 12,9%. Grad 5 Events traten in 0,8% der Population auf. Die Lungentoxizität ist problematisch und zwischenzeitlich gibt es spezielle Algorithmen für das Management.(39)
Tabelle 5 zeigt das Management der ILD unter T-DXd auf.
Weitere häufige Nebenwirkungen umfassen: Nausea, Vomitus, Neutropenie, Infusion-vermittelte Reaktionen, Alopezie, Fatigue und reduzierte kardiale EF. Die Nebenwirkungen sollten mit den bekannten supportiven Therapien, wie für die Chemotherapie behandelt werden:
Nausea, Vomitus: 5HT3, Dexamethason, Aprepitant allenfalls Olanzapin
Neutropenie: G-CSF Support
Infusionsreaktionen: Ranitidin, Dexamethason, Hydrocortison i.v.
Fatigue: Ursachensuche
EF-Reduktion: Pause der Therapie, allenfalls ACE-Hemmer, nur bei Erholung wieder starten.

Zusammenfassung und Schlussbemerkung

Die Behandlung des Mammakarzinoms hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, auch im Bereich der Systemtherapie. Neue Medikamente ergänzen die bisherigen Therapien wie endokrine Therapie oder Chemotherapie. Insbesondere im Bereich der modernen Immuntherapie bestehen andere Nebenwirkungen als mit der klassischen Chemotherapie. Der Kliniker muss lernen, diese Nebenwirkungen zu erkennen und zu managen. Behandlungsoptimierung und Behandlungsdeeskalation ist derzeit ein wichtiges Forschungsthema. Medizinische eHealth Anwendungen können die QoL/PROMs von Patienten besser monitorisieren und durch intelligente AI-basierte Algorithmen allenfalls auch die Prognose verbessern – durch frühzeitige Entdeckung von medizinischen Problemen oder Toxizität. Verschiedene neue Substanzklassen wie CDK4/6 Inhibitoren oder ADCs benötigen zudem ein gutes Monitoring, die Apps können allenfalls helfen auch die Visiten im Spital zu vermindern und dadurch der Patientin mehr Autonomie zuzugestehen.

In Zukunft wird wahrscheinlich eine nochmals besser zugeschnittene Therapie auf die Patientin aber auch auf das Mammakarzinom eine gesteigerte Effektivität und Verträglichkeit aufweisen.

Julia Landin

Medizinische Onkologie
Universitätsspital Basel
Petersgraben 5
4053 Basel
Schweiz

julia.landin@usb.ch

Walter Paul Weber

Department Brust, Abdomen und Becken
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21
4053 Basel
Schweiz

walter.weber@usb.ch

PD Dr. med. Marcus Vetter

Zentrum Onkologie und Hämatologie
Tumorzentrum Baselland
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal
Schweiz

marcus.vetter@ksbl.ch

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Zelluläre Immuntherapien von Malignomen – Wie wirken sie und welche Nebenwirkungen sind zu erwarten

Die Immuntherapie von Krebs hat die Behandlung von onkologischen Patienten revolutioniert. Leider profitieren aber nicht alle Patienten von den aktuell zugänglichen Immuntherapien. Zelluläre Immuntherapien können hier eine neue Option bieten. Vor allem die Behandlung mit ex vivo aktivierten und expandierten Tumor-infiltrierenden Lymphozyten (TIL) hat sich bei Patienten mit immunogenen Krebsarten wie zum Beispiel dem Melanom etabliert. Zudem haben genetische Manipulationsmöglichkeiten dazu geführt, dass T Zellen mit synthetischen chimären Antigenrezeptoren (CAR) bestückt werden können, die zum Beispiel CD19-positive Krebsarten wie B-Zell-Leukämien oder auch Lymphome erkennen können. Diese zellulären Immuntherapien haben bereits Einzug in die klinische Routine gefunden und verursachen zum Teil schwere, neuartige Nebenwirkungen. In dieser Übersichtsarbeit werden die Therapien erläutert und die Nebenwirkungen, sowie deren Management beschrieben.

Einleitung

Die Krebsimmuntherapie bietet im Vergleich zu herkömmlichen Krebsbehandlungen Vorteile und hat sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen der Onkologie etabliert [1, 2]. Die Immuntherapie macht sich das körpereigene Immunsystem zunutze, um Krebszellen gezielt zu erkennen und anzugreifen, während gesunde Zellen geschont werden sollen. Die Immuntherapie kann eine anhaltende Reaktion gegen Krebszellen hervorrufen und so langfristige Remissionen induzieren [3]. Sobald das Immunsystem die Krebszellen als fremd erkannt hat, kann es Gedächtniszellen entwickeln, die sich an die Antigene der Krebszellen erinnern. Diese Gedächtnisreaktion kann dazu beitragen, das Wiederauftreten von Krebs in der Zukunft zu verhindern. Die Immuntherapie hat sich als vielversprechend bei der Behandlung verschiedener Krebsarten erwiesen, darunter Melanom, Lungenkrebs, Blasenkrebs und auch bei bestimmten gastro-intestinalen Tumoren. Sie kann als alleinige Behandlung oder in Kombination mit anderen Therapien eingesetzt werden, was die Behandlungsmöglichkeiten für Patienten erweitert [1, 2]. Im Vergleich zu herkömmlichen Behandlungen wie der Chemotherapie verursacht die Immuntherapie oft weniger schwere Nebenwirkungen. Zwar können auch schwere immunbedingte Nebenwirkungen (immune-related adverse events, irAEs) auftreten, doch sind diese bei genauer Überwachung und frühzeitigem Eingreifen in der Regel gut beherrschbar [4, 5]. Neue Immuntherapien können auf die spezifische Krebsart und das Immunprofil einer Person zugeschnitten werden. Vor allem zelluläre Therapien sind hoch individualisiert. Zum Beispiel chimäre Antigenrezeptor (CAR) T Zelltherapie und die Therapie mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TILs) können individuell angepasst werden, um die Wirksamkeit der Behandlung zu optimieren [6, 7].

Zelluläre Immuntherapien

Zelluläre Immuntherapien haben sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Neue zelluläre Therapien wurden zugelassenen, vor allem genetisch veränderte Zellen wie CAR T Zellen [6]. Die Weiterentwicklung der zellulären Immuntherapien ist aufgrund der neuen Gentechnik noch weitreichender. Die CRISPR-Cas9 und verwandte Technologien führen dazu, dass Zellen regelrecht ‘engineered’ werden können [8]. Diese Entwicklung ist sehr vielversprechend, da zum Bespiel auch Patienten mit genetischen Störungen davon profitieren können.

Genetisch unmodifizierte Zellprodukte

Zellprodukte, die nicht genetisch verändert sind, umfassen vorwiegend ex vivo aktivierte und expandierte Zellen. Hier sind vor allem TIL (tumor-infiltrierende Lymphozyten) zu nennen. Bei diesem Behandlungsansatz werden T-Zellen, die sich im Tumorgewebe befinden, kultiviert, außerhalb des Körpers vermehrt und anschließend nach einer lymphozyten-depletierenden Vorbereitungsbehandlung in denselben Patienten reinfundiert [7, 9, 10]. In zahlreichen Untersuchungen wurden die Patienten zusätzlich mit Interleukin-2 (HD IL-2) behandelt, um die erfolgreiche Integration der T-Zellen zu verbessern [7]. Diese Behandlung wurde von Steve Rosenberg am amerikanischen ‘National Institute of Health’ (NIH) entwickelt und neuste randomisierte Studien haben die Wirksamkeit von TIL-Präparaten bei Melanompatienten bewiesen [11]. Zudem wurde die Wirksamkeit auch in anderen immunogenen Tumorentitäten in nicht-randomsierten Studien nachgewiesen wie zum Beispiel beim nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinom oder Zervixkarzinom [12, 13].

Zur Herstellung von TIL-Produkten werden aus chirurgisch entfernten Tumorstücken im Reinraum (GMP-Raum) kleine Gewebsfragmente hergestellt und die T-Zellen mit hohen Dosen mit IL-2 vermehrt. So sterben die Tumorzellen und andere Zellen (ausser die T Zellen) ab. Häufig werden die Tumorzellen auch von reaktiven T Zellen abgetötet in der Zellkultur. Die T Zellen werden dann im GMP-Raum weiter über zwei bis drei Wochen bis zu einer Anzahl von 50-100 Milliarden Zellen vermehrt mit IL-2, CD3-Stimulation und allogenen Feeder-Zellen. Wenn die Zellen im Zentrum produziert werden, in dem sie verabreicht werden, können sie frisch geerntet und frisch dem Patienten verabreicht werden. Normalerweise tritt der Patient eine Woche zuvor auf die Zelltherapie-Unit ein, damit die lympho-depletierende Chemotherapie mit Cyclophosphamid und Fludarabin eingeleitet werden kann. Mit der Verabreichung des TIL-Produktes wird zusätzlich IL-2 verabreicht [14]. Bei der Expansion und Therapie mit natürlich vorkommenden T Zellklonen geht man davon aus, dass sich tumorspezifische T-Zellen, die den Tumor mit ihrem T Zell-Rezeptor (TCR) erkennen können, sich in der Mikroumgebung der Tumorzellen befinden, diese aber aus verschiedenen Gründen nicht attackieren können (lokale Immunsuppression, Ermüdung/Exhaustion der T Zellen etc.). Durch die Kultivierung, Aktivierung und Vermehrung der T Zellen kann es aber zu einer Reaktivierung der Zellen kommen. Eine kürzlich erschienene Arbeit konnte zeigen, dass vor allem CD39 negative T Zellen, die im Körper auch länger überleben können, im TIL-Produkt helfen, längerfristig die Tumorerkrankung zu kontrollieren [15]. Zudem könnte mit der Selektion von Neoantigen-spezifischen T Zellen, die mit ihrem TCR sogenannte Neoepitope (neuentstanden, durch Mutationen bedingte Epitope) erkennen können, eine verbesserte TIL-Therapie generiert werden [10, 16]. In einer Arbeit wurde bei einem Patienten mit cholangiozellulärem Karzinom eine TIL-Therapie produziert, die spezifisch auf ein identifiziertes Neoepitop war [17]. Dies hat erfreulicherweise zu einem langfristigen Ansprechen trotz metastasierter Erkrankung geführt. Eine ähnliche erfolgreiche Anwendung von Neoantigen-selektionierten T Zellen erfolgte bei einer Patientin mit einem metastasierten, Hormonrezeptor positiven Mammakarzinom [18]. Eine Phase II Studie zeigte Ansprechen mit selektionierten T Zellen bei Patientinnen mit Brustkrebs [19]. In einer anderen Studie wurden T Zellen generiert, die p53-mutierte Neoantigen erkennen [20]. Weiter könnte die TIL-Therapie auch verbessert werden, indem die Zellen genetisch modifiziert werden [14]. Zum Beispiel können Chemokin-Rezeptoren durch virale Transduktion in die tumorspezifischen T Zellen eingebaut werden [21].

