ESC 2019 Paris

EDITORIAL Aus der Wissenschaft für die Praxis

Die Jahrestagung der European Society for Cardiology (ESC), die in diesem Jahr zusammen mit dem Weltkongress für Kardiologie in Paris stattfand, ist mit ca. 35 000 Teilnehmern der weltweit grösste Kardiologenkongress. Auch diesmal wurde den Besuchern ein umfangreiches wissenschaftliches Programm geboten nach dem Motto: Wer vieles bietet, wird manchem etwas bieten und jeder geht zufrieden aus dem Haus (Faust).
Die Frage nach den diesjährigen Highlights ist sicherlich nicht einfach zu beantworten, zumal die Auswahl von subjektiven Erwartungen beeinflusst wird. Aber in der Tat wurde eine Reihe von neuen interessanten Studiendaten präsentiert, die rasch Eingang finden dürften in den klinischen Alltag.
Besonderes Interesse fand sicherlich die DAPA-HF-Studie, in der die Wirksamkeit eines neuen Antidiabetikums, nämlich eines SGLT2-Inhibitors bei herzinsuffizienten Patienten untersucht wurde. Und in der Tat, die günstige Wirkung entfaltete diese Substanz auch bei Patienten ohne Diabetes. Mit dieser Studie wurde der Werdegang eines Antidiabetikums zum Kardiakum eingeläutet.
Mit der COMPLETE-Studie wurden die letzten Zweifel beseitigt, dass beim STEMI die möglichst rasche vollständige Revaskularisation für den Patienten vorteilhaft ist. Bzgl. dem ARNI sprechen neue Daten aus der PROVE-HF- und EVALUATE-HF-Studie dafür, dass seine Überlegenheit nur durch kardiale und nicht durch vaskuläre Effekte zu erklären ist.
Doch bei der HFpEF enttäuschte die Substanz, wie die Daten der PARAGON-Studie zeigen. Sehr interessant sind auch die Ergebnisse der ISAR-REACT 5-Studie, bei der Ticagrelor mit Prasugrel beim ACS verglichen wurde. Solche head-to-head-Studien sind aus nachvollziehbaren Gründen etwas sehr Seltenes. Der Gewinner ist eindeutig Prasugrel.
Aber nicht nur viele neue Studien sondern auch die aktualisierten Guidelines wurden vorgestellt: Dyslipidaemien, Diabetes, SVT, CCS und die akute Pulmonare Embolien.
Diese kurzen Schlaglichter mögen zeigen, wie vielfältig das Programm war.
Wir von «info@herz+gefäss» waren wieder vor Ort und haben die wichtigsten News für Sie liebe Leser zusammengetragen.
Und wie Sie bereits gewohnt sind, wird unsere Berichterstattung immer von Interviews von kompetenten Schweizer Kardiologen umrahmt.

Viel Spass beim durchstöbern unserer Kongresszeitung wünscht Ihnen

Ihre Eleonore E. Droux, Verlegerin & Publizistische Leitung

Tour de Coeur 2019 – im Velosattel zum ESC

Ein Zeichen für kardiovaskuläre Prävention

Bereits zum 9. Mal radelte eine Gruppe von sportlichen Schweizer Kardiologen, einigen Industrievertretern sowie dem Verlagsleiter des Aerzteverlag medinfo zum ESC – diesmal 740 km von Yverdons-les-Bains nach Paris.

Der Initiator Prof. Hans Rickli vom Kantonsspital St. Gallen betonte zur 9. Tour de Coeur einmal mehr, dass die Radtour «Werbung» für körperliche Aktivität, sportliche Leistung und die kardioprotektive Wirkung des Velofahrens sei – die Kardiologen also vorführen, was allen geraten wird. Zudem biete sie aber auch eine Plattform, sich unter Kollegen besser zu vernetzen und gegenseitige Ideen auszutauschen. Dies sei ihm in der Kardiologie ein grosses Anliegen.
Mit diesem Appell machten wir uns dieses Jahr mit auch einigen neuen Teilnehmern auf den rund 740 km langen Weg Richtung Paris – zunächst bis zur ersten Übernachtung in Arbois nach einem Tagespensum von 95 km und Überquerung erster kleinerer Pässe. Gefahren wurde jeweils in 3 Gruppen, so dass sich jeder je nach körperlicher Verfassung die schnelle oder langsamere Gruppe aussuchen konnte.
In den darauffolgenden Tagen durchquerten wir auf abgelegenen Strässchen die Wein-gebiete des Burgunds bis zur Übernachtung in einem alten Chateau ausserhalb von Avallon, wo wir in einem herrschaftlichen Schlosssaal mit einem wunderbaren Nachtessen verwöhnt wurden – nach rund 125 km Velofahrt eine schöne Entschädigung!
Bei Sonnenschein und warmen Temperaturen wurden wir, angeführt von Prof. Rickli, am ersten Kongresstag, Samstag, 31. August, beim Rathaus in Paris festlich empfangen. Die Verlegerin Eleonore E. Droux mit dem Wissenschaftlichen Leiter von «info@herz+gefäss», Prof. Walter Riesen,
begrüssten uns Radler zusammen mit dem Präsidenten der SGK,
Prof. Giovanni Pedrazini, welcher für alle Teilnehmer ein «maillot jaune» mit der Aufschrift der Tour de Coeur 2019 bereithielt.
Im nächsten Sommer 2020 feiert die Tour de Coeur ihr 10-jähriges Jubiläum – es geht nach Amsterdam – und Prof. Rickli würde sich freuen, wieder viele neue Gesichter zum Radeln begrüssen zu können!

Andreas J. Bleiker, Verlagsleiter Aerzteverlag medinfo

HOTLINES

Nicht zu viel Plättchenhemmung bei MINOCA

Unter MINOCA versteht man Patienten mit Infarkt, bei denen sich keine relevante koronare Stenose findet (Patients with myocardial infarction without obstructive coronary artery disease). In einer Studie mit 28.783 Infarkt-Patienten war dies bei 6,7% der Fall. Diese Patienten sind in der Regel jünger, haben weniger Komorbiditäten und seltener einen STEMI. Pathogenetisch spielen bei diesen Patienten Plaqueerosionen bzw. –rupturen, Thromboembolien, spontane Koronardissektionen und eine Mikroangiopathie die entscheidende Rolle. Die Prognose der MINOCA-Patienten ist nach den Ergebnissen der grossen CURRENT-OASIS 7-Studie günstiger als die von Non-MINOCA-Patienten. Der kombinierte Endpunkt aus Gesamtmortalität, kardiovaskulärer Mortalität, Reinfarkt und stärkere Blutungsereignisse liegt unter 1% und ist somit 3- bis 4-mal niedriger als in der Non-MINOCA-Gruppe.
Doch welche therapeutischen Konsequenzen ergeben sich aus diesen Daten, vor allem was die Intensität der Plättchenhemmer-Therapie betrifft. Im Rahmen der o.g. Studie wurden zwei Clopidogrel- Strategien miteinander verglichen: 600 mg Tag 1, 150 mg Tag 2-7 und dann 75 mg täglich vs. 300 mg Tag 1 und dann 75 mg täglich. Die höhere Clopidogrel-Dosis erhöhte bei den MINOCA-Patienten das Risiko für kardiovaskulären Tod, Infarkt und Schlaganfall um das Dreifache im Vergleich zur Standarddosierung. Ein solch negativer Effekt wurde nicht bei den Non-MINOCA-Patienten beobachtet. Interessanterweise war aber das Blutungsrisiko bei den MINOCA-Patienten unter der doppelten Clopidogrel-Dosis nicht erhöht, aber bei den Patienten mit einer obstruktiven KHK. Die Daten sprechen dafür, das auch für die Plättchenhemmung beim ACS gilt: One size fits not all. Gefragt ist vielmehr eine individuelle Therapie (Matthias Bossard, Luzern). PS

THEMIS-Studie: Ticagrelor plus ASS bei Diabetikern mit stabiler KHK

Typ 2-Diabetiker mit einer KHK haben ein deutlich erhöhtes Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis. Der Frage, ob eine kombinierte Plättchenhemmung mit Ticagrelor plus ASS einer ASS-Monotherapie im Hinblick auf die Verhinderung eines solchen Ereignisses überlegen ist, wurde im Rahmen der THEMIS-Studie nachgegangen. Bei dieser doppelblinden, placebokontrollierten Studie, in die über 19.000 diabetische KHK-Patienten mit einem Alter von 50 Jahren und mehr aufgenommen wurden, erhielten die Patienten randomisiert entweder die Kombination 75 -150 mg ASS plus zweimal täglich 90 mg Ticagrelor mit der Möglichkeit der Dosisreduktion auf zweimal 60 mg oder nur ASS plus Placebo. Patienten mit bekanntem Myokardinfarkt oder Schlaganfall wurden ausgeschlossen.
Der kombinierte Endpunkt kardiovaskulärer Tod, Infarkt oder Schlaganfall wurde nach einer Beobachtung von 36 Monaten in der Placebo-Gruppe von 7,6%, in der Ticagrelor-Gruppe dagegen nur von 6,9% erreicht (HR 0,90; p = 0,038). Bei der kardiovaskulären Mortalität waren die Vergleichszahlen 3,3% vs. 3,0%, also nicht signifikant unterschiedlich. Doch beim isolierten Endpunkt Infarkt erwies sich die Kombination als signifikant effektiver (2,6% vs. 3,3%). Das gleiche gilt für den Endpunkt Schlaganfall (1,5% vs. 1,8%). Bei der On-treatment-Auswertung waren die Vergleichszahlen für den kombinierten Endpunkt 5,2% unter Ticagrelor vs. 6,4% unter Placebo.
Unter der Kombination war allerdings das Blutungsrisiko erhöht. Es lag bei 0.89 grösseren Blutungen pro 100 Patientenjahre unter der Kombination im Vergleich zu nur 0,36 Ereignissen pro 100 Patientenjahre in der Placebo-Gruppe. Zusammenfassend sagen diese Daten, dass die duale Plättchenhemmung in der Langzeittherapie für Diabetiker mit einer stabilen KHK dann vorteilhaft sein kann, wenn ein niedriges Blutungsrisiko und ein hohes ischämisches Risiko vorliegen (Deepak L. Bhatt, Paris).
Im Rahmen der THEMIS-PCI-Studie wurde die Subgruppe der Patienten, die früher eine PCI erhalten hatten, analysiert. Dabei zeigte sich, dass nur PCI-Patienten von der dualen Therapie profitierten (6,5% mit Ticagrelor vs. 7,7% mit Placebo), aber nicht solche ohne eine interventionelle Therapie in der Vorgeschichte (7,4% vs. 7,5%). Doch das erhöhte Blutungsrisiko bestand in beiden Gruppen. Ein Netto-klinischer Benefit ergab sich somit nur in der PCI-Subgruppe (8,2% vs. 9,7%; p = 0,005) (P. Gabriel Steg, Paris). PS

DAPA-HF-Studie: Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz

In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass SGLT2-Inhibitoren bei Typ-2-Diabetikern das Risiko für die Manifestation einer Herzinsuffizienz senken. Dieser Effekt tritt bereits sehr schnell, nämlich innerhalb von einigen Wochen nach Therapiebeginn auf, so dass er nicht durch eine bessere Stoffwechselkontrolle erklärt werden kann. Vielmehr dürften direkte kardioprotektive Mechanismen die entscheidende Rolle spielen. Dies ist die Rationale für die DAPA-HF-Studie, die die Wirkung des SGLT2-Inhibitors Dapagliflozin bei herzinsuffizienten Patienten untersuchte.
Aufgenommen wurden 4 744 Patienten, die eine HFrEF mit einer LVEF < 40% hatten. Sie erhielten randomisiert 20 mg Dapagliflozin einmal täglich oder Placebo neben der Leitlinien-gerechten Standardtherapie (ARNI oder AT1-Blocker oder ACE-Hemmer 94%, Betablocker 86%, Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist 71%). Primärer Endpunkt der Studie war die Kombination aus Auftreten oder Verschlechterung einer Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod. Nur die Hälfte der Studienteilnehmer hatte einen Typ 2-Diabetes.
Durch Dapagliflozin konnte bei einem medianen Follow up von 18,2 Monaten der primäre kombinierte Endpunkt um 26% (< 0,00001), das Risiko für eine Herzinsuffizienz bzw. eine Verschlechterung einer solchen um 30% (p = 0,00003) und das kardiovaskuläre Sterberisiko um 18% (p = 0,029) reduziert werden. Die Gesamtmortalität wurde um 17% (p = 0,022) gesenkt. Auch die Lebensqualität wurde deutlich verbessert. Dapagliflozin wurde gut vertragen und es gab bei der Verträglichkeit keinen Unterschied zu Placebo. Nur ein Flüssigkeitsmangel trat unter Dapagliflozin etwas häufiger auf (6,5% vs. 6,8%). Die Vergleichszahlen bei der Verschlechterung einer Niereninsuffizienz lagen bei 6,5% vs. 7,2% (John McMurray, Glasgow). PS

COMPLETE-Studie: Revaskularisation beim STEMI

Patienten mit einem STEMI haben nicht selten eine koronare Mehrgefässerkrankung mit mehreren signifikanten Stenosen. Die Frage, ob primär nur die Culprit-lesion oder alle relevanten Stenosen sofort interventionell oder zunächst nur konservativ medikamentös behandelt werden sollten, wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Frühere Studien und Metaanalysen sprechen zumindest dafür, dass möglicherweise die vollständige Revaskularisation auch der Non-culprit-lesions das Reinfarkt-Risiko senken und die Prognose verbessern kann. Jetzt wurde dieser Frage im Rahmen der COMPLETE-Studie erneut nachgegangen.
Randomisiert wurden 4 041 Patienten mit einem STEMI, die leitliniengerecht behandelt wurden. Die Hälfte der Patienten erhielt nur eine Revaskularisation der Culprit-lesion, die andere Hälfte wurde komplett revaskularisiert entweder sofort im Rahmen des ersten Krankenhausaufenthaltes oder innerhalb von 23 Tagen. Eine komplette Revaskularisation mit einem SYNTAX-Score von 0 gelang bei 90,1% der Patienten. Als primäre Endpunkte wurden die Kombination kardiovaskulärer Tod oder Infarkt und die Kombination kardiovaskulärer Tod oder Infarkt oder Ischämie-getriggerte Revaskularisation festgelegt bei einem Follow up von 3 Jahren.
Der erste primäre kombinierte Endpunkt wurde bei kompletter Revaskularisation von 7,8% der Patienten, aber von 10,5% der Patienten, bei denen nur die Culprit-lesion angegangen wurde, erreicht. Dies entspricht einer Risikoreduktion von 26% (HR: 0,74; p = 0,004). Das entspricht einer NNT von 37 über 3 Jahre. Beim zweiten kombinierten Endpunkt war der Benefit der vollständigen Revaskularisation mit einer Risikoreduktion von 49% noch ausgeprägter (HR: 0,51; NNT = 13). Die Überlegenheit der kompletten Revaskularisation war unabhängig davon, ob der Eingriff primär am ersten Tag oder im Rahmen eines zweiten Krankenhausaufenthaltes innerhalb von im Median 3 Wochen durchgeführt wurde. Im Hinblick auf Komplikationen (Stentthrombose, Blutung, Schlaganfall) zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsstrategien (Shamir R. Mehta, Hamilton). PS

CLARIFY-Studie: Langzeitverlauf des chronischen Koronarsyndroms

Von der CLARIFY-Registerstudie wurden jetzt die 5-Jahresdaten von 32 703 Patienten mit einem chronischen Koronarsyndrom präsentiert. Bei diesen Patienten lag der Infarkt oder die Revaskularisation länger als 3 Monate zurück, eine symptomatische Myokardischämie war gesichert und angiografisch war eine >50%ige Koronarstenose dokumentiert. Bei einer Beobachtungsdauer von 5 Jahren lag die Rate an Todesfällen oder einem nicht-tödlichen Infarkt bei 1,7% pro 100 Patientenjahre und sie war bei beiden Geschlechtern gleich. Die Angina pectoris war nur bei Post-Infarktpatienten von prognostischer Relevanz. Patienten mit Angina und einem durchgemachten Infarkt waren besonders gefährdet für ein erneutes Ereignis. Sie erfordern ein besonders intensives Management im Rahmen der Sekundärprävention (Emmanuel Sorbets, Paris). PS

NZOTACS-Studie: Sauerstoff beim ACS

Ob man allen Patienten mit einem ACS routinemässig Sauerstoff geben sollte, diese Frage wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Jetzt wurde dieses Thema erneut Gegenstand einer grossen Studie, nachdem die vorausgegangenen Untersuchungen kein eindeutiges Ergebnis gebracht hatten. Auch gab es Hinweise dafür, dass Sauerstoff evtl. sogar von Nachteil sein könnte. Ausgewertet wurden die Daten von > 40 000 ACS-Patienten, die entweder eine high flow oder eine leichte Oxygenierung erhielten. Bzgl. der 30-Tagesmortalität ergab sich kein Unterschied zwischen den beiden Strategien (3,0% vs. 3,1%). Bei 85-90% der ACS-Patienten lag kein Sauerstoffmangel vor. Diese Patienten profitierten nicht von einer Sauerstoffgabe. Eine solche war jedoch ungefährlich. Patienten mit einer schlechten Oxygenierung zeigten ein 4- bis 5-fach erhöhtes Sterberisiko. Bei ihnen konnte die Mortalität durch die intensive Sauerstoffgabe um 1% gesenkt werden. Das Fazit dieser Studie lautet: Sauerstoff schadet bei einem ACS nicht, aber ist nur sinnvoll, wenn eine Untersättigung vorliegt (Ralph Stewart, Auckland). PS

HISTORIC- und RAPID-TnT-Studie: Stratifizierung mittels hs-Troponin beim ACS

In der HISTORIC-Studie wurde gezeigt, dass mit Hilfe des hs-Troponins ein früher, rascher und zuverlässiger bzw. sicherer Ausschluss eines ACS bei Patienten mit unklaren Thoraxschmerzen gelingt und zwar bereits nach wenigen Stunden nach Einsetzen der Symptome. Im Unterschied zum konventionellen Vorgehen, das eine Troponin-Kontrolle nach 3-4 Stunden vorsieht, erfolgt die zweite Testung beim hs-Troponin bereits nach 1 Stunde. Durch die Implementierung dieses Biomarkers in den klinischen Alltag kann die Dauer des Klinikaufenthaltes um 3,3 Stunden reduziert und der Anteil der Patienten, die umgehend entlassen werden können, auf 57% erhöht werden (Nicholas Mills, Edinburgh).
Diese Ergebnisse werden durch die Daten der randomisierten RAPID-TnT-Studie bestätigt. Auch in dieser Studie wurde die Verweildauer in der Klinik von 5,6 auf 4,6 Stunden verkürzt und es konnten 45,1% ohne weitere Diagnostik wieder entlassen werden, in der Kontrollgruppe waren es nur 32,3% (Derek Chew, Adelaide).
Der eingeladene Diskussionsteilnehmer, Prof. Christian Eugen Müller, Universitätsspital Basel, sagte, dass RAPID-TnT eine «grosse Leistung» sei und eine «sehr, sehr wichtige Säule» zu den Daten darstelle, die die Sicherheit und Wirksamkeit des ESC 0/1-Stunden-Algorithmus dokumentieren. PS

Im Gespräch mit Prof. Firat Duru – Leiter der Rhythmologie, Abteilung für Kardiologie, Universitäres Herzzentrum Zürich

Welche Auswirkungen haben die neu vorgestellten Leitlinien für Ihre Praxistätigkeit?

