Behandlungsmöglichkeiten des Lungenemphysems

Die chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD) ist die häufigste Ursache eines fortgeschrittenen Lungenemphysems. Dieses kann bei symptomatischen Patienten mit schwer eingeschränkter Lungenfunktion (FEV1 < 45%), deutlicher Überblähung (RV > 200%) und eingeschränkter Leistungsfähigkeit (6-Minuten-Gehleistung weniger als 450 Meter) auf sorgfältige Indikationsstellung hin mit einer Lungenvolumenreduktion therapeutisch angegangen werden. Die chirurgische Lungenvolumenreduktion, die Induktion einer Lappenatelektase mittels Einlage von Ventilen und die Raffung des Lungengewebes mittels Coils, idealerweise beidseits, sind die in der Schweiz aktuell angewandten Verfahren.

Die chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD) ist eine Volkskrankheit mit hoher Mortalität und Morbidität. Gemäss der WHO wird die COPD im Jahre 2030 zur 3. häufigsten Todesursache weltweit aufsteigen. Global leiden geschätzte 65 Millionen Menschen an einer moderaten bis schweren COPD (1). Es kommt hinzu, dass die Einschränkung, welche mit einer COPD im Alltag einhergeht, substantiell ist. In den USA nimmt die COPD in Bezug auf die Lebensjahre, welche mit einer Behinderung einhergehen, den 6. Rang ein (2). In der Schweiz betrug die Prävalenz der COPD GOLD Stufe II oder höher im Jahre 2010 5.1%. Dies entspricht 200’000 bis 300’000 Patienten (3). Obwohl das Zigarettenrauchen die häufigste Ursache der COPD ist, tragen weltweit gesehen auch der Rauch, welcher bei der offenen Verbrennung von Biomass Fuels (Holz, Kohle, Dung etc.) beim Heizen und Kochen entsteht, und berufliche Exposition gegenüber inhalativen Schadstoffen zur hohen Prävalenz der Krankheit bei (1).
Bei der COPD handelt es sich um eine irreversible, in unterschiedlichem Ausmasse fortschreitende Krankheit. Die Inhalation von Noxen führt zu einer Entzündungsreaktion. Dabei kommt es je nach Phänotyp zu einem Umbau und Verlust der kleinen Atemwege und des Lungenparenchyms, was zu einer Zunahme des Atemwegswiderstandes und einem Verlust der Gasaustauschfläche führt. Die dabei entstehende Überblähung, welche unter Belastung noch verstärkt wird (dynamische Überblähung), führt zu einer Abflachung und damit Dysfunktion vor allem des Zwerchfells als wichtigstem Atemmuskel und zu einer Kompression des benachbarten Lungenparenchyms, was den Gasaustausch weiter beeinträchtigt. Durch den Verlust der elastischen Rückstellkräfte (elastic recoil) im Rahmen der Überblähung und des emphysematösen Lungenparenchymumbaus steigt der Atemwiderstand zusätzlich an, was die Atemarbeit noch mehr erhöht (4). Am Ende dieses pathologischen Prozesses steht die Atemnot als Leitsymptom. Die Verteilung des Emphysems ist beim Raucher häufig heterogen in den Oberlappen betont, kann aber auch homogen oder Unterlappen betont sein.
Die prognostisch wichtigste Massnahme ist der Rauchstopp. Neben der inhalativen Therapie mit Bronchodilatatoren bildet die pulmonale Rehabilitation zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit die Grundlage der Behandlung. Fortgeschrittene Krankheitsstadien lassen sich trotz Ausschöpfen dieser konservativen Massnahmen häufig nur unbefriedigend behandeln. Daher können bei ausgeprägter Symptomatik des Patienten auch invasive Verfahren zur Behandlung der Dyspnoe indiziert sein (4).

Lungenvolumenreduktion

Obwohl bereits 1954 beschrieben (5) fand die Lungenvolumenreduktionschirurgie wegen der hohen perioperativen Mortalität erst wieder in den 1990er Jahren Beachtung. Es konnte gezeigt werden, dass die beidseitige Resektion von überblähtem Lungengewebe zu einer Verbesserung der Lungenfunktion und einer Abnahme der Atemnot führte(6). Der 2003 publizierte und viel zitierte NETT (National Emphysema Treatment Trial) konnte zeigen, dass bei oberlappenbetontem Emphysem sowohl eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit, wie auch eine Verbesserung der Mortalität erreicht werden kann (7). Diesen positiven Resultaten steht jedoch eine nicht unerhebliche postoperative Mortalität nach 90 Tagen von über 5% (7) und eine mediane Hospitalisationszeit von 12 Tagen gegenüber (8). Daher kam es zur Entwicklung von minimal-invasiven endoskopischen Lungenvolumenreduktionsverfahren mit dem Ziel, vergleichbare klinische und lungenfunktionelle Resultate zu erreichen, ohne die respiratorisch limitierten Patienten einem chirurgischen Eingriff auszusetzten. In den vergangenen Jahren wurden verschieden Techniken der endoskopischen Lungenvolumenreduktion entwickelt. Ihnen gemein ist, dass sie bei fortgeschrittenem Lungenemphysem mit deutlicher Überblähung (FEV1 von unter 45% des Solls, Residualvolumen von über 200% des Solls) eingesetzt werden. Die Verfahren unterscheiden sich durch das Indikationsspektrum, den Wirkungsmechanismus, die Reversibilität und die Komplikationen. Im Vordergrund stehen die endobronchiale Einlage von Ventilen und die Implantation von Coils. Auf diese beiden Verfahren wird im Folgenden näher eingegangen.
Die bronchoskopische Thermoablation, bei welcher durch Instillation von Wasserdampf in das destruierte Lungengewebe durch Induktion einer Entzündung eine Schrumpfung des Gewebes erreicht wird, wird in der Schweiz nicht angewandt. Bei der biologischen Lungenvolumenreduktion wurde versucht, durch die Applikation einer Art biologischen Klebers das emphysematöse Lungengewebe zu schrumpfen. Nach ersten Pilotstudien mussten diese aber wieder abgebrochen werden wegen dem Auftreten von Todesfällen und ausgeprägter morbider Inflammation.

Endobronchiale Ventileinlage

Das Ziel dieser Methode ist es, eine komplette Atelektase eines Lungenlappens zu erreichen und damit die Überblähung zu vermindern. Mittels Einlage von Einweg-Ventilen (Abb. 1) in den Segment- und Subsegmentbronchien in dem am meisten vom Emphysem betroffenen Lungenlappen wird ein unidirektionaler Luftfluss erzwungen. Das heisst, die Luft kann wohl während der Exspiration aus dem Lappen strömen, wird aber durch die Ventile bei der Inspiration blockiert, so dass es zu einer kontinuierlichen Entleerung des behandelten Lungenlappens kommt, im besten Fall zu einer Totalatelektase (Abb. 2).

Eine Atelektase kann sich aber nur bilden, wenn keine Luft von benachbarten Lungenbereichen (Kollateralventilation) einströmen kann. In der HR-CT, welches für die Planung Voraussetzung ist, kann dies im Rahmen der Fissuranalyse vorausgesagt werden. Intakte Fissuren, also intakte Grenzen zwischen den Lungenlappen, sprechen deutlich gegen eine Kollateralventilation. Im Zweifel kann die Kollateralventilation auch mittels der Chartis-Methode gemessen werden. Dabei wird der zu behandelnde Lungenlappen bronchoskopisch mittels eines aufblasbaren Ballonkatheters vollständig verschlossen und der Atemfluss distal an der Katheterspitze gemessen.
Die häufigste Komplikation ist eine akute Exazerbation der COPD, welche in den ersten 90 Tagen nach Ventileinlage zu ca. 10% auftritt. Meistens ist dann eine kurzfristige Therapie mit systemischen Steroiden und einem Antibiotikum notwendig. Die häufigste periinterventionelle Komplikation (ca. 20% der Fälle) ist der Pneumothorax, welcher typischerweise in 90% der Fälle in den ersten 5 Tagen auftritt und meistens eine Thoraxdrainage nötig macht. Die Ursache liegt in der raschen Ausbildung der Atelektase, was zu Zugkräften am peripheren Lungengewebe führt. Tatsächlich profitieren aber gerade diese Patienten am meisten. Wegen des Pneumothorax-Risikos empfiehlt sich eine Hospitalisationszeit von 5 bis 7 Tagen. Durchschnittlich werden 5 Ventile benötigt. Die Einlage erfolgt mittels eines Kathetersystems über ein flexibles Bronchoskop entweder in Narkose oder aber auch nur unter Sedation beim spontan atmenden Patienten.
Mittlerweile gibt es einige randomisiert kontrollierte Studien (RCT), welche eine signifikante Verbesserung bewiesen. Bei richtiger Patientenselektion kann ein Anstieg des FEV1 um 160ml (20%) und eine Verbesserung im 6-Minuten-Gehtest von 60 Metern (20%) nach 6 Monaten erwartet werden (9). Auch nach 12 Monaten hält die Verbesserung signifikant an (10). Ebenfalls konnten ähnliche Resultate auch für homogen verteilte Lungenemphyseme gezeigt werden (11). Wie bereits erwähnt ist eine fehlende Kollateralventilation Voraussetzung für den Therapieerfolg. Die Ventileinlage ist die einzige Form der Lungenvolumenreduktion, welche reversibel ist.