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Phase III Studien zur Effizienz von TIL Therapien dazu führen werden, dass wir diese Therapie einer breiteren Patientenpopulation zugänglich machen müssen. Die FDA hat vor kurzem das von einer Firma hergestellte TIL-Produkt Lifileucel in den USA provisorisch zugelassen (Iovance Biotherapeutics). Auch haben die holländischen und dänischen Behörden die TIL-Therapie bei Patienten mit metastasiertem Melanom nach Versagen von Immuncheckpoint-Inhibitoren als Standardtherapie mit Kostenübernahme akzeptiert.

Genetisch modifizierte Zellen

Therapien mit genetisch modifizierten Zellprodukten haben in den vergangenen Jahren Einzug in die Routinebehandlung von Patienten mit hämatologischen Neoplasien gehalten. Vor allem die mit chimären Antigenrezeptoren (CAR) bestückten T Zellen wurden erfolgreich bei Patienten mit B Zell-Neoplasien, zum Beispiel akute B Zell-Leukämien oder auch B Zell-Lymphome wie diffuse, grosszellige B-Zell-Lympome (DLBCL) angewandt (Figur 1). Die Behandlung von bösartigen B-Zell-Malignomen ist bei mehreren Indikationen zum Standard geworden, wenn die Erstbehandlung versagt hat [22-24]. Insbesondere CD19+ B-Zell-Malignome wurden erfolgreich mit CD19-spezifischen CAR T Zellen behandelt [22]. Interessanterweise konnten bei Patienten mit vielen vorangegangenen Therapielinien und refraktärer Erkrankung mit der CAR-T Zelltherapie dauerhafte Remissionen erzielt werden. In jüngster Zeit haben mehrere Studien gezeigt, dass die CAR-T-Zelltherapie auch bei Patienten mit rezidiviertem/refraktärem (r/r) diffus-großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) eine Rolle spielt, da sie in diesem Fall die autologe Stammzelltransplantation ersetzen könnte [25]. Alle drei kommerziell erhältlichen CD19-gerichteten CAR-T Zellen wurden in randomisierten Phase-III-Studien getestet. In der ZUMA-7-Studie wurde axicabtagene ciloleucel (axi-cel) im Vergleich zur Standardtherapie bei 359 Patienten getestet [26]. Die ereignisfreie 2-Jahres-Überlebensrate bei den mit axi-cel behandelten Patienten betrug 41 % gegenüber 16 % in der Gruppe mit Standardtherapie. Die Belinda-Studie umfasste 322 Patienten und verglich den Einsatz von Tisagenlecleucel (tisa-cel) mit der Standardbehandlung [27]. In dieser Studie war das ereignisfreie Überleben in beiden Gruppen ähnlich. Die Transform-Studie untersuchte den Einsatz von Lisocabtagene Maraleucel (liso-cel) bei 184 r/r DLBCL-Patienten [28]. Das ereignisfreie Überleben war in der liso-cel-Gruppe mit 10,2 Monaten gegenüber 2,3 Monaten deutlich besser. Darüber hinaus werden CD19-gerichtete CAR-T-Zellen erfolgreich bei anderen B-Zell-Lymphomen und B-Zell-Leukämien eingesetzt [22, 23]. So haben CD19-gerichtete CAR-T Zellen bei Patienten mit hochrefraktärer akuter lymphoblastischer Leukämie erfolgreich dauerhafte Remissionen bewirkt [29, 30]. Darüber hinaus wurden follikuläre Lymphome und Mantelzell-Lymphome erfolgreich mit CD19-gerichteten CAR T Zellen behandelt [31, 32].

Weitere CAR T Zellbehandlungen, sind Therapien, die gegen das multiple Myelom wirken, zum Beispiel gegen das Antigen BCMA und auch gegen GPRC5D [33, 34]. Resistenz gegen die CAR-T-Zelltherapie ist weit verbreitet. So beträgt das progressionsfreie Überleben nach 5 Jahren bei Patienten mit DLBCL nur etwa 30 % und bei Patienten mit follikulärem Lymphom etwa 40 % [35]. Es wurden mehrere Mechanismen der Resistenz gegen CAR-T Zell-Therapien identifiziert (Figur 2). Ein Verständnis für diese Resistenzmechanismen kann helfen, neue CAR T Zelltherapien zu generieren. Insbesondere können so hoffentlich in Zukunft auch CAR T Zelltherapien entwickelt werden, die bei soliden Tumoren (>90% aller erwachsenen Krebspatienten) wirken. Erste CAR T Zelltherapien für Patienten mit gastro-intestinalen Tumoren zeigen bereits Erfolg [36]. Bei dieser Studie, welche bei Patienten mit fortgeschrittenem Magenkarzinom und Pankreaskarzinom durchgeführt wurde, wurden T Zellen mit einem CAR bestückt, der Claudin 18.2 erkennt.

Neue Genmodifikationsmethoden werden in Zukunft dabei helfen, ‘engineered’ Zellen herzustellen. Zum Beispiel, können Immunzellen hergestellt werden, die zwei Tumorantigene binden müssen, damit die Zelle aktiviert wird [37, 38]. So kann die Spezifität und die on-target off-tumor Toxizität deutlich erhöht werden.

Nicht-maligne Indikationen

Zelluläre Therapien können auch bei Patienten eingesetzt werden, die nicht an einer Krebserkrankung leiden [24]. Zum Beispiel können Patienten mit resistenten Infektionserkrankungen wie Virusinfekte, zum Beispiel mit dem Eb-stein-Barr Virus erfolgreich mit Virus-spezifischen T Zellen behandelt werden [39, 40]. Auch Immunerkrankungen wie zum Beispiel ein systemischer Lupus erythematodes können mit CAR Zellen behandelt werden [41]. Zudem bestehen Bestrebungen, regulatorische T Zellen genetisch zu manipulieren, um periphere Immuntoleranz zu ermöglichen, zum Beispiel bei Patienten nach Organtransplantation [6].

Nebenwirkungen

Immuntherapien haben ganz andere Nebenwirkungen als klassische onkologische Therapien wie Chemotherapien oder auch zielgerichtete Therapien. Viele der Nebenwirkungen kommen durch eine akute oder chronische Überaktivierung des Immunsystems zustande [4].

Nebenwirkungen von TIL-Therapien

Die Nebenwirkungen wurden sehr gut im Rahmen der Phase III Studie mit TIL-Therapie bei Melanompatienten dokumentiert [11]. Man muss vor allem Nebenwirkungen von der lympho-depletierenden Chemotherapie, von der TIL-Infusion sowie der IL-2 Therapie voneinander unterscheiden. Die Hauptnebenwirkungen der Cyclophosphamid und Fludarabin-Behandlung ist die Knochenmarkstoxizität und die davon herrührende Infektionsgefahr. Zudem treten auch Thrombozytopenien auf. In der Studie von Rohaan et al hatten alle Patienten, die Chemotherapie erhalten haben, eine Neutropenie Grad 3 und höher und 90% eine Thrombozytopenie [11]. Aufgrund der Knochenmarkstoxizität, welche mit dem Nadir genau in den Zeitraum der TIL-Transfusion und der IL-2 Behandlung fällt, muss häufig mit Breitbandantibiotika behandelt werden. Zudem werden eine Pneumocystis jirovecii-, sowie eine Herpesvirusprophylaxe durchgeführt. Weitere Nebenwirkungen der lympho-depletierenden Chemotherapie sind eine mögliche Zystitis durch die hohen Dosen Cyclophosphamid, sowie auch eine Hyophosphatämie.
Durch die TIL und IL-2 Therapie haben über 90% der behandelten Patienten in der Phase III Studie Fieber entwickelt [11]. Zudem kommt bei einigen Patienten ein Zytokinfreisetzungssyndrom (‘Cytokine Release Syndrome’, CRS) mit assoziierter Hypotonie und Kreislaufinstabilität vor. IL-2 kann typischerweise auch ein ‘Capillary Leak Syndrome’, das heisst eine Extravasation von Flüssigkeit bewirken. Unsere jüngste klinische Studie am Universitätsspital Basel hat Ende 2022 die Rekrutierung abgeschlossen und die geplanten 9 Patienten standen für die Sicherheitsanalyse zur Verfügung. Elf Patienten wurden eingeschlossen, 9 Patienten haben ein TIL-Produkt erhalten. Insgesamt haben wir bei allen Patienten Nebenwirkungen beobachtet, viele davon aufgrund der Chemotherapie. Bei einem Patienten, der kurz nach der Verabreichung des TIL-Produkts ein akutes Atemnotsyndrom und ein Zytokinfreisetzungssyndrom entwickelte, musste eine Verlegung auf die Intensivstation zur Vasopressoren-Therapie und zur Beatmung erfolgen.

