Wir berichten über einen 68-jährigen Patienten mit Fieber bis 40 °C, Nachtschweiss, Inappetenz und Nausea ohne Emesis seit 10 Tagen. Der Patient war zuvor von einem Aufenthalt in Salerno (Süditalien) zurückgekehrt. Er besuchte dort immer wieder seine Mutter. Der Patient unternahm dort keine speziellen Aktivitäten ausserhalb des Alltags, eine Exposition zu Tieren oder Insektenstiche waren nicht erinnerlich.
Initial zeigte sich ein kardiopulmonal stabiler Patient in reduziertem Allgemeinzustand. Klinsch präsentierte sich ein febriler Patient ohne objektivierbare kardiopulmonale oder abdominelle Auffälligkeiten. Laboranalytisch konnte eine leichte Panzytopenie mit deutlich erhöhtem CRP nachgewiesen werden (Tab. 1a). Bei persistierendem Fieber, zervikaler Lymphadenopathie und unklarem Infektfokus erfolgte eine CT des Halses/Thorax/Abdomens zur Suche nach Infektfokus, neoplasieverdächtiger Raumforderung und pathologischen Lymphknoten. Diese zeigte eine zervikale Lymphadenopathie und eine Splenomegalie ohne weitere pathologische Befunde. Bei unklarem Infektfokus erfolgte initial eine empirische antimikrobielle Therapie mit Co-Amoxicillin und Valacyclovir.
Differenzialdiagnostische Überlegungen
Fieber und Panzytopenie erfordern eine umfassende Abklärung, da sie auf bakterielle, virale oder parasitäre Infektionen, hämatologische Erkrankungen wie aplastische Anämie, Myelodysplastisches Syndrom oder Leukämie, Autoimmunerkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes oder maligne Knochenmarkinfiltrationen hinweisen können. Auch medikamentöse Ursachen müssen differenzialdiagnostisch miteinbezogen werden.
Weitere Abklärungsschritte und Verlauf
In der serologischen Diagnostik gelang ein Ausschluss von HIV, viralen Hepatitiden, CMV, EBV, der nasopharyngeale Abstrich auf SARS-CoV-2 und Influenza war negativ. In den Blutkulturen gelang kein Keimnachweis. Mittels Immunfixation konnte eine monoklonale Gammopathie ausgeschlossen werden. Im mikroskopischen Differenzial-blutbild am Eintrittstag wurden in den Monozyten keine Leishmanien beschrieben, im zur Anreicherung hergestellten «Dicken Tropfen» gelang ebenfalls kein Nachweis von Malaria oder anderen Parasiten. Im weiteren Verlauf kam es zu einer Progredienz der Panzytopenie mit laboranalytischen Zeichen einer disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC) (sinkende Thrombozyten und Fibrinogen, erhöhte D-Dimere) sowie einem Anstieg des CRP, Neopterins und Interleukin-2-Rezeptors (sIL-2 Rezeptor). In der erweiterten infektiologischen Diagnostik konnten HSV, Parvovirus, Rickettsien und Francisella tularensis ausgeschlossen werden. Die Leishmanien-Serologie war hingegen positiv. Zeitgleich erfolgte aufgrund der Progredienz der Panzytopenie eine Knochenmarkbiopsie 5 Tage nach Eintritt. Hier konnte kein klarer Nachweis auf einen lymphoproliferativen Prozess oder eine Plasmazell-Dyskrasie gefunden werden. Stattdessen zeigten sich phagozytierende Histiozyten mit intrazytoplasmatischen Strukturen, verdächtig auf eine Leishmaniose (Abb. 1). Die qPCR für Leishmania sp. aus Blut und Knochenmark war positiv. Die Sequenzierung des Mini-Exon-Gens identifizierte den Erreger als Vertreter des L. donovani-/L. infatum-Komplexes (Tab. 1b).
Diagnose
Bei passender Klink (Fieber, AZ-Reduktion), Epidemiologie (Aufenthalt in Salerno), Labor (Panzytopenie, Hämophagozytose, erhöhtes Neopterin), radiologischen Befunden (Splenomegalie) sowie positiver Leishmanien-Serologie und mikroskopischem und molekularem Nachweis von Leishmanien im Knochenmarkaspirat waren die Beschwerden des Patienten im Rahmen einer viszeralen Leishmaniose erklärt.
Bei erhöhtem löslichem Interleukin-2-Rezeptor (sIL-2- Rez.) und Hyperferritinämie waren zusätzlich die laboranalytischen Kriterien für ein Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) erfüllt.
Kommentar
Die Tropenkrankheit Leishmaniose, eine parasitäre Infektionskrankheit, stellt auch im 21. Jahrhundert weiterhin eine Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar. Die Leishmaniose ist besonders in Mittelamerika, West- und Südostasien sowie in Nord- und Ostafrika vertreten (1). In Europa ist die viszerale Leishmaniose (VL) eher sporadisch und hauptsächlich im Mittelmeerraum verbreitet mit Vorkommen insbesondere in Italien, Spanien und Griechenland (2). 2022 wurden der WHO aus der Schweiz 8 allochthone Fälle gemeldet (1), die Erkrankung ist allerdings nicht meldepflichtig. Bei der VL handelt es sich um eine disseminierte Form der Leishmaniose. Die Leishmaniose selbst ist eine parasitäre Infektionskrankheit ausgelöst durch Protozoen der Gattung Leishmania (3).
Bei immunkompetenten Patienten verursachen Leishmania donovani und Leishmania infantum die viszerale Form der Leishmaniose (4). Als Vektor dient die weibliche Sandmücke (Phlebotominae), die Übertragung erfolgt über ihren Stich (3). Patienten präsentieren meist Fieber, Gewichtsverlust, Diarrhoe und eine Hepatosplenomegalie. Eine Lymphadenopathie in Zusammenhang mit VL ist selten in Gebieten ausserhalb von Ostafrika und hat daher, bei Ansteckungen innerhalb Europas, meist keine klinische Relevanz (5). Laboranalytisch zeigt sich typischerweise die Reduktion einzelner Zelllinien im peripheren Blut oder eine Panzytopenie (6).
Derzeit wird davon ausgegangen, dass nach der Übertragung L. infantum und L. donovani über die Haut in Lymphknoten einwandern und von dort in Milz, Knochenmark und Leber vordringen. Überwindet der Parasit die Immunabwehr, folgt eine Anpassung der Immunantwort an die Bedürfnisse des Parasiten inklusive der Hochregulierung von Makrophagen, die Erkrankung bricht aus (3). Im Rahmen der Hochregulierung von Makrophagen kommt es zu einem Anstieg von Neopterin (7).
Das MAS ist eine akute, generalisierte Entzündungsreaktion. Ein MAS kann z. B. im Rahmen rheumatologischer Erkrankungen oder als Komplikation von Infektionen (parasitär, viral, bakteriell) auftreten (8, 9). Pathophysiologisch betrachtet liegt eine verminderte Aktivität der Killerzellen und Perforin vor. Dies führt zu einer übermässigen Aktivierung von Lymphozyten mit der Ausschüttung von INF‑γ- und Granulocyte-Macrophage-Colony-Stimulating-Factor (GM-CSF). Es kommt zu einer unkontrollierten Aktivierung und Proliferation von Makrophagen (9). Derzeit besteht noch kein internationaler Konsens bezüglich Diagnosekriterien für das MAS. Davi et al. benennen die 9 häufigsten klinischen, laboranalytischen und histopathologischen Merkmale des MAS wie folgt: fallende Thrombozytenzahl, Hyperferritinämie, Makrophagen-Hämophagozytose im Knochenmark, Transaminasenerhöhung, fallende Leukozytenzahl, Fieber > 38 °C, fallende BSG, Hypofibrinogenämie, Hypertriglyceridämie (10). Als weniger häufig wird ein Anstieg des sIL-2-Rez. genannt.
Im hier vorgestellten Fall präsentierte der Patient bei beiden Krankheitsbildern beschriebene Merkmale. Passend zur Diagnose des MAS zeigten sich eine Erhöhung des sIL-2-Rez. sowie eine Hypofibrinogenämie und Hyperferritinämie. Bei zusätzlichem Nachweis von Leishmanien im Knochenmark und Leishmania-DNA und IgG mit erhöhtem Neopterin waren aus unserer Sicht die Diagnosekriterien für sowohl MAS als auch VL erfüllt. Aus Sicht der Autoren sollte die Diagnose einer (viszeralen) Leishmaniose bei Fieber, Gewichtsverlust, Hepatosplenomegalie, Panzytopenie und Aufenthalt in einem Endemiegebiet in Betracht gezogen werden. Zur Diagnostik ist in der Schweiz eine PCR Goldstandard, die Serologie ist hauptsächlich in wenig entwickelten Ländern mit hoher Prävalenz wichtig, da Sensitivität und Spezifität mit steigender Prävalenz ebenfalls zunehmen (11). Im peripheren Blutausstrich sind nur selten Amastigoten zu sehen, weshalb dieser im Alltag zur Diagnostik einer Leishmaniose keine Relevanz hat (5).
Die Therapie der VL hängt von der Region ab, in der die Infektion erworben wurde. Derzeit ist liposomales Amphotericin B die empfohlene Erstlinientherapie basierend auf Daten verschiedener Endemiegebiete weltweit (4). Die Dosierung und Therapiedauer variieren gemäss Endemiegebiet und Immunstatus. Bei unserem Patienten erfolgte die Gabe von 3 mg/kg KG liposomales Amphotericin B an den Tagen 1–5, 14 und 21 (12). Eine Kostengutsprache zur Verschreibung von Amphotericin B, auch im ambulanten Setting, ist nicht notwendig. Gemäss der Spezialitätenliste des Bundesamts für Gesundheit darf die Erstverschreibung allerdings nur durch eine/einen Fachärzt/-in Infektiologie oder Hämatologie erfolgen (13).
Die Therapie des MAS basiert zum grössten Teil auf der hoch dosierten, intravenösen Gabe von Steroiden. Etoposide wird in der Literatur ebenfalls als Therapieoption diskutiert (14, 15). Unser Patient erhielt Steroide und Etoposide 300 mg i.v. zweimalig im Abstand von 4 Tagen. Aufgrund der Steroidtherapie erfolgte eine Pneumocystis-jirove-
cii-Prophylaxe mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol.
In den darauffolgenden ambulanten Verlaufskontrollen zeigten sich eine stetige Besserung des Allgemeinzustands des Patienten sowie ein kontinuierlicher Abfall der Antikörper mit zudem negativer PCR. Generell wird der Behandlungserfolg anhand klinischer Verlaufskontrollen über 12 Monate überprüft. Es sollte sich eine Besserung des klinischen Bildes mit z. B. Gewichtszunahme, Rückgang der Hepatosplenomegalie und Abklingen des Fiebers zeigen. Ein Zeitfenster von 12 Monaten sollte eingehalten werden, da die meisten Rückfälle innerhalb von 6–12 Monaten auftreten (16). Der Verlauf der Serologie hat keinen prognostischen Wert und wurde in diesem Fall aus Interesse bestimmt.
