Ist Selen ein Wundermittel oder ein Ultra-Spurenelement unter vielen ?

In Publikationen für die allgemeine Öffentlichkeit werden Selen positive antivirale Auswirkungen attestiert sowie eine grosse Bedeutung für die erfolgreiche männliche und weibliche Fruchtbarkeit und Fortpflanzung. Auch eine vorbeugende Wirkung vor Krebs-, Autoimmun- und Schilddrüsenerkrankungen (1). Zudem schütze Selen die Körperzellen vor den Angriffen freier Radikale und sei wegen der Stärkung der körpereigenen Abwehrkraft in der Lage, vor sehr vielen Krankheiten zu schützen (2). Solche und ähnliche Aussagen lassen die Vermutung aufkeimen, dass Selen ein wahres Wundermittel sei, womit wohl motiviert werden soll, Selen-Präparate zu kaufen und anzuwenden. In diesem Artikel werden physiologische Aspekte und ein möglicher therapeutischer Einsatz von Selen resümiert.

Selen, ein Halbmetall mit der Ordnungszahl 34, gehört zusammen mit Iod, Molybdän und Chrom und anderen zu den essentiellen Ultra-Spurenelementen, Substanzen deren täglicher Bedarf im µg-Bereich liegt. Zur Erinnerung: Der Bedarf an eigentlichen Spurenelementen wie Eisen, Zink, Kupfer, Fluor und Mangan liegt im mg-Bereich.
Selen hat vielfältige biologische Funktionen. Beobachtungen von endemischer Kardiomyopathie bei einer Population in China, die sich fast Selen-frei ernährt, und auf Supplementation mit Selen anspricht, sprechen für die Essentialität von Selen zum Erhalt der Gesundheit (3). Auch unter totaler parenteraler Ernährung, die früher ohne Selen-Zusatz verabreicht wurde, traten Fälle von unter Selen reversiblen Kardiomyopathien und Skelettmuskel-Dysfunktionen auf. Als weitere Folgen von Selenmangel werden Störungen der Immunfunktion, Thyroiditis, Krebsarten, kardiovaskuläre Krankheiten und Störungen des Glukose-Metabolismus diskutiert, ohne klar etabliert zu sein (4).
Der Selenbedarf eines gesunden Erwachsenen liegt gemäss «Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr der Gesellschaften für Ernährung in Deutschland (DGE), Österreich (ÖGE) und der Schweiz (SGE)» für Frauen bei geschätzten 60 und für Männer bei 70 µg pro Tag, wobei die Grenze zu potentiell zu hoher Einnahme bereits bei rund 400 µg pro Tag erreicht ist. Damit ist der Bereich für eine Supplementation schmal, so dass eine solche höchstens bei Personen mit einem klaren Selen-Mangel sinnvoll und sicher ist (5).
Der Gehalt von Selen in pflanzlichen Lebensmitteln hängt vom Selengehalt des Bodens ab, auf dem sie wachsen. In der Schweiz sind wie im übrigen Europa die Böden eher arm an Selen, während die Böden in den USA noch relativ reich an Selen sind. Bei ​tierischen Lebensmitteln hängt der Selengehalt vom Futter resp. von der Selenzugabe zum Futter ab. In der Schweiz trägt der Teigwarenkonsum mit 15.7 µg /d am meisten zur durchschnittlichen Gesamteinnahme von 66 µg Selen/d bei, gefolgt von Fleisch, Fisch und Ei. Daran hat auch der rückläufige Import von Hartweizen aus Nordamerika mit seinem hohen Selengehalt mindestens bis 2010 nichts geändert. Eine 2010 publizierte Studie kam zum Schluss, dass die Selenversorgung in der Schweiz seit annähernd 25 Jahren stabil und noch ausreichend sei (6). Modellrechnungen zeigen jedoch, dass es im Zusammenhang mit dem Klimawandel in den nächsten Dezennien in rund zwei Dritteln der weltweit landwirtschaftlich genutzten Flächen zu einem durchschnittlichen Selenverlust von rund 9% kommen wird. Damit ist anzunehmen, dass die Zahl von Menschen mit Selenmangel zunehmen wird (7).
Selen liegt in der organischen Natur hauptsächlich in gebundener Form vor, in welcher es vom Menschen überwiegend mit der Nahrung aufgenommen wird. In Pilzen und Pflanzen in Form von Selenmethionin. Es handelt sich dabei um Methionin, bei welchem das Schwefelatom durch Selen ersetzt ist und das auch bei Tieren und Menschen unspezifisch an Stelle von Methionin in viele Proteine eingebaut wird. Die Resorption im Darm erfolgt aktiv, die Bioverfügbarkeit ist hoch. Hingegen wird bei Mensch und Tier Selenocystein als 21. Aminosäure aktiv in sogenannte Selenoproteine eingebaut. Selenocystein, bei dem das Schwefelatom von Cystein durch Selen ersetzt ist, wird sowohl intestinal resorbiert, wie auch aus Selenmethionin oder via eine spezifische Transfer-RNS aus L-Serin synthetisiert. Bei katabolen Prozessen freigesetztes Selen wird hauptsächlich im Urin ausgeschieden (8).
Beim Menschen sind mehr als 30 Selenoproteine bekannt, die wichtigsten sind vier Glutathionperoxidasen (GPX) mit antioxidativer Wirkung und drei Iodo-Thyronin Deiodasen, welche die Umwandlung von T4 zum aktiven T3 und die Deiodierung von T3 zu inaktivem T2 bewirken, sowie die lokale Konzentration von T3 regulieren. Weiter sind die Thioredoxin Reduktasen 1-3 erwähnenswert sowie das humane Selenoprotein P (SEPP1), welches sehr reich an Selenocystein ist und nach Synthese in der Leber zur Hauptsache andere Organe wie Gehirn, Nieren und Testes mit Selen versorgt. Die Plasmakonzentration von SEPP1 fällt bei Selenmangel ab, weshalb es zusammen mit der Aktivität von GPX3 als Index für die aktuelle nutritive Versorgungssituation Verwendung findet (9).
Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen einer Korrektur eines Selenmangels und dem prophylaktischen Einsatz von Selen bei Personen mit normalem Selenstatus. Die Interpretation von Studien über den Effekt von Selen-Supplementation auf diverse Endpunkte ist insofern schwierig, als oft nicht klar ist, ob es sich bei der Studienpopulation um Personen mit normalem Selenstatus oder Selenmangel handle. Die folgenden Kernaussagen beziehen sich auf Populationen mit normalem Selenstatus.

Diabetes mellitus

Nachdem epidemiologische Studien bei Diabetikern eine inverse Korrelation zwischen Selen-Spiegel im Blut resp. -Gehalt in Nägeln und Blutzucker sowie zwischen bestimmten Selenoproteinen und Glukosemetabolismus gefunden haben und in vitro-Versuche eine Verbesserung der Insulin-Synthese und -Sekretion in Inselzellen unter Selen gezeigt hatten, wurde die Hypothese aufgestellt, dass Selen zur Prophylaxe und Behandlung von Diabetes Typ 2 einen Stellenwert haben könnte. Randomisierte, plazebokontrollierte Studien (PCT) zeigten indessen bei Probanden ohne Selenmangel keinen oder sogar einen nachteiligen Effekt auf Blutzucker und Lipidprofil (5, 10–12). Offensichtlich ist die Interaktion von Selen mit Diabetes komplex, diskutiert wird eine U-förmige Interaktion, indem sowohl extremer Selenmangel wie -Überfluss sich nachteilig auf den Glukosemetabolismus auswirken können. Von einer Selen-Supplementation von normal ernährten Personen zur Vorbeugung oder Behandlung von Diabetes Typ 2 muss abgeraten werden.

Karzinomprophylaxe

Ähnlich wie beim Diabetes führten epidemiologische Studien mit dem Nachweis eines möglichen Zusammenhanges zwischen Selen und Krebsmortalität sowie entsprechende Tier- und in vitro-Studien zu zahlreichen Untersuchungen, die den Nachweis einer möglichen Rolle von Selensupplementation zur Karzinomprophylaxe zum Ziel hatten. Die grösste Auswertung solcher Studien findet sich in der 3. Überarbeitung eines Cochrane Reviews, in welchem 83 klinische und kontrollierte Studien ausgewertet wurden (13). Dabei zeigte die Selensupplementation keinen Vorteil in Bezug auf die Inzidenz aller Karzinome und insbesondere nicht auf diejenige von Colon, Nicht-Melanom-Hautkrebse, Bronchial-, Mamma-, Blasen- oder Prostata-Karzinom. Auch in dieser Analyse fand sich zwar eine erniedrigte Karzinom-Inzidenz und -Mortalität in der Kategorie mit der höchsten Selen-Exposition verglichen mit der tiefsten, jedoch wiesen viele Studien erhebliche Mängel auf, wie Fehlklassifikationen und v.a. mangelnde Berücksichtigung von Begleitvariablen. Zudem fehlt eine Dosis-Wirkungsrelation, so dass die Autoren zum Schluss kamen, dass Selen-Supplementation keinen günstigen Effekt in Bezug auf Reduktion des Krebsrisikos zeige. In der Selen und Vitamin E Krebspräventionsstudie SELECT mit 35533 Männern fand sich sogar eine nichtsignifikante Erhöhung des Risikos für Prostata-Karzinom um absolut 0.8 unter Selen- und signifikant um 1.6 unter Vitamin-E-Supplementation (14). Bezüglich Nicht-Melanom-Hautkrebs kam es im Nutritional Prevention of Cancer Trial zu einer signifikanten Erhöhung des Risikos unter Supplementation mit 200 µg/d (15).

Schilddrüse

Basierend auf der Hypothese, dass Selen die Immunfunktion verbessere und insbesondere bei Personen mit relativem Selenmangel in der Lage sei, Entzündungsprozesse zu beeinflussen, wurde bei 55 Patienten mit chronischer Autoimmunthyreoiditis und ​Thyroperoxidase (TPO) Antikörpern in einem RCT der Einfluss von 200 µg / d Selenomethionin gegen Plazebo untersucht (16). Nach 6 Monaten konnte in der Verumgruppe ein hoch signifikanter Abfall von AntiTPO um 20% als Hinweis auf eine günstige Beeinflussung der entzündlichen Aktivität dokumentiert werden. Ebenso war Selen bei Schwangeren mit positiven AntiTPO ab der 12. Gestationswoche in der Dosis von 200 µg/d verabreicht in der Lage, das Risiko für eine Postpartum Thyroiditis von 49 auf 29% und damit auch das Risiko für eine permanente Hypothyreose zu reduzieren (17). Die Fallzahlen dieser Studien sind klein und ein vorbestehender Selenmangel kann bei der Studienpopulation aus Italien nicht ausgeschlossen werden, so dass ein routinemässiger Einsatz von Selen in dieser Situation nicht vorbehaltlos empfohlen werden kann.
Während einzelne Studien einen günstigen Effekt auf die Entwicklung einer endokrinen Orbitopathie vermuten liessen (18), konnte der M. Basedow per se durch Selen-Supplementation in seinem Verlauf nicht beeinflusst werden (19).