Die medikamentösen Therapien für die Behandlung von Patienten mit supraventrikulären Tachykardien (SVT) haben sich seit der Veröffentlichung der vorherigen Leitlinien im Jahr 2003 nicht wesentlich geändert. Nichtsdestotrotz verfügen wir heute über mehr Daten zu den potenziellen Vorteilen und Risiken dieser Medikamente und wissen, wie sie sicherer eingesetzt werden können.
Die wichtigste Veränderung in der klinischen Praxis in den letzten Jahren ist auf die Verfügbarkeit effizienterer und sicherer invasiver Methoden zur Behandlung der Arrhythmie durch Katheterablation zurückzuführen. In dieser Hinsicht liegt der Schwerpunkt der neuen SVT-Leitlinien, die von der European Society of Cardiology (ESC) auf ihrem Kongress 2019 in Paris eingeführt wurden, auf der Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit der Katheterablation für einen langfristigen Nutzen. Wir können nun diese Behandlungsmodalität, welche die Versorgung absolut revolutioniert hat, den meisten unserer Patienten mit SVT anbieten.
Die meisten Änderungen in Bezug auf medikamentöse Therapie gegenüber früheren Empfehlungen umfassen Verschiebungen der Empfehlungsgrade für Therapien mit Medikamenten. Zum Beispiel beinhalten die neuen Leitlinien eine Empfehlung der Klasse I für Ibutilid (bisher Klasse IIa) zur Konversion von Vorhofflattern, hingegen eine Empfehlung der Klasse III (Kontraindikation!) für Flecainid und Propafenon (bisher Klasse IIb).
Zu den aktualisierten Empfehlungen für die akute Behandlung von Schmalkomplex-Tachykardien mit Klasse IIa Indikation gehören Verapamil und Diltiazem (bisher Klasse I) und Betablocker (bisher Klasse IIb). Amiodaron und Digoxin wurden in den neuen Leitlinien nicht erwähnt.
Für die akute Behandlung von Breitkomplex-Tachykardien werden Procainamid (Klasse IIa, bisher Klasse I), Adenosin (Klasse IIa, bisher Klasse IIb) und Amiodaron (Klasse IIb, bisher Klasse I) empfohlen. Sotalol und Lidocain wurden in den neuen Leitlinien nicht erwähnt.
Schwangere Frauen mit anhaltenden Herzrhythmusstörungen, die auf Medikamente (z.B. auf Verapamil – neu mit Klasse IIa Indikation) nicht ansprechen oder bei denen eine medikamentöse Therapie kontraindiziert oder unerwünscht ist (vor allem im ersten Schwangerschaftsdrittel), können nun mit einer Katheterablation (ohne Röntgenstrahlung) behandelt werden.
Eleonore E. Droux

BIOSTEMI-Studie

Biodegradierbarer DES ist persistierendem DES überlegen

Stents mit einer biodegradierbaren Matrix bieten eine Reihe von potentiellen Vorteilen. Im Rahmen der BIOSTEMI-Studie konnte mit einem solchen Stent bei STEMI-Patienten das Zielläsions-Versagen im Vergleich mit einem persistierenden Stent gesenkt werden.

Für den Einsatz eines biodegradierbaren Stents gibt es gute Argumente. So fällt der Stimulus für Entzündungsprozesse weg, Hypersensitivitätsreaktionen werden vermieden und dadurch besteht die potentielle Chance, späte und sehr späte Stentthrombosen zu verhindern. In der BIOSCIENCE-Studie wurde bei der Subgruppe der STEMI-Patienten eine Überlegenheit des Orsiro®-Stents, der ein 60 µm Strebendesign aufweist und aus einer biodegradierbaren Polymer-Matrix besteht, dokumentiert.
Im Rahmen der BIOSTEMI-Studie wurde jetzt gezielt bei Patienten mit einem STEMI dieser ultradünne biodegradierbare Sirolimus-beschichtete Stent (BP-SES, Orsiro®) mit dem konventionellen Everolimus-beschichteten Stent (DP-EES, XIENCE®), der aus
einem persistierenden Polymer besteht, verglichen. Das Polymer beim BP-SES besteht aus biodegradierbarer Poly-L-Milchsäure, welches Sirolimus über 12-14 Wochen freisetzt. Bei der Studie handelt es sich um eine prospektive einfach blinde randomisierte Überlegenheitsstudie, in die 1.300 STEMI-Patienten (12% Frauen, 11% Diabetiker) mit einem durchschnittlichen Alter von 62 Jahren aufgenommen wurden.

Weniger Zielläsions-Versagen

Der primäre Endpunkt der Studie war das Zielläsions-Versagen (target lesion failure) innerhalb eines Jahres, also ein neues klinisches Ereignis, das durch die primär interventionell behandelte Koronarläsion verursacht war wie ein Myokardinfarkt oder die Notwendigkeit für eine erneute Revaskularisation. Nach einem Jahr betrug dieses Zielläsion-Versagen in der BP-SES-Gruppe 4% im Vergleich zu 6% beim DP-EES. Auch bei dem sekundären Endpunkt Gesamtmortalität war der biodegradierbare Stent überlegen (3% vs. 6%). Kein Unterschied gab es bei der Infarktrate (2% in beiden Gruppen) und der Rate an Stentthrombosen (2% in beiden Gruppen) (Juan F. Iglesias, Genf).
Dr. med. Peter Stiefelhagen

ICD use in HF-Studie: Langzeitverlauf von ICD-Tägern

Ziel dieser Registerstudie ist es, die Wirksamkeit des ICD im Rahmen der Primärprävention im Hinblick auf die Abnahme der Mortalität im Alltag zu beleuchten. Dabei wurden die Daten von 1.305 Patienten, denen nach den offiziellen Empfehlungen ein ICD implantiert wurde, mit denen von 1.305 Patienten, die trotz gegebener Indikation einen solchen nicht erhalten hatten, verglichen. Die Daten lassen den Schluss zu, dass zu selten ein ICD implantiert wird; denn der ICD senkte sowohl die Kurzzeit- als auch die Langzeit-Mortalität und zwar in allen Subgruppen. Die Ergebnisse unterstreichen den Stellenwert der geltenden Leitlinie (Benedikt Schrage, Hamburg). PS

SWEDEHEART-Studie: Sekundärprävention nach Bypass-Operation

In dieser schwedischen Registerstudie wurde die medikamentöse Sekundärprävention bei Bypass-Patienten im Langzeitverlauf dokumentiert. Die Leitlinie empfiehlt für solche Patienten Statine, RAAS-Inhibitoren und Plättchenhemmer. Alle drei Substanzgruppen erwiesen sich als prognostisch relevant, wobei Statine am stärksten die Mortalität beeinflussen. Deshalb sollten diese Medikamente im Langzeitverlauf nicht abgesetzt und auch bei >75-Jährigen weiter verordnet werden. Dagegen entwickelten Betablocker keinen prognostischen Benefit. Doch die Registerdaten zeigen, dass innerhalb von 8 Jahren die medikamentöse Adhärenz von über 90% auf 80% abnimmt (Erik Bjoerklund, Gothenburg). PS

ENTRUST-AF-PCI-Studie: Edoxaban bei AF-Patienten mit ACS

Die Komorbidität Vorhofflimmern und KHK ist nicht selten. 15% der AF-Patienten entwickeln ein ACS und werden dann mit einem Stent versorgt. Dies erfordert bisher eine antithrombotische Triple-Therapie mit einem oralen Antikoagulanz und zwei Plättchenhemmern.
In dieser Studie wurde in diesem Setting eine duale Therapie mit dem NOAK Edoxaban 60 mg einmal täglich plus einem P2Y12-Inhibitor mit dem Vitamin-K-Antagonisten plus dualer Plättchenhemmung mit einem P2Y12-Inhibitor + ASS verglichen. Eingeschlossen wurden 1 506 AF-Patienten mit einem ACS. Der primäre Endpunkt der Studie waren grössere Blutungsereignisse. Dabei erwies sich die duale Therapie mit Edoxaban der Triple-Therapie mit dem VKA als nicht unterlegen. Eine Überlegenheit konnte nicht dokumentiert werden. Bei den ischämischen Komplikationen (Schlaganfall, Infarkt und Stentthrombose) gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Behandlungsregimen (Andreas Götte, Paderborn). PS

POPular Genetics-Studie: Gentestung bei P2Y12-Inhibitoren

Die modernen P2Y12-Inhibitoren, nämlich Prasugrel und Ticagrelor, sind bei ACS-Patienten wirksamer im Hinblick auf die Vermeidung von Stentthrombosen und Reinfarkte als Clopidogrel und werden deshalb in der Leitlinie als Substanzen der ersten Wahl propagiert. Doch ihr Einsatz ist mit einem höheren Blutungsrisiko assoziiert. Die Überlegenheit könnte sich daraus ergeben, dass ca. bei 30% aller Patienten eine Mutation im CYP2C19-Gen vorliegt, die die Wirksamkeit von Clopidogrel abschwächt. Bei fehlender Mutation müsste Clopidogrel ebenso effektiv sein wie die modernen P2Y12-Inhibitoren. Somit müsste man durch einen gezielten Einsatz dieser Substanzen das Blutungsrisiko vermindern können.
Das war die Rationale für die POPular Genetics-Studie. In dieser Studie wurden 2.488 ACS-Patienten randomisiert entweder ohne genetische Testung immer mit Prasugrel oder Ticagrelor behandelt oder nach entsprechender Genuntersuchung nur dann mit einer dieser beiden Substanzen therapiert, wenn eine Mutation im CYP2C19-Gen nachgewiesen wurde. Ansonsten erhielten die Patienten Clopidogrel. Durch die genetische Testung wurde der kombinierte Endpunkt aus Stentthrombose, Schlaganfall und grössere Blutung statistisch signifikant von 5,9% auf 5,1% und die Gesamtrate an Blutungen von 12,5% auf 9,8% gesenkt (Jurrien M. ten Berg, Nieuwegein). PS

Mitra-fr-Studie: MitraClip™ bei sekundärer Mitralinsuffizienz

Diese Studie untersucht die prognostische Wirkung des MitraClip™ bei sekundärer Mitralinsuffizienz. Bereits die Erstveröffentlichung beim ESC 2018 in München hat grosses Aufsehen erregt, zumal eine fast gleichzeitig veröffentlichte amerikanische Studie (COAPT-Studie) ein exakt gegenteiliges Ergebnis erbrachte. In der Mitra-fr-Studie konnte durch die Intervention die Prognose der Patienten nach 1 Jahr nicht verbessert werden.
Auch nach einer zweijährigen Beobachtung zeigte sich kein signifikanter Unterschied beim Überleben, lediglich zuletzt ein Trend für eine Überlegenheit des MitraClip™. Ob sich dies im weiteren Verlauf zu einer signifikant besseren Überlebensrate entwickeln wird, bleibt abzuwarten (Jean-Francois Obadia, Lyon). PS

Kontrolle des Kaliums bei Patienten mit Herzinsuffizienz

Auf dem Weg zum State of the Art – sind wir schon soweit?

Die Hyperkaliämie ist eine chronische Elektrolytstörung, die bei Patienten mit Herzinsuffizienz weit verbreitet ist und zu schlechten Ergebnissen führt, erklärte der Chairman des Symposiums Prof. Dr. Stefan Anker, Berlin.

Die Hyperkaliämie ist eine Barriere für die von den Richtlinien empfohlene RAAS- Inhibitionstherapie, die zu einem submaximalen Einsatz dieser lebensrettenden Medikamente und einer erhöhten Mortalität führt. Die klinischen Leitlinien empfehlen jedoch keine wirksamen Alternativen. Traditionell sind Therapien bei Hyperkali-ämie mit einer Reihe von Einschränkungen verbunden. Das Symposium soll aufzeigen, wie neue Ansätze den Standard der Behandlung verändern können.

Chronizität und Belastung durch Hyperkaliämie bei Herzinsuffizienz. Ein Update

Die Prävalenz der Hyperkaliämie ist bei verschiedenen Patientenpopulationen unterschiedlich. Bei der Allgemeinbevölkerung beträgt sie 2-3%, bei resistenter Hypertonie 8-17%, bei Diabetes mellitus ca. 17%, bei fortgeschrittener Nierenerkrankung ca. 50%, bei schwerer Herzinsuffizienz unter MRA Behandlung ca 51% und nach Myokardinfarkt 67%, stellte Prof. Dr. Mitja Lainscak, Ljubljana, fest.
Die Hyperkaliämie tritt bei Herzinsuffizienz periodisch wieder auf, wobei die Intervalle sich stets verkürzen. Das Risiko für Hyperkaliämie-assoziierte Mortalität ist bei Komorbiditäten höher, wobei auch die Hypokaliämie mit einer erhöhten Mortalität einhergeht. Hohe Raten einer suboptimalen RAAS-Inhibitor Therapie gehen mit hohen Sterblichkeitsraten bei Patienten mit Herzinsuffizienz einher. Ca. 90% der Patienten sind entweder nicht auf der Zieldosierung oder der RAAS-Inhibitor wurde zurücktitriert oder die Therapie abgebrochen.

Hyperkaliämie als Barriere für die von der Richtlinie empfohlene RAASi-Therapie?

Prof. Anker stellte einen imaginären Patienten vor, der wegen Kurzatmigkeit hospitalisiert wurde. Er hatte einen kontrollierten Diabetes, eine Vorgeschichte von Bluthochdruck. der aktuelle Blutdruck beträgt 124/78 mmHg. Das Serumkalium ist 4.4mEq/l., die eGFR 41 ml/min/1.73 m2, HbA1c 7.2%.
Nach optimiertem Behandlungsschema (Aspirin, Metformin, Furosemid 40 mg/BID, Carvedilol 18.75 mg BID, Sacubitril/Valsartan 49/51 mg BID) beträgt der Blutdruck 100/66 mmHg, das Serumkalium 4.9 mEq/l. Dr Patient stellt fest «ich möchte eine gute Zeit mit meinen Enkeln verbringen, aber alltägliche Dinge, die ich einst für selbstverständlich hielt, lassen mich jetzt erschöpft fühlen». Ist dieser Patient optimal therapiert? Die Europäischen Guidelines empfehlen eine MRA Therapie bei Patienten, die nach ACE-Hemmer- und Betablocker-Therapie und mit LVEF ≤ 35% symptomatisch bleiben. In der RALES Studie senkte Spironolacton die Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz, in EMPHASIS-HF wurden die Hospitalisierungsrate und die Mortalität bei HrEF signifikant durch Eplerenon gesenkt. Entsprechend wurde eine Behandlung mit der halben Dosis Spironolacton(12.5 mg QD) begonnen. Der Blutdruck betrug jetzt 102/62 mmHg, das Serum Kalium 5.2 mEq/l, die eGFR 41 ml/min/1.73m2. Bei erneuter Auftitration des Spironolactons sank der Blutdruck auf 96/60mmHg, das Serumkalium stieg auf 5.4 mEq/l an und die eGFR sank auf 35ml/min/1.73m2 ab. Bei erneuter Halbierung der Spironolacton-Dosis betrug der Blutdruck 102/62 mmHg, das Serumkalium 5.1 mEq/l und die eGFR 38,l/min/1.72m2.
Die Prävalenz der Hyperkaliämie kann bei Patienten mit Herzinsuffizienz, die MRAs erhalten, bis zu 50% betragen. Die Hyperkaliämie führt zum Vermeiden von MRAs bei Patienten mit Herzinsuffizienz. dies vor allem bei Patienten mit Serumkalium > 5.0 mEq/l. Der Patient stellt fest «ich fühlte mich viel besser, ich konnte sogar meine Enkelin zur Schule begleiten. Aber jetzt hat der Doktor die Dosis wieder halbiert und ich fürchte, dass ich mich wieder müde fühle. Es muss doch einen Weg geben, dieses Hyperkaliämie-Problem zu lösen».

Das Management der Hyperkaliämie bei Herzinsuffizienz:
Gibt es Verbesserungsmöglichkeiten?

