Gesundheitliche Effekte der Feinstaubbelastung auf das Herz

Smogepisoden, wie sie derzeit in städtischen Gebieten in Entwicklungsländern vorkommen, gab es um 1980 auch in der Schweiz. In der Zwischenzeit ist die Luft jedoch sichtbar besser geworden. Trotz der heute deutlich geringeren Schadstoffbelastung in der Schweiz hat die Feinstaubbelastung weiterhin langfristige Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Da wir alle durch die Luftverschmutzung belastet sind, ist der gesundheitliche Schaden auf Ebene der Gesamtbevölkerung erheblich. Besonders betroffen sind bereits Erkrankte, da es zu Verschlechterungen ihres Gesundheitszustandes kommen kann. Die Beratung in der Praxis kann einen gesunden Lebensstil und die bewusste Wahl des Aufenthaltsortes empfehlen.

Les épisodes de smog, tels qu’ils se produisent actuellement dans les zones urbaines des pays en développement, existaient également en Suisse vers 1980. Cependant, l’air s’est visiblement amélioré. Malgré les niveaux de pollution nettement plus faibles en Suisse aujourd’hui, la pollution par les particules fines continue d’avoir des conséquences à long terme pour la santé publique. Comme nous sommes tous touchés par la pollution atmosphérique, les préjudices pour la santé de l’ensemble de la population sont considérables. Particulièrement touchés sont les patients déjà atteints dans leur santé car l’état de santé peut se détériorer. Dans la pratique, un mode de vie sain et un choix conscient du lieu de résidence peuvent être conseillés.

Development of air pollution in Switzerland

Air quality in Switzerland has improved considerably since the introduction of the Air Pollution Control Ordinance (LRV) in 1985 (Figure 1). In the LRV, based on international recommendations and epidemiological studies, as the largest Swiss cohort study SAPALDIA, ambient and daily average PM10 fractional particulate matter, nitrogen dioxide (NO2) and other air pollutants (sulfur dioxide, ozone, lead, cadmium). The long-term emission limits were largely met in 2016 for PM10. For the newly introduced limit value of PM2.5 (10 μg / m3 annual average), there are less measurement data. According to a model study by the Swiss Tropical and Public Health Institute, PM2.5 exposure decreases overall (1). The new limit does not want to be met nationwide in many places.For the finest fine particulate matter, the so-called ultrafine particles (UFP), the pollutant concentrations in the air, however, are less well documented.

Health consequences

Despite the successes achieved in air pollution control in Switzerland, according to various estimates, 2000-4000 people still died prematurely due to air pollution in Switzerland (2, 3). That’s 10 times more people than in traffic (4). Among other things because health effects are also observed below the current limit values ​​(5).
Die kurzfristigen Folgen für die Herz-/Kreislaufgesundheit der Luftverschmutzung sind gut untersucht. So berechnete eine kürzlich publizierte Metaanalyse unter Einbezug von 41 verschiedenen Studien bei einem Anstieg des Tagesmittels der PM2.5-Belastung um 10 µg/m3 einen Anstieg der Sterblichkeit wegen Herz-/Kreislaufkrankheiten um 0.8% (Vertrauensintervall: 0.31-1.21%) (6). Auch in der Schweiz nahmen notfallmässige Spitaleintritte wegen Herz-/Kreislauferkrankungen in den Jahren 2001-2010 bei kurzfristigen PM10-Belastungsanstiegen über wenige Tage zu (7).
Kurzfristig gemessene Wirkungen erfassen nur einen kleinen Teil der Effekte. Bedeutsam sind die Langzeitfolgen chronischer Feinstaubbelastung. Die langfristige Dauerbelastung unterstützt die Entwicklung chronischer Krankheiten (8, 9). Eine Metaanalyse von 2013 basierend auf 11 Langzeitstudien berechnete ein erhöhtes Sterberisiko - und somit der Lebenserwartung - wegen Herz- / Kreislaufkrankheiten von 15% (4-27%) für einen jährlichen Belastungsunterschied von 10 µg PM2.5 / m3 (10), welcher vergleichbar ist mit dem Konzentrationsunterschied zwischen Lugano und Davos. Diverse Langzeitstudien belegen jedoch auch höhere Risiken für ischämische Herzkrankheiten, Myokardinfarkte, Herzinsuffizienz, Atherosklerose, Thrombose sowie viele subklinische Indikatoren der Herz- / Kreislaufgesundheit in Abhängigkeit von der langfristigen Feinstaubbelastung (11). So untersuchte SAPALDIA - die weltweit anerkannte grosse Schweizer Kohortenstudie zur Untersuchung der Auswirkungen der langfristigen Luftverschmutzung auf die Gesundheit – zu Beginn die Auswirkungen auf die Atemwegsgesundheit. Mittlerweile haben die Forscherinnen und Forscher der SAPALDIA-Studie am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut auch Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und den Stoffwechsel (Diabetes) festgestellt. Neueste Ergebnisse weisen bspw. darauf hin, dass das Ausmass der Atherosklerose – gemessen mit der Dicke der Intima-Media (CIMT) - mit der langfristigen Belastung von PM10, PM2.5 und ultrafeinen Partikeln assoziiert war (12).

Wirkungsmechanismen

Epidemiologische Studien können Zusammenhänge, aufzeigen, allerdings werden unter anderem biologisch plausible Wirkungsmechanismen benötigt, um die beobachteten gesundheitlichen Effekte auch kausal den gemessenen Luftschadstoffen zuweisen zu können. In der Literatur finden sich für die Belastung mit Partikeln drei verschiedene molekulare Wirkungspfade (Abb. 2). So konnten Zell- und Tierstudien zeigen, dass die Partikel im direkten Kontakt mit der Oberfläche in den Alveolen zu oxidativem Stress, also der Ausschüttung von Zytokinen führen und es damit zu lokalen Entzündungen in den Atemwegen kommt und sich infolge von Entzündungsmediatoren, bspw. durch Lungenmakrophagen initiiert, eine sekundäre systemische Entzündung entwickelt. Zu den Mediatoren zählen NADPH-Oxidase, TNF-alpha, IL-6 und IL-1b, welche ihrerseits in anderen Organen zur Ausschüttung weiterer Mediatoren beitragen, wie Adipozytokine, C-reaktives Protein CRP, Fibrinogen, Blutgerinnungsfaktoren etc.. Feinstaubpartikel wirken jedoch auch direkt und indirekt auf das autonome Nervensystem, in dem sympathische Mechanismen aktiviert und parasympathische Mechanismen gehemmt werden, was zu einem Ungleichgewicht und zu Veränderung der Herzfrequenzvariabilität und Rhythmusstörungen, verstärkter Gefässverengung und erhöhter Gerinnungsbereitschaft des Bluts (z.B. Plättchenaktivierung) führen kann. Darüber hinaus können gelöste Teilchen oder ultrafeine Partikel vom Lungenepithel direkt in den Blutkreislauf translozieren und haben damit direkten Kontakt zur Gefässwand oder dem Herzgewebe (11-14).

Therapeutische Massnahmen / Implikationen

Die Belastung aus der Luft ist für uns alle nicht vermeidbar, aber es gibt einige Möglichkeiten, sie zu minimieren. Die Patienten sind in Abhängigkeit ihres Alters, von Prädispositionen und Krankheiten nicht alle gleich gefährdet. So lohnt es sich, den Aufenthalt – insbesondere sportliche Betätigung – möglichst weg von verkehrsreichen Strassen zu wählen. Gerade die feinsten Partikel und Aerosole aus dem Verkehr und damit bspw. Herzinfarkte nehmen mit dem Abstand der Wohnadresse zum Verkehr bereits nach 100–200 Meter sehr deutlich ab. Es ist wichtig die Luftverschmutzung in Relation zu anderen Risikofaktoren zu setzen. Bei einem rauchenden Patienten ist es in erster Linie wichtig, die Empfehlung zum Rauchverzicht nahezulegen anstatt eine Verlegung des Wohnorts in Gebiete mit saubererer Luft vorzuschlagen. In Relation zur inhalierten Dosis von 10-1000 mg PM2.5 / Tag von leichten bis schweren Rauchern ist die Dosis von < 1 mg PM2.5/Tag in einer verkehrsbelasteten Stadt in der Schweiz gering, wenn auch vergleichbar mit Passivrauchern*. Hinzu kommt, dass wir mehrere sehr gute Abwehrmechanismen besitzen: vom mechanischen Aushusten bis hin zum Immunsystem. Diese gilt es, mit einem aktiven sozialen Lebensstil und gesunder Ernährung zu pflegen. Schadstoffe aus der Luft können nicht nur verschiedene Krankheiten mitverursachen, sondern bereits bestehende chronische Krankheiten verschlimmern oder auch die Medikamentenwirkung beeinflussen. Für Patientengruppen mit folgenden Erkrankungen kann sich ein erhöhtes Risiko von akuten Verschlechterungen durch Luftverschmutzung ergeben: Asthma, COPD, Herzinsuffizienz, Status nach Herzinfarkt, Herz-/Kreislauferkrankungen und Atherosklerose. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen empfindlichere Gruppen wie Säuglinge (bereits während der Schwangerschaft), Kinder und ältere Menschen.

Conclusion

For symptoms and diseases caused or exacerbated by air pollution, the therapy does not differ fundamentally from therapies of the same symptoms and diseases of other causes. The simple principle applies: limiting the burden as much as possible (traffic) and strengthening the health and defense mechanisms of the individual. In the longer term, further improvement of air quality through ongoing adaptation of the Clean Air Ordinance and the measures based on it is the best medicine.

* Daily breathing rate assumption: 18 m3 of air adapted from Smith KR and Peel JL 2010 and a load of 22-30 μg PM2.5 / m3

Ron Kappeler, MSc

Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut
Universität Basel
Socinstrasse 57
4051 Basel
ron.kappeler@swisstph.ch

ron.kappeler@swisstph.ch

Meltem Kutlar Joss, MSc, MPH

Meltem Kutlar Joss, MSc, MPH
Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut
Universität Basel
Socinstrasse 57
4051 Basel

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel.

