Richtiger Umgang mit medikamentöser Dauertherapie

Der richtige Umgang mit medikamentöser Dauertherapie stellt im perioperativen Umfeld eine Herausforderung für die behandelnden Ärzte dar. Ein Grossteil der Dauertherapie kann ohne Unterbrechung fortgeführt werden, wobei vor allem gerinnungshemmende Medikamente häufig von dieser Regel ausgenommen sind. In dieser Arbeit befassen sich die Autoren mit Gerinnungshemmern, Antidiabetika, Antihypertonika und Psychopharmaka und deren Einsatz im perioperativen Umfeld. Eine Übersicht findet sich in Tabelle 1.

Dans un environnement périopératoire, la manipulation correcte de la pharmacothérapie à long terme pose un défi pour les médecins traitants. La plupart des traitements à long terme peuvent être poursuivis sans interruption, bien que les anticoagulants en particulier soient souvent exclus de cette règle. Dans cet article, les auteurs traitent des anticoagulants, des antidiabétiques, des antihypertenseurs et des médicaments psychotropes et de leur utilisation en milieu périopératoire. Une vue d’ensemble peut être trouvée dans le tableau 1.

Die Antikoagulanzien / Thrombozytenaggregationshemmer

Das perioperative Management von gerinnungshemmenden Substanzen bedarf einer individuellen Risikoabschätzung, welche das chirurgische Blutungsrisiko gegen das thromboembolische Risiko abwägt. Ausmass und Gefährlichkeit möglicher Blutungen bestimmen das Blutungsrisiko. Während dieses bei kleineren Eingriffen an der Körperoberfläche oder an gut komprimierbaren Stellen als gering eingestuft wird, zählen spinale und intrakranielle Operationen zur Hochrisikogruppe. Die überwiegende Anzahl der Eingriffe jedoch weist ein mittleres Blutungsrisiko auf. Das thromboembolische Risiko wird durch die Art und Schwere der kardiovaskulären Grunderkrankung determiniert. Eine Übersicht der Therapiepausen bei gerinnungshemmender Medikation findet sich in Tabelle 2.

Thrombozytenaggregationshemmer

Weit verbreitet sind COX1/2- (Aspirin) sowie P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren (Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor). Das thromboembolische Risiko bei einer allfälligen Therapiepause wird durch die Indikation zur Thrombozytenaggregationshemmung bestimmt (1). Innerhalb des ersten Jahres nach einem akuten Koronarsyndrom (unabhängig der Therapiemodalität) sowie innerhalb der ersten Monate nach einer Koronarintervention (im Rahmen einer chronischen KHK) ist dieses besonders hoch. Nach Ablauf dieser Zeitintervalle sinkt das Risiko auf ein mittleres Niveau. Entsprechend empfehlen die aktuellen Leitlinien der Canadian Cardiovascular Society (CCS), American Heart Association / American College of Cardiology (AHA/ACC) und European Society of Cardiology (ESC) nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) eine doppelte Thrombozytenaggregationshemmung (DAPT) für mindestens zwölf Monate. Nach elektiver Koronarintervention beträgt diese drei bis sechs Monate (2-4).
Von einem niedrigen thromboembolischen Risiko spricht man hingegen beim primärprophylaktischen Einsatz von Thrombozytenaggregationshemmern. Detaillierte Angaben finden sich in Tabelle 3.
Wird die antithrombozytäre Therapie perioperativ weitergeführt, kann dies zu vermehrten Blutungskomplikationen führen (5). Besteht also ein niedriges thromboembolisches Risiko und/oder ein hohes Blutungsrisiko, so soll Aspirin fünf Tage präoperativ abgesetzt werden (1, 6). In allen anderen Situationen soll Aspirin weitergegeben werden (1). In kardialen Hochrisikosituationen sollen elektive Eingriffe verschoben werden. Bei dringlichen, nicht aufschiebbaren Operationen hingegen ist eine interdisziplinäre Absprache notwendig, die Art und Zeitpunkt des Eingriffs, das koronare Risiko sowie die Blutungssituation sind zu berücksichtigen. Je nach der Konstellation wird dann die Therapie unterbrochen oder in Ausnahmefällen ein intravenöses Bridging der DAPT durchgeführt (6). Um ein vollständiges Abklingen der gerinnungshemmenden Wirkung von P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren zu erreichen, müssen diese einige Tage vor dem geplanten Eingriff abgesetzt werden. Die in Tabelle 2 aufgeführten Zeitintervalle entsprechen den meisten anästhesiologischen Richtlinien. In den neuesten Richtlinien der European Society of Cardiology (ESC) werden um ein bis zwei Tage kürzere Zeiten angegeben (7). Die dem zugrundeliegenden Daten stammen allerdings von herzchirurgischen Patienten und sind ausserhalb dieser Population nicht validiert. In Einzelfällen kann die Erholung der Thrombozytenfunktion mittels Thrombozytenfunktionstests dokumentiert werden. Generell muss betont werden, dass auch eine fortgesetzte DAPT perioperative kardiale Ereignisse nicht zu verhindern vermag (8).

Vitamin-K-Antagonisten (VKA)

Der Einsatz von VKA erfolgt heutzutage vorwiegend zur Thromboembolieprophylaxe bei Vorhofflimmern oder nach mechanischem Herzklappenersatz und zur Therapie thromboembolischer Ereignisse. Zur Abschätzung des thromboembolischen Risikos eines Vorhofflimmerns wird der CHA2DS2-VASc-Score herangezogen. Dieser wurde jedoch bisher nicht im perioperativen Setting validiert (9).
Liegt ein geringes Blutungsrisiko vor, so sollen die VKA periinterventionell unverändert fortgeführt werden. Bei einem höheren Blutungsrisiko sollte Phenprocoumon (Marcoumar®) rund eine Woche und Acenocoumarol (Sintrom®) drei Tage präoperativ pausiert werden (10). Eine überbrückende Therapie mit anderen gerinnungshemmenden Substanzen («Bridging») ist ausschliesslich bei hohem kardiovaskulären Risiko indiziert (6), da nur dann die Erhöhung des Blutungsrisikos durch eine allfällige Reduktion thromboembolischer Ereignisse wettgemacht wird (11). Ein hohes Risiko liegt in folgenden Situationen vor: CHA2DS2-VASc-Score ≥ 6, Thromboembolie vor < 3 Monaten, St.n. Aortenklappenersatz plus drei Risikofaktoren (mechanische Herzklappe, LVEF < 50%, VHF, Hyperkoagulabilität, St.n. Thromboembolie), St.n. Mitralklappenersatz plus ein Risikofaktor sowie Klappenprothesen alter Bauart (12). Dannzumal wird ab einem INR unter 2 das Bridging nierenfunktionsabhängig mit niedermolekularem oder unfraktioniertem Heparin durchgeführt (6). In allen anderen Situationen reicht die übliche Thromboseprophylaxe aus.

Neue orale Antikoagulanzien (NOAK)

NOAK haben im Vergleich zu VKA ein besseres Risiko-Nutzen-Verhältnis, weshalb sie mittlerweile bei Patienten mit Vorhofflimmern als Therapie der ersten Wahl gelten (10).
Die Dauer der präoperativen Therapiepause richtet sich nach der Nierenfunktion und der Gefährlichkeit allfälliger Blutungskomplikationen und beträgt 24 bis 48 oder gar 72 Stunden. Ein perioperatives Bridging wird aufgrund der aktuellen Datenlage nicht empfohlen (13, 14).

Antidiabetika bei DM Typ II

Ein schlecht kontrollierter Diabetes mellitus gilt unter anderem als Risikofaktor für Wundheilungsstörungen und -infekte (15, 16). Hypoglykämien erhöhen zudem die Morbidität, Mortalität und verlängern den Intensiv- und Krankenhausaufenthalt (17). Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer guten Blutzuckereinstellung. In der Regel werden Antidiabetika lediglich am Operationstag pausiert (18), die Datenlage hierfür ist jedoch besonders bei den «neuen» oralen Antidiabetika noch relativ dürftig.
Metformin kann bei Kumulation das Risiko einer Laktatazidose erhöhen, was bei eingeschränkter Nierenfunktion vermehrt auftreten kann. Entsprechend stellt eine GFR unter 30ml/min eine Kontraindikation dar (19). Während gewisse Autoren auch längere Therapiepausen fordern, empfehlen wir, Metformin lediglich am Operationstag zu pausieren, wobei die Nierenfunktion auch im postoperativen Verlauf besonderer Beachtung bedarf. Sulfonylharnstoffe können bei Nüchternheit zu hypoglykämen Entgleisungen führen und sollen präoperativ am Operationstag pausiert werden (20, 21). Sodium-Glukose-Transporter-2(SGLT 2) – Inhibitoren bergen das Risiko einer euglykämen Ketoazidose (22, 23). In der aktuellen Literatur werden präoperativ Therapiepausen von eins (18, 20), drei (24) und bis zu sieben Tagen (25) beschrieben. Wir empfehlen SGLT-2-Inhibitoren vor kleinen bis mittleren Eingriffen am Operationstag und vor grossen Eingriffen zwei bis drei Tage präoperativ zu pausieren. DPP-4-Hemmer sollen gemäss den aktuellen Empfehlungen ebenso am Operationstag pausiert werden (18, 20). Aufgrund des geringen Hypoglykämierisikos ist bei kleinen Eingriffen auch ein perioperatives Fortführen vertretbar (21).

Antihypertensiva

Beta-Rezeptoren-Blocker, Calcium-Antagonisten und Alpha-2-Agonisten sollen gemäss aktueller Datenlage perioperativ fortgeführt werden (26, 27). Hingegen werden Diuretika in der Regel am Operationstag nicht verabreicht (26, 27). Kontrovers diskutiert wird die Therapie mit Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Hemmern. Die Leitlinien der «European Society of Cardiology/European Society of Anesthesiology» empfehlen, die Therapiepause abhängig von der Indikation durchzuführen. Werden ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten zur Therapie der Herzinsuffizienz und/oder linksventrikulären Dysfunktion eingesetzt, so sollen sie lückenlos weitergegeben werden. Erfolgt die Gabe jedoch wegen arterieller Hypertonie, werden sie 24 Stunden präoperativ pausiert (28). Die «CCS» (Canadian Cardiovascular Society) hingegen empfiehlt unabhängig von der Indikation ein perioperatives Absetzen für 24 Stunden (29), wohingegen die «AHA/ACC» ein Fortführen der Medikation als vertretbar erachten (30). In einer rezenten Metaanalyse führte weder perioperatives Pausieren noch Fortführen der Medikation zu einem signifikanten Unterschied beim Auftreten von MACE (major cardiac events) oder der Mortalität (31). Jedoch wurde bestätigt, dass ein Fortführen besagter Medikamente zu einem gehäuften Auftreten intraoperativer Hypotension führte. Weitere Studien zeigten, dass sich intraoperativ erniedrigte Blutdruckwerte negativ auf die renale und kardiale Funktion sowie die Mortalität auswirken können (32, 33).
Ein kausaler Zusammenhang mit ACE-Hemmern/AT1-Antagonisten konnte jedoch bisher nicht gezeigt werden, weshalb wir zusammenfassend kein perioperatives Pausieren der Dauertherapie empfehlen.

Psychopharmaka

Psychiatrische Dauermedikation kann grösstenteils perioperativ unverändert weitergeführt werden (34, 35). Eine Ausnahme bilden hierbei Monoaminooxidase (MAO)-Hemmer und Lithium. MAO-Hemmer können perioperativ in Kombination mit indirekten Sympathomimetika zu exzessiven Blutdruckentgleisungen führen (36). Ausserdem kann es durch eine pharmakokinetische Interaktion mit Opiaten (im Speziellen Pethidin und Tramadol) zu exzitativen Symptomen im Sinne eines Serotonin-Syndroms kommen (27). In der aktuellen Literatur wird für irreversible MAO-Hemmer ein Umstellen der Therapie zwei Wochen vor elektiven Eingriffen empfohlen (27, 34, 35).
Lithium hat eine sehr geringe therapeutische Breite, weshalb engmaschige Spiegelkontrollen notwendig sind (36). Zur Vermeidung von toxischen Nebenwirkungen wird in der aktuellen Literatur ein Absetzen 72 Stunden vor elektiven Eingriffen empfohlen (27,34,35).

