Es tut sich was beim chronischen Schmerz

Was die Kategorisierung von chronischem Schmerz anbelangt, gibt es mit ICD-11 eine erfreuliche Entwicklung: Chronischer Schmerz wird erstmalig als eigenständige Erkrankung eingestuft. Auch vermeidet es ICD-11 Schmerz ohne läsionale Ursache auf eine psychiatrische oder psychogene Sache zu reduzieren, sondern spricht deutungsneutral von «primären chronischen Schmerzen». Bei allen Formen chronischer Schmerzkrankheiten frägt das neue Diagnoseraster sowohl die Phänomenologie des subjektiven Schmerzempfindens wie auch psychosoziale Begleiterscheinungen ab. Implizit nähert sich das Schmerzverständnis in ICD-11 einem non-dualen Menschenbild und schafft eine gute Verständnisgrundlage für den multimodalen Behandlungsansatz.

As far as the categorization of chronic pain is concerned, there is a welcome development with ICD-11: for the first time, chronic pain is classified as a disease in its own right. ICD-11 also avoids reducing pain without a lesional cause to a psychiatric or psychogenic cause, but speaks of “primary chronic pain” in a neutral way. For all forms of chronic pain disorders, the new diagnostic grid queries both the phenomenology of the subjective pain sensation and psychosocial concomitant symptoms. Implicitly, the understanding of pain in ICD-11 approaches a non-dual view of man and creates a good basis of understanding for the multimodal treatment approach.
Key Words: ICD-11, chronic pain, primary chronic pain, pain disorder, classification

Von einem dualistischen zu einem non-dualen Schmerzverständnis

ICD-11 (International Classification of Diseases, 11th Revision) ist weltweit seit Anfangs 2022 eingeführt worden und soll ICD-10 nach einer Übergangsfrist vollumfänglich ablösen (1). ICD ist kein Lehrbuch, sondern ein epidemiologisches Diagnose-Erfassungsinstrument der WHO. Die Klassifizierungs-Entwicklung chronischer Schmerzen in ICD ist ein interessanter Spiegel unseres kollektiven medizinischen Denkens, das sich stetig weiterentwickelt.

ICD-10 war bei seiner Einführung insofern fortschrittlich, als eine Diagnose-Kategorie für Schmerzerkrankungen ohne läsionale Ursache geschaffen worden ist. Im damaligen kollektiven medizinischen Bewusstsein war das ein Novum, denn Schmerz ohne läsionale Ursache war für viele bis anhin undenkbar: Wo kein Feuer ist, hat es auch keinen Rauch zu geben. Generationen von Fachleuten der Medizin und des medizinischen Versicherungswesens bewegten sich in diesem materialistisch-reduktionistischen Paradigma.

Aus heutiger Sicht war die Schmerzklassifikation des ICD-10s einer stark dualistischen Sichtweise verhaftet: Entweder hatte die betroffene Person eine plausible Läsion als Erklärung der chronischen Schmerzen vorzuweisen oder sie stand unter dem Verdacht an einer Psychopathologie zu leiden. Entsprechend wurde der nicht-läsionale Schmerz in ICD-10 im Kapitel der psychischen Störungen (Kapitel F) unter dem Begriff «somatoform» abgehandelt und de facto «psychiatrisiert».

Diese «Entweder-oder-Logik» wurde im deutschsprachigen Raum 2009 durchbrochen, indem der hiesigen ICD-10-Version zusätzlich eine «Sowohl-als-auch»-Schmerzdiagnose beigefügt worden ist: Die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10, F 45.41). Diese Diagnose bildete die klinische Realität bereits viel umfassender ab, denn bei den allermeisten chronischen Schmerzen spielen sowohl organische wie psychische Faktoren eine Rolle.

Schmerzkrankheiten

Der Begriff der Schmerzerkrankung (engl. pain disease) ist in der heutigen medizinischen Literatur etabliert (2). Entsprechend versteht ICD-11 chronischer Schmerz als eine selbständige Krankheitsentität mit eigener Symptomatik und eigenen Vulnerabilitätskriterien. Chronische Schmerzerkrankungen lassen sich weder auf eine organische Läsion noch auf ihre psychische Modulierbarkeit reduzieren.

