Übersicht: Akute Rhinosinusitis

Einführung

Die akute Rhinosinusitis (ARS) gehört zu den häufigsten Infektionskrankheiten und ist verbunden mit relevanten sozioökonomischen Einbussen. Zur Vermeidung von Überdiagnostik und zwecks Einleitung sinnvoller Therapieschritte sind Kenntnisse zur Ätiologie entscheidend. In den vergangenen Jahren hat die Rhinosinusitis in der Literatur eine bedeutende Rolle eingenommen. Einerseits wurden klinisch relevante Erkenntnisse auf molekularbiologischer Ebene erlangt, andererseits bestehen angesichts von potenziellen Antibiotikaresistenzen Bestrebungen für einen gezielten Antibiotikaeinsatz. Somit stellte sich eine differenzierte Betrachtungsweise der Einteilung und Therapie der ARS ein. Der Begriff Sinusitis bezieht sich auf eine Entzündung der Nasennebenhöhlen. Aufgrund der Verbindung der Nasennebenhöhlen zur Nasenhaupthöhle sollte korrekterweise stets der Begriff «Rhinosinusitis» verwendet werden. Basierend auf den zwei bedeutendsten Konsensuspapieren, dem europäischen Positionspapier 2020 (EPOS 2020) (1) und dem International Consensus Statement on Allergy and Rhinology: Rhinosinusitis 2021 (ICARS-RS-2021) (2), wird die Rhinosinusitis in verschiedene Arten unterteilt und präsentiert sich somit im Phänotyp und im Endotyp unterschiedlich. Neben der chronischen Rhinosinusitis, welche in diesem Artikel nicht besprochen wird, zeigt sich die akute Rhinosinusitis (ARS) definitionsgemäss mit einer Symptomdauer von weniger als 12 Wochen. Es wird die akute virale Rhinosinusitis (banaler Schnupfen) und die akute post-virale Rhinosinusitis (Symptomzunahme oder -persistenz nach banalem Schnupfen) von der seltener auftretenden akuten bakteriellen Rhinosinusitis unterschieden (Abb. 1). Diese Unterscheidung ist für die therapeutische Strategie von grosser Bedeutung. Die ARS bildet mit einer Jahresprävalenz bis 15 % die zweithäufigste Infektionskrankheit, welche in der Hausarztpraxis angetroffen wird, und ist eine der häufigsten Gründe für eine systemische Antibiotikumgabe (1, 3). Neben einer signifikanten Lebensqualitätseinbusse entstehen bei der ARS erhebliche sozioökonomische Kosten. Eine Studie aus Schweden zeigte auf, dass pro Fall Kosten bis zu CHF 900.– anfallen (4). Davon zählen 25 % zu den direkten Kosten für Diagnostik und Therapie und 75 % zu den indirekten Kosten für Arbeitsausfall (1, 4). Diese Zahlen decken sich mit Angaben aus den USA (5). Das Ziel dieses Artikels ist die Wissensvermittlung zur korrekten Einteilung der ARS und deren Behandlung sowie Komplikationserkennung und Identifizierung von Fällen, die eine Antibiotikatherapie wirklich erfordern.

Einteilung und Ursachen

Die Symptome der akuten viralen Rhinosinusitis oder banalen Erkältung dauern rund 5 bis 10 Tage. Bei Persistenz dieser Beschwerden über den genannten Zeitraum hinaus oder bei Beschwerdezunahme nach 5 Tagen wird von einer akuten post-viralen Rhinosinusitis ausgegangen. Davon entwickeln 0.5 %–2 % schliesslich eine akute bakterielle Rhinosinusitis (6). Deren Präsenz wird erhärtet durch das Vorhandensein von drei oder mehr der folgenden Befunde: Fieber (≥ 38 °C), zweigipfeliger Symptomverlauf, vermehrt einseitige Beschwerden, starke Gesichtsschmerzen oder erhöhte Entzündungswerte (ESR/CRP) (Abb. 1). Laut einer Metaanalyse sind Kakosmie, Mittelgesichtsschmerzen und ein schlechter Allgemeinzustand die besten klinischen Prädiktoren, die für eine bakterielle Superinfektion sprechen (7). Allen drei Phänotypen gemeinsam ist das Vorherrschen von zwei oder mehr Symptomen, wovon eines entweder Nasenobstruktion oder trübe Rhinorrhoe sein muss und das andere Symptom entweder starke Gesichtsschmerzen oder Hyposmie. Die Definition bei Kindern ist etwas abgeändert. Hier muss eine ARS vermutet werden, wenn zwei oder mehr der folgenden Symptome bestehen: Nasenobstruktion, trüber Nasenausfluss oder Husten. Wenn pro Jahr 4 oder mehr Krankheitsepisoden auftreten und die Symptome zwischen den Episoden vollständig abklingen, wird das Bild als rezidivierende ARS bezeichnet (5).

Das Nasenepithel ist die primäre Eintrittspforte für Atemwegsviren und stellt einen aktiven Bestandteil der ersten Wirtsreaktion auf eine Infektion dar. Die von den Nasenepithelzellen ausgelöste Entzündungskaskade führt zu einer Schädigung des Epithels durch infiltrierende Zellen mit resultierendem Ödem, Flüssigkeitsextravasation, Sekretproduktion und schliesslich zur Obstruktion der endonasalen Abflusswege (8). Die ARS ist überwiegend viral bedingt, wobei das Rhinovirus, Coronavirus, Influenzavirus, Respiratorische Synzytial-Virus und Parainfluenzavirus die häufigsten Erreger darstellen. Hingegen stellen bei der akuten bakteriellen Rhinosinusitis der Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Moraxella catar­rhalis und Staphylococcus aureus sowie selten MRSA (Methicillin-resistenter Staph. aureus) die häufigsten Erreger in Europa dar (9, 10). Differenzialdiagnostisch muss auch an die odontogene Sinusitis maxillaris gedacht werden, welche meist einseitig auftritt. Hier handelt es sich oft um eine Mischinfektion mit überwiegend Anaerobiern der Mundflora. Ebenso gehört die nicht invasive Pilzsinusitis zur Differenzialdiagnose und wird überwiegend durch den ubiquitären Schimmelpilz Aspergillus fumigatus verursacht. Sie ist von einer fulminant verlaufenden, invasiven Form der Pilzsinusitis zu unterscheiden, welche bei immungeschwächten Patienten mit einer hohen Mortalität verbunden ist. Die Interaktion mit prädisponierenden Faktoren trägt zur Entstehung der ARS bei. Dazu zählen endonasale anatomische Engstellen (z. B. Septumdeviation, ungünstig angelegte Ethmoidalzellen, Verlegung durch sinunasale Tumoren), die Entzündungsreaktion der Schleimhaut auf eine lokale Infektion (z. B. viraler Infekt), Aktiv- und Passivrauchen, Zahnwurzelerkrankungen, Immundefizienz, Asthma, mukoziliäre Dysfunktion im Rahmen der primären ziliären Dyskinesie oder zystischen Fibrose sowie eine vorbestehende chronische Rhinosinusitis (5, 11–13). Angststörungen und Depression werden auch als prädisponierende Erkrankungen diskutiert. Kalte Jahreszeiten oder Kälteexposition führen ebenfalls zu einer höheren Inzidenz von ARS (14). Ob andere sinunasale Krankheitsbilder, wie zum Beispiel die allergische Rhinitis, direkt an der Entstehung der ARS beteiligt sind, wird kontrovers diskutiert (2).

Diagnostik

Die Diagnose der ARS bei Erwachsenen stellt sich rein klinisch mit plötzlichem Beginn von zwei oder mehr Symptomen, wobei eines davon entweder Nasenobstruktion oder trüber Nasenausfluss (anteriore/posteriore Sekretion) sein muss. Weitere Symptome sind Gesichtsschmerz /-druck und Reduktion oder Verlust des Geruchsvermögens. Die Symptomdauer darf 12 Wochen nicht überschreiten. Endonasale Befunde wie ein mukosales Ödem oder trübes Sekret können die Verdachtsdiagnose erhärten, sind jedoch nicht zwingend nachzuweisen (Tab. 1). Anamnestisch sollte eine allergische Genese ausgeschlossen werden, mit Fragen nach Niesreiz, wässriger Rhinorrhoe, Juckreiz der Nase und Augen. Eine routinemässige allergologische Testung ist nicht indiziert. Ausnahmen bestehen, wenn rhinokonjunktivale oder asthmatische Symptome in zeitlichem Zusammenhang mit einer ARS stehen (10). Dazu zählen primär Hautprovokationstests und Labordiagnostikverfahren. Ergänzend können in ausgewählten Fällen auch nasale Provokationstests durchgeführt werden. Laborchemisch unterstützt ein Anstieg der CRP- und ESR-Werte die Verdachtsdiagnose einer akuten bakteriellen Infektion, wird aber aufgrund der geringen Spezifität nicht als alleiniger Diagnostikmarker betrachtet (15). Die Durchführung eines bildgebenden Verfahrens wird zur Diagnostik weder empfohlen noch führt sie zu einem diagnostischen Mehrwert, es sei denn, es zeigen sich Hinweise für Komplikationen. Dazu gehört die orbitale Beteiligung, Thrombosen oder eine lokale Infektausbreitung in den Schädelknochen oder nach intrakraniell. Nasenabstriche sollten ebenfalls nicht routinemässig gemacht werden, sondern bei Therapieresistenz oder besonderen Fragestellungen einbezogen werden (16). Die Diagnose einer ARS bei Kindern stellt sich mit zwei oder mehr der folgenden Symptome: Nasenob­struktion oder trüber Nasenausfluss oder Husten (tagsüber und nachts) mit einer Dauer von weniger als 12 Wochen (1). Eine Herausforderung ist die Unterscheidung zwischen einer akuten post-viralen Rhinosinusitis und einer akuten bakteriellen Rhinosinusitis, da sich dabei auch die Frage nach einer antibiotischen Therapie stellt. Ein einzelnes Kriterium allein, welches für eine bakterielle Superinfektion sprechen könnte, ist zu ungenau, um diese Diagnose zu stellen. So rechtfertigt putrides endonasales Sekret allein bei immunkompetenten, komplikationslosen ARS keine Antibiotikatherapie (17). Aus diesem Grund sind laut EPOS 2020 mindestens drei Kriterien in Kombination nötig, um von einer akuten bakteriellen Rhinosinusitis auszugehen. Schlussendlich ist die Antibiotikaindikation individuell in Zusammenschau des klinischen Gesamtbildes und des Krankheitsverlaufes zu stellen und mit dem Patienten zu besprechen (2).

Behandlung

Angesichts seiner viralen Natur ist die ARS selbstlimitierend und soll symptomatisch therapiert werden. Beginnend beim banalen Schnupfen gilt es primär, sich an Hygienevorschriften zu halten, um die Erkrankung einzudämmen. Eine suffiziente Analgesie bildet die Grundlage einer konservativen Therapiestrategie. Eine Auswahl an empfohlenen Therapiemassnahmen ist in Tab. 2 zusammengefasst. Die insgesamt heterogene Datenlage aus Studien und Expertenmeinungen widerspiegelt sich in den teilweise vagen oder schwachen Empfehlungen, welche zusammenfassend in diversen Leitlinien abgegeben werden (1, 2, 10, 18). So zeigen topische Steroide je nach Studie einen Effekt in der symptomatischen Besserung, insbesondere in der akuten post-viralen Rhinosinusitis. Genauso sollten sie eingesetzt werden in Assoziation mit allergischer Rhinitis sowie bei rezidivierender ARS.