Selenmangel

Selenmangel weist eine Korrelation mit der Prävalenz von Erkrankungen wie Atherosklerose, Rheumatoide Arthritis und virale Erkrankungen inkl. HIV auf. Selen spielt eine wesentliche Rolle bei der Initiierung von Immunität und der Regulation von überschiessender Immunreaktion und chronischer Entzündung. Dies kann erklären, warum bei Selenmangel eine Ergänzungsbehandlung Gesundheitszustand und Lebensqualität verbessern kann (20).
Ein klinisch bedeutsamer Selenmangel kann sich nutritiv oder aufgrund von Verlusten ergeben. Personen mit erhöhtem Risiko für einen nutritiven Mangel können reine Vegetarier oder Veganer sein, Personen mit einseitiger Ernährung, z.B. Alkoholiker, extremer Hungerzustand, Anorexia nervosa, Bulimie und solche unter selenfreier oraler oder parenteraler Ernährung (21). Verluste können sich über den Darm einstellen (protrahierte Diarrhoe, Malabsorption, Laxantienabusus), über den Urin (Proteinurie, nephrotisches Syndrom, Diabetes insipidus, Diuretika), unter verlängertem kontinuierlichem Nierenersatzverfahren (22), bei protrahiertem Blutverlust und langer Stillzeit.
Ein Selenmangel wird anhand der Resultate der Messung des totalen Selengehalts mittels Massenspektrometrie (ICP-MS) erfasst, im Serum, um die aktuelle, und im Vollblut, um eher die langfristige Versorgungssituation zu erfassen (Tarif-Code 1665.00, Kosten CHF 105.-, Referenzbereich 0.76 – 1.65 µmol / l, resp. 60 – 130 µg / l) (23). Alternativ kann der Spiegel von Selenoproteinen wie SEPP1 und die Aktivität GPX gemessen werden, wobei v.a. das Letztere rasch auf eine Mangelsituation reagiert. Ein suboptimaler Selenstatus bei Erwachsenen liegt bei einem Selengehalt des Serums von < 0.64 µmol / l resp. < 50 μg / l vor, bei Kindern liegen die Gehalte niedriger. Es ist sinnvoll, einen suboptimalen Selenstatus durch Gabe von Selenpräparaten (Natriumselenit, Selenomethionin, Selenhefe) zu beheben, um den antioxidativen Schutz zu verbessern bzw. wiederherzustellen. Für den peroralen Einsatz ist von der Swissmedic das Präparat selenase® peroral als Monosubstanz mit 166,5 µg Natriumselenit 5 H2O (entsprechend 50 µg Selen) pro ml Lösung in der Abgabekategorie B zugelassen, daneben ist Selen in verschiedensten Kombinationen mit einem Gehalt zwischen ​28 und 60 µg in der Abgabekategorie C (Andreavit®, Premavid®) und D erhältlich (Burgerstein Geriatrikum und TopVital, Pharmaton Vital und Ginseng, Supradyn) (24, 25). Weitere Präparate wie z.B. Burgerstein Selenvital werden als Nahrungsergänzungsmittel und nicht als zugelassene Medikamente vermarktet. Vom deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind Nahrungsergänzungsmittel zum vorbeugenden Gesundheitsschutz bis zu einer Höchstzufuhr von 30 μg Se / Tag zugelassen (21, 26).

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Selen ist ein essentielles Ultra-Spurenelement, das beim Menschen in Form von Selenocystein in mehr als 30 Selenoproteinen enthalten ist, welche antioxidative Funktionen entfalten und am Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone beteiligt sind
  • Die Allgemeinbevölkerung in der Schweiz ist ausreichend mit Selen versorg, ein Selenmangel kann jedoch bei Risikopersonen infolge reduzierter Aufnahme oder pathologischer Verluste bestehen
  • Eine Medikation mit einem Selen-Präparat führt bei der gesunden Allgemeinbevölkerung nicht zu einem gesundheitlichen Vorteil
  • Eine Selen-Supplementation ist bei Selenmangel sinnvoll, bei klinischem Verdacht soll der Selenspiegel vorgängig mittels Massenspektrometrie gemessen werden.

1. Selen: Wirkung, Dosierung, Mangel & Nebenwirkungen – VitaminExpress [Stand: 28.05.2018]. Verfügbar unter: https://www.vitaminexpress.org/de/selen.
2. Selenmangel – Ursache vieler Beschwerden [Stand: 28.05.2018]. Verfügbar unter: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/selenmangel-ia.html.
3. Observations on effect of sodium selenite in prevention of Keshan disease. Chin Med J 1979; 92(7):471–6.
4. Loscalzo J. Keshan Disease, Selenium Deficiency, and the Selenoproteome. New England Journal of Medicine 2014; 370(18):1756–60. doi: 10.1056/NEJMcibr1402199.
5. Rayman MP. Selenium and human health. Lancet 2012; 379(9822):1256–68. doi: 10.1016/S0140-6736(11)61452-9.
6. Jenny-Burri J, Haldimann M, Dudler V. Estimation of selenium intake in Switzerland in relation to selected food groups. Food Addit Contam Part A Chem Anal Control Expo Risk Assess 2010; 27(11):1516–31. doi: 10.1080/19440049.2010.506603.
7. Jones GD, Droz B, Greve P, Gottschalk P, Poffet D, McGrath SP et al. Selenium deficiency risk predicted to increase under future climate change. Proc Natl Acad Sci U S A 2017; 114(11):2848–53. doi: 10.1073/pnas.1611576114.
8. Thomson C RM. Selenium. In: Macrae R, Robinson RK, Sadler MJ., Hrsg. Encyclopedia of food science, food technology, and nutrition: Selenium. London: Academic Press; 1993.
9. Burk RF, Hill KE. Selenoprotein P—Expression, functions, and roles in mammals. Biochimica et Biophysica Acta (BBA) – General Subjects 2009; 1790(11):1441–7. doi: 10.1016/j.bbagen.2009.03.026.
10. Stranges S, Marshall JR, Natarajan R, Donahue RP, Trevisan M, Combs GF et al. Effects of Long-Term Selenium Supplementation on the Incidence of Type 2 Diabetes. Ann Intern Med 2007; 147(4):217. doi: 10.7326/0003-4819-147-4-200708210-00175.
11. Thompson PA, Ashbeck EL, Roe DJ, Fales L, Buckmeier J, Wang F et al. Selenium Supplementation for Prevention of Colorectal Adenomas and Risk of Associated Type 2 Diabetes. J Natl Cancer Inst 2016; 108(12). doi: 10.1093/jnci/djw152.
12. Rayman MP, Stranges S. Epidemiology of selenium and type 2 diabetes: can we make sense of it? Free Radic Biol Med 2013; 65:1557–64. doi: 10.1016/j.freeradbiomed.2013.04.003.
13. Vinceti M, Filippini T, Del Giovane C, Dennert G, Zwahlen M, Brinkman M et al. Selenium for preventing cancer. Cochrane Database Syst Rev 2018; 1:CD005195. doi: 10.1002/14651858.CD005195.pub4.
14. Klein EA, Thompson IM, Tangen CM, Crowley JJ, Lucia MS, Goodman PJ et al. Vitamin E and the risk of prostate cancer: the Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT). JAMA 2011; 306(14):1549–56. doi: 10.1001/jama.2011.1437.
15. Duffield-Lillico AJ, Slate EH, Reid ME, Turnbull BW, Wilkins PA, Combs GF, JR et al. Selenium supplementation and secondary prevention of nonmelanoma skin cancer in a randomized trial. J Natl Cancer Inst 2003; 95(19):1477–81.
16. Farias CR de, Cardoso BR, de Oliveira, G. M. B., de Mello Guazzelli, I. C., Catarino RM, Chammas MC et al. A randomized-controlled, double-blind study of the impact of selenium supplementation on thyroid autoimmunity and inflammation with focus on the GPx1 genotypes. Journal of Endocrinological Investigation 2015; 38(10):1065–74. doi: 10.1007/s40618-015-0285-8.
17. Negro R, Greco G, Mangieri T, Pezzarossa A, Dazzi D, Hassan H. The Influence of Selenium Supplementation on Postpartum Thyroid Status in Pregnant Women with Thyroid Peroxidase Autoantibodies. J Clin Endocrinol Metab 2007; 92(4):1263–8. Verfügbar unter: https://academic.oup.com/jcem/article-pdf/92/4/1263/9052154/jcem1263.pdf.
18. Marcocci C, Kahaly GJ, Krassas GE, Bartalena L, Prummel M, Stahl M et al. Selenium and the course of mild Graves’ orbitopathy. N Engl J Med 2011; 364(20):1920–31. doi: 10.1056/NEJMoa1012985.
19. Kahaly GJ, Riedl M, König J, Diana T, Schomburg L. Double-Blind, Placebo-Controlled, Randomized Trial of Selenium in Graves Hyperthyroidism. J Clin Endocrinol Metab 2017; 102(11):4333–41. Verfügbar unter: https://academic.oup.com/jcem/article-pdf/102/11/4333/21533676/jc.2017-01736.pdf.
20. Prabhu KS, Lei XG. Selenium. Adv Nutr 2016; 7(2):415–7. doi: 10.3945/an.115.010785.
21. Bekanntmachung des Umweltbundesamtes¶Selen und Human-BiomonitoringStellungnahme der Kommission «Human-Biomonitoring» des Umweltbundesamtes. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2002; 45(2):190–5. doi: 10.1007/s00103-001-0357-0.
22. Ben-Hamouda N, Charriere M, Voirol P, Berger MM. Massive copper and selenium losses cause life-threatening deficiencies during prolonged continuous renal replacement. Nutrition 2017; 34:71–5. doi: 10.1016/j.nut.2016.09.012.
23. RKI. Selen in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2006; 49(1):88–101. doi: 10.1007/s00103-005-1185-4.
24. Arzneimittelinformation [Stand: 10.07.2018]. Verfügbar unter: http://www.swissmedicinfo.ch/.
25. compendium.ch [Stand: 10.07.2018]. Verfügbar unter: https://compendium.ch/search/Selen/de.
26. BVL. Nahrungsergänzungsmittels mit Zusatz von Vitamin E und Selen. Zu Nr. 2002-002-00 [Stand: 02.07.2018]. Verfügbar unter: https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/04_AntragstellerUnternehmen/07_Allgemeinverfuegungen/01_Archiv_Uebersicht/07_Nahrungsergaenzungsmittel/lm_av2002_002_00_basepage.html.

Aspekte des Eisentherapie-Managements

«Wann ist eine Eisentherapie indiziert? Orale versus intravenöse Eisensubstitution – welche der beiden Therapieformen ist vorzuziehen? Oder ist die alleinige eisenreiche Ernährung ausreichend? Ein Eisenmangel führt ohne Behandlung zu einer Eisenmangelanämie, welche die häufigste Form der Anämie ist.

Bei ausgewogener oraler Ernährung werden im Durchschnitt 1-2 mg Eisen täglich im Duodenum und oberen Jejunum resorbiert. Eisen wird für den Transport durch die Blutbahn an das Protein Transferrin gebunden. An Ferritin gebundenes Eisen ist Speichereisen. Ferritin als Eisenreserve des Körpers findet sich in allen Zellen und Körperflüssigkeiten. Vorwiegend in der Leber, Milz und Knochenmark. Der Gesamteisengehalt des menschlichen Organismus liegt nach unterschiedlichen Angaben der Literatur bei etwa 35 bis 45 mg pro kg Körpergewicht. Eisen ist essenzieller Bestandteil des Hämoglobins, Myoglobins und fungiert als Kofaktor etlicher Enzyme. Die physiologische Eisenexkretion von 1-2 mg pro Tag findet u.a. über abgeschilferte Darmepithelzellen statt. Die Menstruationsblutung führt bei Frauen zu einem zusätzlichen Eisenverlust.