Fälle wie dieser zeigen, wie schwierig die Diagnosestellung von VL und MAS, insbesondere in Kombination, ist. Speziell bei Patienten, die nicht in Endemiegebieten leben. Verzögerte Diagnosestellung und Therapie verschlechtern die Prognose bei ohnehin deutlich erhöhtem Mortalitätsrisiko beider für sich genommenen Erkrankungen.
Historie
Manuskript eingereicht. 24.09.2024
Manuskript angenommen: 04.11.2024
Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
• Unspezifische klinische, laboranalytische und histopathologische Merkmale, Seltenheit und ähnliche Präsentation der VL und des MAS erschweren die Diagnostik.
• Eine schnellstmögliche Diagnosestellung ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung bei hohem Mortalitätsrisiko.
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9. Bojan A, Parvu A, Zsoldos IA, Torok T, Farcas AD. Macrophage activation syndrome: A diagnostic challenge (Review). Exp Ther Med. 2021 Aug;22(2):904.
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12. Neumayr, A. Antiparasitic Treatment Recommendations, a practical guide to clinical parasitology. second edition. Tredition; 2018.
13. Ambisome Limitationsänderungen 01.03.2019.pdf.
14. Reyhanoglu G, Tadi P. Etoposide. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2024 [cited 2024 Mar 12]. Available from: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK557864/
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16. Caryn Bern, MD, MPH. Viceral leishmaniasis: Treatment. In: UpToDate [Internet]. Available from: www.uptodate.com/contents/visceral-leishmaniasis-treatment?search
Ein 72-jähriger Patient wird aufgrund von Anämie und rezidivierenden orbitalen Entzündungen in unser Ambulatorium zur weiteren Abklärung zugewiesen. Nach einer initialen Blepharokonjunktivitis kam es im selben Monat zu einer bilateralen periorbitalen Zellulitis mit einer Begleitkonjunktivitis, welche antibiotisch behandelt wurde. Circa fünf Monate später erfolgte aufgrund einer Orbitaphlegmone des linken Auges eine erneute antibiotische Behandlung. Trotz des vorübergehenden Ansprechens auf Antibiotika trat ein Rezidiv rechtsseitig auf.
Bereits seit dem ersten Spitalaufenthalt wurde eine milde Anämie festgestellt. In der erweiterten Anamnese berichtete der Patient über einen Gewichtsverlust von 20 kg innerhalb der letzten sechs Monaten. Ferner wurde er aufgrund anhaltenden Fiebers über zwei Wochen in einem anderen Spital etwa sechs Monate zuvor hospitalisiert. Alle bildgebenden Verfahren sowie serologischen Untersuchungen lieferten keine wegweisenden Ergebnisse, und die Symptome besserten sich spontan. Der Patient leidet an arterieller Hypertonie sowie an einer substituierten Hypothyreose. Hinsichtlich Noxen bestand ein sistierter Nikotinkonsum mit fünf pack years, kein Alkohol- oder Drogenkonsum. Eine Koloskopie zur Krebsvorsorge, die vier Jahre zuvor durchgeführt wurde, ergab unauffällige Befunde. Die Familienanamnese war unauffällig. Zum Zeitpunkt der Überweisung war sowohl der internistische als auch der neurologische Status unauffällig.
Befunde
Im Hämatogramm fielen eine milde hyporegenerative normochrome und normozytäre Anämie (Hämoglobinwerte zwischen 110 g/l und 129 g/l), eine milde Thrombozytopenie (Thrombozyten 100–121 g/l) sowie eine Leukozytose (Leukozyten 15–17.3 g/l) auf. Der Gerinnungsstatus war unauffällig. Das mikroskopische Blutbild zeigte reichliche Vakuolen in den myeloiden Vorstufen. Ferner wurden schwankende CRP-Werte bis 74 g/l bei normwertigem Procalcitonin festgestellt. Die Substrate (Eisen, Vitamin B12, Folsäure) waren normwertig. Urinstatus und Urinsediment waren bland, ohne Hinweise auf eine Nephritis. In den weiteren serologischen Abklärungen waren die Komplementfaktoren sowie antinukleäre Antikörper und Anti-Neutrophile zytoplasmatische Antikörper negativ. Die ergänzende Eiweisselektrophorese im Serum und im Urin ergab einen normalen Befund. Die HIV-, Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Serologien sowie der Quantiferon-Test zeigten sich negativ. In sämtlichen abgenommenen Blut- und Urinkulturen kam es zu keinem bakteriellen Wachstum. In den Bildgebungen zeigten sich keine Hinweise auf eine thorakoabdominale Raumforderung. Stattdessen wurde wiederholt eine orbitale Entzündung abwechselnder Lokalisation festgestellt (Abb. 1 A und B).
Differenzialdiagnostische Überlegungen und weitere Abklärungsschritte
Bei Fieber und unklarem Entzündungszustand ist die Differenzialdiagnose sehr breit. Nach Ausschluss einer Immunosuppression kann man die möglichen Ursachen in vier Gruppen unterteilen: infektiöse Erkrankungen, Neoplasien, entzündliche Erkrankungen und weitere Ursachen. Die weiteren Überlegungen richten sich nach den Befunden, die durch eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung, Basisuntersuchungen im Labor sowie Röntgen des Thorax und Ultraschall des Abdomens festgestellt wurden. Wie bereits aus den oben genannten Befunden hervorgeht, ergaben sich beim Patienten keine Hinweise auf eine infektiöse Genese.
In Zusammenschau der rezidivierenden orbitalen Entzündungen wurde mit dem Verdacht auf eine entzündliche Systemerkrankung eine empirische Steroidtherapie eingeleitet, unter welcher sich sowohl die Symptome verbesserten als auch die Entzündungsparameter abfielen. Die Reduktion der Steroidtherapie ging mit rasch steigenden CRP-Werten einher. Zur weiteren Abklärung des unklaren rezidivierenden Entzündungszustands wurde eine PET-CT veranlasst, bei der eine Grossgefässvaskulitis ausgeschlossen wurde.
Angesichts der Bizytopenie mit Anämie und Thrombozytopenie kam eine beginnende myeloproliferative Erkrankung infrage; differenzialdiagnostisch wurde aufgrund der Vakuolisierung im peripheren Blut sowie bei multiplen orbitalen Entzündungen das VEXAS-Syndrom als mögliche Diagnose in Betracht gezogen. Im Falle einer Vakuolisierung müssen jedoch weitere Differenzialdiagnosen wie ein myelodysplastisches Syndrom, eine Alkohol- oder Zinkintoxikation sowie ein Kupfermangel ausgeschlossen werden.
Bei diesem Patienten erfolgte somit als nächster Schritt eine Knochenmarkpunktion, die eine dysplasiefreie, ausreifende Hämatopoese zeigte. Auch hier fiel eine gehäufte Vakuolisierung der myeloischen und erythropoetischen Vorläuferzellen auf (Abb. 2). Die molekulargenetische Diagnostik konnte schliesslich eine pathogene Variante des UBA1-Gens nachweisen, womit die Diagnose eines VEXAS-Syndroms bestätigt wurde.
Diagnose
Das VEXAS-Syndrom
Das VEXAS-Syndrom ist eine autoinflammatorische Systemerkrankung, die erstmalig von Beck et al. bei 25 Männern mit Inflammation und Myelodysplasie im Jahr 2020 beschrieben wurde. Es betrifft überwiegend Männer mittleren bis höheren Alters und ist durch eine somatische Mutation im UBA1-Gen auf dem X-Chromosom gekennzeichnet, wodurch die Protein-Ubiquitinierung beeinträchtigt wird. Das Akronym VEXAS steht für «vacuoles, E1 enzyme, X-linked, autoinflammatory, somatic» (1). Die Mutation führt zu einer Dysfunktion des UBA1-Proteins, wodurch eine verminderte Ubiquitinierug resultiert und dadurch Signalwege des angeborenen Immunsystems inadäquat aktiviert werden.
Klinik
Zu den häufigsten Symptomen zählen Fieber, Gewichtsverlust und Lymphadenopathie sowie verschiedene hämatologische Manifestationen wie makrozytäre Anämie, Thrombozytopenie, rezidivierende Thrombosen und myelodysplastische Syndrome. Okuläre und orbitale Manifestationen, die initial bei etwa 28 % der Patienten auftreten, umfassen vor allem ein periorbitales Ödem, können sich aber auch als Dakryoadenitis, Blepharitis, Konjunktivitis und Augenmuskelmyositis bis hin zur orbitalen Zellulitis, Uveitis, Skleritis und Episkleritis präsentieren. Selten sind beide Augen simultan betroffen (2, 3). In der Studie von Vitale et al. wurde die okuläre/orbitale Beteiligung bei 92 % der Patienten als erstes Symptom des VEXAS-Syndroms beschrieben (3). Im Allgemeinen kann jedoch fast jedes Organ von der Erkrankung betroffen sein (Abb. 3) (4, 5). Insbesondere wird über rezidivierende Polychondritiden, pulmonale Infiltrate und Alveolitis sowie dermatologische Manifestationen wie kutane Vaskulitiden, das Sweet-Syndrom und das Erythema nodosum berichtet (4). In einer Studie von Lavialle et al. wird der Phänotyp der Erkrankung erweitert, indem zusätzlich Beschwerden im gastrointestinalen Trakt sowie Arthralgien im Rahmen des VEXAS-Syndroms identifiziert wurden. Darüber hinaus werden drei unterschiedliche Cluster vorgeschlagen. Im ersten Cluster finden sich Patienten mit Thrombosen und MDS, welche zusammen mit den Polychondritiden relativ häufig gleichzeitig auftreten können. Der zweite Cluster umfasst Patienten mit einem milderen Verlauf, die in der Regel weniger Fieber, Chondritiden und Thromboembolien aufweisen. Im dritten Cluster werden Patienten mit ausgeprägter Entzündung zusammengefasst; in diesem Fall sind häufig kutane Manifestationen und eine hohe Rezidivrate zu beobachten (6). Typischerweise liegt eine Vakuolisierung der Erythrozyten- und Granulozyten-Vorläuferzellen vor, wobei die genaue Pathogenese dieses Phänomens nicht vollständig aufgeklärt ist (7).
Diagnostik
Die Diagnose wird aufgrund des klinischen Verdachts und mittels Genetik durch Nachweis einer Mutation im UBA1-Gen gesichert. Bisher liegen keine konkreten Empfehlungen vor, wann eine Mutation im UBA1-Gen gesucht werden sollte. In der Publikation von Hagiya et al. werden Symptome und Befunde aufgeführt, bei denen eine Testung evaluiert werden sollte. Diese Kriterien sind in der Tab. 1 zusammengefasst (Tab. 1) (7). Die Vakuolisierung im peripheren Blut und im Knochenmark stellt ebenfalls einen sehr häufigen Befund dar. Bei der Beteiligung von erythroiden und myeloiden Vorläuferzellen scheint ein VEXAS-Syndrom wahrscheinlicher zu sein (8).
