Einbezug neuer Medien und rechtlicher Aspekte

Die Aufklärung ist eine herausfordernde Aufgabe und zentraler Bestandteil des ärztlichen Handelns vor diagnostischen und therapeutischen Massnahmen. Die Vor- und Nachteile des Eingriffes, inklusive dessen Alternativen, müssen der Patientin erklärt werden, um gemeinsam zu einer Entscheidung zu gelangen, im Sinne einer «shared-decision». Bei der «shared-decision» bleibt die Autonomie und Entscheidungshoheit bei der Patientin (1).

L’ information au patient est une tâche difficile et un élément central de l’action médicale avant les mesures diagnostiques et thérapeutiques. Les avantages et les inconvénients de l’intervention, y compris ses alternatives, doivent être expliqués au patient afin qu’il puisse prendre une décision conjointe, dans le sens d’une « décision partagée». Avec une « décision partagée », l’autonomie et le pouvoir de décision du patient restent avec lui (1).

The need for information on the part of the patient, transparency about the procedure and the medical coverage for the doctors were recorded in the book by Paul Kalanithi. As a resident, the author has confronted with metastatic cancer: “What is new and how much is the evidence?” I want you that I want to do my best to help you through this “(2).

Content of the Enlightenment

The legal basis of FMH states that the material is intended to be used in a medical procedure, in particular for its causes, purpose, nature, modalities, risks, side effects and costs treatment options »(3).
It is the duty of our doctors to provide comprehensive information, taking into account the fact that due to illness, the ability to concentrate and to take care of. If reduced capacity is suspected, a step-by-step explanation is recommended, and thus the inclusion of relative or confidant is discussed. If there is any uncertainty about the ability to judge, it should be clarified before a discussion.
The SGGG Quality Assurance Commission, together with the Swiss Patient Organization, has been one of the first societies for operation-specific information protocols. These are easy-to-understand information texts on various operations with room for a sketch. After detailed discussion, the patient’s and doctor’s protocol will be used to sign the protocol. The doctor then hands the patient a copy.
The Enlightenment goes beyond the mere preoperative information and should include the well-being of those affected. Postoperative and perioperative behavioral measures should be passed on orally and ideally also in writing, such as the inclusion of daily care, burdens, sexual intercourse, etc. The authors point out that there are some references from studies, such as restriction of cost-containment.

Forms of enlightenment

Die wichtigste Aufklärungsform ist und bleibt das ärztliche Gespräch. Zur Veranschaulichung der Aufklärungsinhalte ist es sinnvoll, Bilder, Skizzen, Infobroschüren, oder Videomaterial zu verwenden. Das Aufklärungsgespräch soll mit den von der gynécologie suisse/SGGG entwickelten Protokollen dokumentiert werden. Auf der Homepage der gynécologie suisse sind insgesamt 37 gynäkologische und geburtshilfliche Aufklärungsprotokolle in deutscher, französischer und italienischer Sprache zu finden (4). Diese Aufklärungsprotokolle sind Stützen im ärztlichen Gespräch, jedoch nicht bindend im Schweizerischen Gesundheitsgesetz.
Viele Patientinnen suchen sich zusätzliche Informationen im Internet, welche aus Ärzte-, Betroffenen, oder Industriehomepages stammen. Dabei hat sich gezeigt, dass die ersten 100 Resultate in einer Google-Suche bezüglich OP-Information von Patientinnen häufig missverstanden werden (5). Die im Internet verbreiteten Informationen ersetzen niemals eine Aufklärung. Der Inhalt dieser Artikel kann qualitativ sehr variieren.
Um die Patientinneninformationen industrieunabhängig und evidenzbasiert zu verbessern, hat sich die Arbeitsgemeinschaft Urogynäkologie in einem Pilotprojekt vorgenommen, Patientinneninformationen mit animierten Videosequenzen zu erstellen (Abb. 1).
Gerade bei elektiven Eingriffen sind die Anforderungen an die Aufklärung generell höher: Erfolgsaussichten, Beschreibung von Alternativen, Komplikationen und Nachteile auf die spätere Lebensqualität sowie das Befinden im Sinne der gesundheitlichen, körperlich-psychischen Verfassung müssen explizit erwähnt werden, inkl. mögliche Folgeoperationen.
Diese Videoclips können als Ergänzung und Unterstützung des ärztlichen Gespräches verwendet werden. Dabei geht es um graphische und audiovisuelle Informationen unterstützt durch SchauspielerInnen, welche Patientinnen und ÄrztInnen verkörpern. Sie erklären die Erkrankung, die Alternativen, die Lage von Implantaten/Schlingen oder rekonstruktiven Operationen und die Komplikationen. Falls diese urogynäkologischen Aufklärungsclips von Patientinnen und Ärztinnen gut aufgenommen werden, könnten weitere gynäkologische und geburtshilfliche Operationen mit den neuen Medien und in Zusammenarbeit mit der SGGG folgen (Abbildung 2). Geplant ist ein open-access Zugang auf i-Pads, Laptops, Mobiles und Computern direkt über die SGGG Homepage oder eine gynäkologische Website.

Gute Aufklärung – besserer Outcome?

Es konnte in Studien gezeigt werden, dass mit einer sorgfältigen Patientinneninformation die postoperative Zufriedenheit und der Outcome der Operation von den Betroffenen als besser beurteilt wurde, als bei einer marginalen oder fehlenden Information (6). Trotzdem zeigte eine neuere Studie, dass nur jede vierte Frau, die sich einer Hysterektomie unterzog, Informationen über die Auswirkungen der Operation auf die Kontinenzfunktion oder der Sexualität erhielt (7). Bei Patientinnen vor Inkontinenzoperationen wird die Wirkung der Operation auf die Blasenfunktion in 80% und auf den Geschlechtsverkehr in 30% erläutert.
Dem Anspruch nach objektiven Informationsmaterialien, welche sich an aktuellen, evidenzbasierten Forschungsergebnissen orientieren und gleichzeitig für Patientinnen und Patienten verständlich und nachvollziehbar sind, ist die neu erschienene Leitlinie «Qualitätskriterien für Patienteninformationsmaterialien und Entscheidungshilfe am Beispiel des interprofessionellen, sektorübergreifenden Behandlungspfads Kolorektalkarzinom» nachgegangen (8). Erstmals haben in diesem umfassenden Konzept 20 Fachgesellschaften in Zusammenarbeit mit der Stiftung Dialog Ethik sektorübergreifende Behandlungspfade und Informationen erarbeitet, was für weitere onkologische Erkrankungen wegweisend sein dürfte und in der «Nationalen Strategie gegen Krebs 2014–2020» ein Kernthema ist.
Im Rahmen von Studienaufklärungen konnte gezeigt werden, dass Videoclip-unterstützte Informationen bei Patientinnen sehr geschätzt, zur Entscheidung beitrugen und als Aufklärungsmittel bevorzugt wurden, jedoch konnte nicht nachgewiesen werden, dass das generelle Verständnis über die Studie gestiegen wäre (9).

Aktuelles Recht sowie Spezialfälle

Im Leitfaden «Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag» der FMH sind zwei Kapitel dem Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient, sowie der Aufklärung der Patientin gewidmet (10). Da wird festgehalten, dass das Vorliegen einer Einwilligung für einen Behandlungsauftrag seitens der Patientin an uns Ärztinnen und Ärzte zentral ist. Nur bei Vorliegen einer Einwilligung, deren Durchführung schriftlich festgehalten wurde, sind wir von einem allfälligen Vorwurf einer Körperverletzung bei unserem ärztlichen Tun entlastet, sofern der Eingriff mit den geforderten Vorkenntnissen und Sorgfalt durchgeführt wurde.

  • Nicht-deutschsprachige Patientinnen: um sicherzustellen, dass die Patientin den Inhalt der Aufklärung umfänglich versteht, soll eine Übersetzerin beigezogen werden.
  • Bei Patientinnen unter 16 Jahren stellt sich die Frage, ob die Patientin urteilsfähig ist für die Entscheidung in Bezug auf das Verständnis der Ausgangslage (Krankheit oder Schwangerschaft) und das Erfassen der Folgen. Dabei müssen die Entscheidung und die Gründe dokumentiert werden, weshalb die minderjährige Patientin urteilsfähig ist. Bei Kindern < 12 Jahre braucht es in der Regel den Beizug der Eltern oder des gesetzlichen Vertreters.
  • Aufklärung im Notfall: auch hier gilt die angepasste Aufklärungspflicht. Theoretisch kann diese auch nur mündlich erfolgen. Da das Beweisrisiko des Arztes hoch ist, wird aber auch hier die schriftliche Aufklärung empfohlen.
  • Über grössere Eingriffe muss gemäss Empfehlung der Foederatio Medicorum Chirurgicorum Helvetica (FMCH) mindestens 3 Tage vor dem geplanten Eingriff aufgeklärt werden, damit genügend Bedenkzeit besteht (11).
  • Urteilsunfähige Patientinnen (Demente, psychisch Kranke, rauschähnliche Zustände, Kinder). Bei diesen Patienten sollte rechtzeitig ein Vorsorgeauftrag gemacht werden, wo die Person zum Zeitpunkt der Handlungsfähigkeit eine rechtliche Vertretung für den Fall der Urteilsunfähigkeit festlegt (Art. 360 ff. ZGB). Bei einer vorübergehenden Urteilsunfähigkeit eines volljährigen Patienten erfolgt die Behandlung – mangels eines gesetzlichen Vertreters – als Geschäftsführung ohne Auftrag. In der Patientenverfügung kann die urteilsfähige Person frühzeitig festlegen, welche medizinischen Massnahmen sie im Falle der Urteilsunfähigkeit durchführen lassen möchte. Der Vorsorgeauftrag und die Patientenverfügung sollten gewähren, dass das Selbstbestimmungsrecht auch in Zeiten der Urteilsunfähigkeit respektiert werden kann. Liegen diese zwei Instrumente bei einer urteilsunfähigen Person nicht vor, so sind folgende Personen der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten: 1) Beistand mit einem Vertretungsrecht, 2) Ehegatte, eingetragene PartnerIn in gemeinsamen Haushalt oder Person, welche der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leistet, 3) Nachkommen, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten, 4) und Eltern oder Geschwister, welche die oben erwähnten Beziehungen leben (nach Art. 378 ZGB)
  • Sorgfältige Dokumentation: Im Streitfall ist der Nachweis einer ausreichenden Aufklärung zentral, um nachzuweisen, dass die Patientin rechtsgültig in die Behandlung einwilligen konnte. Das CH-Recht sieht vor, dass die Aufklärung delegiert werden kann, doch die Konsequenzen im Falle einer ungenügenden Aufklärung obliegen dem OperateurIn.
  • Behandlungsverzicht: Ebenso soll über Folgen bei Behandlungsverzicht informiert werden. Bei Wunsch nach Verzicht auf Aufklärung soll dieser Wunsch im Ausnahmefall respektiert werden. Ein fundierter Verzicht ist aber oft erst möglich, wenn der Verzicht auf Faktenbasis gestützt ist. Wichtig ist dabei auch, die Gründe für den Verzicht in der Krankengeschichte festzuhalten.
  • Ausmass der zu erwähnenden Komplikationen oder bis zu welchen Komplikationen soll aufgeklärt werden? Hierzu gibt es keinen Prozentsatz. Es sollen ohne Nachfragen von Patientinnenseite die fünf häufigsten Komplikationen erwähnt werden, welche individuell angepasst werden sollen. Damit ist gemeint, dass auf die Bedeutung der möglichen Komplikationen für die Patientin und ihre Lebenssituation eingegangen werden soll»(12).
  • Wahl des Operationsverfahrens: dieses liegt gemäss der FMH im Ermessen des Operateurs. Wie soll man aber umgehen mit Informationen der Standesorganisationen, wie dem Swiss Medical Board (SMB), das zum Einsatz der Roboterchirurgie kürzlich festhielt, dass die klinische Evidenz weder die roboterassistierte noch die konventionelle laparoskopische Hysterektomie favorisiert und dass die Kosten der Roboter-Hysterektomie rund 5500 CHF höher sind. Die Patientinnenpräferenzen und die gesellschaftliche Akzeptanz der roboterassistierten Technologie, inkl. der Umgang der zur Zeit schwachen Evidenzlage, wurde im SMB- Bericht nicht erläutert. In der gegenwärtigen Praxis werden Patientinnen tendenziell nicht in die Wahl des chirurgischen Verfahrens miteinbezogen. Die Frage drängt sich auf, in wieweit sich Patientinnen nach Information aller verfügbaren Behandlungsoptionen für welche OP-Technik entscheiden würden (13).
PD Dr. med. Cornelia Betschart Meier

