SGBCC 2025 Konsensus: Die Kontroverse ist das Ziel

Mitte März fand in Wien die 19. St. Gallen International Breast Cancer Conference (SGBCC25) statt.
Prof. Dr. med. Beat Thürlimann, Co-Chair, SGBCC 2025, erklärt die Ziele der SGBCC Konsensus Konferenz.

Thomas Ferber: Professor Thürlimann, was ist das Besondere am SGB-CC?

Beat Thürlimann: Unsere Konferenz mit der anschliessenden Konsensuskonferenz ist wirklich einzigartig in der Kongresslandschaft. Wir produzieren oder präsentieren praktisch keine neuen Daten, wir haben uns spezialisiert auf die Umsetzung der wissenschaftlichen Ergebnisse in die Praxis.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse werden weitgehend in prospektiv randomisierten Studien erarbeitet, mindestens diejenigen, die «practice changing» sind. Und wie wir wissen, sind natürlich solche Studien immer Modelle, die nur eine kleine, gesunde, therapiewillige Patientenpopulation betreffen.
Die Studien sagen uns also eigentlich, was eine bestimmte Behandlung in dieser geprüften Population erreichen kann. Aber sie sagen uns nicht, wie wir einen individuellen Patienten, der vor uns sitzt, in der Praxis behandeln sollen. Das ist die eine Art für die Umsetzung, die wir verbessern wollen. Das andere ist die Fokussierung auf die Kontroverse, also nicht das, was in den Guidelines internationaler Organisationen oder bestimmter Länder zusammengefasst wird.
Sondern wir machen sozusagen genau das Gegenteil: Wir möchten eine Abbildung der Landschaft der Expertenmeinungen geben, dort, wo es eben keine Evidenz gibt, oder nicht diejenige Evidenz, so wie wir uns dies vorstellen, um die Praxis zu ändern. Oder, dort, wo es eine Evidenz gibt, aber die Interpretation der Evidenz und die Extrapolation auf die tägliche Praxis eben umstritten sind, führen wir eine Debatte.

TF: Diese Debatte findet bekanntlich als sogenannte Konsensuskonferenz statt, jeweils am Samstag. Wo gibt es kontroverse Ansichten und wie gehen sie damit in der Praxis um?

BT: Kontroverse Ansichten gibt es natürlich viele, weil wir mit der Fülle der Ergebnisse und Möglichkeiten, die uns die neuen Techniken und die Biotechnologie geben, im wahrsten Sinne des Wortes mehr Fragen als Antworten haben.
Das Zweite ist, dass wir diese Fragen nie alle in großen, prospektiv-randomisierten Studien werden testen können. Zudem ist der Fortschritt der Wissenschaft schneller, als wir regulieren können, eben in Übernahme von Guidelines. Das ist einmal die Landschaft, in der wir uns bewegen. Und inhaltlich ist eines der Hauptanliegen seit bald zehn Jahren die Deeskalation für die grosse Mehrheit und Eskalation für eine gut ausgewählte Minderheit der Patientinnen. Wir versuchen, die Medizin mehr zu personalisieren.

TF: Wo gab es jetzt, wenn Sie etwas herauspicken möchten, kontroverse Ansichten, zu welchen Themen beispielsweise?

BT: Also, es gibt die alten Bestseller, die nicht gelöst sind, vor allem in der Deeskalation. Und hier steht im Vordergrund die loko-regionäre Behandlung mit Chirurgie und Radiotherapie für bestimmte Risikogruppen. Bei der Chirurgie geht es sicher um die Frage, wie weit wir auf die Axillachirurgie ganz verzichten können.
Zwischenzeitlich gab es auch für Niedrigrisikopopulationen zwei wegweisende Studien. Die Frage ist, wie weit können, dürfen oder sollen wir diese Resultate extrapolieren zu den intermediate Risk Patientinnen. Das ist etwas, was man an jedem Tumorboard jede Woche diskutiert und wonach auch viele Patientinnen fragen und sonst vielleicht nicht wagen, den Arzt darüber zu fragen. Darum wäre es gut, das anzusprechen. Wir wissen, dass die Sentinel-Lymphknotenbiopsie ihre Rolle weitgehend verloren hat zur Auswahl der adjuvanten Therapie, mindestens der Systemtherapie. Und zunehmend auch betreffend der Frage der Radiotherapie. Und darum ist das ein sehr wichtiges Thema, das natürlich noch nicht abschliessend gesprochen ist.
Ich kann hier gerade auf die Publikation von Walter Weber verweisen, aus der TAXIS-Studie, die eben gezeigt hat, dass es keinen Zusammenhang gibt mit der Art der Chirurgie in der Axilla und den Findings in der Axilla für die Selektion der adjuvanten Therapien. Und das zeigt, dass wir hier ganz klar auf dem richtigen Weg sind.
Bei der Systemtherapie geht es zum Beispiel um die Frage des weiteren Abbaus der Anthrazykline, insbesondere für höhere Risikogruppen, beispielsweise bei nodal-positiven Karzinomen, die HER2-positiv sind.

TF: Gab es neue, unerwartete Erkenntnisse, Antworten auf Fragen, die Sie bereits jetzt in die tägliche Praxis umsetzen?

BT: Das ist natürlich eine Frage, die jeder Onkologe, jeder Chirurg oder Radio-Onkologe für sich beantworten muss, weil in diesem Graubereich die einen eben die Ergebnisse etwas schneller als andere Ärzte adoptieren und auch implementieren, in ihrer Institution und dann auch im einzelnen Fall.
Hier muss jeder in seiner Umgebung, an seinem Tumorboard Einfluss nehmen, dass beispielsweise diese Deeskalation in vernünftigem Ausmass, aber auch mit vernünftigem Fortschritt eingeführt wird. Ein gutes Beispiel in der Schweiz ist Radiotherapiefraktionierung bei der Bestrahlung der Brust, aber auch bei der Bestrahlung der Lymphknoten.
Und die Frage des Boosts: Hier gibt es auch noch einiges an Potential zur Deeskalationan einigen Institutionen, gerade in der Schweiz, aber vielleicht auch in weiteren Ländern.

TF: Der Konsensus wird im Frühsommer publiziert werden. Ist der Sinn und Zweck eine Anleitung zu geben oder einen Hinweis, wie man in der Therapie oder auch der Diagnostik verfahren kann?

BT: Es ist aber kein starres Gebilde, sondern hier muss man auch flexibel darauf eingehen können. Es war das Ziel seit etwa 2005, dass wir weggekommen sind von diesen Minimal Guidelines, die wir bis dahin betrieben hatten. Damals hatten wir einen Konsens gesucht für das, was nicht umstritten ist, was die Minimal Care für Patienten mit Brustkrebs bedeuten sollte.
Seither wollen wir das Gegenteil machen. Wir wollen uns auf die Kontroverse konzentrieren. Wir begannen das Panel zu befragen, was die Top Ten of Controversy sind. Diese Themen haben wir dann in den Kongress eingebaut und natürlich auch in die Fragen des Konsensus-Meetings.
Es war von Anfang an klar, dass dieses Papier, das wir produzieren, eben keine Guideline sein soll. Ja, wir glauben, dass es nicht einmal eine Public-Health-Instrument sein soll, sondern es soll ein Instrument für den einzelnen Arzt sein. Für die Situation, wo es eben keine Guidelines gibt, um zu sehen, wie er seinen Patienten oder seine Patientin beraten soll, um schliesslich zu einer vernünftigen Entscheidung zu kommen. Die ist oft nicht richtig und nicht falsch, sondern nur vernünftig. Es ist also ein ärztliches Hilfsmittel und kein Public-Health-Tool.

TF: Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Können Sie einen Ausblick geben, wohin die Reise bei der Therapie des frühen Mammakarzinoms geht?

BT: Die Reise geht weiter, denn es ist ein kontinuierlicher Prozess. Patientinnen mit frühem Brustkrebs im Stadium 1 und 2 haben sehr gute Überlebenschancen, wenn sie Zugang zur richtigen Behandlung haben. Doch die Herausforderung bleibt zweifach: Erstens bei den Patientinnen in low- und middle-income countries, die den Zugang zu dem Fortschritt haben sollen, den wir auch haben. Und das ist natürlich eine Verantwortung der Regulierer und der Industrie. Und das zweite ist, dass die Patientinnen in diesen Gegenden früher zur Diagnose kommen. Hier müssen wir weiter vorwärts machen.

TF: Gibt es bestimmte Medikamentengruppen, die möglicherweise in naher Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen?

BT: Keine Frage, wir werden vermehrt «Targeted Agents» einsetzen, so wie wir es bereits in der vorgeschrittenen Krankheit machen. Diese werden vermehrt in die adjuvante Situation übernommen werden. Es braucht aber noch ein bisschen Arbeit dazu. Dies ist eine Herausforderung, da zumindest in den Industriestaaten die disease-free-survival-Raten schon sehr hoch sind und es darum entsprechend grosse Studien braucht, um in den mittleren und niedrigen Risikopopulationen einen Unterschied zeigen zu können.

TF: Da wird vermutlich auch die künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielen, bei der Diagnostik und bei der Findung von Therapiemöglichkeiten?

BT: Wir haben eine ganze Session für dieses Thema angesetzt. Und wir haben natürlich die Session bewusst mit Ärzten, mit Care-Givers für Breast-Cancer besetzt und nicht mit Computerspezialisten. Und hier hat uns zum Beispiel Herr Jakob Kather aus Dresden die verschiedenen Optionen gezeigt, in welche Richtung wir AI auch anwenden können.
Das ist beispielsweise wichtig für die Pathologie, wo die AI zur automatisierten Befundung eingesetzt wird und damit Zeit und Aufwand eingespart werden können. Das ist mehr als nur ein Segen, gerade für LMIC, und ein grosser Sprung nach vorne. Die AI kommt nicht nur in der Pathologie oder Radiologie zur Anwendung, wo sie ja teilweise schon etabliert ist, sondern in der Session wurde auch ein Beispiel gezeigt, wie diese Technologie während des Tumorboards angewendet werden kann.

TF: Sie haben vorhin die höheren Raten an längerem krankheitsfreiem Überleben angesprochen. Darf man sagen, dass das frühe Mammakarzinom in vielen Fällen eine behandelbare Erkrankung wurde, wo echte Heilungschancen bestehen?

BT: Also wir können sagen, dass echte Heilungschancen schon seit langem bestehen. Viele Patientinnen werden durch Chirurgie alleine geheilt oder durch Chirurgie und Radiotherapie. Doch wir möchten gute Therapieaussichten in über 90 Prozent der Fälle für alle oder für fast alle Patientinnen erreichen können. Da sind wir aber noch ein Stück davon weg, besonders für Patientinnen, die im Stadium 2 und 3 zur Diagnose kommen.

TF: Wir sind praktisch am Ende unseres Gesprächs. Haben Sie noch etwas mitzuteilen? Eine Take-home-Message? Etwas, was Ihnen besonders am Herzen liegt?

BT: Um im Gebiet der Kontroverse zu bleiben: Es ist oft gut, dass von den behandelnden Ärzten vorgeschlagen wird, vielleicht eine Zweitmeinung einzuholen. Ich mache viele solche Zweitmeinungen und ich sehe, dass, wenn auch die Meinung des Tumorboards bestätigt wird, dies viel Ruhe bei den Patientinnen und den Angehörigen bringt. Das ist billig, gut und schnell, wie kaum eine andere Intervention, die wir bei den Patienten machen können. Das würde ich anregen, vermehrt zu nutzen.
Und: Wir haben im Konsensus-Meeting auch schon abgestimmt, dass Patienten unterstützt werden können, nicht die maximale Therapie zu machen oder davon auszugehen, dass Patientinnen dies ohnehin wünschen, sondern dass es in Ordnung ist, im Rahmen des sogenannten proper treatment Therapien wegzulassen, wenn der absolute Gewinn klein ist. Dies soll im Einzelfall mit der Patientin besprochen werden. Aber wir dürfen nicht davon ausgehen, dass alle Patienten alles machen wollen, nur weil wir so denken oder weil wir zu wenig Interaktion mit dem Patienten haben und stattdessen von Safety First ausgehen und dann eben eine Eskalation der Behandlung machen, von der die Patientin kaum eine Chance hat, zu profitieren.