  • Trotz Verbesserung der Luftqualität in der Schweiz gibt es noch immer schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit.
  • Mehrere plausible Wirkungsmechanismen, die den in epidemiologischen Studien beobachteten Gesundheitseffekten zugrunde liegen, sind wissenschaftlich belegt.
  • Die Gesundheitsrisiken durch die Luftbelastung sind gegenüber anderen Risiken wie Rauchen verhältnismässig klein. Da jedoch die gesamte Bevölkerung betroffen ist, ist der gesundheitliche und volkswirtschaftliche Schaden erheblich.
  • Die individuelle Belastung kann mit der bewussten Wahl des Aufent-haltsortes verringert werden, was insbesondere für ältere Personen, Kinder und bereits Erkrankte bedeutend sein kann.
  • Die wirksamste Prävention der luftbedingten Gesundheitsfolgen ist die Bekämpfung der Aussenluftverschmutzung; im Zentrum steht eine nachhaltige strukturelle Prävention (Luftreinhaltepolitik mit konsequenter Umsetzung der -massnahmen), unterstützt von individuellen Massnahmen (gesunder und umweltschonender Lebensstil).

Messages à retenir

  • En Suisse, malgré l’amélioration de la qualité de l’air, il existe encore des effets nocifs sur la santé.
  • Plusieurs mécanismes d’action plausibles avec des effets sur la santé observés dans des études épidémiologiques ont été scientifiquement prouvés.
  • Les risques pour la santé liés à la pollution de l’air sont relativement faibles par rapport à d’autres risques comme le tabagisme. Cependant, puisque toute la population est touchée, les dommages pour la santé et l’économie sont considérables.
  • La charge individuelle peut être réduite par le choix conscient du lieu de résidence, ce qui peut être important, en particulier pour les personnes âgées, les enfants et les personnes déjà atteintes dans leur santé.
  • La prévention la plus efficace des effets de l’air sur la santé est la lutte contre la pollution atmosphérique extérieure ; l’accent est mis sur la prévention structurelle durable (politique de lutte contre la pollution atmosphérique avec une mise en œuvre cohérente des mesures), soutenue par des mesures individuelles (mode de vie sain et respectueux de l’environnement).

1. de Hoogh K et al. Modelling daily PM2.5 concentrations at high spatio-temporal resolution across Switzerland. Environ Pollut 2018;233:1147-54
2. Collaborator GRF et al. Global, regional, and national comparative risk assessment of 84 behavioural, environmental and occupational, and metabolic risks or clusters of risks, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016 (vol 390, pg 1343, 2017). Lancet 2017;390(10104):1736
3. European Environment Agency. Premature deaths attributable to PM2.5, NO2 and O3 exposure in 41 European countries and the EU-28. 2014
4. Bundesamt für Statistik. Verkehrsunfälle. 2018 (cited 2018 10.7.2018); Available from: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/unfaelle-umweltauswirkungen/verkehrsunfaelle.html
5. Di Q et al., Air Pollution and Mortality in the Medicare Population. N Engl J Med 2017;376(26):2513-22
6. Achilleos S et al. Acute effects of fine particulate matter constituents on mortality: A systematic review and meta-regression analysis. Environ Int 2017;109: 89-100
7. Perez L et al. Associations of daily levels of PM10 and NO2 with emergency hospital admissions and mortality in Switzerland: Trends and missed prevention potential over the last decade. Environmental Research 2015;140:554-61
8. Brook RD et al. Particulate matter air pollution and cardiovascular disease: An update to the scientific statement from the American Heart Association. Circulation 2010;121(21): 2331-78
9. Kunzli N et al. Assessment of deaths attributable to air pollution: should we use risk estimates based on time series or on cohort studies? Am J Epidemiol 2001;153(11):1050-5
10. Hoek G et al. Long-term air pollution exposure and cardio- respiratory mortality: a review. Environ Health 2013;12(1):43
11. Kelly FJ, Fussell JC. Role of oxidative stress in cardiovascular disease outcomes following exposure to ambient air pollution. Free Radical Biology and Medicine 2017;110:345-67
12. Aguilera I et al. Particulate Matter and Subclinical Atherosclerosis: Associations between Different Particle Sizes and Sources with Carotid Intima-Media Thickness in the SAPALDIA Study. Environ Health Perspect 2016;124(11):1700-6
13. Franklin BA et al. Air Pollution and Cardiovascular Disease. Current Problems in Cardiology 2015; 40 (5): 207-38
14. Ruckerl R et al. Health effects of particulate air pollution: A review of epidemiological evidence. Inhal Toxicol 2011; 23 (10): 555-92
15. Vidale S, Campana C. Ambient air pollution and cardiovascular diseases: From bench to bedside. Eur J Prev Cardiol 2018; 25 (8): 818-25
16. Air quality 2016. Measurement results of the National Air Pollution Monitoring Network (NABEL), Federal Office for the Environment (FOEN).

Neuroradiologische Interventionen bei zerebralen Ischämien

Die mechanische Rekanalisation grösserer Gefässverschlüsse beim ischämischen Schlaganfall, allein oder in Kombination mit einer intravenösen Lysetherapie, hat in den letzten Jahren zu einem deutlich verbesserten funktionellen Behandlungs­ergebnis geführt. Entscheidend dazu beigetragen hat die Verbesserung der Rettungskette («Time is brain»; Zeit vom Symptombeginn bis zum Eintreffen in einem Akutspital mit der Möglichkeit zur Behandlung von Hirnschlägen), die Auswahl geeigneter Patienten und die rasante Weiterentwicklung der zur Verfügung stehenden Materialien wie Stentretriever und Aspirationskatheter. Im Weiteren sollen die Möglich­keiten der endovaskulären Therapie dargestellt werden.

La recanalisation mécanique des occlusions vasculaires majeures dans l’AVC ischémique, seule ou en association avec un traitement par lyse intraveineuse, a conduit à une amélioration significative des résultats fonctionnels ces dernières années. L’amélioration de la chaîne de sauvetage (« time is brain » ; le temps écoulé entre l’apparition des symptômes et l’arrivée dans un hôpital de soins aigus avec la possibilité de traiter les AVC), la sélection de patients appropriés et le développement rapide des matériaux disponibles tels que les stent-retrievers et les cathéters d’aspiration ont contribué de manière décisive à cette amélioration. En outre, les possibilités de la thérapie endovasculaire seront présentées.

Efforts have been made for many years to recanalize closed larger intracranial vessels endovascularly. Initial experiments with a helical thrombus extraction system (Merci-Device) did not provide satisfactory recanalization rates. Only since the emergence of large-lumen, flexible aspiration catheter and the use of intracranial stents as thrombus extraction system (stent retriever) are potent methods available. In 2015, several independent studies demonstrated the effectiveness of thrombectomy. In a meta-analysis of 5 large prospective randomized studies (MR CLEAN, ESCAPE, REVASCAT, SWIFT PRIME, EXTEND IA), 46% of patients achieved a functionally independent status (mRS 0-2) 90 days after intra-arterial recanalization,

Stent Retriever

In 2009 it was reported for the first time that occlusion of the cerebral artery was successfully recanalized with a solitaire stentretriver (2). This self-expanding stent is fixed to a wire, inserted through a microcatheter, and unfolds upon withdrawal of the microcatheter over the thrombus. As a result, the thrombus is fixed between the stent and the vessel wall, the stent meshes push into the thrombus and so unfolded stent and thrombus can be removed together from the vessel. Numerous different retrievers have been developed. The mesh design, the stent length, the diameter and also the radial force were varied. With strict patient selection, recanalization rates (TICI 2b-3) up to 88% are achieved. The rate of symptomatic intracranial haemorrhage shows no significant difference to the sole intravenous lysis therapy and is between 0 and 3% (3). A principal problem is that, to place the retriever, the vascular closure must first be passed through a microcatheter. Thrombus material can be dislocated peripherally. This problem is of minor importance in daily practice. However, if the thrombus is not firmly fixed to the stent upon retraction, it may detach proximally from the stent retriever in the vascular segment and cause embolism in a new vascular territory. Therefore today this technique is usually combined with a flow reversal. For this purpose, a large-lumen access catheter is placed in the proximal internal carotid artery, which is provided at the distal end with a circular balloon. Prior to thrombectomy, the proximal ACI passager is occluded by balloon insufflation and suction placed in the catheter lumen so that the ACI reverses flow and free emboli are withdrawn. In a retrospectively analyzed cohort, the risk of unwanted emboli could be reduced from 32% to 7% (4).

ADAPT-Aspiration

Parallel konnte 2010 gezeigt werden, dass mittels Aspiration zerebrale Gefässe rekanalisiert werden können (5). Bei der ADAPT-Technik (a direct aspiration first pass technique) wird der Aspirationskatheter proximal des Thrombus platziert und kontinuierlich Sog über eine Pumpe angelegt. Sistiert der Rückfluss im System, zeigt dies das Ansaugen des Thrombus an. Der Sog wird für ca. 90 Sekunden belassen, der Thrombus dabei in den Katheter gesaugt oder an dessen Spitze fixiert und idealerweise beim Rückzug des Katheters vollständig entfernt. Bei langen oder wandadhärenten Thromben kann es zum Abreissen des Thrombus kommen, sodass ein Teil verbleibt und der Vorgang wiederholt werden muss. Rasch hat sich gezeigt, dass neben der Flexibilität des distalen Katheterendes das Lumen des Katheters wesentlich zum Aspirationserfolg beiträgt. So konnte bei zunehmender Flexibilität der Katheter der Innendurchmesser von 50“ auf 70“ (Angabe in Tausendstel Inch, 70“ = 1,78 mm) gesteigert werden. Eine kürzlich veröffentliche prospektiv randomisierte Studie zeigt Rekanalisationsraten (TICI 2b-3) mit dem Aspirationssystem allein von 71% und in Kombination mit anderen Methoden bis 93% (6). Die Aspirationstechnik führte sehr rasch zum Erfolg, die mittlere Zeit zwischen Gefässpunktion und Rekanalisation betrug 31 Minuten und die Rate unerwünschter Embolien in neue Gefässterritorien lag bei 1,5%.

SOLUMBRA

Führt eine Methode allein nicht zum Erfolg, so können Methoden kombiniert werden. Dabei wird der Aspirationskatheter (PenUMBRA-System) proximal des Thrombus platziert und koaxial über einen Mikrokatheter ein Stent-Retriever (SOL-itaire) über dem Thrombus platziert. Unter kontinuierlicher Aspiration kann nun der Stent-Retriever samt Thrombus in den Aspirationskatheter gezogen werden. Die Kombination aller Methoden ermöglicht heute Rekanalisationsraten von über 90%.