Dr. med. univ. Johannes Widmann

Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Rettungs- und Schmerzmedizin
Kantonsspital St.Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

widmannjohannes@hotmail.com

Prof. Dr. med.Miodrag Filipovic

Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Rettungs- und Schmerzmedizin
Kantonsspital St.Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

miodrag.filipovic@kssg.ch

Die Autoren erklären hiermit, dass kein Interessenskonflikt in Verbindung mit dem vorliegenden Manuskript besteht.

  • Eine allfällige perioperative Modifikation der gerinnungshemmenden Medikation bedarf einer sorgfältigen Abschätzung des chirurgischen sowie thromboembolischen Risikos.
  • Aspirin im Rahmen einer Primärprophylaxe soll präoperativ pausiert werden.
    NOAK bedürfen keiner überbrückenden Gerinnungshemmung.
  • Antidiabetika haben das Potential, metabolische Veränderungen wie hypoglykäme Zustände, Laktat- und Ketoazidosen zu begünstigen und sollen deshalb mit besonderer Vorsicht gehandhabt werden.
  • ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten können das perioperative Risiko einer Hypotonie erhöhen, sollen aber in der Regel nicht pausiert werden.

Messages à retenir

  • Une éventuelle modification périopératoire de l’anticoagulant nécessite une évaluation attentive du risque chirurgical et thromboembolique.
  • L’aspirine doit être interrompue avant l’opération dans le cadre d’une prophylaxie primaire.
  • Les NOACs n’ont pas besoin d’un anticoagulant de pontage.
  • Les antidiabétiques ont le potentiel de favoriser les changements métaboliques tels que les états hypoglycémiques, les lactatacidoses et les acidocétoses et doivent donc être traités avec une attention particulière.
  • Les inhibiteurs de l’ECA et les antagonistes de l’AT1 peuvent augmenter le risque périopératoire d’hypotension, mais ne doivent habituellement pas être interrompus.

1. Yurttas T, Filipovic M. Strategien zum Umgang mit antithrombotischen
Medikamenten im perioperativen Umfeld. Therapeutische Umschau. 2017 Dec;74(7):361–7.
2. Levine GN, Bates ER, Bittl JA, Brindis RG, Fihn SD, Fleisher LA, et al. 2016 ACC/AHA Guideline Focused Update on Duration of Dual Antiplatelet Therapy in Patients With Coronary Artery Disease: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines:
An Update of the 2011 ACCF/AHA/SCAI Guideline for Percutaneous Coronary Intervention, 2011 ACCF/AHA Guideline for Coronary Artery Bypass Graft Surgery, 2012 ACC/AHA/ACP/AATS/PCNA/SCAI/STS Guideline for the Diagnosis and
Management of Patients With Stable Ischemic Heart Disease, 2013 ACCF/AHA Guideline for the Management of ST-Elevation Myocardial Infarction, 2014 AHA/ACC Guideline for the Management of Patients With Non-ST-Elevation Acute
Coronary Syndromes, and 2014 ACC/AHA Guideline on Perioperative Cardiovascular Evaluation and Management of Patients Undergoing Noncardiac Surgery. Circulation. 2016 Sep 6;134(10):e123–55.
3. Roffi M, Patrono C, Collet J-P, Mueller C, Valgimigli M, Andreotti F, et al. 2015 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndromes in patients
presenting without persistent ST-segment elevation: Task Force for the Management of Acute Coronary Syndromes in Patients Presenting without Persistent
ST-Segment Elevation of the European Society of Cardiology (ESC). Vol. 37,
European heart journal. 2016. pp. 267–315.
4. Mehta SR, Bainey KR, Cantor WJ, Lordkipanidzé M, Marquis-Gravel G, Robinson SD, et al. 2018 Canadian Cardiovascular Society/Canadian Association of Interventional Cardiology Focused Update of the Guidelines for the Use of Antiplatelet Therapy. Can J Cardiol. 2018 Mar;34(3):214–33.
5. Devereaux PJ, Mrkobrada M, Sessler DI, Leslie K, Alonso-Coello P, Kurz A, et al. Aspirin in Patients Undergoing Noncardiac Surgery. N Engl J Med. 2014 Apr 17;370(16):1494–503.
6. Yurttas T, Wanner PM, Filipovic M. Perioperative management of antithrombotic therapies. Current Opinion in Anaesthesiology. 2017 Aug;30(4):466–73.
7. Valgimigli M, Bueno H, Byrne RA, Collet J-P, Costa F, Jeppsson A, et al. 2017 ESC focused update on dual antiplatelet therapy in coronary artery disease developed in collaboration with EACTS: The Task Force for dual antiplatelet therapy in
coronary artery disease of the European Society of Cardiology (ESC) and of the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). Eur Heart J. 2018 Jan 14;39(3):213–60.
8. van Kuijk J-P, Flu W-J, Schouten O, Hoeks SE, Schenkeveld L, de Jaegere PPT,
et al. Timing of noncardiac surgery after coronary artery stenting with bare metal or drug-eluting stents. Am J Cardiol. 2009 Nov 1;104(9):1229–34.
9. Hornor MA, Duane TM, Ehlers AP, Jensen EH, Brown PS, Pohl D, et al. American College of Surgeons’ Guidelines for the Perioperative Management of Antithrombotic Medication. J Am Coll Surg. 2018 Nov;227(5):521–1.
10. Ruff CT, Giugliano RP, Braunwald E, Hoffman EB, Deenadayalu N, Ezekowitz MD, et al. Comparison of the efficacy and safety of new oral anticoagulants with warfarin in patients with atrial fibrillation: a meta-analysis of randomised trials. Lancet. 2014 Mar 15;383(9921):955–62.
11. Douketis JD, Spyropoulos AC, Kaatz S, Becker RC, Caprini JA, Dunn AS, et al. Perioperative Bridging Anticoagulation in Patients with Atrial Fibrillation. N Engl J Med. 2015 Aug 27;373(9):823–33.
12. Filipovic M, Korte W, Rickli H. Thromboseprophylaxe und peri- interventionelle antithrombotische Therapie, 7. Auflage. https://wwwkssgch/kardiologie/fuer-fachpersonen/throm- boseprophylaxe-und-periinterventionelle-antithrombotische 2017. :1–2.
13. Steffel J, Verhamme P, Potpara TS, Albaladejo P, Antz M, Desteghe L, et al. The 2018 European Heart Rhythm Association Practical Guide on the use of non-
vitamin K antagonist oral anticoagulants in patients with atrial fibrillation. Eur Heart J. 2nd ed. 2018 Mar 19;39(16):1330–93.
14. Raval AN, Cigarroa JE, Chung MK, Diaz-Sandoval LJ, Diercks D, Piccini JP, et al. Management of Patients on Non-Vitamin K Antagonist Oral Anticoagulants in the Acute Care and Periprocedural Setting: A Scientific Statement From the American Heart Association. Circulation. 2017 Mar 7;135(10):e604–33.
15. Golden SH, Peart-Vigilance C, Kao WH, Brancati FL. Perioperative glycemic
control and the risk of infectious complications in a cohort of adults with diabetes. Diabetes Care. 1999 Sep;22(9):1408–14.
16. Sudhakaran S, Surani SR. Guidelines for Perioperative Management of the
Diabetic Patient. Surg Res Pract. 2015;2015:284063.
17. Turchin A, Matheny ME, Shubina M, Scanlon JV, Greenwood B, Pendergrass ML. Hypoglycemia and clinical outcomes in patients with diabetes hospitalized in the general ward. Diabetes Care. 2009 Jul;32(7):1153–7.
18. Leung V, Ragbir-Toolsie K. Perioperative Management of Patients with Diabetes. Health Serv Insights. 2017;10:1178632917735075.
19. European Medicines Agency (EMA). Use of metformin to treat diabetes now
expanded to patients with moderately reduced kidney function. European
Medicines Agency. 2016 Dec 19;:1–4.
20. Wagner J, Luber V, Lock JF, Dietz UA, Lichthardt S, Matthes N, et al. [Perioperative handling of antidiabetic drugs]. Chirurg. 2018 Feb;89(2):103–7.
21. Membership of the Working Party, Barker P, Creasey PE, Dhatariya K, Levy N, Lipp A, et al. Peri-operative management of the surgical patient with diabetes 2015: Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland. Anaesthesia. 2015 Dec;70(12):1427–40.
22. European Medicines Agency (EMA). EMA confirms recommendations to minimise ketoacidosis risk with SGLT2 inhibitors for diabetes. European Medicines Agency. 2016 May 12;:1–3.
23. Milder DA, Milder TY, Kam PCA. Sodium-glucose co-transporter type-2 inhibitors: pharmacology and peri-operative considerations. Anaesthesia. 2018 Mar 12;73(8):1008–18.
24. Goldenberg RM, Berard LD, Cheng AYY, Gilbert JD, Verma S, Woo VC, et al. SGLT2 Inhibitor. Clinical Therapeutics. Elsevier; 2016 Dec 1;38(12):2654–2664.e1.
25. Pujara S, Ioachimescu A. Prolonged Ketosis in a Patient With Euglycemic Diabetic Ketoacidosis Secondary to Dapagliflozin. J Investig Med High Impact Case Rep. 2017 Apr;5(2):2324709617710040.
26. Pai S-L, Chadha RM, Irizarry-Alvarado JM, Renew JR, Aniskevich S. Pharmacologic and Perioperative Considerations for Antihypertensive Medications. Curr Clin Pharmacol. 2017;12(3):135–40.
27. Gemeinsame Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und
Intensivmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der Deutschen
Gesellschaft für Innere Medizin. [Preoperative Evaluation of Adult Patients
Before Elective, Non-Cardiothoracic Surgery]. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 2017 Jun;52(6):446–62.
28. Kristensen SD, Knuuti J, Saraste A, Anker S, Bøtker HE, Hert SD, et al. 2014 ESC/ESA Guidelines on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and
management: The Joint Task Force on non-cardiac surgery: cardiovascular
assessment and management of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Society of Anaesthesiology (ESA). Vol. 35, European heart journal. 2014. pp. 2383–431.
29. Duceppe E, Parlow J, MacDonald P, Lyons K, McMullen M, Srinathan S, et al.
Canadian Cardiovascular Society Guidelines on Perioperative Cardiac Risk Assessment and Management for Patients Who Undergo Noncardiac Surgery. Can J Cardiol. 2017 Jan;33(1):17–32.
30. Fleisher LA, Fleischmann KE, Auerbach AD, Barnason SA, Beckman JA, Bozkurt B, et al. 2014 ACC/AHA guideline on perioperative cardiovascular evaluation and management of patients undergoing noncardiac surgery: executive summary: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. Vol. 130, Circulation. 2014. pp. 2215–45.
31. Hollmann C, Fernandes NL, Biccard BM. A Systematic Review of Outcomes
Associated With Withholding or Continuing Angiotensin-Converting Enzyme Inhibitors and Angiotensin Receptor Blockers Before Noncardiac Surgery. Anesth
Analg. 2018 Sep;127(3):678–87.
32. Walsh M, Devereaux PJ, Garg AX, Kurz A, Turan A, Rodseth RN, et al. Relationship between intraoperative mean arterial pressure and clinical outcomes after noncardiac surgery: toward an empirical definition of hypotension. Anesthesiology. 2013 Sep;119(3):507–15.
33. White SM, Moppett IK, Griffiths R, Johansen A, Wakeman R, Boulton C, et al.
Secondary analysis of outcomes after 11,085 hip fracture operations from the prospective UK Anaesthesia Sprint Audit of Practice (ASAP-2). Anaesthesia. 2016 May;71(5):506–14.
34. De Hert S, Staender S, Fritsch G, Hinkelbein J, Afshari A, Bettelli G, et al. Pre-operative evaluation of adults undergoing elective noncardiac surgery. European Journal of Anaesthesiology. 2018 Jun;35(6):407–65.
35. Redel A, Hommers LG, Kranke P, Schwemmer U, Prasser C. [Modification of perioperative psychiatric drug therapy]. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 2013 Jan;48(1):10–7.
36. Karow T, Lang-Roth R. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 2017.

Myokardinfarkte und Myokardischämie nach nichtkardialen Operationen

Perioperative Herzmuskelschädigungen nach nichtkardialen Operationen sind mit einer erhöhten Mortalität assoziiert und werden aufgrund ihrer häufig asymptomatischen Präsentation ohne systematisches Screening leicht übersehen. Das Management von perioperativen Myokardischämien (PMI) richtet sich nach der vermuteten Pathophysiologie, wobei bislang noch zu wenig Daten für klare Therapieempfehlungen vorliegen.