Interview: Dr. med. Thomas Ferber

Update on digital pathology and tissue-based AI ­algorithms in Switzerland

Digitisation of the pathology lab is occurring across Switzerland, at different pace. Although “going digital” has benefits, the challenges are also numerous and may hinder a smooth transition for all institutes. Importantly, only digital labs can take full advantage of Artificial Intelligence (AI) solutions. These AI tools are many, but few are certified as medical devices. They are increasingly complex, and in some cases lead to unexplainable outputs which cannot be verified by pathologists, thus opening questions related to trust, liability and responsibility of these AI solutions. In this short article, we present the current state of digital pathology in Switzerland, the challenges to becoming fully digital, and how the anticipated use of computational biomarker tests will be implicated.

Die Digitalisierung der Pathologie vollzieht sich in der Schweiz in unterschiedlichem Tempo. Obwohl die Digitalisierung Vorteile mit sich bringt, gibt es auch zahlreiche Herausforderungen, die einen reibungslosen Übergang für alle Institute behindern können. Wichtig ist, dass nur digitale Labore die Vorteile von Lösungen der Künstlichen Intelligenz (KI) voll ausschöpfen können. Von diesen KI-Tools gibt es viele, aber nur wenige sind als Medizinprodukte zertifiziert. Sie werden immer komplexer und führen in einigen Fällen zu unerklärlichen Ergebnissen, die von Pathologen nicht überprüft werden können, wodurch sich Fragen in Bezug auf Vertrauen, Haftung und Verantwortung dieser KI-Lösungen stellen. In diesem Artikel stellen wir den aktuellen Stand der digitalen Pathologie in der Schweiz vor, die Herausforderungen auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung und die Auswirkungen der zu erwartenden Verwendung von computergestützten Biomarker-Tests.
Keywords: digital pathology, AI, biomarkers

Introduction

Pathology as a medical discipline is undergoing a major transformation (1). Like radiology before it, pathology is “going digital”. Digitalisation of glass slides and digitization of lab processes are in progress across Switzerland and the AI market is exploding with tools promising to help pathologists in their daily work. In addition, generative AI and large language models (LLM) have demonstrated potential for accurate pathological diagnosis, even indicating best therapeutic strategies, when provided with histological images with text prompts (2, 3). Recently, foundational models have gained in popularity- these models are trained on millions of images, and are expected to be able detect patterns in tissues which can be further fine-tuned to produce even more accurate results for specific tasks (4). AI is everywhere in pathology, or so it seems, and surely must be ready for prime time. Is this really the case? Where do we stand with digital pathology and the implementation of AI in pathology in Switzerland today? Here, we evaluate this question by interrogating the advantages and disadvantages of going digital, the introduction of AI tools, as well as the promises and concerns of increasingly more complex tissue-based oncological biomarkers such as computational companion diagnostic tests.

Where does the digitisation of the pathology lab stand today?

To date, most pathology labs in Switzerland will have some degree of digitalisation of glass slides. Even with only one digital slide scanner, and no other specialized software, digital cases can be sent from one institution to the next for second opinions, and hence expert diagnoses for difficult cases can be obtained more rapidly. If in-house specialists are unavailable to make these diagnoses, scans can easily be shared with external specialists and reviewed digitally. Discussion of cases within multi-disciplinary teams is now facilitated and no longer requires a microscope or camera.

A fully digital lab has several advantages. As digital slides are used for diagnosis on the computer, previous cases from the same patients can be pulled up for comparison in a matter of seconds without searching and retrieving slides manually from the archive (5). Multiple slides and stains from the same cases can also be evaluated side-by-side by multi-panel viewing. Hence, a more comprehensive overview of all patient material can be made which facilitates diagnosis, more accurate measurements, and speedy annotation of structures. A truly digitized lab should consist of paperless workflows, reducing the potential for human error, and providing a high degree of standardisation. However, the biggest benefit of the digitisation of the pathology lab is the opportunity to work with computer-assisted diagnostic (CAD) tools, namely AI algorithms. Without this aspect, full digitisation for the purpose of replacing the microscope with a computer, is not an easy sell, neither to pathologists nor to hospital or university management.

Why are most pathology labs in Switzerland not already fully digitized?

It is estimated that only around 5 % of all institutes of pathology in Switzerland are fully digital. Why so few? The digital transformation is essentially a large IT project, which requires a total re-evaluation and optimisation of all lab-related and diagnostic reporting processes, which include additional steps (6–8). Because expertise of the processes and the pathology domain are key, the digital transformation project must be led by the pathology departments themselves (Fig. 1). This requires resources and time, possibly more personnel, and a multi-disciplinary team of people, from IT and lab staff to quality assurance officers and pathologists (9). Software and hardware integrations are needed for connecting the various components of the digital pathology system, including slide scanner, lab information systems (LIS) or Image Management System (IMS). Such integrations involve conversations between different vendors, which can be arduous, and often lead to impractical interfaces that sabotage the desired workflow. Swiss guidelines for the clinical implementation of digital pathology have recently been published and can be used as a basis to address implementation challenges (10).

The equipment and software are expensive: a single conventional slide scanner costs around 250 000 CHF, and a moderately sized pathology institute may need anywhere between 4–6 of these simply to cover the daily workload. Additional costs for various lab equipment, IMS, IT integrations, monitors, devices for image navigation need to be considered, and most likely all together will require a tender bidding process. With an average scan approximating 2 GB in size, and a moderately sized institute of pathology diagnosing 2500 slides/day, image storage solutions and “compute” facilities whether Cloud-based or on premise, quickly accumulate massive costs and are an important financial burden (11). The initial investment in the digital transformation can easily cost several million CHF and needs to be sustainable (12). Where the money comes from is an important point and the business case is potentially currently unconvincing, as it will take time for the full impact and added value to become clear once systems have fully stabilized over time (13).

Digital pathology also requires pathologists to adjust their workflows or learn new techniques, which may be off-putting to MDs (14). The digital transformation profoundly affects pathologists’ way of working: the microscope, namely the main tool of the trade for the last 200 years is being replaced by a computer. In a few ways, digital scans cannot reproduce the very detailed, fine grained attributes of tissues visualized under the microscope (15). Most slide scanners today fail to accurately capture cytological specimens because these slides contain thicker materials that require z-stack scanning to visualize the full depth, but many scanners lack this capability. There are additionally some well-described diagnostic pitfalls that pathologists must be made aware of, including under-estimating areas of high-grade dysplasia and the detection of certain bacteria (15, 16). Taken together, for pathologists the digital transformation of the lab means: replacing the most important tool of their trade by something new, and interpreting images for diagnosis in a completely different way, yet still assuring the quality of their diagnoses, with no change in turn-around-time (TAT). Moreover, there is scant evidence to date from fully digitized labs regarding the impact of TATs employing digital diagnosis; definitive conclusions will likely only emerge in the future as labs finish implementing, refining, and comparatively analysing their pre/post digital approaches.

“Qual der Wahl”

Only a fully digitized lab can consider implementing AI, without suffering from disruptive logistical issues in the lab. Dozens of AI vendors and start-up companies are offering similar tools for similar tasks, with similar accuracy, but at different costs or service packages (17). Most companies today can offer “Research Use Only” tools, while CE-IVD or CE-IVDR marked AI tools as medical devices are few and far between. One example of an FDA-approved AI tool for pathology is the prostate cancer detection and Gleason pattern grading tool from PAIGE. Breast cancer biomarker panels, tumor detection, and lymph node metastasis detection algorithms are offered by a variety of companies, and the portfolio of different tools being offered is limited (17) (Tab. 1). Hence, there is reticence among pathologists to commit to a single company. In addition, the financial incentive is low, in fact, there is currently no possibility of reimbursement of AI support for histopathology diagnosis in Switzerland. Moreover, there is little evidence that the much-debated TAT numbers are positively affected by the introduction of AI. Studies urgently need to be conducted in this regard to understand the influence of the use of AI on daily routine in real-life setting (not in research setting, which is most often the case now). If seamless integration of AI tools into workflows is achievable, then TAT improvements could become a reality- but the truth is, few examples of seamless integration exist.

The Ground Truth. Who’s Ground Truth?

Commercially available algorithms for diagnostic tasks (e.g. tumor detection, Ki-67 quantification, or mitosis detection) have until now been trained on datasets of hundreds to thousands of manually generated and curated annotations created by pathologists, with the underlying assumption that these annotations represent a “ground truth” and are an accurate representation of the feature to eventually be predicted (18). However, as seen in Faryna et al. some features suffer from inter-pathologist variability, which is also reflected in the AI tools, and raises the question of how to establish a reliable Ground Truth (19). If the Ground Truth is not reproducible, how can an AI algorithm be expected to outperform pathologists? In fact, in most cases, the accuracy of the algorithms reaches the accuracy of pathologists, showing them to be non-statistically inferior, and this is determined to be satisfactory. Pathologists are often eager to have AI support in “ambiguous” diagnostic cases. Unfortunately, ambiguous cases remain ambiguous because AI algorithms are trained on datasets annotated by medical experts; when experts disagree, this uncertainty is embedded in the dataset and ultimately propagated to the trained model. Moreover, although AI developers strive to produce unbiased and generalizable algorithms, the development of these is often hindered by lack of diversity in their datasets (scanners, protocols, patient demographics) (20–22). Also, various AI tools generate different results on the same case with an inter-obseerver agreement which is in the range of their human counterpart (19). Collaboration between institutes of pathology and AI vendors is therefore crucial to help alleviate this issue. For algorithms trained to quantify immunohistochemistry staining, like PD-L1, additional inter-lab variability (leading to lighter/darker staining, different number of cells in thicker or thinner sections) affects the performance of the algorithms, such that each algorithm should be additionally fine-tuned for that institute’s specific protocol, and thus to each institute’s “ground truth”. This leads to additional resource requirements for the institutes, which must now perform validation studies for each new algorithm applied.

Which stakeholders benefit from the output of today’s algorithms on the market?

The examples given above primarily complement or support pathologists’ primary diagnosis of disease. In an ideal world, these diagnostic tools would help make the labour-intensive or time-consuming tasks (lymph node metastasis screening, helicobacter pylori detection, mitosis quantification, counts of eosinophils, etc) easier and more efficient (23). The current Swiss view with regards to the clinical validation of image analysis and AI algorithms are summarized in Berezowska et al (24). Despite the issue of inter-observer variability, evidence shows that pathologists’ scores still merge towards the ground truth overall with the use of a computer-assisted diagnostic support tool, indicating a true benefit in using an AI algorithm (25). In addition to these, there are algorithms for immunohistochemical biomarkers which are evaluated to help oncologists select patients for certain targeted therapies, such as PD-L1 (e. g. TPS or CPS), ER, PR, HER2 or HER2 Dual or fluorescence In Situ Hybridisation (ISH). Although far from perfect, these algorithms can help guide the final scoring by pathologists. So, while some algorithms themselves may be generated using “black box” methods, the outputs or predictions are the histological features that pathologists want to report, and they can observe and verify these features.

The increasing complexity of biomarker scoring

The Immunoscore® gained popularity several years ago as a potential prognostic test in stage II and low-risk stage III colon cancers (26) and was eventually listed as a potential prognostic factor in the ESMO guidelines 2020 (27). This computational test not only quantifies the number of CD3+ and CD8+ T-cells, but also considers the location of the cells, namely within the tumor center or at the tumor invasion front. After evaluating the highest densities of these cells across multiple regions of interest, a final score emerges from Immunoscore 1 (low) to Immunoscore 4 (high) (28). This test is more complicated than a simple count of T-cell numbers, as it considers an additional piece of information, namely the location of these cells within the tumor microenvironment. The results are nonetheless verifiable by pathologists, who can correct or adjust the score prior to making their final reports.