Ausserdem wird dessen Anwendung auch in der Schwangerschaft als sicher bezeichnet (1). Es gibt keine Daten, welche topische Steroide mit der Gabe von systemischen Steroiden vergleichen. Auch wenn systemische Steroide die Entzündungsreaktion deutlich schwächen und der Wirkungseintritt schneller ist im Vergleich zu topischer Gabe, wird die systemische Steroidgabe aufgrund von potenziellen Nebenwirkungen bei ARS nicht empfohlen (1, 10). Antihistaminika (topisch oder systemisch) werden aufgrund des fehlenden Effektes ebenfalls nicht empfohlen (1, 19). Daten über die Verabreichung von topischen Dekongestiva suggerieren eine verbesserte mukozyliäre Clearance in der akuten viralen und post-viralen Phase. Bei der Anwendung in der akuten bakteriellen Rhinosinusitis sind die Daten jedoch unzureichend (1, 10). Salzwassersprays zeigen keinen verbessernden Effekt, können aber die Anwendungshäufigkeit von Dekongestiva und deren Abusus deutlich reduzieren (20). Hingegen findet sich eine Evidenz für die Anwendung von Salzwasserspülungen zur Verbesserung der Rhinorrhoe. Letztere scheinen sogar einen präventiven Effekt bei Infektneigung zu haben (21). Inhalationen mit Dampf oder ätherischen Ölen zeigen keinen nachgewiesenen klinischen Effekt in der ARS-Behandlung. Mukolytika zeigen ebenfalls keinen Unterschied im Vergleich zu Placebo, weswegen sie nicht empfohlen werden (1). Gewisse Phytotherapeutika wie BNO1016 (Sinupret®), Cineol bzw. Myrtol (Eukalyptusöl) und Andrographis paniculata SHA-10 Extrakt zeigen einen signifikanten Effekt auf die Symptomlinderung und Heilungsbeschleuni­gung,­ wenn sie als Komedikation eingesetzt wurden. Im Einsatz von BNO1016 zeigte sich eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung mit einer Tagesdosisempfehlung von 480 mg Sinupret extract® (22–24). Zu Echinacea-Extrakten liegen keine relevanten Studien zu ARS vor. Trotz spärlicher Evidenzlage wirken Probiotika in der Prävention von Infekten der oberen Atemwege besser als Placebo (25). Ferner scheint regelmässige körperliche Betätigung einen präventiven Effekt auf Erkältungserkrankungen zu haben. Vitamin C ist bekannt für seinen positiven Effekt in Bezug auf Schweregrad und Dauer einer Erkältung, weswegen dessen Einsatz den individuellen Bedürfnissen angepasst werden soll. Genauso reduziert Zinkacetat oder Zinkgluconat die Dauer einer Erkältung mit einer Einnahmedosis von 75 mg/Tag oder mehr innerhalb der ersten 24 h nach Symptombeginn. Bezüglich Zinkeinnahme zur Prävention von ARS gibt es allerdings ungenügende Daten (1). Eine Herausforderung bei der Behandlung der ARS ist vor allem die Unterscheidung zwischen einer akuten post-viralen und einer akuten bakteriellen Rhinosinusitis und die Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikagabe. Letztere kann bei korrekter Indikation zu einer Verkürzung der Krankheitsdauer um 3 oder mehr Tage führen. Es ergeben sich keine Belege dafür, dass eine antibiotische Behandlung einer ARS schwere Komplikationen oder die Entwicklung einer chronischen Rhinosinusitis verhindern kann (26, 27). Unter Beachtung des wahrscheinlichsten Erregerspektrums und des regionalen Resistenzmusters ist bei Erwachsenen und Kindern die empirische Erstlinientherapie mit Amoxicillin mit/ohne Clavulansäure für 10 Tage empfohlen (2, 18). Alternativen bieten Cephalosporine der 2. Generation und Makrolide (z. B. Azithromycin). Chinolone werden nicht empfohlen (10). In Zusammenschau des klinischen Gesamtbildes und des Krankheitsverlaufes sowie unter Berücksichtigung von modifizierenden Faktoren (Immundefizienz, Immunsuppression, chronische Erkrankung) soll die Antibiotikagabe bei einer akuten bakteriellen Rhinosinusitis erwogen werden. Alternativ zu einem Standardantibiotikum steht ein pflanzliches Arzneimittel aus Kapuzinerkresse mit Meerrettichpulver zur Verfügung, welches bei Erwachsenen und Kindern Anwendung findet (28). Zeigen sich hingegen wiederkehrende akute Rhinosinusitiden, so ist eine fachärztliche Untersuchung angezeigt, um endonasale anatomische Engstellen, dentogene Ursachen, Pilzbefall oder andere Erkrankungen zu erkennen. In solchen Fällen sowie bei Versagen der konservativen Therapie und Chronifizierung der Nasennebenhöhlenentzündung stellt die Chirurgie die Behandlung der Wahl dar, um einen nachhaltigen Heilungserfolg zu erzielen (29).

Komplikationen

Infolge enger anatomischer Strukturen kann sich die Entzündung in die benachbarten Strukturen ausbreiten. Es werden die orbitalen (60–80 % der Fälle) von den intrakraniellen (15–20 %) und ossären Komplikationen (5 %) unterschieden, und sie treten bei Kindern häufiger auf als bei Erwachsenen. Weltweit wird eine Inzidenzrate von 3:1 000 000 pro Jahr angegeben (14). Die Verschreibung einer prophylaktischen antibiotischen Therapie hat sich im Hinblick auf die Entwicklung einer Komplikation als nicht vorbeugend erwiesen (26). Periorbitale Schwellung, Rötung, Proptosis, Augenmotilitätsstörung, Diplopie, Ophthalmoplegie, Visusminderung, starke Kopfschmerzen, Schwellung der Stirn, Meningismus, neurologische Defizite und Sepsis sind klinische Anzeichen einer sinunasalen Komplikation. Alle Patienten mit Verdacht auf eine komplizierte Rhinosinusitis müssen einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen werden, inklusive der Nasenendoskopie und typischerweise auch einer Computertomografie (CT) des Schädels / der Nasennebenhöhlen mit Kontrastmittel und bedürfen einer Hospitalisation mit intravenöser Antibiotikatherapie (2). Eine ophthalmologische Beurteilung ist ebenfalls sinnvoll, um Augenmotilität, Augendruck und Visus zu beurteilen. Zusammen mit einer routinemässigen laborchemischen Untersuchung muss eine Lumbalpunktion, insbesondere bei neurologischen Auffälligkeiten, evaluiert werden. Die Durchführung einer CT wird auch empfohlen bei Verschlechterung eines entzündlichen Lidödems trotz antibiotischer Therapie über 24–48 Stunden. Die klinische Diagnose einer sinugenen Komplikation liegt bei einer Genauigkeit von 82 %, während die Computertomografie (CT) mit Kontrastmittel 91 % erreicht, die somit die Bildgebung der Wahl ist (30). Zum Ausschluss einer intrakraniellen Ausbreitung oder einer Thrombose des Sinus cavernosus ist zusätzlich eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Schädels angezeigt. Eine chirurgische Intervention ist bei Komplikationen indiziert, insbesondere bei Nachweis einer Abszesskollektion, wenn eine Visusminderung mit Rotentsättigung oder ein afferenter Pupillendefekt besteht sowie bei Verschlechterung des klinischen Zustandes nach 48 Stunden trotz intravenöser antibiotischer Therapie. Bei Kindern kann beim kleinen Subperiostalabszess initial ein konservatives Vorgehen eingeleitet werden, jedoch mit einer engmaschigen Reevaluation des Zustandes (31).

Francesca Parisi
HNO-Klinik, Universitätsspital Basel

Lukas Horvath
HNO-Zentrum Nordwest, Muttenz und Aarau

Historie
Manuskript eingegangen: 15.01.2025
Manuskript angenommen: 26.02.2025

Dr. med. Lukas Horvath

HNO Zentrum Nordwest, Muttenz und Aarau
Kriegackerstrasse 100
CH-4132 Muttenz

lukas.j.horvath@gmail.com

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

• Die ARS wird eingeteilt in 3 klinische Formen: akute virale, akute post-virale und akute bakterielle Rhinosinusitis.
• Klinische und zeitliche Faktoren bestimmen die ARS-Form.
• Die Diagnose der ARS ist klinisch zu stellen mit Nasenobstruktion und Rhinorrhoe. Während bei Erwachsenen zusätzlich der Gesichtsschmerz und die Riechminderung im Vordergrund stehen, ist bei Kindern der Husten relevant.
• Die Etablierung von Salzwasserspülungen, topischen ­Steroiden, eine suffiziente Analgesie und Phytotherapeutika legen eine sinnvolle Basis zur Therapie der ARS.
• Begleitendes periorbitales Ödem, Visusbeschwerden, Gesichtsschwellung und -rötung oder starke Kopfschmerzen sowie starke Allgemeinzustandsveränderungen sind Hinweise für Komplikationen und müssen unverzüglich fachärztlich abgeklärt werden.
• Die Antibiotikaindikation ist restriktiv, abgewogen und auf individueller Basis zu stellen.
• Sinugene Komplikationen können durch eine präventive Gabe von Antibiotika nicht verhindert werden.

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Schattenseiten des Sonnenvitamins

Vitamin D gilt seit Jahrzehnten als essenziell für die Gesundheit von Knochen, Muskeln und dem Immunsystem. Streng genommen ist es jedoch kein Vitamin, sondern eine Hormonvorstufe, die in der Haut aus 7-Dehydrocholesterol unter Einwirkung von UVB-Strahlung synthetisiert wird. In der Leber wird Vitamin D (Cholecalciferol, D3) zu Calcidiol (25[OH]D) umgewandelt, das in den Nieren weiter zu Calcitriol (1.25[OH]₂D) metabolisiert wird – der biologisch aktiven Form. Calcitriol wirkt als Hormon, indem es an Vitamin-D-Rezeptoren in verschiedenen Zellen bindet. Unter anderem fördert es die Aufnahme von Kalzium und Phosphat im Darm (1).

Ein Vitamin-D-Mangel ist weltweit verbreitet, insbesondere in Regionen mit wenig Sonnenlichteinwirkung, bei älteren Menschen oder bei Personen mit dunkler Hautfarbe. In der Schweiz zeigen Studien, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung, insbesondere in den Wintermonaten, niedrige Vitamin-D-Spiegel aufweist (2).

Die Schweizer Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 800 IE Vitamin D für Erwachsene, insbesondere für Personen mit erhöhtem Mangelrisiko. Eine Supplementation kann einerseits sinnvoll sein, wenn die natürliche Synthese durch Sonnenlicht nicht ausreicht – besonders in den Wintermonaten oder bei Risikogruppen wie älteren Menschen, Personen mit Osteoporose oder chronischen Erkrankungen.

Andererseits bergen hoch dosierte Vitamin-D-Supplementationen auch Risiken. In dem Artikel von Knechtle et al. in dieser Ausgabe verdeutlichen zwei eindrückliche Fallberichte die möglichen Folgen: Eine 39-jährige Patientin mit Multipler Sklerose und ihr Partner entwickelten eine Hyperkalzämie infolge langjähriger, extrem hoher Vitamin-D-Zufuhr. Während die Patientin schwer symptomatisch wurde und hospitalisiert werden musste, blieb ihr Partner weitgehend beschwerdefrei – trotz vergleichbar hoher Serumwerte. Die zugrunde liegenden Mechanismen dieser individuellen Unterschiede werden im Artikel ebenfalls diskutiert. Auffällig war in beiden Fällen ein supprimierter Parathormonspiegel sowie persistierend hohe 25(OH)D-Werte, die selbst Monate nach Absetzen der Supplementation nachweisbar blieben.

Besonders besorgniserregend ist, dass derartige Intoxikationen häufig durch Selbstmedikation entstehen – oft in der falschen Annahme, hohe Dosen seien besonders gesund («Mehr ist besser»). Einige alternativmedizinische und komplementärmedizinische Ansätze – darunter die orthomolekulare Medizin – empfehlen hoch dosierte Vitamin-D-Gaben, mit diffusen und nicht evidenzbasierten Versprechungen, dass dies diverse gesundheitliche Vorteile biete. Da über ein Viertel der Schweizer Bevölkerung komplementärmedizinische Methoden in Anspruch nimmt (3), hat dies eine erhebliche Relevanz, die uns vielleicht im klinischen Alltag nicht bewusst ist, da ohne direktes Nachfragen solche Supplementationen gar nicht angegeben werden. Eine gezielte ärztliche Anamnese und Aufklärung über potenzielle Risiken sind daher angezeigt.