Les lésions périopératoires du muscle cardiaque après une chirurgie non cardiaque sont associées à une mortalité accrue et sont facilement négligées en raison de leur présentation souvent asymptomatique sans dépistage systématique. La prise en charge de l’ infarctus du myocarde périopératoire (IPM) est basée sur la physiopathologie présumée, bien que trop peu de données soient disponibles jusqu’ à présent pour formuler des recommandations thérapeutiques claires.

Wenn nichtkardiale Operationen aufs Herz schlagen

Trotz stetiger Verbesserung der chirurgischen und anästhesiologischen Technik sind nichtkardiale Operationen weiterhin mit einer relevanten Mortalität behaftet (1), welche in Risikopatienten bis 10% beträgt (2, 3). Eine zunehmende Anzahl Studien konnte ischämische Herzmuskelschädigungen als stark assoziiert mit dieser Mortalität zeigen (2–6).

Diagnose und Prognose

Die Prävalenz eines akuten Myokardinfarkts nach nichtkardialen Operationen variiert je nach Art der Operation und Population von 0.2 bis 36% (4, 5). Die Mortalität nach perioperativen akuten Myokardinfarkten (pAMI) ist immer noch hoch (15%), potentiell aufgrund der Schwierigkeit die Diagnose im perioperativen Setting zu stellen (4, 7). Für die Diagnose des Herzinfarkts sind im nichtoperativen Setting Biomarker, insbesondere hochsensitive kardiale Troponintests (hs-cTn), die zentrale diagnostische Komponente (8). Um die Diagnose eines Myokardinfarkt zu stellen braucht es obligat den Nachweis erhöhter und dynamischer cTn-Werte, definiert durch einen akuten Anstieg und/oder Abfall von cTn sowie einem cTn-Wert oberhalb des 99. Perzentile (8). Zusätzlich verlangt die universelle Definition das Vorliegen von ischämischen Symptomen (v.a. Brustschmerzen), ischämische EKG-Veränderungen oder den Nachweis neuer Wandbewegungsstörungen (8). Im perioperativen Setting zeigen jedoch die meisten Patienten (> 50%), am ehesten aufgrund der adäquaten Analgesie oder sogar Sedation, keine typischen ischämischen Symptome wie Brustschmerz. Die Spezifität des EKG ist ebenfalls, wie auch im nichtoperativen Setting, gering (3, 9). Daher wurde vorgeschlagen bei Patienten, welche das zentrale Kriterium eines dynamischen und erhöhten cTn-Werts erfüllen, die Diagnose einer perioperativen Myokardischämie (PMI) zu stellen. Sollte ein weiteres Kriterium für die Definition eines akuten Myokardinfarktes erfüllt sein (z.B. Brustschmerz, EKG-Veränderungen) handelt es sich um einem pAMI. In aktuellen prospektiven Studien war die Prävalenz der PMI 16-17% (2, 3). Diese war mit einer Mortalität von 10% in 30 Tagen und 23% nach einem Jahr assoziiert. Von diesen PMI erfüllten die Minderheit (22-29%) ein zusätzliches Kriterium für die Diagnose eines Myokardinfarkts, dies hatte jedoch keinen Effekt auf die Mortalität nach 30 Tagen, welche 11% bei Patienten mit asymptomatischem PMI und 9% bei Patienten mit pAMI war(3).
Aufgrund der oft asymptomatischen Präsentation im perioperativen Setting und der relevanten Mortalität von PMI empfehlen aktuelle perioperative Guidelines neu ein PMI-Screening mit cTn in Risikopatienten durchzuführen (8, 10–12). Weil die meisten PMI in den ersten drei Tagen nach der Operation auftreten, wird es empfohlen cTn einmal vor der Operation und dann täglich nach der Operation durchzuführen (8, 12). Der präoperative cTn-Wert erscheint aufgrund der zunehmend älteren und kardiovaskulär komorbiden chirurgischen Patienten unerlässlich, da diese immer häufiger chronisch erhöhte cTn-Werte aufweisen. In einer Studie mit Risikopatienten hatten bereits 51% der Patienten präoperativ erhöhte cTn-Werte (3). Entsprechend scheint eine Blutabnahme vor der Operation wesentlich, um postoperative akute Erhöhungen mit Interventionsbedarf sicher von chronischen Erhöhungen ohne akuten Krankheitswert unterscheiden zu können.

Pathophysiologie von PMI

Aktuell gibt es noch Unklarheiten zur Pathophysiologie von PMI, insbesondere der Frage nach der Häufigkeit von Typ I Infarkten (mit Ruptur eines atherosklerotischen Plaques) vs der von Typ II Infarkten (aufgrund einer Dysbalance von koronarer Blutversorgung und myokardialem Sauerstoffverbrauch) und Herzmuskelschädigungen durch andere Erkrankungen wie Sepsis, Tachyarrhythmien oder Herzinsuffizienz (3, 13). Initiale Studien, in welche nur symptomatische, zur Koronarangiographie zugewiesene Patienten eingeschlossen wurden, zeigten in nur 50% der Patienten mit PMI einen Hinweis auf Plaqueruptur als Korrelat für einen Typ I Infarkt(7). Aufgrund der Häufung von mit Typ II-Infarkten assoziierten Faktoren direkt postoperativ (Hypotonie, Blutung, Hypoxie, Inflammation) erscheinen Typ II Mechanismen als wahrscheinliche Auslöser für die Mehrheit von PMI.

Abb. 1: Screening und wichtige Ursachen für PMI

Oberer Abschnitt: Schematische Darstellung des Ablaufs des Routinescreenings für perioperative Myokardischämien (PMI) nach nichtkardialen Operationen in Risikopatienten inkl. Diagnosekriterium für PMI auf Basis von hochsensitivem kardialen Troponin T (hs-cTnT). Unterer Abschnitt: wichtige kardiale Ursachen für PMI

Management von PMI

Systematisches Screening von Risikopatienten ermöglicht es, Erst massnahmen bei Erkennung einer PMI durchzuführen um potentiell das Überleben zu verbessern. Eine Pilotstudie konnte positive Effekte zeigen: In einer retrospektiven Analyse führte die Diagnose einer PMI durch Screening zu einer Intensivierung der medikamentösen Therapie in 65% der Patienten, was mit einem Trend Richtung Reduktion kardiovaskulärer Komplikationen oder Tod einherging (HR 0.63 CI, 0.10–1.19; P = 0.45) (14). In einer retrospektiven Analyse zeigten Sandoval et al, dass auch in einer Population mit vorbestehender schwerer kardiovaskulärer Erkrankung noch eine Optimierung der Medikation möglich war in Patienten mit entdeckter PMI (15).
Aktuell gibt es noch wenig Daten zur Behandlung von PMI, sodass die Therapie aktuell für jeden Patienten individuell festgelegt werden muss. Es existieren jedoch bereits erste Daten zu möglichen Strategien.

Medikamentöse Optionen

Sekundärprophylaktische Medikation

Statine und Acetylsalicylsäure (ASS) mit erwiesenem Nutzen nach akutem Myokardinfarkt scheinen auch nach PMI mit einer verbesserten Prognose assoziiert zu sein, wie eine Subanalyse der POISE-Studie zeigte (multivariable OR von 0.26, 95%CI 0.13-0.54 für Statin und 0.54, 95%CI 0.29-0.99 für ASS)(16). Während Statine im perioperativen Setting unproblematisch erscheinen, muss die Empfehlung zur ASS zusammen mit dem behandelnden Chirurgen getroffen werden aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos. Prophylaktisch gegebenes ASS hingegen zeigte keinen Hinweis für einen positiven Effekt auf das Auftreten von Herzinfarkten bei nichtkardialen Operationen, jedoch ein erhöhtes Blutungsrisiko (17).
Unklar sind die Effekte anderer sekundärprophylaktisch eingesetzter Medikamente wie ACE-Hemmer, dualer Antiplättchenhemmung oder Betablocker auf die Prognose nach PMI. In der ersten randomisiert-kontrollierten Studie in Patienten mit PMI zeigte der Einsatz von Dabigatran 110 mg einen leicht positiven Effekt auf kardiovaskuläre Komplikationen nach PMI(18). Aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos in der perioperativen Periode wurde jedoch selbst in der Studie Dabigatran erst durchschnittlich sieben Tage nach Auftreten der PMI begonnen, entsprechend erscheint eine interdisziplinäre Besprechung bzgl. des Risiko-Nutzen-Profils zentral.

Koronarinterventionen

Aufgrund der vermuteten Pathophysiologie mit grossteils Typ II Infarkten sowie dem verschlechterten Risiko-Nutzen-Verhältnis einer dualen Antiplättchentherapie postoperativ sollte eine Koronarangiographie nur bei klinischem Verdacht auf Typ I Infarkt durchgeführt werden. Hinweisend können ST-Hebungen, stark erhöhte Troponinwerte oder Thoraxschmerzen ohne Besserung angesehen werden.

Screening und Management von PMI: Erfahrungen aus einem Tertiärspital

In unserer Institution wird seit 2014 Erfahrung mit einem systematischen Screening für Risikopatienten mit nichtkardialen Operationen gesammelt. Gescreent werden Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko (≥ 65 Jahre ODER ≥ 45 Jahren mit vorbekannter koronarer/peripherer/zerebrovaskulärer Gefässerkrankung) die postoperativ zumindest 24 Stunden im Spital bleiben müssen. Das Screening besteht wie von Guidelines empfohlen aus einer präoperativen und zwei postoperativen Messungen von hs-cTnT. Die präoperative Messung wird idealerweise am Tag vor oder am Tag der Operation abgenommen, bei stabilen Patienten auch früher im Rahmen der präoperativen anästhesiologischen Planungssprechstunde. Die postoperativen Messungen werden am ersten und zweiten Tag morgens im Rahmen der Routineblutmessungen bestimmt (Abb. 1). Eine PMI wird diagnostiziert, wenn es zu einer absoluten Steigerung von prä- zu postoperativen hs-cTnT-Werten um ≥ 14 ng/L (abgeleitet von der 99. Perzentile dieses spezifischen hs-cTnT-Assays) kommt. Im Fall einer PMI kommt es zur elektronischen Auslösung eines Kardiologiekonsils durch ein vom Labor-IT-System generiertes Email. In Vorbereitung auf das Konsil wird ein EKG auf der chirurgischen Bettenstation geschrieben.
Mit der klinischen Untersuchung und EKG wird eine erste Triage durchgeführt zur Identifikation von ST-Hebungsinfarkten, Tachyarrhythmie oder akuter Herzinsuffizienz. Diese werden lt. entsprechender Guidelines im nichtoperativen Setting behandelt. Weiter wird das Vorliegen einer (beginnenden) Sepsis als extrakardiales Problem sowie perioperative Blutungen als potentielle Typ II Auslöser geprüft. Bei stabilen asymptomatischen Patienten ohne vorhergenannte definierte Faktoren beginnen wir eine Therapie mit Statin und führen eine, meist ambulante, Abklärung über das Vorliegen einer oder das Ausmass der KHK durch und passen nachfolgend die medikamentöse Therapie an.

Dr. med.Christian Puelacher, PhD

Cardiovascular Research Institute Basel, Department für Kardiologie,
Department für Innere Medizin
Department für Anästhesiologie
Universitätsspital Basel
Universität Basel
Spitalstrasse 2
4056 Basel

christian.puelacher@usb.ch

Dr. med.Danielle Menosi Gualandro, PhD

Cardiovascular Research Institute Basel, Department für Kardiologie
Department für Kardiologie, INCOR Universitätsspital Sao Paulo
Sao Paulo, Brasilien

Prof. Dr. med.Christian Müller

Universitätsspital Basel
Cardiovascular Research Institute Basel, Department für Kardiologie
Spitalstrasse 2
4056 Basel

Dr. Puelacher hat Unterstützung von der Schweizerischen Herzstiftung, Roche Diagnostics und der Universität Basel erhalten. Dr. Gualandro hat Unterstützung von dem FAPESP (Sao Paulo Nationalfond) erhalten. Prof. Müller hat Unterstützung vom Schweizerischen Nationalfond, der Schweizerischen Herzstiftung, der Europäischen Union, Roche Diagnostics und Abbott für Arbeit im perioperativen Bereich sowie von diversen Diagnostikfirmen für Arbeiten in anderen Gebieten erhalten.

