Kolorektale Lebermetastasen

Weltweit und in der Schweiz ist das kolorektale Karzinom die dritthäufigste Krebserkrankung. Jährlich erkranken alleine in der Schweiz ca. 4300 Menschen am kolorektalen Karzinom (1). Zum Zeitpunkt der Diagnose zeigen 15 - 25% der Patienten eine Metastasierung in der Leber (synchrone Metastasen). Bei weiteren 15 - 30% der Patienten treten Lebermetastasen im späteren Erkrankungsverlauf auf (metachrone Metastasen) (2 -  4). Die Leber ist dabei der häufigste Manifestationsort kolorektaler Metastasierung. Gründe hierfür sind neben der anatomisch bedingten portalvenösen Drainage des Darmes in die Leber auch ein metastasierungsfreudiges Mikromilieu (5). Und obschon zwei Drittel der Patienten mit hepatisch metastasiertem kolorektalem Karzinom auch eine extrahepatische Ausbreitung zeigen, so sind regionale Behandlungsansätze in der Leber in Kombination mit einer systemischen Therapie mittlerweile Standard geworden und gerechtfertigt, da sie signifikante Überlebensvorteile bis hin zur Heilung zeigen (6). In diesem ersten Teil des Artikels werden Abklärungswege und Möglichkeiten der chirurgischen Standardbehandlung aufgezeigt, in einem zweiten Teil werden ergänzende chirurgische Möglichkeiten und aktuelle systemische Therapien vorgestellt werden.

Zu den verfügbaren regionalen Behandlungen für Lebermetastasen eines kolorektalen Karzinoms zählen die chirurgische Resektion, die thermische und nicht-thermische Ablation, die regionale hepatische intraarterielle Chemotherapie, Chemoembolisation, Radioembolisation sowie die stereotaktische Strahlentherapie. In individuellen Fällen einer hepatisch nicht-resektablen Situation kann auch eine Lebertransplantation bei ausschliesslichem Leberbefall evaluiert werden (7). Von all diesen möglichen Behandlungen ist die chirurgische Resektion der Lebermetastasen in Kombination mit einer Systemtherapie der aktuelle Goldstandard (8).
Die Resektion eingebettet in eine multimodale Therapie bietet die grösste Heilungschance für Patienten mit hepatisch metastasiertem kolorektalem Karzinom. In chirurgischen Fallserien liegen die Überlebensraten fünf Jahre nach Resektion zwischen 35 - 58% bei gleichzeitigen niedrigen Mortalitätsraten von unter 5 Prozent in ausgewiesenen Zentren (9). Langfristig kann so einem Teil der Patienten ein Rezidiv-freies Überleben ermöglicht werden. Nach hepatischer Metastasektomie erleidet etwa ein Drittel der 5-Jahres-Überlebenden einen krebsbedingten Tod, während diejenigen, die 10 Jahre überleben, als geheilt gelten (10). In einer Analyse von 612 aufeinanderfolgenden Patienten, die sich einer Resektion von Lebermetastasen bei metastasiertem kolorektalen Karzinom unterzogen und mindestens 10 Jahre lang beobachtet wurden, gab es 102 Patienten, welche 10 Jahre überlebten. Nur ein Patient erlitt nach 10 Jahren einen krankheitsspezifischen Tod (11).
Mit dieser Übersichtsarbeit möchten wir auf die multimodalen Therapiemöglichkeiten von Resektion und systemischer Chemotherapie bei Patienten mit potentiell resektablen kolorektalen Lebermetastasen hinweisen. Dabei möchten wir die optimale Patientenselektion und Diagnostik besprechen sowie das Timing einer Resektion, die Behandlungssequenz, wie auch die verschiedenen Operationstechniken bei multiplem Leberbefall und schliesslich die Herausforderungen bei rezidivierenden Lebermetastasen aufzeigen.

Wie sollte bei Verdacht einer Lebermetastasierung abgeklärt werden?

Eine gründliche und komplette Diagnostik bei Verdacht auf eine Lebermetastasierung eines kolorektalen Karzinoms ist entscheidend zur Festlegung der weiteren Therapie.
Als sogenannte «Screening»-Untersuchung» dient zunächst der abdominale Ultraschall. Mit hochauflösenden Sonographiegeräten und zusätzlicher Kontrastverstärkung mittels eines für den Ultraschall entwickelten Kontrastmittels können auch kleinere Tumore in der Leber detektiert werden (12). Für eine genaue Charakterisierung des Tumors ist weiterführend eine Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittel sinnvoll. Dabei wird ein «leberspezifisches» (hepatobiliäres) Kontrastmittel eingesetzt, das primär nur von gesunden Leberzellen aufgenommen wird, nicht aber von kolorektalen Metastasen. Neben der Charakterisierung der Lebertumore bietet die MRT umfassende Informationen für die Planung einer Leberoperation, wie die genaue Anzahl der Tumore, ihre Lagebeziehung zu den Gefässen und Gallengängen sowie auch die Lebervolumina, welche im Falle einer Resektion übrigbleiben. Mehrere Studien konnten zeigen, dass die MRT eine höhere Sensitivität bei äquivalenter Spezifität im Vergleich zur Computertomographie (CT) aufweist (13 - 15). Darum ist die MRT die bevorzugte Bilddiagnostik für die Charakterisierung kolorektaler Lebermetastasen. Der Stellenwert eines PET-CTs in der präoperativen Abklärung von Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen zeigt sich in erster Linie im Detektieren von extrahepatischen Metastasen, welche dann das Tumorstadium und somit auch das therapeutische Management beeinflussen (16). Wir verwenden PET-CT standardmässig in unserer Abklärung, obschon dies in der Literatur nicht unbedingt gefordert wird. Dabei ist zu erwähnen, dass das PET-CT nicht innerhalb von 4 Wochen nach Gabe einer systemischen Chemotherapie oder Antikörpertherapie durchgeführt werden sollte, da ansonsten die Sensitivität deutlich reduziert ist (17).
Zur weiteren Abklärung gehört die Bestimmung des Tumormarkers wie das Carcinoembryonale Antigen (CEA), welcher diagnostische und prognostische Wertigkeit beim kolorektalen Karzinom hat. Die Überexpression von CEA steht in engem Zusammenhang mit Lebermetastasen (18). CEA ist einer der am weitesten verbreiteten Tumormarker, welcher zur Überwachung eines Tumorrezidivs nach chirurgischer Resektion oder zum Ansprechen auf eine Chemotherapie eingesetzt wird. Der histologische Nachweis von Lebermetastasen mittels Biopsie ist bei sonst klarer Konstellation wie PET/CT und Tumormarker nicht notwendig, es sei denn, dass die Biopsie für ein molekulares Tumorscreening bei der Planung der Chemotherapie benötigt wird. Häufig können jedoch molekulare Untersuchungen am Material des Primärtumors durchgeführt werden.

Was ist bei der Planung einer chirurgischen Behandlung zu beachten?

Eine geeignete Patientenselektion ist der entscheidende Faktor, um den bestmöglichen perioperativen Verlauf und langfristig Tumorfreiheit zu erreichen. Die Selektion eines für die Resektion geeigneten Patienten umfasst die folgenden drei Faktoren:

  • Patientenfaktoren: Signifikante medizinische Komorbiditäten, welche den perioperativen Verlauf beeinflussen können.
  • Tumorfaktoren: Bei einer systemischen Tumorerkrankung wie dem metastasierten Karzinom, sollte eine neoadjuvante Systemtherapie immer in die Behandlung eingebettet werden (19, 20). Dadurch kann die Tumorbiologie vor der Resektion besser beurteilt werden (d.h. Patienten mit progressiven Metastasen der Leber während systemischer Chemotherapie zeigen eine aggressive Tumorbiologie und sollten nicht operiert werden)(21). Des Weiteren gibt es auch molekulare Tumormarker wie KRAS und BRAF, welche Aufschluss über die zu erwartende Tumorbiologie und Prognose geben können (22 - 24).
  • Anatomische Faktoren: Anatomische Faktoren müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

Der moderne multidisziplinäre Konsens resektabler Lebermetastasen wird definiert als Tumore, welche vollständig reseziert werden können und gleichzeitig eine ausreichende Leberrestmasse zurücklassen (25). Darin eingeschlossen sind auch komplexe Mehr-Schritt-Operationen wie z.B. die ALPPS-Operation. Die Beurteilung der Resektabilität von Lebermetastasen sollte immer durch einen hepatobiliären Chirurgen erfolgen. Wichtig erscheint hier, dass sofern eine vollständige Metastasektomie durchgeführt werden kann und dabei ein funktionelles Restlebervolumen erhaltet werden kann, andere negative prognostische Faktoren eine Operation nicht ausschliessen sollten (26) (Abb. 1). Wenn die zu verbleibende Restleber ein zu kleines Volumen hat (< 30%), kann eine Parenchym-Augmentation der Restleber durch eine Pfortader- und eventuell zusätzliche Lebervenenembolisation der zu entfernenden Leberhälfte durchgeführt werden oder durch eine Zwei-Schritt-Leberresektion erreicht werden. Welches Verfahren am besten geeignet ist, richtet sich nach der individuellen Anzahl und Verteilung der Lebermetastasen und sollte von einem hepatobiliären Chirurgen beurteilt werden.