Diagnostik

Das Endstadium des Eisenmangels (Stadium 3) ist die hypochrome mikrozytäre Eisenmangelanämie. Die körpereigenen Eisenspeicher sind in diesem Stadium vollständig ausgeschöpft.
Schwäche, Müdigkeit, Leistungsintoleranz, Kopfschmerzen, Haarausfall, Restless - Legs sind nur einige Symptome des fehlenden Eisens. Eine Anämie muss im Stadium 2 einer eisendefizitären Erythropoese nicht zwingend vorliegen. Im Stadium 1 handelt es sich um einen Mangel an Speichereisen mit normalem Hämoglobin und normalen erythrozytären Indizes (Tab 1.).
Im Folgenden seien nur einige wegweisende labordiagnostische Parameter erwähnt. Ein erniedrigtes Serum-Ferritin ist das frühe Zeichen einer negativen Eisenbilanz. Das erhöhte Serum-Transferrin und die abfallende Transferrin-Sättigung sind weitere Warnsignale für die schwindenden Eisenreserven mit eisendefizitärer Erythropoese. Das Hämoglobin (Hb), das mittlere Erythrozytenvolumen (MCV), und die mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (MCHC), die richtungsweisenden Parameter für eine hypochrom-mikrozytäre Anämie, sinken erst später.

Indikation Eisentherapie

Eine Eisenmangelanämie erfordert unabhängig von der vorliegenden Symptomatik immer eine Abklärung der Ursache und eine Behandlung. Die Therapie der Wahl ist die Eisensubstitution. Bluttransfusionen sind in der Regel nur bei schwerer Anämie mit hämodynamischer Instabilität indiziert. Patienten mit symptomatischem Eisenmangel ohne Anämie können von einer Eisensubstitution profitieren. Das Auffüllen der Eisenspeicher kann allfällige Beschwerden lindern. Ein Therapieversäumnis dagegen würde höchstwahrscheinlich zu einer Anämie mit dem Risiko für ischämische Organschäden führen. Insbesondere bei chronischen Herz- und Nierenerkrankungen. Klinische Studien mit jüngeren (14. bis 21. Lebensjahr) und prämenopausalen Frauen belegten den positiven Effekt der intravenösen Eisensubstitution bei Eisenmangel assoziierter Müdigkeit (1, 2). Eine Eisensubstitution ist nur bei einem dokumentierten Eisenmangel indiziert. Die Behandlung des Eisenmangels mit oder ohne Anämie beinhaltet mehr als nur das Ersetzen des Eisens. Die Ursachen des Eisenmangels (Tab. 2) sollten identifiziert und nach Möglichkeit mittels kausaler Therapie behoben werden. Anämien ohne gesicherten Eisenmangel, Zustände mit Eisenüberladung wie z.B. die Hämochromatose oder die chronische Hämolyse, sowie Hämoglobinopathien mit Eisenverwertungsstörung wie z.B. die Thalassämie (ebenfalls eine hypochrome mikrozytäre ​Anämie) sind Kontraindikationen für jegliche Formen der Eisensubstitution.

Eisenreiche Ernährung

In wirtschaftlich entwickelten, rohstoffreichen Ländern wie der Schweiz kann der physiologische Eisenverlust durch die Verfügbarkeit von Eisen in vielen Fleischsorten und Gemüsen gedeckt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Bioverfügbarkeit des Eisens im Gemüse niedriger ist als im Fleisch. Durch die hochregulierte Eisenabsorption können sogar minime Verluste ausgeglichen werden. Ein chronischer Eisenverlust durch Hypermenorrhoe oder okkulte gastrointestinale Blutungen kann dagegen nicht zur Genüge kompensiert werden. Von einem ernährungsdefizitären Eisenmangel sind oft Säuglinge, Kleinkinder, Jugendliche, Vegetarier, aber auch Alkoholsuchtkranke betroffen.
Die Optimierung der oralen Eisenzufuhr mittels der täglichen Nahrung dient vielmehr als Prophylaxe in der oben erwähnten Populationsgruppe. Ein durch Malnutrition bedingter Eisenmangel mit oder ohne Anämie bedarf, um die Eisenspeicher zu füllen, immer einer Substitutionstherapie. Die Ernährungsberatung ist ein zusätzlicher Support mit dem Ziel, ein Rezidiv zu verhindern.

Orale Eisentherapie

Die Einnahme oraler Eisenpräparate ist die sicherere und kostengünstigere Therapievariante. Orale Eisenpräparate werden im Allgemeinen bei Eisenmangel bzw. der hypochromen mikrozytären Anämie ohne schwere Symptome oder unkontrollierten Blutverlust verwendet. Die Dosierung ist abhängig vom geschätzten Eisendefizit und der Schnelligkeit mit der dieses korrigiert werden soll. Bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen ist die orale Substitution zu bevorzugen. Beispielsweise empfiehlt die Schweizer Arzneimittelinformation (3) für die 100 mg Eisen(II)-Fumarat-Formulierung täglich 1 Kapsel einzunehmen, bei schwerem Eisenmangel auch 2-3 Kapseln über den Tag verteilt. Dabei muss man sich bewusst sein, dass bei Gabe von mehreren täglichen Dosen die fraktionierte Resorptionsrate wegen Stimulation von Hepcidin sinkt. Eine höhere Einzeldosis wird im Vergleich zu mehreren Teildosen ebenfalls resorbiert (4). Als alternatives Dosierungsschema bewirkte die Verabreichung von Eisenpräparaten an alternierenden Tagen bei Frauen mit Eisenmangel eine verbesserte Eisenresorption (5). Eine Normalisierung der laborchemischen Werte ist nach drei Monaten zu erwarten. Um die Eisenspeicher aufzufüllen sind weitere 3-6 Monate erforderlich. Eisen-II-sulfat, Eisen-II-gluconat oder Eisen-II-fumarat haben eine vergleichbare Effizienz und müssen nüchtern eingenommen werden. Eisen-III-Polymaltose muss hingegen während oder direkt nach dem Essen eingenommen werden. Das dreiwertige Eisen muss durch die Fe-Reduktase im Dünndarm zu zweiwertigem Eisen reduziert werden, da es nur in dieser Form intestinal resorbiert werden kann. Präparate mit Eisen(III)-Verbindungen sind daher nicht ideal. Häufige unerwünschte Arzneimittelwirkungen der oralen Eisentherapie sind abdominelle Schmerzen, Diarrhoe, Obstipation, Nausea und Dyspepsie. Die oft berichtete Schwarzfärbung des Stuhls ist auf die Ausscheidung des nicht resorbierten Eisens zurückzuführen und ergibt keine falsch positiven Ergebnisse bei der Testung auf okkultes Blut. Ein reduzierter Säuregehalt des Magens, verursacht durch Antacida, Protonenpumpenhemmer oder H2-Rezeptor-Antagonisten, kann sich negativ auf die Eisenresorption auswirken. Eisen bildet mit Chinolonen, Bisphosphonaten, Levodopa und Levothyroxin schwer lösliche Komplexe. Die Resorption und somit Bioverfügbarkeit aller an der Interaktion beteiligten Substanzen wird vermindert. Eine um 2 bis 3 Stunden versetzte Einnahme des Eisenpräparates kann diesem Mechanismus entgegenwirken. Obwohl besser verträglich, kann die gleichzeitige Einnahme mit der Nahrung die Bioverfügbarkeit von zweiwertigen Eisen deutlich senken.

Intravenöse Eisentherapie

Die parenterale Eisentherapie ist indiziert bei Erkrankungen, die mit einer Resorptionsstörung des Gastrointestinaltrakts einhergehen, wie chronisch entzündliche Magen-Darmerkrankungen, bei unkontrolliertem Blutverlust, bei einer renalen Anämie unter Erythropoietin-Therapie und in präoperativen Situationen mit Eisenmangel, in denen ein rasches Auffüllen der Eisenspeicher erforderlich ist sowie bei Non-Compliance peroraler Präparate. Auch bei der Herzinsuffizienz NYHA II-III führte die intravenöse Gabe von Eisen(III)-Carboxymaltose in zwei Studien zur Besserung, wobei Ferritin als Einschlusskriterium in dieser Patientengruppe weniger gut definiert ist (in einer der Studien fand sich kein Unterschied im Therapieerfolg zwischen Patienten mit und Patienten ohne vorbestehende Anämie) (6, 7). Neuere, dextranfreie Präparate wie Eisen(III)-hydroxid-Saccharose-Komplex oder Eisen(III)-Carboxymaltose sind gut verträglich. Parenterale Eisenpräparate bergen neben dem Problem der höheren Kosten die seltene Gefahr einer akuten Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp. Hautreizung und Thrombophlebitis mit Thrombosegefahr sind lokale unerwünschte Reaktionen an der Einstichstelle. Akzidentelle paravasale Gaben führen zu einer langanhaltenden braunen Hautverfärbung. Häufige unerwünschte Wirkungen sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Bauchschmerzen, Obstipation, Diarrhoe und Hautausschlag. Bei unsachgemässer Anwendung kann es zur – iatrogenen – Eisenüberladung kommen, wenn zu hohe, individuell nicht benötigte Eisenmengen verabreicht werden (Tab. 3). Die kumulative Gesamtdosis von parenteralen Eisenpräparaten sollte individuell berechnet und nicht überschritten werden. Die Hersteller der meisten Präparate empfehlen die Formel nach Ganzoni zu verwenden, basierend auf Körpergewicht, aktuellem Hämoglobinwert und der Menge an elementarem Eisen des jeweiligen Eisenprodukts (vgl. Arzneimittelinformation) .

Dr. med. Livia Hajbok

Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie
UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

livia.hajbok@usz.ch

Prof. Dr. med. Gerd A. Kullak-Ublick

Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie
UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Jede Form eines nachgewiesenen Eisenmangels erfordert neben der Abklärung der Ursache eine Substitutionstherapie.
  • Der Eisenersatz ist eine symptomatische, aber keine kausale Therapie.
  • Grundleiden, Begleiterkrankungen, Alter des Patienten, Verträglichkeit des Präparates, individuelle Patientenbedürfnisse und nicht zuletzt die Behandlungskosten sind entscheidend bei der Auswahl und Verabreichungsform des Eisenersatzproduktes.
  • Perorale Eisentherapien sind die Erstlinientherapien bei stabilen
    Patienten. Parenterale Therapien sind u.a. indiziert bei ungenügender Wirksamkeit oder Unverträglichkeit peroraler Präparate, bei chronisch entzündlichen Magen-Darmerkrankungen oder bei Non-Compliance

1. Sharma R, Stanek JR, Koch TL, et al. Intravenous iron therapy in non-anemic iron-deficient menstruating adolescent females with fatigue. Am J Hematol 2016; 91:973.
2. Krayenbuehl PA, Battegay E, Breymann C, et al. Intravenous iron for the treatment of fatigue in nonanemic, premenopausal women with low serum ferritin concentration. Blood 2011; 118:3222.
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4. Moretti D. et al.: Oral iron supplements increase hepcidin and decrease iron absorption from daily or twice-daily doses in iron-depleted young women. Blood. 2015 Oct 22;126:1981-9.
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• Aktories Förstermann und Hofmann Starke. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 11. Auflage 2013.