  • Perioperative Myokardischämien sind häufiger als angenommen und präsentieren sich meist asymptomatisch im klinischen Setting
  • Perioperative Myokardischämien können durch verschiedene Pathologien bedingt sein wie zB koronare Plaquerupturen, akute Herzinusffizienz oder Vorhofflimmern, am häufigsten jedoch durch eine Dys-
    balance von koronarer Blutversorgung und myokardialem Sauerstoffverbrauch
  • Systematisches Screening von Hochrisikopatienten mittels kardialem Troponin ermöglicht das Erkennen von gefährdeten Patienten und die Einleitung von potentiell prognoseverbessernden Interventionen

Messages à retenir

  • Les ischémies myocardiques périopératoires sont plus fréquentes que prévu et sont généralement asymptomatiques en milieu clinique.
  • L’ischémie myocardique périopératoire peut être causée par diverses pathologies telles que les ruptures de plaques coronaires, l’insuffisance cardiaque aiguë ou la fibrillation auriculaire, mais le plus souvent par un déséquilibre de l’apport sanguin coronarien et de la consommation myocardique en oxygène.
  • Le dépistage systématique de la troponine cardiaque chez les patients à risque élevé permet d’identifier les patients à risque et d’amorcer des interventions susceptibles d’améliorer le pronostic.

1. Pearse RM, Moreno RP, Bauer P, et al. Mortality after surgery in Europe: a 7 day cohort study. Lancet 2012;380:1059–65.
2. Devereaux PJ, Biccard BM, Sigamani A, et al. Association of Postoperative High-Sensitivity Troponin Levels With Myocardial Injury and 30-Day Mortality Among Patients Undergoing Noncardiac Surgery. Jama 2017;317:1642.
3. Puelacher C, Lurati Buse G, Seeberger D, et al. Perioperative Myocardial Injury After Noncardiac Surgery: Incidence, Mortality, and Characterization. Circulation 2018;137:1221–1232.
4. Smilowitz NR, Beckman JA, Sherman SE, Berge JS. Hospital Readmission Following Perioperative Acute Myocardial Infarction Associated with Non-Cardiac Surgery. Circulation 2018;ePub.
5. Pedersen TF, Budtz-Lilly J, Petersen CN, et al. Randomized clinical trial of remote ischaemic preconditioning versus no preconditioning in the prevention of perioperative myocardial infarction during open surgery for ruptured abdominal aortic aneurysm. BJS open 2018;2:112–118.
6. van Waes J a R, Nathoe HM, de Graaff JC, et al. Myocardial injury after noncardiac surgery and its association with short-term mortality. Circulation 2013;127:2264–71.
7. Gualandro DM, Campos CA, Calderaro D, et al. Coronary plaque rupture in patients with myocardial infarction after noncardiac surgery: frequent and dangerous. Atherosclerosis 2012;222:191–5.
8. Thygesen K, Alpert JS, Jaffe AS, et al. Fourth universal definition of myocardial infarction (2018). Eur. Heart J. 2018.
9. Botto F, Alonso-Coello P, Chan MT V, et al. Myocardial Injury after Noncardiac Surgery: A Large, International, Prospective Cohort Study Establishing Dia-gnostic Criteria, Characteristics, Predictors, and 30-day Outcomes. Anesthesio-
logy 2014;120:564–78.
10. Duceppe E, Parlow J, MacDonald P, et al. Canadian Cardiovascular Society Guidelines on Perioperative Cardiac Risk Assessment and Management for Patients Who Undergo Noncardiac Surgery. Can. J. Cardiol. 2017;33:17–32.
11. Gualandro DM, Yu PC, Caramelli B, et al. III Guidelines for Perioperative Cardiovascular Evaluation of the Brazilian Society of Cardiology. 2017.
12. Kristensen SD, Knuuti J, Saraste A, et al. 2014 ESC/ESA Guidelines on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and management: The Joint Task Force on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and management of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Society of Anaesth. Eur. Heart J. 2014;35:2383–2431.
13. Landesberg G, Beattie WS, Mosseri M, Jaffe AS, Alpert JS. Perioperative myocardial infarction. Circulation 2009;119:2936–44.
14. Foucrier A, Rodseth R, Aissaoui M, et al. The long-term impact of early cardiovascular therapy intensification for postoperative troponin elevation after major vascular surgery. Anesth. Analg. 2014;119:1053–63.
15. Sandoval Y, Zakharova M, Rector TS, et al. Frequency of Increase in Cardiac Troponin Levels After Peripheral Arterial Operations (Carotid Endarterectomy, Abdominal Aorta Procedure, Distal Bypass) and Their Effect on Medical Management. Am. J. Cardiol. 2016;118:1929–1934.
16. Devereaux PJ, Xavier D, Pogue J, et al. Characteristics and short-term prognosis of perioperative myocardial infarction in patients undergoing noncardiac surgery: a cohort study. Ann. Intern. Med. 2011;154:523–8.
17. Devereaux PJ, Sessler DI, Leslie K, et al. Aspirin in patients undergoing noncardiac surgery. N. Engl. J. Med. 2014;370:1494–503.
18. Devereaux PJ, Duceppe E, Guyatt G, et al. Dabigatran in patients with myocardial injury after non-cardiac surgery (MANAGE): an international, randomised, placebo-controlled trial. Lancet 2018;391:2325–2334.

Zunehmende Bedeutung von kardialen Biomarkern

Aufgrund der demographischen und medizinischen Entwicklungen ist mit einer zunehmenden Anzahl an elektiven operativen Eingriffen bei älteren und oftmals auch kardiovaskulär vorbelasteten Patienten zu rechnen. Vor diesem Hintergrund ist eine, die Patientensicherheit gewährleistende und möglichst kosteneffiziente, präoperative kardiovaskuläre Risikoevaluation von entscheidender Bedeutung. Das aktuell etablierte Konzept beruht auf der Berücksichtigung verschiedener klinischer, laboranalytischer und radiologischer Parameter.

En raison de l’évolution démographique et médicale, on peut s’attendre à un nombre croissant d’interventions chirurgicales électives chez les patients âgés et souvent prélagés de maladies cardiovasculaires. Dans ce contexte, une évaluation préopératoire du risque cardiovasculaire qui garantisse la sécurité du patient et soit la plus rentable possible est d’une importance décisive. Le concept actuellement établi est basé sur la prise en compte de divers paramètres cliniques, analytiques et radiologiques en laboratoire.

Hintergrund

Die demographische Entwicklung der letzten Jahrzehnte wurde in der Schweiz durch eine wachsende, gleichzeitig jedoch auch älter werdende Bevölkerung geprägt. So waren Ende 2018 ca. 1,6 Millionen und somit knapp 20% der insgesamt 8,5 Millionen umfassenden Bevölkerung mindestens 65 Jahre alt (1). Dies bei einer seit 1990 sowohl bei den Männern (um 7,5 Jahre) als auch bei den Frauen (um 4,5 Jahre) gestiegenen Lebenserwartung von aktuell durchschnittlich 83 Jahren (2). Ähnliche Entwicklungen können weltweit in nahezu allen entwickelten Ländern beobachtet werden. Als einer der hierfür verantwortlichen Schlüsselfaktoren ist der medizinische Fortschritt zu nennen, welcher in verschiedenen medizinischen Bereichen zu einer eindrücklichen Zunahme und Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten geführt hat. So konnte beispielsweise die Anzahl der durch Herz-Kreislauf-Krankheiten bedingten Todesfälle im Zeitraum von 1995 bis 2014 in der Schweiz um rund 20% gesenkt werden (3). Dennoch bleiben die Herz-Kreislauf-Krankheiten auf nationaler und internationaler Ebene eine der führenden Todesursachen. So waren beispielsweise im Jahre 2015 ein Drittel aller Todesfälle in der Schweiz den Herz-Kreislauf-Krankheiten zuzuschreiben (3). Ähnlich verhält es sich auch global, wo gemäss den aktuellsten Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich 31% der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Krankheiten verursacht werden (4).

Für ein besseres Verständnis der Thematik ist es des Weiteren hilfreich, sich ein Bild über das Ausmass der nichtkardialen Operationen zu machen. So geht man aufgrund von auf nationaler Ebene erhobener Daten davon aus, dass sich in Europa jährlich ca. 19 Millionen Menschen einem nichtkardialen Eingriff unterziehen. Ungefähr 30% oder umgerechnet ca. 5,7 Millionen dieser Eingriffe erfolgen bei kardiovaskulär vorbelasteten Patienten (5). Die allgemeine, postoperative 30-Tage-Sterblichkeit nach nichtkardialen Eingriffen konnte in den letzten Jahrzehnten zwar gesenkt werden, sie beträgt in Europa jedoch weiterhin zwischen 1 – 4% (6). Kardiovaskuläre, perioperative Ereignisse sind ebenfalls häufig und treten bei über 45-jährigen Patienten mit Risikofaktoren nach stationären Operationen in bis zu 16% der Fälle auf. Damit gehören sie zu den wichtigsten Ursachen der perioperativen Morbidität und Mortalität mit massgeblichem Einfluss auf die Langzeitprognose der Patienten (7, 8). So beträgt beispielsweise die «In-Hospital-Mortalität» eines perioperativen Myokardinfarktes 14% bei einer Re-Hospitalisationsrate von rund 19% (9).
Diese statistisch geprägten Hintergrundinformationen zeigen auf eindrückliche Art und Weise die Dimensionen sowie die Wichtigkeit einer adäquaten präoperativen Risikostratifizierung auf.

Ablauf des kardiovaskulären Risiko-Assessments

Die in Europa und der Schweiz im Zusammenhang mit dem kardiovaskulären Risiko-Assessment vor elektiven, nichtkardialen Operationen am häufigsten zitierte Quelle ist die im Jahre 2014 publizierte Guideline der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC), welche in Zusammenarbeit mit der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) entstanden ist (5). Diese schlägt im Wesentlichen ein schrittweises, stufenförmiges Vorgehen vor, unter Berücksichtigung verschiedener klinischer, radiologischer und laboranalytischer Parameter (Abb. 1).

Abb. 1: Entscheidungsalgorithmus der präoperativen, kardialen Risiko-Evaluation und des perioperativen Managements (modifiziert nach ESC-/ESA-Leitlinien (5) )

In einem ersten Schritt ist die Dringlichkeit des operativen Eingriffes massgebend. Sollte eine notfallmässige Indikation bestehen, welche eine strukturierte, elektive präoperative Risiko-Stratifizierung nicht erlaubt, wird das unmittelbare Vorgehen von Patienten- und Operations-spezifischen Faktoren diktiert, welche in interdisziplinärer Zusammenarbeit ohne Zeitverzug erkannt und entsprechend behandelt werden müssen. Ein eingehendes kardiovaskuläres Risiko-Assessment sollte in solchen Fällen im postoperativen Verlauf aber nachgeholt werden.
Im Falle eines elektiven Eingriffes mit entsprechenden zeitlichen Möglichkeiten ist es von entscheidender Bedeutung, einen instabilen kardialen Zustand frühzeitig zu erkennen, insbesondere eine instabile Angina pectoris oder eine akute Herzinsuffizienz (Tabelle 1). Zur Identifikation dieser Situationen sind neben einer gründlichen Anamnese und klinischen Untersuchung als Basis je nach Situation auch ein Elektrokardiogramm, Laboruntersuchungen sowie weiterführende apparative Untersuchungen (z.B. eine Echokardiographie) notwendig. Bei Vorliegen eines oder mehrerer dieser Faktoren müssen die Behandlungsoptionen interdisziplinär besprochen werden, unter Einbezug sämtlicher, in die Patientenbetreuung involvierter Fachdisziplinen. Dies spielt in einem besonderen Masse eine Rolle in Zusammenhang mit der Notwendigkeit und dem zeitlichen Ablauf einer dualen Antiaggregation, welche unter Umständen einen operativen Eingriff verzögern kann.
Sollte eine im weitesten Sinne stabile kardiale Situation vorliegen, so ist für das weitere Vorgehen das Operationsrisiko des geplanten Eingriffes wegweisend. Hierzu werden die operativen und interventionellen Eingriffe in drei Risiko-Kategorien (für das 30-Tage-Risiko eines kardiovaskulären Todes oder eines Myokardinfarktes) eingeteilt (Tabelle 2).
Im Falle eines tiefen Risikos kann grundsätzlich eine Operationsfreigabe ohne zusätzliche diagnostische oder therapeutische Massnahmen erfolgen. Allerdings sollte immer versucht werden, allfällige modifizierbare kardiovaskuläre Risikofaktoren präoperativ zu optimieren. Zudem kann die Durchführung eines präoperativen Basis-Elektrokardiogramms hilfreich sein, damit perioperative Veränderungen leichter erkannt werden können. Auch die kardiale Medikation sollte überprüft werden. Beispielsweise kann bei Patienten mit einer bekannten ischämischen Kardiopathie eine präoperative, tiefdosierte Betablocker-Therapie evaluiert werden, wobei diese durchaus kontrovers diskutiert wird. Wir empfehlen ein Fortsetzen der Betablockertherapie bei bestehender langfristiger Indikation. Andererseits muss aufgrund der Datenlage beachtet werden, dass eine präoperative Therapie, welche innerhalb von 24 Stunden vor einer Operation gestartet wird, zwar zu einer Reduktion nicht-fataler Myokardinfarkte führen kann, aber auch eine erhöhte Gesamtmortalität sowie ein erhöhtes Risiko für Hirnschlag, Hypotension und Bradykardie mit sich trägt (10). Die Studien, welche den Neubeginn einer Betablockertherapie zwei oder mehr Tage präoperativ untersuchten, sind kontrovers und weitere randomisierte Multizenterstudien sind notwendig, um dieses Vorgehen zu rechtfertigen. Patienten mit einer Herzinsuffizienz profitieren, unter Kontrolle der Nierenretentionsparameter, von der präoperativen Optimierung der ACE-Hemmer-Therapie, wohingegen vor gefässchirurgischen Eingriffen der rechtzeitige Beginn einer Statin-Therapie sinnvoll ist.