Stellvertretende Klinikdirektorin
Klinik für Gynäkologie, USZ
Frauenklinikstrasse 10
8006 Zürich

cornelia.betschart@usz.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die Patientinneninformation ist ein zentraler Bestandteil des ärztlichen Handelns.
  • Sie soll die für einen fundierten autonomen Entscheid notwendigen Informationen liefern.
  • Neben der reinen Informationsvermittlung dient sie auch der Ver-
    trauensbildung.
  • Die Patientinneninformation soll das Sicherheitsgefühl der Patientin für den Eingriff bestärken.
  • Eine gute Aufklärung trägt dazu bei, dass sich die Erfolgschancen einer Behandlung erhöhen.
  • Die Selbstbestimmung der Patientin ist das Fundament der
    Aufklärung und die Entscheidung für oder gegen einen Eingriff liegt aus rechtlicher Sicht einzig bei der Patientin.

Messages à retenir

  • L’ information des patients est un élément central de la pratique
    médicale.
  • Elle devrait fournir les informations nécessaires à une décision autonome bien fondée.
  • En plus de la simple fourniture d’informations, elle sert également à renforcer la confiance.
  • L’ information de la patiente est destinée à renforcer le sentiment de
    sécurité du patient pendant l’intervention.
  • Une bonne information aide à augmenter les chances de succès d’un traitement.
  • L’ autodétermination de la patiente est le fondement de l’ information et la décision pour ou contre une intervention relève d’un point de vue
    juridique uniquement du patient.

Literatur:
1. Leitfaden zum ärztlichen Aufklärungsgespräch, SGGG 2006
2. Paul Kalanithi. Bevor ich jetzt gehe. Die letzten Worte eines Arztes an seine Tochter. Penguin Verlag 2017, ISBN V978-3-328-10120-8
3. BGE 119 II 456
4. https://www.sggg.ch/fachthemen/aufklaerungsprotokolle/
5. Stewart JR, Heit MH, Meriwether KV, Hobson DT, Francis SL. Analyzing the readability of Online Urogynecologic patient information. Female Pelvic Med. Reconstr Surg 2019;25(1):29-35
6. Bovbjerg VE, Trowbridge ER, Barber MD, Martirosian TE, Steers WD, Hullfish KL. Patient-centered treatment goals for pelvic floor disorders: association with quality-of-life and patient satisfaction. Am J Obstet Gynecol. 2009; 200(5):568 e1-6.
7. Pakbaz M, Rolfsman E, Löfgren M. Are women adequately informed before gynecological surgery? BMC Women’s Health 2017; 17: 68.
8. www.fmh. ch / files / pdf18 / Schema_Behandlungspfad1.pdf.
9. Sun SC, Andrews JO, Gentilin SM, et al. Development and pilot testing of a video-assisted informed consent process. Contemp Clin Trials. 2013; 36 (1): 25-31
10. https://www.fmh.ch/files/pdf22/rechtliche_grundlagen_2013_d-v1.pdf
11. Guideline FMCH information of 5 April 2008 (with the support of the Swiss Patient Organization)
12 BGE 117 Ib 197
13th EDGE 2019; 100 (14): 504-505

Adjuvante endokrine Therapie

Die grösste Gruppe aller Brustkrebsformen zeigt mit einem Anteil von 75% eine Expression von Östrogen- und/oder Progesteronrezeptoren und ist somit Kandidat für eine endokrine Therapie. Aus diesem Merkmal ergibt sich ein entscheidender Therapieansatz in der adjuvanten Behandlung nach erfolgter Primärtherapie (Operation / (neo-) adjuvanter Chemotherapie /Radiotherapie). Tamoxifen und Aromataseinhibitoren sind die beiden Hauptakteure und haben ein grundsätzlich günstiges Nebenwirkungsprofil.

75 % des cancers du sein expriment des récepteurs aux oestrogènes et/ou à la progestérone. Ces caractéristiques qualifient ce grand groupe (3 cas sur 4) pour un traitement hormonal / endocrinien adjuvant après la prise en charge initiale (par opération et / ou chimio- et / ou radiothérapie (néo-) adjuvante).
Le tamoxifen et les inhibiteurs de l’aromatase sont les acteurs principaux du traitement hormonal des cancers du sein. Le profil de leurs effets non-désirables est en principe favorable.

How long and which endocrine therapy to prescribe, whether the two groups of substances should be administered in sequence, and in what order, or in combination with ovarian suppression in the premenopausal patient, has been investigated in many studies.
Current studies and meta-analyzes are addressing the issue of the benefits of advanced endocrine therapy with an aromatase inhibitor after 5 years of postmenopausal aromatase inhibitor therapy. This is based on published data on the 20-year relapse risk after discontinuation of a 5-year endocrine therapy, after which there is a continuous increase in risk for recurrence. Likewise the subject of ongoing studies in the (neo-) adjuvant are the CDK 4/6 inhibitors, which already represent an established combination therapy in hormone-dependent, metastatic breast cancer in combination with standard endocrine therapy. Based on the most recent data, standards for adjuvant endocrine therapy will be presented below.
Breast cancer, with an incidence of 12% of the female population, is the most common cancer of women and the leading cause of death in women between the ages of 40 and 50 years. Breast cancer mortality has been greatly reduced in recent years due to effective treatment options, largely due to endocrine therapy for hormone-dependent breast cancer. Although the common denominator of this 75% of breast cancer diagnoses is positivity for estrogen and progesterone receptors, despite established treatment standards, an individualized relapse risk assessment will be needed to help decide how and for how long to treat endocrine treatment.

The premenopausal patient

Die Standard-endokrine Therapie der prämenopausalen Patientin ist das Tamoxifen. Tamoxifen über 5 Jahre senkt die Brustkrebssterblichkeit um mindestens einen Drittel und hält über die Therapiedauer von 5 Jahren an (carryover Benefit) (1). Wird die Patientin während dieser 5 Jahre postmenopausal, ist ein Wechsel (Switch) auf einen Aromatasehemmer sinnvoll (2). Da der Aromatasehemmer eine Reaktivierung der Ovarialfunktion bewirken kann, sollte der Menopausestatus, nebst dem klinischen Zeichen einer Amenorrhoe unter Tamoxifen, biochemisch durch postmenopausale Werte des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des Estradiols (E2) bestätigt werden.

Ausgedehnte endokrine Therapie mit ovarieller Suppression (OS)
Es stehen 3 zugelassene Aromataseinhibitoren zur Verfügung: Anastrozol, Exemestan und Letrozol. Bislang waren Aromatasehemmer eine Substanzklasse mit ausschliesslicher Zulassung in der Postmenopause. Ob bei der prämenopausalen Patientin eine ausgedehnte endokrine Therapie mit ovarieller Suppression (OS) über 5 Jahre einen Vorteil zeigt, wurde in der TEXT- und der SOFT Studie untersucht (3-5) (Abb. 1).
Das Hauptargument zur ausgedehnten endokrinen Therapie ist das individuelle Rückfallrisiko, was in die Therapieempfehlungen einfliessen soll. Denn nicht alle prämenopausalen Patientinnen profitieren von einer OS. Diejenigen mit hoch eingestuftem Rückfallrisiko zeigen den grössten Nutzen. Dies sind insbesondere Patientinnen, die aufgrund der Risikokonstellation (Tab. 1) eine Chemotherapie erhalten haben und nach Chemotherapie-Ende im Verlauf wieder prämenopausal wurden sowie sehr junge Patientinnen < 35 Jahre. In den 8 Jahres-Daten der TEXT- und SOFT Studie zeigte sich in der Gruppe der Patientinnen mit hohem Risiko, welche eine Chemotherapie erhalten haben ein krankheitsfreies Überleben mit Tamoxifen alleine von 71%, bei Tamoxifen + OS von 77% und bei Aromatasehemmer + OS von 80%. Dabei ist die OS in Kombination mit einem Aromatasehemmer der Kombination mit Tamoxifen überlegen. Dieser Unterschied war bei Frauen mit niedrigem oder mittlerem Risiko deutlich geringer und rechtfertigt in Anbetracht der Nebenwirkungen und konsekutiv schlechteren Lebensqualität (Tab. 2) unter ausgedehnter endokriner Therapie die OS nicht. Die Daten zum Gesamtüberleben sind nach 8 Jahren follow up-noch nicht reif. Ein geringer Vorteil auf das Gesamtüberleben konnte jedoch bei der Hochrisikogruppe der Patientinnen mit vorgängiger Chemotherapie gezeigt werden, auch wenn bei der Gesamtpopulation die OS auf das Gesamtüberleben nach 8 Jahren noch keinen Einfluss hat.