Therapie und Prognose
Zurzeit gibt es keinen Konsens über die Therapie, welche individualisiert an die Symptomatik erfolgen sollte. In der Literatur werden mehrere Ansätze vorgeschlagen. Insbesondere wird neben dem initialen Ansatz mit Glukokortikoiden, welche in der Regel zu einem vorübergehenden Ansprechen führen, über Azacytidine und JAK-Inhibitoren berichtet (9, 10).
Aktuelle Erkenntnisse deuten darauf hin, dass JAK-Inhibitoren und insbesondere Ruxolitinib, durch eine selektive Inhibition von JAK1 und JAK2, eine vielversprechende Wirkung zeigen. Unter dieser Therapie kann eine klinische und laborchemische Besserung erreicht werden, die eine nachhaltige Reduktion der Steroiddosis ermöglicht (11).
Ferner wurde ebenfalls häufig mit Immunosuppressiva wie Methotrexat, Tocilizumab und Anakinra behandelt. Jüngere Patienten respektive Patienten mit lebensbedrohlichen, nicht einstellbaren Entzündungszuständen wurden gelegentlich mit einer allogenen Stammzelltransplantation therapiert, wobei der Erfolg spärlich war (9, 10).
Aufgrund der multiplen schwerwiegenden Komplikationen besteht eine hohe Mortalität von bis zu 40 % (1).
Therapie und klinischer Verlauf
In diesem Fall wurde die initial eingeleitete Steroidtherapie fortgeführt und nach Diagnosestellung durch eine Therapie mit Methotrexat sowie dem JAK-Inhibitor Upadacitinib ergänzt. Zu Beginn wurde Methotrexat in einer Dosierung von 7,5 mg wöchentlich verabreicht, welche bei guter Verträglichkeit auf 15 mg wöchentlich gesteigert wurde. Nach Erhalt der Kostengutsprache wurde zusätzlich Upadacitinib in einer Dosis von 15 mg täglich verschrieben, welche im weiteren Verlauf auf 30 mg täglich erhöht wurde. Vor der Diagnosestellung erhielt der Patient bis zu 100 mg Prednison täglich, wobei wiederholt Ausschleichversuche durchgeführt wurden. Nach Einleitung der oben genannten immunsuppressiven Therapie konnte die Steroiddosis innerhalb von sechs Monaten in 2.5-mg-Schritten von 25 mg auf 5 mg reduziert werden.
Kommentar
Das VEXAS-Syndrom ist ein autoinflammatorisches Syndrom, welches erst in den letzten Jahren beschrieben wurde. Angesichts der Symptomvielfalt ist die Diagnosestellung oft schwierig und erfolgt dementsprechend häufig verzögert. Daher ist es wichtig, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, damit immer mehr Ärzte die Krankheit rechtzeitig erkennen können. Bei unklarem Entzündungszustand sollte das VEXAS in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn eine Vakuolisierung der hämatopoeitischen Vorläuferzellen nachweisbar ist. Die Therapie ist noch nicht eindeutig definiert und sollte individuell für jeden Patienten gemäss klinischer Manifestation besprochen werden.
Abkürzungen CRP C-reaktives Protein HIV Human Immunodeficiency Virus JAK Januskinase MDS Myelodysplastisches Syndrom MGUS Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz PET-CT Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie UBA1 Ubiquitin-like modifier activating enzyme 1 VEXAS vacuoles, E1 enzyme, X-linked, autoinflammatory, somatic
Historie
Manuskript eingegangen: 28.08.2024
Angenommen nach Revision: 03.12.2024
Verdankungen
Wir bedanken uns bei Frau Dr. med. Janna Pape für die sprachliche Revision sowie bei Herr Dr. med. Marco Roncador für die Hämatologiebilder.
Author Contributions
Konzept, Schreiben, Überprüfen, Editieren, dipl. Ärztin Elisa Leggeri; Radiologiebilder und Befunde, Überprüfen, KD Dr. med. Athina Pangalu; Supervision, Editieren, Überprüfen Prof. Dr. med. Florence Vallelian. Alle Autorinnen haben das eingereichte Manuskript gelesen und sind für alle Aspekte des Werkes mitverantwortlich.
Dipl. Ärztin Elisa Leggeri
Entzündungssprechstunde
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich
elisa.leggeri@usz.ch
Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
• Das VEXAS-Syndrom ist ein neu beschriebenes autoinflammatorisches Syndrom, welches durch eine Vielzahl an Symptomen und Befunden gekennzeichnet ist, die anderen Erkrankungen ähneln können.
• Zu den häufigsten Symptomen des VEXAS-Syndroms gehören Fieber, hämatologische Manifestationen (MDS, Thrombosen) sowie Polychondritiden und pulmonale Infiltrate. Orbitale/okuläre Beschwerden treten jedoch auch häufig als erste Manifestation des Syndroms auf. Das Syndrom kann nahezu jedes Organ betreffen, einschliesslich der Haut, des muskuloskelettalen und gastrointestinalen Systems und der Niere.
• Mit wachsender Kenntnis der Erkrankung lässt sich die Diagnose zunehmend schneller stellen.
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Die Zuweisung des 66-jährigen-Patienten in der infektiologischen Sprechstunde des Zuger Kantonsspitals erfolgte zur Abklärung eines unklaren Entzündungszustandes. Anamnestisch bestanden seit einem Monat trockener Husten, Kopfschmerzen, generalisierte Myalgien und Arthralgien. Weiter wurden über Müdigkeit, vermehrtes Schwitzen sowie Inappetenz mit konsekutivem Gewichtsverlust von 2 Kilogramm seit Symptombeginn berichtet. Die Beschwerden hätten anlässlich eines mehrwöchigen Ferienaufenthaltes mit seiner Familie im Heimatland Kosovo begonnen. In der medizinischen Vorgeschichte des Patienten fanden sich eine koronare Herzkrankheit, eine arterielle Hypertonie, eine Dyslipidämie sowie eine periphere arterielle Verschlusskrankheit.
Befunde
Klinisch präsentierte sich der Patient in leicht reduziertem Allgemeinzustand, hämodynamisch stabil mit einer Temperatur von 37.1 °C, in leicht reduziertem Allgemeinzustand. Bis auf ein 2/6 Systolikum mit Punctum maximum über dem 2. Interkostalraum rechts ergaben sich keine pathologischen Untersuchungsbefunde.
Im Labor bestand eine isoliert humorale Entzündungsaktivität (CRP 54 mg/l; Norm < 5 mg/l). Das Blutbild war bis auf eine milde normochrome normozytäre Anämie unauffällig (Hb 138 g/l; Norm 140–180 g/l). Elektrolyte, Nierenfunktion, Transaminasen und Cholestaseparameter waren normal.
Differenzialdiagnostische Überlegungen
Die klinische Präsentation sowie die laboranalytischen Befunde erlaubten eine breite Differenzialdiagnose aus dem infektiologischen, onkologischen und rheumatologischen Formenkreis. Aufgrund der grippalen Symptomatik dachten wir an eine virale Genese, insbesondere HIV, Hepatitis B und C. Gegen diese Hypothese sprachen eine unauffällige Expositionsanamnese sowie normwertige Transaminasen. Weiter dachten wir aufgrund der Reiseanamnese an mit einer Reise oder mit dem Heimatland des Patienten assoziierte Erkrankungen wie Tuberkulose, Brucellose und Q-Fever. Gemäss Angaben des Patienten hatte der Patient im Heimatland unpasteurisierten Ziegenkäse gegessen. Aufgrund der protrahierten konstitutionellen Symptome erwogen wir auch eine infektiöse Endokarditis. Auch ein Malignom, insbesondere ein Bronchuskarzinom oder ein Lymphom, erschien uns plausibel. Die generalisierten Myalgien und Arthralgien liessen uns weiter an eine rheumatologische Erkrankung denken.
Weitere Abklärungsschritte und Diagnosestellung
Es wurden Blutkulturen asserviert. Zudem erfolgte eine Testung auf Hepatitis B, C und HIV, welche negativ ausfielen. Die Bestimmung des Rheumafaktors war negativ. Im Röntgen-Thorax ergaben sich keine pathologischen Veränderungen, insbesondere keine Hinweise für eine Tuberkulose. Nach einer Bebrütungszeit von zwei Tagen zeigten sich die Blutkulturen positiv mit Nachweis von Brucella melitensis. Somit konnte die Diagnose eines Maltafiebers (Brucellose) gestellt werden.
Therapie und Verlauf
Eine antiinfektive Therapie mit Gentamicin 5 mg/kg i.v. alle 24 h und Doxycyclin 100 mg p.o. alle 12 h wurde eingeleitet. Aufgrund von zwischenzeitlich entwickeltem Fieber und dem neu beschriebenen Systolikum wurde eine transthorakale und danach eine transösophageale Echokardiographie durchgeführt, welche als unauffällig beurteilt wurden. Bei zwei Minor-Duke-Kriterien (Mikrobiologie, Fieber) wurde somit eine Endokarditis als unwahrscheinlich erachtet. Unter der etablierten Antibiotikatherapie zeigte sich ein rasches klinisches Ansprechen. Gentamicin wurde für sieben Tage verabreicht, Doxycyclin für sechs Wochen. Am Therapieende war der Patient beschwerdefrei. Das Blutbild war normalisiert, und es bestand keine Entzündungsaktivität mehr.
Akquiriert wurde die Infektion mutmasslich durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel. Der Patient hatte anlässlich seines Aufenthaltes im Kosovo, rund zwei Wochen vor Symptombeginn, unpasteurisierten Ziegenkäse gegessen.
In den folgenden drei Monaten stellte sich die Ehefrau und später der Sohn des Patienten in unserem Spital vor. Sie litten an Fieber, Schüttelfrost und Kopfschmerzen. Bei beiden gelang der Nachweis von B. melitensis in den Blutkulturen. Unter Therapie mit Gentamicin und Doxycyclin kam es zu einer Restitutio ad integrum. Es stellte sich heraus, dass auch Ehefrau und Sohn denselben Ziegenkäse gegessen hatten, mit welchem sich auch der Patient mutmasslich infiziert hatte.
Kommentar
Die Brucellose ist eine Zoonose, welche durch Bakterien der Gattung Brucella verursacht wird. Brucellen sind hitzeempfindliche, aerob wachsende gramnegative kokkoide Stäbchenbakterien. Humanpathogen sind die Spezies B. melitensis, B. suis und B. canis. Die Transmission erfolgt durch Konsum kontaminierter Lebensmittel oder durch direkten Kontakt zu infizierten Nutz- und Haustieren. Bei Brucella melitensis, dem Auslöser des Maltafiebers, sind Ziegen und Schafe das Reservoir. Unpasteurisierte Schaf- und Ziegenmilchprodukte stellen die Hauptinfektionsquelle dar (1, 2).