Was bestimmt den Zeitpunkt und das Ausmass der Leberchirurgie?

Prinzipiell muss bei der chirurgischen Therapieplanung zwischen synchronen und metachronen Lebermetastasen unterschieden werden. Während bei metachronen Lebermetastasen primär die hepatische Tumorerkrankung angegangen werden kann, ist bei der synchronen Metastasierung der zusätzliche Faktor des Primärtumors in die Therapieplanung einzubeziehen (Tab. 1).

Die Operationsstrategie bei synchronen Lebermetastasen richtet sich nach der individuellen Tumorausprägung und Symptomen von Primärtumor und Metastasen. Patienten mit einem symptomatischen obstruierenden Kolonkarzinom werden meistens einer primären Kolonresektion oder bei ausgedehntem Kolonbefall einer Anlage eines entlastenden Stomas zugeführt. Anschliessend folgt die systemische Chemotherapie, gefolgt von einem Restaging und erneuter Evaluation der Leberresektion. Im Fall eines Rektumkarzinoms wird zusätzlich abhängig vom individuellen Fall eine lokale Langzeit- oder Kurzzeitbestrahlung durchgeführt. Sollte jedoch bei symptomatischem Primärtumor eine ausgedehnte Lebermetastasierung beider Leberlappen vorliegen, kann primär eine Stoma-Anlage mit anschliessender Chemotherapie erfolgen. In diesen Szenarien wird häufig ein sogenannter «Liver-first Approach» angewandt, bei dem zuerst die chirurgische Resektion der Lebermetastasen und sekundär die Resektion des Primärtumors erfolgt (Tab. 1). Der Hintergrund dieser Behandlungsstrategie ist, dass die primäre Überlebensprognose von der Lebermetastasierung und weniger vom Primärtumor bestimmt wird. Die gleiche Strategie wird bei ausgeprägter Lebermetastasierung und asymptomatischem Primärtumor angewandt. An unserem Zentrum wird die chirurgische Therapieplanung zwischen hepatobiliären und kolorektalen Chirurgen eng im Konsensus koordiniert.
Das Festlegen der genauen Therapieplanung bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung und ausgedehntem Tumorbefall in beiden Leberlappen sollte in einem interdisziplinären Konzept mit neoadjuvanter und adjuvanter Systemtherapie eingebettet sein (27). Mit Hilfe des neoadjuvantes Konzeptes können ungünstige Tumorverläufe so selektioniert werden. Tumore, welche mittels Systemtherapie nicht kontrolliert werden und weiter fortschreiten, sollten vorerst keiner Chirurgie zugeführt werden.

Operationsmethoden

Bei limitierten Metastasenbefall der Leber kann häufig der Tumor aus der Leber mit einer Parenchym-sparenden Operation komplett entfernt werden. Eventuell muss bei einem zu knappen Leberrestvolumen (<30%) eine präoperative Parenchym-Augmentation der Restleber häufig mittels Pfortaderembolisation erfolgen. Bei ausgedehntem bilobärem Leberbefall können die Metastasen oft nicht mit einer einzigen Operation entfernt werden. Wegen eines zu kleinen Leberestvolumens erfolgt die Resektion in zwei Schritten mit dem Ziel, in der ersten Operation die zu verbleibende Restleber zu befreien und gleichzeitig eine Gewebeaugmentierung der Restleber zu erreichen. Wichtig ist dabei die Berücksichtigung des zeitlichen Auftretens der Metastasen (synchron oder metachron), die Ausdehnung und Verteilung der Lebermetastasen sowie das Vorhandensein zusätzlicher extrahepatischer Läsionen (meist Lunge) (6). Resektable Lungenmetastasen stellen heute keine Kontraindikation für eine ausgedehnte Leberresektion dar, müssen aber individuell und interdisziplinär im Therapiekonzept berücksichtigt werden. Meist werden pulmonale Läsionen nach erfolgter Leberresektion und adjuvanter Systemtherapie chirurgisch oder lokal behandelt (28). Es ist noch zu erwähnen, dass rezidivierende Lebermetastasen immer für eine Re-Resektion evaluiert werden sollten, da die Prognose nach Re-Resektion derer nach einer primären Leberresektion entspricht (29).
Bei ausgedehnten Lebermetastasen, welche sich nicht durch eine Ein-Schritt Operation entfernen lassen, gibt es aktuell zwei verschiedene Operationsverfahren: die «TSH» (Two-Stage Hepatectomy) und die «ALPPS» (Associating Liver Partition and Portal vein ligation for Staged hepatectomy) Operation. Beiden gemeinsam ist die Resektion in zwei Schritten, um Tumorfreiheit zu erreichen und genügend funktionelles Lebergewebe zu erhalten. Bei der TSH werden in der ersten Operation Metastasen in der zu verbleibenden Leberhälfte entfernt, sowie die Portalvene zur anderen Leberhälfte mit den verbleibenden Metastasen ligiert oder embolisiert. Dies triggert ein Leberwachstum und führt zur Hypertrophie der tumorfreien Seite. Nach 6 - 8 Wochen ist in der Regel eine ausreichende Hypertrophie der von den Metastasen befreiten Leberhälfte und suffiziente Leberfunktion erreicht und es kann dann die verbleibende, noch mit Metastasen befallene Leberhälfte in einer zweiten Operation (Komplettierungshepatektomie) sicher entfernt werden (30).
Die ALPPS-Operation ist der TSH sehr ähnlich, wobei während des ersten Eingriffes zusätzlich noch eine Leberteilung (Transsektion) durchgeführt wird. Dabei werden Shuntgefässe zwischen den Leberhälften durchtrennt, was zu einem beschleunigten Wachstum des tumorbefreiten Leberanteiles führt (27, 31). So kann bereits nach 1 - 2 Wochen ein funktionell ausreichendes Lebervolumen erreicht werden, welches die zweite Operation mit Resektion der noch tumorbefallenen Leberseite bereits nach 1 - 2 Wochen sicher ermöglicht.
Obschon die «beste» chirurgische Strategie dieser etablierten Methoden noch Gegenstand von Diskussionen ist, so zeigte sich in Publikationen, dass bei der TSH die zweite Operation häufiger nicht durchgeführt werden kann, da es zwischen den beiden Schritten zu einem neuen Tumorwachstum gekommen ist. So bietet aktuell die ALPPS Operation aus unserer Sicht einen klaren Vorteil, da eine höhere Anzahl an Patienten beide Operationsschritte durchlaufen und so eine Tumorfreiheit in der Leber innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne erzielt werden kann.

PD Dr. med. Christian E. Oberkofler 1,2,6
Dr. med. Ralph Fritsch 3,6,7
Prof. Dr. med. Thomas Pfammatter 4,6
Dr. med. Helena I. Garcia Schüler 5,7
PD Dr. med. Michelle de Oliveira 1,2
Prof. Dr. med. Philipp Dutkowski 1,2
Prof. Dr. med. Matthias Turina 2,7
Prof. Dr. med. Pierre-Alain Clavien 1,2,6
Prof. Dr. med. Henrik Petrowsky 1,2,6
1 Swiss Hepato-Pancreato-Biliary Center,
2 Klinik für Viszeral und Transplantationschirurgie,
3 Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie,
4 Institut für Interventionelle Radiologie,
5 Klinik für Radio-Onkologie,
6 Liver and Pancreas Tumor Center, Comprehensive Cancer Center Zürich
7 Colorectal Cancer Center, Comprehensive Cancer Center Zürich
UniversitätsSpital Zürich, Rämistrasse 100, 8091 Zürich
henrik.petrowsky@usz.ch

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PD Dr. med. Christian E. Oberkofler

Swiss Hepato-Pancreato-Biliary Center
Klinik für Viszeral und Transplantationschirurgie
Liver and Pancreas Tumor Center, Comprehensive Cancer Center Zürich

Dr. med. Ralph Fritsch

Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie
Universität und Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Prof. Dr. med. Henrik Petrowsky

Swiss Hepato-Pancreato-Biliary (HPB) Center
Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie
Liver and Pancreas Tumor Center, Comprehensive Cancer Center Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

henrik.petrowsky@usz.ch

Die Autoren haben im Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Die Integration moderner Operationstechniken und wirksamer medikamentöser Tumortherapien haben im letzten Jahrzehnt zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Behandlung kolorektaler Lebermetastasen geführt.
  • So lassen sich durch diese multimodalen Therapien auch bei einer primär nicht resektablen Lebermetastasierung onkologische Komplettremissionen erreichen.
  • Voraussetzungen für einen derartigen Therapieerfolg sind eine adäquate Patientenselektion, die Individualisierung der Therapie sowie eine optimale Abstimmung der Therapiesequenz.