Daten zur optimalen Therapiedauer
Die Standard Therapiedauer der adjuvanten endokrinen Therapie mit Tamoxifen ist 5 Jahre. Daten haben jedoch gezeigt, dass eine erweiterte Therapiedauer das krankheitsfreie Überleben und teils das Gesamtüberleben verlängern kann. Um die verlängerte Tamoxifengabe über 10 Jahre gegenüber 5 Jahren zu vergleichen wurden in der ATLAS- und aTTom Studie, 5- gegenüber 10 Jahren Tamoxifen randomisiert und nicht Plazebo-kontrolliert untersucht (6). Unabhängig vom Menopausenstatus zeigte sich eine Reduktion der Brustkrebsrezidivrate nach 10 Jahren um 25% und eine Senkung der Brustkrebssterblichkeit um 29%. Auch hier zeigte sich nach den 10 Jahren Tamoxifen ein therapeutischer Effekt (carryover Benefit), welcher nach den 10 Therapiejahren weiter anhielt. Somit ist eine 10-jährige Therapiedauer mit Tamoxifen insbesondere bei jungen Patientinnen sinnvoll, sofern die Patientin während der 10 Jahre prämenopausal bleibt. Sollte sie während der erweiterten Therapiedauer postmenopausal werden, ist der Nutzen einer Aromatasehemmertherapie grösser mit Empfehlung zur Therapieumstellung (7).
Von einer erweiterten Therapiedauer profitieren jedoch nicht alle Patientinnen gleich stark, wonach der Entscheid darüber nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung getroffen werden sollte (8). Erneut profitieren Patientinnen mit hohem Rückfallrisiko (nodal positiv, grössere Tumoren, höheres Grading, junges Erkrankungsalter) stärker, so dass ein entsprechend grösseres Nebenwirkungsrisiko durch die Therapieverlängerung gerechtfertigt werden kann. Bedenken bestehen insbesondere betreffend erhöhter Inzidenz thromboembolischer Ereignisse unter Tamoxifen. Eine erhöhte Inzidenz des Endometriumkarzinoms als Nebenwirkung des Tamoxifens ist in der Postmenopause nur geringfügig erhöht und stellt in der Prämenopause kein Risiko dar. Somit ist die Verschreibung einer erweiterten Tamoxifentherapie über 10 Jahre bei entsprechender Indikation bedenkenlos (6). (Zusammenfassend siehe Tab. 3).

Die postmenopausale Patientin

Sowohl Tamoxifen wie auch Aromataseinhibitoren sind bei der postmenopausalen Patientin zur adjuvanten Therapie zugelassen. Fünf Jahre Aromatasehemmer sind gegenüber 5 Jahren Tamoxifen im Gesamtüberleben klar überlegen (9). Fünf Jahre Kombinationstherapie, bestehend aus Tamoxifen und einem Aromatasehemmer in der Sequenz über insgesamt 5 Jahre wurde ebenfalls in Studien untersucht. Eine Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens in der Sequenz (Tamoxifen 2-3 Jahre gefolgt von einem Aromatasehemmer über 2-3 Jahre) im Vergleich zur alleinigen Tamoxifen-Therapie konnte ebenso gezeigt werden. Die Sequenz ist jedoch der alleinigen Therapie mit einem Aromatasehemmer etwas unterlegen. Somit gilt die Empfehlung zu einer 5-jährigen Aromatasehemmer-Therapie bei der postmenopausalen Frau als Standard (10). Bei ausgeprägten Nebenwirkungen unter Therapie mit einem Aromatasehemmer kann, ohne therapeutisch signifikanten Nachteil, nach 2-3 Jahren auf Tamoxifen gewechselt werden (11). Die alleinige Tamoxifentherapie kann in der Postmenopause bei niedrigem Risiko (nodal negativ, tubuläre Histologie, hoher Differenzierungsgrad) in Anbetracht der Nebenwirkungsprofile durchaus verschrieben werden (8). Bei höher eingestuftem Rückfallrisiko oder lobulärer Histologie besteht ein deutlicher Vorteil zu Gunsten der Aromatasehemmertherapie (12).

Erweiterte endokrine Therapie in der Postmenopause
In der Metaanalyse von Pan et al. (13) wurde das 20 Jahre Rückfallrisiko nach Sistieren einer 5-jährigen endokrinen Therapie untersucht mit der Frage nach dem Vorteil einer erweiterten endokrinen Therapie über 10 Jahre; auch nach 5 Jahren Aromatasehemmer. Ein stetiger Anstieg der Fernrezidivrate über die nächsten 15 Jahre könnte eine Begründung für das Fortführen der endokrinen Therapie nach 5 Jahren sein. Nimmt eine Patientin während 5 Jahren Tamoxifen ein und wechselt bei Eintritt in die Menopause auf einen Aromatasehemmer, kann sie ihr Rückfallrisiko für die nächsten 5 Jahre signifikant um 1/3 reduzieren. Wenn die Patientin nach 5 Jahren Aromatasehemmer-Therapie den Aromatasehemmer weiterführt, zeigt sich dieser deutliche Vorteil nicht innerhalb der nächsten 2-5 Jahre. Dies gründet auf dem carryover Benefit der Aromatasehemmer. Bis sich ein Vorteil herauskristallisiert dauert es länger, hält aber wahrscheinlich nach 10 Jahren weiter an. Die stärksten Einflussfaktoren auf die jährliche Rückfallrate waren dabei der Nodalstatus (insbesondere bei ≥ 4 befallenen Lymphknoten) sowie die Tumorgrösse, worauf der Vorteil zur Fortführung der endokrinen Therapie gründet. Je grösser der Tumor und je ausgedehnter der Lymphknotenbefall, desto grösser der Vorteil zur erweiterten endokrinen Therapie im Hinblick auf die Fernrezidivrate und die Mortalität. Dies im Gegenzug zu einer erhöhten Rate anhaltender, postmenopausaler Beschwerden (Hitzewallungen, Fatigue, Arthralgien, Myalgien, kardiovaskuläre Nebenwirkungen, neu aufgetretene Osteoporose oder Knochenfrakturen). Die Abschätzung des Rückfallrisikos, das individuelle Sicherheitsbedürfnis und die Toxizität unter anhaltender endokriner Therapie sind tägliche Herausforderungen in der Beratung der endokrin sensitiven Patientin. (Zusammenfassend siehe Tab. 4).

Neue Substanzgruppen in der Adjuvanz

Die CDK 4/6 Inhibitoren
Die zugelassenen CDK 4/6 Inhibitoren (Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib) stellen in Kombination mit Aromatasehemmern oder Fulvestrant bei hormonsensitivem, Her2 negativem, metastasiertem Brustkrebs eine Standardtherapie dar. In den Zulassungsstudien konnte einheitlich eine Verdopplung des krankheitsfreien Überlebens im Vergleich zur alleinigen endokrinen Therapie gezeigt werden (14). Der Vorteil dieser Substanzgruppe betreffend krankheitsfreiem Überleben und Gesamtüberleben in der Adjuvanz wird in aktuell laufenden Studien untersucht. In der PALLAS-Studie (bereits geschlossen), einer randomisierten, nicht Plazebo-kontrollierten Phase III Studie wird die Kombination Palbociclib und Standard endokrine Therapie versus Standard endokrine Therapie alleine bei Hormonrezeptor positivem, HER2 negativem, nicht metastasiertem Brustkrebs untersucht. Dabei wird Palbociclib im Untersuchungsarm die ersten 2 Jahre der insgesamt 5 Jahre Aromatasehemmertherapie (+/- OS) eingenommen. Primärer Endpunkt ist das invasive krankheitsfreie Überleben. In verschiedenen Phase II Studien in der Neoadjuvanz liegt der Focus unter anderem auf der Identifikation von Biomarkern, die Patienten identifizieren können, welche von einer CDK 4/6 Inhibitor-Therapie profitieren. Andrerseits wird auch die Effizienz der CDK 4/6 Inhibitoren im Vergleich zu einer Chemotherapie verglichen. Ob die CDK 4/6 Inhibitoren zukünftig in der (neo-) Adjuvanz Standard sein werden, wird sich erst zeigen.

Dr. med. Denise Vorburger

Brustzentrum
Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
Frauenklinikstr. 10
8091 Zürich

denise.vorburger@usz.ch

PD Dr. med. Konstantin Dedes

Brustzentrum
Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
Frauenklinikstr. 10
8091 Zürich

K.D.: Beraterhonorare und Kongresskostenbeteiligung von Roche, Astrazeneca, Eli Lilly und Amgen.

  • Bei hohem Rückfallrisiko in der Prämenopause, insbesondere bei jungem Erkrankungsalter und hohem Risiko bietet die ovarielle Suppression in Kombination mit einem Aromatasehemmer einen zusätzlichen Vorteil in Bezug auf das krankheitsfreie Überlegen als auch auf das Gesamtüberleben.
  • Eine verlängerte Tamoxifengabe für gesamthaft 10 Jahre verbessert das Gesamtüberleben insbesondere in der 2. Dekade nach Erkrankung (carryover Benefit) und ist insbesondere bei jungen Patientinnen zu empfehlen.
  • Die verlängerte Therapie mit einem Aromatasehemmer über mehr als 5 Jahre nach Aromatasehemmer-Vorbehandlung kann bei hohem Rückfallrisiko, insbesondere in Anbetracht des Lymphknotenbefalls (≥ 4 Lymphknoten) und grosser Tumorgrösse (T3/T4) mit der Patientin diskutiert werden. Immer unter Einbezug der Toxizitäten und anhaltender Therapie.
  • Die Wirksamkeit und der Nutzen der CDK 4/6 Inhibitoren (bekannt bei metastasiertem, endokrin sensitivem Brustkrebs) in der (neo-)Adjuvanz werden zurzeit in Studien geprüft.

Message à retenir

  • Chez la patiente en préménopause avec un haut risque de rechute
    (surtout chez la patiente jeune dont la tumeur présente d’autres
    facteurs de haut risque de récidive), la suppression de la fonction
    ovarienne associée au traitement par inhibiteur de l’aromatase apporte un avantage supplémentaire, et ceci pour la survie sans récidive comme pour la survie globale.
  • Le prolongement du traitement par tamoxifen à 10 ans au total améliore la survie globale, surtout dans les 10 ans après l’arrêt du médicament (carryover benefit). Cette manière de traiter est donc à recommander surtout chez la patiente jeune.
  • Il est justifié de discuter la poursuite du traitement par inhibiteur de l’aromatase après 5 ans de prétraitement quand la patiente présente un risque de rechute élevé (en particulier ≥ 4 ganglions positifs et grosse tumeur (T3/T4)). Cette discussion doit prendre en compte la toxicité sous traitement prolongé.
  • Le bénéfice et l’efficacité d’un traitement par inhibiteur CDK 4/6 (admis pour les cancers hormono-sensibles métastasés) dans la situation (néo-)adjuvante sont actuellement sous étude.