Diese Fälle unterstreichen die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit Vitamin-D-Supplementation. Während ein Mangel nachweislich gesundheitliche Probleme verursachen kann, sollte eine unkontrollierte Hochdosistherapie unbedingt vermieden werden. Klare Leitlinien und eine evidenzbasierte Beratung sind entscheidend, um das Gleichgewicht zwischen Nutzen und Risiko zu wahren (4).

PD Dr. med. Judith Everts-Graber

FMH Rheumatologie & Allgemeine Innere Medizin
Leiterin Osteoimmunologie
Klinik für Rheumatologie und Immunologie
Inselspital Bern

ORCID: https://orcid.org/0000-0002-8792-8199

judith.everts@hin.ch

Die Autorin hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. F. Sassi, C. Tamone, and P. D’Amelio, Vitamin D: Nutrient, hormone, and immunomodulator, 2018. doi: 10.3390/nu10111656.
2. A. Religi et al., Estimation of exposure durations for vitamin D production and sunburn risk in Switzerland (Journal of Exposure Science & Environmental Epidemiology, (2019), 29, 6, (742-752), 10.1038/s41370-019-0137-2),” 2019. doi: 10.1038/s41370-019-0143-4.
3. Klein SD, Frei-Erb M, Wolf U. Usage of complementary medicine across Switzerland. Swiss Med Wkly [Internet]. 2012 Aug. 12 [cited 2025 Apr. 14];142(3334):w13666. Available from: https://smw.ch/index.php/smw/article/view/1570.
4. R. Bouillon, D. Manousaki, C. Rosen, K. Trajanoska, F. Rivadeneira, and J. B. Richards, The health effects of vitamin D supplementation: evidence from human studies, 2022. doi: 10.1038/s41574-021-00593-z.

Was passiert bei willentlicher Überdosierung mit ­Vitamin D?

Anamnese und Befunde

Patientin 1

Am 12.11.2021 wird eine 39-jährige Patientin mit bekannter – seit 2016 stabiler – schubförmiger Multipler Sklerose nach laborchemisch imponierender Hyperkalzämie in der hausärztlichen Verlaufskontrolle am Vortag auf die Notfallstation zugewiesen. Die Patientin berichtet über seit sechs Wochen anhaltende Fatigue, Nausea und Fiebergefühl. Seit zwei Wochen habe sie zusätzlich ein vermehrtes Zittern in den Beinen bei körperlicher Anstrengung sowie Polyurie bei normaler Trinkmenge. Eine immunsuppressive Therapie der Multiplen Sklerose habe sie aufgrund von Nebenwirkungen vor drei Monaten abgebrochen. Ferner supplementiere sie täglich Vitamin D in hohen Dosen, damit habe sie auf Anregung ihres Lebenspartners bereits vor zwei Jahren begonnen. Die Patientin war kardiopulmonal stabil, und die klinische Untersuchung war bis auf eine leichte Schwäche im Beinhalteversuch unauffällig. In der Laboruntersuchung zeigte sich neben einem stark erhöhten Kalzium von 3.58 mmol/l (2.1–2.6 mmol/l) auch ein erhöhter 25(OH)D3-Serumspiegel von 528 nmol/l (50–125 nmol/l). Ferner war das Parathormon (PTH) unter dem Normwert, und das Kreatinin war bei gleichzeitig verminderter glomerulärer Filtrationsrate erhöht. Die genauen Laborwerte sind in Tab. 1 dargestellt.

Patient 2

Beim Partner oben genannter Patientin fiel an demselben Tag in der Routinelaborkontrolle ebenfalls ein leicht erhöhtes Kalzium auf bei gleichzeitig erhöhter 25(OH)D3-Konzentration und supprimiertem PTH (Tab. 2). Klinisch zeigten sich keine Auffälligkeiten. Der Patient leidet an X-chromosomaler Adrenoleukodystrophie, einer seltenen Stoffwechselerkrankung, die bei Männern häufig in Verbindung mit einem Morbus Addison auftritt (1). Aufgrund fehlender kausaler Therapiemöglichkeiten seiner Grunderkrankung startete der Patient im November 2017 aus Eigeninitiative und in vollem Bewusstsein über die potenziell toxischen Wirkungen zusätzlich zur schulmedizinischen Therapie des M. Addison in Form von Mineral- und Glukokortikoiden (Florinef® 0.1 mg/d und Hydrocortison 20 mg/d) eine Hochdosis-Vitamin-D-Therapie. Das Ziel des Selbstversuches war es, durch wiederholte Dosissteigerung (Tab. 3) eine möglichst hohe tägliche Supplementationsdosis zu erreichen, mit der Überlegung, dass durch sehr hohe Vitamin-D-Konzentrationen die antiinflammatorischen Effekte des aktiven Vitamin-D-Metaboliten 1α,25(OH)2D3 verstärkt werden und dadurch die Aktivität der Autoimmunerkrankung reduziert werden kann.

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Die Prävalenz einer Hyperkalzämie in der Gesamtpopulation liegt laut den «National Institutes of Health» bei ungefähr 1 %. In 90 % der Fälle ist die Hyperkalzämie entweder mit einem Malignom assoziiert oder durch einen primären Hyperparathyreoidismus verursacht (2). Neben Anamnese und klinischer Untersuchung gehört zum diagnostischen «Work-up» der Hyperkalzämie auch eine Elektrokardiographie (EKG), um Herzrhythmusstörungen auszuschliessen, und eine Bildgebung («Low-dose»-Computertomographie der Lunge) zum Ausschluss zugrunde liegender Pathologien wie eine Sarkoidose oder ein Lungenkrebs (2). Die Bestimmung des PTH-Levels kann in der Differenzialdiagnose der Hyperkalzämie hilfreich sein. Während eine PTH-Erhöhung für einen primären Hyperparathyreoidismus spricht, weist ein supprimiertes PTH auf eine Hypervitaminose D hin, was als Folge einer exogenen Vitamin-D-Intoxikation oder bei granulomatösen Erkrankungen auftreten kann (3).

Weitere Abklärungsschritte und Verlauf

Bei Patientin 1 fiel ein Thorax-Röntgen ohne Befund aus, und das EKG zeigte mit abgeflachten T-Wellen und einer QTc-Zeit im unteren Normbereich die für Hyperkalzämie typischen EKG-Veränderungen, jedoch keine Arrhythmien. Die Hyperkalzämie war unter intravenöser Rehydrierung regredient, und so konnte die Patientin nach 8 Tagen Spitalaufenthalt in gutem Allgemeinzustand, einem normwertigen Kalzium und einer verbesserten Nierenfunktion wieder nach Hause entlassen werden. Der 25(OH)D3-Spiegel blieb noch für mindestens 9 Monate nach Supplementationsstopp im toxischen Bereich (> 375 nmol/l).

Patient 2 war komplett beschwerdefrei, weshalb keine diagnostischen oder therapeutischen Massnahmen indiziert waren. Auf hausärztliche Empfehlung hin entschied er sich, am 12.11.2021 vorläufig mit der Vitamin-D-Supplementation zu pausieren, um eine Aggravation der laborchemischen Hyperkalzämie zu vermeiden. Es folgte ein initialer Kalziumanstieg mit einem Höchstwert von 3.03 mmol/L (2.1–2.6 mmol/l) sechs Tage nach Supplementationsstopp (Tab. 2). Im Verlauf zeigten sich sowohl die Kalzium- als auch die 25(OH)D3-Konzentrationen rückläufig. Bei ihm wurde nach sechs Monaten erstmals eine 25(OH)D3-Konzentration knapp unterhalb der Toxizitätsschwelle (366 nmol/l) gemessen.

Diagnose

Patientin 1: symptomatische schwere Hyperkalzämie bei Vitamin-D-Intoxikation (528 nmol/l) mit akuter Nierenschädigung Stadium 1 bei Hyperkalzämie-induzierter Hypovolämie
Patient 2: asymptomatische milde Hyperkalzämie bei Vi­tamin-D-Intoxikation (> 400 nmol/l)

Kommentar

Die Diagnose der Vitamin-D-abhängigen Hyperkalzämie basiert neben der anamnestisch erfolgten Vitamin-D-Einnahme und entsprechender Symptomatik auf einer 25(OH)D3-Konzentration im toxischen Bereich (> 375 nmol/l), bei gleichzeitig supprimiertem PTH-Level (< 1.5 pmol/l) (3). Klinische Manifestationen einer Vitamin-D-Intoxikation sind hauptsächlich Hyperkalzämie-assoziiert (4). Die Symp­tome sind unspezifisch und können unterschiedliche Organsysteme betreffen (Abb. 1). Eine erschwerte neuromuskuläre Erregbarkeit kann zu Obstipation, Muskelschwäche und Ataxie führen (5). Polyurie und Polydipsie können als Ausdruck eines nephrogenen Diabetes insipidus auftreten (6), und eine schwere Exsikkose gemeinsam mit der Hyperkalzämie kann zu Nephrokalzinose und Nephrolithiasis führen (2). Ferner können unspezifische Symptome wie Fatigue, Fieber, Anämie, kognitive Dysfunktionen und Bewusstseinsstörungen auftreten (7). Die Symptomatik ist sowohl abhängig vom Schweregrad als auch der Akuität der Hyperkalzämie. Im Falle einer hyperkalzämischen Krise (> 3.5 mmol/l) liegt die Mortalität bei 15–20 % (Tab. 5) (8). Ferner gibt es auch Hinweise, dass eine chronische Hypervitaminose D Langzeitfolgeschäden nach sich ziehen kann (7). In der Autopsie von chronisch Vitamin-D-intoxikierten Ratten fanden sich grossräumige Weichteilverkalkungen und Kalkablagerungen in Nieren, Herz, Aorta und Darm (9).

Das «Tolerable Upper Level» (UL) wurde von beiden Patienten zu jedem Zeitpunkt der Supplementation um mindestens das 12-Fache und die «Recommended Dietary Allowance» (RDA) um das 83-Fache überschritten (Tab. 3 und Tab. 4). Aufgrund mangelnder Labordaten ist nicht bekannt, zu welchem Zeitpunkt der Supplementation jeweils die Toxizitätsschwelle erreicht wurde. Bei Patientin 1 wurde nach der erstmaligen Bestimmung der 25(OH)D3-Konzentration ein Serumspiegel von > 390 nmol/l gemessen. Demnach kann man mit Sicherheit sagen, dass eine durchschnittliche tägliche Einnahme von gut 76 000 IE über 640 Tage hinweg, was einer kumulativen Dosis von knapp 49 000 000 IE Vitamin D entspricht, zu 25(OH)D3-Konzentrationen im toxischen Bereich führen können. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich die Patientin bis auf eine leicht erhöhte Kalziumkonzentration von 2.66 mmol/l bezüglich der Hypervitaminose D komplett asymptomatisch. Die Hospitalisation ereignete sich nach weiteren 12 Monaten der Hochdosis-Supplementation mit persistierend hohem 25(OH)D3-Serumspiegel im toxischen Bereich (> 375 nmol/l). Klinisch manifestierte sich die Intoxikation bereits sechs Wochen zuvor, bei einer kumulativ eingenommenen Menge von ungefähr 78 000 000 IE Vitamin D. Patient 2 zeigte zu keiner Zeit der Supplementation Symptome einer Hyperkalzämie. Die erste Messung des Vitamin-D-Spiegels erfolgte 913 Tage nach Supplementationsbeginn, wobei die durchschnittliche Tagesdosis 58 000 IE und die kumulative Vitamin-D-Einnahme 53 300 000 IE betrug und zu einer 25(OH)D3-Konzentration von > 400 nmol/l führte. Bis zum Auftreten der laborchemischen Hyperkalzämie wies er für mindestens 18 Monate eine toxische 25(OH)D3-Konzentration auf (Tab. 2 und Tab. 3).

Literaturübersicht bei Vitamin-D-­Intoxikation

Im Vergleich dazu sind in Tab. 6 unterschiedliche Supplementationsschemata sowie laborchemische Konsequenzen von Vitamin-D-Intoxikationen aus verschiedenen Fallberichten gelistet.