Während der Verabreichung von TILs sollte wenn möglich auf Corticosteroide verzichtet werden, da diese die T Zellaktivität hemmen können. Sollten jedoch schwere, durch Entzündung bedingte Nebenwirkungen auftreten, sollen Corticosteroide eingesetzt werden. Da IL-6R bei CRS häufig eine Rolle spielt, sollen blockierende Antikörper wie das Tocilizumab bei höherem Schweregrad verabreicht werden. Bei Kreislaufinstabilität ist auch eine Verlegung auf eine Überwachungsstation nötig und gegebenenfalls müssen kreislaufstützende Medikamente eingesetzt werden.

Nebenwirkungen der CAR T Zelltherapie

Die CAR-T-Zelltherapie ist eine vielversprechende Behandlung für Krebs, kann aber auch verschiedene, zum Teil sehr schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Eine der häufigsten Nebenwirkungen ist das CRS, das Fieber, niedrigen Blutdruck und Organdysfunktion verursachen kann [42, 43]. Eine weitere mögliche Nebenwirkung bei CD19-gerichteten CAR T Zelltherapien ist das Immuneffektorzell-assoziierte Neurotoxizitätssyndrom (ICANS), das Verwirrung, Krampfanfälle und andere neurologische Symptome hervorrufen kann [42, 44]. Als häufige Folge der lympho-depletierenden Chemotherapie, die auch bei der CAR T Zelltherapie eine Behandlung mit Cyclophosphamid und Fludarabin beinhaltet, können auch Infektionen auftreten, die zu schweren und potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen führen [45]. In den grösseren, Phase III Studien in der Zweitlinientherapie von Patienten mit DLBCL haben Zweitgenerationen-CAR T Zellen bis 90% ein CRS und 60% neurologische Nebenwirkungen hervorgerufen, wobei die Nebenwirkungen zum grössten Teil nicht gravierend und reversibel waren [26].

Niedriggradige CRS werden mit supportiven Massnahmen behandelt inklusive Antipyretika und Flüssigkeitssupport [43]. Schwerere CRS werden mit IL-6R blockierenden Antikörpern und Immunsuppression mit Corticosteroiden behandelt. Gegebenenfalls müssen Patienten auch auf die Intensivstation zu Kreislaufüberwachung, Vasopressoren-
therapie und möglicherweise auch zur Sauerstofftherapie bis hin zur Beatmung. Während IL-6 Blockade beim CRS häufig eine gute Wirkung hat, nützt diese Massnahme bei Patienten mit ICANS nicht [43]. Häufig werden beim ICANS Cortikosteroide zur Behandlung neben supportiven Massnahmen angewandt.
Natürlich können mit neuem CAR-Design gegebenenfalls diese Nebenwirkungen, die teilweise lebensbedrohlich sind, reduziert werden. Es ist schon bekannt, dass CARs mit einer CD28 intrazellulären co-stimulatorischen Domäne (z.B. axi-cel) rascher proliferieren und rascher eine höhere Konzentration an Zytokinen freisetzen, sodass daraus imVergleich zu 4-1BB-haltigen CARs (z.B. tisa-cel) frühere und häufiger schwerere CRS und ICANS resultieren [46]. Direkte Vergleichsstudien in Patienten existieren aber nicht und es kann keine definitive Aussage getroffen werden, welcher CAR mehr Toxizität verursacht. Es konnte auch in ersten Studien gezeigt werden, dass Änderungen in der Signaling-Domäne der CD3 Kette eine Verbesserung des Nebenwirkungsprofils bringen könnte [47].

Fazit

Zelluläre Immuntherapien haben neue Möglichkeiten für unsere Patienten hervorgebracht. Insbesondere wird das Zell-Engineering in Zukunft eine wichtige Rolle spielen und noch deutlich verbesserte Produkte auf den Markt bringen. Die Nebenwirkungen dieser Therapien sind zum Teil neuartig, aber oft gut behandelbar und reversibel. Durch die teilweise langanhaltende Wirkung der zellulären Immuntherapien können einzelne Patienten zum Teil trotz fortgeschrittener und stark vorbehandelter Erkrankungen langfristig in Remission gebracht werden.

Prof. Dr. Heinz Läubli

Departement Biomedizin
DBM Hebelstrasse – FG Läubli
Hebelstrasse 20
4031 Basel

heinz.laeubli@unibas.ch

Interessenkonflikte:
H.L. erhielt Reisekostenzuschüsse und Beraterhonorare von Bristol-Myers Squibb (BMS) und Merck, Sharp and Dohme (MSD). H.L. erhielt Forschungsunterstützung von BMS, Novartis, GlycoEra und Palleon Pharmaceuticals. H.L. ist Gründer der Glycocalyx Therapeutics AG.

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Moderne Krebstherapie und Management von Nebenwirkungen

In den vergangenen Jahren hat sich die Aussicht auf Heilung bei malignen Erkrankungen erheblich verbessert. Es stehen heute zahlreiche neue therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung – sowohl im Bereich der Systemtherapie als auch der Radiotherapie, Operation und molekularen Onkologie. In der Schweiz erkranken jedes Jahr etwa 40.000 Menschen an bösartigen Tumoren. Nach der Diagnose können 50 % der Betroffenen geheilt werden. Das bedeutet, dass die Krebserkrankung vollständig geheilt wird und keine Rezidive im Verlauf auftreten. Bei 50 % der Patientinnen und Patienten ist eine Heilung zwar nicht mehr möglich, da eine fortgeschrittene Karzinomerkrankung besteht, jedoch kann durch moderne Therapiemethoden das Leben verlängert und die Lebensqualität verbessert werden.
Viele Patient*Innen, deren Tumorerkrankung zu weit fortgeschritten ist und als unheilbar gilt, suchen nach Therapien, die ihre Lebensqualität verbessern können. In den letzten Jahren haben sich im Bereich der zielgerichteten Therapien, Immuntherapien und zellulären Therapien enorme Fortschritte ergeben, die bahnbrechende Ergebnisse hervorgebracht haben. Ein herausragendes Beispiel ist das metastasierte maligne Melanom, das noch vor einigen Jahren eine sehr schlechte Prognose hatte und eine Überlebensrate von unter 12 Monaten aufwies. Durch eine Kombination von Immun-Checkpoint-Inhibitoren konnte die Prognose nun um mehrere Jahre verlängert werden und etwa 50% der behandelten Patienten leben noch nach fünf Jahren. Natürlich muss die Behandlung weiterhin verbessert werden, wobei zelluläre Therapien eine immer wichtigere Rolle spielen werden. Auch bei anderen Krebsarten wie Lungenkrebs, Brustkrebs oder Leukämie haben sich in den letzten Jahren neue Therapieansätze entwickelt, die vielversprechende Ergebnisse liefern. Die personalisierte Medizin ermöglicht es gezielter auf individuelle Tumoreigenschaften einzugehen und so massgeschneiderte Behandlungspläne zu erstellen.
Mit der Einführung neuer Behandlungsmethoden im Bereich der Onkologie gehen auch neue Herausforderungen für das Behandlungsteam einher. Insbesondere die Immuntherapien zeigen sich hier als eine besondere Herausforderung, welche eine optimale Behandlung sowie ein interdisziplinäres Management erfordern.
Im Hinblick auf die neuen onkologischen Therapien sind die nachfolgenden Artikel von grosser Bedeutung. Sie vermitteln nicht nur wichtige Informationen über die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich, sondern sensibilisieren auch für mögliche Nebenwirkungen, die mit diesen Therapien einhergehen können. Denn auch wenn die neuen Behandlungsmethoden vielversprechende Ergebnisse liefern und vielen Patientinnen und Patienten eine bessere Lebensqualität ermöglichen, müssen sie bedacht eingesetzt werden. Denn wie bei jeder Therapie gibt es auch hier mögliche Risiken und Nebenwirkungen, über die das Behandlungsteam informiert sein sollte.
Der Artikel von Herr Prof. Läubli (Universitätsspital Basel) gibt einen Überblick über die neuen TIL-Therapien und CAR-T Zell Therapien einschliesslich der potentiellen Nebenwirkungen dieser neuen und spannenden Therapien.
Der Artikel von Frau Dr. Landin (Universitätsspital Basel) zeigt die wichtigsten Neuerungen im Bereich der Systemtherapie beim Mammakarzinom auf. Es werden die wichtigsten Substanzen der letzten 10 Jahre vorgestellt und die potentiellen Nebenwirkungen und Behandlungen diskutiert.
Die Artikel von Herr Prof. Rothschild (Kantonsspital Baden, Universität Basel), zeigt die neusten Therapien im Bereich des Bronchuskarzinom auf einschliesslich Zielgerichteter Therapien und Immuntherapie. Zudem beleuchtet der 2. Artikel das Thema Kardiotoxiziät und deren Management.
Der Artikel von Frau Dr. Dougoud (Kantonsspital Freiburg, Universität Freiburg) berichtet von einem wichtigen Thema der geriatrischen Onkologie. Nur weniger ältere Krebspatient*Innen sind in klinische Studien eingeschlossen und es kommt leider immer wieder zu Über- und Unterbehandlung. Der Artikel fokussiert auf die Behandlung von älteren Patient*Innen mit Krebserkrankungen.
Der Artikel von Frau Dr. Stricker (Universitätsspital Zürich), fokussiert sich auf Nebenwirkungen insbesondere auch Langzeitnebenwirkungen von Patient*Innen unter Immuntherapie. Insbesondere zu den Langzeitnebenwirkungen gibt es noch relativ wenig Daten.
Der Artikel von Frau Prof. Leuppi-Taegtmeyer (Universitätsspital Basel, Kantonsspital Baselland) fokussiert sich auf die Pharmakotherapie von Onkologika und deren Interaktionen. Insbesondere bei älteren und Polymorbiden Patientinnen sind Polypharmazie und Krebsbehandlung zwei wichtige Themen, die multidisziplinär behandelt werden sollten.
Es ist unerlässlich, dass die Patientinnen die bestmögliche Krebstherapie erhalten. Dies erfordert sowohl eine hohe Wirksamkeit und ein lang anhaltendes Ansprechen als auch eine gute Lebensqualität bei minimaler Toxizität. Insgesamt ist es von grosser Bedeutung, die optimale Behandlung für Tumorerkrankungen zu finden. Dabei sind Effektivität und Langzeitwirkung ebenso wichtig wie die Verträglichkeit und die Lebensqualität der Patientinnen. Es ist unerlässlich, dass die Krebstherapie die Erhaltung der Lebensqualität und die Reduzierung von Nebenwirkungen berücksichtigt. In diesem Sinne, wünsche ich Ihnen eine gute Lektüre der Artikel.