Die traditionellen Behandlungsoptionen für Hyperkaliämie gehen mit Limitationen einher. Die an Kalium niedrige Diät ist schwierig zu befolgen, die Einschränkung Kaliumreicher Nahrung kann zu Obstipation führen. Sie steht im Widerspruch zur DASH Diät und kann zur Verschlechterung einer chronischen Hypertonie führen, so Prof. Mikhail Kosiborod, Kansas City. Die Wirksamkeit von Diuretika hängt von der Restnierenfunktion ab. Es besteht ein erhöhtes Risiko für Gicht und Diabetes, Die Behandlung kann zu einer Volumenkontraktion, zu vermindertem distalen Nephronfluss, zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion und reduzierter Kalium-Ausscheidung, je nach Wahl des Diuretikums kommen. Der Abbruch oder die Halbierung der RAAS Inhibitionstherapie führt zur suboptimalen Einhaltung von Richtlinien. Bei den traditionellen Kaliumbinden (Natriumpolystyrolsulphonat, SPS) wurde die Langzeitwirkamkeit nicht geprüft. Die Nebenwirkungen sind Magenirritationen, Anorexie, Nausea, Erbrechen, Obstipation und gelegentlich Diarrhoe, unangenehmer Geschmack. Nach 2 monatiger Therapie mit SPS haben in einer grossen Studie 90% die Behandlung abgebrochen. SPS ist mit erhöhtem Risiko für Hospitalisierung wegen schweren gastrointestinalen Ereignissen verbunden.

Neue Kaliumbinder für die Behandlung der Hyperkaliämie bei Erwachsenen

Neue Kaliumbinder sind: Patiromer und Natrium-Zirkonium-Cyclosilikat
Patiromer
Der Wirkungseintritt von Patiromer beträgt 4-7 Stunden. In einer einfach-blinden Phase 3 Studie bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung, die mindestens einen RAAS Inhibitor einnahmen, erreichten 76% nach 4 Wochen eine Normokaliämie (Weir MR, NEJM 2015; 372: 211-221. Unter Patiromer blieben die Serumkalium-Werte bis zu
einem Jahr im Normbereich.
Die Hauptcharakteristika von Patiromer sind Wirkmechanismus: Nicht spezifische Kationenbindung im Austausch für Calcium.
Wirkungseintritt: 4-7 Stunden nach der ersten Dosis
Wirksamkeitsdaten: Wirkung bis zu einem Jahr bei chronischer Behandlung aufrecht erhalten.
Medikamenteninteraktionen: Die Gabe sollte mindestens 3 Stunden von der Einnahme anderer Medikamente entfernt sein, da Patiromer das Potenzial andere orale Medikamente zu binden, hat. Ort der Kalium-Bindung: vorwiegend im distalen Colon.
Unerwünschte Wirkungen: Hypermagnesiämie (5.3%), milde bis moderate gastrointestinale Beschwerden, z.B. Obstipation (6.25%), Hypokaliämie (2.3%).

Natriumzironiumcyclosilikat (NZS)
Der Wirkungseintritt erfolgt innerhalb einer Stunde (HARMONIZE 004). 98% der Patienten erreichten eine Normokaliämie innerhalb der 48 stündigen Korrekturphase mit 10 g NZS dreimal pro Tag. 88% der Patienten, die NZS einnahmen, behielten ein mittleres Serumkalium über 1 Jahr.
Die Hauptcharakteristika von Natriumzirkoniumcyclosilikat sind:
Wirkmechanismus: Bevorzugte Kaliumbindung im Austausch gegen Natrium und Wasserstoff. Wirkungseintritt: Bereits 1 Stunde nach der ersten Einnahme.
Wirksamkeitsdaten: Wirkung über ein Jahr bei chronischer Behandlung aufrecht erhalten.
Medikamenteninteraktionen: Begrenzte Auswirkungen auf die Funktion oder Bindung an andere Medikamente. Die Einnahme von NZS sollte 2 Stunden von der Einnahme anderer Medikamente mit klinisch relevanter pH-abhängiger Bioverfügbarkeit entfernt sein, z.B. anti-HIV Medikamente, Azol Antifungizide und Tyrosinkinaseinhibitoren.
Ort der Kalium-Bindung: im ganzen Gastrointestinaltrakt.
Unerwünschte Wirkungen: Hypokaliämie (4.1%), Oedem-bezogene Ereignisse (5.7%).

Das ESC-HF Konsensus-Dokument 2019 schliesst neue Kaliumbinder als therapeutische Option mit ein.

Die Empfehlungen lauten: NZS oder Patiromer können zum Management der Hyperkaliämie und um die Verwendung von RAAS Inhibitoren und MRA bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit oder ohne chronische Nierenerkrankung in Betracht gezogen werden.
NZS oder Patiromer können bei ausgewählten Patienten mit Herzinsuffizienz mit oder ohne chronische Nierenerkrankung zur Auftitration von MRA zur Vermeidung einer Hyperkaliämie in Betracht gezogen werden.
Abschliessend erwähnte der Referent die beiden Studien PRIORITIZE-HF mit NZS, die 2020 terminiert ist und DIAMOND, mit Patiromer deren Abschluss für 2022 geplant ist.
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Eugene Braunwald Lecture

Welches ist das geeignete Alter zum Beginn einer lipidsenkenden Therapie?

  • Es existieren 3 fundamentale Prinzipien:
  • Die Atherosklerotische kardiovaskuläre Krankheit ist nach wie vor die Ursache Nummer 1 für Tod und Arbeitsunfähigkeit
  • Ein erhöhter LDL-Cholesterinwert ist der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung und die Progression von atherosklerotischer kardiovaskulärer Krankheit
  • Welchen LDL-Cholesterinwert sollten wir anstreben?
    Je tiefer desto besser

Dies die einleitenden Bemerkungen von Prof. Eugene Braunwald, Harvard Medical School, Boston, in seiner ESC Lecture.
Zwei Konzepte für die Atherogenese:

  • Die kumulative LDL-Last: Der Wert des zirkulierenden LDL-Cholesterins g/dl multipliziert mit der Anzahl Expositionsjahre.
  • Die Schwelle für die atherosklerotische kardiovaskuläre Krankheit: Das Alter in Jahren, wenn die kumulative LDL-Last den Wert erreicht, welcher klinisch atherosklerotische Krankheit verursacht .
Prof. Eugene Braunwald

Der Referent illustrierte das Konzept der LDL-Last anhand von 3 beispielhaften LDL-Cholesterinwerten: LDL-C 100mg/dl (2.6mmol/l) (Mittelwert der Bevölkerung), LDL-C 200mg/dl (5.2mmol/l) (heterozygote fam. Hypercholesterinämie) und LDL-C 750mg/dl (19.4mmol/l) (homozygote fam. Hypercholesterinämie). Während die Person mit einem LDL-C von 100mg/dl die Schwelle für atherosklerotische kardiovaskuläre Krankheit im Alter von 70 Jahren erreicht, ist dies bei der Person mit LDL-C 200mg/dl bereits bei ca. 30 Jahren der Fall und bei der Patientin mit 750mg/dl sogar bei etwas über 10 Jahren.

Die familiäre Hypercholesterinämie (FH)

Die 2016 ESC/EAS Guidelines empfehlen die Behandlung der homozygoten familiären Hypercholesterinämie (HoFH) mit Medikamenten so früh als möglich. Dies gilt auch für heterozygote Patienten (HeFH) mit extrem hohen Werten, wie ≥10.3mmol/l (400mg/dl). Beim Screening von 98098 Personen im Copenhagen General Population Survey wurde die Prävalenz von Mutationen, die eine FH verursachen, auf 1 in 217 geschätzt. Der Referent zeigte Daten zum Effekt von Rosuvastatin auf die Carotis-Intima-Media-Dicke (CIMT) bei Kindern mit HeFH. Kinder mit HeFH, die mit Rosuvastatin behandelt wurden, zeigten ein geringeres Fortschreiten der Karotis-Atherosklerose, gemessen an der CIMT, und der Unterschied in der CIMT zwischen ihnen und den nicht betroffenen Geschwistern wurde verringert. Diese Ergebnisse unterstützen den Wert einer frühzeitigen Einleitung einer aggressiven LDL-C-Reduktion mit einer wirksameren Statinbehandlung bei Kindern mit HeFH, wie der Referent ausführte.

Polygene Risikoscores

Die koronare Herzkrankheit hat eine hohe Vererbbarkeit und eine polygene Architektur. Ein genomischer Score wurde an 480000 Erwachsenen zur Vorhersage einer koronaren Herzkrankheit getestet (Inouye M et al JACC 2018). Es zeigte sich dabei, dass der genomische Score unabhängig von den konventionellen Risikofaktoren, aber komplementär zu diesen ist, dass er bei Geburt oder davor quantifizierbar ist und damit ein Potenzial für das Risikoscreening im frühen Lebensalter hat. Die Erhöhung des Risikos, durch seltene kodierende Mutationen frühzeitig einen Myokardinfarkt zu erleiden, ist im Vergleich zu einem hohen polygenen Score gleichwertig. Die relativen Beiträge des monogenen und des polygenen Risikos für den früh einsetzenden Myokardinfarkt sind ähnlich.

Neue orale lipidsenkende Medikamente

Prof. Braunwald stellte zwei neue Medikamente zur Lipidsenkung vor: Bempedoinsäure und Gemcabene. Bempedoinsäure als Zusatz zu maximaler Statintherapie senkte LDL-C um 16.5% gegenüber Statin allein und zeigte keine Zunahme unerwünschter Nebenwirkungen gegenüber Placebo in einer Studie an 2230 Patienten. Auch Gemcabene wird zusätzlich zu maximaler Statintherapie gegeben. Es ergab eine LDL-C Senkung von 23.4% bei einer Dosierung von 300mg und eine von 27.7% bei der Gabe von 900mg. CRP wurde um 26.1 bzw. 53.9% gesenkt. Die Studie umfasste allerdings nur 60 Patienten.

Lipoprotein (a), Lp(a)

Lp(a) wurde in mehreren Studien als unabhängiger zusätzlicher Risikofaktor erkannt. Genetische Daten bestätigen, dass Lp(a) in der Pathophysiologie atherosklerotischer vaskulärer Krankheit und Aortenstenose ein kausaler Faktor ist. Der Plasmawert von Lp(a) ist grossenteils genetisch determiniert. Genetisch erniedrigte Lp(a)-Werte sind mit einem geringeren Risiko für periphere Verschlusskrankheit, Schlaganfall, Herzinsuffizienz und ACS assoziiert. Dies eröffnet die Möglichkeit, durch pharmakologische Lp(a)-Senkung eine Reihe von Krankheiten, die mit Atherosklerose assoziiert sind, zu beeinflussen, stellte der Referent fest. Die Wirkung einer Lp(a)-Senkung um eine Standarddeviation gab er mit einer Reduktion von 29% für koronare Herzkrankheit, 31% für periphere Verschlusskrankheit, 17% für Herzinsuffizienz, 13% für Schlaganfall, 9% für chronische Nierenerkrankung und 37% für Aortenstenose an. Die Therapie von Lp(a) mit Antisense Oligonucleotiden erlaubt eine Senkung um bis zu 75% gegenüber Placebo, wie erste Studien gezeigt haben.

Triglyceride

Ein weiteres Thema, das Prof. Braunwald erörterte, sind die Triglyceride. Er erwähnte dabei die Behandlung mit Icosapent-Ethyl (Eicosapentaensäure (EPA) in reiner Form), welches erstmals in der Studie REDUCE IT eine Senkung des kardiovaskulären Risikos gezeigt hat. Der kombinierte primäre Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, MI, Schlaganfall, koronarer Revaskularisierung, instabiler Angina wurde um 25% gesenkt (NNT 21; p= 0.00000001).

ANGPTL3

Loss-of-Function-Varianten in ANGPTL3 sind mit einem geringeren Risiko für KHK assoziiert, was die antiatherogenen Effekte einer Senkung von ANGPTL3 mit Hilfe eines monoklonalen Antikörpers (Evinacumab) bei Mäusen widerspiegelt. Bei humanen Volontären war die Inhibition von ANGPTL3 mit Evanicumab mit dosisabhängigen Senkungen von LDL-C und der Triglyceride verbunden. Die ANGPTL3-Inhibition zusätzlich zu Statinen, Ezetimibe, Lomitapib und PCSK9-Antikörper führte bei homozygoter familiärer Hypercholesterinämie zu einer Senkung des LDL-C um 49%.

Die PCSK9-Geschichte

Der Referent erinnerte an die Entdeckung von Mutationen im PCSK9-Gen, welche zu autosomaler, dominanter Hypercholesterinämie führen (Abifadel M et al Nature Genetics 2003) und die Tatsache, dass Sequenzvariationen in PCSK9 mit tiefen LDL-C-Werten und Schutz gegen koronare Herzkrankheit einhergehen (Cohen JC et al. New Engl J Med 2008). Innerhalb von 14 Jahren wurde aus dieser Beobachtung eine Therapie mit Hilfe von monoklonalen Antikörpern (Evolocumab, Alirocumab) entwickelt. In der FOURIER-Studie wurde eine 59%ige LDL-C-Senkung (Evolocumab) erzielt, die mit einer Senkung des primären Endpunkts um 15% assoziiert war (Sabatine MS et al New Engl J Med 2017).
Die Entdeckung, dass doppelsträngige RNA einen enzymatischen Mechanismus aktiviert, der zu einer Genabschaltung führt (AZ Fire und CC Mello, Nobelpreis 2006), wurde auch auf PCSK9 angewandt (Fitzgerald K et al. Lancet 2014). Das entsprechende Medikament Inclisiran erlaubt LDL-C-Senkungen um 50% über einen Zeitraum von mehreren Monaten (Ray KK et al Circulation 2018).
Der Referent knüpfte an seine Ausführungen mit der eingangs gemachten Feststellung der kumulativen LDL-Belastung (LDL-C mal Jahre der Exposition) an. Die Senkung des LDL-C von 2.6mmol/l auf 1.5mmol/l mit Inclisiran im Alter von 30 Jahren würde eine Lebensverlängerung um 30 Jahre erlauben, schloss Prof. Braunwald. WFR

Die Chairmen Prof. François Mach und Prof. Colin Baigent mit Prof. Eugene Braunwald

EVOPACS-Studie

Evolocumab zur frühzeitigen Reduktion des LDL-Cholesterinspiegels bei Patienten mit akuten koronaren Syndromen

Dr. Konstantinos Koskinas, Bern

Der Beginn einer Therapie mit Evolocumab während der Akutphase eines akuten Koronarsyndroms (ACS), zusätzlich zur hochintensiven Statintherapie, führte zu einer signifikanten Reduktion von LDL-Cholesterin (LDL-C)
bei Patienten, die im Krankenhaus mit ACS behandelt wurden, wobei die Patienten bis Woche acht mehrheitlich die angestrebten LDL-C-Werte erreichten. Dies sind die Ergebnisse der EVOPACS-Studie, die am 31. 8. in einer Late-Breaking-Session von Dr. Konstantinos Koskinas, Bern, vorgestellt und gleichzeitig im Journal of the American College of Cardio-logy (Koskinas K et al. JACC 2019; pii: S0735-1097(19)36274-6. doi: 10.1016/j.jacc. 2019.08.010. Epub ahead of print) veröffentlicht wurden.
EVOPACS ist die erste randomisierte, doppelblinde Studie zur Beurteilung eines PCSK9-Hemmers in dem sehr risikoreichen Umfeld eines ACS. Dabei wurde die Machbarkeit, Sicherheit und LDL-C-senkende Wirksamkeit dieses Therapieansatzes untersucht. Ausgangspunkt der Studie war die Feststellung, dass die im Krankenhaus für ACS-Patienten eingeleitete hochintensive Statintherapie frühe Ereignisse zwar reduziert, der Wirkungseintritt jedoch verzögert stattfindet und viele Patienten mit dieser Therapie allein die LDL-C-Zielwerte nicht erreichen.
Patienten, die mit ACS (n = 308) mit erhöhten LDL-C-Werten ins Krankenhaus eingeliefert wurden, erhielten randomisiert eine Behandlung mit Evolocumab 420 mg (n = 155) oder Placebo (n = 153). Die Therapie wurde im Krankenhaus eingeleitet und dann alle vier Wochen fortgeführt. Allen Patienten wurde Atorvastatin 40 mg verordnet. Die meisten Patienten (78,2 Prozent) waren bisher nicht mit einem Statin behandelt worden.
Das berechnete LDL-C war zu Studienbeginn und nach acht Wochen bei 277 Patienten (90 Prozent) verfügbar. In der achten Woche sanken die durchschnittlichen LDL-C-Werte von 3,61 mmol/L (139,59 mg/dL) auf 0,79 mmol/L (30,5 mg/dL) unter Evolocumab und von 3,42 mmol/L (132,25 mg/dL) auf 2,06 mmol/L (79,66 mg/dL) unter Placebo.
Nach acht Wochen war der primäre Endpunkt der prozentualen Veränderung von LDL-C gegenüber dem Ausgangswert -77,1 ± 15,8 % in der Evolocumab-Gruppe gegenüber -35,4 ± 26,6% in der Placebogruppe (p < 0,001). Die LDL-C-Reduktionen wurden nach vier Wochen beobachtet und über acht Wochen aufrechterhalten.Mehr Patienten erreichten in der Evolocumab-Gruppe eine LDL-C-Reduktion auf < 1.8 mmol/L als in der Placebogruppe (95,7 Prozent vs. 37,6 Prozent).
Evolocumab wurde gut vertragen und Nebenwirkungen (sekundärer Endpunkt) unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. «Die Behandlung mit Evolocumab ermöglichte es, die derzeit empfohlenen LDL-C-Zielwerte bei > 95 Prozent der Patienten schnell zu erreichen, verglichen mit einem Drittel der placebobehandelten Patienten», schloss der Referent.
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Lipidmodifikation zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos

Die ESC/EAS-Guidelines 2019 zum Management von Dyslipidämien

Grundlagen für die neuen Guidelines

Prof. Brian Ference

Diese Richtlinien anerkennen, dass LDL und andere Apolipoprotein B(Apo B)-haltige Lipoproteine ASCVD (atherosklerotische, kardiovaskuläre Krankheit) verursachen, stellte
Prof. Brian Ference, Cambridge, einleitend fest. Sie geben daher Empfehlungen, zur
Reduktion der ASCVD durch Senkung der Apo B–haltigen Lipoproteine.
Die Leitlinien nehmen zur Kenntnis, dass der Nutzen von lipidsenkenden Therapien sowohl durch die absolute Reduktion von LDL und anderen apo B-haltigen Lipoproteinen als auch durch die entsprechende absolute Reduktion des ASCVD-
Risikos bestimmt wird.
Sie empfehlen daher, die Intensität der lipidsenkenden Therapie, die sowohl auf dem Basis-Lipidspiegel als auch dem Basisrisiko bei ASCVD basiert, zu titrieren.
Die Richtlinien priorisieren die Identifizierung von Personen mit hohem und sehr hohem 10-Jahres-Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis, da sie höchstwahrscheinlich den grössten kurzfristigen klinischen Nutzen aus einer aggressiven lipidsenkenden Therapie ziehen werden. Aufgrund des
Basis-LDL-Cholesterinwerts und Basisrisikos für ASCVD kann der erwartete Nutzen der LDL-senkenden Therapien geschätzt werden. Der Referent verwies auf die Wirksamkeit der einzelnen LDL-senkenden Medikamente (Tabelle 1).