Herzerkrankungen im Kindesalter

Nebst der Tatsache, dass das Thema «Herz» mit sehr vielen Emotionen verbunden ist, gibt es im Kindes- und Jugendalter einige kardiale Probleme, die man weiter abklären sollte. ca. 1 von 100 Kindern in der Schweiz hat einen angeborenen Herzfehler, das Spektrum reicht von einem kleinen, hämodynamisch nicht relevanten muskulären Ventrikelseptumdefekt (VSD) bis zum komplexen «hypoplastischen Linksherzsyndrom». Nebst den angeborenen Vitien sind Herzrhythmusstörungen, Synkopen und Herzgeräusche aber ebenso häufige Probleme, mit denen nicht nur Kinderkardiologen, sondern v.a. die GrundversorgerInnen in der Praxis konfrontiert sind.

Spezialisten haben den Vorteil, ein vorselektioniertes Patientengut zu sehen. Ärzte in der Grundversorgung müssen aber die Kinder identifizieren, welche zum Kinderkardiologen überwiesen werden müssen, und festlegen mit welcher Dringlichkeit. In diesem Artikel werden einige wichtige «red flags» und eine Art Leitfaden für die häufigeren kinderkardiologischen Probleme vorgestellt.

Herzgeräusche

Herzgeräusche bei Kindern und Jugendlichen sind sehr häufig (60-80%). Prinzipiell kann man sagen, je jünger das Kind, desto breiter sind die Differentialdiagnosen und umso relevanter die Konsequenzen für das Kind. Eine gute klinische Untersuchung in Kombination mit einer guten Anamnese, lassen uns «harmlose» Herzgeräusche von den weiter abzuklärenden Herzgeräuschen unterscheiden.
Bei neugeborenen Kindern sind Trinkverhalten und Gedeihen zwei sehr wichtige Faktoren. Trinkt das Kind zügig ohne Pausen oder vermehrtes Schwitzen und gedeiht perzentilengerecht, ist eine relevante Herzinsuffizienz sehr unwahrscheinlich.
Bei älteren Kindern sind ein Leistungsknick oder angeborene Herzfehler in der Familie immer Angaben, die uns aufhorchen lassen.
Im klinischen Status sind die Inspektion und Palpation genauso wichtig wie die Auskultation. Zeigt das Kind Dysmorphiezeichen oder Zeichen der Atemnot? Ist es zyanotisch?
Bei der Palpation sind ein verstärktes Präkordium, ein Schwirren präkordial oder jugulär Symptome, die uns an ein zugrundeliegendes (Aortenstenose, Pulmonalstenose oder Ventrikelseptumdefekt) Vitium denken lassen.

Bei den Neugeborenen / Säuglingen sollte man nie vergessen die Leistenpulse zu tasten um eine mögliche Aortenisthmusstenose nicht zu verpassen.
Falls in der Praxis die Möglichkeit besteht, sollte man versuchen, eine transkutane Sauerstoffsättigung prä- und postductal sowie Blutdrücke an allen 4 Extremitäten zu messen.

Bei der kardiale Auskultation zu beachten:

  • Herztöne: 2. Herzton fix gespalten, erst bei Kindern ab Vorschulalter verwertbar (z.B. relevanter Atriumseptumdefekt), frühsystolischer
  • Ejektionsklick (Pulmonal- / Aortenstenose).
  • Lokalisation/Ausstrahlung: Pumonalis, Aorta oder über Erb.
  • Timing: systolisch, diastolisch, systolo-diastolisch.
  • Lautstärke (1-6/6).
  • Dynamik.

Harmlose Herzgeräusche

Akzidentelles Herzgeräusch: gesunde Kinder, oft über Erb, midsystolisch, max. 3/6, «musikalisch», nieder-mittelfrequent, evtl. leiser beim Aufrichten. Ursachen unklar, Strömungsgeräusch, bei Fieber/Anämie häufiger. Nicht abklärungsbedürftig.
Periphere Pulmonalstenose: Häufigstes Herzgeräusch bei Neugeborenen und Säuglingen bis 6 Monate: Kurzes, mittelfrequentes Systolikum, ubiquitär, im Rücken
Nonnensausen: Turbulenz in den Jugularvenen, Alter 3-6 Jahre, systolisch-diastolisch, links und rechts infraclaviculär, nur in aufrechter Position, verschwindet bei Kopfdrehung

Organische Herzgeräusche

VSD: über Erb/4. ICR parasternal links, kurz/hochfrequentes Systolikum (kleiner, muskulärer VSD), hochfrequent/holosystolisch (mittelgrosser VSD).
Valvuläre Pulmonalstenose: rau/niederfrequentes Systolikum 2. ICR links, Ausstrahlung in den Rücken, frühsystolischer Klick.
Grosser Atriumseptumdefekt (ASD): mittelfrequentes Systolikum 2. ICR links (relative Pulmonalstenose durch vermehrten Fluss), fix gespaltener 2. HT (meist asymptomatische Kinder).
Aortenisthmusstenose: mittelfrequentes Systolikum 2. ICR links, im Rücken links und axillär.
Valvuläre Aortenstenose: niederfrequentes, raues Systolikum 2. ICR rechts mit frühsystolischem Klick und evtl. Schwirren im Jugulum.
Persistierender Ductus arteriosus (PDA): systolo-diastolisches Geräusch 1. und 2. ICR links.

Welche Herzgeräusche bedingen eine überweisung an die Kinderkardiologie

  • Diastolische Herzgeräusche
  • Herzgeräusch mit zusätzlichem Schwirren oder verstärktem Präkordium
  • Herzgeräusch und Herzinsuffizienzzeichen
  • Herzgeräusch und Zyanose
  • Herzgeräusch und Dysmorphiezeichen
  • Herzgeräusch mit fix gespaltenem 2. HT.
  • Systolikum lauter als 3/6
  • CAVE: bei Neugeborenen ist alles möglich, evtl. PDA noch offen, rasche Zuweisung

Thoraxschmerzen

Konsultationen wegen Thoraxschmerzen sind v.a. bei Jugendlichen häufig, kardiale Ursachen sind aber eher selten (Tabelle 1). An eine ernsthafte Erkrankung ist v.a. bei akutem Auftreten zu denken (Tab. 2).

Kardiale Ursachen

Akute Thoraxschmerzen
Im Rahmen einer Perikarditis treten häufig Thoraxschmerzen auf, oft mit Fieber und Infektzeichen vergesellschaftet. Auskultatorisch finden sich evtl. ein Reibungsgeräusch oder sehr leise Herztöne. Im EKG sieht man die typischen ST-Streckenveränderungen. Nach herzchirurgischen Eingriffen kann eine Perikarditis (Postkardiotomiesyndrom) bis 4 Wochen postoperativ auftreten. Neben den viralen und bakteriellen Perikarditiden, treten idiopathische und Begleitperikarditiden (paraneoplastisch, Kollagenosen, Nierenleiden) auf.
Im Unterschied zu den Erwachsenen sind Koronarischämien bei Kindern und Jugendlichen selten und praktisch nur bei prädisponierenden Faktoren zu sehen. Im Rahmen einer Kawasaki Vaskulitis können Koronaraneurysmen auftreten, welche im Verlauf zu Koronarkomplikationen führen können. Treten bei diesen Patienten Thoraxschmerzen auf, sollte man immer an eine mögliche Koronarischämie denken.
Frühe Herzinfarkte in der ersten oder zweiten Dekade, können ebenfalls bei homo- oder heterozygoter Hypercholesterinämie auftreten.
Sehr selten sind auch angeborene Koronaranomalien, wie z.B. der Fehlabgang der linken Koronararterie aus der Pulmonalis (ALCAPA) für Thoraxschmerzen verantwortlich. Bei diesen Anomalien können Thoraxschmerzen oder Synkopen unter Belastung hinweisende anamnestische Angaben sein.
Aortendissektionen sind im Kindesalter eine Rarität und treten praktisch nur im Rahmen eines Traumas oder einer Bindegewebserkrankung (Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos) auf.
Sehr selten können Arrhythmien (Extrasystolen, Palpitationen bei tachykarden Rhythmusstörungen) v.a. von kleineren Kindern als «Schmerzen» wahrgenommen werden.

Chronisch-rezidivierende Thoraxschmerzen
Häufig treten bei Jugendlichen über einen längeren Zeitraum etwas unspezifische Thoraxschmerzen auf. Meistens handelt es sich um idiopathische, gutartige Beschwerden, die im Verlauf spontan rückläufig sind. Oft liegen auch muskuloskelettale Beschwerden oder psychisch überlagerte Probleme zugrunde. Relevante kardiale Ursachen sind selten und häufig handelt es sich um harmlose Zufallsbefunde, wie Mitralklappenprolaps oder Extrasystolen. Ein hoher Leidensdruck oder familiäre Belastung führen schlussendlich öfters zu einer kardiologischen Abklärung. Meistens helfen bereits die kardiologische Untersuchung und die Aufklärung über den gutartigen Spontanverlauf, um die Beschwerden zu lindern.

Differentialdiagnosen

Pneumologisch: (Pleuro)-Pneumonie, Asthma, Pneumothorax, Lungenembolie (sehr selten).
Gastrointestinal: Gastritis, Oesophagitis, gastro-ösophagealer Reflux.

Synkopen

Auch Synkopen sind im Kindes- und vor allem Jugendalter etwas Häufiges. Im Kleinkindesalter können Synkopen eigentlich nur im Rahmen von Affektkrämpfen beobachtet werden. Im Teenageralter stehen die neurokardiogenen Synkopen im Vordergrund. Dazwischen sind Synkopen eher untypisch. Selten (< 5%) liegen im Kindesalter organische kardiale Ursachen zugrunde. Aber genau diese kardialen Ursachen sind potentiell lebensgefährlich und es gilt, sie aus den vielen harmlosen Ursachen herauszufiltern (Tab. 3).
Nebst einer gründlichen körperlichen Untersuchung ist eine gute, gezielte Anamnese das wichtigste Instrument bei einer Synkopenabklärung. Als zusätzliche Untersuchung sollte ein Ruhe-EKG durchgeführt werden. Aufgrund dieser Angaben und Befunde kann man in den meisten Fällen sehr gut eingrenzen, welche Kinder weitere kardiologische Abklärungen benötigen.

Strukturelle Herzfehler

Selten, evtl. schwere Aortenstenose. Patienten nach Herzoperation (atriale und ventrikuläre Arrhythmien auch Jahre nach OP). Koronar- anomalien.