Mit kollegialen Grüssen, Marcus Vetter

PD Dr. med. Marcus Vetter

Zentrum Onkologie und Hämatologie
Tumorzentrum Baselland
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal
Schweiz

marcus.vetter@ksbl.ch

Kleine Zecke – Grosse Gefahr

Wir berichten über einen 23-jährigen Patienten, der sich aufgrund persistierender Kopfschmerzen sowie Fieber und Erbrechen in der Hausarztpraxis vorstellte. Im weiteren Verlauf kamen eine rechtsbetonte Tetraparese, eine Dysphagie sowie eine Dysarthrie hinzu und es kam zu einem generalisierten tonisch-klonischen Krampfanfall. Weitere Abklärungen bestätigten eine FSME-Enzephalomyelitis und Polyradikulitis. Auch nach zweimonatiger Rehabilitation blieben beim ungeimpften Patienten sowohl neuropsychologische wie auch fokal-neurologische Residuen bestehen.

Anamnese und Befunde

Der 23-jährige, bisher gesunde Patient, meldete sich im Spätsommer erstmals in der Hausarztpraxis wegen starken, bitemporalen Kopfschmerzen mit Lichtempfindlichkeit, welche seit einer Woche bestanden. Bei Verdacht auf migräneartige Kopfschmerzen erfolgte eine symptomatische Therapie mit einem Salicylat (ASPÉGIC forte® 1000 mg) in Kombination mit Paracetamol (Dafalgan® 1g). Darunter kam es lediglich zu einer leichten Regredienz der Beschwerden, weshalb nach drei Tagen eine Wiedervorstellung in der hausärztlichen Praxis erfolgte. Der Patient klagte nun über persistierende, neu auch occipitale Kopfschmerzen (NRS 8/10) sowie über Übelkeit mit rezidivierendem Erbrechen – gemäss Angaben des Patienten ohne Fieber. Ebenfalls gab der Patient auf Nachfrage an, gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) geimpft zu sein und keinen Zeckenstich bemerkt zu haben.
Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich ein febriler (38.8°C) Patient in deutlich reduziertem Allgemeinzustand und erhöhter Atemfrequenz, bewusstseinsklar und allseits orientiert. Klinisch fand sich kein eindeutiger Fokus für einen Infekt, insbesondere war die Abdomenuntersuchung unauffällig und epigastrisch war lediglich eine diffuse Druckdolenz eruierbar. Neurologisch zeigte sich ein fraglicher, höchstens endständiger Meningismus bei unauffälligem Hirnnerven-Status sowie normaler Sensorik und Motorik in allen vier Extremitäten.
Im Labor (Tabelle 1) waren eine Leukozytose (12.85 G/l) sowie Granulozytose (9.75 G/l) zu sehen, bei normwertigem C-reaktivem Protein (CRP). Das restliche Blutbild war unauf­fällig (Abbildung 1).

Differentialdiagnosen

Die Symptome lassen primär an eine Meningitis respektive Enzephalitis denken, wobei ein Spannungskopfschmerz bei zusätzlicher Infektion im Magen-Darm-Bereich als Ursache der Beschwerden nicht auszuschliessen ist. Weiter könnte man an eine (septische) Sinusvenenthrombose denken (Tabelle 2).

Weitere Abklärungsschritte und Verlauf

Aufgrund des sichtlich reduzierten Allgemeinzustandes des Patienten mit Kopfschmerzen sowie Erbrechen ohne eindeutigen Fokus und Bestehen eines möglichen Meningismus’ erfolgte die notfallmässige Zuweisung auf die Notfallstation eines Zentrumsspitals zur weiteren Diagnostik und Therapie. Durch die Angehörigen wurde dort ergänzend eine vermehrte Vergesslichkeit des Patienten in letzter Zeit beschrieben. Wie sich herausstellte, war der Patient nicht gegen FSME geimpft. In der neuerlichen neurologischen Beurteilung fielen sodann zusätzlich ein Absinken des rechten Armes (ohne Pronation) im Vorhalteversuch sowie symmetrisch schwache Muskeleigenreflexe auf.
Sowohl eine Computertomografie (CT) des Neurocraniums als auch die ergänzende CT-Angiographie waren ohne pathologische Befunde. Nach wiederholt frustraner Lumbalpunktion erfolgte bei dringendem Verdacht auf eine infektiöse ZNS-Erkrankung eine empirische Therapie mit Ceftriaxon, Dexamethason sowie Aciclovir. MR-tomografisch zeigte sich sodann ein diskret vermehrtes Enhancement zerebellär beidseits, passend zu einer Leptomeningitis (Abbildung 2).

In der im Verlauf erfolgreich durchgeführten Liquoranalyse (Tabelle 2) war eine Pleozytose mit erhöhtem Proteinanteil sichtbar, bei einer leicht- bis mittelschweren Störung der Bluthirnschranke. Zweizeitig bestimmte FSME-Serologien (sowohl IgM- als auch IgG-Antikörper) fielen jeweils positiv aus (mit deutlichem Titeranstieg (Ausgangswert IgG-Antikörper: 159 U/ml; im Verlauf 1756 U/ml)), während der HSV-Typ 1/2- sowie VZV-PCR negativ ausfiel (Tabelle 3). Die empirische Therapie mit Rocephin, Aciclovir sowie Dexamethason wurde folglich gestoppt.

Bereits zu Beginn erfolgte eine Verlegung des Patienten auf die Intensiv- und Pflegestation wo der Patient im Verlauf eine zunehmende rechts- und proximalbetonte Tetraparese (Armabduktion rechts M2, Hüftbeuger M3, sonst M4-5) entwickelte, was bei erhaltenen bis lebhalten Reflexen im Rahmen einer Enzephalomyelitis interpretiert wurde. Der Allgemeinzustand des Patienten verschlechterte sich sodann erneut, wobei es im Verlauf passend zu einer Enzephalopathie zu einer Vigilanzminderung mit Benommenheit und zu einer Dysarthrie sowie Dysphagie kam, weshalb eine Intubation sowie später eine Tracheotomie erforderlich wurden. Erschwerend kam ein Harnwegsinfekt dazu, welcher den erneuten Einsatz von Antibiotika (Piperacillin/Tazobactam) während einer Woche erforderlich machte. Nach Auftreten eines generalisierten tonisch-klonischen Anfalls zeigte eine durchgeführte Bildgebung mittels CT des Neurocraniums keine neuen Aspekte. Ein ergänzende Magnetresonanztomografie (MRT) long spine zeigte den Befund einer spinalen Leptomeningitis sowie einer Polyradiukulitis (Abbildung 3 und 4). Ebenfalls bestand eine motorische Unruhe im Sinne einer Akathisie. Es erfolgte eine weiterführende symptomatische sowie supportive Therapie, worunter es zu einer Besserung der Beschwerden kam. Nach 4 Wochen, während denen der Patient 18 Tage IPS-pflichtig war, konnte dieser in stabilem Allgemeinzustand in die Rehabilitation entlassen werden. Während den 8 Wochen der stationären Rehabilitation wurde die initial noch bestehende Dysphagie mittels Logopädie deutlich verbessert. Obwohl ein selbständiges Gehen ohne Hilfsmittel nach Absolvierung der Rehabilitation wieder möglich war, persistierten eine verminderte Schritthöhe sowie fehlende Schutzschritte. Motorisch bestand zudem weiter eine starke Einschränkung der Abduktion des rechten Armes – ein Aufstehen vom Boden ohne Hilfsmittel war zudem weiterhin nicht möglich.

Im Artikel verwendete Abkürzungen
BWS Brustwirbelsäule
CRP C-reaktives Protein
CT Computertomografie
fs Fettsättigung
FSME Frühsommer-Meningoenzephalitis
hs-CRP high-sensitive CRP
HSV Herpes simplex Virus
HWI Harnwegsinfekt
HWS Halswirbelsäule
IPS Intensiv- und Pflegestation
KM Kontrastmittel
KSSG Kantonsspital St. Gallen
li links
LWS Lendenwirbelsäule
MRT Magnetresonanztomographie
n/a nicht anwendbar
NRS Numerische Ratingskala
PCR Polymerase chain reaction
re rechts
TBE Tick-borne encephalitis
VZV Varizella Zoster Virus

Prof. Dr. med. Beat Knechtle

Facharzt FMH für Allgemeinmedizin
Medbase St. Gallen Am Vadianplatz
Vadianstrasse 26
9001 St. Gallen
Switzerland

beat.knechtle@hispeed.ch

Historie
Manuskript akzeptiert: 27.09.2023

Interessenskonflikte
Es bestehen keine Interessenskonflikte.