Dass Schmerz primär ein perzeptiver Vorgang ist und dass diese Perzeption sich krankhaft verändern kann, schien lange ausgeblendet. Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (Abk. engl. CRPS) illustriert beispielhaft, dass das Schmerzperzeptions-System per se erkranken kann. Die peripheren und zentralen neurologischen Veränderungen beim CRPS stehen dabei weder in einem direkten kausalen Zusammenhang mit der auslösenden Läsion noch mit einer Psychopathologie. Die Forschungen zu «chronic widespread pain» zeigen ebenfalls für überregionale (z.B. halbseitige) (3) sowie generalisierte Schmerzerkrankungen (4) eine vergleichbar komplexe Pathophysiologie. Heute wissen wir, auf welch vielfältige Weise chronischer Schmerz mit neuroplastischen, neurovegetativen und neuroimmunologischen Veränderungen einhergeht. Ein zentraler pathophysiologischer Mechanismus ist hierbei das Phänomen der peripheren und zentralen Sensibilisierung durch neurogene Inflammation (4, 5).

Zunehmend erhärtet sich auch das Wissen hinsichtlich der Disposition für Schmerzerkrankungen. Eine kürzliche Studie anhand Pa-tientendaten von 500’000 Personen zeigt, welche gesundheitlichen Risikofaktoren statistisch typischerweise Schmerzausweitung und Schmerzchronifizierung voraussagen (6). Bei den genannten Faktoren (belastende Lebensereignisse, Ein- und Durschlafstörungen, Reizbarkeit, Erschöpfung, Anspannung, gesteigertes Essverhalten/Adipositas) ist unschwer die gemeinsame Basis der Stress-Physiologie festzustellen. Gleichsam mit den geläufigen Vulnerabilitätskonzepten der «pain proneness» (Kindheitsbelastungen) (7) und der «action proneness» (Verausgabung als Erwachsene) (8) lassen sich die genannten Faktoren der Stress-Schmerz-Vulnerabilitätshypothese zuordnen, die besagt, dass anhaltende oder heftige Stressbelastung das Schmerzperzeptionssystem auf verschiedenen Niveaus verändert (9-12).

Schmerzkategorien in ICD-11

ICD-11 führt im Kapitel MG30 chronischen Schmerz als eine eigenständige Krankheits-Gruppe auf. Wert- und wortneutral unterteilt ICD-11 zwischen den beiden Hauptkategorien der sog. primären und sog. sekundären chronischen Schmerzen. Der Unterschied ist, naler Auslöser fassbar ist, auf dessen Grundlage sekundär eine chronische Schmerzerkrankung entsteht. Bei den primären chronischen Schmerzen ist diese Bedingung nicht nötig.
Einzelne Beispiele primärer Schmerzerkrankungen sind das erwähnte komplexe regionale Schmerzsyndrom, das Fibromyalgie-Syndrom, die chronische Migraine oder das chronische Beckenschmerz-Syndrom.

Beispiele für Unterkategorien sekundärer chronischer Schmerzen sind der tumorassoziierte chronische Schmerz, der neuropathische chronische Schmerz, der postoperative oder posttraumatische chronische Schmerz.

Realitätsentsprechend berücksichtigt ICD-11 die Tatsache, dass diese Schmerz-Unterkategorien einander nicht ausschliessen, sondern stets auch Überlappungsbereiche aufweisen. Das bedeutet, dass der Einzelfall richtigerweise gleichzeitig auch mehreren Kategorien zugeordnet werden kann (Abb. 1).

ICD-11 fordert die Integration des Subjektiven in die Schmerzdiagnostik

Chronischer Schmerz wird heute als anhaltender unangenehmer neuroperzeptiver Vorgang verstanden, der psychosoziale Implikationen mit sich führen kann. Der Tatsache, dass chronischer Schmerz immer auch psychischer Modulation unterworfen ist und regelhaft mit psychosozialen Faktoren verbunden ist, trägt ICD-11 Rechnung, indem bei allen Formen chronischer Schmerzkrankheiten eine sogenannte «Postkoordination» eingefordert wird. Hier geht es darum, die individuelle Erlebensdimension mittels spezifischer Items auszuloten und psychosoziale Aspekte einzubinden. Dieses mehrdimensionale Schmerz-Assessment ist eine gute Basis für eine individualisierte multimodale Schmerztherapie und auch Voraussetzung für eine ergebnisoffene und individualisierte Schmerzbegutachtung, wie sie in Schweizer Leitlinien gefordert wird (13).