Implantation von Spiralen (Coils)

Einen anderen Ansatz der Volumenreduktion verfolgt die Coil-Therapie. Diese Coils (Abb. 3) entfalten ihre Wirkung durch Raffung des Lungengewebes über Zug an den Atemwegen.
Bei den Coils handelt es sich um Drähte aus Nitinol, welche in gestrecktem Zustand über das flexible Bronchoskop in die Atemwege eingelegt werden und dort nach der Implantation ihre Spiralform wieder annehmen. Neben dem volumenvermindernden Effekt kommt es zu einer zusätzlichen Traktion an den Atemwegen (Zunahme des elastic recoil), welche durch die Coils offen gehalten werden. Insbesondere unter Belastung scheint sich diese Wirkung zu entfalten (Abnahme der dynamischen Überblähung). Es werden bis zu 12 Coils in einem Lungenlappen subsegmental implantiert. Das Vorgehen wird dann idealerweise auf der kontralateralen Seite nach 1 Monat wiederholt (Abb. 4).
Dieses Verfahren kann sowohl bei vorhandener Kollateralventilation wie auch beim homogenen Emphysemtyp angewandt werden, ist aber irreversibel. Die Nebenwirkungen sind ähnlicher Art wie bei der Ventileinlage, wobei die Pneumothoraxrate deutlich geringer ist mit etwa 6%. In den ersten 30 Tagen kann es zu Thoraxschmerzen und Hämoptysen führen, welche aber im weiteren Verlauf meist spontan verschwinden. Auch dieses Verfahren kann sowohl in Narkose wie auch beim lediglich sedierten Patienten erfolgen und bedarf einer mehrtägigen Hospitalisation. Eine Meta-Analyse von 5 Studien mit total 125 Patienten zeigte nach 6 Monaten eine signifikante Verbesserung im 6-Minuten-Gehtest von 44 Metern und einen Anstieg des FEV1 um 80ml. Eindrücklicher war die klinische Verbesserung mit einer Abnahme im SGRQ-score von 9.5 Punkten. Auch nach 12 Monaten waren diese Resultate noch signifikant vorhanden (12).
Zusammenfassend darf man festhalten, dass es mit den beschriebenen endoskopischen Lungenvolumenreduktionsverfahren nun auch eine minimal invasive Therapieoption zur Lungenvolumenreduktion gibt. Bei der Auswahl und Anwendung des Verfahrens ist eine enge Zusammenarbeit zwischen interventionellen Pneumologen, Thoraxchirurgen und Radiologen Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.

Dr. med. Christoph Tuor

LungenZentrum Hirslanden
Wittelikerstrasse 40
8032 Zürich

c.tuor@lungenzentrum.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Beitrag keine Interessenskonflikte deklariert.

  • In der Schweiz beträgt die Prävalenz der COPD GOLD Stufe II oder höher 5.1%. Dies entspricht 200’000 bis 300’000 Patienten
  • Symptomatische Patienten mit schwer eingeschränkter Lungenfunktion (FEV1 < 45%), deutlicher Überblähung (RV > 200%) und eingeschränkter Leistungsfähigkeit (6-Minuten-Gehleistung weniger als 450 Meter) sind potentielle Kandidaten für eine Lungenvolumenreduktion
  • Die in der Schweiz angewandten Verfahren sind die chirurgische Lungenvolumenreduktion, die Induktion einer Lappenatelektase mittels Einlage von Ventilen und die Raffung des Lungengewebes mittels Coils idealerweise beidseits
  • Voraussetzung für eine erfolgreiche Induktion einer Lappenatelektase mittels Ventileinlage ist das Fehlen einer Kollateralventilation zwischen den benachbarten Lungenlappen
  • Die Einlage von Ventilen ist das einzige reversible Verfahren.
  • Auch ein homogenes Lungenemphysem ist keine Kontraindikation für eine Lungenvolumenreduktion unabhängig der angewandten Methode

1. World Health Organisation: Burden of COPD. www.who.int/respiratory/copd/burden/en (letzter Besuch am 5. Januar 2018)
2. Murray CJ, Lopez AD: Measuring the global burden disease. N Engl J Med 2013: 369: 448-57.
3. Bridevaux PO, Probst-Hensch NM, Schindler C, et al.: Prevalence of airflow obstruction in smokers and never smokers in Switzerland. Eur Respir J 2010; 36: 1259-1269.
4. www.goldcopd.org
5. Brantigan OC: the surgical treatment of pulmonary emphysema. W V Medical J 1954; 5: 283-5.
6. Cooper JD, Patterson GA, Sundaresan RS, et al.: Results of 150 consecutive bilateral lung volume reduction procedures in patients with severe emphysema. J Thorac Cardiovasc Surg 1996; 112: 1319-29.
7. Fishman A, Martinez F, Naunheim K, et al.: A randomized trial comparing lung-volume-reduction surgery with medical therapy für severe emphysema. N Engl J Med 2003; 348: 2059-73.
8. Meyers BF, Yusen RD, Guthrie TJ, et al.: Results of lung volume reduction surgery in patients meeting a national emphysema treatment high-risk criterion. J Thorac Cardiovasc Surg 2004; 127: 829-835.
9. Klooster K, Ten Hacken NH, Hartmann JE, Kerstjens HA, et al.: Endobronchial valves for emphysema without interlobar collateral ventilation. N Engl J Med 2015;373: 2325-2335.
10. Klooster K, Hartmann JE, Ten Hacken NH, et al.: One-year Follow-Up after Endobronchial Valve Treatment in Patients with Emphysema without Collateral Ventilation in the STELVIO Trial. Respiration 2017;93:112-121.
11. Valipour A, Slebos DJ, Herth F, et al.: Endobronchial Valve Therapy in Patients with Hmogeneous Emphysema: results from the IMPACT Study. Am J Respir Crit Care Med 2016;194:1073-1082.
12. Slebos DJ, Hartman JE, Kloosters K, et al.: Bronchoscopic Coil Treatment for Patients with severe Emphysema: A Meta-Analysis.

Hypercholestérolémie familiale

L’hypercholestérolémie familiale (HF) se caractérise par un taux élevé de lipoprotéines de basse densité (LDL-cholestérol) et le développement d’athérosclérose à un âge précoce. Le diagnostic clinique de l’  HF est simple. Le contrôle des facteurs de risque cardiovasculaire et l’utilisation d’  hypolipémiants tels que les statines, l’ézétimibe ou les inhibiteurs du PCSK9 permettent de réduire le risque d’  événement cardiovasculaire précoce. Cette revue résume les outils diagnostiques et algorithmes de prise en charge de l’HF.

L’ hypercholestérolémie familiale (HF) est la maladie génétique autosomale dominante la plus fréquente chez l’  humain. Elle se caractérise par des taux plasmatiques élevés de lipoprotéines de basse densité (LDL-cholestérol) (1). L’  HF est cependant sous-traitée et trop souvent diagnostiquée uniquement après un premier événement cardiovasculaire (2). La prévalence de la forme hétérozygote de la maladie est estimée à 1/200 (0.5%) dans la population générale et atteint 2% chez les patients avec maladie cardiovasculaire (3). La forme homozygote est extrêmement rare et est estimée à 1/300 000.

Pronostic

Les patients avec HF ont 3 à 16 fois plus de risque de développer une maladie cardiovasculaire que la population générale. Cette augmentation du risque est liée à l’  exposition cumulée du LDL-cholestérol dès le jeune âge (4). Dans ce contexte, il est recommandé de ne pas utiliser les scores d’ évaluation du risque cardiovasculaire à 10 ans, tel que le score PROCAM, qui sous-estime le risque cardio-vasculaire.

Définition clinique

L’ histoire familiale a un rôle très important dans l’ identification des patients avec HF. La définition clinique de l’ HF se base sur : a) un LDL-cholestérol persistant à plus de 4.9 mmol/l et b) une histoire familiale d’ hypercholestérolémie sévère ou de maladie cardiovasculaire précoce dans la famille du premier degré (fig. 1). Les
signes cutanés d’ accumulation de lipides dans les tissus doivent être recherchés en cas de suspicion clinique. Le Dutch Lipid Clinic Network Score (DLCN), disponible sur le site du Groupe de travail Lipides et Athérosclérose (GSLA) de la Société Suisse de Cardiologie (www.gsla.ch), permet également de faire un diagnostic clinique d’ HF basé sur ces mêmes critères (tab. 1).

Examens complémentaires

La mesure du LDL-cholestérol doit être réalisée dès 18 ans en présence d’ une histoire familiale d’ hypercholestérolémie ou de maladie cardiovasculaire précoce chez un parent du premier degré, voire plus tôt selon la sévérité de l’ histoire familiale. Le test génétique inclut les gènes LDLR, PCSK9 et APOB par la méthode du séquençage à haut débit. Bien que réalisable dans certains laboratoires privés ou universitaires, ce test est rarement réalisé car il n’ est pas remboursé par les assurances maladie et coute environ 1500 à 2000.–  CHF. C’ est donc la définition clinique basée sur le phénotype qui est utilisé pour proposer une attitude thérapeutique (tab. 1). Le dosage de la Lp(a) est recommandé afin d’ identifier un risque plus élevé de thrombose vasculaire. Chez les patients sans maladie cardiovasculaire pré-existante, un examen vasculaire non invasif peut être effectué à la recherche de plaques d’ athérosclérose asymptomatiques.

Prise en charge des facteurs de risque cardiovasculaire et du style de vie

Le contrôle de l’ ensemble des facteurs de risque cardiovasculaire et du style de vie reste la clé de voûte de la prise en charge pour réduire le risque cardiovasculaire d’ un traitement hypolipémiant pour réduire le risque cardiovasculaire. (5, 6). Le taux de LDL-cholestérol étant principalement génétiquement déterminé, les bénéfices liés à l’ optimisation du style de vie par l’ alimentation ou l’ activité physique ne s’ expriment pas par une baisse importante du LDL-cholestérol (6).

Prescription de traitements hypolipémiants

Le GSLA (www.gsla.ch) recommande l’ initiation de statines chez les patients avec HF à un âge précoce, sans utiliser les calculateurs de risque à 10 ans, car tous les patients avec HF ont un risque cardiovasculaire par définition élevé. Les figures 2 et 3 résument les algorithmes de prise en charge des patients avec HF en prévention primaire et prévention secondaire respectivement. Ces algorithmes sont basés sur les recommandations du GSLA 2018 et des limitations de remboursement des inhibiteurs du PCSK9 édictées par l’ OFSP en juillet 2017.

Les inhibiteurs du PCSK9

Les statines sont la première ligne de traitement suivie de l’ ézétimibe, puis finalement des inhibiteurs du PCSK9 si le LDL-cholestérol reste élevé, par exemple en cas d’ intolérance aux statines. Bien que très puissants pour abaisser le LDL-cholestérol, il n’ existe encore que peu de données scientifiques sur la sécurité à long terme des inhibiteurs du PCSK9 comparé aux statines (7, 8). La préscription des inhibiteurs du PCSK9 n’ est possible que par un spécialiste de la prévention cardiovasculaire ou du cholestérol, et après accord écrit de l’ assurance maladie du patient.