Bei der bisher höchsten dokumentierten täglichen Einnahme an Vitamin D handelt es sich um eine akzidentelle Intoxikation aufgrund eines Herstellungsfehlers, was bei einem 58-jährigen Mann zu einer zweimonatigen Vitamin-D-Einnahme von total 1 864 000 IE/d führte (10). Die im Fallbericht geschilderte Symptomatik ist relativ kongruent mit der von Patientin 1, und trotz des sehr unterschiedlichen Supplementationsregimes lag die zum Zeitpunkt der klinischen Erstmanifestation kumulativ eingenommene Menge an Vitamin D bei beiden etwa 78 000 000 IE. Die unseres Wissens bisher höchste kumulative Vitamin-D-Einnahme erfolgte durch eine 67-jährige Patientin, die aufgrund eines Verschreibungsfehlers über gut 3 Jahre hinweg bei einer Tagesdosis von 600 000 IE kumulativ gut 648 000 000 IE Vitamin D einnahm (11). Die Vitamin-D-Intoxikation manifestierte sich sehr ähnlich wie bei Patientin 1, und auch sie präsentierte sich mit einer akuten Nierenschädigung, die im Verlauf zumindest teilweise reversibel war. In einem anderen Fallbericht wird beschrieben, wie eine 53-jährige Patientin mit MS, die ebenfalls aufgrund fehlender Therapieoptionen eine selbständige Hochdosistherapie mit Vi­tamin D begann, nach einer fast sechsmonatigen täglichen Einnahme von 50 000–300 000 IE Vitamin D eine schwere, nicht komplett reversible Nierenschädigung erlitt (12).

Beeinflussende Faktoren

Beim Vergleich unserer zwei Patienten untereinander und mit in der Literatur geschilderten Fällen zeigt sich, dass nicht alle Menschen gleich sensibel auf einen Anstieg des Vitamin-D-Serumspiegels zu reagieren scheinen. Die einzelnen Faktoren und deren Auswirkungen auf die Entwicklung einer symptomatischen Vitamin-D-Intoxikation sind noch nicht eindeutig geklärt. Dies liegt wohl primär daran, dass das Durchführen von Studien mit täglichen Hochdosis-Vitamin-D-Supplementationen aus ethischen Gründen nicht möglich ist, was auch die enorme Relevanz solcher Fallberichte erklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die physiologischen Veränderungen, die bei einer Vitamin-D-Intoxikation auftreten, möglicherweise von Person zu Person und auch zwischen Subpopulationen variieren und es neben Alter, BMI und Baseline-Serumspiegel noch weitere, bisher ungeklärte Variablen geben könnte, die das Auftreten von toxischen Symptomen bei übermässiger Vitamin-D-Zufuhr beeinflussen könnten (14). So wurde in einer Studie beobachtet, dass «African Americans» im Vergleich zu «European Americans» bereits bei 25(OH)D3-Konzentrationen, die im Referenzbereich liegen (> 50nmol/l) eine grössere Gesamtsterblichkeit und ein erhöhtes Atheroskleroserisiko aufweisen (15). Einen klaren gendermedizinischen Unterschied bezüglich der Prävalenz oder des Schweregrads einer Hyperkalzämie konnte in der Literatur bislang nicht bestätigt werden. Jedoch hat sich in einem Review gezeigt, dass Frauen besonders anfällig für eine Vitamin-D-Hypervitaminose zu sein scheinen (16). Ferner stellt Adipositas aufgrund der Vitamin-D-Anreicherung im Fettgewebe einen protektiven Faktor im Sinne einer Vitamin-D-Intoxikation dar (17). Medikamente wie zum Beispiel Laxanzien, Rifampicin, Barbiturate oder Imidazol-Antimykotika können die Resorption, Metabolisierung oder Wirkung von Vitamin D beeinflussen (7). Glukokortikoide bewirken eine Reduktion der intestinalen Kalziumabsorption und inhibieren die 1α-Hydroxylase, das Enzym, welches 25(OH)D3 in den aktiven Metaboliten 1α,25(OH)2D3 konvertiert, was die Wirkung von Vitamin D reduziert. Dies würde auch erklären, weshalb Patient 2 mit einer durchschnittlichen täglichen Einnahme von gut 58 000 IE trotz persistierend hohen 25(OH)D3-Serumspiegeln kaum Manifestationen einer Vitamin-D-Intoxikation entwickelte (18).

Vitamin D und Autoimmunerkrankungen

Viele Studien bestätigen die Assoziation zwischen Vitamin-D-Unterversorgung und der Prävalenz von Autoimmunerkrankungen, wie beispielsweise Diabetes mellitus Typ 1, MS oder rheumatoider Arthritis (19, 20, 21, 22). Ferner kann an In-vitro-Immunzellen nach Exposition zu pharmakologischen Dosen an Vitamin-D-Metaboliten Immunmodulation beobachtet werden (23). Bisher konnten die In-vitro-Beobachtungen noch nicht erfolgreich auf die Klinik übertragen werden. Ein Grund dafür könnte sein, dass die dafür benötigten 1α,25(OH)2D3-Konzentrationen im menschlichen Organismus nicht ohne erhebliche Nebenwirkungen in Form von Vitamin-D-Intoxikation und Hyperkalzämie zu erreichen sind (24). In Tierversuchen hat sich gezeigt, dass Vitamin D den besten Effekt in der präventiven Anwendung erzielt, wobei dieses Zeitfenster in der Praxis häufig verpasst wird (23). Das Vermeiden schwerer Vitamin-D-Mangelzustände verbessert die Immunfunktion und könnte damit die Anfälligkeit für Autoimmunerkrankungen verringern. Ob Vitamin D auch eine therapeutische Rolle in solchen Krankheiten einnehmen kann, ist zurzeit noch unklar.

Fazit

Der Vitamin-D-Mangel stellt ein globales Gesundheitsproblem dar, und die gesundheitsschädigenden Folgen einer Unterversorgung sind schon lange bekannt. Durch den zunehmenden Gesellschaftstrend der Nahrungsmittelergänzung kommt mit der medizinisch nicht indizierten Vitamin-D-Substitution ein neuer Aspekt der Vitamin-D-Hypervitaminose hinzu. Der Fall von Patientin 1 zeigt, dass eine symptomatische Vitamin-D-Intoxikation durch eine kumulative Einnahme von etwa 78 000 000 IE ausgelöst werden kann. Die durchschnittliche Dosis von etwa 83 000 IE/d ist um mehr als das 40-Fache höher als die bei Vitamin-D-Mangel empfohlene Tagesdosis. Dennoch sollten sowohl das medizinische Personal als auch Patienten auf die klinischen Manifestationen bei Vitamin-D-Intoxikation sensibilisiert werden. Insbesondere wenn die Dosierungen die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) überschreiten, ist die Patientenaufklärung über die toxischen Wirkungen von Vitamin D und dem damit einhergehenden Risiko indiziert. Ist eine Hochdosis-Supplementation dennoch gewünscht, dann sollte dies – wie bei unseren Patienten – nur unter ärztlicher Aufsicht und regelmässigen laborchemischen Kontrollen der Serumspiegel von Kalzium, PTH und gegebenenfalls Phosphat oder Kreatinin erfolgen, um eine laborchemische Hyperkalz­ämie frühzeitig zu detektieren und klinische Manifestationen sowie Folgeschäden zu verhindern.

Debora Meier
Medizinische Fakultät der Universität Zürich, Zürich, Schweiz
Katja Weiss, https://orcid.org/0000-0003-1247-6754
Institut für Hausarztmedizin, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
Thomas Rosemann, https://orcid.org/0000-0002-6436-6306
Institut für Hausarztmedizin, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
Beat Knechtle, https://orcid.org/0000-0002-2412-9103
Institut für Hausarztmedizin, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
Medbase St. Gallen Am Vadianplatz, St. Gallen, Schweiz

Abkürzungen
BAG Bundesamt für Gesundheit
EKG Elektrokardiographie
GFR Glomeruläre Filtrationsrate
IE Internationale Einheit (standardisierte, substanzspezi­fische Mengeneinheit zur Quantifizierung der Wirkung eines Stoffes oder eines medizinischen Präparates)
PTH Parathormon
UL Tolerable Upper Limit (die Höchstmenge der täglichen Nährstoffzufuhr, die wahrscheinlich kein Risiko schädlicher Auswirkungen birgt)
RDA Recommended Dietary Allowance (empfohlene Tagesdosis für Allgemeinbevölkerung)
1a,25(OH)2D3 1a,25-Dihydroxyvitamin-D3, aktiver VD-Metabolit oder Calcitriol
25(OH)D3 25-Hydroxyvitamin-D3 oder Calcidiol

Historie
Manuskript eingegangen: 03.01.2025
Manuskript angenommen: 10.03.2025

Prof. Dr. med. Beat Knechtle

Facharzt FMH für Allgemeinmedizin
Medbase St. Gallen Am Vadianplatz
Vadianstrasse 26
9001 St. Gallen
Switzerland

beat.knechtle@hispeed.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

• Die Diagnose der Vitamin-D-induzierten Hyperkalzämie basiert neben der laborchemischen Hyperkalzämie, der anamnestisch erfolgten Vitamin-D-Einnahme und entsprechender Symptomatik auf einer 25(OH)D3-Konzen­tration im toxischen Bereich (> 375 nmol/l), bei gleichzeitig supprimiertem PTH-Level (< 1.5 pmol/l).
• Tägliche Vitamin-D-Dosierungen sollten nicht höher als das «Tolerable Upper Level» von 4000 IE/d sein.
• Manifestationen einer Hyperkalzämie sind unspezifisch und können verschiedene Organsysteme betreffen, es gibt aber auch subklinische Verläufe.
• Bei einer Hochdosis-Vitamin-D-Supplementation besteht die Gefahr einer akuten Hyperkalzämie sowie Langzeitfolgeschäden bei chronischer Hypervitaminose D.
• Die Mortalität einer schweren Hyperkalzämie beträgt 15–20  %.

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Rezidivierende Thrombosen trotz oraler ­Antikoagulation? Ein Fallbericht

Anamnese und bisherige Befunde

Die 34-jährige Patientin Schweizer Herkunft wurde uns wegen eines subakuten thrombotischen Verschlusses der Vena mesenterica superior per Zufallsbefund in einer Computertomographie (CT) des Abdomens zugewiesen. Aufgrund bereits stattgehabter thromboembolischer Ereignisse nahm sie seit Juni 2023 regelmässig Apixaban (5 mg zweimal täglich) ein. Grund für die externe CT war eine ödematös-imponierende Darmschleimhaut des Kolons ohne Zeichen einer Blutung oder Entzündung in einer externen Koloskopie. Letztere wurde wegen seit Juli 2023 akut aufgetretener abdominaler Beschwerden und postprandialer Diarrhö durchgeführt. Ein Morbus Crohn (CD) mit Erstdiagnose vor über zehn Jahren stand in den Vordiagnosen. Bei bislang fehlender Klinik war bisher keine spezifische Crohn-Therapie etabliert. Der Befund einer zeitgleich erfolgten Gastroskopie war ebenso bland. Eine Zöliakie konnte hierbei histologisch ausgeschlossen werden. Laut Aufzeichnungen erlitt die Patientin mehrere unprovozierte, thromboembolische Ereignisse (Tab. 1). Daraufhin wurde eine Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten (Marcoumar©) etabliert, mit Umstellung auf Dalteparin (Fragmin©) während der Schwangerschaft. Nach der Geburt im Oktober 2022 setzte die Patientin die Antikoagulation ab, worauf dies im Juni 2023 zu einer Lungenembolie führte.

Eine angeborene oder erworbene Gerinnungsstörung konnte zweimalig serologisch und genetisch, inklusive Abklärung und Ausschluss einer paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH), ausgeschlossen werden. Die Patientin war Nichtraucherin und nahm keine Kontrazeptiva ein. Ein direkter Zusammenhang der thromboembolischen Ereignisse mit einer aktiven Morbus-Crohn-Aktivität war zu keiner Zeit beschrieben und dokumentiert. Klinisch präsentierte sich im Rahmen des Erstkontaktes bei uns eine kardiopulmonal stabile Patientin in kachektischem Ernährungszustand (Body-Mass-Index [BMI] 17 kg/m2) mit persistierender Appetitlosigkeit und Völlegefühl. Seit Juli bestand ein Vier-Quadranten-Aszites mit konsekutiver Zunahme des Bauchumfanges. Der Bauch war weich, schmerzfrei und druckindolent. Tenesmen wurden verneint. Bei irregulärem Stuhl, anamnestisch teils flüssig, teils mit unverdauten Speiseresten, bestanden keine Blutbeimengungen. Die Stuhlfrequenz war normal.