Verschluss proximaler Gefässe

Ist die Ursache einer intrakraniellen Embolie eine arteriosklerotisch bedingte hochgradige zervikale Stenose oder ein Verschluss der A. carotis interna, so kann dies in der gleichen Sitzung behandelt werden. Unterschiedliche Strategien wurden publiziert, wobei prospektiv randomisierte Daten fehlen. Eine retrospektive Metaanalyse von 33 Studien zeigt keinen signifikanten Unterschied, ob zuerst der distale oder der proximale Verschluss behandelt wurde, oder ob eine Ballonangioplastie mit oder ohne Stent-Implantation durchgeführt wurde (7).
In St. Gallen führen wir bei hochgradigen Stenosen oder Verschlüssen in der Regel eine proximale Stent-PTA durch. Dies hat den Vorteil, dass die Emboliequelle ausgeschaltet ist, ein guter Blutfluss vorliegt und eine unbehinderte Passage bis zum Thrombus möglich ist, insbesondere wenn das Thrombusextraktionsmanöver wiederholt werden muss. Um frühe Stentverschlüsse zu vermeiden, ist eine Thrombozytenaggregationshemmung nötig, was das Risiko einer zerebralen Blutung erhöhen kann. Ein pragmatischer Ansatz ist die intravenöse Gabe von 500 mg Acetylsalicylsäure während der Intervention und der Start einer doppelten Thrombozytenhemmung 12–24 Stunden nach Intervention, nachdem eine intrakranielle Hämorrhagie mittels nativer Computertomographie ausgeschlossen wurde.

Astverschlüsse

Ob Patienten mit kleineren Gefässverschlüssen (Truncus superior oder inferior der Arteria cerebri media, Arteria cerebri anterior oder posterior) und schwerwiegender Symptomatik wie Hemiparese, Aphasie, Hemianopsie oder Neglect von einer endovaskulären Intervention profitieren, ist nicht eindeutig geklärt. Kleinere Stentretriever und Aspirationskatheter werden entwickelt, um peripher gelegene Verschlüsse zu erreichen. Retrospektiv analysierte Daten zeigen die technische Machbarkeit der endovaskulären Therapie mit guten Rekanalisationsraten bis 83% bei einem zerebralen Blutungsrisiko von 7%. Ein funktionell gutes Ergebnis (mRS 0-2) erreichten jedoch nur 30% der Patienten (8).

Verschluss proximaler Gefässe

Ist die Ursache einer intrakraniellen Embolie eine arteriosklerotisch bedingte hochgradige zervikale Stenose oder ein Verschluss der A. carotis interna, so kann dies in der gleichen Sitzung behandelt werden. Unterschiedliche Strategien wurden publiziert, wobei prospektiv randomisierte Daten fehlen. Eine retrospektive Metaanalyse von 33 Studien zeigt keinen signifikanten Unterschied, ob zuerst der distale oder der proximale Verschluss behandelt wurde, oder ob eine Ballonangioplastie mit oder ohne Stent-Implantation durchgeführt wurde (7).
In St. Gallen führen wir bei hochgradigen Stenosen oder Verschlüssen in der Regel eine proximale Stent-PTA durch. Dies hat den Vorteil, dass die Emboliequelle ausgeschaltet ist, ein guter Blutfluss vorliegt und eine unbehinderte Passage bis zum Thrombus möglich ist, insbesondere wenn das Thrombusextraktionsmanöver wiederholt werden muss. Um frühe Stentverschlüsse zu vermeiden, ist eine Thrombozytenaggregationshemmung nötig, was das Risiko einer zerebralen Blutung erhöhen kann. Ein pragmatischer Ansatz ist die intravenöse Gabe von 500 mg Acetylsalicylsäure während der Intervention und der Start einer doppelten Thrombozytenhemmung 12–24 Stunden nach Intervention, nachdem eine intrakranielle Hämorrhagie mittels nativer Computertomographie ausgeschlossen wurde.

Astverschlüsse

Ob Patienten mit kleineren Gefässverschlüssen (Truncus superior oder inferior der Arteria cerebri media, Arteria cerebri anterior oder posterior) und schwerwiegender Symptomatik wie Hemiparese, Aphasie, Hemianopsie oder Neglect von einer endovaskulären Intervention profitieren, ist nicht eindeutig geklärt. Kleinere Stentretriever und Aspirationskatheter werden entwickelt, um peripher gelegene Verschlüsse zu erreichen. Retrospektiv analysierte Daten zeigen die technische Machbarkeit der endovaskulären Therapie mit guten Rekanalisationsraten bis 83% bei einem zerebralen Blutungsrisiko von 7%. Ein funktionell gutes Ergebnis (mRS 0-2) erreichten jedoch nur 30% der Patienten (8).

Erweiterung des therapeutischen Fensters auf 24 Stunden

Neuere Studien haben untersucht, ob Patienten auch später als sechs Stunden nach Symptombeginn von einer Rekanalisation profitieren können. Eine prospektive, randomisierte, multizentrische Studie (DAWN-Trial) konnte zeigen, dass bis 24 Stunden nach Symptombeginn, Patienten mit einem Verschluss der intrakraniellen Arteria carotis interna oder proximalen Arteria cerebri media bei anhaltendem Mismatch mit hohem Schweregrad des neurologischen Defizits und kleinem demarkiertem Infarkt mittels Rekanalisierung in 49% der Fälle einen funktionell unabhängigen Status (mRS 0-2) nach 90 Tagen erreichten, während dies bei der Kontrollgruppe mit konservativer Therapie nur in 13% der Fall war (9). Das Risiko für eine symptomatische Hirnblutung und die Mortalität waren dabei in beiden Gruppen gleich. Ähnliche Ergebnisse konnten in der DEFUSE 3 Studie in einem Zeitfenster bis 16 Stunden nach Symptombeginn gezeigt werden (10).

Patienenselektion

Wichtig für den Erfolg einer Intervention ist die Auswahl geeigneter Patienten. Von einer endovaskulären Therapie profitieren Patienten mit einem Verschluss grosser zerebraler Gefässe, wie der distalen Arteria carotis interna, der Arteria cerebri media (Hauptast oder kaliberkräftige Äste) oder der Arteria basilaris. Dabei sollte ein Mismatch zwischen demarkiertem Infarkt und verzögert perfundiertem Hirngewebe vorliegen, welches die Penumbra – das oligäme, rettbare Hirngewebe – angibt. Der Gefässverschluss kann per CT- oder MR-Angiographie der Kopf- und Halsgefässe dargestellt werden. Eine zusätzliche Perfusionsmessung (CT oder MRT) zur Abschätzung des Mismatchs ist im Zeitfenster von über 6 Stunden oder bei unklarem Symptombeginn («Wake-up-Stroke») zur Bestimmung der Penumbra zwingend nötig und bei Astverschlüssen zur Indikationsstellung oft hilfreich.

Dr. med. Claudia Hader

Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie
Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

claudia.hader@kssg.ch

Dr. med. Johannes Weber

Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie
Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert

  • Zur Therapie von Schlaganfallpatienten mit Verschlüssen grosser intrakranieller Gefässe stehen heute potente endovaskuläre Methoden mit Rekanalisationsraten von über 90% zur Verfügung.
  • Entscheidend für den Erfolg einer endovaskulären Behandlung ist die rasche Zuweisung in ein Stroke-Center mit routiniertem Umgang sämtlicher zur Verfügung stehender Methoden und einer eingespielten Zusammenarbeit von allen beteiligten Disziplinen.
  • Eine endovaskuläre Therapie kann bei anhaltendem Mismatch zwischen minderperfundiertem Hirnareal und demarkiertem Infarkt bis 24 Stunden nach Symptombeginn sinnvoll sein.

Messages à retenir

  • Aujourd’hui, de puissantes méthodes endovasculaires avec des taux de recanalisation de plus de 90% sont disponibles pour le traitement des patients ayant subi un AVC avec occlusion de gros vaisseaux intracrâniens.
  • Un facteur décisif pour le succès du traitement endovasculaire est l’affectation rapide à un centre d’AVC avec une prise en charge expérimentée de toutes les méthodes disponibles et une coopération bien coordonnée entre toutes les disciplines concernées.
  • Le traitement endovasculaire peut être utile jusqu’à 24 heures après l’apparition des symptômes s’il y a un décalage persistant entre la zone moins perfusée du cerveau et l’infarctus délimité.

1. Goyal M et al. Endovascular thrombectomy after large-vessel ischemic stroke: a meta-analysis of individual patient data from five randomizsed trials. Lancet. 2016;387:1723-31.
2. Castano C et al. Use of the New SolitaireTM AB Device for Mechanical Thrombectomy when Merci Clot Retriever Has Failed to Remove the Clot. Intervent Neuroradiol 2009;15:209-214.
3. Saver JL et al. Stent-Retriever Thrombectomy after Intravenous t-PA vs. t-PA Alone in Stroke. NEJM. 2015;372:2285-95.
4. Lee DH et al. Effective use of ballon guide catheters in reducing incidence of mechanical thrombectomy related distal embolization. Acta Neurochir. 2017;159(9):1671-1677.
5. Tarr R et al. The POST trial: initial post-market experience of the Penumbra system: revascularisation of large vessel occlusion in acute ischemic stroke in the United States and Europe. J NeuroIntervent Surg. 2010; 2:341-4.
6. Schramm P et al. ADAPT Technique with ACE68 and ACE64 reperfusion catheters in ischemic stroke treatment: results from the PROMISE study. J NeuroIntervent Surg 2018;0:1-6.
7. Wilson MP et al. Management of tandem occlusions in acute ischemic stroke- intracranial versus extracranial first and extracranial stenting versus angioplasty alone: a systematic review and meta-analysis. J Neurointerv Surg. 2018;10(8):721-728.
8. Grossberg JA et al. Beyond Large Vessel Occlusion Strokes, Distal Occlusion Thrombectomy. Stroke. 2018;49:1662-1668.
9. Nogueira RG et al. Thrombectomy 6 to 24 Hours after Stroke with a Mismatch between Deficit and Infarct. New Engl J Med. 2018; 378: 11-21.
10. Albers GW et al. Thrombectomy for Stroke at 6 to 16 Hours with Selection by Perfusion Imaging. New Engl J Med. 2018; 378: 708-18.w