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Ovarialkarzinom – Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitoren

Die oralen PARP-Inhibitoren setzen neue Standards für Malignome, bei denen die DNA-Reparatur genetisch gestört ist, wie zum Beispiel bei allen BRCA-mutierten Entitäten. Das wenig differenzierte seröse Ovarialkarzinom erfüllt bei den BRCA-mutierten Patientinnen genau diese Bedingung. Die Erhaltungstherapie nach einer erfolgreichen platinhaltigen Ersttherapie (SOLO1-Studie) ist nun für Lynparza® (Olaparib), einer oralen Therapie, mit einer sehr eindrücklichen Reduktion des Rezidivrisikos von 70% nach 41 Monaten Follow-up dokumentiert. Ganz aktuelle Daten der SOLO2-Studie (mindestens 2-fach vorbehandelte platinsensitive Patientinnen) zeigen nun erstmals einen eindrücklichen Überlebensvorteil von + 12.9 Monaten. Auch Niraparib (Zejula) ist bei platinsensitivem Rezidiv zugelassen, ohne die Einschränkung des BRCA-Mutationsnachweises.

Patientinnen mit einem Stadium FIGO III und IV serösen high grade Karzinom des Ovars haben eine sehr unbefriedigende Prognose und die 5-Jahres-Überlebensrate ist nur ca. 20% fürs FIGO III bez. 5% für FIGO IV. Hier ist nun nach Jahren der Stagnation ein Anfang gemacht für eine eindrückliche Prognoseverbesserung durch die Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor. Heute sind bereits drei PARP-Inhibitoren auf dem Markt (Olaparib, Niraparib and Rucaparib) und mindestens zwei weitere, Talazoparib und Veliparib, sind in der klinischen Pipeline mit bisher positiven Resultaten und dürften bald die verbleibenden Indikations-Lücken anpeilen.
Lynparza® (Olaparib), der erste zugelassene PARP-Inhibitor weltweit, ist ein starker Inhibitor der humanen Poly-(ADP-Ribose)-Polymerasen (PARP-1, PARP-2 und PARP-3) und hemmt als Monotherapie oder in Kombination mit Chemotherapie das Wachstum diverser Tumorzelllinien in vitro und das Tumorwachstum in vivo. PARP Enzyme werden für die effiziente Reparatur von Einzelstrangbrüchen in der DNA benötigt. In normalen Zellen werden die DNA-Doppelstrangbrüche über homologe Rekombinationsreparatur (HRR) repariert, für welche unter anderem funktionsfähige BRCA1- und BRCA2-Proteine erforderlich sind. Ist die HRR defekt, z.B. durch pathogene Mutationen in BRCA1/2 oder anderen Genen im HRR Signalweg, spricht man von einer HRD (Homologous recombination deficiency). So können DNA-Doppelstrangbrüche nicht mehr über HRR repariert werden und die Zellen sterben ab.

SOLO1-Studie mit Olaparib als 1. Linien –Erhaltungstherapie

Diese wegweisende internationale, auf mehreren Kontinenten durchgeführte Studie wurde 2018 im NEJM publiziert, obwohl die mediane Beobachtungsdauer mit 41 Monaten noch zu kurz war, um definitive Überlebensdaten zu dokumentieren. Es wurden in dieser randomisierten Placebo-kontrollierten doppelblinden Phase 3 SOLO1-Studie total 1084 Patientinnen gescreent und schliesslich 391 BRCA-mutierte Frauen mit Stadium FIGO III und IV, Ovarial-, Tuben- oder Endometriumkarzinom mit einer partiellen oder kompletten Remission nach einer platinhaltigen Primärtherapie in einer 2:1 Randomisierung mit oral Olaparib (n:260) oder Placebo (n:131) während 2 Jahren behandelt. Olaparib war nicht Teil der kombinierten Primärtherapie. Die Dosis betrug 300mg Olaparib 2 x täglich für 2 Jahre. Zu beachten ist, dass Olaparib mindestens eine Stunde nach einer Mahlzeit eingenommen werden muss und danach sollte die Patientin möglichst 2 Stunden lang nichts essen. Der Nachweis der BRCA-Mutation erfolgte entweder durch eine zentral oder lokal durchgeführte Keimbahnuntersuchung anhand einer Blutprobe oder mittels Untersuchung einer Tumorgewebeprobe. Der BRCA-Status aller Patientinnen wurde soweit möglich mithilfe des Myriad Integrated BRACAnalysis® Tests, des Myriad BRACAnalysis CDx® oder des FoundationOne CDxTM Clinical Trial Assay der Foundation Medicine überprüft.
Der primäre Endpunkt war das vom Untersucher dokumentierte Progressionsfreie Überleben (PFS) gemessen ab Randomisierung. Die sekundären Endpunkte umfassten das PFS2 (Zeit ab Randomisierung bis zur 2. Progression), die Lebensqualität und das Gesamtüberleben. In SOLO1 zeigte sich für Olaparib mit einer Hazard Ratio (HR) von 0,30 eine klinisch relevante und statistisch signifikante Verbesserung des vom Investigator beurteilten PFS gegenüber Placebo (95%-KI 0,23 – 0,41; p < 0,0001; median nicht erreicht für Olaparib versus 13,8 Monate für Placebo). Basierend auf Kaplan-Meier-Berechnung betrug der Anteil der Patientinnen, die nach 12, 24 und 36 Monaten progressionsfrei waren, 88%, 74% bzw. 60% für Olaparib versus 51%, 35% bzw. 27% für Placebo. Die finalen Überlebensdaten der SOLO1 Studie werden noch etwas auf sich warten lassen, was nach einer erfolgreichen Erstlinientherapie letztlich ein hoffnungsvolles Zeichen ist.
Beobachtet (≥ 10%) wurden die bereits bekannten Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Dyspepsie, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Dysgeusie, verminderter Appetit, Schwindel. Die häufigsten Grade ≥ 3 Nebenwirkungen waren Anämie (22%) und Neutropenie (8%). Eine AML wurde bei 3 in der Verumgruppe und bei keiner Patientin der Placebogruppe dokumentiert. Langzeit Resultate sind nun notwendig, um diese Beobachtung einordnen zu können. Die erhobenen Lebensqualitätsdaten zeigten keinen Unterschied in den beiden Armen.

SOLO2-Studie mit Olaparib als Erhaltungstherapie nach Rezidiv

Beim virtuellen ASCO Chicago im Juni 2020 wurden die finalen Da-ten der SOLO2-Studie zum Gesamtüberleben veröffentlicht (Abb. 1).
In dieser grossen randomisierten und placebo-kontrolierten Phase-3-Studie wurde der Effekt der Erhaltungstherapie mit Olaparib bei Patientinnen mit rezidiviertem (mindestens 2 Vortherapien), platinsensitivem und BRCA-mutiertem Ovarialkarzinom untersucht. Im Verhältnis 2:1 randomisiert erhielten 196 Patientinnen Olaparib (150 mg zweimal täglich oral) und 99 Placebo. Die Studienmedikation wurde bis zum Progress oder Tod fortgesetzt.
In der SOLO2-Studie wurde der primäre Endpunkt, eine Verlängerung des PFS erreicht mit 19,1 vs. 5,5 Monate (HR 0,30). Zudem konnte der Nachweis einer Verlängerung des medianen OS durch die Erhaltung mit Olaparib um 12,9 Monate, von 38,8 auf 51,7 Monate, erbracht werden (HR: 0,74; 95% CI: 0,54–1,00; p = 0,0537), obwohl 38% der Patientinnen im Placebo-Arm in der Folge einen PARP-Inhibitor erhielten. Nach 5 Jahren waren im Verum-Arm 42% versus 33% der Placebo Patientinnen noch am Leben, was einer Reduktion der Sterbewahrscheinlichkeit um 26% entspricht (HR 0,74; 95% KI 0,54–1,00; p = 0,52). Nach 5 Jahren erhielten noch 22% der Patientinnen die Therapie im Verum-Arm. Die Zeit bis zur ersten nachfolgenden Therapie wurde signifikant und klinisch relevant verlängert. Über den ganzen Beobachtungszeitraum von median 65 Monaten wurden nur wenige zusätzliche Nebenwirkungen, Dosismodifikationen oder Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen gesehen (Abb. 1).