An important problem arises when algorithms are trained to predict outcome variables, such as prognosis or therapy response, directly from whole slide images using end-to-end deep learning approaches, rather than using histological ground truth. One such example is by DoMore Diagnostics (29, 30). Here, a prognostic risk classification can be generated from a standard diagnostic H&E slide, which is first scanned and the image tessellated into smaller tiles. Five different deep learning algorithms run across each tile, at two magnifications. Each algorithm produces a probability of having a good prognosis, and at the end, the probabilities are aggregated into a final patient score of “Good”, “Uncertain” or “Poor” prognosis. This assay has been trained, tested and validated on thousands of patient samples including retrospective clinical trials. Unfortunately, the decisions for the predictions of the algorithms are not interpretable; they cannot be explained or verified. Even with the use of “attention mechanisms” (31), which aim to bring attention to the areas responsible for the decision-making process, it is impossible to understand the reason behind the decision. It is a true “black box”. Moreover, some companies are offering the possibility to submit digital scans online for remote processing and result generation. In this case, not only is the algorithm a black box, but the entire procedure of scan evaluation and reporting is as well.

Hence such algorithms are currently met with apprehension in the pathology community. These scores are uninterpretable, unexplainable, and unverifiable. Questions of responsibility, liability, and ethics prevent most pathologists from contemplating the use of such algorithms today.

The computational companion diagnostic test

Computational approaches to investigate biomarkers can outperform standard assessment by “eyeballing”. A recent example is the quantitative assessment of TROP2 as a predictive biomarker for patients with non-small cell lung cancer (NSCLC) treated with TROP2-directed antibody drug conjugate Datopotamab Deruxtecan (Dato-Dxd). This test, called the “Quantitative Continuous Score, QCS Normalized Membrane Ratio” is based on calculating the optical density of membranous staining and cytoplasmic staining of each tumor cell and then taking the ratio of optical density of membrane staining divided by that of membrane plus cytoplasmic staining together (32). If the value of the ratio in a cell is < 0.56 in more than 75 % of cells, the tissue is considered positive. Pathologists, unfortunately, will in most cases not be able to verify these findings to such precise degree, if at all. Although this assay is still in its early days, it has been proposed as a novel computational companion diagnostic test and has been included in prospective clinical trials for validation (33). It nonetheless underlines another major challenge when it comes to AI tools in pathology today: the QCS can only be performed if tissues are stained on immunostainers from a particular company, scanned on slide scanners from the same company, and analysed using the proprietary software. These constraints highlight the limited potential of the assay in its current form, as the slide scanning market is being dominated by more prominent scanner vendors in most digital labs outside of the research setting. Additionally, it is often observed that institutes of pathology will select only one vendor for slide scanners to keep lab processes simple and lean. Purchasing multiple scanners from different vendors “solely” to perform different companion diagnostic tests is unrealistic at best.

Where does it go from here?

As more and more institutes of pathology in Switzerland become digital, experience with AI tools will increase as well. Several questions emerge at this time: how should the pathology-oncology community deal with the arrival of computational companion diagnostic tests, whose outputs cannot be verified? What happens in the case of misdiagnosis, who is liable for it? Is it ethical to run such tests on patient materials without understanding how the test functions and cannot be verified? How might attitudes of pathologists and clinicians change with cumulative experience with these AI tools?

AI start-up companies currently flood the market. This situation will undoubtedly converge to a handful of vendors capable of meeting the demands of pathologists and importantly, the requirement of seamless integration of their products into full digital workflows. In-house algorithms will continue to be developed and shared. In light of this, the Swiss Consortium for Digital Pathology (SDiPath) has recently published guidelines for packaging and sharing AI tools between institutions in Switzerland (10). Important, urgent discussions must take place regarding reimbursement for the use of AI as decision support tools, otherwise the financial sustainability of implementing these lies in peril.
Special applications of LLMs or Vision Language Models (VLMs) will start to take their place in diagnostic workflows, as support tools using text and images, and are welcome especially in the context of rare diseases, or image matching / image retrieval (2, 34). A shift toward more multi-modal models, incorporating images as well as molecular, clinical, metabolomic, proteomic, and spatial information, can also be anticipated.

Conclusion

Digitisation in pathology impacts the foundations on which pathology diagnosis is carried out. The transformation has benefits, but also major challenges, including initial investments in hardware, storage, and software and the financial sustainability of these elements in addition to the AI tools. Interoperability issues within the workflow persist and can negatively impact TAT. Moreover, in view of the use of “black box” algorithms, the diagnostic community will be faced with how to handle these novel situations and be prepared to ask the difficult questions to identify the best way forward for patients.

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med. Rainer Grobholz

University of Zurich
Faculty of Medicine
Pestalozzistrasse 3
8032 Zürich

Institute of Pathology, Cantonal Hospital Aarau
Tellstrasse 25
5001 Aarau

Prof. Dr. phil. nat. Andrew Janowczyk

Department of Biomedical Engineering, Emory University and Georgia
Institute of Technology, Atlanta, USA.
Geneva University Hospitals
Department of Oncology, Division of Precision Oncology,
Department of Diagnostics, Division of Clinical Pathology
Centre Médical Universitaire
Rue Michel-Servet 1
1206 Genève

Prof. Dr. phil. nat. Inti Zlobec

University of Bern
Institute of Tissue Medicine and Pathology (ITMP)
Murtenstrasse 31
3008 Bern

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Digitisation of the pathology lab is being implemented at different pace across Switzerland.
  • «Going digital» is a disruptive process with many challenges to overcome, e.g. costs, personnel resources, IT integration with multiple vendor products, and adoption of a new microscope-free diagnostic reporting environment.
  • Only completely digitized labs can truly benefit fully from implementing Artificial Intelligence solutions.
  • The outputs of AI algorithms for tissue-based biomarkers becomes more complex, unexplainable and therefore less verifiable by pathologists, begging the question whether such AI tools will be accepted by pathologists and oncologists, alike.

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30. O. J. Skrede et al., Deep learning for prediction of colorectal cancer outcome: a discovery and validation study. Lancet 395, 350-360 (2020).
31. C. C. Atabansi et al., A survey of Transformer applications for histopathological image analysis: New developments and future directions. Biomed Eng Online 22, 96 (2023).
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Ausgewählte Studien zu soliden Tumoren

Der Kontakt mit Tätowierfarbe wird mit Lymphomen und Hautkrebs in Verbindung ­gebracht – ­eine dänische Zwillingsstudie

Eine vor kurzem publizierte Studie untersuchte den möglichen Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Tätowierfarben und der Entwicklung bestimmter Krebsarten in der kürzlich eingerichteten dänischen Zwillings-Tätowierungs-Kohorte. Es ist bekannt, dass Tätowierfarben von der Haut ins Blut übergehen und sich in regionalen Lymphknoten ansammeln. Die Autoren befürchten, dass Tätowierfarben an der Ablagerungsstelle Entzündungen hervorrufen, die zu chronischen Entzündungen und einem erhöhten Risiko für eine abnormale Zellproliferation, insbesondere Hautkrebs und Lymphome, führen.

Methoden

Die Autoren haben zwei Designs von Zwillingsstudien durchgeführt, um die Kontrolle von Störfaktoren zu verbessern: Eine Kohortenstudie mit 2.367 zufällig ausgewählten Zwillingen und eine Fall-Kontroll-Studie mit 316 Zwillingen, die im Zeitraum 1960–1996 geboren wurden. Krebsdiagnosen (ICD-10) wurden aus dem dänischen Krebsregister abgerufen und die Exposition gegenüber Tätowierfarben aus der dänischen Zwillings-Tätowierungsumfrage von 2021. Die Analyse befasste sich mit den Auswirkungen einer zeitlich variierenden Exposition.

Ergebnisse

In der Fall-Kontroll-Studie ergab die Analyse auf individueller Ebene ein 1.62-mal höheres Hautkrebsrisiko (jeglicher Art außer Basalzellkarzinom) bei tätowierten Personen (95 % KI: 1.08–2.41). Die Zwillingsanalyse von 14 Zwillingspaaren, die hinsichtlich der Exposition gegenüber Tätowierfarbe und Hautkrebs nicht übereinstimmten, ergab eine HR von 1.33 (95 % KI: 0.46–3.84). Bei Hautkrebs und Lymphomen wurde ein erhöhtes Risiko für Tätowierungen festgestellt, die größer als die Handfläche sind: HR = 2.37 (95 % KI: 1.11–5.06) bzw. HR = 2.73 (95 % KI: 1.33–5.60). Im Kohortenstudien-Design ergab die Analyse auf individueller Ebene eine Hazard Ratio von 3.91 (95 % KI: 1.42–10.8) für Hautkrebs und 2.83 (95 % KI: 1.30–6.16) für Basalzellkarzinome.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Studie auf ein erhöhtes Risiko für Lymphome und Hautkrebs bei tätowierten Personen hindeutet, was durch zwei Designs nachgewiesen wurde: eine Zwillingskohortenstudie und eine Fall-Zwillings-Studie. Die Autoren sind besorgt, dass die Wechselwirkung von Tätowierfarbe mit umliegenden Zellen schwerwiegende Folgen haben könnte. Zum Wohle der öffentlichen Gesundheit werden Studien empfohlen, die den ätiologischen Weg der durch Tätowierfarbe verursachten Karzinogenese aufzeigen.

Quelle
Signe Bedsted Clemmensen et al. Tattoo ink exposure is associated with lymphoma and skin cancers – a Danish study of twins. BMC Public Health (2025) 25:170 https://doi.org/10.1186/s12889-025-21413-3.

Aktive Überwachung mit oder ohne endokrine Therapie bei ­duktalem Karzinom in situ mit niedrigem Risiko. Die randomisierte klinische COMET-Studie

Die aktive Überwachung bei duktalem Karzinom in situ (DCIS) der Brust mit geringem Risiko wurde als Alternative zur leitlinienkonformen Behandlung vorgeschlagen, aber die Sicherheit dieses Ansatzes ist unbekannt. In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurde die Raten invasiver Krebserkrankungen bei Patientinnen mit DCIS mit geringem Risiko, die aktiv überwacht werden, mit der leitlinienkonformen Behandlung verglichen.

Design, Setting und Teilnehmer

Es handelt sich um eine prospektive, randomisierte Nichtunterlegenheitsstudie, an der 995 Frauen im Alter von 40 Jahren oder älter mit einer neuen Diagnose von Hormonrezeptor-positivem DCIS Grad 1 oder Grad 2 ohne invasiven Krebs an 100 klinischen Studienzentren der US Alliance Cancer Cooperative Group von 2017 bis 2023 teilnahmen.

Interventionen

Die Teilnehmerinnen wurden randomisiert und erhielten entweder eine aktive Überwachung (Nachuntersuchung alle 6 Monate mit Bildgebung der Brust und körperlicher Untersuchung; n = 484) oder eine leitlinienkonforme Behandlung (Operation mit oder ohne Strahlentherapie; n = 473).

Das primäre Ergebnis war das kumulative 2-Jahres-Risiko einer ipsilateralen invasiven Krebsdiagnose gemäß der geplanten Intention-to-Treat- und Per-Protocol-Analyse mit einer Nichtunterlegenheitsgrenze von 5 %.

Ergebnisse

Das Durchschnittsalter der 957 analysierten Teilnehmer betrug 63.6 (95 % CI, 55.5–70.5) Jahre in der Gruppe mit leitlinienkonformer Versorgung und 63.7 (95 % CI, 60.0–71.6) Jahre in der Gruppe mit aktiver Überwachung. Insgesamt waren 15.7 % der Teilnehmer schwarz und 75.0 % weiß. In dieser vordefinierten primären Analyse betrug die mittlere Nachbeobachtungszeit 36.9 Monate; 346 Patientinnen wurden wegen DCIS operiert, 264 in der Gruppe mit leitlinienkonformer Versorgung und 82 in der Gruppe mit aktiver Überwachung. Bei 46 Frauen wurde ein invasiver Krebs diagnostiziert, 19 in der Gruppe mit aktiver Überwachung und 27 in der Gruppe mit leitlinienkonformer Versorgung. Die kumulative 2-Jahres-Kaplan-Meier-Rate des ipsilateralen invasiven Karzinoms betrug 4.2 % in der Gruppe mit aktiver Überwachung gegenüber 5.9 % in der Gruppe mit leitlinienkonformer Versorgung, eine Differenz von –1.7 % (obere Grenze des 95 %-KI, 0.95 %), was darauf hinweist, dass die aktive Überwachung der leitlinienkonformen Versorgung nicht unterlegen ist. Die invasiven Tumormerkmale unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen.