Die Inzidenz der Brucellose ist nicht bekannt. 2006 wurde global von ca. 500 000 Neuinfektionen pro Jahr berichtet (3). Aufgrund von mangelhafter Surveillance wird von einer grossen Dunkelziffer ausgegangen. Eine aktuelle modellbasierte Schätzung postuliert weltweit über zwei Millionen Fälle pro Jahr (4, 5). Der Mittelmeerraum, Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sowie die arabische Halbinsel stellen das Endemiegebiet dar (3, 6). Durch Tourismus, Migration und Tierhandel können Erkrankungsfälle aber auch in Länder, wie z. B. die Schweiz, importiert werden, welche als brucellosefrei gelten. In der Schweiz sind Infektionen mit Brucella sp. sowohl beim Menschen wie auch beim Tier meldepflichtig. Die Fallmeldungen beim Menschen in der Schweiz lagen in den letzten Jahren konstant unter zehn pro Jahr (7) (Abb. 1).
Ein Pathogenitätsmerkmal von Brucellen ist die Fähigkeit, intrazellulär zu überleben und sich zu vermehren. Nach Inokulation werden Brucellen durch Gewebelymphozyten aufgenommen und gelangen via regionale Lymphknoten in die Blutbahn. Durch hämatogene Dissemination kann es in nahezu jedem Organ zu einer Absiedelung kommen, wobei ein Tropismus für das retikuloendotheliale System besteht (1). Die klinische Manifestation der Erkrankung ist entsprechend der Pathogenese vielfältig. Leitsymptom ist anhaltendes, intermittierend oder schubweise auftretendes Fieber. Begleitend kann es zu ausgeprägtem Schwächegefühl, Arthralgien und Nachtschweiss kommen (8). Die Mehrheit der Infektionen verlaufen jedoch subklinisch. Unbehandelt können sich lokale Komplikationen und chronische Verläufe entwickeln. Osteoartikuläre Komplikationen, insbesondere Sakroiliitis und vertebrale Osteomyelitis, treten bei bis zu 70 % der betroffenen Patienten auf. Wesentlich seltener sind urogentiale (Orchitis, Epididymitis) und neurologische Komplikationen (Meningitis, Encephalitis, Myelitis) (9–11).
In Anbetracht der unspezifischen klinischen Präsentation bedarf es zur Diagnosestellung einen hohen Verdachtsgrad. Schlüsselelement ist eine detaillierte Anamnese und beinhaltet das Erfragen der Reiseaktivität, des Konsums von unpasteurisierten Milchprodukten oder Kontakts zu (kranken) Tieren in einem Endemiegebiet. Die variable Inkubationszeit (Wochen bis mehrere Monate) sollte bei der Anamnese berücksichtigt werden. Die klinische Untersuchung und Laboruntersuchungen weisen oft unspezifische Befunde auf und sind daher für den diagnostischen Prozess wenig hilfreich. Gemäss einer Metaanalyse aus China, in welche 68 Studien inkludiert wurden, zählten Lymphadenopathie (32 %), Hepato- (23 %) oder Splenomegalie (29 %) zu den häufigsten klinischen Auffälligkeiten, im Labor waren es Anämie (23 %), Thrombopenie (15 %) und Leukozytose (10 %) (12) (Tab. 1).
Die definitive Diagnose kann durch den kulturellen Nachweis des Organismus aus Gewebe oder Körperflüssigkeiten (Blut, Liquor, Urin) gestellt werden. Die Kultur gilt zwar als Goldstandard, die Anzucht von Brucellen ist aber aufgrund ihrer Anforderungen an Kulturbedingungen anspruchsvoll. Alternativ kann die Diagnosesicherung mittels Serologie erfolgen. Ein vierfacher Titeranstieg in zwei aufeinanderfolgenden (im Abstand von zwei bis drei Wochen entnommenen), parallel untersuchten Serumproben gilt als beweisend für eine akute Infektion (13). Bei begründetem Verdacht auf eine Infektion mit Brucella sp. sollte das mikrobiologische Labor informiert werden, da die Verarbeitung der klinischen Proben die Einhaltung erhöhter Sicherheitsmassnahmen (Biosicherheitsstufe 3) bedingt.
Therapie der Wahl ist Doxycyclin p.o. für 6 Wochen in Kombination mit Gentamicin i.v. für sieben Tage. Alternativ kann anstelle des Aminoglykosids Rifampicin für sechs Wochen verabreicht werden, mit dem Vorteil einer peroralen Gabe und reduzierter Nephrotoxizität bei allerdings breitem Interaktionspotenzial. Von Monotherapien oder verkürzter Therapiedauer ist aufgrund von hohen Rezidivraten abzusehen (14). Patienten mit osteoartikulären Komplikationen, Endokarditis und Neurobrucellose werden deutlich länger und zum Teil mit angepassten Therapieschemata behandelt (15). Trotz adäquater Behandlung kann es zu einem Rezidiv der Erkrankung kommen, dieses tritt meist innerhalb der ersten sechs Monate nach Therapieende auf (17). Bis anhin kam es bei sämtlichen Familienmitgliedern aus unserer Fallserie zu keinem Rezidiv.
Historie
Manuskript eingegangen: 23.10.2024
Manuskript angenommen: 08.01.2025
Dipl. Arzt Valentino Monaco
Schlössliweg 2
6345 Neuheim
vmonaco1289@gmail.com
Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
• Die Brucellose ist eine meldepflichtige Zoonose.
• Leitsymptom der Erkrankung ist Fieber. Dieses ist oftmals begleitet von unspezifischen Allgemeinsymptomen (Malaise, Arthralgien, Nachtschweiss). Die Verdachtsdiagnose ergibt sich bei Fieber, passender Reise- und Expositionsanamnese (Konsum von unpasteurisierten Milchprodukten, Kontakt zu kranken Schafen/Ziegen).
• Goldstandard ist der kulturelle Erregernachweis aus Blut oder anderen biologischen Materialien. Alternativ kann die Diagnose serologisch gestellt werden.
• Das Labor sollte über die Verdachtsdiagnose der Brucellose informiert werden. Die Probenverarbeitung bedarf erhöhte Sicherheitsmassnahmen (BSL 3).
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17. J Ariza et al., Characteristics of and risk factors for relapse of brucellosis in humans. Clin Infect Dis. 1995;20:1241-9
Osteoporose ist eine weitverbreitete, aber oft unterschätzte Erkrankung, die nicht nur die Knochen, sondern auch die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Als Gastherausgeber dieses Themenheftes freut es mich, Ihnen mit den nachfolgenden Artikeln einen umfassenden Einblick in diese häufige Erkrankung geben zu können.
Die Herausforderung bei Osteoporose liegt nicht nur in der physischen Belastung, sondern auch in der Tatsache, dass die Erkrankung oft unbemerkt bleibt. Eine frühzeitige Diagnose sowie eine präventive Herangehensweise ist daher von enormer Wichtigkeit. Dieses Themenheft beschäftigt sich mit relevanten Aspekten der Osteoporose: von den Ursachen über die Diagnosemöglichkeiten bis hin zu aktuellen Therapieansätzen.
Eingeleitet wird diese Ausgabe durch einen praxisrelevanten Artikel über den Stellenwert der Knochenumbaumarker im Osteoporosemanagement. Devran Topyürek und Marius Kränzlin fassen die für den klinischen Alltag wichtigsten Knochenumbaumarker zusammen und diskutieren deren Anwendung und Interpretation unter Berücksichtigung markerspezifischer Besonderheiten.
Die beiden folgenden Artikel widmen sich dem Thema metabolischer Knochenerkrankungen. Die prämenopausale Osteoporose wird oft übersehen, da Fragilitätsfrakturen und eine niedrige Knochenmasse bei Frauen vor der Menopause ungewöhnlich sind. Erschwerend sind die Definition und die diagnostischen Kriterien der prämenopausalen Osteoporose weniger klar als bei postmenopausalen Frauen. Elena Tsourdi diskutiert die differenzialdiagnostischen Überlegungen und die therapeutische Herangehensweise. Die Glukokortikoid-induzierte Osteoporose gehört zum klinischen Alltag eines jeden Internisten. Anna Madrid und Daniel Aeberli gehen in ihrem praxisorientierten Artikel auf das Management der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose ein, insbesondere geben sie evidenzbasierte Antworten zu den häufigen Fragestellungen im Zusammenhang mit präventiv-therapeutischen Massnahmen bei Patienten, die eine länger dauernde Steroidtherapie beginnen bzw. bereits unter einer Langzeitsteroidtherapie stehen.
Bezüglich des therapeutischen Managements bei Patienten mit Osteoporose widmet sich ein erster Artikel präventiven Aspekten. Heike Bischoff-Ferrari fasst in ihrem Beitrag «Vitamin D – Was gilt heute» die Datenlage zur Wirksamkeit und Sicherheit von Vitamin D und die aktuellen Empfehlungen zur Substitutionsbehandlung kurz und prägnant zusammen.
Es freut mich, Ihnen in zwei weiteren Beiträgen, welche in Zusammenarbeit mit Serge Ferrari und Judith Everts-Graber verfasst wurden, ein Update zur Osteoporosetherapie geben zu können. Heute steht uns eine breite Palette von antiresorptiv bzw. osteoanabol wirkender Substanzen zur Verfügung, welche entsprechend dem individuellen Frakturrisiko zunehmend sequenziell eingesetzt werden. Und, last, but not least, behandelt der Artikel von Albrecht Popp das Risiko einer medikamenteninduzierten Kiefernekrose bzw. atypischen Femurfraktur und gibt Ihnen eine Basis zur Information Ihrer Patienten zur Hand.
Ich wünsche bei der Lektüre der Artikel viel Freude und hoffe, Ihnen mit der Zusammenstellung des Themenheftes eine Unterstützung Ihrer Tätigkeit geben zu können. An dieser Stelle möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen, die sich bereit erklärt haben, einen Übersichtsartikel für diese Ausgabe zu verfassen, herzlich danken.
Prof. Dr. med. Christian Meier
Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Metabolismus
Universitätsspital Basel
Endonet Praxis und Osteologisches Universitätsforschungszentrum DVO
Aeschenvorstadt 57
4051 Basel
Vitamin D spielt in jedem Alter eine wichtige Rolle im Erhalt unserer Knochengesundheit und bei der Regulation des Kalziumspiegels im Blut. Während der Kalziumbedarf mit einer gesunden Ernährung gedeckt werden kann, ist es wichtig festzuhalten, dass dies für Vitamin D nicht gilt. Es ist nahezu unmöglich, genügend Vitamin D aus der Nahrung zu sich zu nehmen, da nur wenige Nahrungsmittel namhafte Mengen an Vitamin D enthalten (Lachs, fetter Fisch). Der grösste Teil von Vitamin D wird mithilfe von Sonnenlicht über die Haut gebildet (1). Diese hauteigene Vitamin-D-Produktion nimmt jedoch mit dem Alter ab, und ältere Menschen vermeiden oft wegen der Hitze eine direkte Sonnenexposition. Weitere Faktoren, die unabhängig vom Alter die Wirkung der Sonnenexposition als Hauptquelle von Vitamin D einschränken, sind die Saisonalität und die Anwendung von Sonnenschutzprodukten. Auch ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel nach einem sonnenreichen Sommer kann nicht über den Winter hinweg aufrechterhalten werden. Die Halbwertszeit von Vitamin D (25-Hydroxy-Vitamin-D) beträgt nur 2–3 Wochen (2).