Patientinnen mit BRCA-Keimbahnmutation wurden noch gesondert analysiert: 190 Patientinnen der Olaparib- und 96 Patientinnen der Placebog-Gruppe wiesen eine Keimbahn-BRCA-Mutation auf. Hier ergab sich ein leicht grösserer Unterschied. Das mediane OS lag unter Olaparib-Erhaltungstherapie bei 52,4 Monaten und bei Placebo-Einnahme bei 37,4 Monaten (HR 0,74; 95% KI 0,52–0,97; p = 0,0306).
Aufgrund dieses markanten Überlebensvorteils wird Olaparib die Standard-Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit einem BRCA-bedingten rezidivierten Ovarialkarzinom, das auf platinbasierte Chemotherapie anspricht.

PARP-Inhibitoren beim Ovarialkarzinom ohne BRCA-Mutation

In der Zwischenzeit wissen wir aber, dass auch Patientinnen ohne BRCA-Mutation von den PARP-Inhibitoren signifikant profitieren können. Für Zejula (Niraparib) in der Dosis von zwei Kapseln zu 100 mg einmal täglich, entsprechend einer täglichen Gesamtdosis von 200 mg, wurde in einer grossen Placebo-kontrollierten Phase 3 Studie mit 553 Patientinnen (davon 203 gBRCA mutiert) gezeigt, dass auch Patientinnen ohne BRCA-Mutation bei platin-sensitivem Rezidiv signifikant profitieren. So verlängerte die Erhaltungstherapie mit Niraparib das mediane PFS bei den Patientinnen mit BRCA-Keimbahnmutation um 15,5 Monate – von 5,5 Monaten unter Placebo auf 21,0 Monate unter Niraparib (HR = 0,27; p < 0,001). Aber auch bei den Patientinnen ohne BRCA-Keimbahnmutation betrug der Unterschied noch +5,4 Monate. Im Niraparib-Arm lebten die Frauen im Median 9,3 Monate progressionsfrei gegenüber 3,9 Monate unter Placebo (HR = 0,45; p<0,001).

Die BRCA-Mutation ist hier also keine Voraussetzung!
Die noch laufende randomisierte, Placebo-kontrollierte, doppelblinde Phase-III-Studie ENGOT-OV26/PRIMA untersucht die Erhaltungstherapie mit Zejula (Niraparib) nun in der Erstlinientherapie, nämlich bei Frauen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom (FIGO-Stadium III oder IV), die auf die platinbasierte Erstlinien-Chemotherapie mit einer partiellen oder kompletten Remission angesprochen haben. Sie erhalten, analog der SOLO1-Studie mit Lynparza, in einer 2:1 Randomisierung täglich 300 mg Niraparib als Dauertherapie in 28-tägigen Zyklen oder Placebo. Alle Patientinnen werden auf eine Homologe Rekombinations-
defizienz (HRD) des Tumors getestet. Primärer Endpunkt ist das PFS bei HRD-positiven Patientinnen. Eine erste Präsentation in Abstract form liegt nun vor und bestätigt die Erwartung, dass auch in der 1.Linien Erhaltungstherapie mit Niraparib das PFS signifikant verbessert wird. Das mediane PFS für die mit Niraparib behandelten Patienten betrug 13,8 Monate versus 8,2 Monate im Placebo-Arm (Hazard Ratio (95% CI): 0,62 (0,5–0,75) p < 0,0001) und für die HRD + Gruppe 21,9 Monate versus 10,4 Monate für den Placebo-Arm (HR (95% CI) 0.43 (0,31–0,59) p < 0,0001). Hier müssen wir noch die definitive Publikation der reifen Daten abwarten.
Die Firmen AstraZeneca und MSD führen derzeit weitere Studien beim Ovarialkarzinom durch, einschliesslich der laufenden Phase-III-Studie PAOLA-1. Diese Studie untersucht die Erhaltungstherapie von Olaparib in Kombination mit Bevacizumab vs. Bevacizumab mit Placebo nach einer primär platinbasierten Chemotherapie bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem fortgeschrittenem Ovarialkarzinom, unabhängig von ihrem BRCA-Status. Erste Ergebnisse wurden am ESMO 2019 vorgestellt und zeigen ein PFS von 16,6. Monaten für den Bevacizumab-Arm und 22,1 Monaten für den Kombinationsarm Bevacizumab und Olaparib (HR 0,59 (95%- KI: 0,49–0,72) p < 0,0001). Ein Kontrollarm mit nur Placebo fehlt allerdings. Die Publikation nach median 22,9 Monaten Follow-up liegt vor, ist aber noch nicht reif für die finalen Überlebensdaten.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. em. Dr. med.Thomas Cerny

Rosengartenstrasse 1d
9000 St. Gallen

thomas.cerny@kssg.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Sowohl in der Erstlinien- wie auch in der Folgetherapie besteht ein neuer Standard mit der Behandlungsoption einer Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor bei platinsensitiven Patientinnen de novo und mit Rezidiv bei einem high-grade Ovarial-, Tuben- oder Endo-
    metriumkarzinom.
  • Sie verbessert die Prognose dieser Patientinnen in einem bedeutsamen Ausmass. Kombinationen mit neueren Angiogenese Inhibitoren wie Cediranib oder der Einsatz von Checkpointinhibitoren in dieser Situation sind weitere hoffnungsvolle Herausforderungen.

1. Moore K, et al. Maintenance Olaparib in Patients with Newly Diagnosed Advanced Ovarian Cancer. NEJM 2018
2. Mirza MR et al, Latest clinical evidence and further development of PARP inhibitors in ovarian cancer. Ann Oncol 2018
3. Mirza MR et al. Niraparib maintenance therapy in platinum-sensitive, recurrent ovarian cancer. NEJM 2016
4. Spriggs DR and Longo DL. PARP Inhibitors in Ovarian Cancer Treatment. Editioral. NEJM 2016
5. Poveda A et al. Final overall survival (OS) results from SOLO2/ENGOT-ov21: A phase III trial assessing maintenance olaparib in patients (pts) with platinum-sensitive, relapsed ovarian cancer and a BRCA mutation. ASCO2020, Abstract #6002
6. Ray‑Coquard, et al. Olaparib plus Bevacizumab as First-Line Maintenance in Ovarian Cancer. NEJM 2019, updated 2.2020

Multiple Risikofaktoren

Fallvorstellung

Bei einem 55-jährigen Inhaber einer Kleinfirma wurde vor 6 Monaten ein Diabetes mellitus diagnostiziert, bisher ohne Komplikationen. In der Familienanamnese sind bei Vater und Mutter ein Diabetes und eine Adipositas bekannt. Aktuell ist der Patient nach einem Unfall krankgeschrieben, sonst häufige körperliche Aktivität, seit 20 Jahren stetige Gewichtszunahme, Schlaf-Apnoe.
Im klinischen Status 141 kg, 183 cm (BMI 42), BU 124 cm, BD 147/107 mm Hg, Puls 103/min, ASR +/+, Vibrationssinn 1. MTP 6/8.
Aktuelle Diabetes-Medikation: Janumet 50/1000, nicht eingenommen, übrige Medikation mit Amlodipin 10 mg 1-0-0.
Im Labor HbA1c 10.2% (Normalwert 4.4-5.6), Cholesterin total 7.3 mM, HDL 0.8 mM (>1.0), LDL 4.6 mM, Triglyzeride 4.2 mM (<1.7), Kreatinin 114 umol/l, eGFR 56 ml/min*1.73m2, Albumin/Kreatinin 5.3 mg/mmol) (<2).  Welche Therapie ist sinnvoll?

Patient wird Ihnen zugewiesen zur besseren Einstellung des Diabetes. Wichtige Fragen?

• Ist Diabetesdiagnose klar?
• Was sind die wichtigsten Kriterien bei der Therapiewahl?
• Optimale Diabetestherapie?
• Multifaktorielle Therapie: Optimale Blutdrucktherapie?
Dyslipidämietherapie? Stop Nikotin

Diabetesdiagnose?