Adhérence au traitement

La prescription d’ un traitement hypolipémiant à un jeune âge chez les patients avec HF implique de consacrer du temps à l’ éducation du patient. En effet, ce n’ est qu’ après une année de traitement que les bénéfices cardiovasculaires apparaissent, mais il faut attendre au minimum 3 ans de traitement pour que la diminution du risque cardiovasculaire soit maximale (9). L’ adhérence au traitement hypolipémiant joue donc un rôle primordial.

Conclusion

Le contrôle de l’ ensemble des facteurs de risque cardiovasculaire, du style de vie et la baisse du LDL-cholestérol dès le jeune âge avec un traitement hypolipémiant optimal maintenu au long cours permet de contrer le pronostic cardiovasculaire défavorable de l’ HF.

PD, MER Dr David Nanchen

Unisanté, Centre Universitaire de médecine générale et santé publique
Rue du Bugnon 44
1011 Lausanne

L’ auteur déclare être investigateur pour des études ­cliniques sur les inhibiteurs du PCSK9 dont les sponsors sont Amgen et Pfizer. L’ auteur déclare n’ avoir reçu aucune rémunération personnelle en argent ou en nature de ces industries pharmaceutiques.

  • En présence d’ un LDL-cholestérol élevé ou d’ une histoire familiale d’ hypercholestérolémie ou d’ événement cardiovasculaire précoce,
    une HF doit être suspectée.
  • Le contrôle de l’ ensemble des facteurs de risque et le maintien d’ un style de vie équilibré sont les éléments clés de la réduction du risque cardiovasculaire.
  • Afin d’ éviter une exposition cumulée importante des artères au LDL-cholestérol, l’ initiation du traitement hypolipémiant se fait à un jeune âge en travaillant sur l’ adhérence thérapeutique au long cours.
  • Les statines sont la première ligne de traitement de par leur sécurité
    et efficacité au long cours.
  • Les inhibiteurs du PCSK9 sont une option thérapeutique à utiliser avec l’ aide d’ un spécialiste en cas d’ intolérance aux statines ou persistance d’ un LDL-cholestérol élevé.

1. Hovingh GK, Kastelein JJ. Diagnosis and Management of Individuals With Heterozygous Familial Hypercholesterolemia: Too Late and Too Little. Circulation 2016;134(10):710-2
2. Nordestgaard BG et al. Familial hypercholesterolaemia is underdiagnosed and undertreated in the general population: guidance for clinicians to prevent coronary heart disease: consensus statement of the European Atherosclerosis Society. Eur Heart J 2013;34(45):3478-90a
3. Do R et al. Exome sequencing identifies rare LDLR and APOA5 alleles conferring risk for myocardial infarction. Nature 2015;518(7537):102-6
4. Khera AV et al. Diagnostic Yield and Clinical Utility of Sequencing Familial Hypercholesterolemia Genes in Patients With Severe HypercholesterolemiaJ Am Coll Cardiol 2016;67(22):2578-89
5. Kokkinos PF et al. Interactive effects of fitness and statin treatment on mortality risk in veterans with dyslipidaemia: a cohort study. Lancet 2013;381(9864):394-9
6. Khera AV et al. Genetic Risk, Adherence to a Healthy Lifestyle, and Coronary Disease. N Engl J Med 2016;375(24):2349-58
7. Koren MJ et al. Long-term Low-Density Lipoprotein Cholesterol-Lowering Efficacy, Persistence, and Safety of Evolocumab in Treatment of Hypercholesterolemia: Results Up to 4 Years From the Open-Label OSLER-1 Extension Study. JAMA Cardiol 2017;2(6):598-607
8. Giugliano RP et al. Clinical efficacy and safety of achieving very low LDL-cholesterol concentrations with the PCSK9 inhibitor evolocumab: a prespecified secondary analysis of the FOURIER trial. Lancet 2017;390(10106):1962-71
9. Ference BA et al. Low-density lipoproteins cause atherosclerotic cardiovascular disease. 1. Evidence from genetic, epidemiologic, and clinical studies. A consensus statement from the European Atherosclerosis Society Consensus Panel. Eur Heart J 2017;38(32):2459-72
10. van Aalst-Cohen ES et al. Clinical, diagnostic, and therapeutic aspects of familial hypercholesterolemia. Sem Vasc Med 2004;4(1):31-41

Migräne bei Kindern und Jugendlichen

Experten konzeptualisieren Migräne nicht nur als episodische, sondern potentiell chronische Erkrankung. Eine frühe Behandlung kann einen chronisch-progressiven Verlauf verhindern (4), wofür auch neuere Algorithmen zur Behandlung von schwer therapierbaren Migräneattacken existieren (5). Da die Migräne in 20% vor dem Alter von 10 und in 46% vor dem Alter von 20 Jahren beginnt, kommt einer frühzeitigen Diagnose und adäquaten Therapie eine wichtige Bedeutung zu (4).

Diagnose

Obwohl es in den letzten Jahren gelungen ist, bei Migräne mittels funktioneller Bildgebung eine neuronale Dysfunktion v.a. in Schmerzverarbeitungsregionen darzustellen, fehlen nach wie vor klinisch einfach anwendbare und zuverlässige Biomarker zur Bestätigung und Differenzierung von sog. primären Kopfschmerzen wie die Migräne oder Spannungstypkopfschmerzen. Dies impliziert eine Ausschlussdiagnostik sekundärer, therapierelevanter Kopfschmerzen. Insbesondere möchten Eltern neben einer Behandlung zur Erleichterung der Migräne in erster Linie lebensbedrohliche, sekundäre Kopfschmerzen wie bei Hirntumoren ausgeschlossen wissen. Viele Studien zeigen mit guter Evidenz, dass eine Migräne anhand der in Tabelle 1 aufgeführten Kriterien der International Headache Society (IHS), unter Berücksichtigung der Dynamik, bei Kindern ab Schulalter und Jugendlichen zuverlässig klinisch diagnostiziert werden kann (6, 7).
Aufgrund der altersabhängig unterschiedlichen Manifestation wurden die IHS-Kriterien für Kinder aber angepasst, sodass eine kürzere Dauer der Attacken von nur 2 Std. anerkannt wird, bei jüngeren Kindern sogar eine solche von nur ½-1 Std. beschrieben wurde. Die einseitige Lokalisation und der pulsierende Charakter werden i.d.R. erst ab Jugendalter angegeben, vorher als frontaler Druck. Es wird auch häufig Schwindel beobachtet, umgekehrt ist die häufigste Ursache von Schwindel im Kindes-/Jugendalter eine (vestibuläre) Migräne (8).
Bestimmte Elemente aus Kopfschmerzzeichnungen können zusätzlich diagnostisch hilfreich sein (Abbildungen 1 und 2).
Nebst der Anamnese ist eine ausführliche, neurologische Untersuchung mit besonderem Augenmerk auf Stauungspapillen, Augenmotilitätsstörungen, fokale Zeichen wie Hemiparese oder Ataxie essentiell. Alarmzeichen erhöhen die Sensitivität von sekundären Kopfschmerzen, und müssen aktiv exploriert werden. Falls in der Anamnese und / oder neurologischen Untersuchung «red flags» (Tab. 2) vorhanden sind, ist eine Weiterabklärung auf sekundäre Kopfschmerzen mit Bildgebung (MRI) sowie je nach Klinik auch mit Lumbalpunktion u.w. indiziert (9).

Genetische Prädisposition: Das Risiko einer Migräneentwicklung hängt vom Gleichgewicht zwischen Vererbung und Umweltfaktoren ab. Der genetische Einfluss wird auf 60–70% geschätzt, wird aber nicht als IHS-Kriterium berücksichtigt. Tatsächlich findet sich aber bei bis zu 80% bei Kindern mindestens ein erstgradig Verwandter mit Migräne, was gezielt erfragt werden muss, da die meisten Eltern ihre Migräne als «normale Kopfschmerzen» bezeichnen. Ausser für die 3 bekannten Formen der familiären hemiplegischen Migräne gibt es jedoch keine Einzelgennachweise. Diese familiäre Prädisposition stellt auch einen prognostischen Risikofaktor für eine Migränepersistenz über 10 Jahre dar (1, 4).

Hormoneller Einfluss: Die Migräne beginnt bei Knaben mit durchschnittlich 7,2 Jahren früher als bei Mädchen mit einem Durchschnittsalter von 10,9 Jahren. Somit fällt der Migränebeginn bei Mädchen häufig mit dem Beginn der Pubertät oder Menarche zusammen. Diese hormonelle Sensitivität widerspiegelt sich postpuberal in einer höheren Prävalenz bei Adoleszentinnen und Frauen sowie einer menstruationsabhängigen Migränemanifestation (4, 10, 11).

Migräne mit Aura: Sie tritt im Erwachsenenalter bei ¼ aller Migränepatienten auf, im Kindesalter selten vor der Adoleszenz. Am häufigsten beobachtet wird die visuelle Aura, gefolgt von sensorischer und dysarthrischer/aphasischer Aura. Die Aura dauert jeweils ≥ 5 Minuten, aber weniger als 60 Minuten. Kopfschmerzen treten während oder innerhalb von 60 Min. nach Aurabeginn ipsi- , jedoch häufiger kontralateral auf (12). Bei der seltenen, hemiplegischen Migräne tritt zusätzlich eine Halbseitenlähmung auf (1). Die der Aura zugrundeliegende «cortical spreading depression» (von occipital nach frontal mit 3 mm/Minute verlaufende Welle mit neuronaler Aktivitätsminderung), erklärt die charakteristische, zeitlich und örtlich wandernde Aurasymptomatik. Dieser sequentielle Ablauf der unterschiedlichen, fokalen neurologischen Symptome, die nicht dem Versorgungsgebiet einer einzigen Hirnarterie entsprechen, erlauben zusammen mit den typischerweise darauffolgenden Kopfschmerzen die klinische Abgrenzung gegenüber vaskulär-ischämischen Ereignissen in vielen Fällen (9). Im Falle einer akuten Halbseitenlähmung oder nur einzelner, fokaler neurologischer Symptome ohne sequentiellen Ablauf muss aber trotz gleichzeitig vorhandenen Kopfschmerzen in erster Linie an ein vaskuläres Ereignis wie Schlaganfall oder eine Transitorisch Ischämische Attacke gedacht und idR vordringlich mittels Bildgebung abgeklärt werden.