Da durch gesunde Ernährung und direkte Sonneneinstrahlung im Winter nicht genügend Vitamin D produziert werden kann, zeigen Studien, dass etwa 50 % der Kinder und Erwachsenen an einem Vitamin-D-Mangel, mit Blutwerten von unter 20 ng/ml für das 25-Hydroxy-Vitamin- D (25[OH]D), aufweisen (3–5). Vitamin-D-Supplemente sind daher altersunabhängig im Winter eine zu erwägende Massnahme zum Ausgleich eines saisonalen Vitamin-D-Mangels. Bei älteren Erwachsenen ist eine Prävention des Vitamin-D-Mangels mit Vitamin-D-Supplementen nach den Erkenntnissen unabhängig von der Jahreszeit (3–5).
Ein Vitamin-D-Mangel erhöht das Risiko für Stürze und Knochenbrüche. Für ältere Erwachsene (Alter 65+) mit erhöhtem Risiko für einen Vitamin-D-Mangel und Osteoporose führt eine tägliche Supplementierung mit 800 IE, insbesondere in Kombination mit einer ausreichenden Kalziumzufuhr, belegtermassen zu einer Verminderung des Sturz- und Hüftbruchrisikos (6–9). Hingegen ist die Evidenz zur Wirkung von Vitamin-D-Supplementen, um das Knochenbruchrisiko und Sturzrisiko bei gesunden alten Menschen zu senken, unklar (10, 11).
In den Jahren 2016 bis 2018 wurden vier Metaanalysen durchgeführt, um den Nutzen von Vitamin D für die Frakturprävention zu untersuchen. Zwei dieser Metaanalysen konzentrieren sich auf die Primärprävention von Frakturen bei Erwachsenen ab 50 Jahren, bei denen kein Risiko für Frakturen und kein Vitamin-D-Mangel besteht (12, 13). Eine weitere Metaanalyse konzentrierte sich auf die Kombination von Vitamin D plus Kalzium (9) und die zuletzt publizierte Metaanalyse auf die individuelle Wirkung von Vitamin D ohne Kalzium (14). Die neueren Metaanalysen unterstützen keinen primärpräventiven Schutz einer Vitamin-D-Supplementation vor Frakturen bei Erwachsenen im Alter 50+ ohne Vitamin-D-Mangel und ohne Osteoporose (12, 13). Allerdings ist die Anzahl von grossen Interventionsstudien in dieser Niedrigrisiko-Zielgruppe limitiert (12, 13). Erwachsene im Alter von 65 und darüber mit einem hohen Risiko für Vitamin-D-Mangel und Osteoporose sollte eine Vitamin-D-Supplementation mit 800 IE Vitamin D pro Tag (mit [9] und ohne [15] zusätzliche Kalzium-Supplementation) anhand der bestehenden Evidenz nicht vorenthalten werden. Allerdings sollten bei der Hochrisikopopulation älterer Erwachsener mit erhöhtem Sturzrisiko die grossen Vitamin-D-Bolusgaben wegen gegenteiliger Wirkung mit Frakturzunahme vermieden werden (16, 17).
Bezüglich neuer Resultate der VITAL- und DO-HEALTH- Studie mit zusätzlich 2000 IE Vitamin D am Tag zeigte sich bei generell gesunden Menschen im Alter von 50+ (VITAL) und 70+ (DO-HEALTH) eine neutrale Wirkung auf das Knochenbruchrisiko. In der Einordnung der Resultate dieser Studien ist wichtig festzuhalten, dass in VITAL nur 12 % und in DO-HEALTH nur 36 % der Teilnehmer zum Studienbeginn einen Vitamin-D-Mangel hatten und alle Teilnehmer in beiden Studien zusätzlich zur Studienmedikation 800 IE Vitamin D einnehmen durften (10, 11, 18).
Insbesondere für ältere Erwachsene mit einem erhöhten Risiko für Frakturen und/oder Vitamin-D-Mangel ist es weiterhin sinnvoll, 800 IE Vitamin D pro Tag einzunehmen, analog den Empfehlungen der International Osteoporosis Foundation (19), der US Endocrine Society (20) und NOF (21). Wie bereits erwähnt, sollten grosse monatliche oder jährliche Bolusapplikationen von Vitamin D bei älteren Erwachsenen mit einem Risiko für Frakturen wegen Zunahme des Frakturrisikos in der klinischen Versorgung nicht fortgesetzt werden (6).
Heutige Empfehlungen
In den heutigen Empfehlungen zu Vitamin D (Institute of Medicine [22], DGE [23], BAG Schweiz [24], US Endocrine Society [25], IOF [19]) wird die tägliche Vitamin-D-Zufuhr altersabhängig definiert: 400 IE (Internationale Einheiten) pro Tag im ersten Lebensjahr, 600 IE pro Tag zwischen dem 2. und 64. Lebensjahr und 800 IE/Tag ab dem 65. Lebensjahr (in der Schweiz 800 IE/Tag ab dem 60. Lebensjahr). Es ist gut belegt, dass im Erwachsenenalter 600 bis 800 IE/Tag in über 97 % der Fälle den Vitamin-D-Mangel korrigieren können (26, 27). Diese Dosis ist zudem auf die Population bezogen sicher und ohne vorherige Messung der 25-Hydroxy-Vitamin-D-Blutkonzentration anwendbar (Institute of Medicine [22], DGE [23], BAG Schweiz [24], US Endocrine Society [25], IOF [19]).
Angesichts der hohen Winterprävalenz des Vitamin-D-Mangels bei Kindern und älteren Erwachsenen und der beschränkten Möglichkeiten, eine ausreichende Vitamin-D-Zufuhr über eine gesunde Ernährung sicherzustellen, ist in ganz Europa unabhängig vom Alter eine Indikation zur Supplementierung in den Wintermonaten November bis Ende April zu erwägen. Älteren Menschen wird aufgrund der verminderten hauteigenen Vitamin-D-Produktion bei Sonnenexposition sowie der belegten Prävention von Stürzen und Hüftbrüchen eine Supplementierung mit Vitamin D auch im Sommer empfohlen. Die empfohlenen Tagesdosen zur Supplementierung entsprechen den oben genannten Angaben zur Vitamin-D-Zufuhr.
Der Dachverband Osteologie (DVO) hat im Septemer 2023 eine überarbeitete Version der Osteoporose-Leitlinie herausgegeben (https://dv-osteologie.org/osteoporose-leitlinien). Sie fasst die aktuelle Evidenz zu Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Krankheit bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50.Lebensjahr zusammen.
Wie wirkt Vitamin D bezüglich Knochenbruchprävention?
Neben der antiresorptiven Wirkung von Vitamin D am Knochen hat Vitamin D mechanistisch gesehen einen zweiten relevanten muskelzentrierten Wirkungspfad in der Knochenbruchprävention. Der Hauptrisikofaktor für eine Hüftfraktur ist ein Sturz, und über 90 % aller Frakturen treten nach einem Sturz auf (28). Daher ist es für das Verständnis und die Prävention von Frakturen im höheren Alter wichtig, den engen Zusammenhang von Muskelschwäche (29) und Stürzen (30, 31) zu berücksichtigen. Tatsächlich kann eine antiresorptive Behandlung allein bei Personen über 80 Jahren mit nicht skelettalen Risikofaktoren für Frakturen trotz einer Verbesserung des Knochenstoffwechsels die Anzahl der Frakturen nicht verringern (32).
Die Muskelschwäche ist ein wichtiger Risikofaktor für Stürze und ein Merkmal des klinischen Syndroms eines schweren Vitamin-D-Mangels. Muskelschwäche aufgrund eines Vitamin-D-Mangels kann das Frakturrisiko durch eine erhöhte Sturzanfälligkeit erhöhen. Der Vitamin-D-Rezeptor (VDR) wird im menschlichen Muskelgewebe exprimiert, wie in den meisten Studien gezeigt wurde (79). An seinen Rezeptor im Muskelgewebe gebundenes Vitamin D kann zu einer De-novo-Proteinsynthese führen (80), gefolgt von einer relativen Zunahme des Durchmessers und der Anzahl der schnellen Typ-II-Muskelfasern (80). Bemerkenswert ist, dass die schnellen Typ-II-Muskelfasern im Vergleich zu den langsamen Typ-I-Muskelfasern mit zunehmendem Alter abnehmen, was zu einer erhöhten Sturzneigung führt. Darüber hinaus erhöht eine Supplementierung mit Vitamin D im Vergleich zu einem Placebo die Anzahl der Vitamin-D-Rezeptoren im Muskelgewebe sowie die Anzahl und den Durchmesser der Typ-II-Muskelfasern bei postmenopausalen Frauen (80).
Schliesslich ist es wichtig zu beachten, dass Vitamin D mehrere Komponenten des Sturz-Fraktur-Konstrukts beeinflussen kann, darunter Kraft (8), Gleichgewicht (81), Funktion der unteren Extremitäten (82), Stürze (77), Knochendichte (83, 84), das Risiko von Hüft- und nicht vertebralen Frakturen (85, 86) und das Risiko der Einweisung in ein Pflegeheim (87).
Sicherheit der Vitamin-D-Supplementation
Um die schützende Wirkung von Vitamin D auszuschöpfen, sollte anhand der heutigen Datenlage eine tägliche Supplementierung gewählt werden (6). Alternativ zeigt eine umfassende Literatur, dass Vitamin-D-Bolusgaben (ab 60 000 IE monatlich oder ab 300 000 IE jährlich), insbesondere bei älteren Erwachsenen, sowohl das Sturz- als auch das Knochenbruchrisiko erhöhen können. Eine Erklärung ist, dass der Körper bei zu hohen Vitamin-D-Gaben gegenregulierende Mechanismen in Gang setzt, die Vitamin D akut abbauen und dann eher zu einem Vitamin-D-Mangel führen (6).
Ist es sinnvoll, den Blutspiegel des 25-Hydroxy-Vitamin-D zu messen?
Ob eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung vorliegt, lässt sich über die Bestimmung des 25(OH)D-Wertes im Blut ermitteln. Ein 25(OH)D-Blutwert von weniger als 20 ng/ml (< 50 nmol/l) wird als Vitamin-D-Mangel bezeichnet. Werte unter 10 ng/ml (< 25 nmol/l) gelten als schwerer Mangel und können negative Folgen wie Rachitis bei Kleinkindern und Osteomalazie bei Erwachsenen hervorrufen (2). Ein 25(OH)D-Zielwert zwischen 20 und 30 ng/ml wird bezüglich Fraktur- und Sturzprävention als optimal angesehen, wobei Werte über 45 ng/ml mit einem erhöhten Sturzrisiko in Verbindung gebracht wurden (26).