Schlussfolgerungen und Relevanz

Frauen mit DCIS mit geringem Risiko, die in die aktive Überwachung randomisiert wurden, hatten nach 2 Jahren keine höhere Rate an invasivem Krebs in derselben Brust im Vergleich zu denen, die in die leitlinienkonforme Behandlung randomisiert wurden.

Es stellt sich die Frage nach der kurzfristigen Sicherheit eines aktiven Überwachungsansatzes im Vergleich zur leitlinienkonformen Behandlung (Operation mit oder ohne Strahlentherapie) bei Hormonrezeptor-positivem, duktalem Karzinom in situ Grad 1 oder Grad 2 der Brust.

Gemäss den Resultaten dieser prospektiven, randomisierten klinischen Studie mit 957 Teilnehmern betrug die kumulative 2-Jahres-Kaplan-Meier-Rate ipsilateraler invasiver Karzinome 5.9 % in der Gruppe mit leitlinienkonformer Behandlung gegenüber 4.2 % in der Gruppe mit aktiver Überwachung, was einer Differenz von –1.7 % (obere Grenze des 95 %-KI, 0.95 %) und darauf hinweist, dass die aktive Überwachung der leitlinienkonformen Behandlung nicht unterlegen ist.

Bedeutung

Diese Daten unterstützen die kurzfristige Sicherheit der aktiven Überwachung im Vergleich zur leitlinienkonformen Behandlung bei Patienten mit duktalem Karzinom in situ.

Quelle
Reimer T et al. Axillary Surgery in Breast Cancer — Primary Results of the INSEMA Trial. N Engl J Med 2024 Dec 12. doi: 10.1056/NEJMoa2412063. Online ahead of print.

Prof. Dr. med. Beat Thürlimann

Brustzentrum, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St.Gallen

Ausgewählte Studien aus der Hämato-Onkologie

CAR+ T-Zell-Lymphom nach Cilta-cel Therapie bei rezidiviertem oder refraktärem Myelom

Diese Studie dokumentiert zwei Fälle, bei denen nach einer Behandlung mit Ciltacabtagene Autoleucel (Cilta-cel), einer CAR-T-Zelltherapie gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA), bösartige monoklonale T-Zell-Lymphoproliferationen auftraten. Beide Patienten nahmen an der Phase-3-Studie CARTITUDE-4 für Lenalidomid-refraktäres multiples Myelom teil.

Die Analyse zeigte, dass die malignen T-Zellen beider Patienten nachweisbare CAR-Transgen-Expression und -Integration aufwiesen. Bei beiden Patienten wurden TET2-Mutationen in den Tumorproben nachgewiesen, wobei mindestens eine dieser Anomalien bereits zwei Jahre vor der Cilta-cel-Infusion in geringer Häufigkeit vorhanden war. Die genomischen Befunde deuten darauf hin, dass mehrere Faktoren zur Pathogenese beigetragen haben könnten: die Transduktion von bereits vorhandenen TET2-mutierten T-Zellen, gefolgt vom Erwerb weiterer onkogener Varianten, Keimbahn-Variationen (wie eine JAK3-Variante bei Patient 1), virale Infektionen und vorherige Myelom-Behandlungen.
Beide Patienten sprachen zunächst gut auf die Cilta-cel-Therapie an und erreichten ein stringentes komplettes Ansprechen mit MRD-Negativität. Monate später entwickelte jedoch Patient 1 eine rasch wachsende Gesichtsläsion und Patient 2 mehrere Hautveränderungen. Die histologischen Untersuchungen zeigten in beiden Fällen eine CD4/CD8-doppelnegative T-Zell-Infiltration mit CAR-Expression. Die dominanten T-Zell-Rezeptor-Sequenzen zeigten keine Spezifität für virale Antigene.

Nach Chemotherapie mit CHOEP und nachfolgenden Behandlungen einschliesslich allogener Stammzelltransplantation erreichten beide Patienten ein vollständiges metabolisches Ansprechen, wobei keine zirkulierenden CAR-T-Zellen mehr nachweisbar waren.

Die Autoren betonen, dass CAR-T-Zell-assoziierte T-Zell-Lymphome selten sind und der Nutzen der CAR-T-Zelltherapie für das multiple Myelom weiterhin das Risiko überwiegt. Dennoch empfehlen sie eine vigilante Überwachung auf T-Zell-Lymphome bei allen CAR-T-Zell-Empfängern, wie es auch die FDA in einer Warnung von Dezember 2023 fordert.

Literatur
S.J. Harrison et al., N Engl J Med 2025;392:677-85. DOI: 10.1056/NEJMoa2309728

Studie
Finanziert von Johnson & Johnson und Legend Biotech, USA. CARTITUDE-4 Studie: ClinicalTrials.gov Nummer, NCT04181827.

CD4+ T-Zell-Lymphom mit CAR-Integration in TP53

Die Studie beschreibt einen Fall von T-Zell-Lymphom, bei dem eine lentivirale Integration des chimären Antigenrezeptors (CAR) in das Tumorsuppressorgen TP53 nachgewiesen wurde. Die 72-jährige Patientin mit rezidiviertem, dreifach-refraktärem multiplem Myelom hatte zuvor vier Therapielinien erhalten und wurde anschliessend mit Ciltacabtagene Autoleucel (Cilta-cel), einer BCMA-gerichteten CAR-T-Zelltherapie, behandelt.

Etwa zwei Monate nach der Infusion entwickelte die Patientin anhaltende Übelkeit, Erbrechen und therapieresistente Durchfälle, was schliesslich zur Krankenhauseinweisung führte. Die Dünndarmbiopsie zeigte histologisch zunächst das Bild einer immunvermittelten Enterokolitis. Trotz verschiedener Therapien einschliesslich Glukokortikoiden, Tacrolimus und hochdosiertem Infliximab blieb eine dauerhafte Besserung aus. Erst unter Ruxolitinib besserten sich die Symptome vorübergehend, jedoch entwickelte die Patientin später eine Sepsis und verstarb.

Bei einer nachträglichen molekularen Analyse der Dünndarmbiopsie wurde eine hohe CAR-Expression nachgewiesen, was zu einer pathologischen Neubewertung als indolentes CD4+ T-Zell-Lymphom des Gastrointestinaltrakts führte. Die T-Zell-Rezeptor-Sequenzierung identifizierte einen dominanten Klon, der 83,59% der produktiven TCR-Sequenzen ausmachte. Die Integrationsanalyse zeigte zwei dominante Insertionsstellen des CAR: die erste in umgekehrter Orientierung im ersten Intron von TP53 und die zweite im ersten Intron des TANGO2-Gens.

Immunhistochemisch war die p53-Expression in 90% der T-Zellen vermindert, was auf eine reduzierte Expression in den klonalen T-Zellen hindeutet. Zusätzlich wurde eine Mutation im SOCS1-Gen nachgewiesen, einem Tumorsuppressor, der den JAK-STAT-Signalweg reguliert. Die Immunhistochemie bestätigte eine JAK-STAT-Aktivierung in 80-90% der T-Zellen.

Dieser Fall unterscheidet sich von früheren Berichten, da keine präexistierende klonale Hämatopoese zur Onkogenese beizutragen schien. Stattdessen deuten die Daten darauf hin, dass eine nach der Infusion nachweisbare SOCS1-Mutation möglicherweise zusammen mit der CAR-Aktivität, der CAR-Vektorintegration in TP53 oder beiden Faktoren zur Entwicklung des CAR+ T-Zell-Lymphoms beigetragen hat.

Die Autoren betonen, dass sekundäre CAR-T-Zell-Lymphome selten sind, und empfehlen bei ungeklärten klinischen Symptomen, insbesondere Durchfall, einen hohen Verdachtsindex für T-Zell-Infiltrationen aufrechtzuerhalten.

Literatur
K. Perica et al., N Engl J Med 2025;392:577-83. DOI: 10.1056/NEJMoa2411507

Studie
Finanzierung: Es handelt sich um eine akademische Studie, alle Autoren sind am Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSKCC) beschäftigt und wurden durch einen Core Grant des National Cancer Institute (P30 CA008748) unterstützt

Zeitlich begrenzte Acalabrutinib-Kombinationstherapien bei unbehandelter chronischer ­lymphatischer Leukämie

Hintergrund

Eine Phase-3-Studie untersuchte, ob eine zeitlich begrenzte Therapie mit Acalabrutinib-Venetoclax (mit oder ohne Obinutuzumab) im Vergleich zur Chemoimmuntherapie bei unbehandelten Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) zu einem besseren progressionsfreien Überleben führt.

Methoden

In dieser offenen Studie wurden Patienten ab 18 Jahren mit ECOG-Status 0–2 ohne 17p-Deletion oder TP53-Mutation im Verhältnis 1 : 1 : 1 randomisiert:
• Acalabrutinib-Venetoclax (AV)
• Acalabrutinib-Venetoclax-Obinutuzumab (AVO)
• Chemoimmuntherapie (CIT) nach Wahl des Arztes: Fludarabin-Cyclophosphamid-Rituximab oder Bendamustin-Rituximab.
Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS).

Ergebnisse

Bei 867 randomisierten Patienten (mittleres Alter 61 Jahre, 64.5 % Männer) zeigte sich nach median 40.8 Monaten:
• Das geschätzte 36-Monats-PFS betrug 76.5 % (AV), 83.1 % (AVO) und 66.5 % (CIT)
• Hazard Ratio für Krankheitsprogression oder Tod: 0.65 für AV vs. CIT (p=0.004) und noch besser für AVO vs. CIT (p<0.001)
• Geschätztes 36-Monats-Gesamtüberleben (OS): 94.1 % (AV), 87.7 % (AVO) und 85.9 % (CIT)
Eine Neutropenie war die häufigste schwerwiegende Nebenwirkung (Grad ≥3): 32.3 % (AV), 46.1 % (AVO) und 43.2 % (CIT). COVID-19-bedingte Todesfälle traten bei 10 (AV), 25 (AVO) und 21 (CIT) Patienten auf.

Schlussfolgerung

Acalabrutinib-Venetoclax mit oder ohne Obinutuzumab verlängerte das PFS signifikant im Vergleich zur Chemoimmuntherapie bei fitten Patienten mit unbehandelter CLL.

Literatur
J.R. Brown et al., N Engl J Med 2025;392:748-62. DOI: 10.1056/NEJMoa2409804

Studie
Finanzierung: AstraZeneca; AMPLIFY Studie. ClinicalTrials.gov number: NCT03836261

Prof. Dr. med. Christoph Renner

Onkozentrum Hirslanden Zürich und Onkozentrum Zürich
Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

Christoph.renner@hirslanden.ch

Erkenntnisgewinne vom European Lung Cancer Congress 2025 (ELCC) auf dem Gebiet der Medizinischen Onkologie

Dr. Noemi Requart, Barcelona, referierte auf dem European Lung Cancer Congress 2025 in Paris über den aktuellen Wissensstand, zukünftige Entwicklungen und das zukünftige Potenzial zur Deckung bislang ungedeckter medizinischer Bedürfnisse in der medizinischen Onkologie, insbesondere im Bereich der Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC).

Gegenwart und Zukunft – Was erwartet die klinische Praxis von morgen?

Im Hinblick auf die Erstlinien-EGFR-Therapie wurden die Studien MARIPOSA (Amivantamab + Lazertinib) sowie COCOON (prophylaktische Intervention gegen Nebenwirkungen) hervorgehoben.