Labor

Zusammengefasst (Details siehe Tab. 2) war eine schwere Hypoalbuminämie (17 g/l, normal 40–49 g/l) sowie ein erhöhtes Calprotectin im Stuhl (169 µg/g, normal < 50 µg/g) auffallend. Die Leberfunktion und -syntheseleistung waren normal. Eine Proteinurie und Pankreasinsuffizienz (Pankreaselastase im Stuhl 209 µg/g, normal > 200 µg/g) konnten ausgeschlossen werden. Die Entzündungsparameter lagen im Normbereich, und Stuhlkulturen blieben ohne Wachstum.

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Eine renale und hepatische Ursache der Hypoalbuminämie konnte gemäss Labor und Bildgebung ausgeschlossen werden (1). Indirekt bestanden keine Hinweise für eine portale Hypertension oder rechtskardiale Stauung als Ursache für den Aszites und die Anasarka. Die orale Kost- und Proteinzufuhr war regelrecht. Die Patientin wurde hierbei ernährungstherapeutisch begleitet und überwacht. Hinweise für Malignität bestanden gemäss Schnittbildgebung keine. Eine kürzlich erfolgte endoskopische Abklärung zeigte keine Entzündungsaktivität im einsehbaren Gas­trointestinaltrakt und Kolon. Das Calprotectin im Stuhl war widersprechend signifikant erhöht, was eine entzündliche Aktivität im Darm bestätigte. Folglich vermuteten wir eine Entzündungsaktivität im Rahmen einer floriden CD, beschränkt auf den Dünndarm und ursächlich für die Resorptionsstörung mit Proteinverlustsyndrom (PLE). Eine PLE ist als klinisches Erscheinungsbild einer CD anerkannt. Der Proteinverlust im Darm führt typischerweise zu Serumalbuminwerten von < 30 g/l und häufig sogar < 20 g/l (2). Eine Diarrhö ist oft nicht vorliegend (3). Da Albumin ein negatives Akutphasenprotein ist, kann das Serumalbumin bei einem klinisch schweren Verlauf besonders tief sein (3).

Weitere Abklärungsschritte

Eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Dünndarms (Abb. 1) zeigte eine ausgeprägte segmentale Wandverdickung des terminalen Ileums sowie multifokale Strikturen im Dünndarm mit zuvor erweiterten Schlingen – vereinbar mit einem Morbus Crohn. Generell weist das Vorliegen eines intramuralen Ödems auf eine aktive Entzündung hin, während ein Nachweis von intramuralem Fett auf eine vergangene oder chronische Entzündung deutet (4). Eine Differenzierung zwischen aktiver Entzündung und venöser Kongestion – bei stattgehabtem Verschluss der Vena mesenterica superior – war letztlich bildgebend und als Rückschluss für die Wandverdickung nicht möglich. Eine mesenteriale Lymphadenopathie wurde ebenso beschrieben, passend zu einer entzündlichen Aktivität (4). Hinweise für Malignität gab es erneut keine. Eine Kapselendoskopie zur weiteren bildgebenden Abklärung wurde diskutiert. Aufgrund der vorliegenden Darmstrikturen verzichteten wir hierauf. Wegen der PLE und den ätiologisch unklaren Thrombosen bestimmten wir den Apixaban-Spitzenspiegel drei Stunden nach oraler Einnahme. Dieser lag mit 87.3 µg/l im subtherapeutischen Bereich (Referenzbereich 152–258 µg/l bei 5 mg Apixaban zweimal täglich). Unsere Vermutung einer enteralen Malabsorption bei CD verfestigte sich hierdurch. Insbesondere das kürzlich aufgetretene Ereignis (Verschluss der Vena mesenterica superior) trotz direkter oraler Antikoagulanzien (DOAK) könnte somit erklärt werden. Erschwerend dazu könne eine bereits zuvor bestehende postthrombotische Veränderung im Rahmen der Vena cava inferior Thrombose von 2012 als Risikofaktor nicht ausgeschlossen werden.

Diagnose

Enterale Malabsorption von direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) durch Entzündungsaktivität im Rahmen eines floriden Morbus Crohn (CD).

Therapie

Der Aszites wurde mittels intravenöser Albuminsubstitution in üblicher Dosis über drei Tage behandelt. Hierunter war der Aszites nahezu vollständig regredient. Betreffend Antikoagulation wurde die Patientin auf ein körpergewichtadaptiertes, niedermolekulares Heparin mit subkutaner Verabreichung umgestellt. Bei unserer Patientin lagen die Proteine S und C, das Antithrombin – bei sonstigem Wirkverlust von Heparin (5) – sowie das Fibrinogen im Normbereich. Hinsichtlich des Morbus Crohn wurde, basierend auf dem Befund des MRT-Abdomens, eine per orale Therapie mit Budesonid und Sulfasalazin initiiert. Zusätzlich wurde temporär Prednison 40 mg wegen ungenügender Besserung verabreicht. Das Serumalbumin normalisierte sich sukzessive und ohne weiteren Substitutionsbedarf mit Beginn der antientzündlichen Therapie. Im Verlauf erfolgte eine Therapieumstellung auf Adalimumab. Unter dieser Medikation war die Patientin weiterhin beschwerdefrei.

Kommentar

Etwa 90 % der oralen Medikamenten- und Nährstoffabsorption, einschliesslich DOAK, erfolgen im Dünndarm, insbesondere im Duodenum und im proximalen Jejunum (6, 7). Durch seine reiche Ausstattung an Zotten und Mikrovilli besteht im Dünndarm eine grosse permeable und gut durchblutete Austauschfläche von etwa 200–400 m² (6, 8). Die spezialisierte Schleimhaut enthält zahlreiche Verdauungsenzyme, Transportproteine und ein komplexes Netzwerk aus Lymph- und Blutgefässen (9). Proteine, Kohlenhydrate und freies Wasser werden überwiegend wegen der ausgedehnten Faltenstruktur im Jejunum aufgenommen. Im Ileum werden Gallensalze und damit verbunden fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) sowie Vitamin B12 absorbiert (10). DOAK werden als nur mässig lipophil beschrieben, wobei Rivaroxaban am wenigsten lipophil ist, gefolgt von Apixaban und schliesslich Dabigatran mit der höchsten Lipophilie (11).

Eine entzündliche Aktivität einer CD kann in jedem Abschnitt des Verdauungstraktes Defekte in der Schleimhautbarriere verursachen. Gemäss Studienlage ist bei 30–70 % aller Patienten mit CD der Dünndarm mit betroffen, und bis zu 30 % der Patienten weisen ausschliesslich eine Beteiligung des Dünndarms auf (12). Das terminale Ileum bei CD ist der häufigste Ort der Entzündung. Nur 5 % der Fälle betreffen isoliert den proximalen Dünndarm (13). Es kommt zu aphthösen Ulcera und Körnigkeit der Mucosa mit möglicher Villusverflachung im Duodenum und Entzündungsaktivität in der Lamina propria. Die funktionale Oberfläche des Darms wird hierdurch reduziert (14).

Typische Befunde und Symptome der Entzündung im Dünndarm wären Durchfall, Steatorrhö, Mangelernährung, Gewichtsverlust, Ergussbildung und Anämie (14); grössere Moleküle und Bakterien können die Darmwand passieren. Es kommt zu einer Malabsorption (15). Potenzielle Strikturen und Vernarbungen nach Ulzerationen können zu Lymphabflussstörungen, sekundären Lymphangiektasien und zur Bildung von fistulösen Gängen sowie bakteriellem Überwuchs führen, was zum funktionellen Verlust der Schleimhautfläche beiträgt (9). Je nach Grad der Darmluminalverengung kann proximal eine Darmdilatation entstehen (4).

Aufgrund der – durch oben genannter Pathophysiologie entstandener – Barrierestörung kann es zu subtherapeutischen Serumspiegeln und ungenügender Wirkung von oral verabreichten Medikamenten kommen (15, 16). Obschon es genügend Literatur zu Ernährungsdefiziten und PLE bei CD gibt, ist die Datenlage hinsichtlich Medikamentenabsorption spärlich (17). Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägung von CD ist es schwierig, Veränderungen in der oralen Bioverfügbarkeit anhand einzelner Medikamentenmerkmale oder anhand von Modellen vorauszusagen (18).

Apixaban – ein direkter Faktor-Xa-Inhibitor – zeigt eine lineare Pharmakokinetik bei Dosierungen zwischen 2.5 und 25 mg (16). Bei gesunden Probanden wird der maximale Plasmaspiegel von Apixaban drei Stunden nach oraler Einnahme erreicht. Klinisch relevante Einflüsse der Nahrungsaufnahme auf die Bioverfügbarkeit von Apixaban gibt es keine (7). Die Absorption von Apixaban erfolgt hauptsächlich im Dünndarm (19), wobei der distale Dünndarm und das aufsteigende Kolon etwa 55 % der Apixaban-Absorption ausmachen (7). Im Vergleich zur Einnahme der normalen Filmtabletten ist die Bioverfügbarkeit von 2.5 mg Apixaban-Lösung um etwa 60 % und 84 % niedriger, wenn die Lösung im distalen Dünndarm bzw. im aufsteigenden Kolon freigesetzt wird (19). Bei oralen Dosen bis zu 10 mg beträgt die absolute Bioverfügbarkeit von Apixaban etwa 50 %, was auf eine unvollständige Resorption und den First-Pass-Metabolismus in Darm und Leber zurückzuführen ist (19).

Pollak et al. (16, 20) untersuchten eine spiegelgesteuerte Dosisanpassung von Apixaban, um eine beeinträchtigte Absorption bei einer Patientin mit Kurzdarmsyndrom zu kompensieren. Die Patientin erreichte nur 30 % der normalen medianen Spitzenkonzentrationen mit einer Dosis von 2.5 mg zweimal täglich. Daraufhin wurde die Dosis auf 15 mg zweimal täglich erhöht, was zu therapeutischen Spiegeln führte. Dies zeigt, dass durch eine Dosisanpassung, geleitet durch «Drug Monitoring», auch bei diesen Patienten therapeutische Konzentrationen von Apixaban erreichbar sind.

Zusammengefasst sind die Physiologie und Pathophysiologie der Medikamentenabsorption komplex. Unklar bleibt, ob bei vorhandener Barrierestörung im Dünndarm durch einen Morbus Crohn eine höhere Dosierung zu normalem Medikamentenspiegel führen kann. Vice versa könnte im Falle eines Heilungsprozesses folglich die Gefahr einer Überdosierung mit konsekutivem Blutungsrisiko bestehen, sodass es sinnvoll erscheint, in diesen Fällen eine Therapieüberwachung durch Spiegelbestimmungen durchzuführen.

Sigute Silingaite
Klinik für Innere Medizin, Universitätsspital Zürich

Florian Prenner
Klinik für Innere Medizin, Universitätsspital Zürich

Abkürzung
BMI Body-Mass-Index
CD Morbus Crohn
CT Computertomographie
DOAK Direkte orale Antikoagulanzien
MRT Magnetresonanztomographie
PLE Proteinverlust-Enteropathie
PNH Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie

Historie
Manuskript eingegangen: 18.09.2024
Angenommen nach Revision: 20.03.2025

Dr. med. (LT) Sigute Silingaite

Assistenzärztin
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100, 8091 Zürich

sigute.silingaite@gmail.com

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

• Ein florider Morbus Crohn kann sich je nach Lokalisation atypisch und oligosymptomatisch präsentieren.
• Bei Vorliegen einer Proteinverlust-Enteropathie sollte an eine mögliche Medikamentenmalabsorption gedacht werden.
• Wir empfehlen Spiegelkontrollen bei wichtigen Medikamenten, für welche das klinische Ansprechen nicht direkt beurteilt werden kann, sowie allenfalls eine Umstellung auf eine parenterale Verabreichung, sofern möglich bis zur Rekonvaleszenz.
• Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägung von CD ist es schwierig, Veränderungen in der oralen Bioverfügbarkeit anhand einzelner Medikamentenmerkmale oder Modelle vorauszusagen.