Empfehlung für die Schätzung des kardiovaskulären Risikos

Die Risikoschätzung umfasst 3 Stufen:

  • Klinische Evaluation: Es wird empfohlen, dass Personen mit hohem und sehr hohem Risiko auf der Basis dokumentierter kardiovaskulärer Krankheit, Diabetes mellitus, moderater bis schwerer Nierenerkrankung, sehr hohen Werten einzelner Risikofaktoren, FH oder einem hohen SCORE-Risiko identifiziert werden. Diese Patienten gelten als prioritär für die Beratung und Behandlung aller Risikofaktoren. Diese Empfehlung erhielt eine Klasse I/C-Empfehlung.
  • 10-Jahresrisiko nach SCORE-Berechnung: Die Schätzung des Gesamtrisikos mit Hilfe eines Risikoschätzungssystems wie SCORE wird für asymptomatische Erwachsene ab
    40 Jahren ohne Anzeichen von kardidovaskulärer Krankheit, Diabetes mellitus, chronischer Nierenerkrankung, familiärer Hypercholesterinämie oder LDL-C > 4.9 mmol/l empfohlen. Dies ist ebenfalls eine I/C Empfehlung.
  • Bewertung von Risikomodifikatoren: Bei ausgewählten Personen mit niedrigem bis moderatem Risiko können andere Faktoren, einschliesslich erhöhtes Apo B, Lipoprotein (a), (Lp(a)) oder C-reaktives Protein (CRP), Familienanamnese für verfrühte ASCVD oder die Präsenz von atherosklerotischen Plaques im Imaging die Risikostratifikation verbessern und die Behandlungsentscheidung beeinflussen. Ebenfalls eine I/C Empfehlung.

Risikokategorien: klinische Beurteilung

Der Referent präsentierte anschliessend die verschiedenen Risikokategorien, die insgesamt 4 Kategorein umfassen, von niedrigem bis sehr hohem kardiovaskulärem Risiko.
Sehr hohes kardiovaskuläres Risiko: Dokumentierte ASCVD entweder klinisch oder eindeutig durch Bildgebung.Dokumentierte ASCVD schliesst früheres ACS (MI oder instabile Angina), stabile Angina, koronare Revaskularisierung (PCI, CABG und andere arterielle Revaskularisierungsprozeduren), Schlaganfall und TIA und periphere arterielle Verschlusskrankheit mit ein. Durch Bildgebung eindeutig dokumentierte ASCVD schliesst Befunde mit ein, von denen man weiss, dass sie für klinische Ereignisse prädiktiv sind, wie besipielsweise signifikante Plaques in der Koronarangiographie oder im CT-Scan (Mehrgefässherzkrankheit mit 2 wichtigen epikardialen Arterien, die > 50% Stenosen aufweisen) oder im Karotisultraschall. Diabetes mellitus mit Zielorganschaden, ≥3 Hauptrisikofaktoren oder frühes Auftreten von T1DM mit langer Dauer (> 20 Jahre), schwere chronische Nierenkrankheit (eGFR < 30 ml/min/1.73 m2). Familiäre Hypercholesterinämie mit ASCVD oder mit einem andern Hauptrisikofaktor. Ein kalkulierter SCORE von ≥10% für das 10-Jahresrisiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis.
Hohes kardiovaskuläres Risiko: Personen mit stark erhöhten einzelnen Risikofaktoren, insbesondere Gesamtcholesterin > 8 mmol/l, LDL-C > 3.9 mmol/l oder Blutdruck > 180/110mmHg. Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie ohne weitere Risikofaktoren. Patienten mit Diabetes mellitus ohne Zielorganschaden, mit Diabetesdauer ≥10 Jahre oder einem weiteren, zusätzlichen Risikofaktor. Berechneter Risikoscore ≥5% und < 10% für das 10 Jahresrisiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis.
Moderates Risiko: Junge Patienten (T1DM < 35 Jahre, T2DM < 50 Jahre mit Diabetesdauer unter 10 Jahren) ohne weitere Risikofaktoren. Berechneter Risikoscore ≥1% und < 5% für das 10-Jahresrisiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis.
Niedriges Risiko: Keines der oben genannten Merkmale. Berechneter Risikoscore < 1% für das 10-Jahresrisiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis. Der Referent wies auf die kardiovaskulären Risiko-Score-Charts für europäische Populationen mit hohem und solche mit niedrigem kardiovaskulärem Risiko hin. Die Schweiz gehört zu den Niedrigrisiko-Populationen.
Der Referent betonte, dass die Charts bei der Risikoschätzung helfen können, dass sie aber im Lichte der Erfahrungen des Klinikers und der Patienten-Prätest-Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Krankheit interpretiert werden sollen. Ferner betonte er, dass bei Frauen die Risikoabschätzungen tiefer sind als bei Männern, dass aber das Risiko nur verschoben ist und dass das Risiko einer 60-jährigen Frau ähnlich wie dasjenige eines 50-jährigen Mannes ist. Er wies ferner darauf hin, dass das Risiko bei jungen Personen unerwartet hoch sein kann, auch wenn die absoluten Werte niedrig sind. Die Chart mit dem relativen Risiko und das geschätzte Risikoalter können in diesen Fällen hilfreich sein. Er zeigte das Beispiel eines 40-jährigen männlichen Rauchers mit Risikofaktoren, dessen Gesamtrisiko gleich hoch ist (3-4%) wie dasjenige eines 65-jährigen Mannes mit idealen Risikowerten. Deshalb ist das Risikoalter dieses 40 Jährigen 65 Jahre.

Empfehlungen für Lipidanalysen

Gesamtcholesterin wird für die Abschätzung des kardiovaskulären Gesamtrisikos mit Hilfe des SCORE-Systems benötigt (I/C). HDL-Cholesterin wird empfohlen zur Risikoverfeinerung mit dem online SCORE-System (I/C). Die Bestimmung von LDL-Cholesterin ist als primäre Lipidanalyse für Screening, Diagnose und Management empfohlen (I/C). Die Bestimmung der Triglyceride ist als Teil der Routine-Lipid-Analyse empfohlen (I/C). Non-HDL-C ist für die Risikoabschätzung empfohlen, insbesondere bei Personen mit hohen Triglyceriden, Diabetes, Übergewicht oder sehr tiefen LDL-C Werten (I/C). Die Bestimmung von Apo B ist für die Risikoabschätzung empfohlen, insbesondere bei Personen mit hohen Triglyceriden, Diabetes, Übergewicht oder dem metabolischen Syndrom oder sehr tiefen LDL-C Werten. Diese kann, falls verfügbar, alternativ zu LDL-C als primäre Messung für Screening, Diagnose und Management verwendet werden und kann gegenüber non HDL-C bevorzugt werden bei Personen mit hohen Triglyceriden, Diabetes, Übergewicht oder sehr tiefen LDL-C Werten (I/C). Die Bestimmung von Lp(a) sollte mindestens einmal im Leben einer jeden Person in Betracht gezogen werden, um die Personen mit vererbten, sehr hohen Werten > 180 mg/dl (> 430 nmol/l) zu finden, die ein äquivalentes lebenslanges Risiko aufweisen wie Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie (IIa/C). Lp(a) sollte bei ausgewählten Personen mit einer familiären Belastung durch verfrühte kardiovaskuläre Krankheit bestimmt werden und zur Reklassifizierung von Personen, die ein grenzwertiges Risiko zwischen moderat und hoch aufweisen (IIa/C).

Fazit

  • Bei scheinbar gesunden Personen ist das kardiovaskuläre Risiko häufig das Resultat von multiplen, interagierenden Risikofaktoren. Dies ist die Grundlage für die Gesamt-
    risikoabschätzung und das Management.
  • Bestimmte Personen sind mit einem sehr hohen oder hohen CVD-Risiko konfrontiert, ohne dass sie ein Risiko-Scoring benötigen und erfordern sofortige Aufmerksamkeit bezüglich aller Risikofaktoren. Dies gilt für Patienten mit dokumentierter CVD, Diabetes, familiärer Hypercholesterinämie, chronischer Nierenerkrankung, Carotis- oder Femurplaques, einem Koronar-Calciumscore > 100 oder extremer Lp(a)-Konzentration.
  • Ein Risikoabschätzungssystem wie SCORE kann bei logischen Managemententscheidungen helfen und kann dazu beitragen, sowohl Unter- als auch Überbehandlungen zu vermeiden.
  • Alle Risikoeinschätzungssysteme sind relativ roh und erfordern Aufmerksamkeit in
    Bezug auf qualifizierende Aussagen.
  • Zusätzliche risikorelevante Faktoren können in elektronischen Risikoschätzungssystemen wie HeartScore (www.heartscore.org) berücksichtigt werden.
  • Der Gesamtrisikoansatz ermöglicht Flexibilität: Wenn eine optimale Kontrolle mit einem Risikofaktor nicht erreicht werden kann, kann eine stärkere Auseinandersetzung mit den anderen Risikofaktoren das Risiko dennoch reduzieren.

Bildgebung zur Verbesserung der Auswahl von Patienten für die lipidsenkende Behandlung

Dr. Victoria Delgado

Die neuen Guidelines empfehlen, dass die arterielle Plaquebelastung (A. carotis oder A. femoralis) bei der arteriellen Ultraschalluntersuchung als Risikomodifikator bei Personen mit geringem oder mittlerem Risiko in Betracht gezogen wird (IIa/B), so Dr. Victoria Delgado, Leiden.
Die Referentin präsentierte die verschiedenen Risikokategorien und die Interventionsstrategien in Funktion des kardiovaskulären Gesamtrisikos und der unbehandelten LDL-Cholesterin-Werte. Sie wandte sich dann den bildgebenden Techniken zur Evaluation des kardiovaskulären Risikos zu und wies auf Daten hin, die zeigen, dass die Ultraschalluntersuchung der Karotisplaques eine höhere diagnostische Genauigkeit für die Vorhersage von koronaren Ereignissen hat als die Karotis-Intima-mMedia-Dicke. Die Referentin zeigte ferner Daten zum Koronarkalziumscore, der die langzeitprognostische Genauigkeit für MACE-Ereignisse und Mortalität unabhängig von Alter und Risikofaktoren verbessert. Der Kalziumscore mit CT sollte als Risikomodifikator in der Bewertung des kardiovaskulären Risikos bei asymptomatischen Personen mit niedrigem bis moderatem Risiko in Betracht gezogen werden (IIa/B).

Geeignete Behandlungsziele/ -strategien zur Senkung der Lipidwerte

Prof. Alberico Catapano

Die Rolle von LDL in der Atherogenese und die pathogenetische Plausibilität wurde von Prof. Alberico Catapano, Milano in Erinnerung gerufen.
Der Referent zeigte eine Metaanalyse verschiedener Methoden zur LDL-Senkung und ihren Einfluss auf das relative Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse. Unabhängig von der Art der Lipidsenkung ergibt eine LDL-C-Senkung von 1 mmol/l eine relative Senkung des kardiovaskulären Risikos von 23%. Auch genetische Evidenz unterstützt LDL-C als Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse. Die Untersuchungen zeigen, dass nicht nur die LDL-C-Senkung an sich, sondern auch die Dauer der Senkung eine grosse Rolle bei der Risikoreduktion spielt. Dabei ergab die Senkung durch Statine im ersten Jahr eine Risikoreduktion um 9%, im zweiten Jahr um 22%, nach 2-3 Jahren um 24%.
Prof. Catapano illustrierte ferner das Konzept des Risikoalters anhand der SCORE Charts, wie es bereits im Referat von Prof. Ference beschrieben wurde. Der Referent wies ferner auf die Risikofunktion unter Einschluss von HDL-Cholesterin hin. Als Schlüsselbotschaft zur Risikoabschätzung nannte der Referent unter anderem, dass bei folgenden Personen alle Risikofaktoren ohne ein Risikofaktoren-Scoring sofort berücksichtigt werden müssen: Personen mit dokumentierter kardiovaskulärer Krankheit, Diabetes, familiärer Hypercholesterinämie, chronischer Nierenerkrankung, Karotis- oder Femurplaques, einem Koronarkalziumscore von > 100 oder einer extremen Lp(a)-Erhöhung. Er erinnerte daran, dass die Risiko-Scores relativ rohe Angaben enthalten und Aufmerksamkeit für qualifizierende Aussagen erfordern. Zusätzliche Risikofaktoren können durch elektronische Risikoabschätzungssysteme wie HeartScore berücksichtigt werden. Der Gesamtrisikoansatz erlaubt Flexibilität, betonte der Referent. Wenn die optimale Kontrolle mit einem Risikofaktor nicht möglich ist, kann die Behandlung der andern Risikofaktoren das Risiko immer noch senken.

Lipidanalysen

Prof. Catapano widmete sich des Weiteren den Empfehlungen zur Lipidbestimmung. Das Totalcholesterin sollte für die Abschätzung des kardiovaskulären Gesamtrisikos mit Hilfe des SCORE-Systems bestimmt werden (I/C). HDL-C wird empfohlen zur weiteren Verfeinerung der Risikoabschätzung unter Zuhilfenahme des Online-SCORE-Systems (I/C). Die Bestimmung von LDL-C wird für die primäre Lipidanalyse für Screening, Diagnose und Behandlung empfohlen (I/C). Die Triglyceridbestimmung wird als Teil der Routine-Lipidbestimmung empfohlen (I/C). Der Referent erinnerte ferner an die bereits von Dr. Delgado erwähnte Bestimmung der Plaquebelastung (IIa/B) und des Kalziumscores mit CT (IIa/B).

Behandlungsziele

Als Behandlungsziele für die Prävention kardiovaskulärer Krankheit erwähnte der Referent: Keine Belastung durch Tabak in irgendeiner Form, gesunde Ernährung mit niedrigem Gehalt an gesättigten Fettsäuren mit Schwerpunkt auf Vollkornprodukten, Gemüse, Obst und Fisch, 3.5-7h mässig starke körperliche Aktivität pro Woche oder 30-60 Min. an den meisten Tagen, BMI 20-25 kg/m2, Bauchumfang < 94cm (Männer) und < 80 cm (Frauen). Blutdruck < 140/90 mmHg.
LDL-Cholesterin bei sehr hohem Risiko: In der Sekundärprävention ist eine Behandlung, die eine Senkung des Ausgangswerts um ≥50% und einen Zielwert von < 1.4mmol/l erlaubt, empfohlen (I/A). Dies gilt auch für Personen mit sehr hohem Risiko, aber ohne familiäre Hypercholesterinämie (I/C).
In der Primärprävention bei Personen mit familiärer Hypercholesterinämie und sehr hohem Risiko wird ebenfalls eine LDL-C-Senkung um ≥50% und ein Zielwert < 1.4mmol/l empfohlen (Ia/C).
Für Personen mit einem zweiten vaskulären Ereignis innerhalb von 2 Jahren, die eine maximal tolerierte Statindosis einnehmen, sollte ein LDL-C-Zielwert von < 1.0 mmol/l in Betracht gezogen werden (IIb/B).
Für Personen mit hohem Risiko ist eine LDL-C-Senkung um ≥50% vom Ausgangswert und ein Zielwert von < 1.8mmol/l empfohlen (I/A).
Für Personen mit moderatem Risiko ist ein LDL-C-Zielwert von < 2.6 mmol/l empfohlen (IIa/A), bei niedrigem Risiko ein LDL-C-Zielwert von < 3.0 mmol/l (IIb/A).
Für Non-HDL-C sind die sekundären Zielwerte < 2.2, < 2.6 und < 3.4 mmol/l für sehr hohes, hohes und moderates Risiko. Für Apolipoprotein B gelten als sekundäres Ziel < 65, 80 und 100mg/l für sehr hohes, hohes und moderates Risiko.
Für die Triglyceride wird kein Ziel angegeben, aber < 1.7 mmol/l bedeutet geringeres Risiko und höhere Werte erfordern die Suche nach andern Risikofaktoren.
Diabetes: Für HbA1c gilt < 7%.

Empfehlungen für die pharmakologische Behandlung von LDL-Cholesterin und der Hypertriglyceridämien

Es wird empfohlen, ein hoch intensives Statin bis zur höchsten tolerierten Dosis zur Erreichung der jeweils spezifischen Zielwerte für die verschiedenen Risikokategorien zu verschreiben (I/A).
Falls die Ziele mit der maximalen Statindosis nicht erreicht werden können, ist die Verwendung von Ezetimibe empfohlen (I/B). Für die Primärprävention bei Patienten mit sehr hohem Risiko, aber ohne familiäre Hypercholesterinämie, ist bei Nichterreichung des Zielwerts unter maximaler Statindosis und Ezetimibe die Verwendung eines PCSK9-Inhibitors empfohlen (IIb/C). In der Sekundärprävention ist bei Patienten mit sehr hohem Risiko, die ihren Zielwert unter maximaler Statindosis und Ezetimibe nicht erreichen, die Kombination mit einem PCSK9-Hemmer empfohlen (I/A).
Für Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie mit sehr hohem Risiko (d.h. mit ASCVD oder mit einem andern Hauptrisikofaktor) unter maximaler Statindosis und Ezetimibe ist eine Kombination mit einem PCSK9-Inhibitor empfohlen (I/C).
Wenn eine Statintherapie bei irgendeiner Dosis nicht vertragen wird (sogar nach Rechallenge), ist Ezetimibe empfohlen (IIa/C).
Im obigen Fall kann auch die Zugabe eines PCSK9-Inhibitors zu Ezetimibe in Betracht gezogen werden (IIb/C).