«Thrombus-in-Transit» durch ein persistierendes Foramen ovale

Fallpräsentation

Ein 52-jähriger Patient musste sich wegen eines bronchialen Plattenepithelkarzinoms einer linksseitigen Unterlappenresektion unterziehen. Einige Tage postoperativ klagte der Patient plötzlich über starke Schmerzen im rechten Bein. Ferner bestand eine zunehmende Dyspnoe. Es zeigte sich im ischämischen rechten Bein ein ausgedehnter arterieller Gefässverschluss, welcher durch einen komplexen notfallmässigen Eingriff mit Thrombendarterektomie und Thrombektomie behandelt werden konnte. Die weiteren Abklärungen ergaben den Nachweis von tiefen Beinvenenthrombosen und von ausgedehnten beidseitigen Lungenembolien. Im Labor zeigte sich eine Thrombozytopenie und es wurde die Diagnose einer heparininduzierten Thrombozytopenie Typ II gestellt. Entsprechend wurde die Antikoagulation auf Bivalirudin umgestellt. Im Rahmen der Untersuchungen wurde eine transthorakale Echokardiographie durchgeführt. Hierbei zeigte sich ein dilatierter, exzentrisch hypertropher rechter Ventrikel (Abb. 1) und es fanden sich Zeichen einer ausgeprägten pulmonal-arteriellen Hypertonie (Abb. 2). Im rechten Vorhof zeigte sich ein grosser Thrombus, welcher am interatrialen Septum adhärent zu sein schien (Abb. 3). Ein Teil des Thrombus prolabierte durch die Trikuspidalklappe in den rechten Ventrikel (Abb. 4). Es wurde interdisziplinär entschieden, den grossen ‘Thrombus-in-Transit’ nach Stabilisierung des Patienten operativ zu entfernen. Die intraoperativ durchgeführte transösophageale Echokardiographie liess erkennen, dass der Thrombus nun durch ein persistierendes Foramen ovale (PFO) in den linken Vorhof prolabierte (Abb. 5). Bei der operativen Entfernung zeigte sich, dass der Thrombus in Fäden der Valvula Eustachii verfangen war (Abb. 6), was eine weitere Migration des Thrombus verhinderte. Der Anteil, welcher durch das PFO prolabierte, liess sich ohne Widerstand herausnehmen. Nach Entfernung des Thrombus wurde das Foramen ovale verschlossen. Die Operation verlief erfolgreich. Nach initial protrahiertem Verlauf erholte sich der Patient sehr gut und es zeigte sich eine deutliche Regredienz der pulmonal-arteriellen Hypertonie. Die Antikoagulation mit Bivalirudin wurde in der Folge auf Marcoumar umgestellt; es kam zu keinen weiteren thromboembolischen Komplikationen.

Kommentar

Die Prävalenz des PFO liegt bei etwa 26% (1). Eine paradoxe Embolie vom kleinen in den systemischen Kreislauf durch ein PFO ist jedoch ein seltenes Ereignis, welches zumeist auf einer mutmasslichen Diagnose bei Patienten mit einem stattgehabten kryptogenen ischämischen Ereignis und anschliessendem Nachweis eines PFO beruht. Eindeutige Fälle, bei welchen ein ‘Thrombus-in-Transit’ innerhalb eines PFO erfasst wird, sind eine Rarität. Wie in unserem Fall, begünstigt eine pulmonale Hypertonie mit Anstieg des rechtsatrialen Druckes das Auftreten einer paradoxen Embolie durch ein PFO (2). Begünstigende klinische Risikofaktoren für die massive Thrombenbildung waren bei unserem Patienten der Tumor und dessen operative Entfernung sowie vor allem die postoperativ aufgetretene heparininduzierte Thrombozytopenie.
Die beste therapeutische Strategie bei Patienten mit einem ‘Thrombus-in-Transit’ durch ein PFO ist nicht ganz klar und jeder dieser seltenen Fälle muss individuell beurteilt werden (3). Einer systematischen Review der publizierten Fallberichte zufolge kam es allerdings bei Patienten, bei welchen eine operative Thrombektomie durchgeführt wurde, zu weniger embolischen Ereignissen im weiteren Verlauf verglichen mit Patienten, bei denen eine Lysetherapie oder lediglich eine Antikoagulation erfolgten (4). Demzufolge scheint die chirurgische Therapie die beste Option für Patienten zu sein, welche als operabel eingestuft werden können. In jedem Fall handelt es sich bei einem ‘Thrombus-in-Transit’ durch ein PFO um ein bedrohliches Ereignis, welches gemäss Literatur mit einer Mortalität von 18% vergesellschaftet ist (4).

Abb. 1: RV-fokussierter apikaler Vierkammerblick Es zeigt sich ein exzentrisch hypertropher, dilatierter rechter Ventrikel. RV = rechter Ventrikel, LV = linker Ventrikel, RA = rechtes Atrium und LA = linkes Atrium.
Abb. 2: CW-Doppler-Signal des Flusses durch die Trikuspidalklappe

Es zeigt sich ein schneller systolischer Regurgitationsjet. Der daraus errechnete systolische Druckgradient zwischen rechtem Ventrikel und rechtem Atrium liegt bei 89mmHg, was für eine schwere pulmonalarterielle Hypertonie spricht.

Abb. 3: RV-modifizierter apikaler Vierkammerblick Im rechten Atrium zeigt sich ein grosser, zweischenkliger Thrombus (*), welcher am interatrialen Septum adhärent zu sein scheint (Pfeil). RV = rechter Ventrikel und RA = rechtes Atrium.
Abb. 4: RV-modifizierter apikaler Vierkammerblick Erneute Darstellung des grossen rechtsatrialen Thrombus (*), wobei in diesem Bild der grössere der beiden Schenkel durch die Trikuspidalklappe in den rechten Ventrikel prolabiert (Pfeil). RV = rechter Ventrikel und RA = rechtes Atrium.
Abb. 5: Intraoperative transösophageale Echokardiographie mit Blick auf die Atria und das interatriale Septum.

Es zeigt sich, dass der Thrombus (*) nun durch ein persistierendes Foramen ovale (Pfeil) in das linke Atrium prolabiert. RA bedeutet rechtes Atrium und LA linkes Atrium.

Abb. 6: Bild des operativ entfernten Thrombus Es zeigt sich eine Einschnürung an der Stelle, wo der Thrombus in Anteilen der Valvula Eustachii verfangen war (Pfeil).
PD Dr. med. Alain M. Bernheim

Stadtspital Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Alain.Bernheim@triemli.stzh.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert

1. Meier B, Lock JE. Contemporary management of patent foramen ovale.
Circulation 2003;107: 5 – 9.
2. Cakir C, Duygu H, Eren NK, Akyildiz ZI, Nazli C, Ergene O. Witnessing a rare event – thrombus seeking its route in the right atrium: ‘thrombus-in-transit’.
J Cardiovasc Med 2008;9:1166-8.
3. Shah DP, Min JK, Raman J, Lodato JA, Van Kley D, Lang RM, Ward RP. Thrombus­in­transit: two cases and a review of diagnosis and management.
J Am Soc Echocardiogr 2007;20:1219.e6­8.
4. Myers PO, Bounameaux H, Panos A, Lerch R, Kalangos A. Impending
paradoxical embolism: systematic review of prognostic factors and treatment. Chest 2010;137:164-70.

Cardiology Update 2019, Davos

Am Cardiology Update 2019 in Davos wurde in einem Symposium unter dem Vorsitz der Professoren Edouard Battegay, Zürich, Isabella Sudano, Zürich und Filippo Crea, Rom über normale Blutdruckwerte, die neuen ESC-Guidelines zur Hypertonie, die renale Denervation sowie Hypertonie und Herzinsuffizienz diskutiert. Der folgende Beitrag umfasst die Diskussion zu den normalen Blutdruckwerten und die neuen Aspekte zur renalen Denervation.

Was ist ein «normaler» Blutdruck?

Bluthochdruck kann ein wichtiger kompensatorischer Ausgleichsmechanismus sein, der nicht manipuliert werden sollte, auch wenn es sicher ist, dass wir ihn kontrollieren könnten, behauptete Dr. Paul Dudley White, ein renommierter Kardiologe, Mitbegründer der American Heart Association und Begründer der präventiven Kardiologie, im Jahre 1937. Prof. Dr. med. Thomas Lüscher London, Zürich, präsentierte die Blutdruckwerte von US-Präsident Franklin D. Roosevelt, die von 140 mmHg im Jahre 1935 auf 350 mmHg im Jahre 1945 anstiegen. Der tödliche Schlaganfall von Präsident Roosevelt kam aus heiterem Himmel, titelte die Saint Louis Post Dispatch. Aus der MRFIT-Studie wissen wir aber, dass das relative Risiko für einen tödlichen Schlaganfall von einem Wert von 3 bei einem Blutdruck unter 120 mmHg kontinuierlich ansteigt auf bis zu 32 bei einem Blutdruck von 168 mmHg. Ebenso nimmt die koronare Mortalität linear mit steigendem Blutdruck zu. Ein Pionier der antihypertensiven Therapie war Edward Freis, der 1967 die Wirkung einer antihypertensiven Therapie auf die Morbidität beschrieb, so der Referent.

Neue Zielwerte für optimalen Blutdruck – Wechsel in den Konzepten

Initial galt die Hypertonie als kompensatorischer Mechanismus (Erfordernisblutdruck). Darauf galt Blutdruck = Alter plus 100 mmHg («physiologisches Altern»). Danach wurde der diastolische Blutdruck als Ziel definiert, zunächst 95 mmHg, später 90 mmHg. Schliesslich wurde der systolische Blutdruck festgelegt (Studien SHEPS und Systeur). Bis jetzt lebten wir mit 140 mmHg, mit Ausnahme älterer Amerikaner. Der Referent gab einen Überblick über Hypertoniestudien von 1970 bis 2015 mit den Studien SPRINT und HOPE-3.

Was ist ein «normaler» Blutdruck? Sind wir alle hypertensiv? Und wenn ja, warum?