1. Samant S, Lyon DR, Asmi N, Jha P. Protein-Losing Enteropathy in Crohn’s Disease: Two Unusual Cases. Cureus. 2021;13:e19501. doi: 10.7759/cureus.19501.
2. Parrish CR, DiBaise JK, Copland AP. Protein Losing Enteropathy: Diagnosis and Management. Practical Gastroenterology. 2017; Nutrition Issues in Gastroenterology, Series #162. Available from: https://med.virginia.edu/ginutrition/wp-content/uploads/sites/199/2014/06/Parrish-April-17.pdf
3. Murray FR, Morell B, Biedermann L, Schreiner P. Protein-losing enteropathy as precursor of inflammatory bowel disease: a review of the literature. BMJ Case Rep. 2021;14:e238802. doi: 10.1136/bcr-2020-238802.
4. Gauci J, Sammut L, Sciberras M, et al. Small bowel imaging in Crohn’s disease patients. Ann Gastroenterol. 2018;31:395-405. doi: 10.20524/aog.2018.0268.
5. Bandikatla S, Maharaj S, Dadlani A, Ramsubiek K, Rojan A. Thrombosis secondary to protein-losing enteropathy (PLE): A case report and review. Thrombosis Update. 2021;3:100050. doi: 10.1016/j.tru.2021.100050.
6. Azman M, Sabri AH, Anjani QK, Mustaffa MF, Hamid KA. Intestinal Absorption Study: Challenges and Absorption Enhancement Strategies in Improving Oral Drug Delivery. Pharmaceuticals (Basel). 2022;15:975. doi: 10.3390/ph15080975.
7. Hakeam HA, Al-Sanea N. Effect of major gastrointestinal tract surgery on the absorption and efficacy of direct acting oral anticoagulants (DOACs). J Thromb Thrombolysis. 2017;43:343-351. doi: 10.1007/s11239-016-1465-x.
8. Gubbins PO, Bertch KE. Drug absorption in gastrointestinal disease and surgery. Clinical pharmacokinetic and therapeutic implications. Clin Pharmacokinet. 1991;21:431-447. doi: 10.2165/00003088-199121060-00004.
9. Owens SR, Greenson JK. The pathology of malabsorption: current concepts. Histopathology. 2007;50:64-82. doi: 10.1111/j.1365-2559.2006.02547.x.
10. Fish EM, Shumway KR, Burns B. Physiology, Small Bowel. StatPearls (Internet). Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2024. PMID: 30335296. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK532263/
11. Wołowiec Ł, Kusiak M, Budzynski J, et al. Therapeutic Drug Monitoring of Direct Oral Anticoagulants in Patients with Extremely Low and High Body Weight-Pilot Study. J Clin Med. 2023;12:4969. doi: 10.3390/jcm12154969.
12. Niu M, Chen ZH, Li M, et al. Differentiation of Isolated Small Bowel Crohn’s Disease from Other Small Bowel Ulcerative Diseases: Clinical Features and Double-Balloon Enteroscopy Characteristics. Gastroenterol Res Pract. 2022;2022:5374780. doi: 10.1155/2022/5374780.
13. Montoro-Huguet MA, Belloc B, Domínguez-Cajal M. Small and Large Intestine (I): Malabsorption of Nutrients. Nutrients. 2021;13:1254. doi: 10.3390/nu13041254.
14. Ensari A. The Malabsorption Syndrome and Its Causes and Consequences. Pathobiology of Human Disease. 2014:1266-1287. doi: 10.1016/B978-0-12-386456-7.03804-1.
15. Stillhart C, Vucicevic K, Augustijns P, et al. Impact of gastrointestinal physiology on drug absorption in special populations–An UNGAP review. Eur J Pharm Sci. 2020;147:105280. doi: 10.1016/j.ejps.2020.105280.
16. Hong WB, Tan WK, Law LS, Ong DE, Lo EA. Changes of drug pharmacokinetics in patients with short bowel syndrome: a systematic review. Eur J Drug Metab Pharmacokinet. 2021;46:465-78. doi: 10.1007/s13318-021-00696-y.
17. Fugate SE, Ramsey AM. Resistance to oral vitamin K for reversal of overanticoagulation during Crohn’s disease relapse. J Thromb Thrombolysis. 2004;17:219-223. doi: 10.1023/B:THRO.0000040492.02376.cc.
18. Alrubia S, Mao J, Chen Y, Barber J, Rostami-Hodjegan A. Altered Bioavailability and Pharmacokinetics in Crohn’s Disease: Capturing Systems Parameters for PBPK to Assist with Predicting the Fate of Orally Administered Drugs. Clin Pharmacokinet. 2022;61:1365-1392. doi: 10.1007/s40262-022-01169-4.
19. Byon W, Garonzik S, Boyd RA, et al. Apixaban: A Clinical Pharmacokinetic and Pharmacodynamic Review. Clin Pharmacokinet. 2019;58:1265-1279. doi: 10.1007/s40262-019-00775-z.
20. Pollak PT, Sun GR, Kim RB. Personalized Anticoagulation: Guided Apixaban Dose Adjustment to Compensate for Pharmacokinetic Abnormalities Related to Short-Bowel Syndrome. Can J Cardiol. 2018;34:342.e17-342.e19. doi: 10.1016/j.cjca.2017.12.021.

Journal Watch de nos experts

L’  effet d’  une supplémentation en magnésium sur la concentration sérique du profil lipidique

Une revue systématique actualisée et une méta-analyse dose-effet d’   essais contrôlés randomisés ont examiné l’  effet d’  une supplémentation en magnésium sur le métabolisme lipidique et donc sur le risque de maladies cardiovasculaires.

Les maladies cardiovasculaires sont l’  une des principales causes de morbidité et de mortalité dans le monde (1).Parmi les principaux facteurs de risque de maladies cardiovasculaires figurent le tabagisme, le diabète, l’  hypertension et les troubles du métabolisme des lipides (2, 3). Les lipoprotéines de haute densité (cholestérol HDL) peuvent jouer un rôle protecteur, tandis que d’  autres éléments du profil lipidique peuvent avoir une influence négative sur le risque de maladies cardiaques (4). Il existe des preuves que le magnésium peut réduire les taux sériques du profil lipidique. En raison de l’  importance de ce sujet, les auteurs d’  une étude récemment publiée (5) ont fixé comme objectif la réalisation d’  une revue systématique et d’  une méta-analyse afin d’  étudier l’  effet d’  une supplémentation en magnésium sur les taux sériques de cholestérol total (TC), de triglycérides (TG), de lipoprotéines de basse densité (LDL-C) et de lipoprotéines de haute densité (HDL-C) dans la population générale âgée de ≥ 18 ans.

Méthodes
Dans le cadre de la réalisation de cette étude, les articles pertinents ont d’  abord été identifiés par une recherche dans les bases de données, dont cinq bases de données: Cochrane Library, ClinicalTrials.gov, ISI Web of Science, Scopus et PubMed jusqu’  en janvier 2024. Une fois le premier objectif atteint, les différences moyennes et les écarts-types ont été calculés afin de réaliser la méta-analyse. Enfin, une évaluation de l’  hétérogénéité statistique des effets de l’  intervention a été réalisée à l’  aide de la statistique I-Quadrat et du test Q de Cochran.

Resultats
Pour les taux sériques de TC, TG, LDL-C et HDL-C, 21, 23, 20 et 25 études ont été incluses dans la méta-­analyse. Les estimations groupées n’  ont pas montré de différences significatives dans les taux sériques de TC, de TG et de LDL-C entre le groupe magnésium et le groupe témoin (différence moyenne pondérée (WMD) = 0.34 mg/dl, intervalle de confiance (IC) à 95 %: –1.75 à 2.43, P = 0.749, I2 = 99.1%; WMD = –2,06 mg/dl, IC à 95 %: –6.35 à 2.23, P = 0.346, I2 = 99.1; WMD = 1.71 mg/dl, IC à 95 %: –0,81 à 4.24, P = 0.183, I2 = 99.4, respectivement). En revanche, le magnésium a augmenté de manière significative le taux de HDL-C (WMD = 1.21 mg/dl, IC à 95 %: 0.58 à 1.85, P < 0.001, I2 = 99.5).

Conclusion
En résumé, notre étude montre que le magnésium augmente significativement le taux de C-HDL. Cependant, en raison de la grande hétérogénéité, nous devons souligner que d’  autres études sont nécessaires pour pouvoir fournir des recommandations fiables sur la supplémentation en magnésium dans la pratique clinique.

Pr Walter F. Riesen

Références
1. Comité de l’  Institut de médecine sur la prévention de l’  épidémie mondiale de maladies cardiovasculaires. Relever les défis dans le développement C. The National Academies Collection: Reports funded by National Institutes of Health. In: Fuster V, Kelly BB, editors. Promoting Cardiovascular Health in the Developing World: A Critical Challenge to Achieve Global Health. Washington (DC): National Academies Press (US) Copyright © 2010, National Academy of Sciences; 2010.
2. Libby P, Ridker PM, Hansson GK. Progrès et défis dans la traduction de la biologie de l’  athérosclérose. Nature. 2011;473(7347):317–25
3. Teo KK, Rafiq T. Cardiovascular Risk factors and Prevention: a perspective from developing countries. Can J Cardiol. 2021;37(5):733-43.
4. Stone NJ, et al. 2013 ACC/AHA guideline on the treatment of blood cholesterol to reduce atherosclerotic cardiovascular risk in adults: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice guidelines. J Am Coll Cardiol. 2014;63(25 Pt B):2889 – 934.

Source
Hariri M et al. The effect of magnesium supplementation on serum concentration of lipid profile: an updated systematic review and dose-response meta-analysis on randomized controlled trials. Nutr J 2025 Feb 4;24:24. doi: 10.1186/s12937-025-01085-w

Un Nutri-Score alimentaire défavorable augmente le risque cardiovasculaire

Question: L’ alimentation selon le Nutri-Score a-t-elle une influence sur le risque cardio-vasculaire?

Lieu d’ études: Vingt-trois centres répartis dans dix pays européens ont participé à l’ étude EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition).

Contexte: Le Nutri-Score, développé par des scientifiques de la Sorbonne à Paris, doit signaler aux consommateurs, au moyen de couleurs de feu et d’ une échelle à cinq niveaux de A à E, si un aliment a des effets néfastes sur la santé en raison de sa teneur élevée en sucre, en acides gras saturés et en sel, ainsi que de son énergie élevée. En Suisse, des fabricants ont récemment annoncé qu’ ils ne souhaitaient plus imprimer le Nutri-Score, car il pourrait semer la confusion chez les consommateurs. Des études antérieures avaient déjà montré des conséquences défavorables sur les maladies cardio-vasculaires dues à la consommation de nombreux aliments présentant un mauvais Nutri-Score.

Critères d’ inclusion et d’ exclusion: Adultes âgés de 25 à 70 ans au début de l’ étude. Les personnes ayant des antécédents d’ infarctus du myocarde ou d’ accident vasculaire cérébral ou ayant subi un tel événement au cours des deux premières années de suivi ont été exclues.

Méthode: Entre 1992 et 2010, l’ EPIC a collecté des données alimentaires auprès de plus d’ un demi-million de personnes et les a mises en relation avec des cancers ultérieurs, mais aussi avec des événements cardiovasculaires. Dix pays européens y ont participé. Pour la présente étude, les données de sept pays ont été analysées.

Les données de 345 533 participants à l’ EPIC ont été analysées à l’ aide du Nutri-Score basé sur une version mise à jour en 2023 du «nutrient profiling system (NPS)» sous-jacent.

Outcome: Maladies cardiovasculaires, maladie coronarienne, infarctus du myocarde, maladie cérébrovasculaire et accident vasculaire cérébral.