Therapie

Die therapeutischen Massnahmen orientieren sich in erster Linie an der Einschränkung der Lebensqualität durch eine Migräne. Die Behandlung kann in pharmakologische, akute und präventive, sowie nichtpharmakologische Massnahmen inkl. Beachten von Lebensstilfaktoren unterteilt werden. Dadurch soll eine schnelle Rückkehr zur normalen Alltagsfunktion und Frequenzreduktion einer beeinträchtigenden Migräne erreicht werden. Die Patienten und ihre Eltern sollten aufgeklärt werden, dass die Medikamente so früh wie möglich im Ablauf der Attacken eingesetzt und ausreichend dosiert werden (1), und auch in der Schule oder auf Reisen zur Verfügung stehen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass für viele im Kindes- und Jugendalter akut und präventiv angewendete Medikamente nur wenig Evidenzstudien vorliegen.

Pharmakotherapie:

Akut: Ibuprofen ist mit 7.5-10 mg/kg ED evidenzbasiert wirksamer als 15 mg/kg Paracetamol und gilt somit als Therapie der 1. Wahl bei der Therapie der Attacken. Individuell sprechen einzelne Patienten aber besser auf Paracetamol an, sodass ich persönlich diese beiden Schmerzmedikamente bevorzugt einsetze. Aus Erfahrung einzelner Autoren werden auch höhere Dosen von Ibuprofen bis max. 15 mg/kg ED angewendet (3).
Aufgrund eines hohen Placeboeffekts im Kindesalter muss die Wirksamkeit der Attackentherapie an der Schmerzfreiheit oder -erleichterung > 50% innerhalb von 1.5 (-2) Std. gemessen werden.
Falls diese allgemeinen Schmerzmedikamente ungenügend wirken, was bei einer kindlichen Migräne im Verlauf der Jahre wiederholt beobachtet wird, sollten die migränespezifischen Triptane eingesetzt werden. In der Schweiz ist nur Sumatriptan nasal ab 12 Jahren zugelassen. Zolmitriptan, Almotriptan und Rizatriptan sind aber gemäss internationalen Studien ab 12 Jahren auch evidenzbasiert und effektiv (Tabelle 3).
Schmerzmedikamente sollten an nicht mehr als 10 Tagen pro Monat resp. ≤ 2-3x/Woche eingesetzt werden wegen Gefahr eines chronischen Medikamentenüberkonsum-Kopfschmerzes=MüKS (1, 3, 5). Das Führen eines Kopfschmerzkalenders oder –apps zur Erfassung von Auslösefaktoren sowie zum Therapiemonitoring ist dabei meines Erachtens unabdingbar.
Kann eine beeinträchtigende, prolongierte Migräneattacke ambulant mit Triptanen nicht genügend behandelt werden, sollte eine intensivierte Pharmakotherapie auf dem Notfall oder sogar stationär geprüft werden (5).

Prävention: Bei 3-4 Migräneattacken pro Monat, unwirksamer Attackentherapie, intensiven prolongierten Attacken oder Gefahr von MüKS ist eine tägliche, präventive Therapie indiziert mit dem Ziel, die Häufigkeit und Heftigkeit der Episoden und die Möglichkeit einer Progression zu chronischem Migräneleiden zu vermindern. Dabei sind life-style-Anpassungen (generell genügende Trinkmenge, ausreichend Schlaf v.a. im Adoleszentenalter, regelmässige Haupt- und bei aktivitätsgetriggerten Attacken auch Zwischenmahlzeiten, regelmässige sportliche Aktivität, kein regelmässiger Koffeinkonsum) zur Migränekontrolle ebenso wichtig wie die Pharmakotherapie. Falls durch eine Behandlung eine Frequenz von <3 Migräneepisoden/Monat erreicht werden kann, sollte diese Wirkung während 4-6 Monaten aufrechterhalten werden. Magnesium oder/und Vitamin B2 sind trotz schwacher Evidenzlage aus meiner Erfahrung häufig wirksam, werden gut toleriert und sind somit besonders geeignet schon ab frühem Kindesalter. Bei deutlicher Beeinträchtigung durch eine Migräne müssen auch Medikamente wie Propranolol und die evidenzbasiert wirksameren Flunarizin und Topiramat, sowie weitere Prophylaxepräparate (Tabelle 3) angewendet werden, was aber aufgrund der Nebenwirkungsprofile sowie möglicher Komorbiditäten einer individuellen Abwägung, basierend auf ausreichender Erfahrung, bedarf.
Auch psychologische Faktoren wie z.B. Überforderung in der Schule u.a. sollten als häufige Migränetrigger erkannt und angegangen werden. Nichtpharmakologische Massnahmen wie Akupunktur u.a. werden häufig in einem multimodalen Therapieansatz eingebaut (1, 2, 3).

Prognose

Verschiedene Langzeitstudien zeigen eine Persistenz der episodischen Migräne in etwa der Hälfte der Patienten über 30–40 Jahre, bei ¼ wechselt die Kopfschmerzart, der übrige ¼ geht in Remission (13, 14). Eine Chronifizierung einer Migräne ist bei Erwachsenen eng mit einer Allodynieentwicklung verknüpft, deren Rolle im Kindes- und Jugendalter mit einer Prävalenz von 1–4% chronischer Migräne noch geklärt werden muss (4).

Dr. med. Tobias Iff

Facharzt FMH Kinder- und Jugendmedizin
Schwerpunkt Neuropädiatrie
Konsiliararzt für Neuropädiatrie am Triemlispital und
Praxis für Kinderneurologie
Lavaterstr. 83
8002 Zürich

info@kinderneurologie.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Beitrag keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Die Migräne ist eine genetische Erkrankung, und beginnt deshalb häufig im Kindesalter
  • Eine frühe Diagnose und Therapie ist bei dieser potentiell chronischen Erkrankung von essentieller Bedeutung
  • Die klinische Diagnostik unter Berücksichtigung von red flags ist zuverlässig
  • Die episodische Migräne muss wirksam therapiert werden, was mit einer allgemeinen und migränespezifischen Attackentherapie und bei hoher Frequenz auch präventiven Pharmakotherapie sowie Beachten von Lifestyle-Faktoren meistens gelingt.

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Die nicht-alkoholische Fettleber

Die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) galt lange als harmlose Wohlstandserscheinung. Tatsächlich ist die NAFLD eine «Wohlstandserscheinung», die sich wie die Adipositas aus den Folgen der Industrialisierung entwickelt hat: Zwar gehen erste Beschreibungen der Fettleber bei Adipositas und Diabetes auf das späte 19. Jahrhundert zurück, der Begriff NAFLD wurde jedoch erst 1980 geprägt (1). Seither nahm die Prävalenz erheblich zu und betrifft heute ca. 25% der Weltbevölkerung. Gleichzeitig wurde nachgewiesen, dass analog zur alkoholischen Fettleber auch ein beachtlicher Teil der Patienten mit NAFLD komplizierte Verlaufsformen entwickeln, die zu Leberkrebs, Leberversagen und einer erhöhten Mortalität infolge kardiovaskulärer Ereignisse führen.

Von «harmlos» kann also nicht gesprochen werden. Insbesondere bei Risikopatienten sollte die NAFLD gesucht und behandelt werden. Der vorliegende Artikel soll die epidemiologischen und pathophysiologischen Zusammenhänge erklären, sowie den aktuellen Stand der Diagnostik und Therapie.

Definitionen

Bei der Fettleber unterscheidet man die alkoholische (Alcoholic-Fatty-Liver-Disease, AFLD) von der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD). Einziges Unterscheidungskriterium ist bis heute der kritische Alkoholkonsum, nach aktueller Definition > 20 g/d für Frauen und > 30 g/d für Männer, ein Biomarker existiert nicht. Die Erkrankung ist histologisch definiert, in beiden Fällen kommt es zu einer makrovesikulären Akkumulation von Fett, genannt Steatose, in > 5% der Hepatozyten. Weiterhin unterscheidet man die reine nicht-alkoholische Fettleber (Non-Alcoholic Fatty-Liver, NAFL) von der Fettleberhepatitis (Non-Alcoholic Steato-Hepatitis, NASH), bei der sich zusätzlich noch Entzündungsinfiltrate, ballonierte Hepatozyten, Mallory-Denk Bodies und andere Charakteristika finden (2, 3) (Abb. 1).

Epidemiologie

Die Prävalenz der NAFLD hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt und betrifft heute ca. 25% der Weltbevölkerung, Europa liegt mit 23.7% im Mittelfeld (4). Diese erhebliche Zunahme geht mutmasslich auf die Zunahme der Prävalenz von Übergewicht / Adipositas (39% der Weltbevölkerung; WHO 2014 (5, 6)) und die verbesserte medizinische Diagnostik zurück. Damit sind auch die NAFLD-assoziierten Gesundheitskosten in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, bisher ohne Einfluss auf die Mortalität (4). Bei Risikogruppen wie Typ-2-Diabetes ist die Prävalenz deutlich höher (65%) (7). Die Studien, die der Abschätzung der Prävalenz zugrunde liegen, beruhen auf bildmorphologischer nicht histologischer Diagnostik, sodass die wahren Prävalenzen der unterschiedlichen Verlaufsformen NAFL und NASH nicht genau bekannt sind.