Falls der LDL-C-Zielwert nicht erreicht wird, kann die Kombination eines Statins mit einem Gallensäurebinder in Betracht gezogen werden (IIb/C).
Die NNT (Number Needed To Treat) in Funktion des 10-Jahresrisikos für ein akutes Koronareignis, Ausgangs-LDL (bei optimierter Statin/Ezetimibe-Therapie) und durchschnittliche Risikoreduktion im Zusammenhang mit einer LDL-C-Senkung um 60% ist in der Tab. 2 wiedergegeben.
Statine sind als Therapie der ersten Wahl zur Senkung des kardiovaskulären Risikos bei Hochrisiko-Personen mit Hypertriglyceridämie (> 2.3 mmol/l) empfohlen (I/B). Bei Personen mit hohem (oder sehr hohem) Risiko mit Triglyceriden zwischen 1.5 und 5.6 mmol/l trotz Statintherapie können mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Icosapent-Ethyl 2 x 2g/d) in Kombination mit einem Statin in Betracht gezogen werden (IIa/B).
In der Primärprävention bei Patienten mit LDL-C-Zielwert, die Triglyceridwerte > 2.3 mmol/l aufweisen, kann Fenofibrat oder Bezafibrat in Kombination mit Statinen in Betracht gezogen werden (IIb/B). Dies gilt auch für Hochrisikopatienten mit LDL-C-Zielwert und Triglyceriden > 2.3 mmol/l (IIb/B).

Interventionsstrategien als Funktion des kardiovaskulären Gesamtrisikos und unbehandelter LDL-Cholesterinwerte

Der Referent schloss mit einer Betrachtung der Interventionsstrategien als Funktion des kardiovaskulären Gesamtrisikos und der unbehandelten LDL-Cholesterinwerte und zeigte tabellarisch die Risikokategorien von niedrigem bis sehr hohem Risiko und unbehandelter LDL-Cholesterinwerte von < 1.4 mmol/l bis ≥ 4.9 mmol/l. Bei niedrigem Risiko sind LDL-C Werte bis < 3.0 mmol/l durch Lebensstilberatung zu behandeln. Bei Werten über 3 mmol/l kann neben der Lebensstiländerung (falls ungenügend) eine medikamentöse Behandlung in Betracht gezogen werden, bei Werten ≥4.9 mmol/l ist eine Lebensstiländerung mit begleitender medikamentöser Therapie empfohlen. Bei sehr hohem Risiko ist jedoch bei LDL-C Werten > 1.4 mmol/l neben der Lebensstiländerung zusätzlich eine medikamentöse Therapie in Betracht zu ziehen, bei allen höheren LDL-C-Werten ist eine medikamentöse Therapie neben der Lebensstiländerung indiziert.

Lipidbehandlung bei ausgewählten Patientenpopulationen

Prof. François Mach

Die Behandlung erhöhter Lipide bei Frauen, bei Hypertriglyceridämie, familiärer Hypercholesterinämie, älteren Personen, Diabetes, akuten Koronarsyndromen, ischämischem Schlaganfall und chronischer Nierenerkrankung wurde von Prof. François Mach, Genf, präsentiert.
Statinbehandling bei Frauen Die Statinbehandlung ist bei Frauen gleich wie bei Männern indiziert. Lipidsenkende Medikamente sollten aber nicht eingenommen werden, wenn eine Schwangerschaft geplant ist, auch nicht während Schwangerschaft und Stillen. Bei Patientinnen mit schwerer familiärer Hypercholesterinämie können aber Gallensäurebinder (die nicht absorbiert werden) oder die LDL-Apherese in Betracht gezogen werden. Was die Empfehlungen bezüglich der Triglyceride betrifft, verwies Prof. Mach auf seine Vorredner (siehe dazu oben).
An die Diagnose familiäre Hypercholesterinämie sollte bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit unterhalb von 55 Jahren bei Männern und unterhalb 60 Jahren bei Frauen, ebenso bei Personen mit Verwandten mit verfrühter tödlicher oder nicht-tödlicher kardiovaskulärer Krankheit oder Sehnenxanthomen oder LDL-C-Werten > 5mmol/l (Erwachsene) bzw. > 4 mmol/l (Kinder) und bei erstgradig Verwandten von Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie gedacht werden (I/C). Es wird die Diagnose aufgrund klinischer Kriterien empfohlen und die Bestätigung, falls möglich, mit DNA-Analytik (IIa/C). Nachdem ein Index-Patient diagnostiziert ist, ist ein Kaskadenscreening empfohlen (I/C). Die Behandlung von Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie wurde bereits zuvor besprochen. In Bezug auf die Behandlung alter Personen wird die Behandlung mit Statinen bei ≤ 75-Jährigen wie bei Jungen empfohlen (I/A). Der Beginn einer Statintherapie kann bei Personen > 75 Jahre in Betracht gezogen werden, wenn das Risiko hoch oder sehr hoch ist (IIb/B). Der Beginn mit einer niedrigen Dosierung ist bei signifikanter Nierenfunktionsstörung und/oder Potential für Medikamenteninteraktionen empfohlen, bei nachfolgender Titration zur Erreichung der Zielwerte (I/C).

Diabetes Typ 2

Bei Typ-2-Diabetes-Patienten mit sehr hohem Risiko ist eine Senkung um mindestens 50% und ein Zielwert für LDL-C von < 1.4 mmol/l empfohlen, für diejenigen mit hohem Risiko eine Senkung um mindestens 50% und ein Zielwert von < 1.8 mmol/l (I/A). Bei Typ-1-Diabetes-Patienten mit hohem oder sehr hohem Risiko sind Statine empfohlen (I/A). Die Intensivierung der Statintherapie sollte vor der Einführung einer Kombinationstherapie erfolgen (IIa/C), und falls der Zielwert nicht erreicht wird, ist eine Kombination mit Ezetimibe in Betracht zu ziehen (IIb/B). Dagegen ist eine Statintherapie bei prämenopausalen Frauen mit Diabetes, die eine Schwangerschaft ins Auge fassen oder keine adäquate Verhütungsmethode anwenden nicht empfohlen (III/C). Statine können sowohl bei Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes-Patientinnen ≤ 30 Jahre mit Evidenz für Endorganschaden und/oder LDL-C > 2.5 mmol/l in Erwägung gezogen werden, sofern keine Schwangerschaft geplant ist (IIb/C).

Patienten mit akuten Koronarsyndromen und sehr hohem Risiko

Bei allen Patienten mit akuten Koronarsyndromen ohne Kontraindikation oder definitiver Statinintoleranz ist der möglichst frühe Beginn oder die Fortsetzung einer intensiven Statintherapie ohne Berücksichtigung der Ausgangs-LDL-C-Werte empfohlen (I/A). Die Lipidwerte sollten nach 4-6 Wochen in Bezug auf LDL-C-Senkung ≥ 50% und Zielwert < 1.4 mmol/l kontrolliert werden. Dabei sollten Sicherheitsaspekte beachtet und entsprechende Dosisanpassungen vorgenommen werden (IIa/C). Bei Nichterreichen der Zielwerte ist eine Kombination mit Ezetimibe empfohlen (I/B). Falls nach 4-6 Wochen der LDL-C-Zielwert trotz maximal tolerierter Statindosierung und Ezetimibe nicht erreicht wird, ist die Zugabe eines PCSK9-Inhibitors empfohlen (I/B). Bei Patienten mit Statinintoleranz oder wenn ein Statin kontraindiziert ist, sollte Ezetimibe in Betracht gezogen werden (IIa/C). Wenn der LDL-C-Zielwert nicht erreicht wird trotz maximal tolerierter Statindosis plus Ezetimibe, sollte die Zugabe eines PCSK9-Inhibitors möglichst früh nach dem Ereignis (wenn möglich während der Hospitalisierung) erwogen werden (IIa/C).

Patienten unter PCI

Routinemässige Vorbehandlung oder Aufladen mit Hochdosis-Statintherapie sollte bei Patienten, die sich einer PCI unterziehen, in Betracht gezogen werden (IIa/B).

Patienten mit vorhergehendem Schlaganfall

Patienten nach Schlaganfall oder TIA haben ein sehr hohes Risiko für ASCVD, insbesondere erneuten ischämischen Schlaganfall. Deshalb ist eine intensive LDL-C-Senkungstherapie empfohlen (I/A).

Patienten mit schwerer chronischer Nierenerkrankung (KDOQI- Stadien 3-5)

Patienten mit KDOQI-Stadien 3-5 werden als mit hohem bis sehr hohem Risiko für ASCVD betrachtet (I/A). Die Verwendung von Statinen oder die Kombination Statin/Ezetimibe werden bei Patienten mit nicht Dialyse-abhängiger chronischer Nierenerkrankung Stadium 3-5 empfohlen (I/A). Falls die Patienten bei Dialysebeginn bereits auf Therapie mit Statinen, Ezetimibe oder Statin/Ezetimibe- Kombination sind, sollte die Weiterführung dieser Therapie in Betracht gezogen werden, insbesondere bei Patienten mit ASCVD (IIa/C). Bei Patienten mit Dialyse-abhängiger Nierenerkrankung ohne ASCVD ist dagegen eine Statintherapie nicht empfohlen (III/A).
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

AFIRE-Studie: Rivaroxaban bei AF-Patienten mit stabiler KHK

Die Leitlinie empfiehlt bisher bei AF-Patienten mit einer KHK für 1 Jahr nach einem akuten Ereignis die Kombination eines oralen Antikoagulanz mit einem Plättchenhemmer, danach bei stabiler Erkrankung nur eine orale Antikoagulation. Im Rahmen dieser randomisierten Studie wurde bei AF-Patienten mit einer stabilen KHK eine Rivaroxaban-Monotherapie (10 oder 15 mg täglich) mit der Kombination Rivaroxaban plus einem Plättchenhemmer verglichen. Dabei erwies sich bei einem zweijährigen Follow up die NOAK-Monotherapie im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse und die Gesamtmortalität der Kombination als nicht unterlegen (5,75% pro Patientenjahr unter der Kombination vs. 4,14% pro Patientenjahr unter Monotherapie; HR:0,72) und, was grössere Blutungsereignisse betrifft, sogar als überlegen (2,76% pro Patientenjahr vs. 1,62% pro Patientenjahr; HR: 0,59) (Satoshi Yasuda, Suita). PS

GALACTIC-Studie: Vasodilatatoren bei akuter kardialer Dekompensation

Bei der Therapie der akuten kardialen Dekompensation mit Lungenstauung ist eine rasche Vasodilatation aus symptomatischen Gründen unverzichtbar. Doch wie intensiv und wie lange sollte diese Therapie durchgeführt werden? Kann durch eine intensivere und längere Gabe des Vasodilatators die Prognose verbessert werden? Dieser Frage wurde im Rahmen der GALACTIC-Studie nachgegangen. Die Patienten erhielten randomisiert Vasodilatatoren (Nitrate, Hydralazin, ACE-Hemmer, AT1-Blocker, ARNI) in konventioneller Dosierung oder in höherer Dosierung und über eine längere Zeit. Das Ergebnis ist enttäuschend: Die intensive Strategie verbesserte weder das Gesamtüberleben noch das Risiko für eine erneute Krankenhausbehandlung wegen einer akuten Dekompensation (Christian Müller, Basel). PS

SYNTAX-Studie: Bypass vs. PCI bei Mehrgefässerkrankung

Bei dieser Studie handelt es sich um die erste grosse Studie, in der bei 1 800 Patienten mit einer koronaren Mehrgefässerkrankung bzw. Hauptstammstenose in einem randomisierten Design die operative mit der interventionellen (Paclitaxel-DES) Therapie verglichen wurde. Bei früheren Auswertungen hatte es keinen eindeutigen Sieger gegeben, d.h. die Lebenserwartung im Gesamtkollektiv war gleich. Nur Patienten mit einer 3-Gefäss-Erkrankung profitierten prognostisch von der Bypass-Operation. Bei Patienten mit einer Hauptstammstenose gab es keinen signifikanten Unterschied.
Jetzt wurden die 10-Jahresdaten der SYNTAX-Studie vorgestellt. Auch nach dieser Zeit waren die Überlebensdaten vergleichbar. Die Gesamtmortalität in der DES-Gruppe betrug 27%, in der Bypass-Gruppe 23,5% (HR: 1,17; p=0,092). Doch Patienten mit einer 3-Gefässerkrankung profitierten weiterhin prognostisch von der Operation (Gesamtmortalität bei PCI 27,7% vs. 20,6% bei Bypass; HR: 1,41; p=0,006). Bei der Hauptstammstenose ergab sich auch nach diesem langen Follow up kein signifikanter Unterschied (Gesamtmortalität 26,1% bei PCI vs. 26,7% bei Bypass; HR: 0,90; p=0,47) (Daniel JF Thuijs, Rotterdam). PS

HOPE 4-Studie: Interventionsprogramm für die KHK-Prävention

Eine frühe Erkennung der modifizierbaren kardiovaskulären Risikofaktoren mit entsprechenden Veränderungen des Lifestyle und einer konsequenten medikamentösen evidenzbasierten Therapie reduziert das KHK-Risiko stärker als erwartet. Die Umsetzung dieser Empfehlung brachte in der HOPE 4-Studie eine Risikoreduktion von 40% in 10 Jahren. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe führte die intensive Intervention nämlich zu einer Abnahme des Risikos von 11,17% auf 6,4% (p < 0,0001) (Jon-David Schwalm, Hamilton). PS

Update Omega-3 Fettsäuren und Kardioprotektion

Die bisherigen evidenzbasierten Daten bestätigen, dass die auf Fischkonsum gestützte Hypothese der kardiovaskulären Prävention eher zutrifft. Die Hypothese der Kardioprotektion, die sich auf die Einnahme von Fischöl reduziert bleibt hingegen weiterhin kontrovers und ihre Evidenz – im Besonderen unter Berücksichtigung der neuesten Studien – fehlt weitgehend.

Les données probantes à ce jour confirment plutôt l’ hypothèse de prévention cardiovasculaire fondée sur la consommation de poisson. Cependant, l’ hypothèse de la cardioprotection qui se réduit à l’ingestion d’ huile de poisson reste controversée et ses preuves – surtout à la lumière des études récentes – font largement défaut.

Im Ursprung der Kardioprotektion durch Fischöl

Dass Fisch ein sinnvolles Nahrungsmittel ist, wird schon in der Bibel erwähnt und für an Gewässern lebende Populationen war Fisch seit Urzeiten ein hochgeschätztes Grundnahrungsmittel. Im alten Ägypten wurde sogar den Toten Fisch als Proviant auf ihre Reise mitgegeben. Erst im Jahre 1976 rückte Fisch ins Interesse der modernen Medizin: die beiden dänischen Ärzte Bang und Dyerberg publizierten eine Arbeit mit dem Titel «The composition of food consumed by Greenland-Eskimos» (1). In dieser Arbeit stellten die Forscher fest, dass die Grönland-Eskimos, bei ähnlicher Gesamt-Fettzufuhr, eine ca. 90% tiefere kardiovaskuläre Mortalität haben als eine Vergleichspopulation in Dänemark. Der Hauptunterschied in der Ernährung lag lediglich in der vergleichsweise hohen Zufuhr an Fisch durch die Eskimos. Die Autoren dieser Arbeit interpretierten diese assoziativen Resultate gemäss dem damaligen Wissenstand korrekt und formulierten in der Folge die «Hypothese der Kardioprotektion durch Fischkonsum», welche dann im Verlaufe der Zeit auf die «Kardioprotektion durch Omega-3 Fischöl» reduziert wurde. Die bisherige Evidenz bestätigt, dass die auf Fischkonsum basierte Hypothese eher zutrifft; die auf Fischöl reduzierte Hypothese der kardiovaskulären Prävention bleibt weiterhin kontrovers und bis anhin fehlt für letztere – im Besonderen unter Berücksichtigung der neuesten Studien – weitgehend die Evidenz (siehe unten). Im Verlaufe der Jahre wurden viele biochemische Effekte und Wirkungen der Omega-3 Fettsäuren (FS) beschrieben (2, 3), durch die auch eine mögliche Kardioprotektion physiologisch respektive pathophysiologisch erklärt werden könnte. Diese Wirkungen von Fischöl reichen von der Beeinflussung der Thrombozyten-Aggregation bis zur Bedeutung der Omega-3 Fettsäuren als Vorstufen von Eicosanoiden und vielen anderen Metaboliten, welche in praktisch allen Zellen und Zellsystemen eine wichtige Signaling-Funktion ausüben. Eicosanoide können aus Omega-3 FS und auch Omega-6 FS (Arachidonsäure) synthetisiert werden, wobei die physiologischen Effekte der synthetisieren Moleküle aus den Omega-3 und Omega-6 FS oftmals entgegengesetzt sind. Somit lag auch eine biochemische Erklärung vor, dass eine höhere Zufuhr an den Omega-3 FS möglicherweise «gesund» sei. Ob dies tatsächlich so ist, wird nach wie vor debattiert, auch wenn mehr und mehr gegenteilige Evidenz akkumuliert. Es erscheint plausibel, dass diese einzelnen protektiven Mechanismen bei einer optimal etablierten kardiovaskulären pharmakologischen Therapie ohne Zusatznutzen sind. Einmal mehr drängt sich die Frage auf, ob sich ein komplexes Nahrungsmittel wie Fische (und das damit verbundene Essmuster und andere Lebensstilfaktoren eines Fischkonsumenten) auf ein paar wenige Einzelkomponenten reduzieren lässt.