Danksagung
Wir danken dem Kantonsspital St. Gallen (KSSG) für das zur Verfügung stellen der MRT- sowie CT-Bilder.

  • Infektionen mit dem FSME-Virus können auch bei jungen und gesunden Menschen zu schweren Verläufen mit Enzephalomyelitis und Polyradikulitis führen.
  • Die dreifache Impfung gegen FSME bietet einen umfassenden Schutz von schätzungsweise 90-99%.
  • Bei Fieber ohne Fokus mit Kopfschmerzen sollte auch bei unspektakulären Labor-Werten und nicht erinnerlichem Zeckenstich an eine ZNS-Infektion gedacht werden.

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Sportverletzungen an Handgelenk und Fingern

Etwa ein Fünftel aller Sportunfälle betrifft die Hand. Viele Verletzungen können einfach diagnostiziert und behandelt werden. Einige davon aber, wie die Skaphoidfraktur oder die Hamulus-ossis-hamati-Fraktur, sind konventionell radiologisch schwierig zu erkennen und werden ohne CT häufig verpasst. Bandverletzungen wie der Skidaumen müssen erkannt und richtig, oft operativ, behandelt werden. Dazu gibt es sportartspezifische Verletzungen wie die geschlossene Ringbandruptur bei Kletternden, die sonst kaum vorkommen und wenig bekannt sind. Darauf wird in dem Artikel eingegangen, Pitfalls und Tricks werden diskutiert.

Einleitung

Die meisten Sportverletzungen an der Hand können einfach diagnostiziert und behandelt werden. Das Ziel dieses Artikels ist es, auf «Pitfalls» hinzuweisen, weniger bekannte Verletzungsmuster aufzuzeigen und auf die «Hitliste» häufig verpasster Diagnosen hinzuweisen. Eine topografische Differenzialdiagnose (Abb. 1) und radiologische Beispiele (Abb. 2) sollen Klarheit schaffen und an Vergessenes erinnern.
Notfallstationen wie auch Allgemeinpraktiker sind in den letzten Dekaden mit einer im Verhältnis zu Arbeits­unfällen zunehmenden Anzahl von Sportverletzungen konfrontiert. Gemäss Unfallstatistik der Suva [1] gab es im Jahr 2021 in der Schweiz über 803 000 gemeldete Unfälle, wovon 552 000 Freizeitunfälle waren. 193 000 davon waren Sportunfälle. Der Grossteil davon findet im Ballsport (36 %) und im Wintersport (25 %) statt. Weitere 10 % gehen auf Turnen und Laufsport, 7 % auf Wassersport, 5 % auf Bergsport und jeweils weniger als 5 % auf Kampfsport, Motorrennsport sowie Wurf- und Schlagspiele zurück. Weiter sind über 20 000 Fahrradsport- und Mountainbike-Unfälle zu verzeichnen, die in der Kategorie der Stras­senverkehrsunfälle gelistet werden.
Von allen Freizeit- und Sportunfällen betreffen ca. ­15–20 % die Hand, dabei wurden mehr als 12 000 Frakturen, über 23 000 Gelenk- und Bandverletzungen, 28 000 offene Wunden, 17 000 oberflächliche Verletzungen und Prellungen sowie 471 Nervenverletzungen verzeichnet.
Sportartspezifisch werden beim Wintersport (Skifahren, Snowboardfahren) vor allem Frakturen und Band­verletzungen im Bereich des Handgelenks sowie der ­Skidaumen (Ruptur des ulnaren Seitenbands des Daumengrundgelenks) beobachtet. Im Ballsport sehen wir vor allem Frakturen, Kapselband- und Sehnenverletzungen der Fingermittel-/und Endgelenke. Beim Fahrrad- und Mountainbike-Sport zeigen sich ähnlich wie beim Wintersport vor allem Handgelenksverletzungen und Frakturen, aber auch Knochenbrüche im Bereich der Mittelhand und Finger. Des Weiteren sind spezielle sportartspezifische Verletzungsmuster wie beim Sportklettern [2] (Ringbandriss, Ringbandentzündung, Epiphysenfugenverletzung), bei Racket-Sportarten wie Golf oder Tennis (Ex­tensor-carpi-ulnaris-Tendinopathien, Kapselbandläsionen des distalen Radioulnargelenks oder Hamulus-ossis-hamati-Ermüdungsfrakturen) zu beobachten.

Finger und Fingergelenke

Bei Sportverletzungen im Bereich der Finger sind neben Frakturen meist der Kapselbandapparat (Kollateralbänder), die Strecksehnen, weniger die Beugesehnen be­troffen. Inspektorisch ist bei Fehlstellungen, starker Schwellung, Achsenstossschmerz und Bewegungseinschränkung eine konventionell radiologische Abklärung zum Frakturausschluss indiziert. Dabei ist insbesondere auf eine exakte Exposition der seitlichen Projektion zu achten, um eine Impressionsfraktur der Basis des Mittelglieds ausschliessen zu können. Im Zweifelsfall muss eine CT-Untersuchung Klarheit schaffen. Undislozierte Frakturen ohne Gelenkbeteiligung können konservativ behandelt werden (sechs Wochen Intrinsic-plus-Schiene mit Einschluss der angrenzenden Gelenke).
Bei Schmerzen im Bereich des Daumen-Sattelgelenks sollte immer eine konventionell-radiologische Untersuchung (Daumen ap/seitlich mit Zentrierung auf das Sattelgelenk) durchgeführt werden und bei Unsicherheit ein CT erfolgen. Frakturen im Bereich der Basis des Metacarpale I (Bennet-, Rolando-, Winterstein-Fraktur) sind immer instabil und müssen operativ versorgt werden.
Ausser der ulnaren Seitenbandverletzung am Daumengrundgelenk (Skidaumen) können alle Kapselbandverletzungen, insofern früh erkannt und richtig behandelt, konservativ therapiert werden. Seitenbandverletzungen der MP-Gelenke (Stabilitätsprüfung in 90 ° Flexion) sowie der PIP-Gelenke (Stabilitätsprüfung in 10 ° Flexion) können mit einem Zwillingstape zum Nachbar-Finger für sechs Wochen ohne Ruhigstellung nachbehandelt werden. In gleicher Weise werden Hyperextensionsverletzungen (Läsion palmare Platte) der PIP-Gelenke behandelt.
Der Skidaumen, die ulnare Seitenbandverletzung des Daumengrundgelenks (Metacarpophalangealgelenk) wird klinisch durch eine vermehrte ulnarseitige Aufklappbarkeit verdächtigt und muss oft operativ behandelt werden. Dabei kann das distal ausgerissene Kollateralband nach proximal umschlagen und die interponierte Adduktoraponeurose eine Reposition des Bands verhindern. Diese sogenannte Stener-Läsion [3] muss MR-tomografisch oder ultrasonografisch ausgeschlossen werden, da nur durch eine Operation die Reposition und Re-Insertion des Bands möglich ist, um wieder ein stabiles zu Gelenk erreichen.
Die häufigste Läsion im Bereich der Strecksehnen ist eine Ruptur des Terminalzügels über dem DIP-Gelenk, auch Mallet-Finger genannt. Die Diagnose kann durch das sichtbar hängende Fingerendglied bereits klinisch gestellt werden. Es erfolgt eine konsequente Ruhigstellung des DIP-Gelenks in leichter Hyperextension in einer am besten durch die Ergotherapie angefertigten Schiene (Stack’sche Schiene) für acht bis zehn Wochen. Auch ossäre Strecksehnenausrisse können konservativ behandelt werden, wenn das Fragment weniger als 25 % der Gelenksfläche beträgt. Ist es allerdings grösser, disloziert oder das DIP-Gelenk subluxiert, muss eine Osteosynthese erfolgen. Weniger offensichtlich ist die Zentralzügelverletzung über dem PIP-Gelenk, die mit dem Elson-Test [4] (paradoxe Hyperextension des DIP-Gelenks bei Extension des flektierten PIP-Gelenks gegen Widerstand über dem Mittelglied) nachgewiesen werden kann. Es erfolgt eine konsequente Ruhigstellung mit einer PIP-Streckschiene für sechs Wochen. Bei verpasster Verletzung kann eine (fixierte) Knopflochdeformität mit zunehmender Flexionsfehlstellung in PIP- und Hyperextensionsfehlstellung im DIP-Gelenk resultieren, die nur mehr schwierig operativ behandelt werden kann.
Bei Schlägen im Kampfsport kann es zu Rupturen der seitlichen Führung (Sagittalbänder) der Strecksehnen über dem MP-Gelenk kommen, sodass die Sehnen im Faustschluss seitlich des Metakarpal-Köpfchens nach palmar rutschen können (Klinik, Ultraschall) und es so zu einem aktiven Extensionsdefizit kommen kann. Frisch diagnostiziert werden diese Verletzungen mit einer MP-Gelenkstreckschiene behandelt, bei chronischen Verletz­ungen muss das Sagittalband rekonstruiert werden. Bei ambitionierten Sportlerinnen und Sportlern werden subkapitale metakarpale Frakturen (Boxerfraktur), die auch intraartikulär verlaufen können (CT), möglichst anatomisch reponiert und meist operativ behandelt.
Deutlich seltener sind geschlossene Beugesehnenläsionen, wobei der distale Ausriss einer FDP-Sehne (Jersey-Finger) am häufigsten ist. Klinisch fällt dies durch ein ak­tives Flexionsdefizit im DIP-Gelenk auf, radiologisch findet sich meist ein ossäres Fragment im Bereich des Beugesehnenkanals, das immer operativ re-inseriert werden muss [5].
Im trendigen Klettersport, bei dem sehr hohe Belastungen an den Fingern auftreten, werden neue, in anderen Sportarten nicht vorkommende Verletzungsmuster beobachtet [1]. Die häufigste Pathologie ist der Riss eines Ringbands der Beugesehnenscheide (A2-Ringband über dem Grundglied, A4-Ringband über dem Mittelglied). Der Athlet kommt mit der Anamnese, einen Knall oder Schnalzen im Finger beim Halten eines kleinen Griffs während ­eines schwierigen Kletterzugs bemerkt zu haben. Bei der Flexion des Fingers gegen Widerstand kann ein vermehrtes Abheben der Beugesehnen (Bogensehneneffekt) palpiert werden, die Verletzung ist ultrasonografisch erkennbar und kann gut mit einer sogenannten Ringbandschutzschiene (Ergotherapie) konservativ behandelt werden [6]. Lediglich multiple Ringbandrupturen (A2- und A4-Ringband) an einem Finger müssen bisweilen operativ (Ringbandrekonstruktion) angegangen werden. Des Weiteren sind die A2- und A4-Ringbänder auch häufig von einer schmerzhaften Synovialitis betroffen, führen aber nicht wie beim A1-Ringband zu einem Schnappfinger. Die Spontanheilung und Prognose sind sehr gut (funktionelle Nachbehandlung). Bei jugendlichen Kletternden im Wachstum ist die Ermüdungsfraktur der Epiphyse/Epiphysenfuge am PIP-Gelenk die häufigste Verletzung und kann, wenn nicht erkannt (BV mit Ausprojektion, CT) zu Sekundärschäden und Präarthrose führen.