Für die Erstlinientherapie von NSCLC ohne nachweisbare treibende genetische Alterationen (Non-AGAs, Actionable Oncogenic Alterations) nannte die Referentin die Studie MK-3475A-D77.

MARIPOSA

MARIPOSA war eine dreiarmige, randomisierte Phase-3-Studie, in der Amivantamab + Osimertinib (offen) mit Osimertinib (verblindet) und Lazertinib (verblindet) bei therapienaiven Patienten mit EGFR-mutiertem NSCLC verglichen wurde. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS), bewertet durch ein verblindetes, unabhängiges zentrales Review (BICR). Ein sekundärer Endpunkt war das protokollspezifische finale Gesamtüberleben (OS).

Nach einem medianen Follow-up von 31 Monaten zeigte die Kombination Amivantamab + Lazertinib im Vergleich zu Osimertinib einen günstigen Trend im Gesamtüberleben (OS) in der Erstlinie. In MARIPOSA war das OS unter Amivantamab + Lazertinib signifikant verlängert (Hazard Ratio [HR] 0,75). Die Überlebenskurven begannen sich nach etwa einem Jahr zu trennen und divergierten im weiteren Verlauf zunehmend.

Bezüglich des intrakraniellen progressionsfreien Überlebens (icPFS) wurde eine klinisch relevante Verbesserung dokumentiert: Nach drei Jahren betrug das icPFS 36 % unter Amivantamab + Lazertinib im Vergleich zu 18 % unter Osimertinib, was auf ein anhaltendes Ansprechen hinweist.

COCOON

Die COCOON-1-Studie evaluierte die Auswirkungen eines erweiterten gegenüber einem Standard-Management dermatologischer Nebenwirkungen bei Patienten, die mit Amivantamab und Lazertinib bei NSCLC behandelt wurden. Die Studie zeigte frühzeitig Erfolg: Durch präventive Massnahmen konnten moderate bis schwere dermatologische Nebenwirkungen in der Erstlinientherapie mit Amivantamab plus Lazertinib bei Patienten mit EGFR-mutiertem fortgeschrittenem NSCLC signifikant reduziert werden.

Erstlinientherapie bei Non-AGAs

Non-AGAs bezeichnen onkogene Veränderungen, die nicht durch gezielte Therapien adressiert werden können, insbesondere bei NSCLC.

MK-3475A-D77-Studie

Die MK-3475A-D77 war eine randomisierte Phase-3-Studie, in der eine subkutane Co-Formulierung von Pembrolizumab mit Berahyaluronidase alfa untersucht wurde. Ziel war es, die subkutane Applikation von Pembrolizumab als Alternative zur intravenösen Verabreichung von Keytruda® (Pembrolizumab) bei Patienten mit metastasiertem NSCLC zu evaluieren.

Das PFS unter der subkutanen Pembrolizumab-Formulierung in Kombination mit Chemotherapie war gegenüber der intravenösen Pembrolizumab-Verabreichung plus Chemotherapie nicht signifikant überlegen (8,1 Monate vs. 7,8 Monate; HR 1,05).

Was kommt als Nächstes? Zukünftige Versprechen für ungedeckte Bedürfnisse

EGFR nach Progression

Im Bereich der Therapiestrategien nach Progression bei EGFR-mutiertem NSCLC wurden zwei Studien hervorgehoben: die biomarkergesteuerte SAVANNAH-Studie (Savolitinib + Osimertinib) sowie die biomarkeragnostische ORCHARD-Studie (Datopotamab-Deruxtecan [Dato-Dxd] + Osimertinib).

Neue HER2-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs)

Unter den neuen HER2-TKIs wurde die Studie SOHO-1 zur Sicherheit und Wirksamkeit von BAY 2927088 vorgestellt.

RAS-Inhibitoren

– Erstlinientherapie RAS(OFF)-COMBOS KRYSTAL-7: Adagrasib plus Pembrolizumab versus Pembrolizumab allein bei NSCLC mit KRASG12C-Mutation und KROCUS: Fulzerasib in Kombination mit Cetuximab bei unbehandeltem, fortgeschrittenem KRASG12C-mutiertem NSCLC.
– Therapien in der zweiten und dritten Linie (RAS(ON)): RASolve 301 (Daraxonrasib): Daraxonrasib demonstrierte signifikante Tumoraktivität und Sicherheit bei Patienten mit RAS-mutiertem duktalem Pankreaskarzinom (PDAC) mit bemerkenswerten Ergebnissen bezüglich PFS und objektiver Ansprechrate (ORR).

SAVANNAH

Diese Phase-2-Studie evaluierte Savolitinib in Kombination mit Osimertinib bei Patienten mit EGFR-mutiertem NSCLC und MET-Überexpression und/oder MET-Amplifikation nach Progression unter Osimertinib.

Die bestätigte objektive Ansprechrate (ORR) lag bei 56 % (bestimmt durch den Untersucher) bzw. 55 % (bestimmt durch BICR). Das mediane PFS betrug 7,4 Monate (Untersucherbewertung) bzw. 7,5 Monate (BICR). Häufige therapieassoziierte Nebenwirkungen ≥ Grad 3 waren periphere Ödeme (11 %), Anstieg der Alanin-Aminotransferase (6 %) und Pneumonien (5 %).

ORCHARD

In dieser Phase-2-Studie wurden Patienten mit EGFR-mutiertem NSCLC, deren Erkrankung unter Osimertinib progredierte, mit einer Kombination aus Osimertinib und Datopotamab-Deruxtecan behandelt.

Die ORR betrug in beiden Dosisgruppen vergleichbare Werte: 43 % bei 4 mg/kg (n = 35) und 36 % bei 6 mg/kg. Das mediane PFS betrug 9,5 Monate (4 mg/kg) bzw. 11,7 Monate (6 mg/kg), bei 28 versus 19 dokumentierten PFS-Ereignissen. Der Anteil schwerer Nebenwirkungen (Grad ≥ 3) lag bei 12 % in der 4-mg/kg- und 19 % in der 6-mg/kg-Kohorte.

Neudefinition der Behandlungsstandards bei ALK-positivem fortgeschrittenem NSCLC

Prof. Solange Peters (CHUV Lausanne) präsentierte die aktuelle klinische Situation und therapeutische Weiterentwicklungen bei ALK-positivem fortgeschrittenem NSCLC (ALK+ aNSCLC).

Trotz signifikanter Fortschritte besteht weiterhin ein ungedeckter medizinischer Bedarf. Betroffene Patienten sind meist jünger, Nichtraucher oder leichte Raucher, und weisen zum Diagnosezeitpunkt häufig eine weit fortgeschrittene Erkrankung (Stadium III–V) auf.

Friktionen zwischen Erst- und Zweitlinientherapie

Ein Drittel der Patienten mit ALK+ aNSCLC erreicht keine Zweitlinientherapie. Trotz Einsatz von Zweitgenerations-ALK-TKIs kommt es bei 53–63 % der Patienten innerhalb von drei bis fünf Jahren zu einer Progression, häufig verbunden mit einer hohen Inzidenz und Belastung durch Hirnmetastasen.

Bereits bei Diagnose zeigen 35 % der Patienten Hirnmetastasen; zudem entwickeln 20 % der Patienten ohne initiale Hirnmetastasen innerhalb von fünf Jahren neue zerebrale Metastasen. Diese sind mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität und hohen gesundheitlichen sowie sozioökonomischen Belastungen verbunden.

Entwicklung der ALK-TKI-Therapie

In den letzten 15 Jahren hat sich die Landschaft der 1L-Therapien für ALK+ aNSCLC erheblich weiterentwickelt. Im Jahr 2007 wurde erstmals die EML4-ALK-Translokation beschrieben. Dabei handelt es sich um eine genetische Fusion, die eine der Hauptursachen für NSCLC ist und ein Behandlungsziel für spezifische ALK-Inhibitoren wie Crizotinib darstellt, das 2014 erstmals eingesetzt wurde. Im Laufe der Jahre hat sich die Behandlung weiterentwickelt, von Crizotinib über Ceritinib und Alectinib (2017) bis hin zu Brigantinib (2020) und Lorlatinib (Lorviqua®) (2022), dem neuesten ALK-TKI der dritten Generation. Mit jeder neuen Generation von ALK-TKI verbesserte sich die Wirksamkeit, d.h. die Affinität zu ALK, die Durchdringung der Blut-Hirn-Schranke und die Abdeckung von ALK-Resistenzmutationen.

Drei vergleichbare Studien mit ALK+ NSCLC-Patienten: ALEX, ALTA-1L und CROWN

Alle drei Studien waren Phase-III-Studien. Die ALEX-Studie verglich Alectinib mit Crizotinib, einem 2nd-Generation-TKI mit einem 1st-Generation-TKI. ALTA-1L verglich Brigantinib mit Crizotinib, ebenfalls ein 2nd-Generation-TKI mit einem 1st-Generation-TKI und CROWN schließlich verglich den 3rd-Generation-TKI Lorlatinib mit dem 1st-Generation-TKI Crizotinib. In allen drei Studien war der primäre Endpunkt das progressionsfreie Überleben (PFS), das in einer verblindeten Studie definiert wurde.

Alle 3 Studien hatten praktisch die gleiche Anzahl an Teilnehmern. Die Teilnehmer waren TKI-naiv. In ALTA 1L erhielten sie zunächst eine Chemotherapie, aber keinen TKI. Die 3 Studien hatten also praktisch das gleiche Design und sind sehr gut vergleichbar.

Die ersten beiden Studien, ALEX und ALTA-1L, zeigten eine sehr günstige Hazard Ratio für das PFS zugunsten des 2. Generations-TKI Alectinib (HR 0,47) und Brigantinib mit einer Hazard Ratio von 0,43, also ein sehr vergleichbares PFS. In der dritten Studie, CROWN, zeigte Lorlatinib vs. Crizotinib eine noch günstigere Hazard Ratio von 0,19 und damit einen signifikanten Vorteil für den Einsatz des 3. Da das PFS nach 3 Jahren nicht erreicht wurde, wurde das PFS nach 5 Jahren durch den Prüfarzt in einem kontinuierlichen Effort bestimmt. Die Ergebnisse zeigten, dass das mediane PFS unter Lorlatinib auch nach 5 Jahren nicht erreicht wurde. Lorlatinib reduzierte zudem das Risiko für Progression oder Tod im Vergleich zu Crizotinib um 81% (Hazard Ratio [HR] = 0,19; 95% Konfidenzintervall [95% CI]: 0,13-0,27).

Es gab noch keine Überlebenskurven, da das OS noch nicht reif war. Das 5-Jahres-OS betrug in CROWN mit Lorlatinib 76% gegenüber 66% mit Brigantinib in ALTA 1L und 62% mit Crizotinib in ALEX.

Fazit zur Neudefinition der Behandlungsstandards für ALK+ aNSCLC in der Erstlinie

Nach einer Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren war das mediane PFS bei Patienten mit ALK+aNSCLC, die mit dem ALK-TKI der dritten Generation, Lorlatinib (Lorviqua®), behandelt wurden, noch nicht erreicht. Dies ist die längste Zeit, die jemals mit einer zielgerichteten molekularen Therapie bei fortgeschrittenem NSCLC und metastasierten soliden Tumoren beobachtet wurde.

Zusammen mit der verlängerten intrakraniellen Wirksamkeit und dem Fehlen neuer Sicherheitsbedenken stellen diese Ergebnisse einen einzigartigen Erfolg in der Behandlung dieser Patientengruppe dar und setzen neue Maßstäbe für zielgerichtete Krebstherapien.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

St. Galler Fortbildung Klinische Onkologie 2025

Die Organisatoren der 35. St. Galler Fortbildung Klinische Onkologie 2025 Prof. Dr. Christoph Driessen, PD Dr. Stefan Diehm und Prof. Dr. Dr. Markus Jörger konnten wiederum ein zahlreiches Publikum zur traditionellen Fortbildung im Kongresshotel Einstein begrüssen. Der folgende Bericht umfasst das Symposium zu gynäkologischen Tumoren und gibt einen Überblick über einige der Referate.