Literatur:
1. (EBCTCG) EBCTCG. Relevance of breast cancer hormone receptors and other factors to the efficacy of adjuvant tamoxifen: patient-level meta-analysis of randomised trials. The Lancet. 2011;378(9793):771-84.
2. Goldhirsch A, Winer EP, Coates AS, Gelber RD, Piccart-Gebhart M, Thurlimann B, et al. Personalizing the treatment of women with early breast cancer: highlights of the St Gallen International Expert Consensus on the Primary Therapy of Early Breast Cancer 2013. Ann Oncol. 2013;24(9):2206-23.
3. Pagani O, Regan MM, Walley BA, Fleming GF, Colleoni M, Lang I, et al. Adjuvant exemestane with ovarian suppression in premenopausal breast cancer. N Engl
J Med. 2014;371(2):107-18.
4. Regan MM, Francis PA, Pagani O, Fleming GF, Walley BA, Viale G, et al. Absolute Benefit of Adjuvant Endocrine Therapies for Premenopausal Women With Hormone Receptor–Positive, Human Epidermal Growth Factor Receptor 2–Negative Early Breast Cancer: TEXT and SOFT Trials. Journal of Clinical Oncology. 2016;34(19):2221-31.
5. Francis PA, Pagani O, Fleming GF, Walley BA, Colleoni M, Láng I, et al. Tailoring Adjuvant Endocrine Therapy for Premenopausal Breast Cancer. New England Journal of Medicine. 2018;379(2):122-37.
6. Davies C, Pan H, Godwin J, Gray R, Arriagada R, Raina V, et al. Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years after
diagnosis of oestrogen receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomised trial. The Lancet. 2013;381(9869):805-16.
7. Goss PE, Ingle JN, Pritchard KI, Robert NJ, Muss H, Gralow J, et al.
Extending Aromatase-Inhibitor Adjuvant Therapy to 10 Years. N Engl J Med. 2016;375(3):209-19.
8. Empfehlungen gynäkologische Onkologie Kommission Mamma. 2018(Version 21.11.2018).
9. (EBCTCG)* EBCTCG. Aromatase inhibitors versus tamoxifen in early breast cancer: patient-level meta-analysis of the randomised trials. The Lancet. 2015;386(10001):1341-52.
10. Coates AS, Winer EP, Goldhirsch A, Gelber RD, Gnant M, Piccart-Gebhart M,
et al. Tailoring therapies–improving the management of early breast cancer:
St Gallen International Expert Consensus on the Primary Therapy of Early Breast Cancer 2015. Ann Oncol. 2015;26(8):1533-46.
11. Regan MM, Neven P, Giobbie-Hurder A, Goldhirsch A, Ejlertsen B, Mauriac L, et al. Assessment of letrozole and tamoxifen alone and in sequence for postmenopausal women with steroid hormone receptor-positive breast cancer: the BIG 1-98 randomised clinical trial at 8·1 years median follow-up. The Lancet
Oncology. 2011;12(12):1101-8.
12. Metzger Filho O, Giobbie-Hurder A, Mallon E, Gusterson B, Viale G, Winer EP, et al. Relative Effectiveness of Letrozole Compared With Tamoxifen for Patients With Lobular Carcinoma in the BIG 1-98 Trial. J Clin Oncol. 2015;33(25):2772-9.
13. Pan H, Gray R, Braybrooke J, Davies C, Taylor C, McGale P, et al. 20-Year Risks of Breast-Cancer Recurrence after Stopping Endocrine Therapy at 5 Years. N Engl J Med. 2017;377(19):1836-46.
14. Kwapisz D. Cyclin-dependent kinase 4/6 inhibitors in breast cancer: palbociclib, ribociclib, and abemaciclib. Breast Cancer Res Treat. 2017; 166 (1): 41-54.

Vom Paradigma des sterilen Urins zur Eubiose der Blase

Im Zuge der neuen Verfahren des «DNA Sequencing» wurde im Jahre 2008 das «Microbiome Project» auf die Beine gestellt. Dieses analysiert Mikrobiome in der Umwelt, der Ernährung und im Menschen. Das Letztere, als «Human Microbiome Project» bezeichnet, analysiert das Körper-Mikrobiom zum Beispiel im Darm, auf der Haut, vaginal und im Mund. Das Blasen-Mikrobiom wurde nicht in die wissenschaftliche Analyse eingeschlossen, weil man davon ausging, dass der Urin steril ist. Erst später wurden die Testverfahren auch auf den Urin angewendet und 2012 erste Daten publiziert (1, 2). Seither wurden 149 verschiedene Bakterien-stämme in der Blase nachgewiesen.

Until 2012, the urine of healthy people was considered sterile. The microscopic or cultural detection of urinary bacteria has been defined as a urinary tract infection. If these bacteria were found in asymptomatic people, this was called an asymptomatic urinary tract infection. DNA sequencing made it possible to detect specific bacterial gene components. 16s rRNA is a base sequence in the gene of bacteria. This gene is not only typical of bacteria, it also varies depending on bacterial species.
To this day, the question largely remains unanswered as to what function bacteria have in the human body. The website of the Human Microbiome Project includes the following tasks:

  • Production of vitamins
  • Splitting food for nutrient extraction
  • Triggering the immune system to respond to dangerous drugs
  • Production of beneficial anti-inflammatory substances to combat pathogenic microbes
  • Changes in the microbiome seem to be related to various diseases, which fuels the hope of using it therapeutically

Im Vergleich zu anderen Mikrobiomen ist das Darm-Mikrobiom schon recht gut erforscht und therapeutische Ansätze sind geprüft. So wurde zum Beispiel nachgewiesen, dass bei einer Clostridium difficile-Infektion eine Stuhltransplantation von einem gesunden Spender in das Empfänger-Duodenum besser ist als eine Antibiotikatherapie mit Vancomycin (3). In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass das Darm-Mikrobiom Gesundheit und Krankheit von verschiedenen Körperregionen mitbestimmt. Die Darm-Dysbiose konnte mit Erkrankungen des Hirns, des Herzens, des muskuloskelettalen Systems und von metabolischen Prozessen in Verbindung gebracht werden (4). Zudem wurde festgestellt, dass das Mikrobiom ein besserer Prädiktor einer zukünftigen Typ II Diabetes-Erkrankung ist als die Zusammensetzung des individuellen Genoms (5).

Definition

Der Unterschied zwischen Mikrobiom und Microbiota kann so erklärt werden: Das Mikrobiom wird als ein Kollektiv von Genen und Genomen von Mikroorganismen in einem Organ, einer Nische, einem Lebensraum bezeichnet. In einem Mikrobiom können somit neben Bakterien auch Eukaryoten (zB. Pilze), Archaeen (z.B. Methanobrevibacter smithii) und Viren vorkommen. Als Microbiota sind im Gegensatz dazu ausschliesslich die bakteriellen Mikroorganismen gemeint, welche durch die Präsenz von 16s rRNA nachgewiesen werden können (Abb. 1).
Ein gesundes Gleichgewicht der Bakterien wird als Eubiose, ein Ungleichgewicht der Flora mit dominanten pathogenen Keimen als Dysbiose bezeichnet.
Die Erkenntnisse aus dem Human Microbiome Project führten dazu, dass die herkömmlichen Definitionen im Zusammenhang mit Harnwegsinfektionen wahrscheinlich in Zukunft revidiert werden müssen. Der Nachweis von 149 Bakterienstämmen im Urin und die Tatsache, dass darunter auch pathogene Keime vorkommen, macht es notwendig, die Begrifflichkeit zu ändern. So macht der Begriff «asymptomatischer Harnwegsinfekt» keinen Sinn mehr. Dies bedeutet, dass potenziell pathogene Keime, welche wir in der Urinkultur finden, bei asymptomatischen Menschen nicht mehr als asymptomatische Infektion betrachtet, sondern als ein normaler Bestandteil im Sinne der Eubiose bezeichnet werden. Es besteht ein Leitlinien-Konsens, dass solche Befunde bei asymptomatischen Frauen nicht behandelt werden müssen.
Das menschliche Mikrobiom besteht somit aus Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilzen. Die Bakterien übertreffen die Anzahl der menschlichen Zellen etwa zehn Mal und machen etwa 1-3% des Körpergewichts aus. Diese Mikroben sind im Allgemeinen nicht schädlich, sondern sogar essenziell zur Erhaltung der Gesundheit.

Das Urin-Mikrobiom

Dass sich das Dogma, der Urin sei steril, so lange gehalten hat, liegt daran, dass die Technik der Urinkultur darauf ausgerichtet war, pathogene Keime wie zum Beispiel E. coli für Harnwegsinfektionen zu finden. Die Analyse von mittels Blasenpunktion gewonnenem Urin von gesunden Frauen mittels Gensequenzierung zeigte, dass der normale Urin verschiedenste Bakterien wie Lactobacillen, Gardnerellen, Streptokokken, Staphylokokken und Corynebakterien enthält. Dass diese bisher nicht gefunden wurden, liegt daran, dass die Standardurinkultur die notwendigen Wachstumsbedingungen für diese Keime nicht lieferte.
Erst mit der Anwendung von neuen Untersuchungstechniken wurde es möglich, das Blasenmicrobiota von gesunden und von blasenkranken Frauen zu untersuchen und zu vergleichen. Asymptomatische Frauen weisen eine geringe bakterielle Diversität auf, während zum Beispiel Frauen mit einer überaktiven Blase eine höhere Diversität zeigen. Dabei wurde gefunden, dass bei höherer bakterieller Diversität der Erfolg einer anticholinergen Medikation geringer ist. In der gleichen Studie fand man, dass gewisse Bakterienspezies wie Streptococcus anginosus und Gardnerella vaginalis mit überaktiver Blase assoziiert waren, dass aber Lactobacillus crispatus mit der Abwesenheit von Blasensymptomen assoziiert war (6). Bekannt ist auch, dass die Dominanz von verschiedenen Lactobacillus-Arten im Microbiota einen besseren Schutz vor katheterassoziierten oder postoperativen Harnwegsinfektionen ermöglicht (7).
Krystal Thomas-White et al. publizierten 2018 die Resultate der Zusammensetzung der Blasenmicrobiota von Katheterurin von 77 Frauen (38 asymptomatische und 39 symptomatische) (8). Das Blasenmicrobiota wurde mit dem vaginalen und dem gastrointestinalen Microbiota verglichen. Es zeigten sich Ähnlichkeiten zwischen dem vaginalen und dem Blasenmicrobiota, welche sich aber von dem gastrointestinalen Microbiota unterschieden. Daraus resultierte die Beobachtung, dass ein urogenitales Microbiota existiert welches in der Blase und der Vagina sehr ähnliche Bakterienstämme von E. coli, Streptococcus anginosus, Lactobacillus iners und Lactobacillus crispatus aufweist. Dies weist darauf hin, dass sowohl zwischen den pathogenen wie den gesundheitsunterstützenden (kommensalen) Keimen von Blase und Vagina eine Verbindung besteht. Damit wird die Hypothese widerlegt, dass ein gesundes vaginales Mikrobiom die Aszension von pathogenen Keimen in die Blase verhindert und somit ein Schutz vor Blaseninfektion sein soll. Heute wird angenommen, dass es ein gemeinsames urogenitales Microbiota gibt, in welchem die kommensalen Bakterien wie Lactobacillus iners und Lactobacillus crispatus uropathogene Keime wie zum Beispiel E. coli und Streptococcus anginosus in ihrer pathogenetischen Wirkung hemmen.