Pathophysiologie

Pathophysiologisch unterliegt die Regulation des Körpergewichtes und des Fettmetabolismus endokrinen und neurologischen Mechanismen, die allerdings von multiplen Faktoren beeinflusst werden: Umgebungsfaktoren (Schlaf, Arbeitszeit, Temperatur), Diät und Qualität der Nahrung inklusive Alkohol, körperliche und sportliche Aktivität, Medikamente, Mikrobiom, genetische und epigenetische Faktoren. Viele dieser Faktoren haben sich in Folge der Industrialisierung verändert und begünstigen seither die Genese von Adipositas, Metabolischem Syndrom und NAFLD. Die Lipidakkumulation in der Leber ist Folge vermehrter freier Fettsäuren, die durch die Nahrung aufgenommen, aber auch durch Lipolyse aus dem Fettgewebe freigesetzt und neu in der Leber produziert werden. Diese können dann eine niedriggradige systemische Inflammation hervorrufen mit Beteiligung des Fettgewebes und der Leber, welche ferner mit einer Fibroseentwicklung einhergehen kann (8).

Verlauf

Neben der NAFL und der NASH werden auch die NASH mit und ohne signifikante Fibroseentwicklung unterschieden. Man weiss, dass das Fibrosestadium der beste Prädiktor für die Mortalität bei Patienten mit NASH ist, und bei signifikanter Fibrose (d. h. Fibrosestadium F3 oder F4 nach Metavir) mehr als 3-fach erhöht ist (9–11). Man erwartet, dass etwa ein Drittel aller NAFLD / NASH-Patienten im Verlauf eine signifikante Fibrose entwickeln, von denen ein weiteres Drittel zur Zirrhose fortschreiten wird, verbunden mit erhöhter hepatischer Mortalität entweder durch Entwicklung eines Leberversagens und / oder eines hepatozellulären Karzinoms (12). Bei NASH mit signifikanter Zirrhose ist aber vor allem auch die nicht-hepatische Mortalität erhöht, zum einen durch kardiovaskuläre Ereignisse (13), zum anderen durch extrahepatische Malignome (14) (Abb. 2).

Diagnostik

Die hier folgenden Ausführungen beziehen sich im Wesentlichen auf die aktuell publizierten Richtlinien der European Association for the Study of the Liver (EASL) (16).
1. Anamnese inklusive Alkoholanamnese. Zur Abschätzung der täglich konsumierten Alkoholmenge gilt folgende Faustregel: 10 g Alkohol entsprechen etwa 1dl Wein, 3dl Bier oder 0.3 dl Schnaps.
2. Labordiagnostik (ALT, AST, GGT, AP, Bilirubin, Albumin, INR, Thrombozyten) sollte bei Risikopatienten (z. B. Typ-2-Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen, Metabolisches Syndrom, Obstruktive Schlafapnoe) bestimmt werden.
3. Hieraus lassen sich nicht-invasive Fibrosemarker berechnen (z. B. der NAFLD Fibrosis Score (17); http://www.nafldscore.com, Fib-4 Score; z. B. http://gihep.com/calculators/hepatology/fibrosis-4-score/).
4. Gleichzeitig sollte eine Sonographie veranlasst werden. Wenn verfügbar, ist die Elastographie (FibroScan®) empfehlenswert. Sie ermöglicht, den Fibrosegrad zu quantifizieren. Diese nicht-invasive Methode weist eine hohe Sensitivität und Spezifität von 75–90% auf (18).
5. Im Fall einer sonographisch detektierten Steatose und erhöhter Leberwerte und / oder erhöhter Fibrosemarker sollte eine Überweisung zum Facharzt für Gastroenterologie & Hepatologie erfolgen. Ziel der fachärztlichen Untersuchung ist es, die Diagnose zu sichern, eventuelle Begleithepatopathien zu suchen und den Schweregrad der Erkrankung festzustellen. Hierfür wird die Indikation zur Leberbiopsie geprüft werden. Die Leberbiopsie ist noch immer der diagnostische Goldstandard, da sie neben der quantitativen Beurteilung der Fibrose (nach Metavir: F0 keine Fibrose bis zu F4 Zirrhose (19)) und des Schweregrades der NAFLD multiple qualitative Merkmale (Steatose, Ballonierung der Hepatozyten, Entzündungsinfiltration, Mallory-Denk Bodies) beschreiben und auch andere Ätiologien abgrenzen kann. Dem gegenüber steht das damit verbundene geringe Blutungsrisiko von ca. 1:5000 (20).
Diese von der EASL empfohlenen Schritte sowie auch die Intervalle der Nachkontrollen werden in Abbildung 3 zusammengefasst.

Therapie

Die Therapie der NAFLD besteht in einer sogenannten «Lifestyle Modifikation». Ziel ist es, das Gewicht um mindestens 8–10% vom Ausgangsgewicht zu reduzieren, welches in zahlreichen Studien zur histologischen Besserung oder gar Heilung von der NAFLD geführt hat (21). Die Therapie beinhaltet 2 Komponenten: Diät und körperliche und sportliche Aktivität. Nachdem man viele Jahre davon ausging, dass der wesentliche Faktor der Diät in der Kalorienrestriktion (Defizit von 500–750 kcal/d) bestehe, modifiziert man heute auch die Komposition im Sinne einer mediterranen Diät (reich an Ballaststoffen, Gemüse, Fisch, Ω-3-Fettsäuren; arm an Zucker, Cholesterin, gesättigten Fettsäuren, Fleisch). Die mediterrane Diät beeinflusst nicht nur kardiovaskuläre Erkrankungen günstig, sondern führte in Studien zur grössten Reduktion der Steatose (21). Ausserdem ist empfohlen, sogenannte «Softdrinks» (z. B. Cola, Eistee, etc.) zu meiden und stattdessen Wasser zu trinken. Diese Getränke enthalten fruktosereiche Zuckerzusätze und sind mit der Entwicklung der NAFLD assoziiert (22–24). Der Alkoholkonsum sollte auf ein Minimum reduziert werden und bei einem Fibrosestadium (F3 oder F4 (Zirrhose)) vollständig gestoppt werden (21). Andererseits wurde in mehreren Studien ein hepatoprotektiver Effekt des Konsums von 2–3 Tassen Kaffee täglich nachgewiesen werden (21).
Die in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend «sitzende» Lebens- und Arbeitsweise ist mit einer deutlich erhöhten v. a. kardiovaskulären Morbidität und Mortalität verbunden. Es wird empfohlen, im Alltag möglichst wenig zu sitzen, möglichst viele «normale» Aktivitäten, z. B. Treppen steigen, zu Fuss gehen (statt Lift/Auto benutzen) zu integrieren und sich ≥ 3 Stunden wöchentlich in 3–5 Sitzungen sportlich zu betätigen (21). Andere kardiovaskuläre Erkrankungen oder Risikofaktoren sollten bestmöglich behandelt werden.

Bekannte Medikamente wie z. B. Metformin, Thiazolidinedione (Glitazone), Vitamin E, Ursodesoxycholsäure wurden für die Behandlung der NAFLD geprüft, keines davon ist jedoch hierfür empfohlen oder zugelassen. Zahlreiche neue Medikamente mit verschiedensten Therapieansätzen sind aktuell in klinischer Erprobung. Ziel einer zukünftigen medikamentösen Therapie ist es, das Fortschreiten der NAFLD / NASH und die Entwicklung einer Fibrose zu verhindern.

Danksagung: Die histologischen Abbildungen verdanke ich Herrn Professor Dr. med. Luigi Tornillo, Institut für Pathologie, Universitätsspital Basel.

PD Dr. med. Dr. Christine Bernsmeier, PhD

Gastroenterologie / Hepatologie
Labor für Experimentelle Hepatologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

christine.bernsmeier@kssg.ch

Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die NAFLD ist mit einer Prävalenz von 25% der Weltbevölkerung die heutzutage häufigste Hepatopathie.
  • Hauptursache ist die pandemische Zunahme von Adipositas und Insulinresistenz.
  • Sie ist keine harmlose Erkrankung, denn im fortgeschrittenen Stadium, beim Vorhandensein einer signifikanten Fibrose, ist die Mortalität mehr als 3-fach erhöht.
  • Anhand einfach anzuwendender Serum Fibrose Tests (z. B. NAFLD Fibrosis Score, Fib-4 Score) können Patienten mit günstigem Krankheitsverlauf identifiziert werden.
  • Eine Überweisung zur fachärztlichen Untersuchung sollte bei allen ­Patienten mit Steatose und erhöhten Leberwerten und / oder erhöhtem Fibrosemarker erfolgen.
  • Die Therapie der NAFLD ist die sogenannte «Life-Style Modifikation». D.h. eine Gewichtsreduktion von 8–10% des Körpergewichtes mittels Umstellung der Diät und Steigerung der körperlichen Aktivität. Medikamente zur eventuellen zukünftigen supportiven Behandlung sind in klinischer Entwicklung.

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Strategien zur Verbesserung der Prognose des Darmkrebses

Kolorektale Karzinome (KRK) zählen mit Brust- und Prostata- sowie Bronchialkarzinomen zu den häufigsten Krebsursachen in der Schweiz. Das Risiko, im Laufe des Lebens an Darmkrebs zu erkranken, beträgt in der Schweiz für Männer ca. 6% und für Frauen ca. 3,7% (1). Vor allem nach dem 50. Lebensjahr steigt das Risiko für das Auftreten von kolorektalen Adenomen deutlich an. Der Artikel stellt die aktuellen Massnahmen zur Verbesserung der Prognose dieser individuell und volkswirtschaftlich bedeutenden Krankheit dar.

Die Risikofaktoren für die Entwicklung eines KRK sind in Tabelle 1 aufgeführt. Durch die Resektion kolorektaler Adenome während einer Screeningkoloskopie kann die Inzidenz des kolorektalen Karzinoms um 70–80% und die krebsbedingte Mortalität um bis zu 90% reduziert werden (2, 3). Erfolgt die Koloskopie hingegen erst wegen typischer Alarmsymptome wie Stuhlunregelmässigkeiten, Gewichtsverlust, Schmerzen oder Blut im Stuhl, so liegt nur in knapp 20% der Fälle mit kolorektalem Karzinom ein UICC-Stadium 1, in 33% aber bereits ein Stadium 2 und bei jeweils knapp 24% der Fälle ein UICC-Stadium 3 bzw. 4 vor (2). Bei Koloskopien im Rahmen eines schweizerischen Screening-Programms in den Kantonen Uri und Glarus lag der Anteil kolorektaler Karzinome im UICC-Stadium 1 demgegenüber bei über 70% (2). Die Erkennung kolorektaler Karzinome in einem frühen Stadium ist insofern relevant, da die 5-Jahres-Überlebensrate mit einer Therapie in kurativer Absicht im UICC-Stadium 1 bei > 90% liegt, diese sich in den Stadien 2, 3 und 4 aber erheblich reduziert (60–85%, 25–65% und 5–7%) (4).
Strategien zur Verbesserung der Prognose kolorektaler Karzinome setzen daher an 3 Hebeln an:
1. Änderung beeinflussbarer Risikofaktoren bzw. Lifestylemassnahmen
2. Verbesserung der Früherkennung und Vorsorge durch qualitativ hochwertige Screeningmassnahmen
3. Optimierung der Therapie in Bezug auf Qualität in zertifizierten Darmkrebszentren.