Die 25(OH)D-Bestimmung wird nicht als Routineuntersuchung empfohlen, wenn keine Risiken für einen schweren Vitamin-D-Mangel vorliegen. Hier kann eine direkte Supplementation mit der Standarddosis erfolgen (600–800 IE/d; bei jüngeren Menschen vor allem im Winter, ab dem 65. Lebensjahr unabhängig von der Jahreszeit).
Diese Empfehlung stützt sich darauf, dass ein Vitamin-D-Mangel weitverbreitet ist (siehe oben). Für ältere Erwachsene mit erhöhtem Risiko für einen Vitamin-D-Mangel und Osteoporose stützt sich diese Empfehlung auf hochqualitative klinische Interventionsstudien mit über 30 000 Menschen, in denen nachgewiesen wurde, dass Vitamin-D-Supplemente in einer Dosis von 800 IE/d das Sturzrisiko und das Hüftbruchrisiko um ca. 20–30 % vermindern (6–9). Die Sicherheit bzgl. Nebenwirkungen und Risiken dieser täglichen Empfehlung sind gut belegt bei Menschen mit und ohne Vitamin-D-Mangel (6).
Vitamin-D-Dosierung in den VITAL- und DO-HEALTH-Studien
Anhand der VITAL-Studie bei gesunden Menschen im Alter von 50 Jahren und darüber und der DO-HEALTH-Studie bei gesunden Menschen im Alter von 70 Jahren und darüber kann die Sicherheit auf eine tägliche Zufuhr von 2000 IE am Tag ausgeweitet werden (10, 33). Allerdings brachte die höhere Dosierung keine weiteren Vorteile für die Sturz- und Knochenbruchprävention in VITAL (33, 34) oder DO-HEALTH (10, 35). Ein Vorteil auf die Knochendichte an der Hüfte (36), Krebsprävention (37) und Prävention von frühzeitiger Gebrechlichkeit (38) konnte für die tägliche Dosierung von 2000 IU Vitamin D in DO-HEALTH jedoch nicht ausgeschlossen werden. Konsistent zeigt VITAL für die tägliche Dosierung von 2000 IU Vitamin D eine Reduktion schwerer Krebserkrankungen (39), Reduktion von Krebsmortalität (40) und Reduktion von Autoimmunerkrankungen (41).
Prof. Dr. med. Heike A. Bischoff-Ferrari, MPH, DrPH
Universität Basel, Dept. Universitäre Altersmedizin Felix Platter, Basel
Dept. Geriatrie und Altersforschung, Universität Zürich, Zürich
Tièchestrasse 99
8037 Zürich
heikea.bischoff-ferrari@uzh.ch
Die Autorin hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
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Die Epidemiologie der Osteoporose und die Frakturrate bei prämenopausalen Frauen sind undurchsichtig. Die Prävalenz der Osteoporose bei prämenopausalen Frauen ist sehr variabel und hängt von der untersuchten Population, der Definition der Osteoporose und dem jeweiligen Referenzzentrum ab (1). In der Regel sind Frakturen und eine niedrige Knochenmineraldichte (KMD) bei prämenopausalen Frauen deutlich seltener und werden auf einen unvollständigen Aufbau der maximalen Knochenmasse oder das Vorhandensein sekundärer Ursachen eines Knochenverlustes zurückgeführt (2). Die Beziehung zwischen der KMD und dem Frakturrisiko unterscheidet sich zwischen prämenopausalen und postmenopausalen Frauen. Dies stellt eine Herausforderung für die Diagnose und Behandlung der Osteoporose bei prämenopausalen oder perimenopausalen Frauen dar, was durch den fehlenden Konsens zwischen den Osteoporoseleitlinien deutlich wird. Eine prämenopausale Frau mit einer Fragilitätsfraktur in der Vergangenheit hat ein 35 % bis 75 % höheres Risiko, in der Postmenopause eine Fraktur zu erleiden als eine prämenopausale Frau ohne vorherige Fraktur (3). Daher können eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von Vorteil sein. In dieser Übersichtsarbeit sollen die diagnostischen Kriterien, die Pathophysiologie, die diagnostische Abklärung und die Behandlung der Osteoporose bei prämenopausalen Frauen diskutiert werden.
Definitionen
Die meisten Leitlinien stimmen darin überein, dass die Diagnose der Osteoporose bei prämenopausalen Frauen nicht allein auf der Grundlage der KMD gestellt werden kann. Eine prämenopausale Osteoporose liegt vor beim Vorhandensein von klinisch relevanten Fragilitätsfrakturen, z. B. Femurfrakturen oder Wirbelkörperfrakturen oder bei anderen Fragilitätsfrakturen in Kombination mit einer niedrigen Knochenmasse. Die Internationale Gesellschaft für klinische Densitometrie (ISCD) empfiehlt die Verwendung von KMD-Z-Scores (Vergleich mit altersentsprechenden Normen) zur Klassifizierung der KMD bei prämenopausalen Frauen. Die ISCD schlägt vor, dass ein KMD-Z-Score > –2.0 als normale KMD und ein BMD-Z-Score ≤ –2.0 als «unterhalb des erwarteten Altersbereichs» eingestuft werden sollten. Die ISCD empfiehlt ausserdem, T-Werte nicht für die Diagnose von Osteopenie oder Osteoporose bei prämenopausalen Frauen zu verwenden bzw. die Diagnose «Osteoporose» bei prämenopausalen Frauen nur im Beisein von Fragilitätsfrakturen oder sekundären Ursachen der Osteoporose zu stellen (4). Die Internationale Osteoporose Stiftung (IOF) empfiehlt die Verwendung des Z-Scores bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unter 20 Jahren und bei Personen über 20 Jahren im Falle einer verzögerten Pubertät. Bei Personen ab 20 Jahren empfiehlt die IOF, einen T-Score < –2,5 als Diagnosekriterium für die Osteoporose zu verwenden. Die IOF empfiehlt, die Diagnosekriterien vor allem bei prämenopausalen Frauen mit Fragilitätsfrakturen oder sekundären Ursachen für eine Osteoporose einzusetzen, schliesst aber nicht aus, die Diagnose allein auf der Grundlage der KMD zu stellen (5). In der klinischen Praxis sollte die KMD nur bei prämenopausalen Frauen mit klinisch bedeutsamen Frakturen oder sekundären Ursachen für eine geringe Knochenmasse bestimmt werden.
Klinische Relevanz
Die Diagnose der Osteoporose bei prämenopausalen Frauen sollte auf dem Vorhandensein von klinisch relevanten Fragilitätsfrakturen in Kombination mit einer niedrigen KMD gestellt werden.
Ätiopathologie
Eine niedrige Knochenmasse bei Frauen in der Prämenopause steht in Zusammenhang mit einem unzureichenden Aufbau der maximalen Knochenmasse (peak bone mass), der durch einen zusätzlichen Knochenverlust aufgrund einer Erkrankung, die zum Knochenverlust prädisponiert, verstärkt wird.
Unzureichende maximale Knochenmasse
Der Knochenaufbau findet in der Kindheit und Jugend statt und erreicht seinen Höhepunkt im Alter von 20 Jahren, wobei die Zuwächse je nach Skelettlage bis zum Alter von 30 Jahren geringer ausfallen (6). Das bedeutet, dass Frauen, die jünger als 30 Jahre sind, möglicherweise noch nicht an allen Skelettlagen die maximale Knochenmasse erreicht haben, und dies sollte bei der Interpretation von KMD-Messungen berücksichtigt werden. Viele Faktoren beeinflussen physiologisch das Knochenwachstum, einschliesslich genetischer Variationen in der Mikroarchitektur der Knochen, des Körperhabitus und der sexuellen Entwicklung. In der Folge beeinflussen Lebensstil und Umweltfaktoren den Aufbau der Knochenmasse.
Erblichkeitsanalysen und genomweite Assoziationsstudien (GWAS) haben die Bedeutung der genetischen Prädisposition zur Pathogenese der Osteoporose hervorgehoben (7, 8). Durch grosse Einzel-GWAS und Metaanalysen solcher GWAS wurden über 500 genetische Loci identifiziert worden, die das Risiko für Osteoporose regulieren (8, 9). Die meisten dieser häufig vorkommenden Varianten oder Loci erklären jedoch zusammengenommen weniger als 20 % der Varianz der KMD (10). Interessanterweise sind seltene genetische Varianten mit grosser Wirkung, einschliesslich in Genen, die bekanntermassen monogene Formen der Osteoporose verursachen, auch mit niedriger KMD und Frakturrisiko assoziiert (11). Zu letzteren gehören Erkrankungen wie die Osteogenesis imperfecta, das Marfan-Syndrom und das Ehlers-Danlos-Syndrom, die in unterschiedlichen Schweregraden auftreten können und als mögliche Ursachen für Osteoporose bei jungen Erwachsenen betrachtet werden können (12). Bestimmte familiäre Erkrankungen wie die Zöliakie und idiopathische Hyperkalziurie können ebenfalls dazu beitragen, dass die maximale Knochenmasse nicht erreicht wird (2).
Sexualsteroide spielen eine grundlegende Rolle bei der Entwicklung der Knochenmasse. Dies wird durch die negativen Auswirkungen einer verzögerten Menarche oder einer Amenorrhö auf die Knochengesundheit belegt (13). Östrogene zum Beispiel verringern die Osteoklastenaktivität, während sie die Osteoblastenaktivierung bewirken (13). Ein prämenopausaler Östrogenmangel ist daher eine der Hauptursachen für eine niedrige Knochenmasse. Östrogenarme Zustände können entweder durch eine verminderte Gonadotropin-Stimulation der Ovarien (zentraler Hypogonadismus) oder durch vorzeitige Ovarialinsuffizienz mit daraus resultierender hypergonadotroper Stimulation (primärer Hypogonadismus) verursacht werden. Weitere Beispiele für zentralen und primären Hypogonadismus sind in Tab. 1 aufgeführt. Hormonelle Empfängnisverhütung in der Jugend wurde in der Vergangenheit als ein kontroverses Thema bezüglich der Knochengesundheit angesehen. Eine kürzlich durchgeführte retrospektive Fall-Kontroll-Studie mit 12 970 Frauen vor der Menopause zeigte jedoch eine signifikante Abnahme des Frakturrisikos bei der Verwendung von kombinierten oralen Kontrazeptiva (14). Das Ausmass der Risikoreduktion war grösser mit zunehmender Dauer der Einnahme kombinierter oraler Kontrazeptiva (14).