Bei Eingriffen mit einem mittleren oder hohen Risiko sollte in einem nächsten Schritt die funktionelle Kapazität des Patienten bestimmt werden. Hierzu stehen prinzipiell zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Einerseits kann versucht werden, die Leistungsfähigkeit im Alltag anhand anamnestischer Angaben einzuschätzen. Sollte dies nicht oder nur unzuverlässig möglich sein, so kann eine Objektivierung mittels Ergometrie erfolgen. Als objektive Einheit der funktionellen Kapazität dient das metabolische Äquivalent (engl. metabolic equivalent of task; MET), welches die zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen in Ruhe während einer Minute notwendige Menge an Sauerstoff pro Kilogramm Körpergewicht definiert (ca. 3.5 ml/kg/min). Als Mindestmass der funktionellen Kapazität, welches eine Operationsfreigabe ohne weitere kardiologische Diagnostik erlaubt, wurde eine Schwelle von 4 METs festgelegt. Dieser Wert wird beispielsweise bei leichter Gartenarbeit, beim Treppensteigen (> 1 Stockwerk) oder beim Rennen kurzer Strecken erreicht (Tab. 3).

Natürlich empfiehlt sich auch in solchen Fällen eine Optimierung des kardiovaskulären Risikoprofils sowie der kardialen Medikation. Bei reduzierter funktioneller Kapazität (< 4 METs) spielt wiederum das Operationsrisiko eine Rolle. Für Eingriffe mit mindestens intermediärem Risiko sollte zusätzlich zu den bereits diskutierten Massnahmen in gewissen Situationen ein nicht-invasiver Stress-Test evaluiert werden.
Bei Hochrisiko-Eingriffen gilt es weitere klinische Risikofaktoren zu berücksichtigen (Tab. 4).

Bei Vorliegen von zwei oder weniger dieser Risikofaktoren sollte eine Echokardiographie sowie die Bestimmung von kardialen Biomarkern (z.B. NT-proBNP und hs-Troponin) erfolgen. Sollten mindestens drei der genannten Risikofaktoren vorliegen, so empfiehlt sich die Durchführung einer nicht-invasiven Ischämie-Testung. Nach Ausschluss einer relevanten kardialen Ischämie kann der geplante Eingriff durchgeführt werden, wohingegen bei Nachweis einer Ischämie ein individualisiertes perioperatives Management erfolgen muss, unter Abwägung des Risikos und des potentiellen Nutzens des geplanten Eingriffes.

Kritikpunkte und zukünftige Entwicklungen

Der medizinischen Entwicklung folgend, wird auch das derzeit etablierte prä- und perioperative Vorgehen durch verschiedene Entwicklungen in Frage gestellt. So bestehen beispielsweise Zweifel am Nutzen präoperativer transthorakaler Echokardiographien, da in verschiedenen Untersuchungen kein Benefit hinsichtlich der Rate kardiovaskulärer Ereignisse, der Mortalität oder einer Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes gezeigt werden konnte (11, 12). Auch die Verwertbarkeit der funktionellen Kapazität ist Gegenstand von Diskussionen und wird derzeit in einer multizentrischen Studie prospektiv untersucht (13).
Auf der anderen Seite konnte in den letzten Jahren in verschiedenen Studien eine konsistente Assoziation zwischen kardialen Biomarkern (natriuretische Peptide, Troponin) und dem Auftreten perioperativer Komplikationen nachgewiesen werden. Die Quintessenz dieser Untersuchungen war, dass der positiv-prädiktive Wert bzw. die Spezifität erhöhter Werte der natriuretischen Peptide nur mässig ist, wohingegen eine ausgezeichnete negativ-prädiktive Voraussagegenauigkeit (> 90%) für tiefe Werte besteht (14). Diese Datenlage hat beispielsweise die kanadische kardiologische Gesellschaft dazu bewogen, ihre Empfehlungen für die präoperative Risikostratifizierung stark auf die präoperative Bestimmung des BNP bzw. des NT-proBNP abzustützen und damit eine modifizierte, Biomarker-basierte Strategie einzuführen (8, 15). Bei Patienten mit normalen Werten sind keine weiteren Abklärungen perioperativ notwendig, bei erhöhten Werten empfiehlt die Gesellschaft postoperativ serielle Troponin-Bestimmungen mit dem Ziel, die meist stumm auftretenden, aber mit relevanter Morbidität und Mortalität vergesellschafteten perioperativen Myokardischämien zu detektieren und diese Patienten einer optimierten postoperativen Überwachung und Therapie zuzuführen. Diese Strategie wird auch von der Schweizerischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation (SGAR) unterstützt (8).

Dr. med. Dragan Despotovic

Universitäres Herzzentrum Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

dragan.despotovic@usz.ch

Prof. Dr. med. Christian Schmied

Universitäres Herzzentrum Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

christian.schmied@usz.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Aufgrund der aktuellen demographischen Entwicklung ist auch in Zukunft mit einer grossen Anzahl von älteren Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko zu rechnen
  • Optimaler Risikoevaluation und perioperativer Betreuung kommt gerade bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko eine entscheidende Rolle zu.
  • Das aktuell etablierte Konzept zur perioperativen Risikoeinschätzung basiert auf verschiedenen klinischen, laboranalytischen und radiologischen Parametern, wobei neben der individuellen Risikobeurteilung auch das Operationsrisiko evaluiert werden muss
  • Aktuell publizierte Studienergebnisse betonen zunehmend die Bedeutung von kardialen Biomarkern im perioperativen Setting.

Messages à retenir

  • En raison de l’évolution démographique actuelle, un grand nombre de patients âgés présentant un risque cardiovasculaire accru peuvent également être attendus à l’avenir.
  • L’évaluation optimale du risque et les soins périopératoires jouent un rôle décisif, en particulier chez les patients présentant un risque cardiovasculaire accru.
  • Le concept actuellement établi pour l’évaluation périopératoire des risques repose sur divers paramètres cliniques, analytiques et radiologiques, selon lesquels, outre l’évaluation individuelle des risques, le risque chirurgical doit également être évalué
  • Les résultats d’études publiées récemment soulignent de plus en plus l’importance des biomarqueurs cardiaques dans le contexte périopératoire.

1. Bundesamt für Statistik. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeits-kategorie, Alter und Kanton, 3. Quartal 2018. Veröffentlicht am 19.12.2018.
2. Bundesamt für Statistik, Sektionen Gesundheitsversorgung, Gesundheit der Bevölkerung. Taschenstatistik 2017.
3. Schweizerische Herzstiftung. Zahlen und Daten über Herz-Kreislauf-Krankheiten in der Schweiz. Ausgabe 2016.
4. World Health Organization. Cardiovascular disease. https://www.who.int/cardiovascular_diseases/world-heart-day/en/
5. Kristensen SD, Knuuti J, Saraste A, Anker S, Bøtker HE, Hert SD, et al. 2014 ESC/ESA Guidelines on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and management: The Joint Task Force on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and management of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Society of Anaesthesiology (ESA). European Heart Journal. 2014;35:2383–431.
6. Pearse RM, Moreno RP, Bauer P, Pelosi P, Metnitz P, Spies C, et al. European Surgical Outcomes (EuSOS) Study group for the trials groups of the European Society of Intensive Care Medicine and the European Society of Anesthesiology. Mortality after surgery in Europe: a 7 day cohort study. Lancet. 2012;380:1059–65.
7. Puelacher C, Lurati Buse G, Seeberger D, Sazgary L, Marbot S, Lampart A, et al. Perioperative myocardial injury after noncardiac surgery: Incidence, mortality, and characterization. Circulation. 2018;137:1221–32.
8. Filipovic M, Kindler C, Walder B. Schlaglicht der Schweizerischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation. Perioperative kardiale Abklärung und Therapie im Vorfeld nicht-herzchirurgischer Eingriffe. Swiss Med Forum. 2018;18(5152):1078-1080.
9. Smilowitz NR, Beckman JA, Sherman SE, Berger JS. Hospital readmission after perioperative acute myocardial infarction associated with noncardiac surgery. Circulation. 2018;137:2332–39.
10. Perioperative Beta Blockade in Noncardiac Surgery: A Systematic Review for the 2014 ACC/AHA Guideline on Perioperative Cardiovascular Evaluation and Management of Patients Undergoing Noncardiac Surgery. Circulation. 2014;130:2246-2264.
11. Levitan EB, Graham LA, Valle JA, Richman JS, Hollis R, Holcomb CN, et al. Pre-operative echocardiography among patients with coronary artery disease in the United States Veterans Affairs healthcare system: A retrospective cohort study. BMC Cardiovasc Disord. 2016;16:173.
12. Wijeysundera DN, Beattie WS, Karkouti K, Neuman MD, Austin PC, Laupacis A. Association of echocardiography before major elective non-cardiac surgery with postoperative survival and length of hospital stay: Population based cohort study. BMJ. 2011;342:d3695.
13. Mauermann E, De Hert S, Dell-Kuster S, Filipovic M, Howell S, Ionescu D, et al. Re-evaluation of peri-operative cardiac risk (the MET REPAIR study): Study protocol of a prospective, multicentre cohort study sponsored by the European Society of Anaesthesiology. Eur J Anaesthesiol. 2017;34:709–712.
14. Lurati Buse GA, Koller MT, Burkhart C, Seeberger MD, Filipovic M. The predictive value of preoperative natriuretic peptide concentrations in adults undergoing surgery: a systematic review and meta-analysis. Anesth Analg. 2011;112:1019–33.
15. Duceppe E, Parlow J, MacDonald P, Lyons K, McMullen M, Srinathan S, et al. Canadian Cardiovascular Society Guidelines on perioperative cardiac risk assessment and management for patients who undergo noncardiac surgery. Can J Cardiol. 2017;33:17–32.

Gesundheitliche Effekte der Feinstaubbelastung auf das Herz

Smogepisoden, wie sie derzeit in städtischen Gebieten in Entwicklungsländern vorkommen, gab es um 1980 auch in der Schweiz. In der Zwischenzeit ist die Luft jedoch sichtbar besser geworden. Trotz der heute deutlich geringeren Schadstoffbelastung in der Schweiz hat die Feinstaubbelastung weiterhin langfristige Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Da wir alle durch die Luftverschmutzung belastet sind, ist der gesundheitliche Schaden auf Ebene der Gesamtbevölkerung erheblich. Besonders betroffen sind bereits Erkrankte, da es zu Verschlechterungen ihres Gesundheitszustandes kommen kann. Die Beratung in der Praxis kann einen gesunden Lebensstil und die bewusste Wahl des Aufenthaltsortes empfehlen.