Lifestylemassnahmen und Reduktion beeinflussbarer Risikofaktoren

Beeinflussbare Risikofaktoren umfassen die Empfehlung eines Rauchstopps, die Reduktion von Übergewicht bzw. des Bauchumfangs sowie regelmässige körperliche Bewegung oder Sport von mindestens 30 Minuten / Tag und diätetische Massnahmen wie das Meiden von rotem Fleisch und Alkohol sowie die vermehrte Zufuhr von Obst oder Gemüse. So konnte in einer prospektiven Kohortenstudie an 55 487 Männern und Frauen in Dänemark über eine mediane Nachbeobachtungszeit von knapp 10 Jahren gezeigt werden, dass die positive Beeinflussung bereits eines Risikofaktors jeweils zu einer Risikoreduktion um 11% führt (5). Umgekehrt sind ca. 13% aller kolorektalen Karzinome auf die fehlende Einhaltung nur einer dieser Empfehlungen zur gesunden Lebensführung zurückzuführen. Werden hingegen alle Empfehlungen umgesetzt, könnten 23% aller kolorektalen Karzinome verhindert werden. Das bedeutet konkret, dass sich die Anzahl der neu auftretenden kolorektalen Karzinome bei Männern von 60 auf 46 und bei Frauen von 37 auf 29 (jeweils pro 1000 Personen) reduzieren oder anders ausgedrückt durch Änderung des Lebensstils bei Männern 14 und bei Frauen 8 Darmkrebs-Neuerkrankungen pro 1000 verhindern liessen. Darüber hinaus gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sich durch eine langfristige Einnahme von Aspirin (≥ 5 Jahre) das Karzinomrisiko um 27% reduziert (6). Da dies aber auch zu einer erhöhten Rate schwerer Blutungen führt, kann die präventive Einnahme von Aspirin zur Reduktion der Inzidenz des kolorektalen Karzinoms weiterhin nicht empfohlen werden.

Verbesserung der Darmkrebs-Vorsorge und -Früher­kennung durch qualitativ hochwertige Screeninguntersuchungen

Eine sehr wirksame und kosteneffiziente Strategie zur Verbesserung der Prognose des kolorektalen Karzinoms stellen Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen dar. Screeningtests basieren auf den Erkenntnissen der Tumorbiologie und der Erforschung der sogenannten Adenom-Karzinom-Sequenz, der zufolge sich Karzinome über Jahre bis Jahrzehnte aus zunächst dysplastisch veränderten Adenomen entwickeln (2, 7, 8).
Die verschiedenen Screeningverfahren unterscheiden sich in Bezug auf Sensitivität, Spezifität und Akzeptanz. Bei der Wahl des Untersuchungsverfahrens sollten nicht nur die testspezifischen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen, sondern dieses auch mit dem vorbestehenden individuellen Risiko in Einklang gebracht werden. Dieses lässt sich anhand des sogenannten Imperiale-Scores erfassen (9). Dabei werden für verschiedene Risikofaktoren je nach Merkmalsausprägung 0 bis max. 4 Punkte vergeben und aufaddiert (Tab. 2A). Mit dem Summenscore (0–12 Punkte) kann das individuelle Risiko für das Vorhandensein eines fortgeschrittenen Polypen oder Karzinoms und die Gruppenhäufigkeit bzw. die Perzentile des Individuums in der Grundgesamtheit abgeschätzt werden. Daraus lässt sich dann eine Empfehlung für die Wahl des Screeningverfahrens ableiten (Tab. 2B).

Testverfahren

Zur Darmkrebsvorsorge können indirekte oder direkte Screeningtests eingesetzt werden. Die indirekten Tests dienen zum Nachweis von okkultem, d.h. mit blossem Auge nicht sichtbarem Blut im Stuhl, wie es bei fortgeschrittenen Adenomen oder vor allem Karzinomen häufig, aber keineswegs immer auftreten kann. Bei den strukturellen Untersuchungen wird die direkte Visualisierung von Adenomen mittels Koloskopie oder CT-Kolonographie («virtuelle Koloskopie») mit anschliessender Polypenresektion angestrebt.

Indirekte Tests (Stuhlbluttests)

Die guajakbasierten Stuhlbluttests (Guaiac-based fecal occult blood testing, gFOBT; z.B. Haemoccult®) sind aufgrund unzureichender Sensitivität und Spezifität durch quantitative immunchemische Stuhlbluttests (immunochemical fecal occult blood testing (iFOBT) oder fecal immunochemical test (FIT); z.B. OC Sensor®) ersetzt worden. Die Testmethode basiert auf einer Latex-Agglutinationsreaktion und erfordert klinisch etablierte Labortechnologie (Photometrie). Die Sensitivität für kolorektale Karzinome liegt bei 73–88%, d.h. rund 1/5 der asymptomatischen Karzinome werden auch mit dieser Methode nicht erkannt (10). Die Spezifität ist mit 90–96% hoch, durch gastrointestinale Blutungen, unter Antikoagulation oder ASS-Therapie sind aber falsch positive Befunde möglich. Der Test ist einfach, relativ günstig, verursacht keinen Arbeitsausfall und wird gut akzeptiert, muss aber in regelmässigen Abständen (alle 2 Jahre) wiederholt werden. Bei pos. Testergebnis ist eine Koloskopie erforderlich.

Direkte (strukturelle) Tests zur Visualisierung von Polypen / Karzinomen

CT-Kolonographie

Mit der nicht-invasiven, aber mit einer Strahlenbelastung einhergehenden CT-Kolonographie («virtuelle Koloskopie») können nach entsprechender Darmvorbereitung wie für eine Koloskopie Polypen ab 6 mm Grösse bei asymptomatischen Personen mit einer Sensitivität von 73–98% bei einer Spezifität von 90% sowie extrakolische Befunde dargestellt werden (10). Kleinere Polypen können aber übersehen werden. Bei positivem Befund muss zur Polypenresektion eine komplette Kolo­skopie erfolgen.

Koloskopie

Seit 2013 ist die Koloskopie zum Polypenscreening bei asymptomatischen Personen vom 50. bis 69. Lebensjahr auch in der Schweiz kassenpflichtig. Kohortenstudien zufolge kann die Polypenresektion während der Koloskopie etwa 80% der kolorektalen Karzinome verhindern (3). In einer schweizerischen Kohortenstudie stellte die Koloskopie (entgegen der Einschätzung der Ärzte) aus Sicht der Patienten die gegenüber anderen Verfahren bevorzugte Screeninguntersuchung dar (11). Zur Prognoseverbesserung muss aber die Akzeptanz der Vorsorgeuntersuchungen weiter verbessert werden, da trotz ausführlicher Informationskampagne in dieser Studie nur 12% der Patienten, für die eine Untersuchung in Betracht gekommen wäre, diese auch tatsächlich wahrnahmen.
Die Screeningkoloskopie muss bestimmten Qualitätsstandards genügen, wie sie von der Schweizerischen Gesellschaft für Gastroenterologie (SGG / SGG) im Mai 2017 in Anlehnung an internationale Empfehlungen definiert worden sind (Tab. 3 (12)). Eine hohe Adenom-Detektionsrate (ADR) ist dabei der beste prospektive Parameter für eine geringe Rate an Intervallkarzinomen. Diese ist das erklärte Mass für eine gute Qualität in der Vorsorgekoloskopie und wird durch die gründliche Mukosainspektion während des langsamen Instrumentenrückzugs über mindestens 6 Minuten wesentlich mitbedingt.

Interaktive Entscheidungshilfe bei der Darmkrebsvorsorge

Die «Darm Check – App»
Die kostenlose Smartphone-Applikation «Darm Check – App» (App Store: https://itunes.apple.com/ch/app/id1273680828; Google Play: http://play.google.com/store/apps/details?id=com.fabware.darmcheck; Abb. 1) wurde auf Initiative des Dachverbands der Schweizerischen Patientenstellen (DVSP) nach evidenzbasierten Kriterien erarbeitet. Sie ermöglicht Patienten und Ärzten, unter Berücksichtigung der modernen Prinzipien der partizpativen Entscheidungsfindung (shared decision making), die Wahl des Screeningverfahrens unter Abwägung des Nutzens sowie möglicher Komplikationen unter Einbezug des individuellen Risikos aktiv mitzugestalten. Die auf diese Weise gemeinsam von Patienten und ihrem behandelnden Arzt erarbeitete Handlungsempfehlung basiert auf den Werten, Präferenzen und der Lebensqualität des über die medizinische Datenlage gut informierten Patienten. Dies ermöglicht Betroffenen, besser zu verstehen, was Ärzte mit Vorsorgeuntersuchungen zu erreichen versuchen. Damit verbunden ist die Hoffnung, die generelle Akzeptanz für die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen zu erhöhen und Ängste abzubauen. Die kostenlose App informiert auch über Darmgesundheit und zeigt die Darmuntersuchungsmethoden zur Krebsvorsorge auf.