Handgelenk

Die Skaphoidfraktur ist die am häufigsten verpasste Fraktur und resultiert unbehandelt meist in einer Pseudoarthrose und längerfristig in einer Arthrose (SNAC wrist). Schmerzen nach einem Sturz auf das Handgelenk, die ­länger als zwei bis drei Wochen anhalten, sollten daher ernst genommen und abgeklärt werden. Bei Verdacht auf eine Skaphoidfraktur (Druckschmerzhaftigkeit in der Taba­tière, distaler Skaphoidpol und dorsal-zentraler Druckschmerz) sollte mittels CT (oder MRT) eine Kahnbeinfraktur ausgeschlossen werden [7], da diese im konventionellen Röntgen oft nicht sichtbar ist. Eine nicht dislozierte Fraktur im mittleren oder distalen Drittel kann konservativ, alle anderen Frakturtypen (proximales Drittel, dislozierte Frakturen) müssen operativ behandelt werden. Im Fall einer konservativen Behandlung erfolgt eine Ruhigstellung im Skaphoidgips (Handgelenk und Daumeneinschluss) für acht Wochen mit folgender Konsolidationskontrolle im CT.
Deutlich seltener als die Skaphoidfraktur mit 68 % aller karapalen Frakturen sind die Triquetrumfraktur mit 18 %, die Trapeziumfraktur mit 5 %, die Lunatumfraktur mit 4 % sowie Capitatum-, Hamatum- und Pisiforme-Frakturen mit je 1–2 %. Alle diese Verletzungen können nur sicher mittels CT ausgeschlossen werden. Bei Schmerzen über dem Hypothenar muss an eine Fraktur des Hamulus ossis hamati (direkte Kontusion bei Sturz oder Ermüdungsfraktur) gedacht werden, da diese unbehandelt häufig in einer Pseudoarthrose resultiert und langfristig zu Beugesehnenrupturen des Klein- und Ringfingers führen kann. Die übrigen karpalen Frakturen können, wenn isoliert und nicht disloziert, mit Gipsruhigstellung für sechs Wochen konservativ behandelt werden. Komplexe Kombinationsverletzungen wie die perilunäre Luxation sind «handchirurgische Notfälle».
Bei einer distalen Radiusfraktur wird bei Sportlerinnen und Sportlern keine Fehlstellung toleriert, lediglich undislozierte Frakturen können konservativ behandelt werden. Da konventionell radiologisch eine intraartikuläre Beteiligung nicht immer sichtbar ist oder unterschätzt wird, sollte die Abklärung CT-tomografisch liberal indiziert werden. Ist eine konservative Behandlung indiziert, erfolgt nach 7–10 Tagen und nach sechs Wochen immer eine radiologische Stellungskontrolle. So lange bleibt der Unterarm im Gips oder in der thermoplastischen Schiene. Alle auch wenig dislozierten Frakturen sollten operativ behandelt werden (meist palmare Plattenosteosynthese), auch mit dem Vorteil einer funktionellen Nachbehandlung.
Die am häufigsten verpasste Bandverletzung im Bereich des Karpus ist die Ruptur des skapholunären Bands, da diese initial meist nur kurzfristig schmerzhaft ist. Nach einem schmerzarmen Intervall von mehreren Monaten ­resultiert ein karpaler Kollaps in zunehmenden Schmerzen und Arthrose (SLAC wrist). Bei einer Anamnese mit Handgelenkschmerzen dorsal zentral (auch Palpationsschmerz) sowie Blockadeerscheinungen und Schnapp­episoden sowie positivem Watson-Test (schmerzhafte Ulnar-Radialduktion im Handgelenk, während Druck auf den distalen Skaphoidpol ausgeübt wird und dabei auftretende Krepitationsphänomene) sollte zum Ausschluss oder Nachweis dieser Verletzung ein Arthro-MRT durchgeführt werden. Konventionell-radiologisch besteht der Verdacht auf eine skaphoulnäre Bandruptur beim Auseinanderweichen von Skaphoid und Lunatum im pa-Bild sowie bei zunehmender Extensionsstellung des Lunatum und Flexionsstellung des Skaphoid im Seitenbild. Die Verletzung muss operativ mittels Bandnaht (erste drei bis sechs Wochen) oder mit einer Bandrekonstruktion behandelt werden.
Die Ruptur des Bandapparates zwischen Ulnakopf und distalem Radius (TFCC) kann zu einer Instabilität im distalen Radioulnargelenk (DRUG) führen. Klinisch äussert sich diese durch eine Druckschmerzhaftigkeit distal des Ulnakopfes, Schmerzen bei Pro-Supination sowie vergrös­serter Schublade (dorso-palmare Translation zwischen Radius und Ulna). Die Verletzung wird mittels Arthro-MRT nachgewiesen und kann, wenn frisch entdeckt, konservativ mit einer Oberarmhandgelenkschiene in 20 ° ­Supinationsstellung konservativ behandelt werden. Bei chronischer Instabilität muss eine Bandnaht oder Band­rekonstruktion in Betracht bezogen werden. Weitere Schmerzursachen im Bereich des Ulnakopfs können eine Entzündung oder Ruptur des 6. Strecksehnenfachs (ECU-Sehne), Überbelastung und Entzündung des DRUG oder eine traumatisierte Ulnaplusvariante (Ulnaimpak­tions­syndrom) sein. Bei ausgeschöpfter konservativer Therapie kann eine Rekonstruktion des 6. Strecksehnenfachs, eine Steroidinfiltration ins DRUG oder eine Ulnaverkürzungsosteotomie indiziert sein.

 

Im Artikel verwendete Abkürzungen
CT Computertomogramm
DRUG Distales Radioulnargelenk
EDC Extensor digitorum communis
EPL Extensor pollicis longus
FCR Flexor carpi radialis
FCU Flexor carpi ulnaris
Fx Fraktur
MRT Magnetresonanztomografie
RC Radiocarpal
SL Scapholunär
SLAC Scapholunate Advanced Collapse
SNAC Scaphoid Nonunion Advanced Collapse
STT Scapho-trapezoid Trapezium
TFCC Triangular Fibroä-Cartilage Complex

Prof. Dr. med. Andreas Schweizer

Universitätsklinik Balgrist Forchstrasse 340, 8008 Zürich

andreas.schweizer@balgrist.ch

Historie
Manuskript eingereicht: 30.12.2022
Manuskript akzeptiert: 30.01.2023

Interessenskonflikte
Es bestehen keine Interessenskonflikte.

  • Sportverletzungen an der Hand werden immer häufiger. Genaue Diagnostik und Bildgebung, z.B. bei Frakturen mit CT, ist wichtig für eine optimal Behandlungsentscheidung.
  • Bei Frakturen werden weniger Fehlstellungen toleriert und es wird weniger oft konservativ behandelt.
  • Achtung bei tückischen Verletzungen wie Skaphoidfraktur und Hamulus ossis hamati Fraktur (CT), Skidaumen und Ringbandverletzungen bei Kletternden (Ultraschall) oder skapholunärer Bandruptur und TFCC-Läsionen (MRT).

1. Koordinationsgruppe für die Statistik der Unfallversicherung UVG (KSUV) c/o Suva. https://www.unfallstatistik.ch/d/publik/unfstat/pdf/Ts21.pdf.
2. Schweizer A. Sport climbing from a medical point of view. Swiss Med Wkly. 2012;142:w13688.
3. Stener B. Displacement of the ruptured ulnar collateral ligament of the metacarpophalangeal joint of the thumb. A clinical and anatomical study. J Bone Joint Surg. 1962;44B:872.
4. Elson RA. Rupture of the central slip of the extensor hood of the finger: a test for early diagnosis. J Bone Joint Surg Br. 1986;68:229–231.
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Update zum Delir: Risikofaktoren, Management und Biomarker

Das Delir ist in nahezu allen Fachbereichen im Krankenhaus anzutreffen. Die Prävalenz variiert zwischen 20 und 40 % auf internistischen und chirurgischen Bettenstationen und über 50–60 % in der Palliativmedizin und auf Intensivstationen. Das Delir ist charakterisiert durch eine Aufmerksamkeits- und Bewusstseinsstörung sowie kognitive Störung mit akutem Auftreten und fluktuierendem Verlauf. Menschen mit Delir haben schlechtere klinische Ergebnisse, unter anderem eine höhere Mortalität und Pflegebedürftigkeit nach Entlassung. In dieser Übersicht werden zunächst die klinischen und pathophysiologischen Grundlagen des Delirs aufgearbeitet. Im Anschluss erfolgt eine ausführliche Darstellung individueller Risikoprofile anhand einer prospektiven spitalweiten Kohortenstudie (Delir-Path), die am Universitätsspital Zürich durchgeführt wurde. Danach erfolgen ein kurzes Update zu Diagnose und Management des Delirs und abschliessend ein Ausblick, wie Neurophysiologie und Blut-Biomarker künftig die Delirversorgung ergänzen können.