• Klassisches metabolisches Syndrom mit:
– Viszeraler Adipositas
– Arterieller Hypertonie
– Neudiagnostiziertem Diabetes
– Klass. Dyslipidämie mit tiefem HDL-C und hohenTriglyzeriden
– Stark positive Familienanamnese Adipositas und Diabetes
-> Diabetes mellitus Typ 2

Wichtigste Kriterien bei der Therapiewahl?

• Nierenfunktion?
– Chronische Niereninsuffizienz mit Mikroalbuminurie KDIGO G3aA2
• Kardiovaskuläre Erkrankung/Herzinsuffizienz?
– Nicht symptomatisch
• Blutdruck optimal eingestellt?
– 147/107 mm Hg mit Calciumantagonist: nein
• Dyslipidämie gemäss Zielwerten therapiert?
– Triglyzeride 4.2 mM und LDL-C 3.1 mM

Welches ist unter Berücksichtigung aller wichtigen Kriterien bei diesem Patienten die optimale Diabetestherapie?

Soll der Blutdruck von 147/107, Puls 103/min therapiert werden?

Was wäre Ihr Therapievorschlag zur Hypertonie?

Diabetes und Vorgehen bei Lipidtherapie

Meine Therapieempfehlung
• Diabetes mellitus:
– Invokana (Canagliflozin) 100 mg 1-0-0 mit Janumet 50/1000 1-0-1
– DPP-4 Hemmer, weil Patient sicher neu entdeckten Typ 2 Diabetes hat und noch nicht spritzen möchte (GLP-1 RA, allenfalls orales Semaglutid)
• Hypertonie und Dyslipidämie:
– Triveram 40/10/10 1-0-0 (Atorvastatin, Perindopril, Amlodipin)
• Kontrolle in 1 Monat

Was wäre Ihr Therapievorschlag zur kombinierten Hyperlipidämie?

Prof. Dr. med.Roger Lehmann

UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zurich

Roger.Lehmann@usz.ch

Der Autor deklariert Teilnahme an Advisory Boards und Referentenhonorare von Novo Nordisk, Sanofi, MSD, Boehringer Ingelheim, Servier und Astra Zeneca.

Pruritische und antipruritische Farben

Juckreiz ist das häufigste hautbezogene Symptom, er wird durch zahlreiche dermatologische und nicht-dermatologische Ursachen ausgelöst und kann die Lebensqualität reduzieren ähnlich wie Schmerzen. Juckreiz kann auch durch visuelle Reize ausgelöst und beeinflusst werden, wie das Phänomen des «ansteckenden Juckreizes» zeigt. Solche visuellen Reize sind z.B. Farben. Währenddem Farben in der Werbung und z.B. in der Lebensmittelindustrie seit Jahrzehnten effektvoll zur Beeinflussung von Sinneseindrücken angewendet werden, ist deren Wirkung auf den Sinneseindruck Juckreiz bisher nicht untersucht worden. In einer experimentellen Studie konnten nun Forscher der Dermatologie des Universitätsspitals Basel zeigen, dass tatsächlich eine Beziehung zwischen Farben und Juckreiz besteht und Farbbetrachtung die Juckreizintensität verstärken oder abschwächen kann – je nachdem, welche Farben betrachtet werden (Mueller et al, Pruritic and Antipruritic Colors: An Exploratory Pilot Study; Dermatological Therapy 2020; doi: 10.1111/dth.13447). Es ist deswegen möglich, dass Farbkonzepte künftig bei der Behandlung von Juckreizpatienten eine Rolle spielen werden.

Juckreiz ist das häufigste hautbezogene Symptom, ausgelöst durch zahlreiche dermatologische und nicht-dermatologische Erkrankungen (1 - 4). Etwa einer von zwei dermatologischen Patienten ist von Juckreiz betroffen, die Lebenszeitprävalenz in der Allgemeinbevölkerung liegt bei ca. 20% - 25% (1, 5 - 8). Chronischer Juckreiz (definiert mit einer Juckreizdauer > 6 Wochen) kann sich ähnlich wie chronische Schmerzen (9) negativ auf die Lebensqualität auswirken und zu Schlafstörungen, Depressionen und Angstzuständen (10 - 12) führen. Neben chemischer, mechanischer, thermischer und elektrischer Induktion (13 - 15), kann Juckreiz auch durch visuelle Reize ausgelöst werden, z.B. durch Videoclips von Personen, die sich kratzen (16) oder Bilder, die Insekten auf der Haut oder juckende Hauterkrankungen zeigen (17, 18). Dieses Phänomen der visuellen Juckreizübertragung trotz Fehlen eines pruritogenen somatosensorischen Reizes wird als «ansteckender Juckreiz» (engl. «Contagious itch») bezeichnet (19 - 24).
Farbsignale sind ebenfalls visuelle Reize, die bisher jedoch im Zusammenhang mit Juckreiz noch nicht untersucht wurden. Diese archaischen visuellen Reize sind sowohl bei Menschen als auch bei Tieren, die zum Farbsehen fähig sind, an Kommunikation, Selektionsprozessen, Gefahrenerkennung und Entscheidungsfindung beteiligt (25). Darüber hinaus können Farben die Stimmung, die Ausführung kognitiver Aufgaben und die somatosensorische Wahrnehmung beeinflussen (26). Es hat sich zum Beispiel gezeigt, dass Farben die olfaktorischen und gustatorischen Sinneseindrücke (27), die wahrgenommene Wirkung und Wirksamkeit von Medikamenten wie auch die Schmerzempfindung beeinflussen können (28 - 30). Juckreiz und Schmerz weisen viele funktionelle, klinische und neuroanatomische Gemeinsamkeiten auf (31). Zwei Studien befassten sich mit dem Einfluss von Farben auf die Schmerzwahrnehmung: Beide zeigten, dass Schmerzen zusammen mit roten visuellen Stimuli appliziert als intensiver wahrgenommen werden als wenn sie mit blauen oder grünen Stimuli appliziert werden (32, 33). Auf der Grundlage solcher früheren Berichte und der «Modifizierbarkeit» des Juckreizes durch visuelle Reize, beispielhaft erkennbar am Phänomen des ansteckenden Juckreizes, stellten wir die Hypothese auf, dass Farben auch einen Einfluss auf die Juckreizwahrnehmung haben könnten. Im Folgenden wird die experimentelle Studie mit einem Questionnaire-Teil und einem nachfolgenden interventionellen Teil kurz vorgestellt (Mueller et al, Pruritic and Antipruritic Colors: An Exploratory Pilot Study; Dermatological Therapy 2020; doi: 10.1111/dth.13447).

Studiendaten

Am fragebogenbasierten Teil nahmen 72 Patienten (58% Frauen) mit mässigem bis starkem Juckreiz unterschiedlicher Ursachen teil, 65% litten an chronischem Juckreiz (Dauer > 6 Wochen). Die Lebensqualität war juckreizbedingt gemäss dem Messinstrument ItchyQoL erheblich beeinträchtigt.
Auf die Frage «Welche Farbe hat Ihr Juckreiz?» Wählten 94% Rot als Grundfarbe, 2,7% Gelb und jeweils 1,3% Blau oder Grün (Abb. 1A).
Auf die Frage «In welcher Farbe sollte ein Raum gestrichen sein, in den sie gerne gehen möchten, um Ihren Juckreiz zu reduzieren?» (nur eine Farbe konnte gewählt werden) wählten 43% Blau, gefolgt von 29% Grün, 9.7% Gelb und anderen Farben (Abb. 1C). Für alle Grundfarben konnten noch spezifische individuelle Farbtöne angegeben werden (Abb. 1B und 1D). Dabei zeigte sich, dass 72% eine der 8 Blau- oder Grünschattierungen gewählt haben.

Zudem konnte beobachtet werden, dass je schlechter die juckreizbedingte Beeinträchtigung der Lebensqualität von Patienten war, desto dunkler/gesättigter wählten sie die pruritische Farbe. Im Gegensatz dazu fand sich bei den antiprurigninösen Farben: Je schlechter die juckreizbedingte Lebensqualität war, desto heller und weniger gesättigt waren die von den Patienten gewählten juckreizhemmenden Farbtöne (Daten hier nicht gezeigt).
Im fakultativ nachgeschalteten interventionellen Teil wurden 10 zufällig ausgewählt Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen während 10 Minuten mit ihrer subjektiv gewählten juckreizstillenden Farbe an einem Bildschirm exponiert: im Vergleich zum Ausgangswert wurde nach diesen 10 Minuten eine signifikante Juckreizreduktion berichtet. Konträr stieg bei Betrachtung der pruritischen Farbe die mittlere Juckreizintensität signifikant an (Abb. 2.).