Arrhythmie-Syndrome

Hierbei handelt es sich um genetisch bedingte Störungen der Ionenströme an der Zellmembran mit Veränderungen der Repolarisation. Bei diesen Syndromen gibt es stets einen Trigger, (z.B. Emotionen, körperliche Anstrengung, akustische Reize), der zu polymorphen ventrikulären Kammertachykardien (meistens Torsades-de-pointes) führt und dadurch zu Synkopen oder gar zum plötzlichen Herztod. Oft sind diese Erkrankungen familiär gehäuft. In diesen Fällen ist meistens die Anamnese in Kombination mit einem auffälligen EKG bereits wegweisend. Bei sehr suggestiver Anamnese und initial normalem EKG sind evtl. repetitive EKGs, eine Ergometrie oder eine pharmakologische Provokation notwendig, da der Phänotyp im EKG transient vorhanden sein kann.

Kardiomyopathien

Jede Form einer Kardiomyopathie birgt ein relevantes Arrhythmierisiko. Am häufigsten sind die Patienten mit obstruktiver, hypertropher Kardiomyopathie oder arrhythmogener rechtsventrikulärer Dysplasie betroffen. Oft sind die Kardiomyopathien familiär. Die Synkopen treten meist unter verdächtigen Umständen, wie körperliche Belastung auf. Oft gibt es Auffälligkeiten im Ruhe-EKG, welche aber auch sehr diskret sein können. Eine fachärztliche Abklärung ist stets indiziert.

Dr. med. Dina-Maria Jakob

Universitätsklinik für Kardiologie
Schweizer Herz- und Gefässzentrum Bern
Inselspital
Universitätsspital Bern
3010 Bern

dina.jakob@insel.ch

Die Autorin hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Relevante kardiale Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter sind selten, aber falls sie verpasst werden, können sie zu tödlichen Verläufen führen.
  • Generell gilt, dass man Neugeborene und Säuglinge einem Kinderkardiologen niederschwelliger zuweisen sollte.
  • Angeborene oder familiäre Erkrankungen stehen im Kindesalter im Vordergrund, degenerative oder sekundäre Herzerkrankungen sind eine Rarität.
  • Eine gründliche, fokussierte Anamnese, kombiniert mit einem guten klinischen Status und evtl. zusätzlichem Ruhe-EKG, lässt in den meisten Fällen differenzieren, ob es sich um ein relevantes kardiales Problem handeln könnte und weitere spezialärztliche Untersuchungen notwendig seien.

Helicobacter pylori

L’Helicobacter pylori (Hp) est l’une des infections chroniques les plus courantes chez l’Homme, la transmission se produisant le plus souvent dans l’enfance (1). En Suisse, la prévalence est estimée à environ 12%. Cependant, elle est certainement plus élevée pour les personnes nées à l’étranger (2). L’Hp a une importance pathophysiologique majeure dans les ulcères gastroduodénaux (90–95% des ulcères duodénaux et 60–90% des ulcères gastriques sont Hp-positifs) (3, 4). Elle est aussi l’une des causes de nombreuses autres maladies, dont le lymphome du MALT (5), ainsi que l’adénocarcinome de l’estomac (6). L’Hp est donc également classifié par l’OMS comme cancérogène de classe  I (7). Cet article présente le diagnostic et la thérapie actuellement utilisés dans le cabinet du médecin généraliste.

La découverte de l’Hp par B.J. Marshall et J.R. Warren en 1983 a provoqué un changement de paradigme en gastro-entérologie dont l’importance a été reconnue par l’attribution du prix Nobel de médecine à ces chercheurs en 2005. Les indications actuellement recommandées pour les tests d’Hp sont présentées dans le tableau 1 (8, 9) ci-dessous.

Quel test pour quel patient ?

Une distinction fondamentale doit être faite entre les méthodes invasives (prélèvement de biopsie avec histologie, immunohistologie et PCR) et les méthodes non invasives (antigène des selles, test respiratoire C13, sérologie et test respiratoire). Les sérologies sont rarement pertinentes, parce qu’elles ne permettent pas de faire la distinction entre infection active et éradication réussie. Dans la pratique, le test de l’’antigène des selles est recommandé. En effet, il est simple et très précis. Alternativement, un test d’haleine ayant des caractéristiques et des coûts comparables peut être utilisé. Il est important que les essais soient effectués dans des conditions optimales. En effet, pour éviter des résultats faussement négatifs, les inhibiteurs de la pompe à protons (IPP) devraient être interrompus 2 semaines avant le test et les traitements antibiotiques 4 semaines avant (10). La question de savoir si une endoscopie avec prélèvement de biopsie est indiquée fait l’objet d’une discussion controversée, en particulier concernant les patients souffrant de troubles dyspeptiques non spécifiques. L’endoscopie précoce (scope-and-treat) favorise une amélioration plus importante des symptômes, ainsi que la satisfaction des patients. Cependant, les coûts de l’endoscopie précoce sont bien plus élevés par rapport aux tests d’Hp non invasifs (test-and-treat) (11). Pourtant, l’endoscopie est fortement indiquée pour les patients âgés de plus de 50 ans ou s’il y a des symptômes d’alarme tels que la perte de poids, l’anémie, la dysphagie ou les saignements gastro-intestinaux (8, 9).

Thérapie

Il existe d’innombrables programmes d’éradication de l’Hp différant considérablement en termes de combinaisons de médicaments et de durée. La triple thérapie italienne (métronidazole, clarithromycine et IPP) et française (amoxicilline, clarithromycine et IPP) sont bien établies en Suisse, en particulier pour l’expérience d’éradication primaire. En outre, il existe des combinaisons de quatre médicaments pouvant être utilisées comme thérapie concomitante (amoxicilline, métronidazole, clarithromycine et IPP), séquentielle (amoxicilline et IPP, puis métronidazole, clarithromycine et IPP) ou quadruple thérapie hybride (amoxicilline et IPP, puis amoxicilline, métronidazole, clarithromycine et IPP). Dans les pays anglophones, la quadruple thérapie contenant du bismuth (métronidazole, tétracycline, bismuth et PPI) est fréquemment utilisée. Pylera®, la préparation combinée contenant du bismuth, est autorisée en Suisse. L’enregistrement dans la liste des spécialités est prévue pour 2018. Elle est cependant déjà disponible sur ordonnance en Allemagne. Les taux d’éradication atteints avec Pylera® sont extrêmement élevés (> 90%) (12, 13). Toutefois, l’inconvénient est qu’il faut prendre 3 x 4 comprimés de Pylera® par jour et 2 x 1 comprimé d’un IPP (un total de 14 comprimés / jour) afin d’obtenir une dose suffisante.
Au cours des dernières années, l’augmentation de la résistance de la population aux agents antimicrobiens a conduit à des taux d’éradication plus faibles, où la résistance à la clarithromycine est le facteur décisif (14). Cependant, la prévalence de la résistance varie considérablement d’une région à l’autre. Pour cette raison, les recommandations thérapeutiques doivent toujours être adaptées à la situation locale de résistance (10). Malheureusement, les données sont limitées pour la Suisse. Toutefois, la résistance à la clarithromycine est estimée être faible pour les personnes nées en Suisse (≤ 15%), tandis qu’elle est plus élevée pour les personnes nées à l’étranger (≥ 15%) (15, 16). La résistance fréquente au métronidazole est cliniquement moins habituelle (15, 16). Cependant, si elle se manifeste en même temps que la résistance à la clarithromycine, il en résulte des taux d’éradication plus faibles dans les thérapies ne contenant pas de bismuth (19). La résistance à l’amoxicilline est à peine existante (< 5 %) (20). Le tableau 2 donne une recommandation pour le choix du traitement d’éradication de l’Hp sur la base des directives internationales actuelles (8, 9).

Contrôle de l’éradication et échec du traitement

Si un traitement d’éradication est mis en œuvre, son succès devrait également être vérifié. Comme nous l’avons déjà mentionné ci-dessus, le moment opportun de l’examen, ainsi que les exigences de test correctes (2 semaines sans IPP, 4 semaines sans traitement antibiotique) sont importants. En cas d’échec thérapeutique, une thérapie de deuxième ligne doit être effectuée (tab. 2). En cas de nouvel échec, une nouvelle gastroscopie avec biopsie pour prouver la résistance aux macrolides (PCR) ou une culture avec détermination complète de la résistance doit être effectuée.

Conclusion

Au cours des dernières années, la prévalence de l’infection a nettement diminuée. Cependant, l’Hp n’a pas perdu de sa pertinence clinique depuis sa découverte. En effet, d’une part, la liste des indications thérapeutiques est complétée continuellement, d’autre part, les résistances rendent une éradication efficace de plus en plus difficile, ce qui signifie que l’Hp restera un problème médical actuel à l’avenir.

Dr Lara Hitz

Gastroenterologie und Hepatologie
Medizinische Universitätsklinik Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal

PD Dr Emanuel Burri

Gastroenterologie und Hepatologie
Medizinische Universitätsklinik Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26, 4410 Liestal

emanuel.burri@ksbl.ch

Les auteurs n’ont déclaré aucun conflit d’intérêts en relation avec cet article.

  • L’infection à Helicobacter pylori est fréquente et peut entraîner des maladies secondaires importantes.
  • La liste des indications du traitement d’éradication s’allonge constamment.
  • La détermination de l’antigène des selles est une méthode de détection simple et fiable pour l’Hp. Les sérologies doivent être effectuées avec prudence, car elles ne peuvent pas distinguer entre l’infection active et le statut après éradication.
  • En cas d’infection soupçonnée à Hp, une gastroscopie est nécessaire seulement si des symptômes d’alerte existent ou si une maladie subséquente de l’infection est recherchée.
  • Lors du choix du traitement antibiotique pour l’éradication de l’Hp, il faut tenir compte du pays d’origine, ainsi que des antibiothérapies précédentes.
  • Le contrôle de l’éradication doit être effectué au plus tôt quatre semaines après la fin de l’antibiothérapie et après une interruption de deux semaines des IPP.

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Die Glasknochenkrankheit

Die Glasknochenkrankheit oder Osteogenesis imperfecta (OI) ist eine heterogene Gruppe von klinischen Manifestationen verschiedener genetischer Veränderungen. Im Vordergrund stehen erhöhte Brüchigkeit und Deformierbarkeit von Knochen, aber auch Wachstumsstörungen und extraossäre Veränderungen. Ursächlich liegt bei 90% der Fälle eine autosomal-dominante Mutation in den für die Bildung von Kollagenfibrillen massgebenden Genen COL1A1 / COL1A2 vor. Bisphosphonate sind derzeit die beste medikamentöse Therapieoption für schwerere Formen von OI. Im diesem Artikel kommen die für die Erfassung und Behandlung wesentlichsten Punkte zur Darstellung.

Unter der Diagnose einer Osteogenesis imperfecta wird eine heterogene Gruppe von Phänotypen, verursacht durch Mutationen /Sequenzvarianten in verschiedenen Genen subsumiert, welche sich primär am Skelett manifestieren, aber letztlich generalisierte Bindegewebserkrankung sind. Im Vordergrund steht eine quantitativ und qualitativ verminderte Knochenmasse mit Knochenbrüchigkeit, welche sich durch Neigung zu Frakturen der langen Röhrenknochen und Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper ohne adäquate Traumata manifestiert. Dazu gesellen sich Deformierbarkeit der langen Knochen, Rippen und Wirbelsäule sowie Kleinwuchs. Sekundäre Merkmale können Muskelschwäche, überstreckbare Gelenke, dünne Haut mit vermehrter Gefässbrüchigkeit und Blutungsneigung, bläuliche Skleren, Schallleitungs- oder gemischte Schwerhörigkeit, gestörte Zahnbildung mit durchschimmernden Zähnen und Malocclusion, Skoliose, Lungenfunktionsstörungen und Abnormitäten der Herzklappen sein.