Bispezifische T-cell Engager bei soliden Tumoren

Prof. Mascha Binder, Chefärztin der Medizinischen Onkologie am Universitätsspital Basel, erläuterte zunächst das Prinzip der Präzisionsimmuntherapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren, CAR-T-Zellen und TCR-modifizierten T-Zellen. Affinitätsoptimierte T-Zell-Rezeptoren können die Wirksamkeit der adoptiven T-Zell-Therapie erhöhen. Die Referentin stellte Afamitresgene autoleucel (afami-cel) vor, eine auf humane Leukozytenantigene beschränkte autologe T-Zelltherapie, die auf das Melanom-assoziierte Antigen A4 (MAGE-A4) abzielt, ein Krebs-/Testis-Antigen, das in verschiedenen soliden Tumoren in unterschiedlichen Mengen exprimiert wird. Explorative Analysen haben gezeigt, dass afami-cel Tumore infiltriert, einen Interferon-γ-gesteuerten Wirkmechanismus aufweist und adaptive Immunantworten auslöst.

CAR T-Zellen bei soliden Tumoren? Durchbruch durch Booster?

Ein neuer Ansatz, bei dem CAR T-Zellen mit seriellen mRNA-Impfstoffinjektionen kombiniert werden, ermöglicht eine robuste antineoplastische Aktivität bei Patienten mit Urogenitalkrebs und ebnet den Weg für eine vielversprechende neue zielgerichtete Behandlungsstrategie.

Präzisionsimmuntherapie mit bispezifischen T-Zell-Stimulatoren?

Als Beispiel nannte die Referentin Tebentafusp beim Aderhautmelanom. Tebentafustp hat eine 1 000 000-fach höhere Affinität zu GP-100 als der natürliche TCR. GP-100 ist typisch für Melanome und Aderhautmelanome. DLL3 wird sehr selektiv auf Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkrebs (SCLC) exprimiert und ist daher ein neues Target für einen T-Zell-Engager beim SCLC. Tarlatamab, das in der DeLLphi-301-Studie in einer Dosierung von 10 mg alle zwei Wochen verabreicht wurde, zeigte eine antitumorale Aktivität mit anhaltendem objektivem Ansprechen und vielversprechenden Überlebensergebnissen bei Patienten mit zuvor behandeltem SCLC. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet.

Die Referentin stellte den Fall einer 52-jährigen Patientin mit SCLC-Rezidiv vor. Die Diagnose SCLC-LD wurde im März 2021 gestellt, eine kombinierte Radiochemotherapie wurde im April 2021 und eine prophylaktische Ganzhirnbestrahlung im Juli desselben Jahres durchgeführt. Und eine konsolidierende Immuntherapie mit Atezolizumab. Im September CT mit partieller Remission (-68 %). Sept. 2023 neue Leberläsionen. Okt. Biopsie der Lebermetastasen, Histologie: SCLC, Nov. Aufnahme in die DeLLphi-303-Studie (Phase 1b-Studie zur Prüfung einer Therapie mit Tarlatamab in Kombination mit Carboplatin/Etoposid/PD-L1-Inhibitor bei SCLC-ED).

Nebenwirkungen von Tarlatamab: Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) 53 % (14 % G2+), mediane Zeit bis zum Auftreten 17h, am häufigsten im 1. Prophylaxe: Steroide / intravenöse Flüssigkeitszufuhr. Neutropenie (10 % G3+), neurologische Symptome: 70 % (11 % G3+), mediane Zeit bis zum Auftreten: 9 Tage, mediane Dauer: 5 Tage.

Zusammenfassung

Das Feld der bispezifischen T cell Engager ist in Bewegung –auch bei den soliden Tumoren. Sowohl intrazelluläre (TCR-Bindedomänen) als auch Membranantigene (Ak-Bindedomänen) können Targets sein. 2022 erfolgte die erste Zulassung für Tebentafusp beim Aderhautmelanom; Eine Zulassung beim kleinzelligen Lungenkrebs (SCLC)wird erwartet. Ähnlich wie bei CAR-T-Zellen bestimmt CRS und ICANS (Immune Effector Cell-Associated Neurotoxicity Syndrome) das klinische Nebenwirkungsmanagement.

Amyloidose

Abklärungs- und Therapiestandards

Die geläufigsten Formen der systemischen Amyloidose stellte KD Dr. Axel Rüfer, stellvertretender Chefarzt Hämatologie am Kantonsspital Luzern vor (Tab. 1).


Vorkommen bei Myelom, Waldenström Makroglobulinämie (IgM – assoziiert), IgD assoziierter Leichtketten- Amyloidose.

Eine Online-Umfrage unter 533 Teilnehmern, von denen 72 % an Leichtketten-Amyloidose (AL-Amyloidose) leiden, hat ergeben, dass die Diagnose einer Amyloidose schwierig ist. Die derzeitigen Therapien sind schwer verträglich und verbessern die Lebensqualität der meisten Patienten nicht wesentlich. Es besteht ein dringender Bedarf an gut verträglichen Therapien mit einem klaren therapeutischen Nutzen. Das Bewusstsein der Patienten für klinische Studien kann verbessert werden, zumal die Befragten eine hohe Bereitschaft zur Teilnahme signalisierten. Es gebe viele gute Gründe, an Amyloidose zu denken, so der Referent: „Weil eine frühe Diagnose das Gesamtüberleben verbessert, die Organfunktion schützt, mehr Therapieoptionen ermöglicht und zu einer besseren Lebensqualität führt.

Weil es validierte Biomarker gibt, die eine frühe Diagnose, eine risikoadaptierte Therapie und die Beurteilung des Ansprechens ermöglichen».
Wann besteht der Verdacht auf eine AL-Amyloidose und wann sollte mit der Diagnostik begonnen werden?
► Herzspezifische Zeichen einer AL-Amyloidose
▻ Diastolische Herzinsuffizienz
▻ Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfunktion (HFpEF)
▻ Infiltrative Kardiomyopathie
► Nichtkardiale Zeichen einer AL-Amyloidose
▻ Nicht diabetische Proteinurie/nephrotisches Syndrom, periphere Ödeme
▻ Hepatomegalie (mit Cholestase)
▻ GI Motilitäts-Veränderungen, Diarrhoe
▻ Nichtdiabetische Neuropathie (aufsteigend, symmetrisch, kleine Fasern/axonal)
▻ Orthostatische Hypotonie, Synkope
▻ Fatigue
▻ Unbeabsichtigter Gewichtsverlust

Späte klinische Anzeichen der AL-Amyloidose:
Dehnung der Jugularvene, Schwellung der Submandibular-Drüse Makroglossie, periorbitale Purpura, Waschbäraugen, Mangel an Blutgerinnungsfaktor X.

Kardiale Amyloidose

90 % der kardialen Amyloidosen sind entweder AL-Amyloidosen oder ATTR-Amyloidosen (Transthyretin-Amyloidose) oder beides.
Seltene Formen sind:
► AApoAI, AII, AIV-Amyloidose
► AA-Amyloidose (Serum Amyloid A)
► AFib (Fibrinogen a)
► Isolierte Vorhof-Amyloidose
► Aβ2M (β2-Mikroglobulin)
► AGel (Gelsolin)
Die AL-Amyloidose ist ein Notfall.
ATTRwt = erworbene (Wildtyp, «senile, hohes Alter», 7. oder 8. Dekade)
ATTRv = vererbte Amyloidose (variant, «familiär» – oft mit Neuropathie; V1221: USA, Karibik, Afrika; V30M: Portugal. Schweden. Japan; T60A: UK, Irland

Klinischer Verdacht auf Amyloidose

Der erste Schritt in der diagnostischen Abklärung ist die Frage, ob eine monoklonale Gammopathie vorliegt. Dafür sollten eine Serumprotein-Elektrophorese (SPEP) mit Immunfixation (IF), eine Bestimmung der serumfreien Leichtketten (sFLC) sowie eine Urinimmunfixation durchgeführt werden. Diese Kombination stellt die höchste diagnostische Sensitivität sicher und verhindert, dass sFLC fälschlicherweise als normal eingestuft werden – ein Fehler, der in Studien dazu führte, dass bis zu sechs Prozent der amyloidogenen Klone übersehen wurden.
Fällt das Ergebnis positiv aus, erfolgt eine Knochenmarkuntersuchung mittels Zytologie und Histologie. Ist dieser Befund hingegen negativ, kann eine Tc-99m-Phosphat-Szintigraphie zur weiteren Abklärung durchgeführt werden. Dabei erlaubt der Perugini-Score eine Differenzierung zwischen einer Myokard- und einer Knochen-Tracer-Aufnahme.

Unabhängig vom initialen Befund sollten bestimmte Biomarker sowohl bei der Diagnosestellung als auch bei jedem Follow-up bestimmt werden. Dazu gehören NT-proBNP, Albuminurie und die alkalische Phosphatase. Die Gewebediagnostik spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Während die Knochenmark-Zytologie und -Histologie eine diagnostische Sensitivität von 70 % aufweisen, kann eine subkutane Fettaspiration mit einer Sensitivität von 60 % erfolgen. Werden beide Methoden kombiniert, steigt die Trefferquote auf 89 %, weshalb eine gleichzeitige Durchführung empfohlen wird. Alternativ kann Gewebe aus der Speicheldrüse gewonnen werden, das eine Sensitivität von etwa 80 % aufweist. Darüber hinaus können auch weitere involvierte Organe wie die Niere – insbesondere zur Differenzierung von MIDO mittels Kongorot-Färbung –, das Herz oder das Nervensystem untersucht werden.

Zur endgültigen Bestimmung des Amyloid-Typs ist eine Typisierung aller Kongorot-positiven Gewebeproben notwendig, um die genaue Zusammensetzung der Proteinuntereinheiten zu identifizieren. Dies erfolgt in der Regel mittels Immunhistochemie. Sollte diese jedoch mehrdeutige Resultate liefern, kann ergänzend eine Massenspektrometrie durchgeführt werden.

Knochenmarkuntersuchung – immer mit FISH-Zytogenetik

Die Knochenmarkuntersuchung sollte stets in Kombination mit einer FISH-Zytogenetik durchgeführt werden, um genetische Aberrationen frühzeitig zu identifizieren. Im Median liegt das Knochenmarkplasmazell-Infiltrat bei etwa 10 %, wobei der gefährliche Zellklon oft mit kleinen B-Zellen assoziiert ist.

Eine Translokation t(11;14) tritt in 40 bis 50 % der Fälle auf und geht mit einem schlechteren Ansprechen auf Bortezomib und IMIDs einher. Dieser Nachteil kann jedoch durch eine hochdosierte Therapie in Kombination mit oralem Melphalan ausgeglichen werden. Eine 1q21-Gewinnung, die bei etwa 20 % der Patienten beobachtet wird, ist ebenfalls mit einer verminderten Wirksamkeit von oralem Melphalan verbunden.

Besonders Hochrisiko-Aberrationen wie die Translokation t(4;14) oder die Deletion 17p sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert, treten jedoch nur in weniger als 10 % der Fälle auf.

Lokal fortgeschrittenes Rektumkarzinom

Prof. Ueli Güller, Chefarzt des Onkologie- und Hämatologiezentrums Thun-Berner Oberland, präsentierte die wichtigsten Erkenntnisse aus den neuesten Studien zum lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom. Seit rund 20 Jahren gibt es einen etablierten Standard of Care, doch mit den Worten „Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus“ wies er darauf hin, dass neue Studien innovative Therapieansätze bieten. Besonders relevant sind die Studien PRODIGE-23, PROSPECT, das Update der RAPIDO- und OPRA-Studien sowie die Forschung des Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSKCC) zum dMMR Rektumkarzinom.

Die PRODIGE-23-Studie untersuchte die neoadjuvante Chemotherapie mit FOLFIRINOX, gefolgt von Radiochemotherapie, Operation und adjuvanter Chemotherapie. Diese Strategie führte zu einer signifikanten Verbesserung aller Endpunkte, darunter das krankheitsfreie Überleben (DFS), das metastasenfreie Überleben (MFS) und das Gesamtüberleben (OS). Zudem zeigte sich ein positiver Trend in der Lebensqualität. Die Ergebnisse belegen, dass dieses Therapieschema eine überlegene Behandlungsoption im Vergleich zum klassischen Sauer-Regime darstellt, insbesondere bei gesunden Patienten.