Wie kann ein Zusammenhang zwischen Farbe und Juckreiz erklärt werden?

Die Hypothese, dass Farben einen Einfluss auf die Juckreizwahrnehmung haben können, konnte in dieser Studie bekräftigt werden. Unsere Hypothese basierte auf (a) dem Phänomen der Übertragung von visuellem Juckreiz («ansteckender Juckreiz») und (b) auf früheren Studien ausserhalb des Kontextes Juckreiz, in denen berichtet wurde, dass Farben die somatosensorischen Inputs einschliesslich der Schmerzwahrnehmung beeinflussen können (27, 32, 33). Die Farbwahl unserer Patienten stimmt gut mit zwei Studien überein, in denen berichtet wurde, dass die Schmerzwahrnehmung durch Farben verändert werden kann, wobei rote, gelbe und orangefarbene Schmerzstimuli höhere Intensitätswerte induzieren als grüne und blaue Stimuli (32, 33). Ebenso wurde in mehreren Studien berichtet, dass rote, gelbe und orangefarbene Arzneimittelformulierungen als stimulierend und blaue und grüne als beruhigend empfunden werden können (28 - 30), was darauf hinweist, dass Farben selbst direkte psycho-neurophysiologische Wirkungen haben können (28). Die Wirkung von Farben auf Emotionen, Kognition und Verhalten des Menschen faszinierte Wissenschaftler bereits seit mehreren Jahrhunderten (40). 1810 postulierte Johann W. Goethe in «Zur Farbenlehre», dass bestimmte Farben bestimmte Stimmungen und physiologische Reaktionen hervorrufen. In den letzten 50 Jahren wurden die psychologischen Wirkungen von Farben zunehmend in experimentellen Studien untersucht, und heute gelten Farbkonzepte in Marketing und Werbung als unverzichtbar, um bestimmte Emotionen und Sinneseindrücke von Kunden zu beeinflussen und sublime Informationen zu transportieren (27).
Gegenwärtig gibt es zwei Theorien zur Erklärung der psycho-neurophysiologischen Wirkungen von Farben: Die «color arousal theory» postuliert, dass die Wellenlänge der Farbe entscheidend für die Wirkung sei. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass Gelb, Orange und Rot, die längere Wellenlängen (ca. 560 - 780 nm) haben, höhere Erregung (gemessen an Hautleitwert, Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz) hervorrufen als Farben mit kürzeren Wellenlängen wie Blau (430-480 nm) oder Grün (490-540 nm) (28, 33, 41–43). Die «color in context theory» geht davon aus, dass Farben eher kontextbezogen wirken, d.h. sie rufen bestimmte Erinnerungen, Emotionen und Erwartungen hervor, die wiederum die Wahrnehmung beeinflussen (41). Wie von anderen Autoren vorgeschlagen, nehmen wir eine Kombination beider Effekte an, die sowohl biologisch begründet als auch erlernt sein können.
Es mag nicht überraschen, dass Rot fast ausschliesslich als pruritische (Grund-)Farbe gewählt wurde. Juckende Haut infolge von Entzündung, Infektion und/oder Kratzen ist in der Regel rötlich. Rot ist auch die Farbe der Gefahr («Überqueren der roten Linie»), des Alarms (z.B. rote Ampeln und Stoppschilder im Verkehr; Feuerlöscher), der Anziehung («Dame in Rot») oder intensiver negativer Gefühle («Rot sehen») (48). Interessanterweise wurde berichtet, dass Primaten eine Rot-Aversion haben (49), daher scheint es plausibel, dass einige Farbassoziationen evolutionär tief verwurzelt sein dürften (50).
Die Farbe Blau könnte von den Patienten mit einem imaginären Kühleffekt («kaltes Wasser», «Eis») assoziiert werden, zudem wird Blau gewöhnlich als eher entspannend und beruhigend empfunden (51). Es überrascht insofern nicht, dass Patienten einer anderen Studie Blau als optimale Farbe eines psychologischen Beratungsraumes bevorzugten (52). Die zweithäufigste gewählte juckreizhemmende Farbe bei unseren Patienten war Grün, möglicherweise in dem Versuch, der juckenden Farbe Rot entgegenzuwirken. Darüber hinaus wird Grün auch als Ausdruck von Ruhe, positiven Gefühlen und Assoziationen von Vegetation und Frieden angesehen (53). Berichten zufolge ist «The Green Room», in dem die Schauspieler verweilen können, bevor sie auf die Bühne kommen, absichtlich grün gestrichen, um ihr Lampenfieber zu verringern (54).
Diese Beispiele zeigen erneut, dass die Farbwahl unserer Patienten nicht zufällig, sondern einem stereotypen Muster folgte, das gleichzeitig nicht spezifisch für Juckreiz zu sein scheint.
Uns hat überrascht, dass die Beeinträchtigung der juckreizbedingten Lebensqualität und die Helligkeit/Sättigung der gewählten Farbschattierungen offenbar miteinander verbunden sind: Je höher die Beeinträchtigung der juckreizbedingten Lebensqualität war, desto dunkler/gesättigter waren die von den 72 Patienten gewählten pruritischen und desto heller die gewählten antipruritischen Farben. Eine Interpretation dieser Befunde könnte sein, dass die Probanden hellere, juckreizstillende Farbtöne gewählt haben, um der «Dunkelheit/Sättigung» ihrer juckreizbedingten Farbe entgegenzuwirken.
Noch unklar ist, ob spezifische Persönlichkeitsmerkmale in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. So hat beispielsweise eine frühere Studie gezeigt, dass der Grad der «Ansteckung» durch visuellen Juckreiz von der Ausprägung von standardisiert gemessenem Neurotizismus zusammenhängt (10, 16), was darauf hindeutet, dass Persönlichkeitsmerkmale die Wirkung des visuellen Inputs bei Juckreiz-Patienten durchaus beeinflussen könnten.
Des Weiteren ist unklar, welche Rolle der Placebo- und Nocebo Effekt bei unserer Versuchsanordnung spielten. Es ist bekannt, dass Juckreiz-Patienten für beide Effekte empfänglich sind, gewisse Autoren setzen sie auch bewusst therapeutisch ein. Eine Kontrolle mit einer «farblosen» Exposition ist kaum durchführbar, da selbst der Augenschluss nicht farblos ist. Möglicherweise wäre eine Exposition ohne vorgängige Definition der Farbwirkung sinnvoll und die Suggestion der Wirkung so zu umgehen, allerdings ist ein Placebo-Effekt bei der Farbexposition ja prinzipiell willkommen.

Zusammenfassend weist diese Studie auf einen Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung von Juckreiz und Farben hin. Die meisten Patienten definierten Rot als ihre «juckende» und Blau oder Grün als ihre «juckreizhemmende» Farbe. Die Betrachtung der juckreizverstärkenden und juckreizstillenden Farben während 10 Minuten führte zu einer signifikanten Zunahme bzw. Abnahme des Juckreizes, was zeigt, dass der Juckreiz durch Farben verändert werden kann. Diese Ergebnisse ermutigen zur weiteren Untersuchung der Farbexposition als mögliche additive, nicht-pharmakologische, kostengünstige Juckreizbehandlung in grösseren Studien.
Darüber hinaus weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass Farben bei der Behandlung von Juckreiz-Patienten eine Rolle spielen und in Farbkonzepten berücksichtigt werden könnten, sei es bei der Einfärbung von topischen Therapien, Tabletten, Medikamentenverpackungen, Patientenbroschüren und der Wandfarbe von Behandlungseinrichtungen.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. med. Simon M. Müller

Dermatologische Klinik, Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4056 Basel

simon.mueller@usb.ch

Der Autor erklärt, in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte zu haben.

Juckreiz ist das häufigste hautbezogene Symptom, er kann durch visuelle Reize beeinflusst werden, wie das Phänomen des «ansteckenden Juckreizes» zeigt.

Die meisten Patienten definierten Rot als ihre «juckende» und Blau oder Grün als ihre «juckreizhemmende» Farbe.

Farbexposition hat das Potential, sich als additive, nicht-pharmakologische, kostengünstige Juckreizbehandlung zu erweisen.

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Wichtige kardiometabolische Themen für die Praxis

Bedingt durch die Covid-19 Pandemie fand das durch die Firmen Amgen und Bayer unterstützte Cardio-Metabolic Update Meeting als Videokonferenz statt. Die von Medworld organisierte Veranstaltung, die wegen der grossen Nachfrage mehrmals stattfand, war ein überaus grosser Erfolg dank hervorragender Referate, guter Themenauswahl und optimaler praktischer Durchführung.