Epidemiologie und Pathogenese

Etwa 1 von 10 000 Neugeborenen weist eine mit OI assoziierte genetische Konstellation auf (1–3), was in der Schweiz zu 300–400 Betroffenen führt. Diese Zahl kann in abgeschlossenen Regionen mit einem erhöhten Grad an Blutverwandtschaft höher liegen. Schwere Formen können bereits in der Perinatalperiode zum Tod führen oder präsentieren sich im Kleinkindesalter mit multiplen Frakturen ohne adäquates Trauma. Milde Formen können sich erst im frühen Erwachsenenalter mit einer Osteoporose manifestieren (1, 2, 4).
Kollagen Typ I ist ein wichtiges Strukturprotein für Knochen, Sehnen, Ligamente, Haut und Skleren. Kollagenfasern von Typ I sind Polymere von Tropokollagen-Molekülen, welche aus je zwei ­Alpha-1- und einer Alpha-2-Kette in Trippelhelixform gebildet sind. Den weitaus meisten Fällen von OI liegen autosomal dominante (AD) Defekte der diese Alpha-Ketten codierenden Gene COL1A1 und seltener COL1A2 zugrunde. Sie beeinflussen die Quantität oder Struktur der entsprechenden Typen von Alphaketten und damit direkt der Kollagenfasern Typ I. Nur bei rund 10% der OI sind die Gene COL1A1 und COL1A2 normal (2, 4–6).
Diese kleinere Gruppe von OI basieren auf einer Vielzahl von meistens rezessiven Gendefekten und betreffen einerseits die zelluläre «Maschinerie» der posttranslationalen Bearbeitung der Bestandteile der Kollagenfasern mit Defekten in Aufbau, Reifung, Transport und Sekretion, andererseits aber selten andere an der Bildung und Homöostase von Knochen und Knorpel beteiligte Proteine (1, 2, 4).
Art und Ausmass der Manifestationen von Gendefekten sind sowohl vom exakten Genlocus wie auch von der Art der Mutation abhängig, was die enorme Breite des Spektrums klinischer Manifestationen zu einem grossen Teil erklären kann. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang die Tatsache bemerkenswert, dass sich die klinischen Manifestationen sogar bei identischen Gendefekten stark unterscheiden können, was darauf hindeutet, dass nicht isolierte Mutationen alleine, sondern vielmehr das Zusammenspiel einer Vielzahl von an der Bildung der Weichteile beteiligten Komponenten von ausschlaggebender Bedeutung ist (2, 4).

Klassifikation, klinische Manifestation und Diagnose

Historisch standen klinische Klassifikationssysteme im Vorder­grund, in den 70er Jahren wurden von Sillence 4 OI-Typen unterschieden (7), welche durch die klinische Symptomatik, radiologische Befunde und Vererbungsmuster charakterisiert waren (Tabelle 1). Die Einteilung nach Sillence wurde im Laufe der Jahre erweitert und mit den Fortschritten der Genetik wurden auch Vorschläge für genetische Klassifikationssysteme publiziert (Tabelle 2) (2, 8). Da im klinischen Alltag die Beurteilung und die therapeutischen Konsequenzen des individuellen Patienten jedoch weiterhin primär auf klinischen Befunden basieren, wird aktuell von vielen Autoren eine Einteilung nach genetisch-funktionellen Gesichtspunkten bevorzugt (6, 8, 9, 38, 39). Dabei repräsentieren die Typen I-IV Fälle mit autosomal-dominanten Mutationen von COL1A1/2 und andere und noch neu zu entdeckende Gendefekte werden weiteren Typennummern zugeordnet. Unter dem Typ I wird eine milde, dem Typ II eine perinatal letale, dem Typ III eine schwere und dem Typ IV eine moderate Verlaufsform subsumiert.

Tabelle 3 fasst die wesentlichen klinischen Manifestationen der OI zusammen (1, 8–11). Während sich die Typen II und höher regelhaft schon im (Klein)Kindesalter manifestieren, können Genträger des Typs I zwar bereits intrauterin und beim ersten Gehen Frakturen erleiden, jedoch das Erwachsenenalter auch unerkannt erreichen. Deformitäten sind geringgradig, die Statur meistens normal. Bei oligosymptomatischen Erwachsenen kann sich die Krankheit postmenopausal in Form einer beschleunigten Osteoporose manifestieren. Auch vorzeitige Hörstörungen ab der zweiten bis vierten Dekade sind typisch. Weitere Kennzeichen können rasche Alterung, Arthrosen und Bandlaxität sein. Bei dieser Form kann es im Verlauf zu einer erhöhten Frakturinzidenz und einem erheblich erniedrigten Knochenmineralgehalt kommen, welcher nach Ausschluss anderer Ursachen diagnostisch in Richtung OI wegweisend sein kann. Dabei kann die Bestimmung mittels DEXA durch Knochendeformitäten, Skoliose, Kleinwuchs, vorbestehende Frakturen oder Osteosynthesematerial erschwert sein.


Die klinische Diagnose basiert auf den erwähnten Symptomen und Zeichen. Bei Individuen mit multiplen Frakturen, einer positiven Familienanamnese und typischen extraossären Manifestationen ist die Diagnose leicht zu stellen, bei Fehlen derselben und geringen und unspezifischen extraossären Zeichen schwierig (1, 8–11). Insbesondere bei älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer vorzeitigen, gelegentlich als idiopathisch bezeichneten Osteoporose ist an die Möglichkeit einer OI v. a. des Typs I zu denken. Ein die OI beweisender Labortest ist nicht leicht zugänglich. Wohl können verschiedene Parameter des Knochen- und Mineralstoffwechsels und Marker von Knochenbildung und -abbau pathologisch ausfallen, aber nicht in einem Muster mit adäquater Sensitivität und Spezifität. Pyridinoline im Urin werden als mögliche Biomarker für OI diskutiert (41). Heute werden in Speziallabors molekulargenetische Analysen auf Basis einer «Next-Generation»-Sequenzierung aller bekannter, mit einer OI assoziierten Gene als Gen-Panels angeboten, welche eine rasche Diagnose erlauben (1, 2, 12, 13). Bedingt durch eine Limitatio können Gen-Panel Analysen nur durch Ärzte mit eidgenössischem Weiterbildungstitel «Medizinische Genetik» verordnet werden. Vorgängig sollen Ursachen einer möglichen sekundären Osteoporose immer ausgeschlossen werden und muss ein dringender Verdacht auf eine OI bestehen. Falls dabei Mutationen mit unklarer Funktion entdeckt werden, stehen biochemische Untersuchungen zum Nachweis von Veränderungen der Menge, Struktur und von posttranslationalen Modifikationen von Prokollagen I zur Verfügung, das Ausgangsmaterial wird aus Kulturen von bioptisch entnommenen Fibroblasten gewonnen.
Die Differentialdiagnose umfasst eine Reihe von Zuständen, welche ebenfalls mit einer fragilen Knochenstruktur einhergehen. Erwähnt seien beispielhaft die Rachitis, die Osteomalazie, ein juveniler M. Paget, die seltene AD-vererbte Hypophosphatasie und die idiopathische juvenile Osteoporose. Bei Kindern mit multiplen Frakturen in verschiedenen Heilungsstadien, wie sie bei OI gesehen werden, muss auch an die Möglichkeit einer Kindsmisshandlung gedacht werden und umgekehrt bei Verdacht auf Kindsmisshandlung stets an ein Ehlers-Danlos-Syndrom, ein Vitamin-D-Mangel und eine OI (40).

Genetische Beratung

Bei der Vererbung einer OI muss beachtet werden, dass neben dem klassischen dominanten oder rezessiven Erbgang auch irreguläre Übertragungsmuster aufgrund von Mutationen in der Keimbahn resp. der Gonaden mit Entwicklung eines Mosaiks beobachtet werden können (1, 2, 12, 13). Bei dominantem Erbgang beträgt das Wiederholungsrisiko unter der Voraussetzung, dass ein Elternteil Symptome aufweist 50%, bei rezessivem Erbgang 25% und bei gonadalem Mosaik 5–10%. Eine pränatale genetische Diagnostik stellt erhebliche ethische Probleme für Eltern und involvierte Ärzte dar, zumal die Korrelation zwischen Geno- und Phänotyp ungenügend ist, um eine verbindliche Prognose für das individuelle Kind zu erlauben.

Behandlung

Die Ziele der multidisziplinären Behandlung sind eine Reduktion der Frakturhäufigkeit, Verhinderung von Knochendeformierungen und einer Skoliose, Minimierung chronischer Schmerzen und Maximierung der Mobilität und anderer funktioneller Fähigkeiten (2, 14).
Eckstein der medikamentösen Therapie sind Bisphosphonate bei allen OI-Formen mit erhaltener Knochenmineralisation (1, 2, 5, 15–20). Bisphosphonate hemmen die Knochenresorption und den Knochenumsatz und sind im Rahmen der Behandlung der postmenopausalen Osteoporose etabliert. Wenn sie auch für Frakturprophylaxe bei der OI nicht zugelassen sind, zeigte sich in Beobachtungsstudien und einer kontrollierten Studie bei Kindern nach zyklisch verabreichtem Pamidronat (IV, 3-monatlich), der in diesem Zusammenhang am besten dokumentierten Substanz, eine Zunahme der Knochendichte und eine klinisch relevante Reduktion von Frakturen, ohne dass selbst bei kleinen Kindern relevante Nebenwirkungen wie Störungen von Wachstum oder der Frakturheilung aufgetreten wären (5, 15–18, 21, 22). Die günstigen Effekte scheinen in den ersten zwei bis vier Therapiejahren am ausgeprägtesten zu sein, Informationen über die Langzeitverträglichkeit fehlen.
Ähnliche Befunde liegen auch für andere Bisphosphonate vor, allerdings in geringerer Anzahl von Studien und Fällen. Zoledronat sechs- bis zwölfmonatlich intravenös, Risedronat und Alendronat peroral führen zu einer Erhöhung der Knochendichte, wegen kleinen Fallzahlen kann aber nicht immer eine Reduktion der Frakturhäufigkeit objektiviert werden (17, 22–26). Immerhin konnte in einer Vergleichsstudie zwischen Zoledronat und Alendronat eine tiefere klinische Frakturrate unter Zoledronat nachgewiesen werden (27). Da die Kinder noch im Wachstum sind, verbessert sich auch die Wirbelform; es wurde vor allem auch über weniger Knochenschmerzen, eine bessere Mobilität und bessere Muskelkraft berichtet (2, 28).
Die Indikation zu einer Bisphosphonattherapie ist bei Kindern und Erwachsenen mit OI bei Vorliegen von Wirbelfrakturen und gehäuftem Auftreten nicht-vertebraler Frakturen (2 oder mehr Frakturen pro Jahr) gegeben (Tabelle 4). Bei Erwachsenen kann auch ein stark erhöhtes Frakturrisiko allein eine Indikation darstellen.