Neueste Evidenz: FISHing for the Miracle

«FISHing for the Miracle of Eicosapentaenoic Acid» lautete der Titel eines Editorials im NEJM (4) im Januar dieses Jahres. Im Verlaufe der letzten 10 Monate wurden weitere klärende Studien zur Bedeutung von Fischöl in der Primär- (VITAL Studie) (5) und Sekundärprävention (ASCEND Studie) (6) publiziert. Eine weitere Studie (REDUCE-IT) (7) evaluierte eine neue Darreichungsform von Fischöl auf erhöhte Triglyceride und kardiovaskuläres Risiko.
In der multizentrischen VITAL-Studie wurden über 25 000 gesunden Erwachsenen (i.e. ohne Hinweise auf eine kardiovaskuläre Erkrankung) während einer medianen Dauer von 5.3 Jahren 1 Gramm eines Fischöl-Supplemente vs. Placebo verabreicht. Die Studienendpunkte umfassten die klassischen kardiovaskulären Endpunkte inklusive Schlaganfall und jegliche Form eines angioplastischen Eingriffs. Es zeigte sich keine signifikante Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse (MACE) und auch kein Effekt auf das Krebsrisiko. Interessanterweise zeigte sich allerdings bei Teilnehmern, welche wenig oder keinen Fisch konsumierten eine mögliche Reduktion des Risikos durch die Intervention. Eine interessante Beobachtung, welche allerdings weder wiederlegt noch bestätigt werden kann und weiterer Klärung bedarf. Wie bei vielen anderen Interventionen, erscheint es durchaus möglich, dass bestimmte Subgruppen (u.a. Afro-Amerikaner) auch von Fischöl profitieren könnten. Allerdings können wir im Moment diese Subgruppen noch nicht näher charakterisieren und die unterschiedlichen Resultate rufen nach weiterer gezielter Forschung in genau charakterisierten Subgruppen der Population. Von verschiedensten Studien ist bekannt, dass ein erhöhter Fischkonsum kardioprotektiv wirken kann, was auch in die gängigen Guidelines eingeflossen ist. Allerdings wird auch die Bedeutung von Fischkonsum zur Kardioprotektion debattiert – nicht nur aus Gründen der Klimaveränderungen und der Überfischung der Weltmeere.
In der ASCEND-Studie (6) wurde an über 10 000 Patienten mit Diabetes mellitus T2 ein Supplement mit 460 mg EPA und 380 mg DHA v.s. Placebo (in Form von Olivenöl) während durchschnittlich 7.4 Jahren verabreicht. Auch hier zeigte sich kein signifikanter positiver Effekt auf die kardiovaskulären Endpunkte. Ähnlich zeigte eine neue Meta-Analyse, dass Omega-3 FS bei Hochrisiko Patienten keinen Effekt in der Prävention von tödlichen Koronarereignissen oder irgend einer anderen kardiovaskulären Erkrankung haben (8). Diese und wohl auch die anderen Studien wurden als ein weiterer «Sargnagel» für die Hypothese der Kardioprotektion durch Fischöle interpretiert (9). Die diesbezüglichen Guidelines müssen angepasst werden. Ob dies allerdings den Konsum an den entsprechenden Supplementen beeinflussen wird ist fraglich. Diese Studien zeigen, dass Resultate von alten Studien zu diesem Thema nicht auf heutige Herzpatienten übertragen werden können, bei denen die modernen kardiovaskulären Therapiestrategien etabliert sind und so unter Umständen eine hypothetische Wirksamkeit der Fischöle verunmöglicht. In den USA konsumierten um 10% der erwachsenen Population Fischöl-Supplemente. Entsprechend überrascht es nicht, dass diverse Interessenskreise die Qualität der neuen Studien mit zum Teil spekulativen und pathophysiologisch nicht korrekten Argumenten in Frage stellen. Dies überrascht nicht, zumal es sich hierbei um ein Multimillionen Business handelt.
Im gleichen Zeitraum wurde ebenfalls im NEJM die sogenannte REDUCE-IT Studie (7) publiziert. Bei dieser Sekundär-Präventions – Studie wurde in über 8000 älteren Patienten mit Status nach einem kardiovaskulären Ereignis 4 g Icosapentyl-Ethylester vs. Placebo verabreicht. Interessanterweise konnte durch die Verabreichung von Icosapentyl eine ausgeprägte Plasma-Triglyzerid-Senkung und eine ca. 25%ige Senkung des kombinierten kardiovaskulären Risikos erreicht werden. Diese Resultate sind eindrücklich und auch etwas irritierend, zumal in anderen Omega-3 FS Trials (siehe oben) keine oder nur ein geringer kardioprotektiver Effekt erzielt werden konnte. Die REDUCE-IT-Resultate müssen durch weitere Studien bestätigt werden; im Besonderen auch durch Head-to-Head Trials mit einer identischen Menge an Omega-3 Fettsäuren und allenfalls auch anderen Fettsäuren-Ethylester. Im Moment erscheint es als eher unwahrscheinlich, dass solche Studien gemacht werden. Ohne auf Details dieser Studie eingehen zu wollen, bleiben viele methodologische und auch pathophysiologische Fragen offen und unklar. Bei dem verabreichten Icosapentyl-Ester handelt es sich um ein synthetisches Derivat von Fettsäure-Ethylester aus EPA und DHA. Die Bioverfügbarkeit der Omega-3 Fettsäuren in Form von Ethylestern ist in der Regel relativ schlecht, zumal die Ethylester vor Absorption im Darm durch die Einwirkung der Pankreaslipase hydrolysiert werden müssen. Entsprechend beeinflussen Faktoren (z.B. Anteil an Fett in der Ernährung), welche die Sekretion der Pankreaslipase beeinflussen, die Bioverfügbarkeit dieser Ethylester. Die Fettsäure-Ethylester erfüllen somit die Kriterien eines Prodrug, das im Dünndarm zu EPA metabolisiert wird und erst dann absorbiert werden kann.
Es wird immer betont, dass es sich bei Icosapentyl um ein Omega-3-Fettsäuren-Präparat handelt. Dies ist grundsätzlich richtig, aber es handelt sich um natürlicherweise in der Nahrung kaum (respektive nur in bestimmen eher selten und lediglich in geringer Menge konsumierten Nahrungsmitteln) vorkommende Fettsäuren in einer unphysiologisch hohen Dosis. Mit Ernährung, dem klassischen Fischöl oder auch Fischkonsum hat dies nicht mehr viel gemeinsam, sondern es handelt sich – wie oben erwähnt – um ein Prodrug. Wodurch die therapeutische Wirksamkeit auf das kardiovaskuläre Risiko erklärt werden kann ist nicht klar. Fettsäure Ethylester werden auch im menschlichen Körper nach Alkoholkonsum durch Stoffwechselwege des sogenannten «nicht-oxidativen Alkohol-Metabolismus» synthetisiert und sind ein guter Marker für Alkoholkonsum (10). Seit bald 40 Jahren ist bekannt, dass nach Alkoholkonsum auch im Myokard Fettsäure-Ethylester nachgewiesen werden können, die u.U. eine protektive und auch pathologische Wirkung haben können. Fettsäuren-Ethylester nach Alkohol können durch toxische Effekte u.U. antiatherogen wirken (z.B. Beeinflussung der Proliferation der vaskulären glatten Muskelzellen). Der Stellenwert von FS in Form von Ethylestern in der kardiovaskulären Protektion muss noch weiter geklärt werden; im Besonderen sollten auch Mechanismen der Protektion geklärt werden.
Wie im Titel des NEJM-Editorials erwähnt, suchen wir immer noch nach einer möglichst wirksamen Prävention zur Beeinflussung des kardiovaskulären Restrisikos. Vor lauter Suchen vergessen wir die optimale und nachhaltige Umsetzung der klassischen Lebensstil-Faktoren. Fischöl-Supplemente können aufgrund der neusten Evidenz nicht mehr empfohlen werden. Die neusten Studien sind auch in Einklang mit der letzten Cochrane Analyse (11) zu diesem Thema vom letzten Jahr.

Prof. Dr. med. Paolo M. Suter

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8044 Zürich

paolo.suter@usz.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel.

  • Ob Subgruppen für die Primär- und Sekundärprävention von diesen Fischöl-Supplementen profitieren können, bleibt nach wie vor unklar und wird sicherlich weiterhin debattiert werden.
  • Wünscht jemand – trotz der neuen Evidenz – weiterhin Fischöl zur
    Kardioprotektion zu konsumieren, dann sollte wohl ein gleichzeitiger Fischkonsum sichergestellt sein.
  • Allerdings braucht auch diese Empfehlung noch bessere Evidenz.

Messages à retenir

  • La question de savoir si des sous-groupes en prévention primaire et secondaire peuvent bénéficier de ces suppléments d’ huile de poisson reste incertaine et continuera certainement à faire l’ objet de débats.
  • Si quelqu’ un souhaite – malgré les nouvelles preuves – continuer à consommer de l’ huile de poisson pour la cardioprotection, la consommation simultanée de poisson devrait probablement être assurée.
  • Toutefois, cette recommandation a également besoin de meilleures preuves.

1. Bang HO, Dyerberg J, Hjørne N. The Composition of Food Consumed by Greenland Eskimos. Acta Medica Scandinavica 1976;200:69-73.
2. Desnoyers M, Gilbert K, Rousseau G. Cardioprotective Effects of Omega-3 Polyunsaturated Fatty Acids: Dichotomy between Experimental and Clinical Studies. Mar Drugs 2018;16:234.
3. Weylandt KH, Chiu C-Y, Gomolka B, Waechter SF, Wiedenmann B. Omega-3 fatty acids and their lipid mediators: Towards an understanding of resolvin and protectin formation. Prostaglandins & Other Lipid Mediators 2012;97:73-82.
4. Kastelein JJP, Stroes ESG. FISHing for the Miracle of Eicosapentaenoic Acid. New England Journal of Medicine 2018;380:89-90.
5. Manson JE, Cook NR, Lee IM, et al. Marine n−3 Fatty Acids and Prevention of Cardiovascular Disease and Cancer. New England Journal of Medicine 2018;380:23-32.
6. The_ASCEND_Study_Collaborative_Group. Effects of n−3 Fatty Acid Supplements in Diabetes Mellitus. New England Journal of Medicine 2018;379:1540-50.
7. Bhatt DL, Steg PG, Miller M, et al. Cardiovascular Risk Reduction with Icosapent Ethyl for Hypertriglyceridemia. New England Journal of Medicine 2019;380:11-22.
8. Aung T, Halsey J, Kromhout D, et al. Associations of Omega-3 Fatty Acid Supplement Use With Cardiovascular Disease Risks: Meta-analysis of 10 Trials Involving 77 917 IndividualsMeta-analysis of Associations of Omega-3 Fatty Acids and Cardiovascular RiskMeta-analysis of Associations of Omega-3 Fatty Acids and Cardiovascular Risk. JAMA Cardiology 2018;3:225-33.
9. Abbasi J. Another Nail in the Coffin for Fish Oil SupplementsAnother Nail in the Coffin for Fish Oil SupplementsAnother Nail in the Coffin for Fish Oil Supplements. JAMA 2018;319:1851-2.
10. Sonderberg BL, Sicinska ET, Blodget E, et al. Preanalytical Variables Affecting the Quantification of Fatty Acid Ethyl Esters in Plasma ans Serum Samples. Clin Chem 1999;45:2183-90.
11. Abdelhamid AS, Brown TJ, Brainard JS, et al. Omega – 3 fatty acids for the primary and secondary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018.

Kognitive Störungen im Alter

Kognitive Störungen im Alter sind häufig und können – wenn früh und richtig diagnostiziert – mit heute vorhandenen medikamentösen und nicht-medikamentösen Massnahmen entscheidend beeinflusst werden. Die Abklärung wie auch die Therapie sind auf den einzelnen Patienten abgestimmt und hängen wesentlich von Einverständnis, Gesundheitszustand und den sozialen Lebensumständen des Patienten ab.

Les troubles cognitifs chez les personnes âgées sont courants et, s’ils sont diagnostiqués tôt et correctement, ils peuvent être influencés de façon décisive par des mesures médicamenteuses et non médicamenteuses actuellement disponibles. L’évaluation clinique ainsi que la thérapie sont adaptées à chaque patient et dépendent dans une large mesure du consentement du patient, de son état de santé et de sa situation sociale.

Mit Patientenklagen über kognitive Störungen können wir bei jüngeren Erwachsenen, aber ganz speziell im 3. und 4. Lebensalter konfrontiert werden. In jedem Fall müssen solche Klagen ernst genommen werden, da bei richtiger Diagnosestellung und frühzeitiger Einleitung von therapeutischen Massnahmen der weitere Verlauf massgeblich beeinflusst werden kann. Obwohl es seit Einführung der DSM-5 den Begriff «Demenz» eigentlich nicht mehr gibt, ist dieses im Alter häufige Krankheitsbild (jeder 3. über 85-Jährige betroffen!) natürlich nicht verschwunden. Zwar hat die Demenz-Inzidenz infolge deutlich besserer Behandlung von vaskulären Risikofaktoren in den letzten 20 Jahren bis zu 50% abgenommen – doch, der demographische Wandel hat diesen medizinischen Fortschritt zahlenmässig praktisch neutralisiert. Das moderne Management von kognitiven Störungen bei dementieller Entwicklung fusst auf 4 Pfeilern (Abb. 1): Frühe und präzise Diagnostik, medikamentöse Therapie, nicht-medikamentöse Therapiemassnahmen und gezielte Unterstützung/Begleitung der Angehörigen und Betreuer (1).

Gibt es im Alter «normale» kognitive Störungen?

Patienten – wie wir Ärzte – haben Tendenz, bei vermehrter Vergesslichkeit und anderen «kleinen» Hirnfehlleistungen das Älterwerden oder das Alter im Allgemeinen dafür verantwortlich zu machen. Die Tatsache ist eine andere. Die normale Hirnalterung ist wissenschaftlich sehr gut untersucht und ist lediglich mit einer diskreten Verlangsamung von Denk- und Reaktionsprozessen verbunden. Kann also ein Name nicht sofort, aber nach einer gewissen Zeit erinnert werden ist dies noch «normal». Wenn man immer schon ein schlechtes Namensgedächtnis hatte, darf man im Alter keine diesbezügliche Verbesserung erwarten! Ist die Vergesslichkeit aber neu und der dadurch verursachte subjektive Leidensdruck der Patienten vorhanden (selbst bei neuropsychologischer Untersuchung mit Normalbefund), dann ist dies nach neuesten Erkenntnissen als «Subjective Cognitive Decline» zu werten, der in 25% der Fälle innerhalb von 6 Jahren zu einer Demenz führt (2). Leider werden Hirnleistungsstörungen von vielen immer noch primär auf Gedächtnis und Vergesslichkeit reduziert. Unser Hirn leistet jedoch viel mehr! Viele dementielle Prozesse beginnen denn auch in anderen Hirnleistungsbereichen, wo Verschlechterungen (bei erhaltener Gedächtnisleistung) primär über ein anderes Verhalten (z.B. mehr Probleme mit komplexen Aufgaben wie Management von finanziellen Angelegenheiten oder auch das Kochen von komplizierteren Menus!) sichtbar werden. Solche Veränderungen sind nicht normal und müssen abgeklärt werden!

Abgrenzung von «Normal» versus «Pathologisch»

Im Praxisalltag muss schnell und mit wenig Zeitaufwand entschieden werden können, ob kognitive Störungen schnell weiter abgeklärt werden müssen, ob weiter beobachtet werden muss oder kein weiterer Handlungsbedarf besteht! Das frühere (zeitaufwändige) Screening von kognitiven Störungen mittels MMSE und Uhrentest wurde in den letzten Jahren vom sensitiveren und gezielten «Case Finding» mittels «App» abgelöst (Abb. 2)! Die von den «Swiss Memory Clinics» und Schweizer Hausärzten entwickelte kostenpflichtige «App» «BrainCheck» trennt in wenigen Minuten «Normal» von «Pathologisch» mit einer Trennschärfe von 90% (3)!
Dazu muss der Patient drei einfache Fragen beantworten und einen Uhrentest absolvieren. Gleichzeitig werden seinem engsten Angehörigen/Partner 7 kurze Fragen gestellt. Alle Resultate können sofort in der App erfasst und beurteilt werden. Die Kurzabklärung kann als PDF-File einfach in die elektronische Krankengeschichte integriert werden!
Bei bestehender weiterer Abklärungsbedürftigkeit muss zusammen mit dem Patienten und seinen Angehörigen entschieden werden, wie die Diagnostik weiter vorangetrieben werden soll. Als erster Schritt ist hier sicherlich der (einfache) Ausschluss von schnellbehandelbaren Ursachen ein absolutes «Muss». Eine Schilddrüsenstörung kann mittels TSH Bestimmung ausgeschlossen werden, eine Depression mittels Geriatric Depression Scale (GDS) und eine psychosoziale Belastungssituation (Stressbelastung) mit einer sorgfältigen Anamnese erkannt und im positiven Fall mit entsprechenden Gegenmassnahmen angegangen werden. Bei anamnestisch begründbarem Verdacht, kann auch ein Vitamin B Status und eine Lues-Serologie weiterführend sein. Wird man in den genannten Bereichen fündig und entsprechend therapie-aktiv, empfiehlt es sich rund 6 Monate später die Kognition mittels BrainCheck nachzukontrollieren.

Abklärungsbedürftige Kognitive Störungen

Die Art der weiteren Abklärung von kognitiven Störungen ist sehr individuell und hängt vom Einverständnis, dem Gesundheitszustand/Lebenserwartung und den sozialen Lebensumständen des Patienten ab. Bei jüngeren und fitteren Senioren sollte immer eine spezialisierte Abklärung bei einem Demenzspezialisten oder einer Memory Clinic erfolgen. Diese umfasst neben einer medizinischen Untersuchung mit Labor und Biomarkern eine neuropsychologische Abklärung mit Hirnbildgebung (MRI). Bei sehr hochaltrigen und fragilen Patienten kann auch eine verkürzte kognitive Abklärung (z.B. mittels MoCa-Assessment (4)) erfolgen. Diese kann – mit etwas Erfahrung – in der hausärztlichen Praxis durchgeführt und diagnostisch ausgewertet werden. Dazu gehört auch hier imperativ eine Hirnbildgebung (MRI oder CT), um den wahrscheinlichsten neuropathologischen Grund der dementiellen Entwicklung festzulegen. Dies ist entscheidend für die Art der einzuleitenden Therapie.