Die beiden Referenten Frau Prof. Dr. med. Isabella Sudano und Prof. Dr. med. Jan Steffel, beide Klinik für Kardiologie, USZ, stellten zwei extrem wichtige Themen für die Praxis vor, die durch Covid-19 etwas in den Hintergrund geraten sind, aber nach wie vor der häufigsten Todesursache zu Grunde liegen und deshalb grösste Aufmerksamkeit verdienen, wie Prof. Steffel eingangs betonte.
Der Bericht über das Update erfolgt in zwei Teilen. Beim folgenden Teil handelt es sich um das Update zu den Antithrombotika.

Update Antithrombotika, neue Evidenz, neue Guidelines und Therapie bei der chronischen KHK

Das Schema der Gerinnung mit der Plättchen-getriebenen Hämostase und der plasmatischen Gerinnung hat in den letzten Jahrzehnten nicht sehr viel geändert, wie Prof. Dr. med. Jan Steffel feststellte. Man hat früher die Gerinnung stets mit diesen zwei verschiedenen Kaskaden dargestellt, die hintereinander ablaufen und miteinander nichts zu tun haben. Dies stimmt in der Form nicht, denn diese beiden Kaskaden sind an den verschiedensten Stellen miteinander verbunden, unter anderem im Bereich des Thrombins, aus den Plättchen, dem sog. Thrombinburst, mit dem überhaupt die ganze Kaskade erst an Fahrt gewinnt und um den Faktor tausend amplifiziert wird. Dies ist entscheidend, denn, wenn man die eine Kaskade hemmt, hat man immer zwangsläufig einen Effekt auf die gesamte Gerinnung.
Das Ganze wird naturgemäss nochmals eine Spur komplexer, wenn man sich überlegt, wo man überall interagieren kann.
Traditionell spielte die thrombozytäre Gerinnung vor allem eine Rolle im High Shear Stress Bereich, also bei der KHK, beim Infarkt. Dort müssen wir die Plättchenhemmer einsetzen. Während die plasmatische Gerinnung traditionell mit den Vitamin K Antagonisten (VKA) und jetzt seit 10 Jahren mit den DOAC (direkte orale Antikoagulantien) eher im Low Shear Stress Bereich, im venösen System, im linken Vorhof eine Rolle spielt. So ganz stimmt dies eben nicht, wie der Referent feststellte. Die beiden Systeme hängen miteinander zusammen. Das Problem ist, dass viele dieser Substanzen nicht übergreifend untersucht worden sind. Grundsätzlich müssen wir, wenn wir über die DOAC reden, zwischen 2 verschiedenen Situationen bei Patienten mit chronischem Koronarsyndrom (früher stabile KHK) unterscheiden:
Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) Patienten ohne Vorhofflimmern Abhängig davon sind die Möglichkeiten, die wir haben, fundamental verschieden.

Patienten mit chronischem Koronarsyndrom mit Vorhofflimmern

Patienten mit KHK plus VHF wurden traditionell vor allem nach einer Intervention oder einem Ereignis mit Triple Antikoagulation behandelt. Seit der Woest Studie wissen wir, dass die Triple Antikoagulation z.T. mehr Schaden als Nutzen anrichtet, insbesondere wenn die Patienten während eines Jahres mit Tripletherapie antikoaguliert werden. Die Zeit ist schon lange vorbei, wo die Patienten mit einem VKA, Aspirin und Clopidogrel während eines Jahres behandelt wurden. Was man aber lange Zeit nicht wusste ist, wie es sich mit den DOAC verhält, da diese eine andere Pharmakokinetik- und Pharmakodynamik haben. Heute verfügen wir über 4 grosse klinische Studien, mit den einzelnen DOAC bei AF-PCI, nämlich die PIONEER AF-PCI mit Rivaroxaban, die RE-DUAL AF-PCI mit Dabigatran, die ENTRUST AF-PCI mit Edoxaban und die AUGUSTUS AF-PCI mit Apixaban. Ohne auf die einzelnen Unterschiede einzutreten, hat sich daraus eine Standardtherapie entwickelt, wie lange man die Patienten mit Tripletherapie, dualer Therapie und dann mit DOAC Monotherapie behandeln soll. Dies haben wir im Eur. Heart Rhythm Association Guide von 2018 zusammengefasst, so der Referent. Er präsentierte dabei eine modifizierte Variante, da die beiden letzten Studien damals noch nicht publiziert waren. Wenn man alle Studien zusammennimmt gibt man heute nach einer elektiven PCI nur während weniger Tage eine Tripletherapie und danach lässt man einen der Plättchenhemmer weg, in der Regel das Aspirin. Danach schwenkt man auf eine duale Therapie um. Duale Therapie bedeutet nicht duale Plättchenhemmertherapie, sondern DOAC plus in aller Regel Clopidogrel. Beim ACS ist es so, dass gewöhnlich eine Tripletherapie nur während eines Monats empfohlen wird, dies weil durch eine Verlängerung der Tripletherapie die Wirksamkeit in Bezug auf ischämische Endpunkte nicht erhöht wird, aber das Risiko für Blutungen zunimmt. Diese Standardempfehlungen können aber durchaus Variationen je nach Situation des Patienten erfahren. Für die optimale Dauer gibt es noch keine belastbaren Daten. Zur Dauer der Tripletherapie haben wir jedoch Daten: wenn sie zu lange gegeben wird, erhöht man das Blutungsrisiko, wenn sie zu kurz gegeben wird, erhöht man das Risiko eines Reinfarkts oder sogar einer Stentthrombose.
Ein Aspekt, der über die Jahre etwas ausgeblendet war, ist das chronische Koronarsyndrom bei Patienten mit VHF. Dort hat man immer gesagt, dass ein VKA allein ohne Aspirin reicht, wenn der Patient aus der Akutphase heraus ist. Dies wurde auch auf die DOAC ausgedehnt, ohne die entsprechenden Daten zu haben. Im letzten Jahr wurde nun die AFIRE Studie publiziert, die sich explizit dieser Problematik angenommen hat. In der AFIRE Studie wurden Patienten mit chronischem Koronarsyndrom mit Rivaroxaban allein vs. Rivaroxaban plus Aspirin untersucht. Dabei ging die Monotherapie mit Rivaroxaban allein mit deutlich weniger Blutungen einher, was nicht erstaunt; was hingegen überraschend war ist, dass der primäre Effizienzendpunkt numerisch mit der Monotherapie gegenüber der Kombination sogar seltener auftrat. Dies ist wahrscheinlich darin begründet, dass bei Blutungen die Antikoagulation während einer gewissen Zeit gestoppt wurde und daher die Zahl der ischämischen Ereignisse zunahm. Das ASS kann also beim chronischen Koronarsnydrom mit VHF weggelassen werden.

Patienten mit chronischem Koronarsyndrom ohne Vorhofflimmern

Die Patienten sind nur relativ stabil. Je nach Vorgeschichte weisen sie eine wesentliche Einschränkung der Lebensdauer auf, wie der Referent zeigte. Deshalb sollten alle Risikofaktoren behandelt werden. Bei Patienten mit chronischem Koronarsyndrom und VHF können alle DOAC eingesetzt werden. Bei solchen ohne Vorhofflimmern gibt es nur eine Option, das Rivaroxaban, weil dieses als einziges in dieser Indikation untersucht worden ist. Rivaroxaban wird hier in einer Dosis, die sonst nicht üblich ist, gegeben, nämlich 2 x 2.5 mg. Dies ist extrem wichtig, weil seit der Zulassung letztes Jahr schon einige falsche Verordnungen vorgekommen sind. Rivaroxaban läuft in dieser Indikation unter Xarelto vascular, damit es nicht verwechselt wird.