Les épisodes de smog, tels qu’ils se produisent actuellement dans les zones urbaines des pays en développement, existaient également en Suisse vers 1980. Cependant, l’air s’est visiblement amélioré. Malgré les niveaux de pollution nettement plus faibles en Suisse aujourd’hui, la pollution par les particules fines continue d’avoir des conséquences à long terme pour la santé publique. Comme nous sommes tous touchés par la pollution atmosphérique, les préjudices pour la santé de l’ensemble de la population sont considérables. Particulièrement touchés sont les patients déjà atteints dans leur santé car l’état de santé peut se détériorer. Dans la pratique, un mode de vie sain et un choix conscient du lieu de résidence peuvent être conseillés.

Development of air pollution in Switzerland

Air quality in Switzerland has improved considerably since the introduction of the Air Pollution Control Ordinance (LRV) in 1985 (Figure 1). In the LRV, based on international recommendations and epidemiological studies, as the largest Swiss cohort study SAPALDIA, ambient and daily average PM10 fractional particulate matter, nitrogen dioxide (NO2) and other air pollutants (sulfur dioxide, ozone, lead, cadmium). The long-term emission limits were largely met in 2016 for PM10. For the newly introduced limit value of PM2.5 (10 μg / m3 annual average), there are less measurement data. According to a model study by the Swiss Tropical and Public Health Institute, PM2.5 exposure decreases overall (1). The new limit does not want to be met nationwide in many places.For the finest fine particulate matter, the so-called ultrafine particles (UFP), the pollutant concentrations in the air, however, are less well documented.

Health consequences

Despite the successes achieved in air pollution control in Switzerland, according to various estimates, 2000-4000 people still died prematurely due to air pollution in Switzerland (2, 3). That’s 10 times more people than in traffic (4). Among other things because health effects are also observed below the current limit values ​​(5).
Die kurzfristigen Folgen für die Herz-/Kreislaufgesundheit der Luftverschmutzung sind gut untersucht. So berechnete eine kürzlich publizierte Metaanalyse unter Einbezug von 41 verschiedenen Studien bei einem Anstieg des Tagesmittels der PM2.5-Belastung um 10 µg/m3 einen Anstieg der Sterblichkeit wegen Herz-/Kreislaufkrankheiten um 0.8% (Vertrauensintervall: 0.31-1.21%) (6). Auch in der Schweiz nahmen notfallmässige Spitaleintritte wegen Herz-/Kreislauferkrankungen in den Jahren 2001-2010 bei kurzfristigen PM10-Belastungsanstiegen über wenige Tage zu (7).
Kurzfristig gemessene Wirkungen erfassen nur einen kleinen Teil der Effekte. Bedeutsam sind die Langzeitfolgen chronischer Feinstaubbelastung. Die langfristige Dauerbelastung unterstützt die Entwicklung chronischer Krankheiten (8, 9). Eine Metaanalyse von 2013 basierend auf 11 Langzeitstudien berechnete ein erhöhtes Sterberisiko - und somit der Lebenserwartung - wegen Herz- / Kreislaufkrankheiten von 15% (4-27%) für einen jährlichen Belastungsunterschied von 10 µg PM2.5 / m3 (10), welcher vergleichbar ist mit dem Konzentrationsunterschied zwischen Lugano und Davos. Diverse Langzeitstudien belegen jedoch auch höhere Risiken für ischämische Herzkrankheiten, Myokardinfarkte, Herzinsuffizienz, Atherosklerose, Thrombose sowie viele subklinische Indikatoren der Herz- / Kreislaufgesundheit in Abhängigkeit von der langfristigen Feinstaubbelastung (11). So untersuchte SAPALDIA - die weltweit anerkannte grosse Schweizer Kohortenstudie zur Untersuchung der Auswirkungen der langfristigen Luftverschmutzung auf die Gesundheit – zu Beginn die Auswirkungen auf die Atemwegsgesundheit. Mittlerweile haben die Forscherinnen und Forscher der SAPALDIA-Studie am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut auch Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und den Stoffwechsel (Diabetes) festgestellt. Neueste Ergebnisse weisen bspw. darauf hin, dass das Ausmass der Atherosklerose – gemessen mit der Dicke der Intima-Media (CIMT) - mit der langfristigen Belastung von PM10, PM2.5 und ultrafeinen Partikeln assoziiert war (12).

Wirkungsmechanismen

Epidemiologische Studien können Zusammenhänge, aufzeigen, allerdings werden unter anderem biologisch plausible Wirkungsmechanismen benötigt, um die beobachteten gesundheitlichen Effekte auch kausal den gemessenen Luftschadstoffen zuweisen zu können. In der Literatur finden sich für die Belastung mit Partikeln drei verschiedene molekulare Wirkungspfade (Abb. 2). So konnten Zell- und Tierstudien zeigen, dass die Partikel im direkten Kontakt mit der Oberfläche in den Alveolen zu oxidativem Stress, also der Ausschüttung von Zytokinen führen und es damit zu lokalen Entzündungen in den Atemwegen kommt und sich infolge von Entzündungsmediatoren, bspw. durch Lungenmakrophagen initiiert, eine sekundäre systemische Entzündung entwickelt. Zu den Mediatoren zählen NADPH-Oxidase, TNF-alpha, IL-6 und IL-1b, welche ihrerseits in anderen Organen zur Ausschüttung weiterer Mediatoren beitragen, wie Adipozytokine, C-reaktives Protein CRP, Fibrinogen, Blutgerinnungsfaktoren etc.. Feinstaubpartikel wirken jedoch auch direkt und indirekt auf das autonome Nervensystem, in dem sympathische Mechanismen aktiviert und parasympathische Mechanismen gehemmt werden, was zu einem Ungleichgewicht und zu Veränderung der Herzfrequenzvariabilität und Rhythmusstörungen, verstärkter Gefässverengung und erhöhter Gerinnungsbereitschaft des Bluts (z.B. Plättchenaktivierung) führen kann. Darüber hinaus können gelöste Teilchen oder ultrafeine Partikel vom Lungenepithel direkt in den Blutkreislauf translozieren und haben damit direkten Kontakt zur Gefässwand oder dem Herzgewebe (11-14).

Therapeutische Massnahmen / Implikationen

Die Belastung aus der Luft ist für uns alle nicht vermeidbar, aber es gibt einige Möglichkeiten, sie zu minimieren. Die Patienten sind in Abhängigkeit ihres Alters, von Prädispositionen und Krankheiten nicht alle gleich gefährdet. So lohnt es sich, den Aufenthalt – insbesondere sportliche Betätigung – möglichst weg von verkehrsreichen Strassen zu wählen. Gerade die feinsten Partikel und Aerosole aus dem Verkehr und damit bspw. Herzinfarkte nehmen mit dem Abstand der Wohnadresse zum Verkehr bereits nach 100–200 Meter sehr deutlich ab. Es ist wichtig die Luftverschmutzung in Relation zu anderen Risikofaktoren zu setzen. Bei einem rauchenden Patienten ist es in erster Linie wichtig, die Empfehlung zum Rauchverzicht nahezulegen anstatt eine Verlegung des Wohnorts in Gebiete mit saubererer Luft vorzuschlagen. In Relation zur inhalierten Dosis von 10-1000 mg PM2.5 / Tag von leichten bis schweren Rauchern ist die Dosis von < 1 mg PM2.5/Tag in einer verkehrsbelasteten Stadt in der Schweiz gering, wenn auch vergleichbar mit Passivrauchern*. Hinzu kommt, dass wir mehrere sehr gute Abwehrmechanismen besitzen: vom mechanischen Aushusten bis hin zum Immunsystem. Diese gilt es, mit einem aktiven sozialen Lebensstil und gesunder Ernährung zu pflegen. Schadstoffe aus der Luft können nicht nur verschiedene Krankheiten mitverursachen, sondern bereits bestehende chronische Krankheiten verschlimmern oder auch die Medikamentenwirkung beeinflussen. Für Patientengruppen mit folgenden Erkrankungen kann sich ein erhöhtes Risiko von akuten Verschlechterungen durch Luftverschmutzung ergeben: Asthma, COPD, Herzinsuffizienz, Status nach Herzinfarkt, Herz-/Kreislauferkrankungen und Atherosklerose. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen empfindlichere Gruppen wie Säuglinge (bereits während der Schwangerschaft), Kinder und ältere Menschen.

Conclusion

For symptoms and diseases caused or exacerbated by air pollution, the therapy does not differ fundamentally from therapies of the same symptoms and diseases of other causes. The simple principle applies: limiting the burden as much as possible (traffic) and strengthening the health and defense mechanisms of the individual. In the longer term, further improvement of air quality through ongoing adaptation of the Clean Air Ordinance and the measures based on it is the best medicine.

* Daily breathing rate assumption: 18 m3 of air adapted from Smith KR and Peel JL 2010 and a load of 22-30 μg PM2.5 / m3

Ron Kappeler, MSc

Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut
Universität Basel
Socinstrasse 57
4051 Basel
ron.kappeler@swisstph.ch

ron.kappeler@swisstph.ch

Meltem Kutlar Joss, MSc, MPH

Meltem Kutlar Joss, MSc, MPH
Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut
Universität Basel
Socinstrasse 57
4051 Basel

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel.

  • Trotz Verbesserung der Luftqualität in der Schweiz gibt es noch immer schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit.
  • Mehrere plausible Wirkungsmechanismen, die den in epidemiologischen Studien beobachteten Gesundheitseffekten zugrunde liegen, sind wissenschaftlich belegt.
  • Die Gesundheitsrisiken durch die Luftbelastung sind gegenüber anderen Risiken wie Rauchen verhältnismässig klein. Da jedoch die gesamte Bevölkerung betroffen ist, ist der gesundheitliche und volkswirtschaftliche Schaden erheblich.
  • Die individuelle Belastung kann mit der bewussten Wahl des Aufent-haltsortes verringert werden, was insbesondere für ältere Personen, Kinder und bereits Erkrankte bedeutend sein kann.
  • Die wirksamste Prävention der luftbedingten Gesundheitsfolgen ist die Bekämpfung der Aussenluftverschmutzung; im Zentrum steht eine nachhaltige strukturelle Prävention (Luftreinhaltepolitik mit konsequenter Umsetzung der -massnahmen), unterstützt von individuellen Massnahmen (gesunder und umweltschonender Lebensstil).

Messages à retenir

  • En Suisse, malgré l’amélioration de la qualité de l’air, il existe encore des effets nocifs sur la santé.
  • Plusieurs mécanismes d’action plausibles avec des effets sur la santé observés dans des études épidémiologiques ont été scientifiquement prouvés.
  • Les risques pour la santé liés à la pollution de l’air sont relativement faibles par rapport à d’autres risques comme le tabagisme. Cependant, puisque toute la population est touchée, les dommages pour la santé et l’économie sont considérables.
  • La charge individuelle peut être réduite par le choix conscient du lieu de résidence, ce qui peut être important, en particulier pour les personnes âgées, les enfants et les personnes déjà atteintes dans leur santé.
  • La prévention la plus efficace des effets de l’air sur la santé est la lutte contre la pollution atmosphérique extérieure ; l’accent est mis sur la prévention structurelle durable (politique de lutte contre la pollution atmosphérique avec une mise en œuvre cohérente des mesures), soutenue par des mesures individuelles (mode de vie sain et respectueux de l’environnement).