Aufgaben der Bakterien in der Blase

Whiteside et al. formulierten in einem lesenswerten Artikel in Nature Reviews Urology Hypothesen zu den Aufgaben der Blasenmicrobiota (9). Tabelle 1 zeigt diese vermuteten Aufgaben sowie deren mögliche pathophysiologische Bedeutung.

Beeinflussung der urogenitalen Microbiota

Verschiedene Lebensphasen beeinflussen die Microbiota von Darm und Blase. Der Einfluss von Pubertät und Menopause auf die vaginale Lactobacillenpopulation ist seit langem bekannt. Bekannt ist auch, dass sexuelle Aktivität das urethrale und vaginale Microbiota verändert. Bei Männern führt die Aufnahme sexueller Aktivität zu einer Microbiota-Veränderung des koronalen Sulcus und der distalen Urethra mit Nachweis von Bakterien, welche mit bakterieller Vaginosis vergesellschaftet sind. Spermizide Substanzen können sowohl das männliche wie das weibliche Blasenmicrobiota verändern, wie dies auch in der Vagina nachgewiesen wurde (10).
Ernährung und diätetische Massnahmen beeinflussen die Blasenmicrobiota ebenfalls. Hooton et al. wiesen nach, dass die Erhöhung der täglichen Flüssigkeitsaufnahme um 1.5 l die Inzidenz von wiederholten Blaseninfektionen reduziert (11). Andererseits scheint dies zu einer verstärkten Adhärenz von E. coli und E. faecalis an das Silicon von Katheterträgerinnen zu führen, indem ein antiadhäsiver Faktor im Urin verdünnt und damit schlechter wirksam wird (12). Ibuprufen zeigte im Vergleich mit Ciprofloxacin eine vergleichbare Wirkung zur Behandlung einer akuten Blaseninfektion (13). Studien zur Einnahme von Cranberrysaft zeigen uneinheitliche Resultate, während durch den Einsatz eines Präparates aus D-Mannose und Cranberrysaft die Adhäsion von Typ I-Fimbrien an Zelloberflächen verhindert und damit das Verbleiben der pathogenen Keime im Harntrakt erschwert wird (14). In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie wurde ein pflanzliches Produkt mit Tropaeoli majoris herba (Kapuzinerkressenkraut) and Armoraciae rusticanae radix (Meerrettichwurzel) untersucht. Die darin enthaltenen Senföle weisen einen direkten antibakteriellen Effekt auf. Die Studie konnte zeigen, dass dieses pflanzliche Produkt wirksam ist in der Verhinderung von wiederholten Harnwegsinfektionen (15).

Optionen für die Zukunft

Im Bestreben, in Zukunft einen deutlich geringeren Einsatz von Antibiotikatherapien zu benötigen, ist das Verständnis des vaginalen und des Blasenmikrobiota von grosser Bedeutung. Empirische Erkenntnisse zur Entstehung und Prophylaxe von wiederholten Harnwegsinfektionen werden durch die Erkenntnisse der Micro-biotaforschung plötzlich in ihren Zusammenhängen verständlich. Die Wirksamkeit der Anwendung probiotischer Therapien bei Frauen mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen konnte in ersten Studien mit intravaginaler Anwendung von Lactobacillenstämmen gezeigt werden (16). In Zukunft werden wir, anstatt des destruktiven Antibiotikaansatzes, die Kreation einer normalisierten Blasenmicrobiota anstreben, sei dies durch diätetische Massnahmen, pflanzliche, nicht Resistenz- generierende Wirkstoffe oder die Transplantation von synthetischen Blasenmicrobiota.
Viele Fragen sind noch zu beantworten. Welche Faktoren beeinflussen die ursprüngliche Kolonisation der Harnblase? Wie beeinflusst die wiederholte Anwendung von Antibiotika die Blasenmicrobiota-Zusammensetzung? Wie werden bakterielle Veränderungen angestossen, welche zu einem Anstieg von E-coli führen und Zystitisbeschwerden verursachen? Sollten wir im klinischen Alltag die 16s rRNA-Gensequenzierung anwenden, um das Microbiotaprofil zu identifizieren und wie verändert dies das Management von Blasenerkrankungen?

Prof. Dr. med. Gabriel Schär

Aarau

gabriel.schaer@usz.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Urin ist nicht steril
  • Zum Mikrobiom gehören Bakterien, Eukaryoten (z.B. Pilze), Archaeen (zB. Methanobrevibacter smithii) und Viren
  • Mit der Sequenzierung der bakterienspezifischen Basensequenz 16s rRNA können Bakterien identifiziert und deren Spezies nach-gewiesen werden (= Microbiota)
  • Das Mikrobiom der Blase besitzt noch nicht komplett geklärte Schutzaufgaben. Eine Dysbiose kann Krankheiten der Blase aber auch von anderen Organen verursachen
  • Das zukünftige Therapieziel von Harnwegsinfektionen wird sein, pathogene Bakterien in ihrer Anzahl zu reduzieren und die Eubiose der Microbiota zu schützen

Literatur:
1. Wolfe AJ, Toh E, Shibata N, Rong R, Kenton K, Fitzgerald M, et al. Evidence of uncultivated bacteria in the adult female bladder. J Clin Microbiol. 2012;50(4):1376-83.
2. Fouts DE, Pieper R, Szpakowski S, Pohl H, Knoblach S, Suh MJ, et al. Integrated next-generation sequencing of 16S rDNA and metaproteomics differentiate the healthy urine microbiome from asymptomatic bacteriuria in neuropathic bladder associated with spinal cord injury. J Transl Med. 2012;10:174.
3. van Nood E, Vrieze A, Nieuwdorp M, Fuentes S, Zoetendal EG, de Vos WM, et al. Duodenal infusion of donor feces for recurrent Clostridium difficile. N Engl J Med. 2013;368(5):407-15.
4. Cryan JF, O’Mahony SM. The microbiome-gut-brain axis: from bowel to behavior. Neurogastroenterol Motil. 2011;23(3):187-92.
5. Nicolle LE, Zhanel GG, Harding GK. Microbiological outcomes in women with diabetes and untreated asymptomatic bacteriuria. World J Urol. 2006;24(1):61-5.
6. Pearce MM, Hilt EE, Rosenfeld AB, Zilliox MJ, Thomas-White K, Fok C, et al. The female urinary microbiome: a comparison of women with and without urgency urinary incontinence. MBio. 2014;5(4):e01283-14.
7. Pearce MM, Zilliox MJ, Rosenfeld AB, Thomas-White KJ, Richter HE, Nager CW, et al. The female urinary microbiome in urgency urinary incontinence. Am J Obstet Gynecol. 2015;213(3):347 e1-11.
8. Thomas-White K, Forster SC, Kumar N, Van Kuiken M, Putonti C, Stares MD, et al. Culturing of female bladder bacteria reveals an interconnected urogenital microbiota. Nat Commun. 2018;9(1):1557.
9. Whiteside SA, Razvi H, Dave S, Reid G, Burton JP. The microbiome of the urinary tract–a role beyond infection. Nat Rev Urol. 2015;12(2):81-90.
10. Gupta K, Hillier SL, Hooton TM, Roberts PL, Stamm WE. Effects of contraceptive method on the vaginal microbial flora: a prospective evaluation. J Infect Dis. 2000;181(2):595-601.
11. Hooton TM, Vecchio M, Iroz A, Tack I, Dornic Q, Seksek I, et al. Effect of Increased Daily Water Intake in Premenopausal Women With Recurrent Urinary Tract Infections: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2018;178(11):1509-15.
12. Habash MB, Van der Mei HC, Busscher HJ, Reid G. The effect of water, ascorbic acid, and cranberry derived supplementation on human urine and uropathogen adhesion to silicone rubber. Can J Microbiol. 1999;45(8):691-4.
13. Bleidorn J, Gagyor I, Kochen MM, Wegscheider K, Hummers-Pradier E. Symptomatic treatment (ibuprofen) or antibiotics (ciprofloxacin) for uncomplicated urinary tract infection?–results of a randomized controlled pilot trial. BMC Med. 2010;8:30.
14. Scharenberg M, Schwardt O, Rabbani S, Ernst B. Target Selectivity of FimH Antagonists. J Med Chem. 2012;55(22):9810-6.
15. Albrecht U, Goos KH, Schneider B. A randomised, double-blind, placebo-controlled trial of a herbal medicinal product containing Tropaeoli majoris herba (Nasturtium) and Armoraciae rusticanae radix (Horseradish) for the prophylactic treatment of patients with chronically recurrent lower urinary tract infections. Curr Med Res Opin. 2007;23(10):2415-22.
16. Stapleton AE, Au-Yeung M, Hooton ™, Fredricks DN, Roberts PL, Czaja CA, et al. Randomized, placebo-controlled phase 2 trial of a Lactobacillus crispatus probiotic given intravaginally for prevention of recurrent urinary tract infection. Clin Infect Dis. 2011; 52 (10): 1212-7.

Harnwegsinfektionen

Betroffen von Harnwegsinfektionen sind vor allem Kinder, junge, sexuell aktive Personen, Schwangere, peri- und postmenopausale Frauen, ältere Männer (Prostata) und katheterisierte Patienten, stellte Frau Dr. Colette Andrée, Basel, an der Herbsttagung der SGGG in Näfels fest.