COMPASS-Studie

Das Ganze basiert auf der COMPASS Studie an der insgesamt 27.395 Patienten mit klinisch stabiler KHK oder PAVK beteiligt waren. Durch die Behandlung mit Rivaroxaban (2.5 mg 2 x täglich) plus ASS (100mg täglich) wurde die Inzidenzrate für den primären kombinierten Effizienzendpunkt (kardiovaskulär verursachter Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall) im Vergleich zur alleinigen ASS-Therapie relativ um 24% reduziert. Die Studie wurde wegen des grossen Nutzens der Kombinationstherapie vom unabhängigen Data Safety Management Board vorzeitig beendet. Diese Risikoreduktion ist vor allem durch die Reduktion der Schlaganfälle bedingt aber auch durch die Reduktion des kardiovaskulären Todes. Demgegenüber steht aber auch eine Zunahme der Blutungshäufigkeit um 70%. Dazu ist zu bemerken, dass es nicht signifikant mehr schwere Blutungen und nicht mehr intrakranielle oder tödliche Blutungen zwischen den beiden Gruppen gab. Insgesamt war die Gesamtmortalitätsrate geringer in der Rivaroxaban plus ASS-Gruppe. Weil aber die Studie vorzeitig abgebrochen wurde und daher andere statistische Voraussetzungen gelten, war dieses Ergebnis statistisch nicht signifikant.
Man kann sich nun fragen, ob die Zunahme der Blutungen die Reduktion der ischämischen Ereignisse aufwiegen und damit der Netto klinische Effekt nicht positiv ist. Der Referent hat mit Kollegen das Konzept des präspezifizierten Netto klinischen Effekts in einer kürzlichen Publikation genauer untersucht (Steffel J et al. Circulation.2020). Im Vergleich zur ASS-Monotherapie führte die Kombination von Rivaroxaban 2,5 mg zweimal täglich + ASS zu weniger Netto klinischen-Ereignissen (HR 0.8 =, p < 0.001, vor allem durch die Verhinderung unerwünschter Wirksamkeitsereignisse, insbesondere Schlaganfall und kardiovaskuläre Mortalität, während schwere Blutungen viel seltener und mit geringerer klinischer Wirkung auftraten. Die Reduktion der Netto klinischen Ereignisse war besonders günstig in den Hochrisiko-Untergruppen und in solchen mit multiplen Risikomerkmalen. Wichtig ist, dass der Netto klinische Effekt über die Zeit zunimmt, während die Blutungsrate gleich bleibt. Dies war bei jeder Hochrisikopopulation der Fall. Der relative Benefit bleibt gleich, aber der absolute Benefit nimmt zu.
Das Ganze hat sich auch in den ESC-Empfehlungen niedergeschlagen, wo die Zugabe einer zweiten antithrombotischen Substanz zu Aspirin für die Langzeitsekundärprävention bei Patienten mit hohem Risiko für ischämische Ereignisse und ohne hohes Blutungsrisiko eine IIa/A Empfehlung ist, die Zugabe einer zweiten antithrombotischen Substanz zu Aspirin in der Langzeitprävention bei Patienten mit moderat erhöhtem Risiko für ischämische Ereignisse und ohne hohes Blutungsrisiko eine IIb/A Empfehlung.
Die Zulassung für Xarelto vascular in der Schweiz entspricht den Studiendaten. Über 65-Jährige mit KHK können nach Ausschluss von Kontraindikationen direkt behandelt werden. Unter 65-Jährige müssen mindestens 2 Risikofaktoren aufweisen (Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, rechtslakunärer ischämischer Schlaganfall vor ≥ 1 Monat, Rauchen). Der Referent wies zudem auf den Schweizer Expertenbericht zur praktischen Anwendung von Rivaroxaban 2.5 mg plus ASS zur Behandlung von Patienten mit koronarer Herzkrankheit und/oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit hin.

VOYAGER Studie bei PAD

Die COMPASS Kombination zeigte auch bei Patienten mit einer PAD der unteren Extremitäten, die sich einer Revaskularisierung unterzogen, in der VOYAGER Studie, günstige Ergebnisse. Rivaroxaban/Aspirin war im Vergleich zu Placebo/Aspirin nach 3 Jahren mit einer 2,6%igen absoluten Risikoreduktion für kardiovaskuläre Todesfälle, akute Ischämie der Extremitäten, grössere Amputationen, Myokardinfarkte oder Schlaganfälle assoziiert. Rivaroxaban/Aspirin war mit einer ähnlichen Häufigkeit von grösseren TIMI-Blutungen assoziiert; allerdings gab es im Vergleich zu Placebo/Aspirin eine erhöhte Inzidenz von grösseren ISTH-Blutungen. Die intrakraniellen Blutungen waren zwischen den Behandlungsgruppen ähnlich.

Fazit

  • DOACs sind Standardtherapien zur Schlaganfallprävention bei VHF
  • Individualisierung! Es gibt kein «one size fits all» DOAC.
    – Komplexes Gebiet aber «wert zu investieren»…
  • Patienten mit KHK und VHF:
    • Hochrisiko für Blutungen
    • Hochrisiko für Schlaganfall/Myokardinfarkt/Tod
    • Triple Therapie: Je kürzer desto besser
    • Optimale Daue? Unklar > Individuell unterschiedlich…
    • 1 Jahr nach Ereignis: DOAC Monotherapie
  • Patienten mit KHK ohne VHF:
    • Chronische KHK! Nicht «stabil» …
    • Rivaroxaban 2x 2.5mg + ASS gute Option (Schlaganfall, Tod
    • Je höher das Risiko desto höher der Benefit
  • Gemeinsame Entscheidungsfindung-Patientenbeteiligung /
    Empowerment

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Asymptomatische SARS-CoV-2 Infektionen

Die klinischen Merkmale und Immunreaktionen asymptomatischer Personen, die mit dem schweren akuten respiratorischen Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) infiziert sind, sind wenig bekannt. Daten zur Immunantwort sind von Bedeutung für die Beurteilung der Infektiosität und für immunstrategische Überlegungen.

Bis zum 8. Juli 2020 hat die durch SARS-CoV-2 verursachte Pandemie der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19)
weltweit fast 12 Millionen Menschen betroffen. Die meisten Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen hatten Berichten zufolge leichte bis schwere Atemwegserkrankungen mit Symptomen wie Fieber, Husten und Kurzatmigkeit, die 2 bis 14 Tage nach der Exposition auftreten können. Es gibt jedoch auch andere Patienten, die durch einen positiven RT-PCR-Test diagnostiziert werden, aber entweder asymptomatisch oder minimal symptomatisch sind (1 - 5). Immer mehr Berichte weisen darauf hin, dass asymptomatische Personen das Virus effizient verbreiten können. Das Auftreten dieser stillen Verbreiter von SARS-CoV-2 hat zu Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Epidemie geführt (1, 4). Unser Verständnis der klinischen Merkmale und der Immunreaktionen asymptomatischer Personen mit SARS-CoV-2-Infektion ist jedoch begrenzt. Eine kürzlich erschienene Publikation füllt diese Lücke und beschreibt die epidemiologischen und klinischen Merkmale, die Viruskonzentrationen und die Immunreaktionen bei asymptomatischen Personen (6).

Methoden

37 asymptomatische Personen aus dem Distrikt Wanzhou, bei denen mit RT-PCR-bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen diagnostiziert wurden, die jedoch in den vorangegangenen 14 Tagen und während des Krankenhausaufenthalts keine relevanten klinischen Symptome aufwiesen, wurden weiter untersucht. Asymptomatische Personen wurden in das von der Regierung bezeichnete Wanzhou People’ s Hospital zur zentralisierten Isolation aufgenommen. Die mediane Dauer der Virusausscheidung in der asymptomatischen Gruppe betrug 19 Tage (interquartiler Bereich (IQR), 15 - 26 Tage).

Resultate

Die asymptomatische Gruppe hatte eine signifikant längere Dauer der Virusausscheidung als die symptomatische Gruppe (Log-Rank p = 0,028). Die virusspezifischen IgG-Spiegel in der asymptomatischen Gruppe (Median S/CO, 3,4; IQR, 1,6-10,7) waren in der Akutphase signifikant niedriger (p = 0,005) als in der symptomatischen Gruppe (Median S/CO, 20,5; IQR, 5,8-38,2). Von den asymp­tomatischen Personen wiesen 93,3% (28/30) und 81,1% (30/37) während der frühen Rekonvaleszenzphase eine Reduktion der IgG- bzw. neutralisierenden Antikörperspiegel auf, im Vergleich zu 96,8% (30/31) und 62,2% (23/37) der symptomatischen Patienten. Vierzig Prozent der asymptomatischen Personen wurden in der frühen Rekonvaleszenzphase seronegativ, und 12,9 % der symptomatischen Gruppe wurden negativ für IgG. Darüber hinaus wiesen asymptomatische Personen niedrigere Werte von 18 pro- und anti-inflammatorischen Zytokinen auf.

Fazit

Diese Daten deuten darauf hin, dass asymptomatische Personen eine schwächere Immunantwort auf eine SARS-CoV-2-Infektion hatten. Die Verringerung der IgG- und neutralisierenden Antikörperspiegel in der frühen Rekonvaleszenzphase könnte Auswirkungen auf die Immunitätsstrategie und serologische Untersuchungen haben.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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