Kognitive Störungen: Therapeutische Optionen

Handelt es sich gemäss DSM-5 um «milde» kognitive Störungen, befinden sich diese innerhalb von zwei Standardvariationen eines kognitiven Normalbefundes. Therapeutisch stehen hier neben medikamentösen (Ginkgo Biloba 240mg/d und Vitamin D (24 000 Einheiten pro Monat) v.a. nicht medikamentöse Massnahmen im Vordergrund: regelmässige körperliche und soziale (kognitive) Aktivität, gesunde altersgerechte Ernährung (regelmässig und genügend Protein (1.2g/kg Körpergewicht pro Tag; mediterrane Diät mit genügend Omega3-Fettsäuren) und eine gute hausärztliche Kontrolle von vaskulären Risikofaktoren (art. Hypertonie, Diabetes, Hypercholesterinämie). In der finnischen FINGER Studie (5) konnten allein mit diesen Lebensstilmassnahmen nach 2 Jahren signifikante kognitive Verbesserungen erzielt werden!

Medikamentöse Optionen

Bevor neue Medikamente zum Einsatz kommen, gilt es grundsätzlich, eine bereits vorhandene allfällige Polypharmazie auf kognitiv beeinträchtigende anticholinerge Substanzen zu überprüfen. Handelt es sich gemäss DSM-5 um «major» kognitive Störungen (Demenz), ist für die Festlegung der medikamentösen Therapie (meist mittels Bildgebung und/oder Biomarker) die dem Prozess zugrundeliegende Neuropathologie entscheidend. Handelt es sich um einen neurodegenerativen Prozess (Alzheimer Erkrankung), sind Stadium-abhängig Ginkgo, Cholinesterasehemmer und Memantine Mittel der ersten Wahl (Abb. 3). Bei dieser symptomatischen Therapie wird (bei frühzeitigem Beginn) der Verlauf der Krankheit bzgl. Funktionalitäts- und Selbständigkeitserhalt massgeblich verbessert. Diese Medikamente wirken ausgesprochen langsam, sind aber dank einer «Number Needed to Treat» (NNT) von unter 10 (für alle drei Substanzklassen!) mit einer hohen Responder-Rate versehen. Im Vergleich zu nicht-behandelten Kontrollpopulationen treten erste klinische Differenzen jedoch erst nach einem Jahr Behandlung auf; diese werden in den weiteren Jahren aber sehr relevant, da die Behandlung zu eindrücklich weniger Pflegeheimeintritten führt (6) (Abb. 4). Hier hat sich v.a. auch die Kombinationstherapie von Memantine mit Cholinesterasehemmer (bei MMSE < 20) als sehr erfolgreich erwiesen. Diese ist in der Schweiz jedoch nur off-label-mässig möglich und wegen einer Limitatio nicht voll von der Grundversicherung übernommen. Trotzdem: viele Patienten tragen (angesichts stark gefallener Antidementiva-Preise) die paar Hundert Franken pro Jahr gerne selber, wenn damit finanziell viel höhere Kosten einer Institutionalisierung gespart werden können. Neben der durch Antidementiva länger erhaltenen Alltagsfunktionalität treten unter dieser Therapie auch signifikant weniger demenz-assoziierte Verhaltensauffälligkeiten auf (Aggression, Schreien, motorische Unruhe etc.).
Ist die der dementiellen Entwicklung zugrundeliegende Pathologie rein vaskulär, sind obige Antidementiva (ausser Ginkgo) nicht wirksam und entsprechend nicht indiziert. Hier gilt es mit allen Mitteln, mit Lebensstilmassnahmen und der Beherrschung von vaskulären Risikofaktoren das weitere Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Bei gemischten vaskulär-neurodegenerativen Demenzformen können Antidementiva eingesetzt werden. Bei selteneren Demenz-Pathologien wie Lewis-Body Krankheit, Parkinson- oder Fronto-Temporal Demenz lohnt sich eine Rücksprache mit entsprechenden Spezialisten.

Nicht-medikamentöse Optionen

Nicht-medikamentöse Interventionen bei Demenzkranken werden von grossen Fachgesellschaften und Expertengruppen – ausser bei Notfallsituationen – in erster Linie und als primären Approach bei demenzassoziierten psycho-sozialen Verhaltensauffälligkeiten (BPSD) empfohlen (7). Gemäss Cohen-Mansfield (8) sind die meisten Ärzte für die Medikamentenverschreibung bei BPSD geschult und ausgebildet, jedoch nur die wenigsten verfügen über Kenntnisse zu diesbezüglichen nichtmedikamentösen Therapiemassnahmen und deren Wirkungserfolg. Entsprechend häufig werden deshalb antipsychotische Medikamente eingesetzt bevor nichtmedikamentöse Interventionen versucht werden.
Im Gegensatz zu den bei Demenz bereits früh eingeschränkten oder verlorenen kognitiven Fähigkeiten sind die emotionalen und psychosozialen Kompetenzen bis in späte Demenzkrankheitsstadien weit weniger vom Abbau betroffen. Hier setzen nicht-medikamentöse Interventionen an, in dem sie – weg vom Defizit-Fokus – auf vorhandene Hirnleistungs-Ressourcen zugreifen, diese gezielt nutzen und fördern. Körperliche Aktivität, musikbasierte Aktivitäten sowie proteinreiche mit Vitamin D ergänzte Ernährung zum Erhalt der Muskelgesundheit bei Demenz haben sich am erfolgreichsten gezeigt (9). Spannend und immer wieder Gegenstand von Forschungen ist die Hirnwirkung von mit Musik kombinierten Bewegungsaktivitäten wie Tanz und Rhythmik. In der «Einstein-Aging» Kohortenstudie wurde regelmässiges Tanzen als Freizeitbeschäftigung mit einem bis zu 80% erniedrigten späteren Demenzrisiko assoziiert (10). In einer Interventionsstudie mittels Rhythmik nach Dalcroze konnte das motorisch-kognitive Dual-Task Vermögen von zuhause lebenden Senioren verbessert und das Sturzrisiko um über 50% reduziert werden (11). Bei fortgeschrittenen Demenzstadien scheint die Dalcroze Rhythmik neben der positiven Beeinflussung von BPSD-Symptomen vor allem die sprachlichen Fähigkeiten zu fördern (12). Nichtpharmakologische Interventionen bei Demenzerkrankten sind ein wesentlicher Bestandteil des modernen 4-Säulen-Demenz-Managements. Die zu erwartende Hauptwirkung solcher Massnahmen besteht in der positiven und nebenwirkungsfreien Beeinflussung von BPSD. Körperliche Aktivitätsprogramme zeigen zusätzliche Vorteile für die Alltags-Funktionalität, die insbesondere bei gleichzeitiger proteinreicher Ernährung und Vitamin D-Supplementation deutlich länger erhalten werden kann. Musik und musikbasierte Bewegungsprogramme wie Tanz und Rhythmik scheinen besonders geeignet, Hirnreserven zu mobilisieren und damit die Kognition signifikant zu verbessern.

Prof. Dr. med. Reto W. Kressig

Ärztlicher Direktor & Klinischer Professor für Geriatrie
Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER & Universität Basel
Burgfelderstrasse 101
4002 Basel

RetoW.Kressig@felixplatter.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die nicht-medikamentöse und medikamentöse symptomatische Therapie bei kognitiven Störungen ist lediglich ein Bestandteil im multifaktoriellen 4-Säulen Management der Demenzerkrankung.
  • Nichtmedikamentöse Ansätze zeigen marginale bis nicht nachweisbar kognitive Effekte, sind aber wirksam bei Verhaltensstörungen, psychiatrischen Symptomen und Betreuerbelastung.
  • Bei der pharmakologischen Therapie gilt es, eine vorhandene Polymedikation soweit wie möglich zu reduzieren und potentiell schädliche Substanzen (Priscus-Liste) abzusetzen.
  • Zum heutigen Zeitpunkt gibt es keine rationalen Gründe, die heute zur Verfügung stehenden symptomatisch wirkenden Antidementiva (Cholinesterasehemmer, Memantine und Ginkgo Extrakt) nicht einzusetzen.
  • Bei klinisch relativ gering ausfallenden Sofortwirkungen bei Therapiebeginn stehen hier vor allem Vorteile im Langzeitverlauf (um Jahre verzögerte Institutionalisierung, signifikant weniger Verhaltensstörungen) im Vordergrund.

Messages à retenir

  • La thérapie symptomatique non médicamenteuse et médicamenteuse pour les troubles cognitifs n’est qu’une composante de la prise en charge multifactorielle de la démence à quatre piliers.
  • Les approches non médicamenteuses ont des effets cognitifs marginaux à indétectables, mais elles sont efficaces dans les troubles du comportement, les symptômes psychiatriques et le stress du soignant.
  • En pharmacothérapie, il est important de réduire autant que possible une polymédication existante et d’arrêter les substances potentiellement nocives (liste de priscus).
  • Actuellement, il n’y a aucune raison rationnelle de ne pas utiliser les médicaments antidémentiels symptomatiques disponibles aujourd’hui (inhibiteurs de la cholinestérase, mémantine et extrait de ginkgo).
  • Dans le cas d’effets immédiats cliniquement relativement faibles au début du traitement, les avantages à long terme (institutionnalisation retardée de plusieurs années, troubles du comportement nettement moins fréquents) sont mis en avant.

1. Kressig RW. Aktuelle Pharmakotherapie der Alzheimer Demenz. der informierte Arzt 2015;10:30-33
2. Wolfsgruber S, et al. AgeCoDe Study Group. Differential Risk of Incident Alzheimer’s Disease Dementia in Stable Versus Unstable Patterns of Subjective Cognitive Decline.J Alzheimers Dis. 2016;54:1135-1146
3. Ehrensperger MM, et al. BrainCheck – a very brief tool to detect incipient cognitive decline: optimized case-finding combining patient- and informant-based data. Alzheimers Res Ther. 2014;6:69
4. Nasreddine ZS, et al. The Montreal Cognitive Assessment, MoCA: a brief screening tool for mild cognitive impairment. J Am Geriatr Soc. 2005;53:695-99
5. Kivipelto M et al. The Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability (FINGER): study design and progress. Alzheimers Dement. 2013;9:657-65.
6. Lopez OL et al. Long-term effects of the concomitant use of memantine with cholinesterase inhibition in Alzheimer disease. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2009 Jun;80(6):600-7
7. Savaskan E et al. Recommendations for diagnosis and therapy of behavioral and psychological symptoms in dementia (BPSD).Praxis (Bern 1994). 2014;103:135-48
8. Cohen-Mansfield J. Nonpharmacologic interventions for inappropriate behaviors in dementia: a review, summary, and critique. Am J Geriatr Psychiatry. 2001;9:361-81
9. Kressig RW. Non-pharmacological interventions in dementia. Internistische Praxis 2017;58:1-7
10. Verghese J et al. Leisure activities and the risk of dementia in the elderly. N Engl J Med. 2003;348:2508-16
11. Trombetti A et al. Effect of music-based multitask training on gait, balance, and fall risk in elderly people: a randomized controlled trial. Arch Intern Med. 2011 Mar 28;171:525-33.
12. Winkelmann A et al. La rythmique Jacques-Dalcroze. Une activité physique novatrice pour les personnes agées. Gériatrie Pratique 2005;3:52-55

Akute Thoraxschmerzen beim Joggen

Fallpräsentation

Eine 61-jährige Patientin wurde mit der Sanität auf die Notfallstation gebracht, nachdem sie beim Joggen plötzlich starke thorakale Schmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken und zum Hals beklagte. Bei einem systolischen Blutdruck von 70 mmHg erfolgte die Erstbeurteilung im Schockraum. Bei der klinischen Untersuchung fiel eine Wortfindungsstörung auf. Das Ruhe-EKG zeigte einen unauffälligen Befund. Die diensthabende Kardiologin wurde in den Schockraum gerufen, um eine fokussierte transthorakale Echokardiographie (TTE) durchzuführen. Hierbei zeigte sich eine hyperdyname linksventrikuläre Pumpfunktion ohne Anhaltspunkte für regionale Kinetikstörungen. Ebenso bestanden weder Hinweise für einen Perikarderguss, noch für eine akute Rechtsherzbelastung (Abbildung 1). Im Gegensatz zu der normal dimensionierten Sinusportion war die Aorta ascendens leicht ektatisch erweitert (Abb. 2). In der Aorta ascendens fiel wiederholt eine flottierende Struktur auf, welche im Kontext verdächtig auf einen Intimaflap einer Aortendissektion war. Die Aortenklappe zeigte im Farb-Doppler eine leichte Insuffizienz (Abb. 3). Die Darstellung der proximalen Aorta von suprasternal konnte den Verdacht auf eine Aortendissektion Typ A bestätigen. Die Dissektionsmembran liess sich von der Aorta ascendens bis in den Aortenbogen nachweisen (Abb. 4). Somit konnte innerhalb weniger Minuten die Diagnose einer Aortendissektion Typ A gestellt und die Kollegen der Herzchirurgie konnten informiert werden. Zur genaueren Beurteilung der Ausdehnung und ergänzenden präoperativen Planung wurde noch im Schockraum eine Computertomographie (CT) durchgeführt, bei welcher sich eine Ausdehnung der Dissektion von der Sinusportion bis in den Aortenbogen knapp distal der linken A. subclavia zeigte und eine Fortsetzung der Dissektion bis in die Abgänge der supraaortalen Gefässe zur Darstellung kam (Abb. 5). Die Patientin wurde in der Folge notfallmässig operiert. Auch in der intraoperativen transösophagealen Echokardiographie (TEE) liess sich die Dissektionsmembran mit Ursprung am sinotubulären Übergang der Aorta gut darstellen. Die Aorteninsuffizienz war exzentrisch nach posterior gerichtet und im TEE knapp mittelschweren Grades (Abb. 6). Es konnte eine klappenerhaltende Operation mittels eines suprakoronaren Graftersatzes durchgeführt werden. Der postoperative Verlauf war insgesamt erfreulich und die Patientin konnte nach 16 Tagen in eine stationäre Rehabilitation entlassen werden.

Kommentar

Die Aortendissektion stellt einen akuten, lebensbedrohlichen Notfall dar, bei welchem eine rasche Diagnostik essentiell ist. Die Aortendissektion Typ A, bei welcher die proximale Aorta involviert ist, geht unbehandelt in der Frühphase nach Symptombeginn mit einer sehr hohen Mortalität von 1-2% pro Stunde einher (1). Lange Zeit war die retrograde Aortographie der diagnostische Goldstandard. Seit den 1980er Jahren rückten zunehmend nicht-invasive Untersuchungsmethoden wie TEE, CT oder Magnetresonanztomographie (MRT) in den Vordergrund, wobei diese Methoden bei der Diagnose der Aortendissektion Typ A alle eine hohe Sensitivität um 90% aufweisen (2). Heutzutage ist die CT die am häufigsten zur Anwendung kommende Untersuchungsmodalität bei Verdacht auf eine akute Aortendissektion (3). Dies ist neben der grossen Verfügbarkeit der CT auf Notfallstationen auch auf deren rasche Auswertbarkeit zurückzuführen (2).
Die TTE hat bei der Diagnose der Aortendissektion einen geringeren Stellenwert, da deren Sensitivität im Vergleich zu den anderen Untersuchungsmodalitäten tiefer liegt. Entsprechend muss dem Untersucher bewusst sein, dass er in der TTE ca. 1/5 der Fälle akuter Typ A Aortendissektion verpassen kann (4). Gerade in hämodynamisch instabilen Situationen im Schockraum kann eine fokussierte TTE allerdings trotzdem hilfreich sein. Diese Bildgebung ist dank der transportablen Ultraschallgeräte praktisch umgehend verfügbar und kann in sehr kurzer Zeit wichtige Informationen in Hinblick auf Komplikationen (wie z.B. Perikarderguss/Tamponade oder Aortenklappeninsuffizienz) oder mögliche Differentialdiagnosen (z.B. Wandmotilitätsstörungen als Hinweis auf einen Myokardinfarkt oder Zeichen der Rechtherzbelastung als Hinweis auf eine Lungenembolie) liefern. Wichtig ist, dass durch die TTE nicht viel Zeit verloren geht und bei klinischem Bedarf anschliessend umgehend eine ergänzende Bildgebung, üblicherweise mittels CT, in die Wege geleitet wird.

Dr. med. Verena Praxmarer

Klinik für Kardiologie
Stadtspital Triemli
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Verena.Praxmarer@triemli.zuerich.ch

PD Dr. med. Alain M. Bernheim

Stadtspital Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Alain.Bernheim@triemli.stzh.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

1. Erbel R, Alfonso F, Boileau C, Dirsch O, Eber B, Haverich A, et.al. Diagnosis and management of aortic dissection. Eur Heart J. 2001; 22: 1642–81.
2. Moore AG, Eagle KA, Bruckman D, Moon BS, Malouf JF, Fattori R, et.al. Choice of computed tomography, transesophageal echocardiography, magnetic resonance imaging, and aortography in acute aortic dissection: International Registry of Acute Aortic Dissection (IRAD). Am J Cardiol 2002;89:1235–8.
3. Evangelista A, Isselbacher EM, Bossone E, Gleason TG, Eusanio MD, Sechtem U, et.al. Insights from the international registry of acute aortic dissection: A 20-year experience of collaborative clinical research. Circulation 2018;137:1846–60.
4. Nienaber CA, von Kodolitsch Y, Nicolas V, Siglow V, Piepho A, Brockhoff C, et.al. The diagnosis of thoracic aortic dissection by noninvasive imaging procedures. N Engl J Med 1993;328:1-9.

EVOPACS-Studie

Der Beginn einer Therapie mit Evolocumab während der Akutphase eines akuten Koronarsyndroms (ACS), zusätzlich zur hochintensiven Statintherapie, führte zu einer signifikanten Reduktion von LDL-Cholesterin (LDL-C) bei Patienten, die im Krankenhaus mit ACS behandelt wurden, wobei die Patienten bis Woche acht mehrheitlich die angestrebten LDL-C-Werte erreichten.