Einführung

Das Delir ist das häufigste neuropsychiatrische Syndrom bei hospitalisierten Personen [1]. Die Häufigkeit hängt von der untersuchten Spitalpopulation ab. Sie liegt auf internistischen und chirurgischen Bettenstationen bei 20–40 % [2, 3] und bei über 50–60 % in der Palliativmedizin [4] und auf Intensivstationen [5]. Klinisch zeigen sich akut und im Verlauf fluktuierende Störungen kognitiver Funktionen und neuropsychologische Defizite (Kasten 1) [6, 7]. Zum Delir führen ein oder meistens mehrere medizinische Auslöser, auch Präzipitationsfaktoren genannt. Systemische Trigger-Faktoren, zum Beispiel eine Sepsis oder Leberfunktionsstörung, oder eine primär hirnorganische Ursache, zum Beispiel ein Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma, führen zu einer Kaskade an pathophysiologischen Prozessen im Gehirn. Ein Delir kann auch post-operativ auftreten und muss gegenüber anderen post-operativen neurokognitiven Störungen abgegrenzt werden (hierzu zählen z.B. die verzögerte neurokognitive Erholung und die postoperative kognitive Dysfunktion) [8, 9]. Der Begriff Delir ist zunächst eine Sammelbezeichnung für ein neuropsychiatrisches Syndrom. Zur Vereinheitlichung der Begriffe wird von der Nutzung anderer, früher geläufiger Bezeichnungen, wie z.B. akute organische Psychose oder Durchgangssyndrom, abgeraten [10]. Die Manifestation bei unterschiedlichsten Ursachen und in verschiedenen Fachdisziplinen hat zur Herausbildung einiger krankheitsspezifischer Bezeichnungen für das Delir geführt, z.B. hepatische und metabolische [11], oder septische Enzephalopathie [12]. Diese Herangehensweise unterstreicht die naheliegende Annahme, dass unterschiedliche pathophysiologische Prozesse zum Delir führen und unterschied­liche Behandlungsmöglichkeiten existieren, führt aber auch dazu, dass Personen mit ähnlicher neuropsychiatrischer Symptomatik in den inzwischen verfügbaren grossen Delirstudien bislang keine Berücksichtigung fanden. Wichtig ist die Beachtung der Delirkriterien nach DSM-5, da es akute kognitive Störungen gibt, die die Kriterien nicht erfüllen [13]. Eine Übersicht über die pathophysiologischen Prozesse, auch Endotypen genannt, wird in Kasten 2 gegeben [14]. All diese Mechanismen führen zu einer Systemintegrationsstörung und einer Desorganisation neuronaler Netzwerke [3]. Menschen mit Delir haben unabhängig von der Grunderkrankung und demo­grafischen Faktoren eine erhöhte kurz- und mittelfristige Mortalität und Pflegebedürftigkeit nach Spitalaustritt [15, 16, 17]. Viele Patientinnen und Patienten, aber auch ihre Angehörigen und Pflegepersonen, erinnern das Delir als traumatische Erfahrung [18]. Ausserdem ist das Delir unter anderem aufgrund des hohen Pflegeaufwandes, ­verlängerter Aufenthaltsdauer, medizinischer Komplika­tionen und hoher post-stationärer Pflegebedürftigkeit mit hohen Kosten verbunden [19, 20]. Im Rahmen dieser Übersicht kann nicht näher auf die Besonderheiten des Delirs in der Pädiatrie eingegangen werden, hierzu sei auf entsprechende Übersichten verwiesen [21, 22].

Risikofaktoren des Delirs

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Risikofaktoren für das Delir einzuteilen. Eine Möglichkeit ist die Einteilung nach modifizierbaren und nicht modifizierbaren Faktoren, eine andere nach pharmakologischen und nicht pharmakologischen Faktoren. Im Folgenden soll jedoch näher auf die Unterteilung nach prädisponierenden (Anfälligkeit) und präzipitierenden (Auslöser) Faktoren eingegangen werden. Ein lange etabliertes Delir-Prädiktionsmodell beschreibt das Verhältnis dieser Faktoren [23]: Bei hoher ­Prädisposition reicht ein relativ schwacher Auslöser aus, wohingegen bei niedriger Prädisposition ein schwerwiegender vorhanden sein muss (Abb. 1). Das am weitesten verbreitete Risikoprofil allgemein hospitalisierter Personen umfasst fortgeschrittenes Lebensalter, vorbestehende Demenz, reduzierter funktioneller Status (z.B. Seh-/Hör­störung und Immobili­tät) bei multiplen Komorbiditäten und Polypharmazie [24]. Zwischen der Demenz und dem Delir besteht eine bidirektionale Beziehung: Menschen mit Demenz haben ein erhöhtes Risiko für ein Delir und Menschen mit Delir haben ein erhöhtes Risiko, eine Demenz zu entwickeln [25, 26]. Es ist hervorzuheben, dass die pathologischen Begleiterscheinungen im Rahmen geriatrischer Syndrome ausschlaggebend sind und nicht das Alter allein [27, 28]. In einer prospektiven Kohortenstudie am Universitätsspital Zürich wurden Risikoprofile von Patientinnen und Patienten mit Delir in über 30 Fachabteilungen untersucht (Delir-Path) [29]. Die Prävalenz variierte zwischen den betreuenden chirurgischen und medizinischen Fachabteilungen und erreichte die höchsten Zahlen auf den Intensivstationen (Abb. 2) [30]. Je nach Fachabteilung konnten individuelle Risikoprofile herausgearbeitet werden. Bei Schlaganfallpatientinnen und -patienten konnte dabei ein Krankheits-spezifisches Profil gefunden werden, bei dem vor allem die Schlaganfallschwere, die Art des Schlaganfalls und das Auftreten epileptischer Anfälle die Wahrscheinlichkeit für ein Delir erhöht ist [19]. Auf der neurologischen Bettenstation waren hingegen ein höheres ­Lebensalter (≥ 65 Jahre), epileptische Anfälle und ein reduzierter funktioneller Status entscheidend für das Risiko, ein Delir zu entwickeln [31]. In der Neurochirurgie waren eine reduzierte kognitive Reserve durch Schlaganfallvorgeschichte und Herzinsuffizienz bei gleichzeitigem Vorhandensein von Schädel-Hirn-Trauma und intrakranieller Blutung unter den relevantesten Risikofaktoren [32]. In der Neurochirurgie zeigten sich auch spezifisch chirurgische Faktoren, die zu einer Erhöhung des Delirrisikos ­führen, wie mehrere Eingriffe, künstliche Beatmung und Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung als Risikofaktoren. Im Kontrast hierzu ergab sich auf der kardiologischen Bettenstation ein typisch geriatrisches Risikoprofil mit Demenz, funktioneller Behinderung und höherem Lebensalter, bei geringerer Relevanz der kardiologischen Grunderkrankung [33]. Zuletzt ist von den Bettenstationen auch die Kohorte der Hepatologie und Gastroenterologie zu erwähnen, bei der sich besonders deutlich zeigte, dass auch junge Patientinnen und Patienten bei einem entsprechend starken auslösenden Faktoren ein Delir entwickeln können, etwa bei akutem Nierenver­sagen oder eine Leberfunktionsstörung [34]. Eine grosse und wichtige Untergruppe von Patientinnen und Patienten entwickelt bei der Behandlung auf der Intensivstation ein Delir [35]. Zusätzlich zu den bereits genannten allgemeinen Risikofaktoren sind bei Intensivpatientinnen und -patienten besonders sedierende Medikation, maschinelle Beatmung und akute metabolische Störungen hervorzuheben. Im Delir-Path konnte gezeigt werden, dass der Anteil von Patientinnen und Patienten unter 65 Jahren mit Delir auf den Intensivstationen besonders hoch ist (70 bis über 80 %) [36].