Therapieoptimierung und Verbesserung der Prozess- und Ergebnisqualität durch zertifizierte Tumorzentren

Eine Verbesserung der Prognose des kolorektalen Karzinoms kann nicht zuletzt durch den stadiengerechten Einsatz evidenzbasierter moderner chirurgischer und onkologischer Therapieverfahren erreicht werden. Um die Behandlungsergebnisse objektivierbar zu optimieren, setzen moderne Strategien zur flächendeckenden Steigerung der Versorgungsqualität auf das Konzept der Gründung von Darmkrebszentren. In diesen krankheitsspezifischen Netzwerken von qualifizierten und gemeinsam zertifizierten, multi- und interdisziplinären und ggf. standortübergreifenden Einrichtungen (Krankenhäuser, vertragsärztliche Versorgung, Rehabilitationseinrichtungen) werden transsektoral wirkende Struktureinheiten geschaffen. Sie umfassen die gesamte Versorgungskette für den Patienten mit Darmkrebs und erlauben, die aktuellen Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin umfassend in den klinischen Alltag zu implementieren. Zudem lassen sie die Überprüfung der korrekten Anwendung der Leitlinieninhalte durch externe Fachexperten in Form von Audits zu (Abb. 2).
Das steuernde Korrigieren bei analysierten Defiziten im Behandlungsprozess im Sinne eines «Plan-Do-Check-React»-Zyklus garantiert dabei die kontinuierliche fachliche und qualitative Weiterentwicklung (13). Die Qualität der Chirurgie wird als entscheidender Prognosefaktor angesehen, der mehr als 80% der Kurzzeitergebnisqualität garantiert und damit die Voraussetzung für eine entsprechende onkologische Langzeitergebnisqualität schafft. Die Qualität der multimodalen Chemo- und Strahlentherapie ist hingegen der wesentliche Faktor für die Beeinflussung der Langzeitprognose (13).
Einen wichtigen Aspekt zur Verbesserung der Behandlungsqualität mit konsekutiver Prognoseverbesserung stellt die Ergebnisdokumentation anhand von Kennzahlen dar. So zeigte eine Analyse von 31 055 operierten Patienten mit Kolonkarzinom aus 346 Kliniken in Deutschland, dass im Stadium UICC 3, in dem laut Leitlinien eine adjuvante Chemotherapie erforderlich ist, diese nur bei 72,4% der Patienten auch tatsächlich geplant wurde. In einer Auswertung der Krebsregister deutscher Tumorzentren an rund 100 000 Patienten erhielten sogar nur 61,2% der Patienten eine adjuvante Chemotherapie, die eine Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensrate um 16% ermöglicht (13, 14). Sieht man die Divergenz in der Versorgungssituation zu den geforderten 80% geplanten Chemotherapien im Stadium UICC 3 der Deutschen Krebsgesellschaft, die übrigens auch die schweizerischen Tumorzentren zertifiziert, erkennt man die prognostische Bedeutung der Bildung zertifizierter Tumorzentren für die Behandlung des kolorektalen Karzinoms.

PD Dr. med. Heiko Frühauf

Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie
Vulkanplatz 8
8048 Zürich

fruehauf@zgh.ch

Der Autor war an der Entwicklung der Darm Check-App ohne finanzielle Interessen beteiligt, ansonsten hat er in
Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Mit der Screeningkoloskopie steht heute nicht nur eine Früherkennungs-, sondern eine echte Vorsorgeuntersuchung zur Verfügung, welche durch die Resektion von Polypen die Entwicklung und die Mortalität eines Karzinoms um bis zu 80% reduziert
  • Patienten mit einem niedrigen Risiko für fortgeschrittene Polypen oder ein Karzinom können mit einem immunologischen Stuhltest untersucht werden, der allerdings alle 2 Jahre wiederholt werden muss und der bei positivem Befund eine Koloskopie erforderlich macht
  • Durch Reduktion beeinflussbarer Risikofaktoren (z.B. Rauchstopp, Bewegung, Diät) kann das Risiko für die Entwicklung eines KRK um 11–23% gesenkt werden
  • Mit Hilfe der neu verfügbaren Darm Check - App steht eine einfache Methode zur Verfügung, das individuelle KRK-Risiko auf Basis des Imperiale-Scores zu berechnen und im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung (shared decision making) adäquate Massnahmen daraus abzuleiten
  • Ein wichtiger Aspekt zur Verbesserung der chirurgischen und multimodalen Behandlungsqualität stellt die Zertifizierung von interdisziplinären Darmkrebszentren dar, welche die gesamte Versorgungskette für den Patienten mit Darmkrebs bereitstellen

1. Pendergrass CJ, Edelstein DL, Hylind LM, Phillips BT, Iacobuzio-Donahue C, Romans K, Griffin CA, Cruz-Correa M, Tersmette AC, Offerhaus GJ, Giardiello FM. Occurrence of Colorectal Adenomas in Younger Adults: An Epidemiologic Necropsy Study. Clin Gastroenterol Hepatol. 2008; 6(9):1011-5
2. Manser CN, Bachmann LM, Brunner J, Hunold F, Bauerfeind P, Marbet UA. Colonoscopy screening markedly reduces the occurrence of colon carcinomas and carcinoma-related death: a closed cohort study. Gastrointest Endosc. 2012; 76(1):110-7
3. Quintero E, Castells A, Bujanda L, Cubiella J, Salas D, Lanas Á, Andreu M, Carballo F, Morillas JD, Hernández C, Jover R, Montalvo I, Arenas J, Laredo E, Hernández V, Iglesias F, Cid E, Zubizarreta R, Sala T, Ponce M, Andrés M, Teruel G, Peris A, Roncales MP, Polo-Tomás M, Bessa X, Ferrer-Armengou O, Grau J, Serradesanferm A, Ono A, Cruzado J, Pérez-Riquelme F, Alonso-Abreu I, de la Vega-Prieto M, Reyes-Melian JM, Cacho G, Díaz-Tasende J, Herreros-de-Tejada A, Poves C, Santander C, González-Navarro A; COLONPREV Study Investigators. Colonoscopy versus fecal immunochemical testing in colorectal-cancer screening. N Engl J Med. 2012; 366(8):697-706
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Die FODMAP-Diät

Das Reizdarmsyndrom (RDS) oder englisch Irritable bowel syndrome (IBS) ist eine komplexe Störung des Gastrointestinaltrakts, welches sich durch abdominelle Schmerzen, verbunden mit Änderungen der Stuhlbeschaffenheit und/oder Stuhlfrequenz manifestiert und in der hausärztlichen Praxis ein sehr häufiges Problem darstellt. Die sogenannte low-FODMAP-Diät, welche arm ist an fermentierbaren Oligo-, Di- und Monosacchariden und Polypolen, stellt eine evidenzbasierte ernährungsmedizinische Therapieform bei Patienten mit Reizdarmbeschwerden dar. Im Artikel werden die möglichen Wirkungsmechanismen dieser Diätform und ihre praktische Durchführung vorgestellt.

Einer Schätzung nach ist das Reizdarmsyndrom der Grund für 25 bis 50% der ambulanten Konsultationen in einer gastroenterologischen Praxis. Die Inzidenz des Reizdarmsyndroms ist in vielen Ländern trotz unterschiedlicher Lebensstile vergleichbar und liegt zwischen 5 und 20%. Das RDS tritt häufiger bei Frauen (v. a. unter 50 Jahren) auf. Je nach Dominanz der Beschwerden kann eine Einteilung des RDS in drei Haupttypen erfolgen: Diarrhoebetont (IBS-D), Obstipationsbetont (IBS-C) oder ein gemischter Typ (IBS-M) mit Wechsel zwischen Diarrhoe und Obstipation. Ein weiteres sehr häufiges Symptom sind Blähungen und ein balloniertes Abdomen.

Ätiologie

Die Ätiologie des RDS ist am ehesten multifaktoriell bedingt und noch nicht vollständig geklärt. Eine Veränderung (Sensibilisierung / Unterbrechung) in der sogenannten Hirn-Darm-Achse führt zu Änderungen in der gastrointestinalen Motilität und Sekretion und bewirkt eine viszerale Hypersensitivität. Weiterhin spielen wahrscheinlich genetische Faktoren, psychologische Faktoren, Infektionen und Veränderungen des intestinalen Mikrobioms, Entzündungen und Nahrungsunverträglichkeiten eine Rolle, indem die intestinale Barrierefunktion verändert wird und eine erhöhte intestinale Permeabilität besteht.

Diagnose

Es existieren derzeit keine Tests welche das RDS eindeutig diagnostizieren können. Die Diagnose eines Reizdarmsyndroms richtet sich nach klinischen Kriterien und kann nach Ausschluss gewisser Alarmsignale und Durchführung gezielter Untersuchungen gestellt werden. Es gelten weiterhin die Rom-Kriterien (aktuell Rom VI) welche eine Diagnose bei folgenden Bedingungen stellen lassen: Es müssen abdominelle Schmerzen für wenigstens einen Tag der Woche während der letzten drei Monate aufgetreten sein, welche mit mindestens zwei der drei folgenden Kriterien assoziiert sind: Veränderungen der Stuhlfrequenz, Veränderung der Stuhlmorphologie. Der Beginn der Symptome muss hierbei mindestens 6 Monate zurückliegen (1). Individuell muss entschieden werden, wieviel Diagnostik im Einzelfall sinnvoll ist, in der Regel empfehlen sich jedoch die Bestimmung eines Calprotektinwertes im Stuhl zum Ausschluss einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung sowie eine Zöliakie-Serologie im Blut. Häufig werden jedoch weitere Tests inklusive Ileo-Koloskopie und Ösophago-Gastro-Duodenoskopie durchgeführt (2).

Therapie

Eine pharmakologische Therapie beschränkt sich meist auf den Einsatz symptomatischer Medikamente. Analgetika, Antidiarrhoika, Spasmolytika, Laxativa, trizyklische Antidepressiva, Antibiotika und Probiotika werden mit mässigen Erfolgen eingesetzt. Neben pharmakologischen Therapieansätzen spielen Verhaltenstherapien und Hypnosetherapien eine Rolle.