Der Referent verwies auf Daten der Yanomani-Indianer, einem Naturvolk, das im Regenwald des Amazonas lebt. Diese Bevölkerung weist Blutdruckwerte von 95/61 mmHg auf. Die Tsimane-Indianer, das weltweit gesündeste Volk («Der Spielgel»), zeigen auch geringe Blutdruckzunahmen mit dem Alter: 113 mmHg im Alter von 40 bis 44 Jahren und 117 mmHg im Alter von 75 + Jahren. Ein weiteres Beispiel sind Indianer auf den Kuna-Inseln mit Werten um 110 mmHg von < 40 bis > 60 Jahren. Die Kuna Indianer in Panama City zeigen dagegen eine Zunahme mit dem Alter von 110 mmHg (< 40jährig) auf 130mmHg (> 60jährig). Mögliche Gründe für eine Blutdruckerhöhung sind die Genetik, das Übergewicht, körperliche Immobilität, Alkohol und die Ernährung.

v.l.n.r.: PD Dr. Isabella Sudano, Prof. E. Battegay und Prof. F. Crea

Die Resultate von SPRINT und eine hitzige Debatte

SPRINT hatte ergeben, dass eine intensive Blutdrucksenkung auf einen systolischen Wert von 120 mmHg Patienten mit einer arteriellen Hypertonie besser vor Myokardinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, kardiovaskulärem Tod und Gesamtmortalität schützt als der bisher geltende Zielwert von 140 mmHg. Der anfänglichen Begeisterung für die Resultate der SPRINT-Studie folgten heftige Diskussionen. Die Kritikpunkte betrafen unbewachte Blutdruckmessung, ausgewählte Population, Nebeneffekte wie akutes Nierenversagen, Hypotonie, Synkopen und andere.
Eine weitere Studie (HOPE-3) schloss Probanden mit mindestens einem kardiovaskulären Risikofaktor ein, wobei Hypertonie als Risikofaktor keine Voraussetzung für die Teilnahme war. Die Teilnehmer erhielten Candesartan und Hydrochlorthiazid oder eine «Polypill» mit zusätzlich Rosuvastatin oder nur das Statin. Es zeigte sich, dass nur Probanden mit Blutdruckwerten über 143.5 mmHg von der Therapie profitierten. Der Referent erinnerte ferner daran, dass beim Blutdruck im Gegensatz zum LDL-Cholesterin nicht «the lower the better» gilt: zwischen dem arteriellen Blutdruck und kardiovaskulären Ereignissen besteht eine J-Kurven-Beziehung.
SPRINT hat die Blutdruckmessung neu ins Interesse gerückt: klassische Riva Rocci, unbewachte Messung, 24h ambulante Messung oder Heimblutdruck als Möglichkeiten.

Provokative Empfehlungen

Die US-Guidelines empfehlen < 122/< 80 mmHg als normalen Blutdruck, 120-129/< 80 gilt als erhöht, Hypertonie-Stadium 1 130- 139/80-89 mmHg, Hypertonie-Stadium 2 ≥ 140/≥ 90 mmHg.
Die Europäischen Guidelines empfehlen dagegen als erstes Behandlungsziel einen Blutdruck von < 140/90 mmHg und, falls die Behandlung gut vertragen wird, eine Senkung auf 130/80 mmHg oder tiefer. Bei Patienten < 65 Jahre sollten die Blutdruckwerte in den meisten Fällen in eine Range von 120-129 mmHg gesenkt werden. Bei Pa-
tienten zwischen 65 und 80 Jahren sollten systolische Werte zwischen 130-139 mmHg angestrebt werden. Bei über 80-Jährigen sollte ebenfalls ein systolischer Blutdruck zwischen 130-139 mmHg, falls toleriert, angestrebt werden. Der Referent sprach sich abschliessend für ein personalisiertes Hypertoniemanagement aus.

Renale Denervation neu aufgegriffen

Die gerätebasierte Therapie der Hypertonie umfasst die Karotisbulbus-Ausdehnung, Denervierung der Halsschlagader, Barorezeptor-Stimulation, Stimulation des Aortenbogens. Mediannerven-Stimulation, arteriovenöse Fistel und die renale Denervation (RDN), stellte Prof. Dr. med. Felix Mahfoud, Homburg/Saar, eingangs fest. Studien zur renalen Denervation waren zum Teil nicht erfolgreich (Bhatt DL, NEJM2014). Der Sicherheitsendpunkt wurde in dieser Studie zwar erreicht, nicht aber der primäre Wirksamkeitsendpunkt. In einer weiteren Studie wurde der primäre Wirksamkeitsendpunkt erreicht (Azizi M, Lancet 2015). Nach experimentellen und Proof of Concept-Studien wurde mit den Simplicity HTN-Studien 1 und 2 ein Höhepunkt erreicht, worauf der Optimismus mit der Simplicity HTN 3 Studie, die keinen signifikanten Unterschied der RDN-Gruppe zur Sham-Gruppe ergab, schwand. Confounding-Faktoren können die Begleitmedikation, die Studienpopulation oder das Procedere selbst sein. Der Referent wies auf drei Proof of Concept-Studien hin, SPYRAL HTN-OFF MED, SPYRAL HTN-ON MED und RADIANCE-HTN SOLO, die alle ein positives Resultat ergaben. SPYRAL HTN-OFF MED und RADIANCE SOLO: niedriges Risisko, moderate Hypertonie, keine begleitende antihypertensive Therapie; SPYRAL HTN-ON MED: moderate Hypertonie, 1-3 übliche antihypertensive Medikamente. SPYRAL OFF (3 Monate) ergab eine Senkung von 5mmHg, in SPYRAL ON (6 Monate) wurde der Blutdruck um 9 mmHg gesenkt. In RADIANCE SOLO (2 Monate) wurde der Blutdruck um 8.5 mmHg gegenüber Placebo gesenkt. Die renale Denervation ergab neben der Blutdrucksenkung auch eine Reduktion der Herzfrequenz. RDN nach 3 Monaten ergab eine Herzfrequenzreduktion von -2.5 bpm gegenüber 0.2 bpm unter Placebo (p = 0.003). Die Senkung des Blutdrucks nahm mit der Zeit zu, wie der Referent zeigte. Nach 6 Monaten betrug die Reduktion des systolischen 24h-Blutdrucks -6.6, nach einem Jahr -7.2, nach 2 Jahren -8.2, nach 3 Jahren -8.0. Der Office-Blutdruck nahm von -11.7 (6 Monate) auf -16.5 nach 3 Jahren zu. Zum Schluss erwähnte der Referent vier ausschlaggebende Studien: SPYRAL-OFF MED pivotal, RADIANCE SOLO, beide ohne begleitende Medikamente, sowie SPYRAL ON MED pivotal und REQUIRE pivotal, beide mit Medikation.

Was geschieht als Nächstes?

Die internationalen pivotalen Studien sind am Laufen und sollen weitere Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten liefern. Die Resultate werden auf 2019/2020 erwartet. Die Präferenzen der Patienten kommen ins Spiel. Die hauptsächlichen Forschungsthemen sind: Intraprocedurales Feedback, Identifikation von Respondern und Nachhaltigkeit der Wirkung. Mit den neuen Studien ist auch ein gewisser Enthusiasmus für die renale Denervation zur Blutdrucksenkung zurückgekehrt.

Quelle: Hypertension Redefined, Session am Cardiology Update, Davos 18.2.2019

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Hypertonie Guidelines – was ist neu?

Im August 2018 sind die neuen Leitlinien der Europäischen Gesellschaften für Hypertonie und Kardiologie zum Management der arteriellen Hypertonie erschienen. Nachdem im November 2017 die sehr kontroversen Richtlinien der amerikanischen Fachgesellschaften publiziert wurden, haben nun auch die Europäer hinsichtlich der Therapiezielwerte und der Therapieempfehlungen neue Akzente gesetzt (1, 2). Als wesentliche Neuerung wurden die Zielwerte wieder strenger definiert. Zudem ist die Monotherapie aus dem Therapieregime der arteriellen Hypertonie nahezu verschwunden und die primäre Kombinationstherapie bereits bei Diagnosestellung für den Grossteil der Patienten empfohlen. Es wurde das Augenmerk auf eine Vereinheitlichung und Verbesserung der Diagnosestellung gelenkt und Empfehlungen zum Screening und zu den Messmethoden gegeben.

En août 2018, les nouvelles directives des Sociétés européennes d’ hypertension artérielle et de cardiologie sur le traitement de l’ hypertension artérielle ont été publiées. Après la publication, en novembre 2017, des directives très controversées des associations professionnelles américaines, les Européens ont également mis l’ accent sur les valeurs cibles thérapeutiques et les recommandations thérapeutiques (1, 2). Innovation majeure, les valeurs cibles ont de nouveau été définies de manière plus stricte. De plus, la monothérapie a presque disparu du régime thérapeutique de l’ hypertension artérielle et la thérapie combinée primaire est recommandée pour la majorité des patients au moment du diagnostic. Une attention particulière a été accordée à la standardisation et à l’ amélioration du diagnostic et des recommandations ont été formulées sur les méthodes de dépistage et de mesure.

Die arterielle Hypertonie ist mit weltweit über 1 Milliarde Betroffener eine der global am weitesten verbreiteten chronischen Erkrankungen und stellt einen der Hauptrisikofaktoren für das Auftreten einer ischämischen Herzkrankheit, eines Schlaganfalles und anderer Folgeerkrankungen wie der Herzinsuffizienz, dem Vorhofflimmern, der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, der chronischen Nierenerkrankung, sowie der dementiellen Entwicklung dar. Trotzdem erreichen in Europa nach wie vor weniger als 50% der Patienten mit diagnostizierter und behandelter arterieller Hypertonie den Zielwert von < 140 mmHg systolisch.
In den nächsten Jahren ist zu erwarten, dass die Prävalenz der Erkrankung in Anbetracht der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft und der bewegungsarmen Lebensweise weiter zunehmen wird.
In den neuen europäischen Leitlinien gibt es insbesondere neue Empfehlungen zu den angestrebten Zielblutdruckwerten und dem initialen Therapiekonzept. Hiermit soll eine raschere und bessere Einstellung der Blutdruckwerte in den Zielbereich, insbesondere aber auch eine bessere Adhärenz der Patienten erreicht werden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem einheitlichen Screening und der initialen Diagnosestellung.
Hinsichtlich der Blutdruckklassifikation bleiben die europäischen Leitlinien bei der üblichen und bekannten WHO Klassifikation. Dies steht im Gegensatz zu den amerikanischen Richtlinien, welche eine Hypertonie Stadium I seit 2017 bereits bei Werten von 130-139 mmHg systolisch bzw. 80-89 mmHg diastolisch definieren.