Résultats: Au cours des 12.3 années de suivi, 16 214 événements cardiovasculaires initiaux ont eu lieu, dont 11 009 événements coronariens, parmi lesquels 6565 étaient des infarctus du myocarde. De plus, 6669 événements cérébrovasculaires ont été observés, dont 6245 accidents vasculaires cérébraux. Un Nutri-Score supérieur d’ un écart-type augmentait le risque de maladie cardiovasculaire de 3 % (Hazard Ratio (HR) 1.03; intervalle de confiance à 95 %, IC: 1.01–1.05).

L’ augmentation du risque se présentait comme suit: Infarctus du myocarde: 3 % (HR 1.03 ; IC 1.01–1.07), événements cérébrovasculaires: 4 % (HR 1.04; IC 1.01–1.07), risque d’ AVC: 4 % (HR 1.04; IC 1.01–1.07). Seul le nombre total d’ événements coronariens n’ a pas augmenté de manière significative (HR 1.01; IC 0.99–1.03), ici on a compté non seulement les infarctus du myocarde mais aussi les angines de poitrine. Si l’ on compare les participants ayant le Nutri-Score le plus bas (le plus favorable) avec les participants ayant le Nutri-Score le moins favorable (le plus élevé), on constate que 364 versus 490 événements se sont produits pour 100 000 participants en 12.3 ans.

Commentaire
• Les aliments présentant un Nutri-Score élevé (défavorable) ont un effet négatif sur la santé à long terme.
• Le Nutri-Score fournit donc aux consommateurs une orientation simple sur les effets de ses aliments sur la santé grâce au système de feux de signalisation.
• Il convient de tenir compte des limites de telles auto-évaluations. Ainsi, les données révèlent tout à fait des invraisemblances, comme un IMC plus élevé dans le groupe ayant la meilleure alimentation par rapport au groupe ayant la plus mauvaise alimentation selon le Nutri-Score. De plus, la qualité de l’ alimentation n’ a été relevée qu’ à l’ inclusion dans l’ étude.

Pr Thomas Rosemann

Source
Deschasaux-Tanguy, M. ∙ Huybrechts, I. ∙ Chantal, J. ∙ et al.
Qualité nutritionnelle de l’ alimentation caractérisée par le système de profilage Nutri-Score et risque de maladie cardiovasculaire: une étude prospective dans 7 pays européens
Lancet Reg Health Europe. 2024; 46:101006
https://www.thelancet.com/journals/lanepe/article/PIIS2666-7762(24)00173-X/fulltext

Risque de développer la maladie d’ Alzheimer chez les chauffeurs de taxi et d’ ambulance: une étude transversale de la mortalité basée sur la population

Une étude récente publiée dans le BMJ (1) suggère que certaines professions pourraient réduire le risque de développer la maladie d’Alzheimer. Les chauffeurs de taxi et d’ambulance, qui naviguent régulièrement et sollicitent leur orientation spatiale, affichent notamment le taux de décès liés à cette maladie le plus faible. Cela pourrait indiquer que ces professions renforcent la mémoire spatiale dans l’hippocampe et contrecarrent ainsi une éventuelle altération des fonctions cognitives.

Une précédente étude londonienne menée auprès de chauffeurs de taxi avait déjà étayé cette hypothèse en identifiant les vastes connaissances en matière de navigation des chauffeurs de taxi comme étant particulièrement bénéfiques pour la santé cognitive. L’étude actuelle du BMJ fournit maintenant des données empiriques solides, basées sur près de neuf millions de décès aux États-Unis entre 2020 et 2022. Elle compare l’appartenance professionnelle aux causes de décès respectives et met en évidence des différences significatives: alors que 3,88 % des décès dans la population générale ont été attribués à la maladie d’Alzheimer, cette proportion n’était que de 1,03 % et 0,74 % respectivement pour les chauffeurs de taxi et d’ambulance. Cette différence est restée significative, voire s’est accentuée, même après prise en compte de facteurs tels que l’âge et l’origine. En comparaison, les professions impliquant des trajets fixes, comme les chauffeurs de bus ou les pilotes, présentaient un risque plus élevé de développer une maladie démentielle de type Alzheimer.

Cependant, la méthodologie de l’étude ne permet pas d’établir un lien de causalité. Il se pourrait donc que les personnes ayant un sens de l’orientation particulièrement développé aient davantage tendance à exercer ces professions.

Dr Roland Backhaus

Source
R Patel V, Liu M, Worsham C M, Jena A B. Alzheimer’ s disease mortality among taxi and ambulance drivers: population based cross sectional study BMJ 2024; 387: e082194 doi:10.1136/bmj-2024-082194

Consommation modérée de vin et risque cardio­vasculaire – Alcool et mortalité

Dans le langage populaire, on dit qu’ un verre de vin par jour pendant les repas est bon pour la santé. Une consommation modérée de vin a été associée à un risque plus faible de maladies cardiovasculaires (MCV) chez les personnes plus âgées. Malgré des décennies de recherche, ce sujet reste controversé. Cette étude, qui ne s’ appuie pas uniquement sur les déclarations peu fiables des sujets eux-mêmes, mais utilise un biomarqueur objectif de la consommation de vin, à savoir la mesure de l’ acide tartrique dans l’ urine par chromatographie liquide en tandem avec spectrométrie de masse, apporte une contribution à ce débat. Dans le cadre de l’ étude PREDIMED, une étude de cohorte de cas imbriquée a été conçue avec 1232 participants: 685 cas de maladies cardiovasculaires et une sous-cohorte aléatoire de 625 participants (y compris 78 cas se chevauchant). L’ évaluation a été effectuée sur la base de cinq catégories d’ excrétion d’ acide tartrique dans l’ urine. Au début de l’ étude, l’ acide tartrique était en corrélation avec la consommation de vin autodéclarée (r = 0,46). Des concentrations de 3–12 et 12–35 μg/ml, correspondant à 3–12 et 12–35 verres de vin par mois, étaient associées à un risque moindre de maladie cardiovasculaire (HR 0.62, p=0.050 et HR 0.50, p = 0.035).

Dans cette étude, l’ effet protecteur d’ une faible consommation de vin pour les événements cardiovasculaires était beaucoup plus important que dans les études précédentes. Une réduction des risques de 50 % (pour 12 à 35 verres de vin par mois) ou de 38 % (pour 3 à 12 verres de vin par mois) est plus élevée que celle obtenue avec des médicaments comme les statines. Outre la nouvelle méthode de mesure à partir d’ échantillons d’ urine, une explication possible serait le choix des participants à l’ étude: une population âgée, méditerranéenne (avec des habitudes alimentaires méditerranéennes correspondantes) à haut risque cardiovasculaire, ce qui pourrait avoir renforcé l’ effet. Par conséquent, les données ne peuvent pas être simplement reprises pour d’ autres populations.

Selon moi, ces données ne doivent pas inciter à la consommation d’ alcool, qui, bien que socialement acceptée, reste la dépendance qui touche le plus grand nombre de personnes dans notre population, bien que les médias parlent plus souvent du cannabis, etc. Notre qualité et notre espérance de vie ne sont pas uniquement affectées par les événements cardiovasculaires. Ces dernières années, les données concernant l’ alcool et le risque de cancer se sont considérablement renforcées et étendues (au-delà des cancers de l’ œsophage, de l’ estomac et de l’ intestin), de sorte que différents risques doivent être mis en balance.

Une étude de cohorte prospective de la UK Biobank a examiné des buveurs actuels âgés de plus de 60 ans : 135 103 participants (50.1 % de femmes), âgés de 64 ans. La consommation d’ alcool par rapport à une consommation occasionnelle (≤ 2.86 g d’ alcool/jour) était associée à une mortalité totale plus élevée (HR 1.33), à un cancer (HR 1.39) et à une mortalité cardiovasculaire (HR 1.21) en cas de consommation élevée d’ alcool (hommes: > 20.00–40.00 g/jour; femmes:). Une faible consommation d’ alcool (hommes: > 2.86–20.00 g/d; femmes: > 2.86–10.00 g/d) était associée à une mortalité par cancer (HR 1.11) plus élevée.

Autrefois, les médecins observaient très attentivement et voyaient moins d’ infarctus du myocarde en cas de faible consommation d’ alcool, ce que le langage populaire a repris. Même avec les deux études citées précédemment, le débat n’ est pas clos. Il n’ en reste pas moins qu’ avec les connaissances actuelles, la consommation d’ alcool, même faible, ne peut être recommandée de manière générale d’ un point de vue médical.

Dr Marcel Weber

Source
Domínguez-López I. et al. L’ acide tartarique urinaire comme biomarqueur de la consommation de vin et du risque cardiovasculaire : l’ essai PREDIMED. Eur Heart J 2024 Dec 18:ehae804. doi : 10.1093/eurheartj/ehae804. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39689849/

Ortolá R. et al. Alcohol Consumption Patterns and Mortality Among Older Adults With Health-Related or Socioeconomic Risk Factors. JAMA Netw Open 2024;7(8):e2424495. doi : 10.1001/jamanetworkopen.2024.24495. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39133491/

Que savent les Suisses des facteurs de risque cardiovasculaire?

Les maladies cardiovasculaires sont associées à une forte charge de morbidité et constituent la première cause de mortalité. Les principaux facteurs de risque cardiovasculaire, tels que l’ hypertension, l’ hyperlipidémie et un éventuel diabète, peuvent être efficacement traités par des médicaments. Une connaissance suffisante du sujet est également nécessaire pour favoriser une bonne adhésion au traitement. Un questionnaire anonyme a été diffusé via un magazine de santé et 3 166 participants y ont répondu. Outre les données démographiques, l’ état de santé, la connaissance des valeurs personnelles (par ex. tension artérielle, cholestérol) et l’ évaluation des facteurs de risque ont été relevés et publiés en détail dans PRAXIS (1). Cet article en résume les principaux résultats. La majorité des personnes interrogées étaient conscientes de la fréquence des maladies cardiovasculaires et de la possibilité de les traiter. L’ exercice physique et l’ alimentation ont été reconnus comme des facteurs particulièrement importants. La pression artérielle et l’ indice de masse corporelle étaient les valeurs personnelles les mieux connues. Le tabagisme, le cholestérol, l’ hypertension et le manque d’ activité physique ont été estimés comme les facteurs de risque les plus importants. Les résultats montrent une connaissance de base réjouissante, mais aussi des lacunes. Une proportion significative a sous-estimé le risque lié au tabagisme. Les auteurs de l’ étude soulignent l’ importance de la communication médecin-patient et de l’ éducation basée sur les preuves pour promouvoir la prévention et l’ adhésion au traitement. La majorité des personnes interrogées ont rejeté l’ affirmation selon laquelle les maladies cardiovasculaires sont principalement une invention de l’ industrie pharmaceutique.

Cardiovascular disease (CVD) is a major cause of morbidity and mortality. Major cardiovascular risk factors such as hypertension, hyperlipidaemia and diabetes can be effectively treated with medication. A prerequisite for good adherence to treatment is also sufficient knowledge on the part of those affected. An anonymous questionnaire was distributed through a health magazine and was completed by 3’ 166 participants. Demographic data, health status, knowledge of personal values (e.g. blood pressure, cholesterol) and assessment of risk factors were collected. This is a short version of the original article published in PRAXIS (1). The majority of respondents were aware of the prevalence and treatability of cardiovascular disease. Exercise and diet were identified as particularly important factors. Blood pressure and body mass index were the best known personal values. Smoking, cholesterol and physical inactivity were considered the strongest risk factors. The results show an encouraging level of basic knowledge, but also deficits. A significant proportion underestimated the risk of smoking. The authors of the study emphasise the importance of doctor-patient communication and evidence-based education to promote prevention and adherence to treatment. The majority of respondents rejected the statement that cardiovascular disease is mainly an invention of the pharmaceutical industry.
Keywords: Cholesterol, hypertension, Diabetes mellitus, obesity, cardiovascular risk factors

Introduction

Les maladies cardio-vasculaires sont la première cause de mortalité en Suisse. Elles entraînent des coûts annuels d’ environ 27.8 milliards de CHF, soit 4 % du produit intérieur brut (2). La prévention et le traitement ont un grand potentiel pour réduire ce risque de manière significative (3). Des études montrent toutefois qu’ il reste beaucoup à faire en matière de mise en œuvre des mesures de prévention (2, 4–8). L’ objectif de ce travail, qui vient d’ être publié dans son intégralité dans la revue PRAXIS (1), était d’ étudier les connaissances de la population sur les facteurs de risque cardiovasculaire et la possibilité de les influencer afin d’ optimiser les futures stratégies de prévention. L’ article suivant résume les principaux résultats de cette étude.