The predisposing factors for a urinary tract infection are the female sex, every second woman has minimal bladder infection in life. The anatomical proximity to the genital anal region, sexual activity (honeymoon cystitis), birth, menopause, inadequate intimate care and cold are predisposing risk factors in women. In pregnant women, children and men there are urinary tract disorders (functional, anatomical,
neurological), prostate adenoma, urethral stenosis, phimosis, malformations (VUA: vesicoureteral reflux), urethral valve, neuromuscular, functional obstruction.
The main pathogens classified by relevance are E. coli (76.3%, S. saprophyticus (3.6%), K. pneumoniae (3.5%), P. mirabilis (3.1%), E. faecalis (3.0%), Citrobacter (1%). ), Enterobacter (0.8%), P. aeroginosa (0.2%), other Enterobacteriaceae (4.4%), other G + (3.7%)
.Symptoms are more common in urine elimination day and night, reddish cloudy, unpleasant-smelling urine , unwanted loss of urine, burning when urinating, pain in the lower abdomen, no vaginal itching or discharge, pain in the kidney and fever, according to the referee.On
the anamnesis there are asymptomatic bacteriuria, acute cystitis, and acute and chronic pyelonephritis.

diagnostics

The urinary tract infection diagnosis includes the history
(symptoms and risk factors …), physical examination (whole-body status, tender kidney disease, suprapubic pressure, RR). Laboratory examination (urine status, urine culture with antibiogram, BB, CRP, BSG), imaging (sonography, X-ray, scintigraphy, CT). Acute cystitis is characterized by lower UTI without kidney involvement, uncomplicated UTI. It affects 10-20% of all women. The germs come from the intestine via the urethra into the bladder. Symptoms include pollakisuria, dysuria, urgency and convulsive bladder contractions (Bladder Esmen).
The further procedure after questioning includes a urine test. Possible statements of the test are: increased protein value speaks for an inflammation of the kidneys, ketone and sugar correspond to increased sugar values, leucocytes and nitrite speak for a bacterial infection.

differential diagnosis

Alternatively, it could be inflammation of the vagina or inflammation of the urethra, complicated bladder infection, hyperactive bladder, or inflammation of the prostate gland.
Red flags are men, kidney pain, plus fever, back pain, flank pain, nausea and vomiting. These symptoms should be specifically queried, the speaker emphasized.

therapy considerations

Wie stark sind die Beschwerden? Genügt eine alternativmedizinische Therapie? Genügt eine antientzündliche Therapie? Begleitende Schmerztherapie? Muss ein Antibiotikum verordnet werden? Handelt es sich m eine unkomplizierte Zystitis so sind die Rezidive meist auch auf die Harnblase begrenzt.

Leitfaden für die Behandlung des unkomplizierten Harnwegsinfekts

In 25-42% verschwinden die Beschwerden auch ohne Antibiotika. Antibiotisch behandeln senkt das Risiko, dass die Infektion erneut auftritt. Geeignetes Antibiotikum – Kriterien für die Auswahl sind: Individuelles Risiko des Patienten, bereits Antibiotika zuvor eingenommen? gegen bestimmte Antibiotika allergisch? Effektivität der antimikrobiellen Substanz, epidemiologische Auswirkungen, Nebenwirkungen.

Schwere Nierenbecken-Infektionen

Stationäre Aufnahme des Patienten. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Bettruhe. Analgetika/Antipyretika. Ciprafloxactin und Levofloxactin oder Cephalosporine, Penicilline oder Betalactam-Antibiotika in Form von Injektionen oder Infusionen während
3 Tagen, dann falls möglich oral. Dauer der Antibiose bis 14 Tage.
3 Tage nach Absetzen der Antibiose erneute Urinkultur.

Antibiotika-Resistenzen

If we do not act today – we don’t cure tomorrow (WHO)
In der EU ereignen sich aktuell etwa 25 000 Todesfälle aufgrund von Resistenzen. Bis im Jahre 2050 werden Resistenzen eine häufigere Todesursache sein als Krebs, so eine Schätzung. In der Schweiz haben sich die Resistenzen auf Cephalosporin und Fluorochinolone bei E.coli seit 2004 ungefähr verdreifacht.
Gesundkeitspolitische Strategien von BAG (STAR), der EU Commission und der WHO sind

  • Entwicklung neuer Antibiotika
  • Sachgemässer Einsatz von Antibbiotika
  • Alternative Therapieansätze (Tab. 1)

Bei Schwangeren besteht ein erhöhtes Risiko von Fehlgeburten, Schwangerschaftsvergiftung, und verringertem Geburtsgewicht, daher sollte immer die für das Kind ungefährlichste Therapie gewählt werden. Dies sind Penicilline, Cephalosporine, Fosfomycin. Die Patientin sollte jeweils in das Krankenhaus überwiesen werden.
Antibiotika – Wahl und Dauer ein Dogmawechsel
Statt Chinolone empirische Therapie mit Ceftriaxon. Bei Chinolon-sensiblen Erregern eine kürzere Therapie: Ciprofloxacin 2 x 500 mg während 7 Tagen/statt 24 Tagen). Levofloxacin 1 x 750 mg während 5 Tagen statt Ciprofloxacin 2 x 500 mg oral während 10 Tagen.

Alternativen

D-Mannose
Unterstützende Massnahmen sind D-Mannose, Ansäuerung, Schaukeltherapie und orale Impfstoffe. D-Mannose wirkt durch Täuschung. Es bietet falsche «schwimmende» Rezeptoren an, bindet an Adhesin der Fimbrien und besetzt dadurch die Bindungsstellen an D-Mannose auf der Zelloberfläche. Dadurch wird die Andockung an die «festsitzende« D-Mannose verhindert. E-coli bleiben damit schwimmend im Urin. Beim Wasserlösen werden diese inaktivierten E. coli ausgeschwemmt.
Das Therapieschema beinhaltet: 2 g optimal dosiert. Die Wirkung tritt bereits nach der ersten Einnahme ein.
Die Akutbehandlung umfasst 3 mal tgl 2 g während 3 Tagen, morgens mittags, vor dem Schafengehen. anschliessend 2 mal täglich 2 g an 2 Tagen.
Zur Prophylaxe 1 mal täglich 2 g vor dem Schlafengehen, Kontrollcheck nach 1 Monat.
D-Mannose ist ein in der Natur vorkommender Einfachzucker, ein Epimer der Glucose. Sie wird kaum resorbiert, wird unverändert mit dem Urin ausgeschieden und damit in der Blase angereichert.
D-Mannnose beeinflusst weder die Kalorienbilanz, noch den Blutzucker. Sie kann auch von Patienten mit Diabetes nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eingenommen werden. Die Vorteile der D-Mannose sind: natürliches Mittel, was von vielen Betroffenen als Alternative gewünscht wird. Die Therapie mit D-Mannose ist schonend. Sie geht mit deutlich weniger Nebenwirkungen einher und zeigt keine Resistenzentwicklung. D-Mannose kann akut und prophylaktisch eingesetzt werden. Sie kann im Gegensatz zu Nieren-Blasenprodukten über längere Zeit bedenkenlos eingenommen werden. Zudem ist sie gut kombinierbar mit andern Produkten, so die Referentin.

Phytotherapie
Sie umfasst Bärentraubenblätter, Birkenblätter, Goldrutenkraut.
Bärentraubenblätter wirken durch den Hauptwirkstoff Arbutin desinfizierend und im Harn antibakteriell (max. 1 Woche 5 x /Jahr). Die darin enthaltenen Gerbstoffe unterstützen diesen Effekt. Birkenblätter enthalten Flavonoide, die die Harnmenge erhöhen und die Durchströmung der Harnwege steigern. Dies führt zur vermehrten Wasserausscheidung ohne das Nierengewebe zu reizen. Goldrutenkraut wirkt harntreibend, hemmt Entzündungen und löst leichte Krämpfe. Es si ideal für eine Durchspülungstherapie.
Standardisierte E. coli Extrakte (Urovaxom®) sollen das Immunsystem stimulieren. Sie gehören in die Kategorie der «oralen Impfstoffe». Bei einem schwachen Immunsystem ist Vorsicht geboten.
Weitere Optionen sind Senföle, Kapuzinerkresse, Meerretich ….

Schaukeltherapie
Die Idee hinter dieser Therapie ist, dass Erreger nur bei einem bestimmten pH-Wert gedeihen. Die Behandlung besteht aus einem Tag Urin ansäuern (z.B. mit Methionin) und am nächsten Tag mit einer Basenmischung basisch machen. Dies während 10 Tagen. Ein weiterer Effekt ist, dass bei Mischinfektionen Erreger mit unterschiedlichen pH-Vorlieben angegriffen werden.

Behandlung der akuten unkomplizierten Blasenentzündung
Zur Behandlung der akuten, unkomplizierten Blasenentzündung schlägt die Referentin vor: D-Mannose (z.B. Femannose®N), Bärentraubenblätter Präparat, Ibuprofen (z.B. Dolocyl® 400 mg 1-1-1/3 Tage), krampflösende Medikamente, Nieren- und Blasendragées/Tee.

Quintessenz

  • Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen
  • Begünstigende Fakroten bilden die Grundlage für die diagnostische und therapeutische Entscheidung
  • Teststreifen und Bestimmung der Entzündungsparameter stellen eine einfache und aussagekräftige Diagnostik dar
  • Verminderung des Risikos Resistenzen zu entwickeln
    • Antibiotikatherapien mit kürzerem Zeitraum
  • Therapieende flexibel gestalten (z.B. 2-3 Tage nach Entfieberung)
  • Unterstützende Massnahmen: Vorschlad D-Mannose (z.B. Femannose*N)
    • im Akutfall
    • zur Prophylaxe
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Source: 21st Congress for practical gynecology and obstetrics, Näfels, 8./9.11.2018

Gynäkologische Infektionen Teil 1

Mitarbeiter der Klinik für Gynäkologie und der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich führten unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Daniel Fink, Direktor der Klinik für Gynäkologie am 4.4.2019 ein Symposium über gynäkologische Infektionen durch.

Prof. Daniel Fink

Symptomatische Infektionen des äusseren und des inneren Genitales gehören zu den häufigsten Gründen, die zu einer ausserplanmässigen Vorstellung in der Praxis führen», stellte Prof. Fink bei der Begrüssung und Einführung zum Symposium fest. Mancher Erreger kann dabei gleich im Nativpräparat festgestellt werden, was die unmittelbare Einleitung einer geeigneten Therapie ermöglicht. Die Untersuchung des Nativpräparates, nicht zwingend behandlungsbedürftige, sowie weniger alltägliche und hartnäckige urogynäkologisch relevante Keime, die korrekte Indikation zur Durchführung laborchemischer Untersuchungen zur Diagnostik und zur Beurteilung des Therapieansprechens, sowie ein Einblick in die neueren Therapie-
möglichkeiten vaginaler Infektionen waren weitere Themen des Symposiums.