Weitere Ursachen für eine suboptimale maximale Knochenmasse können ein in der Vergangenheit liegender Ernährungsmangel sowie eine eingeschränkte körperliche Aktivität in der Kindheit und im jungen Erwachsenenalter sein. Zu den Ernährungsdefiziten gehören eine niedrige Kalziumzufuhr und eine suboptimale Vitamin-D-Supplementierung; sie stehen häufig im Zusammenhang mit malabsorptiven Störungen, die zu einer geringeren Knochenmasse beitragen. Ein übermässiger Alkoholkonsum und Tabakkonsum werden ebenfalls mit einer Beeinträchtigung der Knochengesundheit in Verbindung gebracht. Körperliche Aktivität und Muskelkraft korrelieren signifikant mit verbesserten Knocheneigenschaften, insbesondere bei jüngeren Erwachsenen. Körperlich aktive Frauen entwickeln eine höhere KMD und einen höheren Trabekelgehalt als inaktive prämenopausale Frauen (15).
Anhaltender Knochenverlust
Die Identifizierung einer niedrigen Knochenmasse oder einer Fragilitätsfraktur bei jüngeren Frauen erfordert eine gründliche Untersuchung und Evaluation, da die meisten dieser Fälle auf sekundäre Ursachen, zugrunde liegende Medikamente oder Erkrankungen, die zum Knochenschwund beitragen, zurückzuführen sind (2, 16).
Verschiedene Endokrinopathien werden mit einem vorzeitigen Knochenverlust in Verbindung gebracht und sind oft reversibel, wie z. B. ein niedriger Östrogenspiegel. Eine Hyperthyreose beschleunigt den Knochenumsatz aufgrund eines hypermetabolischen Zustands. Ein Cushing-Syndrom, gekennzeichnet durch einen pathologischen Überschuss an adrenokortikotropem Hormon und/oder Cortisol aus der Hypophyse bzw. Nebenniere, beeinträchtigt die Knochengesundheit erheblich. Ein primärer Hyperparathyreoidismus aufgrund eines Nebenschilddrüsenadenoms oder einer Nebenschilddrüsenhyperplasie stimuliert eine übermässige Knochenresorption. Die idiopathische Hyperkalziurie ist eine zunehmend anerkannte Ursache für niedrige KMD bei jungen Erwachsenen. Diese Erkrankung ist durch eine übermässige Kalziumausscheidung im Urin gekennzeichnet, ohne dass eine erkennbare Ursache, wie z. B. ein primärer Hyperparathyreoidismus, identifiziert werden kann. Kalziumverluste im Urin führen zu einer negativen Kalziumbilanz, die wiederum das Risiko für Knochenverlust und -frakturen erhöht.
Malabsorptive Störungen wie Zöliakie sind mit einem erhöhten Frakturrisiko und einer abnormalen Knochenmikroarchitektur assoziiert durch eine verringerte Aufnahme von essenziellen Nährstoffen wie Vitamin D und Kalzium. Andere malabsorptive Störungen umfassen bariatrische Operationen, zystische Fibrose und entzündliche Darmerkrankungen. Die beiden letztgenannten Erkrankungen begünstigen den Knochenabbau zusätzlich durch die Behandlung mit Steroiden und die Kalzium- und Vitamin-D-Malabsorption. Eine umfassende Liste von zusätzlichen Ursachen, die zum Knochenverlust beitragen, ist in der Tab. 2 aufgeführt.
Bestimmte Medikamente, die in der Tab. 3 aufgeführt sind, werden durch verschiedene Mechanismen mit einem Knochenverlust in Verbindung gebracht (17).
Glukokortikoide beispielsweise verstärken den Knochenabbau durch verminderte Osteoblastenreifung und beeinträchtigte Osteoklastenapoptose (18). Prämenopausale Frauen, die wegen rheumatologischer Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen oder transplantationsbedingter Immunsuppression mit Glukokortikoiden behandelt werden, haben ein erhöhtes Risiko für eine erniedrigte KMD und/oder Fragilitätsfrakturen, die als Glukokortikoid-induzierte Osteoporose bezeichnet wird. Eine weitere Kategorie von Medikamenten mit schädlichen Auswirkungen auf die Knochen wird bei Frauen im Rahmen einer Brustkrebserkrankung eingesetzt. Adjuvante Therapien, einschliesslich Chemotherapie und Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Analoga, können eine sekundäre Amenorrhö und eine vorzeitige Menopause verursachen. Ausserdem Tamoxifen, ein selektiver Östrogen-Rezeptor Modulator, der bei postmenopausalen Frauen eine schützende Rolle für die Knochen spielt, wirkt bei prämenopausalen Frauen als Antiöstrogen und wurde mit einem um 75 % erhöhten Frakturrisiko bei prämenopausalen Patientinnen mit Mammakarzinom im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen assoziiert (19). Schliesslich wurde im Jahr 2018 Elagolix, ein oral verabreichter nicht peptidischer GnRH-Antagonist, für die Behandlung von Endometriose-assoziierten Schmerzen zugelassen. Bei einer Verabreichung von 6 bis maximal 12 Monaten war dieses Medikament mit einem KMD-Verlust verbunden, insbesondere bei höheren Dosierungen (20).
Besondere Konditionen
Eine niedrige KMD ohne fassbare Ursache für den Knochenverlust wird als idiopathisch niedrige Knochenmasse definiert. In ähnlicher Weise wird von einer idiopathischen Osteoporose bei einer prämenopausalen Frau mit einer Vorgeschichte skelettaler Fragilität bzw. ohne sekundäre Ursache für eine Osteoporose gesprochen. Die genauen Mechanismen, die dieser Krankheit zugrunde liegen, sind noch nicht vollständig geklärt. Zu den vorgeschlagenen Mechanismen gehören gestörter Knochenumbau, osteoblastische Dysfunktion und Störungen der Knochenmikroarchitektur (21).
Schliesslich ist die normale Laktation mit einem vorübergehenden Knochenverlust verbunden, der auf die physiologische Amenorrhö und der Sekretion von Parathormon (PTH)-verwandtem Protein (PTHrP) durch die laktierende Brustdrüse zurückzuführen ist (22). Das Ausmass des Knochenverlustes korreliert mit der Dauer der Laktation (und der anschliessenden Amenorrhö) und kehrt sich mit dem Abstillen weitgehend um (23). Die schwangerschafts- und laktationsassoziierte Osteoporose (PLAO) ist ein Begriff für eine früh einsetzende Osteoporose mit Fragilitätsfrakturen, die im Zusammenhang mit den Veränderungen der Knochenmasse und des Stoffwechsels während der Schwangerschaft und Stillzeit auftreten. In einigen Fällen, die als PLAO identifiziert werden, kommt es zu einer Wirbelkörperfraktur. Symptome treten in der Regel während der Laktation und nicht während der Schwangerschaft auf. Sehr niedrige KMD mittels Dual Energy X-ray Absorptiometry (DXA) und volumetrische/strukturelle Knochendefizite sind dokumentiert worden (24). Die genaue Ursache dieser seltenen Störung ist nicht vollständig geklärt, insbesondere bleibt unklar, ob sie bei bestimmten Frauen ausschliesslich durch die Schwangerschaft selbst verursacht wird und/oder ob eine Schwangerschaft einen Status vorheriger Knochenfragilität aufzeigt. In einer grossen PLAO-Genetikstudie (n = 42) wurden mittels Gen Panel-Screening in 50 % der Fälle heterozygote Varianten, die als relevant für die Erkrankung angesehen werden, dokumentiert (25). In 26 % der Frauen wurden relevante Varianten in LRP5 oder WNT1, die mit dem für die Knochenbildung entscheidenden WNT-Signalweg zusammenhängen, dokumentiert (25). Die Gruppe mit relevanten genetischen Varianten wies einen schwereren Verlauf mit einer höheren Anzahl von Frakturen auf (25). Eine Studie bei Frauen mit PLAO, bei der Knochenbiopsien 12 Monate nach der Geburt durchgeführt wurden, zielte darauf ab, den Ausgangszustand des Knochenumbaus zu beurteilen (26). Transiliakale Knochenbiopsien dieser Frauen zeigten einen geringen Knochenumsatz im Vergleich zu Patientinnen mit idiopathischer Osteoporose, die an sich schon ein Zustand geringer Knochenbildung ist (26). Diese Befunde wurden durch niedrigere Knochenumbaumarker im Serum bestätigt und deuten auf die Möglichkeit eines zugrunde liegenden Defekts in der Osteoblastenfunktion hin (26).
Diagnostik/weitere Abklärung bei prämenopausalen Frauen mit Fragilitätsfrakturen und/oder sehr niedriger Knochenmasse
Wie bereits erwähnt, ist es wichtig, mögliche sekundäre Ursachen für geringe Knochenmasse/Fragilitätsfrakturen zu ermitteln, da einige korrigiert oder behandelt werden können. Darüber hinaus können einige Medikamente auf andere Substanzen ohne negative Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel umgestellt werden.
Die Untersuchung sollte eine vollständige Anamnese umfassen mit besonderem Fokus auf Frakturen, Nierensteinen, Oligomenorrhoe oder anderen Anzeichen eines Östrogenmangels, Schwangerschaften und Stillzeit, menstrualen Zyklus, Ernährungsgewohnheiten, Bewegung und Körpergewicht im Laufe der Zeit (2, 27). Ausserdem sind Informationen über die Familienanamnese in Bezug auf Frakturen und andere Erkrankungen des Knochenmetabolismus wichtig (27). Eine eingehende körperliche Untersuchung kann helfen, Anzeichen, wie zum Beispiel blaue Skleren oder schlechtes Gebiss (Osteogenesis imperfecta), Akanthose, Striae, zentrale Adipositas (Cushing-Syndrom), Schmetterlingsausschlag oder Gelenkschwellungen (rheumatologische Erkrankungen), zu erkennen (2). Die biochemische Untersuchung sollte auf Krankheiten, die mit einer erniedrigten Knochenmasse oder Fragilitätsfrakturen einhergehen, fokussieren (Tab. 4). Die Bildgebung umfasst die Untersuchung der KMD mittels DXA und bei Verdacht auf Wirbelkörperfrakturen Röntgen der Wirbelsäule oder Beurteilung von Wirbelkörperfrakturen mittels DXA (VFA). Anspruchsvollere Bildgebungsmodalitäten, wie zum Beispiel die hochauflösende periphere quantitative Computertomographie (HR-pQCT), können die Mikroarchitektur des Knochens beurteilen, was auch bei der Identifizierung von Patientinnen mit hohem Frakturrisiko helfen kann (28). Ein Gentest sollte in Erwägung gezogen werden bei Patientinnen mit Kleinwuchs, wiederkehrenden Frakturen, multiplen Wirbelkörperfrakturen, Knochendeformitäten, Frakturen an ungewöhnlichen Stellen, früh manifestierter Osteoporose, sehr niedriger KMD und einer Familienanamnese, die auf eine monogenetische Form der Osteoporose hinweist (12).