Méthodologie

L’ enquête sur les données sociodémographiques, les informations sur l’ état de santé individuel et les maladies cardiovasculaires antérieures ainsi que les déclarations générales sur les maladies cardiovasculaires a été réalisée sous forme d’ enquête en ligne par le biais du magazine «Doktor Stutz», qui s’ adresse aux profanes en médecine. L’ appel d’ offres et la collecte des données ont eu lieu entre le 28/11/24 et le 8/01/25. Les participants pouvaient approuver ou désapprouver les questions en cochant «oui», «plutôt oui», «plutôt non» ou «non»; il y avait en outre la possibilité de répondre «ne sait pas».

Une autre question demandait aux participants s’ ils connaissaient «très précisément», «approximativement» ou «pas du tout» leurs propres valeurs de tension artérielle, de glycémie, de cholestérol et d’ indice de masse corporelle (IMC).

Une valeur numérique croissante de 1 pour «pas du tout» à 5 pour «très fort» a été attribuée à la question sur les facteurs de risque de maladie cardiovasculaire, en fonction du degré d’ influence potentielle sur le risque cardiovasculaire estimé par les participants. Cette pondération par les participants a été multipliée par le nombre de réponses respectives afin d’ obtenir une pondération globale des différents facteurs de risque.

L’ état de santé personnel a été jugé bon par 60.2 % (1871), moyen par 25.8 % (804), très bon par 12.4 % (387) et mauvais par seulement 1.5 % (46).

Résultats

Au total, 3 166 réponses ont été enregistrées, et dans 2671 cas, le questionnaire a été entièrement rempli. Les femmes étaient nettement surreprésentées, représentant 79.5 % (2149) des participants contre 20.5 % (554) d’ hommes. 32.9 % (1025) des personnes ont déclaré souffrir d’ une maladie cardio-vasculaire, contre 66.2 % (2059) qui ont répondu par la négative. La majorité des participants (61.2 %, 1902) étaient âgés de 59 à 79 ans, 16.5 % (513) avaient entre 39 et 58 ans, 8.6 % (266) étaient âgés de plus de 79 ans et 0.8 % (24) avaient moins de 39 ans. La majorité (1542, 49.6 %) a indiqué comme standard de formation avoir terminé l’ école obligatoire, 46.2 % (1435) disposaient d’ une formation professionnelle supérieure (examen professionnel fédéral/examen spécialisé), 9.7 % (302) d’ un diplôme d’ une haute école spécialisée et 5.6 % (174) d’ un diplôme universitaire ou d’ une EPF.

Déclarations sur les maladies cardio-vasculaires

Deux mille sept cent quatre-vingt-treize (88.2 %) participants ont répondu à la question sur les maladies cardio-vasculaires. 53.9 % (1587) des personnes interrogées ont déclaré que les maladies cardiovasculaires sont fréquentes, 30.7 % (973) ont répondu plutôt oui, et très peu ont nié en totalité (34.1 %, soit 106). 1505 répondants (53.9 %) ont estimé que les maladies cardiovasculaires pouvaient être bien traitées par les médicaments. 38.6 % des personnes interrogées (1079) ont répondu qu’ elles étaient principalement faciles à traiter, tandis que 2.5 % (70) ont répondu par la négative. À la question de savoir si les maladies cardiovasculaires sont un phénomène normal lié à l’ âge, 46.1 % (1289) des personnes ont répondu que c’ était (plutôt) le cas, tandis que 43.3 % (1 210) ont répondu tout à fait ou plutôt l’ inverse. L’ influence positive de l’ activité physique (2720; 97.3 %) ou d’ une alimentation saine (2413; 86.4 %) a été majoritairement approuvée. 78.5 % (2 194 personnes) ont rejeté l’ affirmation selon laquelle les maladies cardio-vasculaires sont principalement une invention de l’ industrie pharmaceutique.

Connaissance de ses propres valeurs

2766 personnes interrogées (87.4 %) ont donné des indications à ce sujet. La plupart des personnes interrogées connaissaient leur propre tension artérielle: 64.3 % (1781 personnes) ont déclaré la connaître très précisément, et 33 % (913 personnes) la connaissaient tout de même approximativement. La deuxième valeur la plus courante était l’ indice de masse corporelle, que 55.7 % (1 543 personnes) connaissaient très précisément. Seuls 7.8 % (217 personnes) ne le connaissaient pas du tout. 37.2 % (1031 personnes) connaissaient leur taux de glycémie de manière très précise et 32.2 % (891 personnes) de manière au moins approximative. En ce qui concerne le cholestérol, 39.2 % (1086 personnes) ont déclaré le connaître très précisément, tandis que 25.2 % (697 personnes) ont déclaré ne pas connaître du tout leur taux de cholestérol.

Facteurs de risque pour les maladies ­cardiovasculaires

2706 répondants (85.5 %) ont donné leur avis sur les facteurs de risque cardiovasculaire. Avec une valeur totale cumulée de 10 687, soit une moyenne de 3.97, le tabagisme était le facteur de risque le plus fortement pondéré. Plus de 50 % ont évalué ce facteur comme un facteur de risque très important. Toutefois, 16.1 % (435 personnes) estimaient que le tabagisme n’ était pas du tout un facteur de risque. Le cholestérol et la pression artérielle ont été considérés comme des facteurs de risque importants, avec des valeurs totales de 10 706 et 10 650 et des valeurs moyennes de 3.97 et 3.95 (médiane 4 dans les deux cas, IQR 4–5), presque à égalité, suivis par le manque d’ activité physique, avec une valeur totale de 10 641 (moyenne 3.95, médiane 4, IQR 4–5), que 39.7 % (1073 personnes interrogées) ont considéré comme un facteur de risque très important. Le diabète sucré a été moins pondéré en tant que facteur de risque cardiovasculaire, avec un total de 9465 et une valeur moyenne de 3.51 (médiane 4, IQR 3–5). Le diabète n’ a pas du tout été considéré comme un facteur de risque par 13.6 % des personnes interrogées (367 répondants). Viennent ensuite les antécédents familiaux (9509; 3.52 %), la consommation de fast-food (9105; 3.39 %), le stress (8861; 3.28 %), la consommation d’ alcool (8542; 3.16 %) et l’ augmentation du poids corporel (8301; 3.08 %).

Discussion

À notre connaissance, le présent sondage est la première enquête réalisée en Suisse auprès de non-spécialistes de la médecine. Il a permis de recueillir des estimations du risque cardiovasculaire en général, des connaissances sur les facteurs de risque individuels et la possibilité d’ influencer ces facteurs. Les résultats de l’ enquête révèlent une prise de conscience réjouissante des facteurs de risque, en particulier au sein du lectorat d’ un magazine de santé. Il existe néanmoins des lacunes dans les connaissances, par exemple en ce qui concerne la perception du cholestérol et l’ importance de l’ activité physique. Il convient de noter que 13.5 % (435 répondants) n’ ont pas évalué le tabagisme ou ne l’ ont considéré que comme un facteur de risque mineur (29; 1.1 %), ce qui indique qu’ il est nécessaire de poursuivre l’ éducation. Malgré les connaissances générales, de nombreux patients n’ atteignent pas les niveaux de pression artérielle et de cholestérol recommandés, ce qui souligne l’ importance d’ une meilleure communication entre le médecin et le patient.

Les résultats de notre enquête doivent être interprétés dans le contexte de l’ échantillon interrogé. La répartition par âge correspond au lectorat typique d’ un magazine de santé: plus de 60 % des participants avaient entre 59 et 79 ans, un âge où l’ intérêt pour les thèmes de santé, et en particulier pour les maladies cardiovasculaires, augmente avec une prévalence élevée. Des études montrent que le niveau d’ éducation, mais pas le revenu, a une influence sur les facteurs de risque cardiovasculaire, notamment sur le taux de cholestérol dû à l’ alimentation (9). Bien que le niveau d’ éducation de notre échantillon ne révèle pas de biais en faveur des universitaires (11.3 %), on peut supposer que la plupart des participants sont déjà familiarisés avec le sujet, notamment en tant que lecteurs d’ un magazine de santé, et peuvent être considérés comme plus instruits à cet égard. La prévalence autodéclarée des maladies cardiovasculaires se situe, avec 33.9 %, dans la fourchette attendue; selon l’ Enquête suisse sur la santé, 27.6 % des personnes âgées de 55 à 64 ans et 45.8 % des personnes âgées de 65 à 74 ans souffrent d’ une maladie cardiovasculaire (10). Il convient également de noter que la proportion de femmes parmi les participants (près de 80 %) est nettement supérieure à celle des hommes, ce qui reflète probablement leur plus grand intérêt pour les thèmes de santé.

Les participants étaient divisés sur la question de savoir si les maladies cardio-vasculaires étaient un phénomène naturel lié à l’ âge. Cela est peut-être dû au fait qu’ un pourcentage élevé d’ entre eux est convaincu que ces maladies peuvent être influencées de manière positive par un mode de vie actif (97.3 %) et une alimentation saine (86.4 %). Les problèmes d’ adhésion sont fréquents dans le quotidien médical, de sorte que nous nous attendions à une attitude sceptique vis-à-vis des thérapies médicamenteuses ou de l’ industrie pharmaceutique. L’ information des personnes interrogées sur leurs propres valeurs est meilleure que prévu, mais toujours insuffisante: 64.3 % déclaraient connaître leur tension artérielle «très précisément»; dans une étude d’ Oliveiria et al. auprès de patients hypertendus, 91 % ont par exemple déclaré être conscients de l’ importance d’ un traitement antihypertenseur pour eux, mais 41 % seulement connaissaient leur propre tension artérielle (11). Dans une étude plus ancienne de Murdoch et al., des patients ayant fait l’ objet d’ une mesure du cholestérol ont été interrogés sur leur statut lipidique et leur taux de cholestérol, et seuls 19 % d’ entre eux se souvenaient précisément de leur taux, notamment lorsqu’ il était associé à des recommandations diététiques (12). Ce résultat correspond aux résultats qualitatifs de Goldman et al. qui montrent que les recommandations concrètes de traitement sont particulièrement importantes pour les patients (13).

Cet article est une traduction de «der informierte arzt – die informierte ärztin» 04_2025

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Pr Thomas Rosemann

Hôpital universitaire de Zurich
Institut de médecine générale
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Dre Andrea Rosemann

Hôpital universitaire de Zurich
Institut de médecine générale
Pestalozzistrasse 21
8091 Zurich

Pr Thomas F. Lüscher

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Rämistrasse 34
8001 Zurich

Royal Brompton & Harefield Hospitals
77 Wimpole Street Outpatients and Diagnostics
London W1G 9RU

Les auteurs n’ ont pas déclaré de conflit d’ intérêts en rapport avec cet article.

  • Les résultats indiquent que la connaissance de l’ importance des facteurs de risque cardiovasculaire dans les groupes de population concernés par la prévention cardiovasculaire est plus importante qu’ on ne le pense.
  • Cependant, les connaissances ne garantissent pas à elles seules l’ adhésion au traitement, mais elles constituent une condition préalable décisive. Il est possible que de nombreux médecins sous-estiment la volonté des patients à suivre des thérapies fondées sur des preuves.
  • Les résultats sont encourageants dans la mesure où les connaissances de base existantes, complétées par une information complète, par exemple au moyen de scores de risque (13), devraient créer les conditions nécessaires pour atteindre des niveaux d’ atteinte des objectifs plus élevés que ceux que l’ on observe actuellement.

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2. Rosemann T, Bachofner A, Strehle O. [Cardiovascular diseases in Switzerland – Prevalence and care]. Praxis (Bern 1994). 2024;113(3):57-66.
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