Phasenkontrastmikroskopie: «Refresher» Nativpräparat

Dr. Ioannis Dedes

Die Technik und die Möglichkeiten der Phasenkontrastmikroskopie erläuterte Dr. med. Ioannis Dedes, Klinik für Gynäkologie USZ. In einer 400x Vergrösserung kann man Plattenepithelzellen, sehen, die Zellreife, Zelllyse und Hormonzyklus beurteilen, Nichtepithelzellen, Bakterien, Fremdzellen und Aliens erkennen.
Zu beachten ist in der Phasenkontrastmikroskopie dass die Phasenkontrastblende mit dem Objektiv abgeglichen wird (bei der standardmässigen 400  x Vergrösserung entspricht einem 40  x Objektiv mit der Ph2 Blende) und dünne, ungefärbte Präparate verwendet werden. Die Betrachtung sollte innerhalb von 10 bis max. 20 min nach Ausstreichen des Präparates erfolgen. In der Betrachtung sind stets die 4 Komponenten zu analysieren: Plattenepithelzellen (Zellreife, Zelllyse); Nichtepithelzellen (Leukozyten, Erythrozyten und Zylinderepithel); Bakterien (Clue-cells, Laktobazillen, Kokken/Stäbchen) und Fremdzellen/Aliens (Candida Trichomonas, Sperma, Wurmeier, Fasern etc.) Wir können somit 2/3 der vaginalen Infektionen anhand der Nativ-Mikroskopie (Phasenkontrastmikroskopie inklusive pH- und Amin-Test) der geschilderten Beschwerden und der in der Vaginaluntersuchung erhobenen lokalen Befunden diagnostizieren. (Candidiasis und Bakterielle Vaginose/Desquamative exfoliative Vaginitis, weniger häufig Trichonomaden)
Die Akkuranz der jeweiligen Untersuchungsparameter wurde im JAMA unter derRubrik «The rational clinical examination» 2004 publiziert (Anderson MR, Evaluation of vaginal complaints, JAMA. 2004 Mar 17;291(11):1368-79):
Candidiasis: pH < 4.5: Sensitivität 71%, Spezifität 98%. Amintest negativ. Pilzelemente: Sensitivität 61%, Spezifität 90%.
Bakterielle Vaginose: pH > 5: Sensitivität 77%, Spezifität 35%, Amintest: Sensitivität 67%, Amsel: Sensitivität 92%, Spezifität 77%. (Cave: Bis 37% Begleitinfektionen, dadurch Minderung der Sensitivität).
Trichonomaden: pH > 5.4: Sensitivität 92%, Spezifität 51%. Amintest Sensitivität 67%, Trichom. Sensitivität 50-70%, Spezifität 100%.

Symptom Ausfluss und rezidivierende urogynäkologische Infektionen

PD Dr. Cornelia Betschart

Dysurie bei negativem Mittelstrahl, verschiedene Therapien frustran, veränderter Fluor, kein Pilz, Chlamydien und Gonokokken negativ (in 70% der PID, «pelvic inflammatory disease»- Fälle wird kein Erreger gefunden), diffuse Bauchschmerzen sind die Charakteristika von NCNG Infekten (nicht Chlamydien, nicht Gonokokken) stellte PD Dr. med. Cornelia Betschart, Klinik für Gynäkologie USZ, eingangs fest. Der phylogenetische Stammbaum der Mykoplasmataceae umfasst mehr als 200 Mykoplasma Species, davon
6 Humanpathogene: M. genitalium, M. hominis, M. fermentas, M. pneumoniae, Ureaplasma urealyticum, Ureaplasma parvum.
M. genitalium: Nicht-Chlamydien Nicht-Gonokokken genitale Infekte (NCNGU/V/C). Sie sind asymptomatisch (42%), oder begleitet von Dysurie und diffusen Unterbauchschmerzen, vaginalem Jucken und Sterilität. Weitere Keime/Begleitkeime sind Mykoplasma hominis, Ureaplasma urealyticum, Ureaplasma parvum.
Mykoplasma genitalium ist das kleinste humanpathogene Bakterium mit 580,070 Basenpaaren (580 kbp). Es besitzt keine Zellwand und ist in der Gram-Färbung nicht sichtbar. Isolate stammen aus Respirationstrakt, Gelenkflüssigkeit oder dem Urogenitaltrakt. Pathogen: Urogenitaltrakt (Urethra/ Vagina), sexuell übertragbar, Toxine, H2O2.
Medizinische Konstellationen zu M. genitalium: In 15% der Frauen mit PID («pelvic inflammatory disease»). Die Inzidenz der post-abruptio PID ist bei den M. genitalium positiven Frauen mit Abruptiones höher (12.2% vs. 2.4%, odds ratio 6.29).
Tubarer Faktor Sterilität: 50% der Erreger sind nicht bekannt. M.genitalium IgG häufiger positiv bei Frauen in Paaren in der Sterilitätsberatung (5.48%) als bei Frauen ohne Sterilität (1.6%).
Soll M. genitalium als Zufallsbefund behandelt werden? Die Bedeutung von M. genitalium bei PID wurde in einer prospektiven Studie an 2246 sexuell aktiven College Studentinnen untersucht. Die Prävalenz betrug 3.3% (alle asymptomatisch). Trägerinnen von M. genitalium hatten im Verlauf eines Jahres knapp dreimal häufiger eine PID.
Die Therapie besteht aus Azithromycin 1 g, Einmaldosis. Heilungsrate 77%. 100-fach höhere Aktivität gegen Mykoplasmen als Tetrazykline (45%), Cindamycin oder Chinolone. Resistenztestung kommerziell nicht möglich. 2. Wahl ist Moxifloxacin. Behandlung der Sexualpartner bis 60 Tage zurückliegend. Penicilline oder Beta-Lactame ohne Wirkung, da keine Zellwand. Zukunft: Solithromycin (Fluoroketolid).

Prävalenz anderer kleiner Keime?
Mykoplasma hominis (sexuell aktive Frauen 20%), Ureaplasma parvum (sexuell aktive Frauen 40%), Ureaplasma urealyticum (sexuell aktive Frauen bis 20 –(90)%). Postpartum sind viele vaginal geborene Kinder bis zum Alter von 3 Monaten kolonalisiert.

Blasenmikrobiom
Das Blasenmikrobiom umfasst 102 – 105 cfu/ml Urin. Es sind 1-12 Species vorhanden: Lactobacillus, Gardnerella, Streptokokken, Staphylokokken, Corynebakterien, aber nicht E. coli. Immuntherapien verändern das Mikrobiom, was zu rezidivierenden Harnwegsinfekten (HWI) führen kann.

Was tun, wenn als Zufallsbefund gefunden?
Das Trägertum ist häufig und die meisten Träger entwickeln keine Pathologie. Mit der Kommerzialisierung von «multiplex PCR» werden häufiger Trägerkeime diagnostiziert. Ureaplasma urealyticum bei Männern mit Urethritis, wahrscheinlich nur bei hoher Erregerlast. Immer sollte auf N. gonorrheae, C. trachomatis, M. genitalium (Doxicyclin) getestet werden. Bei der Behandlung gibt es keine Evidenz für «more good than harm» (Resistenzlage). Es bleibt die Frage nach den Gesundheitskosten bei ungenügender Evidenz.

Schwangerschaft
Mykoplasma und Ureaplasma spp. assoziiert mit Chorioamnionitis. Die Frühgeburtsrate ist erhöht. Falls in Amniocentese entdeckt, stellt sich die Frage nach der Frühgeburtlichkeit. Bei IVF Paaren gibt es keine Unterschiede in der Schwangerschaftsrate. Die Therapie von M. genitalium erfolgt mit Azithromcyin. 1g p.p.. Erythromycin (bei vorzeitigem Blasensprung). Antibiotika haben anti-inflammatorische Wirkung. Die Verbesserung des Schwangerschaftsoutcomes ist grösser als die Wirkung der Erregerirradikation.

Fazit
Sind M. genitalium die «neuen Chlamydien»? kleine Bakterien mit grosser Wirkung: Urethritis, PID, Sterilität, ev. Aborte und Frühgeburten. Symptome: nihil 42% bei M. genitalium, andere species noch höher asymptomatisch. Nicht-spezifische Symptome wie Dysurie, «pelvic dyscomfort», vaginales Jucken.
Therapie bei M. genitalium, inkl. Partnertherapie, Azithromycin 1 g. M. hominis, Ureaplasmen: unklar, ob primäre Pathogenese oder Begleitkeime. Zurückhaltung mit Antibiose – Schwangerschaft ja bei Frühgeburtsbestrebungen Fluomicin/lokale Therapie keine Evidenz.

Rezidivierende und persistierende vulvovaginale Infektionen

Zu Infektionen, die man erkennt und erkennt, Infektionen, die man kennt aber nicht erkennt, Infektionen, die man kennt , aber nie/nur selten sieht, Infektionen, an die man nie denkt , solche, die man nicht mal kennt und solche, die gar keine Infektionen sind, äusserte sich Frau Dr. med. Inessa Diomande, Oberärztin der Klinik für Gynäkologie.
Zu den Infektionen, die man kennt und erkennt zählen die Pilzinfektionen: Candida Die viralen Infektionen: Genitalherpes, Herpes Zoster, HPV-assoziierte Infektionen- Condylomata acuminata
Bakterielle Infektionen: Aminvaginose, aerobe Vaginitis, Follikulitis, Bartholinidrüsen Abszess.
Parasiten: Trichonomaden