Empfehlung zum Screening und zur Diagnosestellung

Bei der arteriellen Hypertonie als häufig asymptomatische Erkrankung mit gravierenden Folgeschäden ist ein standardisiertes Vorgehen der Grundversorger beim Screening ein Grundpfeiler der Behandlung. Erstmals geben die europäischen Richtlinien nun Empfehlungen zur Häufigkeit des Blutdruckscreenings. Bei jedem gesunden Erwachsenen mit optimalen Blutdruckwerten sollte mindestens alle 5 Jahre der Blutdruck (BD) gemessen werden, häufiger dagegen bei Patienten mit normalen und hochnormalen Blutdruckwerten (siehe Abb. 1).
Besonders bei Patienten mit hochnormalen Blutdruckwerten und Komorbiditäten wie Adipositas, Diabetes mellitus, chronischer Niereninsuffizienz oder weiteren Risikofaktoren wie einer positiven Familienanamnese sollte das Vorhandensein einer maskierten Hypertonie in Betracht gezogen werden, welche ebenfalls einer Behandlung bedarf. Diese besteht bei ca. 15% der Patienten mit normalen Praxis-Blutdruckwerten und demaskiert sich erst im ambulanten Setting (siehe Abb. 1).
Bei Verdacht auf eine arterielle Hypertonie in der Screening-Messung sollte diese durch wiederholte Praxis-, Heimblutdruckmessungen oder durch eine 24 Stunden-Blutdruckmessung bestätigt werden – wobei letztere zu bevorzugen ist.
Sowohl bei den Praxis- wie auch bei den Heimblutdruckmessungen wird die Wichtigkeit eines standardisierten Vorgehens in den neuen europäischen Leitlinien betont, um eine bessere Abbildung der realen Blutdruckwerte zu erzielen. Für die Praxismessung sind drei repetitive Messungen nach einer Ruhephase von 5 Minuten am sitzenden, nicht sprechenden Patienten mit 1 bis 2 Minuten Wartezeit zwischen den einzelnen Messungen empfohlen. Als Neuerung wird bei einer Differenz von mehr als 10 mmHg eine weitere, vierte BD-Messung empfohlen. Zur Interpretation sollte der Durchschnitt der letzten beiden Messungen gebildet werden.
Generell besteht die Behandlungsindikation bei Blutdruckwerten von ≥ 140 mmHg systolisch und/oder ≥90 mmHg diastolisch. Für Patienten älter als 80 Jahre ist eine Therapie ab ≥ 160/90 mmHg empfohlen. Nach Diagnosestellung der arteriellen Hypertonie wird weiterhin ein Endorganscreening zur Einschätzung des individuellen kardiovaskulären Risikos empfohlen. Die Möglichkeit einer sekundären Hypertonie soll individuell evaluiert werden.

Therapiezielwerte gemäss den neuen Richtlinien

Nachdem die Therapiezielwerte in den letzten ESH/ESC Leitlinien von 2013 vereinfacht und zum Teil gelockert wurden, waren diese Gegenstand zahlreicher Diskussionen und Untersuchungen (2, 3). In den neuen Empfehlungen werden die Blutdruckzielwerte wieder strenger definiert. Als primäres Therapieziel gilt weiterhin ein Blutdruckwert von < 140/90 mmHg. Je nach Alter, Verträglichkeit und Komorbiditäten wird der Zielwert im Weiteren individuell festgelegt, wobei generell ein diastolischer Wert von 70-79 mmHg und bei jüngeren Patienten (< 65 Jahre) zusätzlich ein systolischer Wert zwischen 120-129 mmHg angestrebt wird. Besteht eine isolierte systolische Hypertonie sollte vor allem bei älteren Patienten, bei denen diese Ausdruck einer reduzierten Elastizität der Gefässe ist und ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bedeutet, die Therapieanpassung auf Basis der bestehenden systolischen Werte erfolgen und bei guter Verträglichkeit nicht auf Grund tiefer diastolischer Blutdruckwerte unterbleiben.
Erwähnenswert ist besonders, dass für den systolischen Blutdruck neu ein Zielbereich definiert wurde mit einem unteren Wert, welcher nicht unterschritten werden sollte. Die Autoren begründen dies dadurch, dass ab einer Blutdrucksenkung unter 120 mmHg kein wesentlicher Zusatznutzen mehr erkennbar sei, sich aber ein erhöhtes Risiko für Komplikationen und Nebenwirkungen gezeigt habe.
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Therapieziele der verschiedenen Patientengruppen gemäss ESC/ESH-Guidelines. In Abbildung 2 findet sich ein Algorithmus wie die neuen Zielwerte einfach in den praktischen Alltag umgesetzt werden können.
Wie bereits diskutiert ist auch bei der Therapiekontrolle der arteriellen Hypertonie die Messmethode entscheidend für die Interpretation des Therapieerfolges und die resultierenden Behandlungsschritte. Die oben angegebenen Zielblutdruckwerte gelten jeweils für die standardisierten Praxis-Blutdruckmessungen und müssen dann entsprechend der angewandten Messmethode interpretiert werden. Die AHA/ACC Richtlinien geben hierfür sehr hilfreiche Äquivalenzwerte für die verschiedenen Messmodalitäten an. Diese haben wir in Tabelle 2 für verschiedene Blutdruckmessmethoden auch im Hinblick auf die einzelnen Zielwerte zusammengefasst.

Therapiekonzept und Medikamentenwahl

Grundlegend geändert hat sich die Therapieempfehlung dahingehend, dass eine primäre Kombinationstherapie die Monotherapie ablöst. Entscheidend hierbei ist die «single-pill» Strategie, welche es den Patienten ermöglicht durch Kombinationspräparate bis zu drei verschiedene Antihypertensiva in einer einzelnen Tablette einzunehmen, was die langfristige Adhärenz verbessern, die Zeit bis zum Erreichen der Zielblutdruckwerte verkürzen und die Nebenwirkungsrate reduzieren soll (siehe Abb. 3).
Unverändert bleibt für alle Patienten die Lifestyle-Anpassung mit salzreduzierter Ernährung, moderatem Alkoholkonsum, Gewichtsabnahme bei Übergewicht und ausreichender Bewegung (5-7x pro Woche mindestens 30 Minuten) die Grundlage der Therapie. Bei einem Patienten mit einer Grad I Hypertonie (systolisch 140-159 und/oder diastolisch 90-99mmHg) mit einem geringen kardiovaskulären Risiko, ohne Niereninsuffizienz und Endorganschäden gilt weiterhin, dass 3 bis 6 Monate Lifestyle-Massnahmen verfolgt werden können. Bei persistierend erhöhten Blutdruckwerten nach Lifestyle-Intervention sollte auch dann mit einer primären Kombinationstherapie begonnen werden. Eine Monotherapie sollte nur noch bei Patienten älter als 80 Jahre, gebrechlichen Patienten oder Patienten mit geringem kardiovaskulärem Gesamtrisiko und nur leicht erhöhten BD Werten erwogen werden.
Bei Patienten mit hochnormalen Blutdruckwerten (systolisch 130-139 mmHg/diastolisch 85-89mmHg) kann bei sehr hohem Risiko und insbesondere bei Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung primär eine medikamentöse Therapie erwogen werden, womit die Anpassungen der Leitlinien von 2013 revidiert wurden.
Generell sollte das Ziel sein die Blutdruckwerte innerhalb der ersten 3 Monate nach Diagnosestellung in den Zielbereich einzustellen. Während der Titrationsphase nach Neudiagnose einer Hypertonie ist es daher sinnvoll den Patienten konsequent alle 2 bis 4 Wochen zu kontrollieren und die Medikation anzupassen bis der Zielwert erreicht ist.Die Auswahl der Medikamente ist auch weiterhin anhand der Begleiterkrankungen zu treffen – das Therapieschema wurde jedoch wesentlich vereinfacht (siehe Abb. 3). Für den Grossteil der Patienten ist eine «single-pill» Kombinationstherapie aus RAAS-Inhibitor mit Calciumantagonist oder mit Thiazid/Thiazid-like Diuretikum das Mittel der ersten Wahl.
Betablocker sind keine Antihypertensiva der ersten Wahl mehr und sollten nur mit spezifischer Indikation (zum Beispiel Angina pectoris, post-Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz oder Frequenzkontrolle bei Vorhofflimmern) eingesetzt werden. Ausdrücklich abgeraten wird weiterhin von einer Kombination von ACE-Hemmern und Angiotensin-Rezeptorblockern.
Bei Nicht-Erreichen der Zielwerte unter einer dualen Kombination sollte auf eine Tripeltherapie aus RAAS-Inhibitor, Calcium Antagonist und Thiazid/Thiazid-like Diuretikum umgestellt werden. Im Fall einer therapieresistenten Hypertonie unter Tripeltherapie ist nach Ausschluss eines Hyperaldosteronismus und anderen sekundären Ursachen eine ergänzende Therapie mit Aldosteron-Antagonisten zu evaluieren (Abb. 3).

Spezifische Situationen, was gilt es zu beachten

Bei Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz mit einer Clearance von < 30 ml/min sollten die in dieser Situation effektiveren Schleifendiuretika anstelle von Thiazid/Thiazid-like Diuretika zum Einsatz kommen.
Bei Patienten schwarzafrikanischer Abstammung wird empfohlen auf Grund eines häufigeren Auftretens von Angioödemen auf ACE-Hemmer zu verzichten und stattdessen Angiotensin-Rezeptorblocker oder Calciumantagonisten zu nutzen. Zudem ist der positive Effekt der Salzrestriktion ausgeprägter und daher wichtiger umzusetzen.
Bei Patientinnen mit Kinderwunsch müssen RAAS-Inhibitoren und Diuretika vermieden werden. Zur Blutdrucksenkung können Methyldopa, Labetalol oder Calciumantagonisten eingesetzt werden. Diese Medikamente können auch während der Schwangerschaft eingenommen werden.
In den neuen Leitlinien wird darauf hingewiesen, dass die Stentimplantation bei arteriosklerotischer Nierenarterienstenose und die renale Denervation als invasive Therapiemöglichkeiten weiterhin nicht als Standardtherapie empfohlen werden können. Aufgrund neuer positiver Studien könnten sich hier bald Neuerungen ergeben. Vorerst bleiben die invasiven Therapien gemäss den Leitlinien aber Patienten vorbehalten, die an einem Zentrum ausführlich abgeklärt und im Rahmen von Studien oder Registern behandelt werden.

Dr. med. Vera Freund

Universitätsspital Basel
Klinik für Ambulante Innere Medizin und Kardiologie
Petersgraben 4
4031 Basel

Dr. med. Thilo Burkard

Stv. Chefarzt medizinische Poliklinik
und Leiter Hypertoniesprechstunde
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

thilo.burkard@usb.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Das Screening auf arterielle Hypertonie, die Diagnosestellung und Therapiekontrolle müssen standardisiert und jeweils angepasst an die gewählte Messmethode (Praxis-, Heim- oder 24 Stunden-Blutdruckmessungen) erfolgen.
  • Die Behandlungsindikation besteht für alle ab Blutdruckwerten von ≥ 140/90 mmHg. Bei Patienten über 80 Jahren besteht die Indikation ab ≥ 160/90 mmHg.
  • Das generelle Therapieziel ist < 140/90 mmHg
  • Der individuelle Zielwert ergibt sich aus Alter, Verträglichkeit der Behandlung und Komorbiditäten, wobei generell ein diastolischer Wert von 70-79 mmHg und bei den jüngeren Patienten < 65 Jahre ein systolischer Wert zwischen 120 und 129 mmHg angestrebt werden sollte.
  • Die Behandlung sollte bei allen Patienten primär mit einer Kombinationstherapie («single-pill» Strategie) begonnen und konsequent ausgebaut werden. Ausnahmen bezüglich Kombinationstherapie gelten vor allem für über 80 jährige oder gebrechliche Patienten bei denen weiterhin eine initiale Monotherapie erwogen werden kann.