In der PROSPECT-Studie wurde untersucht, ob eine neoadjuvante Therapie mit FOLFOX und nur selektiver Radiochemotherapie im Vergleich zum Sauer-Regime gleichwertig ist. Die Ergebnisse zeigten, dass dieses Therapieschema dem Sauer-Regime in Bezug auf DFS, OS und lokales Rezidivrisiko nicht unterlegen ist. Gleichzeitig wies es Vorteile in Bezug auf Lebensqualität, Darmfunktion und Sexualfunktion auf. Damit bietet es eine exzellente neue Therapieoption für Patienten mit intermediärem Risiko. Bei den meisten dieser Patienten kann sogar vollständig auf eine Radiochemotherapie verzichtet werden.

Die NCCN-Leitlinien 2023 (Version 5) empfehlen für Patienten ohne T4-Erkrankung eine 12- bis 16-wöchige Chemotherapie mit FOLFOX oder CAPEOX, gefolgt von einem erneuten Staging. Bei einer Tumorregression von mehr als 20 % erfolgt direkt die chirurgische Therapie mit anschliessender Überwachung (REC-10), inklusive Sigmoidoskopie und optionaler MRT. Falls die Tumorregression 20 % oder weniger beträgt, wird eine verlängerte Chemo- oder Radiotherapie mit Capecitabin, einer 5-FU-Infusion oder einer Kurzzeit-Radiotherapie empfohlen.

Die RAPIDO-Studie untersuchte ein alternatives Therapieschema für aggressivere Rektumkarzinome, lieferte jedoch gemischte Ergebnisse. Während die Therapie insgesamt gut verträglich war, zeigte sich eine signifikant höhere Lokalrezidivrate im Vergleich zur Sauer-Therapie. Besonders problematisch war das 5×5 Gy-Bestrahlungsschema, das nicht empfohlen wird. Stattdessen sollte eine Radiochemotherapie über 28 Fraktionen durchgeführt werden.

Die OPRA-Studie 2023 lieferte nach fünf Jahren Follow-up wichtige Erkenntnisse zur Organerhaltung bei Patienten mit Rektumkarzinom. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Therapieabfolge mit initialer Radiochemotherapie, gefolgt von Chemotherapie, bessere Ergebnisse in Bezug auf den Organerhalt liefert als das umgekehrte Vorgehen. Damit hat sich der Organerhalt als vielversprechende neue Behandlungsoption für Patienten mit Rektumkarzinom etabliert.

Schliesslich wurde auch die PD-1-Blockade als vielversprechende Therapieoption für Patienten mit mismatch repair-defektem (dMMR) lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom thematisiert. Eine Studie von A. Cercek, vorgestellt auf dem ASCO-Kongress 2022, zeigte vielversprechende Ergebnisse für eine Therapie mit kurativer Intention.

Take Home message

PRODIGE 23: Verbessertes DFS MFS und OS vs. Sauer-Regime
PROSPECT: Radiochemotherapie kann bei der überwiegenden Mehrheit (>90 %) der Patienten mit intermediärem Risiko beim Rektumkarzinom vermieden werden
RAPIDO: CAVEAT: Lokalrezidiv signifikant höher als Sauer-Regime, 5 x 5 Gy: suboptimal für «hässliches» Rektumkarzinom
OPRA: Ziel Organerhalt: Radiochemotherapie → Chemotherapie >> Chemotherapie >> Chemotherapie → Radiochemotherapie
dMMR: keine Chemotherapie/Radiochemotherapie/OperationTherapie des fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms im Jahre 2025

Therapie des fortgeschrittenen Pankreaskarzinom im Jahre 2025

Das Pankreaskarzinom ist eine systemische Erkrankung stellte Prof. Viviane Hess, Leitende Ärztin an der Klinik für Onkologie des Universitätsspitals Basel, fest.

Die epitheliale-mesenchymale Transition (EMT) erfolgt bereits im Stadium der intraepithelialen Neoplasien (PanIN). Sie ermöglicht es Krebszellen, während der Invasions-Metastasierungs-Kaskade funktionelle Anpassungen vorzunehmen. Als Reaktion auf EMT-fördernde Signale kann eine Subpopulation von Epithelzellen am invasiven Rand des Tumors ihre epithelialen Eigenschaften verlieren. In dem Masse, in dem sich diese Zellen weiter vom Hauptteil des Tumors ablösen, werden sie den epithelialen Signalen weniger ausgesetzt und nehmen in Gegenwart von EMT-Signalen, die von Stromazellen geliefert werden, mehr mesenchymale Eigenschaften an. Die metastabilen mesenchymalen Zellen sind für die Invasion in das umliegende Gewebe geeignet.

Ein medizinisches Conundrum sind die biologisch sehr frühen Anzeichen einer systemischen Erkrankung gegenüber der Chirurgie als einzige kurative Behandlungsoption.

Perioperatives Setting
► Borderline lokal fortgeschritten
► Biomarker?
► Oligometastatische Erkrankung

Metastasierendes Pankreaskarzinom
► Erstlinie
► Weitere Linien
► Neue Ansätze

FOLFIRINOX vs. Gemcitabin ergab ein medianes Gesamtüberleben (mOS) von 54 vs. 35 Monaten (p=0.003). Das Prozedere umfasst Systemtherapie, Re-Evaluation, Resektion und erneute Systemtherapie. Eine kurze (8 Wochen) neoadjuvante Therapie hatte einen signifikanten Überlebensvorteil im Vergleich zur sofortigen Operation. Diese Ergebnisse sprechen für den Einsatz einer kurzzeitigen neoadjuvanten Chemotherapie bei Patienten mit grenzwertig resektablem duktalen Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse.

Die perioperative Erkennung von tumorinformierter ctDNA ist in allen Krankheitsstadien möglich und steht in Zusammenhang mit den Überlebensaussichten der Patienten. In der Studie EXTEND unterstützte die Ergänzung der systemischen Therapie durch metastasenorientierte Therapie Patienten mit oligometastasiertem duktalen Adenokarzinom des Pankreas. Diese Ergebnisse rechtfertigen bestätigende Studien zur Verfeinerung der Behandlungsstrategie.

FOLFIRINOX ist eine etablierte Option für die Behandlung von Patienten mit metastasiertem Bauchspeicheldrüsenkrebs und gutem Leistungsstatus, wie die Studie PRODIGE 4 zeigte. Die NAPOLI 3-Studie ergab, dass die Erstlinienbehandlung mit NALIRIFOX bei therapienaiven Patienten mit metastasiertem duktalem Pankreasadenokarzinom eine klinisch bedeutsame und statistisch signifikante Verbesserung von OS und PFS im Vergleich zu Gemcitabin + Nab-Paclitaxel bewirkte.

Ein gBRCA-mutiertes Pankreasadenokarzinom zeigt eine hohe Ansprechrate und ein verlängertes progressionsfreies Überleben unter platinbasierter Chemotherapie. Diese Ergebnisse sind insbesondere für die neoadjuvante Behandlung und die Planung künftiger klinischer Studien relevant und unterstreichen die Wichtigkeit eines frühzeitigen Keimbahn-Tests bei diesen Patienten.

Erstlinientherapie

► FOLFIRINOX, Nalirifox, Gem-nP: vergleichbare Effizienz Cave: Real World Patientinnen sind nicht gleich Studienteilnehmerinnen: De-eskalation (mFOLFIRINOX, Dosis-Red., Gem, BSC)
► Lebenserwartung weiterhin kurz: early palliative care, individuelle Entscheide (Therapiepausen etc.)
► BRCA, PALB2 Testung (5-9 %): Platin (mFOLFIRINOX) erste Wahl – bei SD Olaparib erwägen

Neue Ansätze
► (Pan)RAS-Inhibitoren
► Claudin 18.2 (>75* % pos Zellen 27 %; Gem-nabPaclitaxel + Zolbetuximab (Phase I/II
► MDM2 Inhibitoren: Brightline-2 Studie (Bern, Genf) Boehringer Ingelheim
► Mikrobiome/ Nutrition: Tryptophan-Metabolismus (Indol-3Essigsäure (3-IAA) Serumwert) assoziiert mit Ansprechen
► Vakzinen:
o Personalisierte Neoantigen mRNA-Vakzine (Autogene Cevumeran) + Atezolizumab
o Dendritische Zell-Vakzine + Nivolumab (CHUV)
o Phase Ib: KISIMA-2 + Immunstimulation bei KRAS C12D/G12V mutierten Patienten (Boehringer Ingelheim)
► AMG 193 bei MTAP (Methylthioadenosinphosphorylase)-Null Patienten (metastasierend oder lokal fortgeschritten, Bern, St. Gallen, Zürich.

Kosten und klinischer Benefit in der Onkologie

Über die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen, die Bestimmung von Benefit, Bestimmung und Bewertung Kosten-Nutzen-Verhältnis, wie breit/umfassend soll die Bewertung sein? und den Fortschritt in der Onkologie: Nutzengewinn mit Kollateralschäden? sprach Prof. Matthias Schwenkglenks vom Institut für Pharmazeutische Medizin (ECPM) der Universität Basel.

Der Referent zog das Fazit, dass die Kosten- und Preisentwicklung im Gesundheitswesen zunehmend problematisch ist – besonders in der Onkologie, wo die Ausgaben oft noch stärker steigen als in anderen medizinischen Bereichen. Diese Entwicklung stellt die solidarischen Finanzierungssysteme in Europa vor große Herausforderungen. Insbesondere hohe Kosten für neue Behandlungen können in bestimmten Fällen sogar die Finanzierung etablierter Therapien gefährden.

Die Bewertung des tatsächlichen Nutzens neuer Therapien gestaltet sich komplex. Während klinische Studien eine zentrale Grundlage darstellen, sind sie allein nicht ausreichend, um den Benefit einer Behandlung vollständig zu bestimmen. Von besonderem Interesse ist die Real-World-Effectiveness, also die tatsächliche Wirksamkeit einer Therapie im klinischen Alltag. Allerdings erschweren kurze Beobachtungszeiträume eine fundierte Einschätzung zusätzlich.

Alle derzeit verwendeten Systeme zur Nutzenbewertung haben ihre Schwächen. So sind QALYs (Quality-Adjusted Life Years) wenig individuell und eignen sich eher für gesundheitspolitische Entscheidungen als für die Beurteilung einzelner Patienten. Multikriterien-Ansätze hingegen haben ihre eigenen Herausforderungen, etwa bei der Bewertung von Scoring-Systemen, der Gewichtung einzelner Faktoren und der möglichen Überlappung von Kriterien.

Ein möglicher Beitrag der Forschung könnte darin liegen, möglichst transparente und objektive Informationen bereitzustellen. Diese könnten als Grundlage für eine gemeinsame Lösungssuche zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitssystem dienen.

Dosierung in der Onkologie

Prof. Dr. Dr. Markus Joerger, Leitender Arzt Onkologie und Leiter der Medizinischen Onkologie und Hämatologie am Kantonsspital St. Gallen, referierte über verschiedene Dosierungsstrategien in der Onkologie. Dabei ging er unter anderem auf die allometrische Skalierung anhand der Körperoberfläche (BSA) bei der Verabreichung von Chemotherapeutika ein. Für endokrine und molekular-zielgerichtete Therapien wird hingegen häufig eine Flat-Dose, also eine fixe Dosierung, angewendet. Monoklonale Antikörper werden in der Regel basierend auf dem Körpergewicht dosiert. Auch Checkpoint-Inhibitoren kommen oftmals in Form einer Flat-Dose zum Einsatz.

Dosierung von Antikrebsmedikamenten / BSA, Körpergewicht

Die Dubois-Formel zur Berechnung der Körperoberfläche (BSA) wurde bereits 1916 auf Basis von nur neun Personen entwickelt. Sie lautet:BSA = Gewicht (kg)0.425 × Grösse (cm)0.725 × 0.007184.