Klinische Relevanz
Bei prämenopausalen Frauen mit erniedrigter Knochenmasse/Fragilitätsfrakturen sollte eine Untersuchung auf sekundäre Ursachen, die in dieser Altersgruppe überwiegend zu skelettaler Fragilität beitragen, initiiert werden.
Management
Die Behandlung der prämenopausalen Osteoporose ist herausfordernd, da es an soliden Erkenntnissen darüber fehlt, wie das zukünftige Frakturrisiko am besten vorhergesagt und gesenkt werden kann. Die derzeit verfügbare Osteoporoseforschung und die Strategien zur Behandlung der Osteoporose konzentrieren sich auf postmenopausale Frauen und ältere Männer. Ein Flussdiagramm für das Gesamtmanagement von prämenopausalen Frauen mit Osteoporose und Fragilitätsfrakturen ist in Abb. 1 dargestellt.
Nicht pharmakologische Ansätze
Eine 2-jährige randomisierte kontrollierte Studie, in die 470 prämenopausale Frauen im Alter von 25 bis 44 Jahren eingeschlossen wurden, zeigte, dass die Aufklärung junger Frauen über klassische Osteoporoserisikofaktoren mit einer langfristigen Verbesserung bezüglich Osteoporosepräventionsverhalten verbunden war (29). Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn man bedenkt, dass eine Untersuchung über Wissen, Überzeugungen und Praktiken in Bezug auf Osteoporose bei jungen Erwachsenen ergab, dass sie sich der Krankheit nicht bewusst waren (30).
Es gibt einige Evidenz für die positiven Auswirkungen von körperlicher Aktivität bei Frauen vor der Menopause. 40 junge Frauen im Alter von 30 bis 45 Jahren mit kürzlich diagnostizierter Osteoporose wurden in 4 Gruppen aufgeteilt über einen Zeitraum von 10 Wochen: Trainingsgruppe (Aerobic-Widerstand) plus Milchkonsum (500 ml täglich), nur Milchkonsum, nur Training und Kontrollen. Diese Studie zeigte, dass signifikante Unterschiede der KMD an der Lendenwirbelsäule und am Femur gab, wobei die Gruppe Training plus Milchkonsum höhere KMD Werten aufwies (31). Eine randomisierte kontrollierte Studie, an der 206 prämenopausale Frauen teilnahmen, bei denen die Diagnose Mammakarzinom vor dem 55. Lebensjahr gestellt wurde, zeigte, dass eine Kombination aus Widerstandstraining und aerobem Training innerhalb von 2 Jahren nach Erhalt einer adjuvanten Chemotherapie den Knochenverlust an der Lendenwirbelsäule während einer 12-monatigen Nachbeobachtungszeit verhinderte (32). Die Patientinnen sollten jedoch darauf hingewiesen werden, dass sie übermässige körperliche Betätigung vermeiden sollten, da diese den Knochenabbau durch Gewichtsverlust oder eine funktionelle hypothalamische Amenorrhö weiter fördern kann. Obwohl es dringend empfohlen wird, den Tabak- und Alkoholkonsum zu beenden, haben keine Studien bis dato die Auswirkungen dieser Massnahme auf KMD/Frakturrisiko bei prämenopausalen Frauen nachgewiesen.
Hinsichtlich der Supplementierung mit Kalzium und Vitamin D liegen keine Studien über eine Fraktursenkung vor, es wurde allerdings in einigen kleineren Studien ein Anstieg der KMD beobachtet (33, 34). Die Supplementierung umfasst eine angemessene tägliche Kalziumzufuhr von 1000 bis 1200 mg, in geteilten Dosen, vorzugsweise über die Ernährung, und eine Vitamin-D-Supplementierung zur Erreichung des Zielwerts für den 25-OH-Spiegel > 30 ng/ml bzw. einen 25-OH-Spiegel, der eine Hypokalziurie und einen sekundären Hyperparathyreoidismus verhindert. Diese Empfehlung sind von Leitlinien der postmenopausalen Osteoporose übernommen (35).
Die Behandlung von Grunderkrankungen oder sekundären Faktoren scheint sich darüber hinaus positiv auf die Knochen auszuwirken. So wurde zum Beispiel ein Anstieg der KMD mit einer Diät bei Zöliakie, Anti-TNF-Behandlung bei chronischen inflammatorischen Darmerkrankungen, Östrogenen bei Amenorrhö, Operationen bei primärem Hyperparathyreoidismus und Morbus Cushing, Behandlung von Hyperthyreose und Unterernährung dokumentiert (1).
Pharmakologische Ansätze
Wenn eine Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung nicht möglich oder nicht wirksam ist und das Frakturrisiko hoch erscheint, können antiresorptive und anabole Medikamente in Betracht gezogen werden, wobei die potenziellen unerwünschten Wirkungen bei Schwangerschaften bei Frauen im gebärfähigen Alter berücksichtigt werden sollten. Die bisher durchgeführten Studien waren in der Regel klein und hatten kurze Nachbeobachtungszeiträume, und sie bewerteten KMD-Veränderungen als primären Endpunkt, während die Verringerung des Frakturrisikos sowohl durch antiresorptive und knochenbildende Behandlung bis dato nicht nachgewiesen werden konnte (1).
Die Verwendung von Zoledronat bei prämenopausalen Patientinnen mit Mammakarzinom hat in der Studie der Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group 12 (ABCSG-12) eindeutig gezeigt, dass sie den mit der adjuvanten endokrinen Therapie verbundenen Knochenverlust verhindert, die Evidenz für die Verhinderung von Frakturen ist jedoch begrenzt (36). Ein Behandlungsalgorithmus für Patientinnen mit Mammakarzinom im Frühstadium, einschliesslich prämenopausaler Frauen, die eine adjuvante endokrine Therapie erhalten, wurde im Jahr 2021 veröffentlicht (37). Die Behandlung mit Bisphosphonaten verbessert nachweislich auch die KMD bei verschiedenen anderen Grunderkrankungen bei jungen Menschen wie Anorexia nervosa (hauptsächlich an der Lendenwirbelsäule), chronische inflammatorische Darmerkrankungen, Mukoviszidose, Thalassämie major und Glukokortikoid-induzierter Osteoporose, aber Daten zu Frakturen fehlen weitgehend (38). Für Leitlinien zur Behandlung der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose bei jungen Menschen ist auf die aktuelle Leitlinie der European Calcified Tissue Society (ECTS) von 2024 verwiesen (39). Eine retrospektive, multizentrische Studie mit 52 Patientinnen mit PLAO zeigte, dass die KMD ohne pharmakologische Behandlung anstieg, wobei grössere KMD-Anstiege unter eine Behandlung mit Bisphosphonaten und Teriparatid zu verzeichnen waren (40). Nichtsdestotrotz erlitten etwa 19 % der Patientinnen in allen drei Gruppen eine neue Fraktur während der Nachbeobachtungszeit von 36 Monaten (40). Eine ähnlich grössere Zunahme der KMD an der Lendenwirbelsäule wurde dokumentiert in einer retrospektiven Studie an Frauen mit PLAO und multiplen Frakturen, die ein Jahr lang mit Teriparatid behandelt wurden (15.5 % ± 6.6), verglichen mit Kontrollen (7.5 % ± 7.1) (41). Ähnliche KMD-Anstiege wurden bei Patientinnen mit idiopathischer Osteoporose durch die Behandlung mit Teriparatid beobachtet (42).
Mögliche teratogene Wirkungen von Osteoporosetherapeutika
Bei jungen Frauen mit bekannter Osteoporose und Fragilitätsfrakturen, die eine zukünftige Schwangerschaft wünschen, ist es wichtig, die Auswirkungen der Schwangerschaft und insbesondere der Stillzeit auf die Knochengesundheit und den Zeitpunkt der Einnahme knochenaktiver Medikamente zu besprechen. In einer kleinen Fall-Kontroll-Studie wurden keine schwerwiegenden teratogenen Wirkungen von Bisphosphonaten festgestellt, aber eine mögliche negative Auswirkung auf die Rate der neonatalen Komplikationen und die Lebendgeburtenrate konnte nicht ausgeschlossen werden (43). Wegen der Retention von Bisphosphonaten in den Knochen wird im Allgemeinen davon abgeraten, eine Behandlung mit Bisphosphonaten zu beginnen, wenn innerhalb von 1 Jahr eine Schwangerschaft geplant ist (27). Es gibt keine Daten beim Menschen über die Sicherheit von Teriparatid, Denosumab oder Romosozumab bei schwangeren Frauen, aber da diese Medikamente nicht in den Knochen retiniert werden, kann davon ausgegangen werden, dass wenn sie vor einer Schwangerschaft abgesetzt werden, keine teratogenen Wirkungen haben (27, 44). Es ist weder bekannt, ob ihre Wirkungen bestehen bleiben, wenn keine Nachbehandlung mit Bisphosphonaten angeschlossen wird, noch ist bekannt, ob beim Absetzen von Denosumab das gleiche Risiko für ein Rebound-Phänomen wie bei postmenopausalen Frauen besteht (44).
Klinische Relevanz
Die Behandlung der prämenopausalen Osteoporose umfasst die Behandlung der Grunderkrankung, die nicht pharmakologische Optimierung der Knochengesundheit und die Erwägung einer pharmakologischen Behandlung bei anhaltendem Knochenverlust / Fragilitätsfrakturen.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die prämenopausale Osteoporose stellt nach wie vor eine diagnostische Herausforderung dar. Eine sorgfältige klinische, radiologische und biochemische Evaluation ist wichtig, um zugrunde liegende sekundäre Ursachen zu erkennen. Diese sollten immer vor dem Verdacht auf eine monogenetische Form der Osteoporose vorausgehen. Neue Entwicklungen bezogen auf fortschrittlichen radiologischen Bildgebungsverfahren sowie Gentests könnten in Zukunft mehr Einblick in die zugrunde liegenden Knochendefekte geben und den Bedarf an invasiven Knochenbiopsien verringern. Die genetische Diagnostik gibt den betroffenen Personen und ihren Familien Informationen über die Ursache der Osteoporose und über die Art der Vererbung. Die Ergebnisse werden auch Auswirkungen auf die medizinische Versorgung und Nachsorge haben. Weil es nur sehr wenige Belege für die Wirksamkeit von knochenaktiven Medikamenten gibt, ist es wichtig, ihren Einsatz im Rahmen eines personalisierten Ansatzes zu erwägen. In der Regel werden pharmakologische Therapien nach einer Optimierung des Lebensstils, einer ausreichenden Kalzium- und Vitamin-D-Supplementierung und einer Behandlung der Grunderkrankung und unter Berücksichtigung der Pläne für eine zukünftige Schwangerschaft bei Frauen im gebärfähigen Alter angesetzt.
Elena Tsourdi führt klinische Studien mit Alexion, Amgen, Amolyt, Ascendis, Kyowa Kirin und UCB durch und erhielt Honorare für Vorträge oder Erstellung von Lehrmaterial von Alexion, Amgen, Ascendis und UCB.
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