Messages à retenir

  • Le dépistage de l’ hypertension artérielle, le diagnostic et le contrôle thérapeutique doivent être standardisés et adaptés à la méthode de mesure choisie (au cabinet médical, à domicile ou sur 24 heures).
  • L’ indication au traitement existe pour toutes les valeurs de tension artérielle supérieures à ≥ 140/90 mmHg. Pour les patients de plus de 80 ans, l’ indication est ≥ 160/90 mmHg ou plus.
  • L’ objectif thérapeutique général est < 140/90 mmHg.
  • La valeur cible individuelle résulte de l’ âge, de la tolérabilité du traitement et des comorbidités, une valeur diastolique de 70 à 79 mmHg devant généralement être visée et une valeur systolique comprise entre 120 et 129 mmHg pour les patients plus jeunes < 65 ans.
  • Le traitement de tous les patients doit commencer principalement par un traitement d’ association (stratégie «single pill») et être constamment élargi. Les exceptions en ce qui concerne le traitement combiné s’ appliquent avant tout aux patients de plus de 80 ans ou aux patients fragiles chez qui une monothérapie initiale peut encore être envisagée.

1. Whelton PK et al. 2017 ACC/AHA/AAPA/ABC/ACPM/AGS/APhA/ASH/ASPC/NMA/PCNA Guideline for the Prevention, Detection, Evaluation, and Management of High Blood Pressure in Adults: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines. Hypertension. 2018;71(6):e13-e115.
2. Williams B et al. 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. Eur Heart J. 2018;39(33):3021-104.
3. Mancia G et al. 2013 ESH/ESC Guidelines for the management of arterial hypertension: the Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC). J Hypertens. 2013;31(7):1281-357.

Arterielle Hypertonie und Hirnschlag

Hirnschläge haben in unseren Breitengraden eine hohe Inzidenz. Arterielle Hypertonie ist ein häufiger und der wichtigste behandelbare Risikofaktor für erstmalige sowie wiederholte Hirnschläge. Der vorliegende Artikel erläutert epidemiologische und pathophysiologische Aspekte und thematisiert die aktuellen Richtlinien betreffs Akutphase, Primär- und Sekundärprävention der arteriellen Hypertonie in Patienten mit Hirnschlag.

Les accidents vasculaires cérébraux (AVC) ont une incidence élevée à nos latitudes. L’ hypertension artérielle est un facteur de risque courant et le plus important que l’on puisse traiter pour les premiers AVC et les AVC répétés. Cet article explique les aspects épidémiologiques et physiopathologiques et discute des directives actuelles concernant la phase aiguë, la prévention primaire et secondaire de l’hypertension artérielle chez les patients ayant subi un AVC.

In unseren Breitengraden ist der Hirnschlag der häufigste Grund für Behinderung und die zweithäufigste Todesursache. In der Schweiz ereigneten sich im Jahr 2016 gemäss schweizerischem Bundesamt für Statistik 15254 Hirnschläge; die Hirnschlag-Inzidenz betrug gemäss schweizerischem Gesundheitsobservatorium 188/100 000 (157/100 000 bei Frauen, 224/100 000 bei Männern) und die Mortalität 16.2% (19.4% für Frauen, 12.9% für Männer) (1, 2). Im Jahr 2017 litten in der Schweiz 19.2% der Männer und 16% der Frauen an arterieller Hypertonie; in der Altersgruppe 65-74 Jahre 43.3% respektive 36% und in der Altersgruppe ≥ 75 Jahre 55.8% respektive 57.2% (1).

Blutdruck in der Primärprävention des Hirnschlags

Die arterielle Hypertonie ist ein häufiger und der wichtigste behandelbare Risikofaktor für Hirnschlag. Dies zeigte unter anderem die INTERSTROKE Fallkontrollstudie, welche 3000 Patienten mit erstmaligem Hirnschlag (78% mit Hirninfarkt, 22% mit Hirnblutung) aus 22 Ländern einschloss. Diese Studie errechnete, dass das Risiko einen Hirnschlag zu erleiden, um 34.6% (respektive 51.8%) niedriger war, bei nicht vorliegender selbstberichteter arterieller Hypertonie (respektive nicht vorliegenden Blutdruckwerten > 160/90 mmHg) (3). Es ist davon auszugehen, dass arterielle Hypertonie weltweit jährlich mit 1.5 Millionen Hirninfarkten und mit 2 Millionen Hirnblutungen assoziiert ist (4). Eine Metaanalyse von 61 prospektiven Beobachtungsstudien mit 958 074 Patienten mit 12  000 Hirnschlägen und einer Beobachtungszeit von über 5000 Patientenjahren zeigte einen unabhängigen annähernd logistisch-linearen Zusammenhang zwischen Blutdruck und Hirnschlag ab Blutdruckwerten von 115/75 mmHg (5). Eine Metaanalyse von 12 prospektiven Kohortenstudien mit 518 520 Patienten und einer Beobachtungszeit von 2.7 bis 23.7 Jahren, fand ein um 22% respektive 79% erhöhtes Hirnschlagrisiko bei Blutdruckwerten von 120-129/80-84 mmHg respektive 130-139/85-89 mmHg (6).
Zunehmendes Alter schwächt den Zusammenhang zwischen arterieller Hypertonie und Hirnschlag ab. Ein um 10 mmHg niedrigerer Blutdruck senkt das Hirnschlagrisiko um 40-50% bei < 60-Jährigen, um 30-40% bei 60-69-Jährigen und um 20-30% bei ≥ 70-Jährigen (5, 7).

Zerebrovaskuläre Pathophysiologie der arteriellen Hypertonie

Arterielle Hypertonie verursacht einen Umbau der Gefässwand, fördert Atheromatose und Veränderungen der Endothelfunktion sowie der zerebralen Autoregulation. In der Folge entstehende Gefässrupturen führen zu Hirnblutungen (Abb. 1). Embolien, lokale Thrombusbildung oder seltener eine hämodynamische Insuffizienz verursachen Hirninfarkte (Abb. 2). Durch chronische mikroangiopathische Schäden entstehen Marklagerhyperintensitäten, Mikroinfarkte/-blutungen und neurodegenerative Prozesse wie Hirnatrophie. Es steigt nicht nur das Hirnschlag- aber auch das Demenzrisiko vom vaskulären aber auch vom Alzheimer Typ (8, 9).

Blutdruck in der Akutphase des Hirnschlags

Der Blutdruck ist innert den ersten Tagen nach Hirnschlag in der Mehrzahl der Patienten erhöht, wobei verschiedene Gründe wie Fluktuation oder Erhöhung vorbestehender arterieller Hypertonie, Stress, Schmerzen, Infekt, Harnverhalt, Aktivierung der Sympathikus-, der Renin-Angiotensin- und der ACTH-Cortisol-Achse, Hirndrucksteigerung, etc. zugrunde liegen können (10). In einer Populations-basierten Studie mit 636 Patienten war der Blutdruck in der Akutphase im Vergleich zum mittleren 10-Jahres-Vorwert insbesondere bei Hirnblutungen (im Mittel um 41 mmHg), weniger ausgeprägt bei Hirnischämien (im Mittel um 11 mmHg) erhöht (11). Hypertone Blutdruckwerte in der Akutphase eines Hirnschlages erhöhen das Rezidivrisiko, einer neuen oder progredienten Einblutung, eines Hirnödems und einer hypertensiven Enzephalopathie, können aber auch vor einer weiteren Ausdehnung des Infarktareals bei gestörter zerebraler Autoregulation und Hypoperfusion schützen (12-14). Beobachtungsstudien zeigten ein höheres zerebrales Einblutungsrisiko nach intravenöser Thrombolyse mit Alteplase im Falle höherer Blutdruckwerte. Daher wird empfohlen, dass vor intravenöser Thrombolyse mit Alteplase der Blutdruck vorsichtig auf < 185/110 mmHg gesenkt und die nächsten 24h darunter gehalten wird (Klasse I Evidenz) (15, 16). Dies könnte auch bei endovaskulärer Therapie sinnvoll sein (Klasse IIa Evidenz) (15).
In der Situation eines zusätzlich zum Hirninfarkt vorliegenden akuten koronaren Ereignisses, einer akuten Herzinsuffizienz, einer Aortendissektion, einer postthrombolytischen symptomatischen intrazerebralen Einblutung oder einer Prä-/eklampsie ist ein Senken deutlich hypertoner Blutdruckwerte empfohlen, um hierdurch Sekundärschäden vorzubeugen (Klasse I Evidenz) (15). Ein Senken des Blutdrucks um 15% innert 24 Stunden nach Hirninfarkt ist hierbei wahrscheinlich als sicher anzusehen (15, 16).
In konservativ therapierten Patienten mit Hirninfarkt ohne relevante Komorbiditäten ist ein Wieder-/beginn einer antihypertensiven Therapie innert 24 bis 72 Stunden nicht effektiv hinsichtlich Reduktion von Tod oder Invalidität bei Blutdruckwerten < 220/120  mmHg (Klasse III Evidenz) und der Nutzen unsicher bei Blutdruckwerten ≥ 220/120 mmHg (Klasse IIb Evidenz) (15, 16). Zu beachten ist allerdings, dass eine abrupt abgesetzte oder in der Dosis reduzierte vorbestehende antihypertensive Therapie im Falle von Beta-Blockern mit einer Rebound-Tachykardie und im Falle einer Herzinsuffizienztherapie mit einer kardialen Dekompensation einhergehen kann (17). Auch kann aber eine vermeintlich fortgeführte antihypertensive Therapie bei vorgängiger Malcompliance unerwünschte Nebenwirkungen inklusive übermässige Blutdruckabfälle bedingen (18).
Die INTERACT-2 Studie randomisierte 2793 Patienten mit intensiver (< 140 mmHg) versus moderater Blutdrucksenkung (< 180 mmHg) innert 6 Stunden nach Symptombeginn einer spontanen intrazerebralen Blutung. Der primäre Endpunkt Tod und Behinderung unterschied sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. Allerdings fand sich in der Gruppe mit intensiver Blutdrucksenkung ein besseres funktionelles Ergebnis (19). Die nachfolgende ATACH-2 Studie schloss 1000 Patienten ein. Blutdruckwerte wurden rascher, innert 4.5 Stunden nach Symptombeginn auf 140-170 mmHg respektive 100-139 mmHg gesenkt. Hierbei wurden letztlich in der Gruppe der Patienten mit weniger intensiver Blutdrucksenkung Blutdruckwerte erzielt, die in der INTERACT-2-Studie der Gruppe mit intensiverer Blutdrucksenkung entsprachen. Auch in der ATACH-2-Studie unterschieden sich die beiden Gruppen nicht signifikant hinsichtlich Tod und Behinderung, aber im Unterschied zur INTERACT-2 Studie wies die Gruppe mit der intensiveren Blutdrucksenkung kein verbessertes funktionelles Ergebnis und häufiger renale Nebenwirkungen auf (20). Gemäss den aktuellsten Richtlinien ist ein unmittelbares Senken des Blutdrucks bei spontanen intrazerebralen Blutungen bei Werten < 220 mmHg nicht empfohlen, um Tod oder schwere Behinderung zu minimieren respektive kann potenziell schädlich sein (Klasse III Evidenz) (16, 21). Bei Blutdruckwerten ≥ 220 mmHg sollte eine intravenös verabreichte vorsichtige Blutdrucksenkung erwogen werden (Klasse IIa Evidenz) (16, 21).
Antihypertensiva, die nach Abwägen von Nutzen/Risiken in der Akutphase eines Hirnschlages zum Senken des Blutdrucks angewandt werden können, sind vorzugsweise intravenös und wenn möglich kontinuierlich verabreichtes Uradipil, Enalapril, Labetalol, Nicardipin, Clevedipin, Metoprolol und Dihydralazin (15, 17).