Dr. I. Diomande

Fallvignette 1: 38-jährige Patientin mit Brennen und Juckreiz seit 6 Monaten. Gyneprevaryl, Gynecanestin, Mycolog bereits erfolglos ausprobiert. Auftreten insbesondere prämenstruell.
Von einer rezidivierenden Candida spricht man bei mehr als 4 Infekten pro Jahr. Candida albicans gehört zur normalen mikrobiellen Flora von Epithelzellen. Eine Therapie erfolgt nur bei Symptomatik. Bei chronischer Erkrankung gibt es keine kausale Therapie. Suppressive Therapie wie bei allen chronischen Erkrankungen.
Rezidivierende Candida-Therapie: Initial Fluconazol 150mg alle 72h, Fluconazol 150mg 1 x /Woche oder Imidazol lokal tgl. während 10 Tagen, dann prämenstruell 3-5 Tage. Keine Gefahr von Resistenzen, kein GV-Verbot bei P.O., keine Partnertherapie, zuckerfreie Diät und Probiotika bringen nichts, Komb. OH Stopp für 6 Monate →Wechsel auf POP
Fallvignette 2: Blickdiagnose. Herpes Simplex Virus Sicherung bei primärer Infektion mittels PCR. Kultur ergibt nur 50% Sensitivität.
Genitalherpestherapie: Supportive Care , Lidocain 5%, chronisch suppressive Therapie (1-6 Rezidive/Jahr), sporadische Therapie (bei ersten Prodromi).
Suppressive Therapie: Acyclovir 400mg
1-0-1, Famciclovir 250mg 1-0-1, Vlacyclovir 500mg 1-0-0 (während 6-12 Monaten).
Sporadische Therapie: Acyclovir 5 x 200mg alle 4h während 5 Tagen, Famiciclovir 125mg 1-0-1, 5 Tage, Valacyclovir 500mg 1-0-1, 5 Tage.
Strategien zur Transmissionsreduktion: selektive Abstinenz während Prodromi, selektive Abstinenz während Rezidiven, Kondome (-30%), antivirale Suppression, Transparenz.
Fallvignette 3: 27 jährige Patientin. Zuweisung aufgrund therapieresistenter Infekte seit einem Jahr, übel riechender Fluor. Therapien: lokale Antimykotika, Fluconazol, Fluomizin, Deumavan, Betnovate. Abklärung bezüglich Wurmeier im Stuhl negativ. Schlafstörungen bei psychosozialer Überlastung und Angststörung, in psych. Behandlung (Temesta I.R.).
Bakterielle (anaerobe) Vaginose-Therapie:
Amsel-Kriterien: Dünner, homogener, milchiger Ausfluss, pH >4.5, KOH positiv, Clue Cells (>20%). Präoperativ stets behandeln: Reduktion der postoperativen Infektionen, v.a. bei Aborten und HE bis zu 70%. Abhängig von GV-Häufigkeit.
Metronidazol 2g Tag 1/3, 1g 7 Tage p.o., Flagyl Ovula 500 mg 10 Tage, Clindamycin300 mg 1-0-1- 7 Tage, Dalacin V2%, 7 Tage, kaum Evidenz für Probiotika. Trichonomaden: 0-4% aller Frauen sind infiziert. Es ist anzunehmen, dass dies häufig verpasst wird (30-40%). PCR ist die effizienteste Methode der Diagnostik. Cave Antabuseffekt, Partnertherapie indiziert! Behandlung mit Metronidazol 2 g p.o., Einmaldosis (Rezidive: Tinidazol und Metronidazol während 1 Woche). Während Schwangerschaft kann Metronidazol gegeben werden.
Fallvignette 4: Zuweisung aufgrund von Schmerzen vaginal, Dyspareunie und vermehrt Fluor seit 8 Monaten.
Therapien: Lokale Antimykotika, Deumavan, Betnovate. Kulturergebnisse: Beta-hämol. Streptokokken Gr. A. (Streptococcus pyogenes) reichlich, Beta-hämolyt. Streptokokken Gr. B (Streptococcus agalactiae) reichlich. Rezividierende und persistierende vulvovaginale Infektion.
Aerobe Vaginitis
Erkennen in der Schwangerschaft: Chorioamnionitis, PPROM, Frühgeburt. Assoziation mit Zervixdysplasie. Therapie lokal Clindamycin V 2%, Hydrocortison 10% (Alfacorten Salbe) 4-6 Wochen. Alternativen: Tacrolimus 0.03%, Clobetazol 0.05% 1-0-1.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Quelle: Symposium «Gynäkologische Infektionen» organisiert durch die Klinik für Gynäkologie am USZ, 4. April 2019.

Update Osteoporose

Im Rahmen der Donnerstagskonferenz (DOKO) des Universitätsspitals Basel sprach Prof. Dr. med. Christian Meier, Basel, über die Therapie der Osteoporose. Zur Behandlung der Osteoporose steht heute eine breite Palette von Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung. Trotz einer hohen Inzidenz Osteoporose-bedingter Knochenbrüche werden auch in der Schweiz gerade Hochrisikopatienten zu selten behandelt. Man spricht gar von einer «crisis of osteoporosis», wie der Referent anmerkte. Gelingt es, Unsicherheiten bezüglich der Therapie (z.B. Nebenwirkungen, Therapiedauer, Management nach Therapieende) auszuräumen, kann dies die Akzeptanz einer Osteoporose-Therapie deutlich verbessern.

Charakteristische Kennzeichen einer Osteoporose sind eine fortschreitende Verminderung der Knochendichte (BMD, bone mineral density) und eine Veränderung der Knochenarchitektur, was sich klinisch in einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche zeigt.
Eine medikamentöse Behandlung der Osteoporose wird angestrebt, wenn die Patienten bereits eine Wirbel- oder proximale Femurfraktur erlitten haben, nach peripheren Frakturen infolge nur geringfügiger Traumata, nach dem Befund eines erhöhten Frakturrisikos mittels FRAX® (Fracture Risk Assessment Tool, WHO) und auch ohne Fraktur bei Feststellung eines erhöhten 10-Jahres-Frakturrisikos oder eines T-Scores (Lendenwirbelsäule oder Femur) von < - 2.5 (1).

Antiresorptive Behandlung

Zur antiresorptiven Behandlung werden zum einen Bisphosphonate eingesetzt. Bisphosphonate akkumulieren im Knochen und werden im Rahmen des Knochenumbaus freigesetzt, von Osteoklasten aufgenommen und hemmen deren Aktivität. Gerade neuere Vertreter der Bisphosphonate wie Alendronat oder Zoledronat zeichnen sich durch eine sehr hohe Affinität für den Knochen aus, was mit dem Vorteil einer ausgesprochen dauerhaften Langzeitwirkung einhergeht. Die Bisphosphonate sind die einzigen Medikamente zur Behandlung der Osteoporose, deren Wirkung deutlich über den Anwendungszeitraum hinaus anhält.
Denosumab, ein monoklonaler Antikörper, bindet RANKL (Receptor Activator of NF-κB Ligand), ein Protein, das Entwicklung, Funktion und Überleben von Osteoklasten sicherstellt und damit die Knochenresorption fördert. Denosumab erhöht die Knochendichte was sich in einer anhaltenden Reduktion des Frakturrisikos bei postmenopausalen Frauen gezeigt hat (2). Denosumab wird alle 6 Monaten subkutan appliziert, die Wirkung bleibt jedoch nur für die Dauer der Therapie bestehen. Ein Jahr nach Absetzen geht die Knochendichte wieder auf den Ausgangswert vor der Behandlung zurück (Rebound-Effekt). Bei gewissen Patienten (z.B. Frakturen vor Denosumab-Behandlung, keine Vorbehandlung, sehr geringe Knochendichte) steigt das Frakturrisiko nach einer Denosumab-Behandlung deutlich an. In seltenen Fällen kann es sowohl unter Bisphosphonaten als auch unter Denosumab zu einer Kiefer-Osteonekrose oder atypischen Femurfrakturen kommen.

Anabol wirkende Therapeutika

Teriparatid, ein Analogon des Parathormons, verstärkt die Knochenneubildung. Teriparatid wird bei Patienten nach Osteoporose bedingten Frakturen oder bei Glukokortikoid-induzierter Osteoporose mit ungenügendem Ansprechen auf andere Therapien zur Zweitlinienbehandlung eingesetzt. Im Vergleich mit Risedronat hat sich mit der anabolen Therapie bei schwerer Osteoporose eine deutliche Reduktion der Inzidenz vertebraler Frakturen gezeigt (3). Die überlegene Wirkung von Teriparatid wurde auch bei behandlungsnaiven Patienten deutlich, was für eine Erweiterung der Zulassung auch für die Erstlinientherapie spricht.
Romosozumab (bisher nur in Japan zugelassen) bindet das Protein Sklerostin, welches die Aktivität der Osteoblasten hemmt. Mit der Inhibition von Sklerostin stimuliert der monoklonale Antikörper die Knochenformation. Interessanterweise wird (im Gegensatz zu Teriparatid) auch die Knochenresorption gehemmt. Dies führt zu einer ausgeprägt starken anabolen Wirkung am Knochen mit einer Akkumulation neuegebildetem Knochens. Bei guter Verträglichkeit konnte mit Romosozumab (210 mg/Monat) eine Zunahme der Knochendichte der Lendenwirbelsäule nach 12 Monaten um 11.3% (verglichen mit Placebo - 0.1%, Alendronat + 4.1%, Teriparatid +7.1%) erreicht werden (4). Auch nach Absetzen von Romosozumab kommt es wieder zu einer Abnahme der Knochendichte.

Individualisierte Therapie der Osteoporose

Empfohlen wird eine individualisierte Osteoporosetherapie. Die Behandlung richtet sich nach der klinischen Beurteilung (Frakturrisiko, Alter etc.), der Wirksamkeit und Sicherheit der Therapeutika, den Kosten und der Patientenpräferenz. Letztere spielt für den Alltag häufig die grösste Rolle, wie der Referent betonte.
Orale Bisphosponate werden initial für 5 Jahre, intravenös verabreichte für 3 Jahre gegeben, für Denosumab liegt die Behandlungsdauer zunächst bei 4-5 Jahren (siehe Abb. 1). Bei niedrigem bis moderatem Risiko kann die Behandlung mit Bisphophonaten für 2-3 Jahre unterbrochen und die Situation dann reevaluiert werden. Bei abnehmender Knochendichte oder einer Fraktur kann die Behandlung wieder aufgenommen werden. In diesem Risikobereich kann bei Erreichen einer Normalisierung der BMD mit einer Denosumab-Therapie der monoklonale Antikörper abgesetzt werden, zwingend ist aber eine sequenzielle Therapie mit einem Bisphosphonat notwendig, um den Rebound-Effekt mit gesteigertem Knochenmassenverlust zu verhindern.

Bei hohem Frakturrisiko können Bisphosphonate sowie Denosumab nach Abwägen von Nutzen und Risiko auch länger angewandt werden. Alternativ kann nach einer Bisphosphonattherapie auch eine sequenzielle Therapie mit Denosumab oder Teriparatid in Erwägung gezogen werden. In einer Hochrisikosituation könnte auch eine Kombinationstherapie von Denosumab mit Teriparatid sinnvoll sein.
Die Anwendung von Teriparatid ist auf 24 Monate beschränkt. Auch hier sollte nach der Teriparatid-Therapie sequenziell mit einem Bisphophonat behandelt werden.
Besonders Patienten mit schwerer Osteoporose und hohem Frakturrisiko profitieren von einer sequenziellen Behandlung, beginnend mit einer Knochen aufbauenden Therapie (5).

Quelle: Prof. Dr. med. Christian Meier: Update Osteoporose: wie und wie lange behandeln? Donnerstagskonferenz am 23.3.2019; Fortbildungsreihe des Bereichs Medizin des Universitätsspitals Basel.

Dr. Ines Böhm

Quelle: Prof. Dr. med. Christian Meier: Update Osteoporose: wie und wie lange behandeln? Donnerstagskonferenz am 23.3.2019; Fortbildungsreihe des Bereichs Medizin des Universitätsspitals Basel.