1. de Hoogh K et al. Modelling daily PM2.5 concentrations at high spatio-temporal resolution across Switzerland. Environ Pollut 2018;233:1147-54
2. Collaborator GRF et al. Global, regional, and national comparative risk assessment of 84 behavioural, environmental and occupational, and metabolic risks or clusters of risks, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016 (vol 390, pg 1343, 2017). Lancet 2017;390(10104):1736
3. European Environment Agency. Premature deaths attributable to PM2.5, NO2 and O3 exposure in 41 European countries and the EU-28. 2014
4. Bundesamt für Statistik. Verkehrsunfälle. 2018 (cited 2018 10.7.2018); Available from: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/unfaelle-umweltauswirkungen/verkehrsunfaelle.html
5. Di Q et al., Air Pollution and Mortality in the Medicare Population. N Engl J Med 2017;376(26):2513-22
6. Achilleos S et al. Acute effects of fine particulate matter constituents on mortality: A systematic review and meta-regression analysis. Environ Int 2017;109: 89-100
7. Perez L et al. Associations of daily levels of PM10 and NO2 with emergency hospital admissions and mortality in Switzerland: Trends and missed prevention potential over the last decade. Environmental Research 2015;140:554-61
8. Brook RD et al. Particulate matter air pollution and cardiovascular disease: An update to the scientific statement from the American Heart Association. Circulation 2010;121(21): 2331-78
9. Kunzli N et al. Assessment of deaths attributable to air pollution: should we use risk estimates based on time series or on cohort studies? Am J Epidemiol 2001;153(11):1050-5
10. Hoek G et al. Long-term air pollution exposure and cardio- respiratory mortality: a review. Environ Health 2013;12(1):43
11. Kelly FJ, Fussell JC. Role of oxidative stress in cardiovascular disease outcomes following exposure to ambient air pollution. Free Radical Biology and Medicine 2017;110:345-67
12. Aguilera I et al. Particulate Matter and Subclinical Atherosclerosis: Associations between Different Particle Sizes and Sources with Carotid Intima-Media Thickness in the SAPALDIA Study. Environ Health Perspect 2016;124(11):1700-6
13. Franklin BA et al. Air Pollution and Cardiovascular Disease. Current Problems in Cardiology 2015; 40 (5): 207-38
14. Ruckerl R et al. Health effects of particulate air pollution: A review of epidemiological evidence. Inhal Toxicol 2011; 23 (10): 555-92
15. Vidale S, Campana C. Ambient air pollution and cardiovascular diseases: From bench to bedside. Eur J Prev Cardiol 2018; 25 (8): 818-25
16. Air quality 2016. Measurement results of the National Air Pollution Monitoring Network (NABEL), Federal Office for the Environment (FOEN).

Neuroradiologische Interventionen bei zerebralen Ischämien

Die mechanische Rekanalisation grösserer Gefässverschlüsse beim ischämischen Schlaganfall, allein oder in Kombination mit einer intravenösen Lysetherapie, hat in den letzten Jahren zu einem deutlich verbesserten funktionellen Behandlungs­ergebnis geführt. Entscheidend dazu beigetragen hat die Verbesserung der Rettungskette («Time is brain»; Zeit vom Symptombeginn bis zum Eintreffen in einem Akutspital mit der Möglichkeit zur Behandlung von Hirnschlägen), die Auswahl geeigneter Patienten und die rasante Weiterentwicklung der zur Verfügung stehenden Materialien wie Stentretriever und Aspirationskatheter. Im Weiteren sollen die Möglich­keiten der endovaskulären Therapie dargestellt werden.

La recanalisation mécanique des occlusions vasculaires majeures dans l’AVC ischémique, seule ou en association avec un traitement par lyse intraveineuse, a conduit à une amélioration significative des résultats fonctionnels ces dernières années. L’amélioration de la chaîne de sauvetage (« time is brain » ; le temps écoulé entre l’apparition des symptômes et l’arrivée dans un hôpital de soins aigus avec la possibilité de traiter les AVC), la sélection de patients appropriés et le développement rapide des matériaux disponibles tels que les stent-retrievers et les cathéters d’aspiration ont contribué de manière décisive à cette amélioration. En outre, les possibilités de la thérapie endovasculaire seront présentées.

Efforts have been made for many years to recanalize closed larger intracranial vessels endovascularly. Initial experiments with a helical thrombus extraction system (Merci-Device) did not provide satisfactory recanalization rates. Only since the emergence of large-lumen, flexible aspiration catheter and the use of intracranial stents as thrombus extraction system (stent retriever) are potent methods available. In 2015, several independent studies demonstrated the effectiveness of thrombectomy. In a meta-analysis of 5 large prospective randomized studies (MR CLEAN, ESCAPE, REVASCAT, SWIFT PRIME, EXTEND IA), 46% of patients achieved a functionally independent status (mRS 0-2) 90 days after intra-arterial recanalization,

Stent Retriever

In 2009 it was reported for the first time that occlusion of the cerebral artery was successfully recanalized with a solitaire stentretriver (2). This self-expanding stent is fixed to a wire, inserted through a microcatheter, and unfolds upon withdrawal of the microcatheter over the thrombus. As a result, the thrombus is fixed between the stent and the vessel wall, the stent meshes push into the thrombus and so unfolded stent and thrombus can be removed together from the vessel. Numerous different retrievers have been developed. The mesh design, the stent length, the diameter and also the radial force were varied. With strict patient selection, recanalization rates (TICI 2b-3) up to 88% are achieved. The rate of symptomatic intracranial haemorrhage shows no significant difference to the sole intravenous lysis therapy and is between 0 and 3% (3). A principal problem is that, to place the retriever, the vascular closure must first be passed through a microcatheter. Thrombus material can be dislocated peripherally. This problem is of minor importance in daily practice. However, if the thrombus is not firmly fixed to the stent upon retraction, it may detach proximally from the stent retriever in the vascular segment and cause embolism in a new vascular territory. Therefore today this technique is usually combined with a flow reversal. For this purpose, a large-lumen access catheter is placed in the proximal internal carotid artery, which is provided at the distal end with a circular balloon. Prior to thrombectomy, the proximal ACI passager is occluded by balloon insufflation and suction placed in the catheter lumen so that the ACI reverses flow and free emboli are withdrawn. In a retrospectively analyzed cohort, the risk of unwanted emboli could be reduced from 32% to 7% (4).

ADAPT-Aspiration

Parallel konnte 2010 gezeigt werden, dass mittels Aspiration zerebrale Gefässe rekanalisiert werden können (5). Bei der ADAPT-Technik (a direct aspiration first pass technique) wird der Aspirationskatheter proximal des Thrombus platziert und kontinuierlich Sog über eine Pumpe angelegt. Sistiert der Rückfluss im System, zeigt dies das Ansaugen des Thrombus an. Der Sog wird für ca. 90 Sekunden belassen, der Thrombus dabei in den Katheter gesaugt oder an dessen Spitze fixiert und idealerweise beim Rückzug des Katheters vollständig entfernt. Bei langen oder wandadhärenten Thromben kann es zum Abreissen des Thrombus kommen, sodass ein Teil verbleibt und der Vorgang wiederholt werden muss. Rasch hat sich gezeigt, dass neben der Flexibilität des distalen Katheterendes das Lumen des Katheters wesentlich zum Aspirationserfolg beiträgt. So konnte bei zunehmender Flexibilität der Katheter der Innendurchmesser von 50“ auf 70“ (Angabe in Tausendstel Inch, 70“ = 1,78 mm) gesteigert werden. Eine kürzlich veröffentliche prospektiv randomisierte Studie zeigt Rekanalisationsraten (TICI 2b-3) mit dem Aspirationssystem allein von 71% und in Kombination mit anderen Methoden bis 93% (6). Die Aspirationstechnik führte sehr rasch zum Erfolg, die mittlere Zeit zwischen Gefässpunktion und Rekanalisation betrug 31 Minuten und die Rate unerwünschter Embolien in neue Gefässterritorien lag bei 1,5%.

SOLUMBRA

Führt eine Methode allein nicht zum Erfolg, so können Methoden kombiniert werden. Dabei wird der Aspirationskatheter (PenUMBRA-System) proximal des Thrombus platziert und koaxial über einen Mikrokatheter ein Stent-Retriever (SOL-itaire) über dem Thrombus platziert. Unter kontinuierlicher Aspiration kann nun der Stent-Retriever samt Thrombus in den Aspirationskatheter gezogen werden. Die Kombination aller Methoden ermöglicht heute Rekanalisationsraten von über 90%.

Verschluss proximaler Gefässe

Ist die Ursache einer intrakraniellen Embolie eine arteriosklerotisch bedingte hochgradige zervikale Stenose oder ein Verschluss der A. carotis interna, so kann dies in der gleichen Sitzung behandelt werden. Unterschiedliche Strategien wurden publiziert, wobei prospektiv randomisierte Daten fehlen. Eine retrospektive Metaanalyse von 33 Studien zeigt keinen signifikanten Unterschied, ob zuerst der distale oder der proximale Verschluss behandelt wurde, oder ob eine Ballonangioplastie mit oder ohne Stent-Implantation durchgeführt wurde (7).
In St. Gallen führen wir bei hochgradigen Stenosen oder Verschlüssen in der Regel eine proximale Stent-PTA durch. Dies hat den Vorteil, dass die Emboliequelle ausgeschaltet ist, ein guter Blutfluss vorliegt und eine unbehinderte Passage bis zum Thrombus möglich ist, insbesondere wenn das Thrombusextraktionsmanöver wiederholt werden muss. Um frühe Stentverschlüsse zu vermeiden, ist eine Thrombozytenaggregationshemmung nötig, was das Risiko einer zerebralen Blutung erhöhen kann. Ein pragmatischer Ansatz ist die intravenöse Gabe von 500 mg Acetylsalicylsäure während der Intervention und der Start einer doppelten Thrombozytenhemmung 12–24 Stunden nach Intervention, nachdem eine intrakranielle Hämorrhagie mittels nativer Computertomographie ausgeschlossen wurde.

Astverschlüsse

Ob Patienten mit kleineren Gefässverschlüssen (Truncus superior oder inferior der Arteria cerebri media, Arteria cerebri anterior oder posterior) und schwerwiegender Symptomatik wie Hemiparese, Aphasie, Hemianopsie oder Neglect von einer endovaskulären Intervention profitieren, ist nicht eindeutig geklärt. Kleinere Stentretriever und Aspirationskatheter werden entwickelt, um peripher gelegene Verschlüsse zu erreichen. Retrospektiv analysierte Daten zeigen die technische Machbarkeit der endovaskulären Therapie mit guten Rekanalisationsraten bis 83% bei einem zerebralen Blutungsrisiko von 7%. Ein funktionell gutes Ergebnis (mRS 0-2) erreichten jedoch nur 30% der Patienten (8).

Verschluss proximaler Gefässe

Ist die Ursache einer intrakraniellen Embolie eine arteriosklerotisch bedingte hochgradige zervikale Stenose oder ein Verschluss der A. carotis interna, so kann dies in der gleichen Sitzung behandelt werden. Unterschiedliche Strategien wurden publiziert, wobei prospektiv randomisierte Daten fehlen. Eine retrospektive Metaanalyse von 33 Studien zeigt keinen signifikanten Unterschied, ob zuerst der distale oder der proximale Verschluss behandelt wurde, oder ob eine Ballonangioplastie mit oder ohne Stent-Implantation durchgeführt wurde (7).
In St. Gallen führen wir bei hochgradigen Stenosen oder Verschlüssen in der Regel eine proximale Stent-PTA durch. Dies hat den Vorteil, dass die Emboliequelle ausgeschaltet ist, ein guter Blutfluss vorliegt und eine unbehinderte Passage bis zum Thrombus möglich ist, insbesondere wenn das Thrombusextraktionsmanöver wiederholt werden muss. Um frühe Stentverschlüsse zu vermeiden, ist eine Thrombozytenaggregationshemmung nötig, was das Risiko einer zerebralen Blutung erhöhen kann. Ein pragmatischer Ansatz ist die intravenöse Gabe von 500 mg Acetylsalicylsäure während der Intervention und der Start einer doppelten Thrombozytenhemmung 12–24 Stunden nach Intervention, nachdem eine intrakranielle Hämorrhagie mittels nativer Computertomographie ausgeschlossen wurde.

Astverschlüsse

Ob Patienten mit kleineren Gefässverschlüssen (Truncus superior oder inferior der Arteria cerebri media, Arteria cerebri anterior oder posterior) und schwerwiegender Symptomatik wie Hemiparese, Aphasie, Hemianopsie oder Neglect von einer endovaskulären Intervention profitieren, ist nicht eindeutig geklärt. Kleinere Stentretriever und Aspirationskatheter werden entwickelt, um peripher gelegene Verschlüsse zu erreichen. Retrospektiv analysierte Daten zeigen die technische Machbarkeit der endovaskulären Therapie mit guten Rekanalisationsraten bis 83% bei einem zerebralen Blutungsrisiko von 7%. Ein funktionell gutes Ergebnis (mRS 0-2) erreichten jedoch nur 30% der Patienten (8).