Die Therapiedauer ist bei der OI weniger gut definiert als bei anderen Formen der Osteoporose. In der Regel wird eine postmenopausale Osteoporose während 3–5 Jahren mit einem Bisphosphonat behandelt (29). Der Grund, weshalb man nicht unbedingt eine Dauertherapie durchführt, ist, dass die Bisphosphonate, die sich ja an den Knochen binden und dort über viele Jahre verweilen, auch nach Absetzen der Behandlung eine Nachwirkung haben. Ein weiterer Grund, dass man heute allenfalls eine Behandlungspause durchführt und dann den Verlauf beobachtet und erst bei einer Verschlechterung der Situation einen erneuten Behandlungszyklus startet, ist, dass man gesehen hat, dass bei Langzeitbehandlungen so genannte atypische Frakturen (Oberschenkelknochen) auftreten und gleichzeitig auch ein gewisses Risiko für eine Osteonekrose des Kieferknochens besteht. Bei der OI wie auch bei den anderen Formen der Osteoporose muss der behandelnde Arzt zusammen mit dem Betroffenen im Einzelnen entscheiden, wie lange die Behandlung durchgeführt werden soll.
Da die Kinder sich im Wachstum befinden und damit der gesamte Knochenumbau deutlich höher ist als bei Erwachsenen, kann man die Therapiedauer nicht einfach in Analogie zu den Erwachsenen festlegen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Knochenstoffwechselaktivität bei wachsenden Kindern deutlich höher ist als bei Erwachsenen, kommt bei ihnen oft ein kürzeres Dosierungsintervall zur Anwendung. Für die Dosierung bei Kindern stehen in den behandelnden Institutionen spezielle Dosierungsschemata zur Verfügung.
Die Bisphosphonate werden in der Regel zyklisch verabreicht. Im Wachstum ist deshalb der nach der Gabe des Bisphosphonats neu gebildete Knochen nicht oder nur wenig durch das Bisphosphonat beeinflusst und dies ist auch im Röntgenbild sichtbar, indem man Verdichtungslinien sieht (Abbildung 1). Es gibt nun Hinweise, dass der neu gebildete Knochen zwischen dem Bisphosphonat-exponierten Knochen etwas weniger widerstandsfähig ist und es damit bei zu langen Intervallen oder nach Absetzen der Bisphosphonatbehandlung in diesem Bereich vermehrt zu Frakturen kommen könnte (11, 30, 31). Dies hat dazu geführt, dass man neuerdings bei Kindern keine längere Therapiepause vornimmt, sondern die Behandlung weiterführt, aber bei gutem Ansprechen auf die Behandlung die Dosis des Bisphosphonats reduziert. Es ist zum heutigen Zeitpunkt nicht ganz klar, wie lange man dies so weiterführen soll, es scheint aber Sinn zu machen es weiterzuführen, bis die Epiphysenfugen (Wachstumsfugen) geschlossen sind.

Es gibt nun erste Untersuchungen bei einigen OI-Patienten mit Behandlung durch Denosumab. Die ersten Studien beim OI-Typ 6, bei welchem der RANKL eine Rolle spielt, zeigt, dass dieser Typ auf diese Behandlung anspricht (33–35), allerdings ist die Unterdrückung von Osteoklasten von kürzerer Dauer, als bei Individuen mit Osteoporose (35, 36). Im Gegensatz dazu gilt, dass dieser OI-Typ weniger gut auf eine Bisphosphonatbehandlung anspricht als die anderen Typen. Es gibt aber auch neuere Daten, die zeigen, dass das Denosumab auch bei den anderen Typen der OI wirksam scheint (33, 37). Es sind aber noch weitere Studien notwendig, um den Einsatz von Denosumab bei der OI zu evaluieren.
In Analogie zur Behandlung der Osteoporose bei Erwachsenen ist eine begleitende Behandlung mit Calcium und Vitamin D immer empfohlen, ohne dass diese Empfehlung durch spezifische Studien belegt wäre.
Das orthopädische Management von Frakturen der unteren und oberen Extremität sowie der Wirbelsäule gehört in die Hände von Spezialisten. Allgemein gilt, dass Frakturen bei Kleinstkindern primär konservativ behandelt werden, sobald Kinder jedoch zu stehen und gehen beginnen, wird die Stabilisierung der tragenden Knochen und im späteren Leben auch der langen Knochen der Arme mittels Marknagelung zu diskutieren sein. Schrauben- und Platten-osteosynthesen gelten als obsolet, da sie zu gehäuften Frakturen im oberen und unteren Randbereich führen können. Alle chirurgischen Massnahmen müssen von Rehabilitation vor und nach Operation sowie medikamentöser Therapie begleitet werden (Tabelle 5).

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

Prof. Dr. med. Christian Meier

Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Metabolismus
Universitätsspital Basel
Endonet Praxis und Osteologisches Universitätsforschungszentrum DVO
Aeschenvorstadt 57
4051 Basel

christian.meier@unibas.ch

Prof. em. Dr. med. Marius Kränzlin

Speziallabor Hormone und Knochenstoffwechsel
Aeschenvorstadt 57
4051 Basel

marius.kraenzlin@unibas.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Unter die Diagnose einer Osteogenesis imperfecta wird eine Vielzahl von Manifestationen verschiedener genetischer Veränderungen subsummiert, welche mit einer Störung der Qualität und Quantität von Komponenten des Knochen- und Bindegewebes einhergehen
  • Klinisch sind die Neigung zu spontanen Frakturen und Deformierungen am eindrücklichsten, Veränderungen der Weichteile können aber zu erheblichen und vitalen Störungen verschiedenster Organsysteme führen
  • Die Diagnose wird durch eine Kombination von anamnestischen Angaben auch bezüglich Familiengeschichte, klinischen und radiologischen Befunden und genetischen Abklärungen gestellt
  • Die umfassende Betreuung von OI-Patienten ist komplex und gehört wegen der relativen Seltenheit in die Hände von interdisziplinären Gruppen mit spezifischer Erfahrung

1 Bonafe L, Giunta C, Hasler CC, Janner M, Kraenzlin ME, Link B et al. Osteogenesis imperfecta: Klnik, Diagnose und Management vom Kindes- bis Erwachsenenalter. Schweiz Med Forum 2013; 13(46):925-931.
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Hämorrhoidalleiden

Hämorrhoiden hat Jeder! Unglücklicherweise wurde das Wort «Hämorrhoide» für Laien und Ärzte ein Synonym für jede Veränderung am After. Eine Hämorrhoide ist definiert als der Vorfall eines varikös veränderten Gefässkissens des distalen Rektums in den Analkanal oder vor den After.
Epidemiologische Studien fehlen, insbesondere Langzeitbeobachtung vom Patienten mit gesicherten Hämorrhoiden. Nach dermatologischer Schätzung erkranken etwa 30 % der mitteleuropäischen Bevölkerung ein- oder mehrmalig an sogenannten Hämorrhoidalleiden (1).

Nach englischer, amerikanischer und schweizerischer Terminologie gibt es innere Hämorrhoiden, welche proximal der Linea dentata liegen und von nicht sensiblem Zylinderepithel der Rektumschleimhaut bedeckt sind und äussere Hämorrhoiden, welche distal der Linea dentata liegen und von hochsensiblem Plattenepithel des Anoderms und der Analhaut bedeckt sind.
Die inneren Hämorrhoiden werden in 4 Grade eingeteilt, entsprechend des Ausmasses des Vorfalls der Gefässkissen in den Analkanal oder vor den After (Tabelle 1).
Die Stadiengrade der Hämorrhoiden werden leider sehr unterschiedlich definiert, was im Vergleich von Studienergebnissen von grossem Nachteil ist. Wie beziehen uns auf die aktuelle Leitlinie der American Society of Colon and Rectal Surgeons (2).

Ursachen

Es gibt kein gesichertes Wissen zur Ätiologie, Pathogenese und Risikofaktoren von Hämorrhoiden. So wird z. B. behauptet, dass mit zunehmendem Alter – gefördert durch harten Stuhlgang – die submukösen Gefässkissen aus ihrer Fixation gelöst, nach distal abgedrängt und so zu einer Hämorrhoide führen könnten. Unklar bleibt bei einer solchen Annahme jedoch, warum sich bei Personen unter 30 Jahren Hämorrhoiden finden.

Symptome

Als Kardinalsymptom von Hämorrhoiden gelten perianale Blutungen und Schleimhautvorfall. Bei einer Risikokonstellation und einem Alter von > 50 sowie einer Familienvorgeschichte erstgradiger Verwandten mit Kolonkarzinom oder Kolonadenomen zwischen 40 und 50 wird eine komplette Koloskopie vor Therapie der Hämorrhoiden empfohlen. Schmerzen, Juckreiz und Wundsein können von der prolabierten, asensiblen Rektumschleimhaut, aber auch durch anatomische Gegebenheiten von sekundären Läsionen am höchstsensiblen Plattenepithel der Analhaut ausgehen. Schmerzen, Brennen, Stechen, Jucken und Wundsein sind keine hämorrhoidentypische Symptome (3).

Diagnose

Entscheidend für die Diagnose «Hämorrhoide» ist neben Anamnese und körperlicher Befund der anale Inspektionsbefund sowie die Proktoskopie des Analkanales. Bei Nachweis einer hellrot glänzenden Schleimhaut des Rektums partiell oder zirkulär vor dem After ist die Diagnose Hämorrhoide eindeutig ! Die genaue Untersuchungsposition ist anzugeben. Mögliche Positionen sind z. B. stehende, nach vorne übergebeugte Patienten oder Patienten in Seiten-, Bauch-, Rücken-, Knie-/ Ellenbogen, Kopftief-, bzw. Beckentieflage (4). Uneindeutig ist die Angabe der Hämorrhoidallokalisation mit den Angaben 3, 7 und 11 Uhr in Steinschnittlage. Wir empfehlen daher bei medizinischen Lokalisationsangaben immer vom Patienten auszugehen und dies wie folgt anzugeben z. B.: «anterior», d. h. zum Damm, bzw. zum Skrotalansatz hin oder «posterior» in Richtung Steissbein. Seitliche Lokalisationen können mit links- oder rechtslateral oder mit rechts antero-lateral, bzw. links postero-lateral angegeben werden. International sind diese Lokalisationsangaben üblich.

Differentialdiagnose

Neben den Hämorrhoiden kommen Veränderungen am After mit ähnlicher oder gleichartiger Symptomatik in Frage, wie z. B. ein Analekzem, Marisken, hypertrophe Analpapillen oder eine Analfissur. Ein Schmerz im After lässt eher an einen Abszess, eine Analthrombose oder eine Analfissur als an Hämorrhoiden denken. Die Veränderungen werden vom Patienten gespürt oder getastet, anale Veränderungen gerne als Hämorrhoiden verwechselt ! Selten führen Blutungen aus prolabierten, vor dem After liegenden Hämorrhoiden zu diagnostischen Schwierigkeiten. Wenn zirkulär die gesamte Rektumwand vor dem After sichtbar wird, liegt ein sogenannter Rektumprolaps vor. Der Verdacht kann für den Betroffenen allerdings eine unangenehme Situation bedeuten.