Blutdruck in der Sekundärprävention des Hirnschlags

Arterielle Hypertonie ist der wichtigste behandelbare Risikofaktor für wiederholte Hirnschläge.
In der Sekundärprävention (Abb. 3) kann eine nach wenigen Tagen wiederbegonnene oder im Falle von Blutdruckwerten anhaltend ≥ 140/90 mmHg neu begonnene antihypertensive Therapie, falls nicht kontraindiziert, das Rezidivrisiko sowie das vaskuläre Risiko senken (Klasse I Evidenz) (15, 16). In TIA-Patienten kann der Wieder-/beginn unmittelbar erfolgen (Klasse I Evidenz) (21). Hierbei erscheint ein Zielblutdruck von < 130/80 mmHg häufig (Vorsicht bei hohem Patientenalter) vernünftig zu sein (Klasse IIb Evidenz) (16); allenfalls kann ein systolischer Zielblutdruck von 120-130 mmHg erwogen werden (Klasse IIa Evidenz) (21), insbesondere zur Sekundärprävention von Hirnblutungen (22). Allerdings muss berücksichtigt werden, dass ein zu tiefer Zielblutdruck schädlich sein kann. Ein solcher kann beispielsweise bei persistierend gestörter zerebraler Autoregulation und Hypoperfusion Hirninfarkte verursachen oder aber Synkopen auslösen. Auch Organdysfunktionen können auftreten. Der Nutzen eines Beginns einer antihypertensiven Therapie bei Blutdruckwerten < 140/90 mmHg ist nicht sicher erwiesen (Klasse IIb Evidenz) (16). Die empfohlenen Substanzklassen der Antihypertensiva in der Sekundärprävention sind Thiaziddiuretika oder ACE-Hemmer (oder Sartane) oder deren Kombination (Klasse I Evidenz) (16). Auch Kalziumantagonisten können von Nutzen sein. Beta-Blocker sind nicht empfohlen, ausser es besteht hierfür eine überzeugende kardiale Indikation (23). Das Verschreiben einer spezifischen Substanzklasse sollte unter Beachten von Komorbiditäten individualisiert erfolgen (Klasse I Evidenz) (16).

Dr. med. M. Sc. Mirjam R Heldner

Neurologische Universitätsklinik
Institut für Interventionelle und Diagnostische Neuroradiologie
Universitätsspital – Inselspital
Freiburgstrasse 10
3010 Bern

mirjam.heldner@insel.ch

PD Dr. med. Simon Jung

Neurologische Universitätsklinik
Institut für Interventionelle und Diagnostische Neuroradiologie
Universitätsspital – Inselspital
Freiburgstrasse 10
3010 Bern

simon.jung@insel.ch

PD Dr. med. M. Sc. Pasquale Mordasini

Neurologische Universitätsklinik
Institut für Interventionelle und Diagnostische Neuroradiologie
Universitätsspital – Inselspital
Freiburgstrasse 10
3010 Bern

pasquale.mordasini@insel.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • In unseren Breitengraden ist der Hirnschlag der häufigste Grund für Behinderung und die zweithäufigste Todesursache.
  • Arterielle Hypertonie ist der wichtigste behandelbare Risikofaktor für erstmalige sowie wiederholte Hirnschläge und Demenz.
  • In der Akutphase eines Hirnschlages ist der Blutdruck häufig erhöht und dessen optimales Management zu diesem Zeitpunkt nach wie vor insbesondere bei Hirnblutungen erst teilweise klar.
  • Vor intravenöser Thrombolyse mit Alteplase sollte der Blutdruck vorsichtig auf < 185/110 mmHg gesenkt werden und die nächsten 24h darunter gehalten werden.
  • Die empfohlenen Substanzklassen der Antihypertensiva in der Sekundärprävention sind Thiaziddiuretika oder ACE-Hemmer (oder Sartane) oder deren Kombination.

Messages à retenir

  • À nos latitudes, l’AVC est la cause la plus fréquente d’invalidité et la deuxième cause de décès.
  •  L’hypertension artérielle est le facteur de risque le plus important traitable pour les accidents vasculaires cérébraux initiaux et répétés et la démence.
  • Dans la phase aiguë d’un AVC, la tension artérielle est souvent élevée et sa prise en charge optimale à ce stade n’est encore que partiellement claire, surtout en cas d’hémorragies cérébrales.
  • Avant une thrombolyse intraveineuse avec l’alteplase, la tension artérielle doit être soigneusement abaissée à <185/110 mmHg et maintenue sous ce niveau pendant les 24 heures suivantes.
  • Les classes recommandées d’antihypertenseurs dans la prévention secondaire sont les diurétiques thiazidiques ou les inhibiteurs de l’ECA (ou Sartane) ou une combinaison de ceux-ci.

Literatur
1. Schweizerisches Bundesamt für Statistik: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitszustand/krankheiten/herz-kreislauf-erkrankungen.html
2. Schweizerisches Gesundheitsobservatorium: https://www.obsan.admin.ch//de/indikatoren/hirnschlag
3. O’Donnell MJ et al. INTERSTROKE investigators. Risk factors for ischaemic and intracerebral haemorrhagic stroke in 22 countries (the INTERSTROKE study): a case-control study. Lancet 2010;376:112-23.
4. Forouzanfar MH et al. Global burden of hypertension and systolic blood pressure of at least 110 to 115mmHg, 1990-2015. JAMA 2017;317:165-82.
5. Lewington S et al. Age-specific relevance of usual blood pressure to vascular mortality: a meta-analysis of individual data for one million adults in 61 prospective studies. Lancet 2002;360:1903-13.
6. Lee M et al. Presence of baseline prehypertension and risk of incident stroke: a meta-analysis. Neurology 2011;77:1330-7.
7. Lawes CM et al. Blood pressure and stroke: an overview of published reviews. Stroke 2004;35:1024.
8. Pantoni L et al. Cerebral small vessel disease: from pathogenesis and clinical characteristics to therapeutic challenges. Lancet Neurol 2010;9:689-701.
9. Emdin CA et al. Blood pressure and risk of vascular dementia: evidence from a primary care registry and a cohort study of transient ischemic attack and stroke. Stroke 2016;47:1429-35.
10. Qureshi AI et al. Prevalence of elevated blood pressure in 563’704 adult patients with stroke presenting to the ED in the United States. Am J Emerg Med 2007;25:32-8.
11. Fischer U et al. Acute post-stroke blood pressure relative to premorbid levels in intracerebral haemorrhage versus major ischaemic stroke: a population-based study. Lancet Neurol 2014;13:374-84.
12. Leonardi-Bee J et al. IST Collaborative Group. Blood pressure and clinical outcomes in the International Stroke Trial. Stroke 2002;33:1315-20.
13. Vemmos KN, et al. U-shaped relationship between mortality and admission blood pressure in patients with acute stroke. J Intern Med 2004;255:257-65.
14. Stead LG et al. Impact of acute blood pressure variability on ischemic stroke outcome. Neurology 2006;66:1878-81.
15. Powers WJ et al. American Heart Association Stroke Council. 2018 Guidelines for the Early Management of Patients With Acute Ischemic Stroke. Stroke 2018;49:e46-110.
16. Whelton PK et al. 2017 ACC/AHA/AAPA/ABC/ ACPM/AGS/APhA/ASH/ASPC/NMA/PCNA guideline for the prevention, detection, evaluation, and management of high blood pressure in adults: executive summary: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on clinical practice guidelines. Hypertension 2018;71:1269-324.
17. Die aktuellen Stroke Richtlinien des Berner Stroke Centers sind kostenlos unter (http://www.neurologie.insel.ch/de/unser-angebot/stroke-center/stroke-richtlinien/) und auch als kostenlose App für Smartphones verfügbar.
18. Woodhouse LJ et al. Continuing or temporarily stopping prestroke antihypertensive medication in acute stroke: an individual patient data meta-analysis. Hypertension 2017;69:933-41.
19. Anderson CS et al. INTERACT 2 Investigators. Rapid blood-pressure lowering in patients with acute intracerebral hemorrhage. N Engl J Med 2013;368:2355-65.
20. Qureshi AI et al. Intensive blood-pressure lowering in patients with acute cerebral hemorrhage. N Engl J Med 2016;375:1033-43.
21. Williams B et al. European Society of Cardiology (ESC) and the European Society of Hypertension (ESH). 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. European Heart Journal. 2018;39:3021-104.
22. Benavente OR et al. SPS3 Study Group. Blood-pressure targets in patients with recent lacunar stroke: the SPS3 randomised trial. Lancet 2013;382:507-15.
23. Vickrey BG et al. Occurrence of secondary ischemic events among persons with atherosclerotic vascular disease. Stroke 2002;33:901-6.