Diagnose und Verlaufsbeurteilung des Delirs

Der Goldstandard zur Diagnose ist die ärztliche Unter­suchung mit Prüfung der Diagnosekriterien nach DSM-5 [7]. Es existieren über 50 verschiedene Assessment-Instrumente zur Erkennung des Delirs mit jeweils individuellen methodischen Stärken und Schwächen [10]. Es gibt keine Allround-Skala, die für alle Patientenpopulationen und Einrichtungen gleichermassen geeignet ist. Eine systematische Übersicht hat sechs Instrumente als besonders hochwertig beurteilt (Kasten 3a): Confusion Assessment Method-Severity Score (CAM), Confusional State Examination (CSE), Delirium-O-Meter (D-O-Meter), Delirium Observation Scale (DOS), Delirium Rating Scale (DRS), and Memorial Delirium Assessment Scale (MDAS) [37]. Auch der 4-«A»-Test (4AT), eine relativ neue Skala, ist aufgrund der schnellen Durchführbarkeit und einfachen Anwendung besonders vielversprechend (Kasten 3b) [38]. Es werden zunehmend Skalen entwickelt, die auch die Perspektive der Angehörigen einbeziehen, z.B. der Family CAM (FAM-CAM) [39]. Es ist zu beachten, dass die Skalen sich auf unterschiedliche Versionen des DSM beziehen, der DOS z.B. auf DSM-IV, der CAM hingegen auf DSM-III-Kriterien und die Detektionsraten daher variieren können [40]. Die Nützlichkeit einer Skala hängt dabei vom Setting (z.B. Besonderheiten in der Intensivmedizin, bei Menschen mit Demenz und bei Alkohol-Entzug) und von spezifischen Anforderungen ab (z.B. Einschätzung motorischer Subtyp und Schweregrad). Für die Intensivstation wird zur Erhöhung der richtig-positiv erkannten Fälle ein kombiniertes Assessment des Bewusstseins, z.B. mit Richmond Agitation-Sedation Scale (RASS) und CAM-ICU und Intensive Care Delirium Screening Checklist (ICDSC) empfohlen [5, 41]. Bei Personen mit Demenz ist die Differenzialdiagnose eines zusätzlich bestehenden Delirs besonders herausfordernd. Von den verfügbaren Beurteilungsinstrumenten zeigte der CAM eine hohe Spezifität (96–100 %) und moderate Sensitivität (77 %) [42]. Die klinische Präsentation des Delirs lässt sich in verschiedene motorische Subtypen einteilen. Beschrieben werden der hyperaktive, hypoaktive, gemischt hyperaktiv-hypoaktive Subtyp und das Delir ohne spezifischen motorischen Subtyp [43]. Zudem werden Extremformen der motorischen Subtypen als «kataton gehemmt» oder «kataton übererregt» bezeichnet [3]. Einige Skalen, z.B. die Delirium Motor Subtype Scale (DMSS)-4 [44], erlauben die Zuordnung zu einem motorischen Subtyp.

Delir-Management

Das erste Ziel ist die Prävention des Delirs. Hierzu müssen Risikopatientinnen und -patienten identifiziert ­werden, wozu die individuellen Risikoprofile dienen. Praktisch ­helfen dabei routinemässige Screenings bei Spitaleintritt, frühzeitige Versorgung mit Hilfsmitteln, adäquate Schmerztherapie und die Vermeidung delirauslösender Substanzen [45, 46]. Derzeit gibt es keine Evidenz für eine routinemässige pharmakologische Delirprävention mit Haloperidol oder atypischen Neuroleptika [46, 47]. Wenn das Delir eingetreten ist, steht an erster Stelle die Suche nach einer oder mehreren behandelbaren Ursachen mittels klinischer Untersuchung und Zusatz­diagnostik (Kasten 4). Parallel ist frühzeitig ein nicht-pharmakologisches Delirmanagement mit Multi-Komponenten-Programm indiziert [48]. Hierzu gehören Reorientierung, das Einsetzen fester Bezugspflege, Einbinden der Angehörigen, falls möglich Ausschleichen/Absetzen delirbegünstigender Medikamente (z.B. Anticholinergika) und adäquate Schmerzkontrolle [49, 50]. Auf der Intensivstation hat sich das ABCDEF-Schema bewährt [51]: «Assessment» für die Behandlung von Schmerz, «Breathing» steht für Aufwach- und Spontanatmungsversuche, «Choice» steht für die gezielte delirreduzierende Analgosedation, «Delirium»-Manage­ment wie bereits ausgeführt, «Early» steht für Frühmobilisation und «Family» für das Einbeziehen und Stärken von Familie und anderen Bezugspersonen. Hinsichtlich sedierender Medikation gibt es Evidenz für einen Vorteil durch Einsatz von Dexmedetomidin in spezifischen Situationen, z.B. bei Personen mit erschwerter ­Extubation [52]. Auch nach Eintreten eines Delirs gibt es keine Belege für den routinemässigen Einsatz von sedierender oder antipsychotischer Medikation zur Verkürzung der Delirdauer oder Verringerung des Delir-Schweregrades [52, 53]. Je nach Auslöser des Delirs sollte eine spezifische Therapie eingeleitet werden. So unterscheidet sich das Management des Alkohol- und Opiat-Entzugsdelirs deutlich vom Management anderer Delirunterformen [54]. Insbesondere der Einsatz von Benzodiazepinen beim Alkoholentzugsdelir sollte hervorgehoben werden, weil dieser bei anderen Delirursachen aufgrund seiner potenziell delir­verstärkenden Wirkung nicht allgemein empfohlen wird [55, 56, 57]. Der Einsatz von Antipsychotika beim Delir sollte unter anderem bei starker Agitation, Angst, Eigen- und Fremdgefährdung erwogen werden [58].

Ausblick: Neurophysiologie und Biomarker

In diesem Abschnitt soll eine Auswahl an neuen Studien zur Neurophysiologie und Blut-Biomarkern des Delirs vorgestellt werden. Die neurophysiologischen Erkenntnisse können helfen, die Pathophysiologie des Delirs besser zu verstehen [59]. Das EEG hilft routinemässig in der Differenzialdiagnostik bei der Frage nach epileptischer Akti­vität. Darüber hinaus ist das EEG, auch kombiniert mit ­anderen neurophysiologischen Techniken, z.B. der transkraniellen Magnetstimulation (TMS), eine vielversprechende Option zur Delirerkennung, Risikoeinschätzung und Verlaufsbeurteilung. In einer kardiochirurgischen Kohorte konnte gezeigt werden, dass die relative frontoparietale Delta-Aktivität bei Personen mit Delir höher ist als bei Personen ohne Delir [60]. Bei intubiert-beatmeten
Patientinnen und Patienten, bei denen die Delir-Erkennung besonderes herausfordernd ist, kann die Kombination verschiedener EEG-Parameter (u.a. Delta- und hochfrequente Beta-Variabilität) zur Unterscheidung zwischen Koma und (hypoaktivem) Delir helfen [61]. Auch zur Unterscheidung zwischen Patienten mit Demenz und Patienten mit Demenz und Delir gibt es Anhaltspunkte für einen Zusatznutzen des EEGs [62, 63]. Mittels kombinierter Anwendung von TMS und EEG wurden Eigenschaften kortikaler Netzwerke gefunden, die bei Schlaganfallpatientinnen und -patienten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eines Delirs im Verlauf assoziiert sind [64]. Ein weiteres Forschungsfeld ist die EEG-gesteuerte Narkosetiefe zur Reduktion des postoperativen Delirs. Auch wenn hierzu inzwischen grosse randomisiert-kont­roll­­ierte Studien durchgeführt wurden [65, 66], wird der Zusatz­nutzen für die Delir-Prävention noch kontrovers diskutiert [67].
Zuletzt seien noch die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Blut-Biomarker vorgestellt. Diese Biomarker haben den Zweck, bei der Diagnose, der Prognose und Verlaufsbeurteilung des Delirs zu unterstützen und sind dank der einfachen wiederholten Materialgewinnung von grossem Interesse. Die meiste Evidenz findet sich zu Interleukin-6 (IL-6), C-reaktivem Protein (CRP) und Kortisol, wobei die meisten Studien diese Marker bei Personen ohne Demenz oder andere neuropsychiatrische Komorbiditäten untersuchten [68]. Die meisten Studien zu IL-6 wurden in chirurgischen Kohorten durchgeführt und zeigten zum Teil eine positive Assoziation zwischen dem Vorhandensein eines Delirs und der Höhe von IL-6. Auch ein Zusammenhang zwischen der Höhe des CRP und dem Auftreten eines Delirs wurde in manchen Studien festgestellt. Bislang zeigten sich für die genannten und auch die übrigen untersuchten Marker inkonsistente Befunde und somit keine überzeugende Evidenz für eine Anwendung in der klinischen Routine. Eine Herausforderung dieser Studien sind die häufig zum Delir parallel anzutreffenden Störvariablen wie systemische Inflammation, kognitive Dysfunktion und Trauma. Ein vielversprechender neuerer Biomarker ist das Leichtketten-Neurofilament (Neurofilament light chain, NfL). Bei NfL handelt es sich um ein neuronales zytoplasmatisches Protein, das vor allem in grossen myelinisierten Axonen exprimiert wird und bei neurologischen Erkrankungen im Serum erhöht sein kann als Ausdruck von Neurotoxizität [69]. In einer chirurgischen Kohorte zeigte sich, dass erhöhtes NfL mit dem Delir-Schweregrad assoziiert war, auch nach Adjustierung der Höhe inflammatorischer Marker [70]. In einer weiteren chirurgischen Kohorte wurde eine Assoziation zwischen präoperativ erhöhtem NfL und einer höheren Wahrscheinlichkeit für ein postopera­tives Delir gezeigt [71]. In zwei Studien mit Intensivpatientinnen und -patienten (eine davon bei an COVID-19-Erkrankten) konnte gezeigt werden, dass eine Assoziation zwischen NfL-Spiegel und Delir-Dauer besteht [72, 73]. Die Beziehung zu anderen Risikofaktoren des Delirs und der klinische Nutzen werden derzeit in weiteren Studien untersucht.

 

 

Im Artikel verwendete Abkürzungen
CAM Confusion Assessment Method
CRP C-reaktives Proteon
EEG Elektroenzephalografie
NfL Leichtketten-Neurofilament
TMS Transkranielle Magnetstimulation

PD Dr. Carl Moritz Zipser

Oberarzt
Universitätsklinik Balgrist
Neurologie und Paraplegie
Forchstrasse 340
8008 Zürich

carlmoritz.zipser@balgrist.ch

Historie
Manuskript akzeptiert: 01.02.2023

Interessenskonflikte
Es bestehen keine Interessenskonflikte

  • Das Delir ist ein sehr häufiges neuropsychiatrisches Syndrom bei hospitalisierten Patienten.
  • Die Kenntnis individueller Risikoprofile erleichtert die Früherkennung des Delirs.
  • Blut- Biomarker und Neurophysiologie können in Zukunft die Delirversorgung ergänzen.

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