Therapie

Je mehr Behandlungspotential besteht, so unwahrscheinlicher führt eine Methode wirklich zu einem Erfolg. Die konservative Therapie basiert auf der Vorstellung, dass mit Vermeidung von Obstipation und Diarrhoen durch eine höhere Trinkmenge und mit Ballaststoff-reicher Ernährung eine effektive Therapie erzielbar sei, wobei der Wirkungseintritt bis zu 6 Wochen dauern kann (5). In einer Cochrane Metaanalyse konnte allerdings nur eine geringe Bedeutung von Laxantien gesehen werden (6). Zäpfchen und Salben haben nur einen geringen Vorteil bei Pruritus, aber nicht bei Schmerzen und sind daher nicht mehr als ein Plazebo-Effekt mit dem Nachteil, bleibende Schäden an der analen und perianalen Haut auszulösen (7). Venentherapeutika (sog. Phlebotonics) sind eine heterogene Medikamentengruppe, bestehend aus Pflanzenextrakten (z.B. Flavonoide) und synthetischen Bestandteilen (z. B. Kalzium-Dobesilat). Obwohl ihr genauer Wirkmechanismus noch nicht vollständig untersucht ist, gibt es Hinweise, dass sie den venösen Tonus verbessern, die Permeabilität der Kapillaren stabilisieren und die Lymphdrainage verstärken. Die o.g. Cochrane Analyse mit 24 gut charakterisierten Studien legt nahe, dass Phlebotonica einen potentiellen Nutzen in der Verbesserung der Symptome wie Blutung, Pruritus und Nässen und auch mit einem positiven Effekt zur Linderung von Symptomen insbesondere nach operativen Eingriffen wie z.B. einer Hämorrhoidektomie haben (7). Diese Metaanalyse hat erhebliche methodologische Einschränkungen wie z.B., dass nie mehr als 2 Studien vorlagen, die das gleiche Phlebotonicum bei gleicher Indikation und gleicher Kontrollgruppe verglich. Es ist daher festzuhalten, dass auf Grund der Heterogenität der Studien keine eindeutige Empfehlung für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Verordnungsweise gegeben werden kann (8).
Zu den konservativen Therapien wird auch die Hämorrhoidalsklerosierung gezählt, welche zumeist mit Polidocanol (Aethoxysklerol 3%) bei Hämorrhoidalleiden I. und II. Grades eingesetzt wird. Die Komplikationsrate ist gering < 1%, die Rezidivquote nach 3 Jahren mit bis zu 80 % jedoch hoch (9). Die Doppler-gesteuerte Ligatur von Hämorrhoidal-Arterien mit einem Spezialproktoskop, das einen Doppler-Transducer enthält, als relativ neue Behandlungsform war in einer im Lancet publizierten randomisierten Studie bei 370 Patienten mit Hämorrhoiden im Stadium II oder III (10) deutlich häufiger erfolgreich (30 % vs. 49 % Rezidive nach 1 Jahr) als eine Gummiringligatur, aber auch deutlich schmerzhafter. Zusätzlich kann auch noch die Schleimhaut oberhalb des Hämorrhoidalkonvoluts chirurgisch mit Z-Nähten gerafft werden, um dieses wieder an ihre ursprüngliche Position zu bringen (Rectoanal Repair).
Die Kryochirurgie, die Lasertherapie, die bipolare Diathermie und die direkte Elektrokonversion haben nach dem Einzug der Gummibandligatur nahezu vollständig an Bedeutung verloren, wobei hingegen die Infrarotkoagulation eine gewisse Renaissance erfährt bei einer Symptomkontrolle bei Hämorrhoiden II. und III. Grades von immerhin noch 81% nach 6 Monaten (11).
Die Gummibandligatur ist die häufigste verwendete und effektivste Behandlungsmethode für Hämorrhoiden I. bis III. Grades. Der Vorteil ist, dass sie sich schnell und einfach durchführen lässt, es entsteht ein flaches Ulkus oberhalb des hämorrhoidalen Gewebes nach jeder Bandligatur. Die Wunde heilt und es resultiert eine Fibrose. Die Risiken der Bandligaturen sind als gering zu bezeichnen. Der Gummiring wird dabei proximal (!) der zu identifizierenden Linea dentata (erkennbar am Farbumschlag rot glänzend nach hell-stumpf, sowie gezähnte, helle Linien der Papillen) platziert, so dass die Prozedur ohne den geringsten Schmerz abläuft. Gelegentlich ist die sichere Feststellung der Linea dentata aus patho-anatomischen Gründen schwierig. Hier kann man die Ligatur zunächst setzen und abwarten, ob der Patient über einen plötzlichen, heftigen Schmerz klagt. Sollte dies der Fall sein, schneidet man die Ligatur mit einer feinen Schere durch, um die eingeschnürte Haut freizugeben.
Auch bei einer aktiven Blutung aus prolabierter Rektumschleimhaut hat sich das Verfahren der Gummibandligatur bewährt.

Operative Behandlung von Hämorrhoiden

Sofern die konservativen Massnahmen in der Behandlung der Hämorrhoiden versagen, ist die chirurgische Intervention der nächste therapeutische Schritt.
Während bei prolabierenden Hämorrhoiden Grad III und IV die chirurgische Therapie eindeutig ist, kann dies auch schon bei Hämorrhoiden Grad II nötig sein, sofern sie z. B. persistierend bluten. Aus diesem Grund kann heute auch nicht ein starres chirurgisches Therapiekonzept an Hand der Gradeinteilung proklamiert werden.
In der chirurgischen Therapie können grundsätzlich zwei Eingriffstypen unterschieden werden. Einerseits das resezierende Verfahren, wobei hiermit die klassischen Hämorrhoidektomien nach Ferguson und Milligan Morgan gemeint sind. Dabei wird der Hämorrhoidalkörper reseziert und die Schleimhaut entweder vernäht oder offen gelassen, welche dann sekundär verheilt. Da diese Eingriffe das Anoderm betreffen, sind diese Verfahren mit grösseren Schmerzen und längerer Rekonvaleszenz für die Patienten verbunden (12).
Im Gegensatz dazu stehen die Hämorrhoiden erhaltenden Verfahren wie die Mukosektomie nach Longo (13), die dopplergesteuerte Hämorrhoidalarterienligatur mit Rectoanal Repair oder die Rafaelo Technik mit Radio Frequenz Ablation (2). All diesen Techniken ist gemeinsam, dass die jeweilig pathologisch vergrösserten Hämorrhoidalknoten wieder an ihren ursprünglichen Ort zurückgebracht werden, um weiterhin ihre Funktion, die Erhaltung der Feinkontinenz, zu erfüllen. Bei der Technik nach Longo wird mittels eines Zirkularstaplers oberhalb der Hämorrhoidalbasis ein Schleimhautstreifen reseziert. Dadurch werden die Hämorrhoidalpolster wieder an Ihren ursprünglichen Platz hochgezogen und gleichzeitig führt die entsprechende Klammernahtreihe zu einer arteriellen Minderdurchblutung der Hämorrhoidalpolster, was zu einer Schrumpfung derselben führt (Abb. 1a-d: Operationstechnik nach Longo).

Bei der Hämorrhoidalarterienligatur wird mit einem Spezialproktoskop, in das ein Dopplertransducer eingebaut ist, die zuführende Hämorrhoidalarterie lokalisiert und gezielt ligiert. Dies führt innerhalb kurzer Zeit zu einer Schrumpfung des Hämorrhoidalkonvoluts und verbessert somit die durch die ursprüngliche Volumenvermehrung entstandenen Beschwerden.
Für die Radiofrequenzablation (Rafaelo-Technik) wird der betreffende Hämorrhoidalknoten entweder in Narkose oder Lokalanästhesie mit Lokalanästhesie unterspritzt, um ihn vom M. sphincter ani internus abzuheben. In einem nächsten Schritt wird der Hämorrhoidalknoten mit einer Radiofrequenz Sonde punktiert und erhitzt (14). Dadurch werden die arterio-venösen Geflechte koaguliert und der Hämorrhoidalknoten schrumpft (Abb. 2a-d).

Entscheidend ist, dass der behandelnde Operateur über das entsprechende Armamentarium verfügt, um die jeweilige Technik optimal einsetzen zu können (15). Auch wenn man häufig bei der gastroenterologischen oder chirurgischen Behandlung von Hämorrhoidalleiden von Bagatelleingriffen spricht, sollten diese, um mögliche Komplikationen zu vermeiden, dem ausgebildeten Spezialisten mit den nötigen Fallzahlen überlassen werden.

PD Dr. med. Matthias Breidert

Abteilung Gastroenterologie / Hepatologie
Medizinische Klinik
Stadtspital Waid
Tièchestrasse 99
8037 Zürich

matthias.breidert@waid.zuerich.ch

Dr. med. Peter Sandera

FMH Viszeralchirurgie
EBSQ Coloproctology
Stadtspital Triemli
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

peter.sandera@triemli.zuerich.ch

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die Einteilung der Hämorrhoiden erfolgt international in den Graden I. bis IV.
  • Die Diagnostik beinhaltet immer Anamnese, Untersuchung und Proktoskopie.
  • Eine Therapie erfolgt nur bei Hämorrhoidalleiden.
  • Phlebotonica können Symptome lindern, nicht aber die Ursache des Hämorrhoidalleidens behandeln. Eine Reduktion der vergrösserten Hämorrhoidalpolster verlangt stets eine Intervention.
  • Hämorrhoiden I. Grades können mittels Sklerosierungstherapie oder Gummiligatur-Behandlung behandelt werden. Hämorrhoiden II. Grades sollten mittels Gummiband-Behandlung therapiert werden, Hämorrhoiden III. Grades stellen eine Indikation zur Operation dar.
  • Hämorrhoiden III. Grades mit zirkulärem Befall sind eine Indikation für die chirurgische Hämorrhoidopexie mit dem Zirkularstapler. Patienten mit Hämorrhoiden III. Grades, die nicht operiert werden können, dürfen mit Gummiligaturen bzw. Doppler gesteuerter Ligatur behandelt werden. Der Stellenwert der RFA Behandlung (Rafaelo) ist noch unklar.
  • Hämorrhoiden IV. Grades sind eine Indikation für ein plastisch rekonstruktives Verfahren.
  • Bei einer Risikokonstellation und einem Alter von < 50 sowie einer Familienvorgeschichte erstgradiger Verwandten mit Kolonkarzinom oder Kolonadenomen zwischen 40 und 50 und bei allen > 50 wird eine komplette Koloskopie vor Therapie der Hämorrhoiden empfohlen.

1. Ganz RA. The evaluation and treatment of hemorrhoids: a guide for the gastroenterologist (2013). Clin Gastroenterol Hepatol 11:593-603
2. Davis BR, Lee-Kong SA, Migaly J, Feingold DL, Steele SR (2018). The American Society of Colon and Rectal Surgeons Clinical Practice Guidelines for the Management of Hemorrhoids. Dis Colon Rectum 61:284-292
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4. Wald A, Bharucha AE, Cosman BC, Whitehead WE (2014). ACG Clinical Guideline: management of benign anocrectal disorders. Am J Gastroenterol 109:1141-57
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6. Alonso-Coello P, Mills E, Heels-Ansdell D, López-Yarto M, Zhou Q, Johanson JF, Guyatt G (2006).Fiber for the treatment of hemorrhoids complications: a systematic review and meta-analysis. Am J Gastroenterol 101:181-8
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