Erweiterung des therapeutischen Fensters auf 24 Stunden

Neuere Studien haben untersucht, ob Patienten auch später als sechs Stunden nach Symptombeginn von einer Rekanalisation profitieren können. Eine prospektive, randomisierte, multizentrische Studie (DAWN-Trial) konnte zeigen, dass bis 24 Stunden nach Symptombeginn, Patienten mit einem Verschluss der intrakraniellen Arteria carotis interna oder proximalen Arteria cerebri media bei anhaltendem Mismatch mit hohem Schweregrad des neurologischen Defizits und kleinem demarkiertem Infarkt mittels Rekanalisierung in 49% der Fälle einen funktionell unabhängigen Status (mRS 0-2) nach 90 Tagen erreichten, während dies bei der Kontrollgruppe mit konservativer Therapie nur in 13% der Fall war (9). Das Risiko für eine symptomatische Hirnblutung und die Mortalität waren dabei in beiden Gruppen gleich. Ähnliche Ergebnisse konnten in der DEFUSE 3 Studie in einem Zeitfenster bis 16 Stunden nach Symptombeginn gezeigt werden (10).

Patienenselektion

Wichtig für den Erfolg einer Intervention ist die Auswahl geeigneter Patienten. Von einer endovaskulären Therapie profitieren Patienten mit einem Verschluss grosser zerebraler Gefässe, wie der distalen Arteria carotis interna, der Arteria cerebri media (Hauptast oder kaliberkräftige Äste) oder der Arteria basilaris. Dabei sollte ein Mismatch zwischen demarkiertem Infarkt und verzögert perfundiertem Hirngewebe vorliegen, welches die Penumbra – das oligäme, rettbare Hirngewebe – angibt. Der Gefässverschluss kann per CT- oder MR-Angiographie der Kopf- und Halsgefässe dargestellt werden. Eine zusätzliche Perfusionsmessung (CT oder MRT) zur Abschätzung des Mismatchs ist im Zeitfenster von über 6 Stunden oder bei unklarem Symptombeginn («Wake-up-Stroke») zur Bestimmung der Penumbra zwingend nötig und bei Astverschlüssen zur Indikationsstellung oft hilfreich.

Dr. med. Claudia Hader

Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie
Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

claudia.hader@kssg.ch

Dr. med. Johannes Weber

Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie
Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert

  • Zur Therapie von Schlaganfallpatienten mit Verschlüssen grosser intrakranieller Gefässe stehen heute potente endovaskuläre Methoden mit Rekanalisationsraten von über 90% zur Verfügung.
  • Entscheidend für den Erfolg einer endovaskulären Behandlung ist die rasche Zuweisung in ein Stroke-Center mit routiniertem Umgang sämtlicher zur Verfügung stehender Methoden und einer eingespielten Zusammenarbeit von allen beteiligten Disziplinen.
  • Eine endovaskuläre Therapie kann bei anhaltendem Mismatch zwischen minderperfundiertem Hirnareal und demarkiertem Infarkt bis 24 Stunden nach Symptombeginn sinnvoll sein.

Messages à retenir

  • Aujourd’hui, de puissantes méthodes endovasculaires avec des taux de recanalisation de plus de 90% sont disponibles pour le traitement des patients ayant subi un AVC avec occlusion de gros vaisseaux intracrâniens.
  • Un facteur décisif pour le succès du traitement endovasculaire est l’affectation rapide à un centre d’AVC avec une prise en charge expérimentée de toutes les méthodes disponibles et une coopération bien coordonnée entre toutes les disciplines concernées.
  • Le traitement endovasculaire peut être utile jusqu’à 24 heures après l’apparition des symptômes s’il y a un décalage persistant entre la zone moins perfusée du cerveau et l’infarctus délimité.

1. Goyal M et al. Endovascular thrombectomy after large-vessel ischemic stroke: a meta-analysis of individual patient data from five randomizsed trials. Lancet. 2016;387:1723-31.
2. Castano C et al. Use of the New SolitaireTM AB Device for Mechanical Thrombectomy when Merci Clot Retriever Has Failed to Remove the Clot. Intervent Neuroradiol 2009;15:209-214.
3. Saver JL et al. Stent-Retriever Thrombectomy after Intravenous t-PA vs. t-PA Alone in Stroke. NEJM. 2015;372:2285-95.
4. Lee DH et al. Effective use of ballon guide catheters in reducing incidence of mechanical thrombectomy related distal embolization. Acta Neurochir. 2017;159(9):1671-1677.
5. Tarr R et al. The POST trial: initial post-market experience of the Penumbra system: revascularisation of large vessel occlusion in acute ischemic stroke in the United States and Europe. J NeuroIntervent Surg. 2010; 2:341-4.
6. Schramm P et al. ADAPT Technique with ACE68 and ACE64 reperfusion catheters in ischemic stroke treatment: results from the PROMISE study. J NeuroIntervent Surg 2018;0:1-6.
7. Wilson MP et al. Management of tandem occlusions in acute ischemic stroke- intracranial versus extracranial first and extracranial stenting versus angioplasty alone: a systematic review and meta-analysis. J Neurointerv Surg. 2018;10(8):721-728.
8. Grossberg JA et al. Beyond Large Vessel Occlusion Strokes, Distal Occlusion Thrombectomy. Stroke. 2018;49:1662-1668.
9. Nogueira RG et al. Thrombectomy 6 to 24 Hours after Stroke with a Mismatch between Deficit and Infarct. New Engl J Med. 2018; 378: 11-21.
10. Albers GW et al. Thrombectomy for Stroke at 6 to 16 Hours with Selection by Perfusion Imaging. New Engl J Med. 2018; 378: 708-18.w

«Thrombus-in-Transit» durch ein persistierendes Foramen ovale

Fallpräsentation

Ein 52-jähriger Patient musste sich wegen eines bronchialen Plattenepithelkarzinoms einer linksseitigen Unterlappenresektion unterziehen. Einige Tage postoperativ klagte der Patient plötzlich über starke Schmerzen im rechten Bein. Ferner bestand eine zunehmende Dyspnoe. Es zeigte sich im ischämischen rechten Bein ein ausgedehnter arterieller Gefässverschluss, welcher durch einen komplexen notfallmässigen Eingriff mit Thrombendarterektomie und Thrombektomie behandelt werden konnte. Die weiteren Abklärungen ergaben den Nachweis von tiefen Beinvenenthrombosen und von ausgedehnten beidseitigen Lungenembolien. Im Labor zeigte sich eine Thrombozytopenie und es wurde die Diagnose einer heparininduzierten Thrombozytopenie Typ II gestellt. Entsprechend wurde die Antikoagulation auf Bivalirudin umgestellt. Im Rahmen der Untersuchungen wurde eine transthorakale Echokardiographie durchgeführt. Hierbei zeigte sich ein dilatierter, exzentrisch hypertropher rechter Ventrikel (Abb. 1) und es fanden sich Zeichen einer ausgeprägten pulmonal-arteriellen Hypertonie (Abb. 2). Im rechten Vorhof zeigte sich ein grosser Thrombus, welcher am interatrialen Septum adhärent zu sein schien (Abb. 3). Ein Teil des Thrombus prolabierte durch die Trikuspidalklappe in den rechten Ventrikel (Abb. 4). Es wurde interdisziplinär entschieden, den grossen ‘Thrombus-in-Transit’ nach Stabilisierung des Patienten operativ zu entfernen. Die intraoperativ durchgeführte transösophageale Echokardiographie liess erkennen, dass der Thrombus nun durch ein persistierendes Foramen ovale (PFO) in den linken Vorhof prolabierte (Abb. 5). Bei der operativen Entfernung zeigte sich, dass der Thrombus in Fäden der Valvula Eustachii verfangen war (Abb. 6), was eine weitere Migration des Thrombus verhinderte. Der Anteil, welcher durch das PFO prolabierte, liess sich ohne Widerstand herausnehmen. Nach Entfernung des Thrombus wurde das Foramen ovale verschlossen. Die Operation verlief erfolgreich. Nach initial protrahiertem Verlauf erholte sich der Patient sehr gut und es zeigte sich eine deutliche Regredienz der pulmonal-arteriellen Hypertonie. Die Antikoagulation mit Bivalirudin wurde in der Folge auf Marcoumar umgestellt; es kam zu keinen weiteren thromboembolischen Komplikationen.

Kommentar

Die Prävalenz des PFO liegt bei etwa 26% (1). Eine paradoxe Embolie vom kleinen in den systemischen Kreislauf durch ein PFO ist jedoch ein seltenes Ereignis, welches zumeist auf einer mutmasslichen Diagnose bei Patienten mit einem stattgehabten kryptogenen ischämischen Ereignis und anschliessendem Nachweis eines PFO beruht. Eindeutige Fälle, bei welchen ein ‘Thrombus-in-Transit’ innerhalb eines PFO erfasst wird, sind eine Rarität. Wie in unserem Fall, begünstigt eine pulmonale Hypertonie mit Anstieg des rechtsatrialen Druckes das Auftreten einer paradoxen Embolie durch ein PFO (2). Begünstigende klinische Risikofaktoren für die massive Thrombenbildung waren bei unserem Patienten der Tumor und dessen operative Entfernung sowie vor allem die postoperativ aufgetretene heparininduzierte Thrombozytopenie.
Die beste therapeutische Strategie bei Patienten mit einem ‘Thrombus-in-Transit’ durch ein PFO ist nicht ganz klar und jeder dieser seltenen Fälle muss individuell beurteilt werden (3). Einer systematischen Review der publizierten Fallberichte zufolge kam es allerdings bei Patienten, bei welchen eine operative Thrombektomie durchgeführt wurde, zu weniger embolischen Ereignissen im weiteren Verlauf verglichen mit Patienten, bei denen eine Lysetherapie oder lediglich eine Antikoagulation erfolgten (4). Demzufolge scheint die chirurgische Therapie die beste Option für Patienten zu sein, welche als operabel eingestuft werden können. In jedem Fall handelt es sich bei einem ‘Thrombus-in-Transit’ durch ein PFO um ein bedrohliches Ereignis, welches gemäss Literatur mit einer Mortalität von 18% vergesellschaftet ist (4).

Abb. 1: RV-fokussierter apikaler Vierkammerblick Es zeigt sich ein exzentrisch hypertropher, dilatierter rechter Ventrikel. RV = rechter Ventrikel, LV = linker Ventrikel, RA = rechtes Atrium und LA = linkes Atrium.
Abb. 2: CW-Doppler-Signal des Flusses durch die Trikuspidalklappe

Es zeigt sich ein schneller systolischer Regurgitationsjet. Der daraus errechnete systolische Druckgradient zwischen rechtem Ventrikel und rechtem Atrium liegt bei 89mmHg, was für eine schwere pulmonalarterielle Hypertonie spricht.

Abb. 3: RV-modifizierter apikaler Vierkammerblick Im rechten Atrium zeigt sich ein grosser, zweischenkliger Thrombus (*), welcher am interatrialen Septum adhärent zu sein scheint (Pfeil). RV = rechter Ventrikel und RA = rechtes Atrium.
Abb. 4: RV-modifizierter apikaler Vierkammerblick Erneute Darstellung des grossen rechtsatrialen Thrombus (*), wobei in diesem Bild der grössere der beiden Schenkel durch die Trikuspidalklappe in den rechten Ventrikel prolabiert (Pfeil). RV = rechter Ventrikel und RA = rechtes Atrium.
Abb. 5: Intraoperative transösophageale Echokardiographie mit Blick auf die Atria und das interatriale Septum.

Es zeigt sich, dass der Thrombus (*) nun durch ein persistierendes Foramen ovale (Pfeil) in das linke Atrium prolabiert. RA bedeutet rechtes Atrium und LA linkes Atrium.

Abb. 6: Bild des operativ entfernten Thrombus Es zeigt sich eine Einschnürung an der Stelle, wo der Thrombus in Anteilen der Valvula Eustachii verfangen war (Pfeil).
PD Dr. med. Alain M. Bernheim

Stadtspital Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Alain.Bernheim@triemli.stzh.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert

1. Meier B, Lock JE. Contemporary management of patent foramen ovale.
Circulation 2003;107: 5 – 9.
2. Cakir C, Duygu H, Eren NK, Akyildiz ZI, Nazli C, Ergene O. Witnessing a rare event – thrombus seeking its route in the right atrium: ‘thrombus-in-transit’.
J Cardiovasc Med 2008;9:1166-8.
3. Shah DP, Min JK, Raman J, Lodato JA, Van Kley D, Lang RM, Ward RP. Thrombus­in­transit: two cases and a review of diagnosis and management.
J Am Soc Echocardiogr 2007;20:1219.e6­8.
4. Myers PO, Bounameaux H, Panos A, Lerch R, Kalangos A. Impending
paradoxical embolism: systematic review of prognostic factors and treatment. Chest 2010;137:164-70.