In der pädiatrischen Onkologie wurde die BSA-basierte Dosierung um 1950 eingeführt. Allerdings gilt die Du Bois-Formel als unzuverlässig bei einer BSA unter 1.3 m². Die allometrische Dosis-Extrapolation, also die Übertragung von Tierdaten auf den Menschen, bildet nach wie vor einen Grundpfeiler der Dosierungsentwicklung.

Dosisfindungsstudien mit Krebsmedikamenten gelten als aktueller Standard. Dabei ergeben sich jedoch Herausforderungen: Seltene oder kumulative Toxizitäten werden oft unterschätzt oder überschätzt. Eine solche Überschätzung der kumulativen Toxizität war ein zentraler Auslöser für die Initiative «Project Optimus» der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA.

Die systemische Arzneimittelexposition wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst: Alter, Geschlecht, Schwangerschaft, Laktation, körperliche Aktivität, Umweltfaktoren wie Sonneneinstrahlung und Luftdruck, sowie physiologische und pathologische Zustände wie Infektionen, Organfunktionen (Leber, Niere), Immunstatus oder Ernährung. Auch das Verhalten (z. B. Rauchen, Alkoholkonsum, Fasten) sowie genetische Variationen spielen eine Rolle. Zusätzlich beeinflussen pharmakokinetische Prozesse wie Absorption, Verteilung, Metabolismus und Exkretion (ADME) sowie die Therapietreue (Compliance) die Arzneimittelwirkung erheblich.

Pharmakokinetik beschreibt, was der Körper mit einem Arzneimittel macht – also dessen Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechselung und Ausscheidung über die Zeit. Demgegenüber steht die Pharmakodynamik, die untersucht, was das Arzneimittel im Körper bewirkt – etwa die Bindung an Rezeptoren und die daraus resultierenden Wirkungen. Die Pharmakokinetik beeinflusst dabei wesentlich den Beginn, die Dauer und die Intensität der pharmakodynamischen Effekte.

Die klassische BSA-basierte Dosierung der Chemotherapie ist unter Kritik geraten, da sie der hohen interindividuellen Variabilität der ADME-Prozesse nicht gerecht wird. Studien zeigen, dass eine Flat-Dose hinsichtlich der pharmakokinetischen Variabilität nicht unterlegen ist. Zudem befinden sich bei konventioneller Dosierung über 55 % der Patienten ausserhalb des gewünschten Expositionsbereichs.

Das Therapeutische Drug Monitoring (TDM) kann dabei helfen, die Dosierung individueller zu gestalten – insbesondere bei Wirkstoffen mit enger therapeutischer Breite, signifikanter interindividueller PK-Variabilität und validierten Zielparametern. Voraussetzung dafür sind u. a. etablierte Bioassays, klare klinische Endpunkte und eine ausreichend lange Therapiedauer. TDM trägt dazu bei, das Sicherheitsprofil zu verbessern, Toxizitäten zu vermeiden und die klinische Wirksamkeit zu erhöhen.

Ein virtueller Fall zeigte eine interindividuelle PK-Variabilität von 35 %. Dabei wurde die minimal effektive Exposition (MEE) auf zwei Drittel der maximal tolerierten Exposition (MTE) festgelegt. Der therapeutische Index, also das Verhältnis zwischen toxischer Dosis (TD50) und effektiver Dosis (ED50), dient als Mass für das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Arzneimittels – je höher, desto besser. Die optimale biologische Dosis (OBD) beschreibt den besten Kompromiss zwischen Wirksamkeit und Verträglichkeit.

Ein Beispiel hierfür ist eine randomisierte Dosierungsstudie zu Sotorasib: Die Vergleichsdosen von 960mg vs. 240mg pro Tag zeigten ähnliche Ansprechraten (ORR 33 % vs. 25 %), jedoch geringere schwere Nebenwirkungen (TEAE 37 % vs. 33 %) in der niedriger dosierten Gruppe.

Bei Patienten mit Organdysfunktionen ist eine individualisierte Dosierung besonders wichtig. Die Leber wandelt Medikamente durch Enzyme (u.a. CYP450) in besser ausscheidbare Substanzen um. Wiederholte Medikamentengaben können zur Enzyminduktion und somit zur Toleranzentwicklung führen. In der Niere erfolgt die Ausscheidung wasserlöslicher Verbindungen. Die Clearance (CL) – also das pro Zeiteinheit vom Wirkstoff gereinigte Plasmavolumen – ergibt sich aus dem Verhältnis von Dosis zur Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC).
TDM ist insbesondere sinnvoll, wenn bei der ersten Gabe eine hohe Unsicherheit besteht. Hier könnten genetische Faktoren (Genotyp), phänotypische Merkmale oder gar eine Testdosis in die Überlegungen einbezogen werden.

Fazit

Die maximal verträgliche Dosis (MTD) ist nicht zwangsläufig die optimale biologische Dosis (OBD). Das FDA-Projekt «Optimus» zielt darauf ab, das Verständnis für die OBD zu verbessern. TDM bietet eine Möglichkeit zur Individualisierung der Dosierung, etwa bei Wirkstoffen wie 5-FU (CIV), Paclitaxel (alle drei Wochen) oder Imatinib (CML), bei denen Evidenz der Stufe I vorliegt. Für Medikamente wie hochdosiertes Busulfan, Methotrexat oder Imatinib bei GIST existiert Evidenz der Stufe IIB.

Die Umsetzung individualisierter Dosierungen in den ursprünglichen Zulassungsverfahren bleibt eine Herausforderung. Dennoch ermöglicht ein vertieftes Verständnis der Pharmakologie eine gezieltere Dosierung – insbesondere bei Patienten mit Organfunktionsstörungen oder erhöhtem Risiko für dosislimitierende Komplikationen. In der geriatrischen Onkologie sowie in der Gender-Medizin ist dieses Prinzip bislang noch nicht etabliert.

Highlights Medizinische Onkologie 2024

Die Highlights des onkologischen Jahres 2024 präsentierte Prof. Oliver Gautschi, Luzern. Ein besonderer Fokus lag auf dem Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren in kurativer Therapiestrategie bei verschiedenen soliden Tumoren.

Bereits vor 2024 publizierte Studien:

► Melanom (Stadium III): Perioperative Therapie (S1801)
► Kutanes Plattenepithelkarzinom: Neoadjuvante Therapie
► Kolorektales Karzinom mit MMRd: Neoadjuvante Therapie (NICHE1)
► NSCLC (Stadium II–III): Neoadjuvante Therapie mit Nivolumab + Chemo (CM816)
► Ösophaguskarzinom: Adjuvante Therapie (CM577)
► NSCLC (Stadium III): Konsolidierung nach Radiochemotherapie (PACIFIC)

Neue Daten im Jahr 2024:

► Melanom (Stadium III): Duale neoadjuvante Therapie (NADINA)
► Kolonkarzinom mit MMRd: Duale neoadjuvante Therapie (NICHE2/3)
► MSI-high Magenkarzinom: Duale neoadjuvante Therapie (INFINITY)
► Triple-negatives Mammakarzinom: Perioperative Therapie (KN522)
► Harnblasenkarzinom: Adjuvante Therapie (NIAGRA)
► Nierenzellkarzinom: Adjuvante Therapie (KN564)
► SCLC (Stadium III): Konsolidierung nach Radiochemotherapie (ADRIATIC)

Studien im Detail

NADINA: Bei resektablem, makroskopischem Melanom im Stadium III zeigte die neoadjuvante Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab – gefolgt von Operation und einer an das Ansprechen angepassten adjuvanten Therapie – ein signifikant verlängertes ereignisfreies Überleben im Vergleich zur Standardstrategie (Operation + adjuvantes Nivolumab). Die Hazard Ratio für Progression, Rückfall oder Tod lag bei 0.32 (99.9 % KI: 0.15–0.66).

ASCO-Update / Dostarlimab: In einer einarmigen Phase-II-Studie erhielten Patienten mit lokal fortgeschrittenem, mismatch-reparatur-defizientem Rektumkarzinom eine Monotherapie mit Dostarlimab (500mg alle 3 Wochen, bis zu 8 Monate). Nach einem Jahr zeigten alle 42 Teilnehmenden ein vollständiges klinisches Ansprechen (cCR = 100 %). Es war keine zusätzliche Chemotherapie, Bestrahlung oder Operation nötig.

NIAGRA: Bei Patienten mit Harnblasenkarzinom führte die perioperative Gabe von Durvalumab plus neoadjuvanter Chemotherapie zu einer signifikanten Verbesserung von ereignisfreiem Überleben und Gesamtüberleben gegenüber der Chemotherapie allein.

KN564: Pembrolizumab als adjuvante Therapie nach Resektion eines klarzelligen Nierenzellkarzinoms mit hohem Rückfallrisiko senkte das Sterberisiko um 38% im Vergleich zu Placebo. Auch das krankheitsfreie Überleben wurde signifikant verlängert.

KN522: Bei Patientinnen mit frühem triple-negativem Mammakarzinom verbesserte die neoadjuvante Kombination aus Pembrolizumab und Chemotherapie, gefolgt von adjuvantem Pembrolizumab, das Gesamtüberleben signifikant im Vergleich zur neoadjuvanten Chemotherapie allein.

CM816: Für resektables NSCLC (nicht-kleinzellig) zeigte die neoadjuvante Kombination aus Nivolumab und Chemotherapie Vorteile hinsichtlich ereignisfreiem Überleben und pathologischem Komplettansprechen gegenüber der alleinigen Chemotherapie – ohne Beeinträchtigung der Operationsdurchführbarkeit oder erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen.

CM77T: Die perioperative Behandlung mit Nivolumab bei resektablem NSCLC verbesserte das ereignisfreie Überleben signifikant. Neue Sicherheitssignale wurden nicht beobachtet.

KN671: Bei frühem NSCLC führte eine neoadjuvante Kombination aus Pembrolizumab und Chemotherapie, gefolgt von Operation und adjuvanter Pembrolizumab-Gabe, zu einer signifikanten Verbesserung von ereignisfreiem Überleben, pathologischem Ansprechen und Komplettremission. Das Gesamtüberleben unterschied sich jedoch (noch) nicht signifikant.

PACIFIC-2: Die gleichzeitige Gabe von Durvalumab und Radiochemotherapie bei inoperablem NSCLC verbesserte die Therapieergebnisse nicht signifikant gegenüber Radiochemotherapie allein. Unerwünschte Ereignisse führten bei ca. 25 % zum Abbruch der Durvalumab-Therapie, meist innerhalb der ersten vier Monate. Konsolidierendes Durvalumab bleibt jedoch Standard nach CRT-Versagen.

ADRIATIC: Durvalumab als Konsolidierung nach concurrent Chemoradiotherapie (cCRT) verbesserte signifikant Gesamtüberleben (OS) und progressionsfreies Überleben (PFS) bei Patienten mit begrenztem kleinzelligem Lungenkarzinom (LS-SCLC). Das Sicherheitsprofil entsprach dem bekannten Schema.

Fazit

► PD-L1-Inhibition «in kurativer Absicht» ist heute in vielen soliden Tumorentitäten Standard.
► Das kurative Potenzial variiert je nach Indikation.
► Ein klarer Trend geht hin zur neoadjuvanten Immuntherapie.

Herausforderungen

► Unterschiedliche Studienergebnisse, trotz ähnlicher Wirkstoffe und Designs
► Unklare Rolle von Biomarker-basierten und dualen Checkpoint-Inhibitionen
► Patientenselektion erfolgt bislang nur bei wenigen Tumoren (z.B. MMRd, MSI, PD-L1)
► Der Zusatznutzen adjuvanter Therapie oder dualer Inhibition ist noch nicht abschliessend geklärt
► Kombination mit Strahlentherapie kann potenziell negative Effekte haben, wohingegen eine gleichzeitige Chemotherapie bisher keine Nachteile zeigte.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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