Dr. K. Koskinas

Dies sind die Ergebnisse der EVOPACS-Studie, die am 31. August in einer Late-Breaking-Session von Dr. Konstantinos Koskinas, Bern, vorgestellt und gleichzeitig im Journal of the American College of Cardiology (Koskinas K et al. JACC 2019;pii: S0735-1097(19)36274-6. doi: 10.1016/j.jacc.2019.08.010. Epub ahead of print) veröffentlicht wurden.
EVOPACS ist die erste randomisierte, doppelblinde Studie zur Beurteilung eines PCSK9-Hemmers in dem sehr risikoreichen Umfeld eines ACS. Dabei wurde die Machbarkeit, Sicherheit und LDL-C-senkende Wirksamkeit dieses Therapieansatzes untersucht. Ausgangspunkt der Studie war die Feststellung, dass die im Krankenhaus für ACS-Patienten eingeleitete hochintensive Statintherapie frühe Ereignisse zwar reduziert, der Wirkungseintritt jedoch verzögert stattfindet und viele Patienten mit dieser Therapie allein die LDL-C-Zielwerte nicht erreichen.
Patienten, die mit ACS (n = 308) mit erhöhten LDL-C-Werten ins Krankenhaus eingeliefert wurden, erhielten randomisiert eine Behandlung mit Evolocumab 420 mg (n = 155) oder Placebo (n = 153). Die Therapie wurde im Krankenhaus eingeleitet und dann alle vier Wochen fortgeführt. Allen Patienten wurde Atorvastatin 40 mg verordnet. Die meisten Patienten (78,2 Prozent) waren bisher nicht mit einem Statin behandelt worden.
Das berechnete LDL-C war zu Studienbeginn und nach acht Wochen bei 277 Patienten (90 Prozent) verfügbar. In der achten Woche sanken die durchschnittlichen LDL-C-Werte von 3,61 mmol/L (139,59 mg/dL) auf 0,79 mmol/L (30,5 mg/dL) unter Evolocumab und von 3,42 mmol/L (132,25 mg/dL) auf 2,06 mmol/L (79,66 mg/dL) unter Placebo.
Nach acht Wochen war der primäre Endpunkt der prozentualen Veränderung von LDL-C gegenüber dem Ausgangswert -77,1±15,8% in der Evolocumab-Gruppe gegenüber -35,4 ± 26,6% in der Placebogruppe (p < 0,001). Die LDL-C-Reduktionen wurden nach vier Wochen beobachtet und über acht Wochen aufrechterhalten.
Mehr Patienten erreichten in der Evolocumab-Gruppe eine LDL-C-Reduktion auf < 1.8 mmol/L als in der Placebogruppe (95,7 Prozent vs. 37,6 Prozent).
Evolocumab wurde gut vertragen und Nebenwirkungen (sekundärer Endpunkt) unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen.
«Die Behandlung mit Evolocumab ermöglichte es, die derzeit empfohlenen LDL-C-Zielwerte bei > 95 Prozent der Patienten schnell zu erreichen, verglichen mit einem Drittel der placebobehandelten Patienten», schloss der Referent.

Quelle: ESC-Kongress, Paris, 31.08.-04.09.2019

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Herz-CT zur Darstellung der Koronararterien

Das Herz–CT erlaubt eine umfassende Beurteilung des Herzens. Koronarkalk verrät unser biologisches Alter, hat grossen prognostischen Wert und hilft bei Therapieentscheidungen. Bei Patienten mit tiefer bis intermediärer Vortestwahrscheinlichkeit für eine koronare Herzkrankheit (KHK) erlaubt das Koronar-CT häufig den nicht-invasiven Ausschluss einer KHK. Bei ausgeprägtem Koronarkalk wird die Stenose überschätzt, und es sollte eine nicht-invasive Ischämiediagnostik oder invasive Koronarangiographie erfolgen.

Le CT coronaire permet une évaluation complète du cœur. La calcification coronarienne révèle notre âge biologique, a une grande valeur pronostique et aide dans les décisions thérapeutiques. Chez les patients présentant une probabilité de pré-test faible à intermédiaire pour une coronaropathie, le CT coronaire permet souvent l’exclusion non invasive de la coronaropathie. Si la calcification coronarienne est prononcée, la sténose est surestimée et un diagnostic d’ischémie non invasive ou une angiographie coronarienne invasive doit être effectué.

Das Herz–CT ist die einzige nicht-invasive Modalität, die eine komplette, routinemässige Darstellung der Koronararterien erlaubt. Zur Quantifizierung der koronaren Verkalkungen wird zunächst ein kontrastmittelfreier Scan des Herzens durchgeführt. Im Anschluss erfolgt meistens ein zweiter kontrastmittelunterstützter Scan zum Zeitpunkt der optimalen Kontrastierung der Koronarien. Hiermit können mögliche Stenosen durch verkalkte oder nicht-verkalkte (soft) Plaques evaluiert werden. Zudem lassen sich die Ostien und der Verlauf der Koronarien darstellen (Abb. 1), wodurch die Diagnostik von Koronaranomalien ermöglicht wird.

Koronarkalk (Calciumscore)

Gesunde Koronarien weisen keine Verkalkungen auf. Der Koronarkalk stellt den Summationseffekt aller schädigenden Einflüsse der bekannten Risikofaktoren auf die Koronarien dar. Das Ausmass des Koronarkalks lässt zumindest auf kardio-vaskulärer Ebene Rückschlüsse auf das biologische bzw. koronare Alter eines Menschen zu (1).
Für die Erfassung des Koronarkalkes bedarf es einer kontrastmittelfreien, EKG-getriggerten CT-Untersuchung. Die Strahlenbelastung dabei ist minimal (< 0.2 – 0.4 mSv). Das Ausmass der Koronarverkalkung wird mit dem dimensionslosen Agatston-Score erfasst. Die Wahrscheinlichkeit für eine signifikante Stenose bei einem Calciumscore von 0 beträgt bei asymptomatischen Patienten unter 1% (2). Generell gilt, je höher der Calciumscore ist, desto wahrscheinlicher wird das Vorliegen einer hämodynamisch relevanten Koronarstenose (3).
Der Calciumscore hat neben der diagnostischen eine wichtige prognostische Bedeutung: In einer grossen Studie mit 9715 Individuen zeigte sich, dass Individuen mit einem Calciumscore von 0 über einen Beobachtungszeitraum von 15 Jahren eine hervorragende Prognose mit tiefer Sterblichkeit von < 3% hatten; im Gegensatz dazu hatten Patienten mit einem Score > 1000 eine neun Mal höhere Mortalität (28%) (Abb. 2)(4).
Patienten mit ausgeprägteren Koronarverkalkungen (Calcium-score > 100) profitieren deutlich mehr von einer prophylaktischen Statintherapie bezüglich künftigen kardiovaskulären Ereignissen als Patienten mit geringen oder keinen Koronarverkalkungen (Calciumscore < 100). Bei grenzwertiger Indikation für ein Statin kann die Bestimmung des Calciumscores hilfreich sein für den Beginn aber auch Nicht-Beginn bzw. Beendigung einer Statintherapie («De-Risking») (5, 6).
Vergleichbare Daten gibt es auch für den vieldiskutieren Einsatz von Aspirin im präventiven Setting: In der «Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis (MESA)» hatten Teilnehmer im primärpräventiven Setting mit einem Calciumscore > 100 ein günstiges Risiko/Nutzen Verhältnis bei Einnahme von Aspirin. Bei einem Calciumscore von 0 überwog allerdings das Risiko (7). Dies steht in Einklang mit den grossen, kürzlich publizierten Studien (ASPREE, ARRIVE und ASCEND), die den Nutzen von einem generellen primärprophylaktischen nicht «massgeschneiderten» Einsatz von Aspirin in Frage gestellt haben und den Vorteil einer personalisierten Risikostratifizierung z.B. mittels Calciumscore unterstreichen.

Die CT-Koronarangiographie

Für die Durchführung der CT-Angiographie bedarf es einer kontrastmittelunterstützten EKG-getriggerten Akquisition. Um eine möglichst gute Bildqualität und vor allem auch minimale Strahlenbelastung für den Patienten zu erreichen, bedarf es eines regelmässigen Herzrhythmus mit tiefer Herzfrequenz um die 60/ min, was meist die Gabe von Betablockern unmittelbar vor der Untersuchung bedingt. Heutzutage können Herz-CTs mit einer Strahlenbelastung von 2-3 mSv routinemässig durchgeführt werden, bei modernsten CT-Scannern auch unter 1 mSV. Die benötigte Kontrastmittelmenge ist gering (ca. 30-60 ml).
Ausgeprägte Koronarverkalkungen führen dazu, dass der Stenosegrad systematisch überschätzt wird, wodurch eine KHK in der Regel nicht mehr sicher ausgeschlossen werden kann. Daher sollte bei ausgeprägten Koronarverkalkungen (Calciumscore > 400-1000) auf andere Untersuchungsmöglichkeiten ausgewichen werden, um eine unnötige Strahlenbelastung und Kontrastmittelgabe zu vermeiden. Solche Patienten können von der Möglichkeit einer Hybridkamera profitieren, da in einem solchen Fall direkt eine Ischämiediagnostik mittels Myokardperfusionsszintigraphie (MPS) oder Positronemissionstomographie (PET) angeschlossen werden kann.
Ein normales Herz-CT (Calciumscore = 0, normale CT-Koronarangiographie) bei guter Bildqualität hat einen sehr hohen negativ prädiktiven Wert (97-99%) und kann damit zum Ausschluss einer relevanten koronaren Herzkrankheit dienen (8-10). Sobald Stenosen nachgewiesen werden, kann mit dem rein anatomischen Ansatz des CT keine Aussage über die hämodynamische Relevanz der Koronarstenose gemacht werden. Es wurden zwar CT-FFR Untersuchungen entwickelt, für den täglichen Gebrauch sind die Verfahren aber noch zu rechenintensiv, wenig robust und zu wenig validiert.

Revaskularisierte Patienten

Patienten mit Koronar-Stents eignen sicher weniger für eine CT-Koronarangiographie. Ähnlich wie bei ausgeprägten Verkalkungen der Koronarien führen Koronar-Stents zu Bildartefakten, was eine verlässliche Gefässbeurteilung meist verunmöglicht. Anders verhält sich die Situation bei Patienten nach erfolgter Bypassoperation. Hierbei können die meist deutlich verkalkten oder gestenteten nativen Koronarien oft nicht mehr sicher beurteilt werden, eine Lokalisierung und Beurteilung der Bypassgefässe ist aber meistens gut möglich.

Herz-CT über die Koronarien hinaus

Aufgrund ständiger technischer Weiterentwicklungen des Herz-CTs und neuen Studienergebnissen nehmen die diagnostischen Einsatzmöglichkeiten des Herz-CTs zu und haben zum Teil auch schon Einzug in die entsprechenden Guidelines gefunden. Insbesondere durch seine anatomische Genauigkeit eignet sich das Herz-CT als ideale Planungsmethode vor den immer häufiger interventionell angehbaren Aorten-, Mitral- und Trikuspidalvitien. Hierbei können in einem «Funktions-CT» auch dynamische Strukturen wie der Klappenanulus oder angrenzende Strukturen während des gesamten Herzzyklus evaluiert werden, um so die geeignetste Methode des Klappenersatzes besser bestimmen zu können. Speziell bei diskordant schweren Aortenstenosen (low-flow low-gradient) ist eine Bestimmung des Calciumscores der Aortenklappe hilfreich, ob wirklich eine schwere Aortenstenose vorliegt (siehe ESC Guidelines 2017 Valvular Heart Disease) (11).
In Zeiten erhöhten Kostendrucks im Gesundheitssystem eignet sich das Koronar-CT als kosteneffizienter Gate-Keeper in der Abklärung von Patienten mit Verdacht auf KHK (bei dazu geeigneten Patienten) (vgl. NICE Guidelines 2016)(12).

Was sagen die Guidelines?

Die Anamnese und das Abschätzen der Vortest-Wahrscheinlichkeit stehen am Anfang jeder KHK – Abklärung und auch zur Wahl der zielführendsten bildgebenden Modalität für die Patienten. Die Abschätzung der Vortestwahrscheinlichkeit erfolgt z.B. mittels Tabellen, wie sie in den neuesten Guidelines des ESC publiziert ist (Tabelle 1; modifiziert nach (13)). Unter Hinzuziehen von kardiovaskulären Risikofaktoren, Ruhe- und Belastungs-EKG, linksventrikulärer Pumpfunktion oder aber auch der Höhe des Calciumscores kann die Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit für eine KHK weiter verbessert werden. Insgesamt sind die Vortestwahrscheinlichkeiten für eine KHK im Vergleich zu den vorherigen ESC Guidelines (2013 «Stable Coronary Artery disease») deutlich tiefer. Ansätze der «Artificial Intelligence» können helfen, die Vortestwahrscheinlichkeiten für eine KHK noch weiter zu verbessern (14).

Patienten mit einer intermediären Vortest-Wahrscheinlichkeit für eine KHK von 15 bis 50% können mittels Koronar-CT evaluiert werden. Wichtig ist, dass die Patienten hinsichtlich Atemanhaltemanövern mitarbeiten können und einen regelmässigen Herzrhythmus aufweisen. Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz (Clearance <30 ml/min) qualifizieren wegen der nötigen Kontrastmittelgabe nicht für eine CT-Koronarangiographie. Die abnehmende Aussagekraft und Spezifizität bei zunehmender Verkalkung in den Koronarien wurde bereits oben erwähnt.
Abgesehen werden sollte von einem ungeeigneten Einsatz des Herz-CTs (z.B. Massen-Screening) insbesondere bei asymptomatischen Patienten ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren. Zum einen kann dies wie bei jeder diagnostischen Untersuchung unnötige Folgeuntersuchungen nach sich ziehen. Zum anderen sei auch das Problem der «incidental findings» erwähnt, die oft eine fragliche klinische Relevanz haben, aber häufig zu Folgeuntersuchungen und nicht zuletzt Verunsicherung des Patienten führen.

Integrierte Beurteilung des Koronar-CT

Neben der Beurteilung der extrakardialen Befunde, die in den miterfassten Abschnitten des Körpers beachtet werden müssen (insbesondere Lungenrundherde) gibt es folgende Szenarien nach Durchführung des Koronar-CTs (Abb. 3):

  • Weder Koronarverkalkungen (Calciumscore = 0), noch nicht-kalzifizierte Plaques oder Stenosen: Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit. Keine weiteren Massnahmen hinsichtlich Koronarien erforderlich.
  • Koronarverkalkung (Calciumscore > 0) und/oder nicht-kalzifizierte Plaques ohne Stenose (Veränderungen < 50% Stenosegrad): Ausschluss einer stenosierenden koronaren Herzkrankheit. Je nach Höhe des Calciumscores und Vorhandensein von Risikofaktoren Einleiten einer medikamentösen Therapie (dann im Prinzip schon sekundär-präventiv).
  • Situation mit unklarem Stenosegrad (50-75%): Je nach Anamnese und Lokalisation der Stenose weiterführende nicht-invasive Ischämiediagnostik versus direkt invasive Koronarangiographie neben Evaluation einer medikamentösen Therapie.
  • Hinweise für hämodynamisch relevante Stenosen (> 75%): Je nach Anamnese und Lokalisation der Stenose primär invasive Koronarangiographie oder nicht-invasive Ischämiediagnostik.

Prof. Dr. med. Michael J. Zellweger

Kardiologische Klinik
Universitätsspital
Petersgraben 4
4031 Basel

michael.zellweger@usb.ch

PD Dr. med. Philip Haaf

Kardiologische Klinik
Universitätsspital
Petersgraben 4
4031 Basel

Es besteht kein Interessenskonflikt.

  • Das Herz-CT (Calciumscore/CT-Koronarangiographie) eignet sich gut zum Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit bei Patienten mit einer intermediären Vortestwahrscheinlichkeit bis 50%.
  • Somit eignen sich Patienten für diese Untersuchungen bei denen wir vermuten, dass sie keine koronare Herzkrankheit haben, und wir dies «beweisen» müssen.
  • Das Koronar-CT liefert neben der Diagnostik wichtige prognostische Aussagen. Es kann Patienten im intermediären Bereich der Risikoscores (AGLA, Framingham, etc.) reklassifizieren und somit therapeutische Entscheide erleichtern.
  • Das Koronar-CT ist mit neuer verfügbarer Technik wenig strahlenbelastend, rasch durchführbar und für die Patienten wenig belastend.

Messages à retenir

  • La tomodensitométrie cardiaque (score calcique / angiographie coronarienne) est bien adaptée pour exclure la coronaropathie chez les patients présentant une probabilité intermédiaire de pré-test jusqu‘à 50 %.
  • Par conséquent, les patients que nous soupçonnons de ne pas être atteints d’une coronaropathie et où nous devons « prouver » ceci sont aptes pour ces examens.
  • La tomodensitomètre coronarien fournit des renseignements pronostiques importants en plus du diagnostic. Elle permet de reclasser les patients dans la fourchette intermédiaire des scores de risque (AGLA, Framingham, etc.) et donc de faciliter les décisions thérapeutiques.
  • La tomodensitométrie coronarienne avec la nouvelle technologie
    disponible a une faible exposition aux rayonnements, elle est rapide à réaliser et faible exposition du patient.

1. Shaw LJ, Raggi P, Berman DS, Callister TQ. Coronary artery calcium as a measure of biologic age. Atherosclerosis 2005.
2. Iwasaki K, Matsumoto T, Aono H, Furukawa H, Samukawa M. Prevalence of non-calcified coronary plaque on 64-slice computed tomography in asymptomatic patients with zero and low coronary artery calcium. The Canadian journal of cardiology 2010;26:377-80.
3. Mittal TK, Pottle A, Nicol E, Barbir M, Ariff B, Mirsadraee S et al. Prevalence of obstructive coronary artery disease and prognosis in patients with stable symptoms and a zero-coronary calcium score. European heart journal cardiovascular Imaging 2017;18:922-9.
4. Shaw LJ, Giambrone AE, Blaha MJ, Knapper JT, Berman DS, Bellam N et al. Long-Term Prognosis After Coronary Artery Calcification Testing in Asymptomatic Patients: A Cohort Study. Annals of internal medicine 2015;163:14-21.
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