Ernährung

Bis zu 70% der Patienten mit RDS berichten über eine Verschlechterung der Symptome nach der Nahrungsaufnahme v. a. bestimmter Lebensmittel wie z. B. Milch und Milchprodukte, Weizen, Zwiebeln, Bohnen, Gewürzen, Kohl und anderer. Potentielle Mechanismen, wie Nahrungsmittel zu RDS-Symptomen führen können, sind ein überschiessender gastro-kolischer Reflex, ein vermehrter Influx von Wasser in den Dünndarm bei osmotisch aktiven Nahrungsbestandteilen (z. B. nichtabsorbierbare Zucker) sowie bakterielle Fermentation von schlecht absorbierbaren kurzkettigen Polysacchariden und Polyolen im Kolon. Nur ein Bruchteil der RDS-Pa-tienten leidet unter echten Nahrungsmittelunverträglichkeiten bzw. Allergien. Es wurde daher schon seit vielen Jahren versucht über die Ernährung eine Therapiemöglichkeit für IBS Patienten zu finden. Ein sehr effektiver und in multiplen randomisierten Studien bewiesener Therapieansatz steht seit einigen Jahren nun durch eine ernährungsmedizinische Intervention zur Verfügung: Die Reduktion FODMAP-haltiger Lebensmittel in der Ernährung oder «low-FODMAP-Diät». Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse von 9 randomisierten, kontrollierten Studien bestätigte mindestens die kurzfristige Wirksamkeit dieser Diät (3).

FODMAP

Der grösste Teil der Patienten mit Reizdarmbeschwerden berichtet über eine Verschlechterung der Beschwerden nach dem Essen. «Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen» wusste der Volksmund schon seit langer Zeit, in den letzten Jahren konnte jedoch durch umfangreiche Forschung vor allem durch die Arbeitsgruppe von Prof.  Peter Gibson in Melbourne /Australien genauer differenziert werden, welche Lebensmittelbestandteile bei Patienten mit Reizdarmbeschwerden zur Verschlechterung der Symptome führen können (in Bohnen sind dies zum Beispiel die Oligosaccharide). Diese Gruppe von Lebensmitteln wurde unter dem Akronym «FODMAP» zusammengefasst, welches für fermentable oligo-di-monosaccharides and polyols steht. Kohlenhydrate lassen sich – abhängig vom Grad ihrer Polymerisation – in Mono-, Di-, Oligo- sowie Polysaccharide einteilen. Gewisse Kohlenhydrate sind «fermentierbar», das heisst, sie werden im Kolon aufgrund der Abwesenheit oder der reduzierten Konzentration hydrolysierender Enzyme (wie z. B. Laktase) oder im Falle von Monosacchariden durch eine unvollständige Aufnahme in Dünndarm und Dickdarm fermentiert. Bei diesem Prozess entstehen bakterielle Gase (v. a. Wasserstoff und Methan), welche zu vielfältigen Beschwerden führen können. Meist bewirkt die Dilatation von Dünndarmabschnitten hierbei zusammen mit der viszeralen Hypersensitivität das Gefühl von Blähungen.
Alle FODMAPs werden durch die folgenden Kriterien gekennzeichnet:

1. Schlechte Absorption im Dünndarm entsteht entweder durch eine niedrige Transportkapazität des Epitheliums (Fruktose), eine reduzierte Aktivität von Hydrolasen in den Dünndarm­zotten (Laktose), das Fehlen von spezifischen Hydrolasen (Fruktane, Galaktane) oder durch das Vorliegen von Molekülen, die zu gross für eine Diffusion sind (Polyole).
2. Kleine und daher osmotisch aktive Moleküle. Dieser Effekt zeigt sich beispielsweise an einem synthetischen FODMAP, der Laktulose, die durch Erhöhung der Flüssigkeit im luminalen Inhalt und Veränderung der Darmmotilität einen laxativen Effekt hat.
3. Schnelle Fermentierung durch Bakterien. Die Geschwindigkeit, mit der Kohlenhydrate durch Bakterien fermentiert werden, ergibt sich aus deren Kettenlänge: Oligo- und Disaccharide (Haushaltzucker = Saccharose, Milchzucker = Laktose) werden sehr schnell fermentiert, verglichen mit Polysacchariden wie zum Beispiel wasserlöslichen Ballaststoffen. Die nichtresorbierten Saccharide lösen einen osmotischen Effekt aus, der zu einem Wassereinstrom in Ileum und Kolon führt. Weiter werden sie im Kolon durch bakterielle Zersetzung zu kurzkettigen Fettsäuren, Methan, Kohlendioxid und Wasserstoff metabolisiert. Diese Fermentierung führt zu einer Gasbildung, die Flatulenz und – durch den gesteigerten Druck auf die Darmwand – abdominale Schmerzen auslöst. Die einzelnen FODMAP mit Beispielen zeigt Abbildung 1.

Durchführung der Low-FODMAP-Diät

Ist die Diagnose eines Reizdarmsyndroms gestellt kann optional eine Testung auf Laktose und / oder Fruktose mittels eines H2- Atemtest durchgeführt werden. Diese Testung ist jedoch nicht zwingend und einige Autoren empfehlen, hierauf zu verzichten, da in der initialen Phase der FODMAP-Reduktion auch Laktose und Fruktose deutlich reduziert werden und je nach Verträglichkeit später wieder eingeführt werden. Im Allgemeinen ist es empfohlen die Durchführung der Therapie durch eine geschulte Ernährungsberatung zu begleiten. Zu Beginn der Ernährungsberatung wird das Konzept der FODMAP-Diät erklärt und individuelle Aspekte berücksichtigt (z. B. bekannte Unverträglichkeiten, Essgewohnheiten). Als Hilfsmittel werden den Patienten Positiv-und Negativlisten mitgegeben, die die Auswahl der korrekten Nahrungsmittel erleichtern. Die Monash University veröffentlichte 2012 die erste Smartphone-Applikation, welche die Patienten bei der Einhaltung der FODMAP-Diät unterstützt. Nach einer initialen Ernährungsanalyse wird zunächst meist über sechs bis acht Wochen eine Reduktion bzw. ein vollständiges Weglassen aller FODMAP-haltigen Lebensmittel durchgeführt (Eliminationsphase). Bessern sich die Beschwerden des Patienten wird von einem Ansprechen ausgegangen. In der Folge können dann einzelne Lebensmittel aus den jeweiligen FODMAP-Gruppen nacheinander wieder eingeführt werden (Re-Expositionsphase) um die individuelle Verträglichkeit zu testen (z. B. Honig oder Apfel für Fruktose). Jedes zusätzliche FODMAP sollte einige Tage ausprobiert werden bevor es entweder wieder eliminiert oder mit weiteren Lebensmitteln ergänzt wird, wobei es hilfreich ist, ein Symptom-Tagebuch zu führen. Es kann so ein an die individuellen Unverträglichkeiten angepasster Ernährungsplan ausgearbeitet werden, der ausgewogener als eine streng FODMAP-arme Diät ist. Bei fehlender Verbesserung kann die Restriktionsphase verlängert und / oder zusätzliche Ernährungsfaktoren (z. B. Gluten, Alkohol u. a.) diskutiert werden. Wichtig ist es, bei der Therapie realistische Erwartung zu haben und zu wissen, dass trotz Ernährungsumstellung weiterhin Beschwerden bestehen können. Nicht bei jedem kann eine Beschwerdefreiheit erreicht werden, jedoch ist die Low-FODMAP-Diät die aktuell am besten bewiesene ernährungsmedizinische Behandlungsmethode des Reizdarmsyndroms.

Erfolgschance und Risiken einer FODMAP-Therapie:

Kritikpunkte an der low-FODMAP-Diät beinhalten vor allem, dass die meisten Studien eher ein kurzfristiges Design beinhalten und daher keine langfristigen Effekte garantiert sind. Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt ist es, dass durch die Reduktion der Präbiotika wie z. B. Fruktane oder GOS die Substrate für das intestinale Mikrobiom reduziert werden und eine Veränderung der Zusammensetzung und Funktion des Mikrobioms bewirken können, insbesondere auch von Bifidobakterien. Die langfristige Veränderung des Mikrobioms ist in ihren Auswirkungen hierbei unklar. Zu Mangelerscheinungen durch eine zu strikte Diät kommt es jedoch selten, insbesondere nicht unter der Anleitung einer erfahrenen Ernährungsberatung. Auch wenn allgemeine Ernährungsempfehlungen bei IBS-Patienten eine Verbesserung der Beschwerden bringen kann, zeigt die low-FODMAP-Diät ein Ansprechen bei bis zu 75% der IBS-Patienten (4) und kann daher als first-line Therapie bei IBS-Patienten eingesetzt werden.

Dr Martin Wilhelmi

Gastroenterologie Praxis
8032 Zürich

martin.wilhelmi@bluewin.ch

Prof. Dr. med. Stephan Vavricka

Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie
Vulkanplatz 8
8048 Zürich

stephan.vavricka@hin.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Die low-FODMAP-Diät stellt eine evidenzbasierte ernährungsmedizinische Therapieform bei Patienten mit Reizdarmbeschwerden dar. Es liegen mindestens 10 randomisierte und kontrollierte Studien vor welche die Wirksamkeit bestätigen
  • Ein Ansprechen auf die Diät wird in bis zu 75% der Patienten erreicht, die bereit sind ihre Ernährung umzustellen
  • Die low-FODMAP-Diät sollte unter Aufsicht einer erfahrenen Ernährungsberatung erfolgen
  • Die App der Monash-University ist hilfreich bei der praktischen Durchführung (FODMAP-App: https://www.monashfodmap.com/i-have-ibs/get-the-app/)
  • Limitationen der Diät sind fehlende Langzeitdaten und allfällige Veränderungen im intestinalen Mikrobiom.

1. Lovell RM, Ford AC. Global prevalence of and risk factors for irritable bowel syndrome: a meta-analysis. Clin Gastroenterol Hepatol. 2012;10(7):712-72 doi: 10.1016/j.cgh.2012.02.029.
2. Ford AC, Lacy BE, Talley NJ. Irritable bowel syndrome. N Engl J Med. 2017;376(26):2566-2578.
3. Low fermentable, oligo-, di-, mono-saccharides and polyol diet in the treatment of irritable bowel syndrome: A systematic review and meta-analysis. Schumann D, Klose P, Lauche R, Dobos G, Langhorst J, Cramer H. Nutrition. 2018 Jan; 45:24-31.
4. Wilhelmi et al., FODMAP – eine häufige Ursache unklarer abdomineller Beschwerden. Schweiz Med Forum 2014;14(48):909–914 911