Multimodale Schmerztherapie im ambulanten Bereich

Prinzipien, Inhalte und Wegleitungen zur multimodalen Schmerztherapie wurden bereits an anderer Stelle detailliert vorgestellt (14). Die multimodale Therapie geht über pharmakologische und interventionelle Massnahmen hinaus und fokussiert beim primären chronischen Schmerz vorab auf behaviorale Ressourcen und die physische Rekonditionierung. In der ambulanten Praxis bewährt sich hierfür eine interprofessionelle «therapeutische Triade» aufzubauen, in der Regel mit einer ärztlichen, einer physiotherapeutischen und einer psychologischen Fachperson. Der ärztlichen Fachperson obliegt die Verantwortung der klinischen Fallführung, das diagnostische Schmerzassessment, die Informationstherapie sowie fallentsprechend des Erstellens von Behandlungsvorschlägen für die beiden andern involvierten Fachpersonen. In der Physiotherapie geht es oft um die Überwindung schmerzassoziierter Myogelosen, um die Vermittlung körperlicher Entspannungsverfahren und die Anleitung zu einer dosierten Aktivierung zu Gunsten einer physischen Rekonditionierung (Pacing). Die psychologischen Interventionen fokussieren regelhaft auf Stressabbau, der Exploration von Entlastungsfaktoren, der Mobilisierung von Ressourcen, dem Ausbau von Copingstrategien, alles mit dem übergeordneten Ziel des Erlangens von mehr Selbstwirksamkeit im Schmerzerleben.

Regelmässige gemeinsame Fallbesprechungen (z.B. per Zoom) zur Zielüberprüfung verbessern die Therapie-Effizienz. Diese Team-arbeit ist oftmals für alle involvierten Personen entlastend und bereichernd zugleich. Die therapeutische Absprache ist per Tarmed abrechenbar (z.B. Tarmedposition 00.0144). Angesichts der grossen Häufigkeit chronischer Schmerzerkrankungen ist es lohnend, sich in der Behandlung dieser Erkrankungen gut aufzustellen.

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PD Dr. med.Niklaus Egloff

Akademie für Psychosomatische und
Psychosoziale Medizin (SAPPM)
Postfach 521
6062 Reiden

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenghang mit diesem Artikel deklariert.

  • ICD-11 klassifiziert chronischen Schmerz als eigenständige
    Krankheits-Entität.
  • Schmerzkrankheiten ohne läsionalen Auslöser werden in ICD-11
    neutral als primäre chronische Schmerzen bezeichnet, der Begriff «somatform» wird aufgegeben.
  • Jeder chronische Schmerz kann mit psychischen Komorbiditäten gekoppelt sein, eine Psychopathologie ist aber nicht Bedingung.
  • Bei chronischen Schmerzerkrankungen ist die Schmerzperzeptions-Physiologie oftmals auf verschiedenen Niveaus neuroplastisch und neuroinflammatorisch hochreguliert.
  • Zur Behandlung chronischer primärer Schmerzen in der Praxis bewährt sich die Erstellung einer «therapeutischen Triade» mit je einer ärztlichen, physiotherapeutischen und (schmerz-) psychologischen Fachpersonen.

Algorithmische Entscheidungshilfe zum Management von Lungenembolien

Lungenembolien zeigen ein sehr breites klinisches Spektrum wodurch eine angepasste Entschiedenheit des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens erforderlich ist. Hierfür wurden diverse Hilfestellungen wie z.B. Scores entwickelt und geprüft die zwar validiert sind, aber oft nicht richtig eingesetzt werden oder nur Untergruppen von Patienten zugutekommen. Ein standardisiertes Vorgehen bei der Abklärung und Therapie ist also unerlässlich.
Für die meist knappe Zeit und Fülle an Informationen und Scores soll hier ein Evidenz-basiertes, schlankes Vorgehen aufgezeigt werden, um möglicherweise unnötige, sowie zeit- und kostenintensive Diagnostik zu vermeiden.

The clinical pattern of pulmonary embolism shows a very broad clinical spectrum, on which the determination of diagnostics and therapies are oriented. There are various scores for this purpose, developed, tested and validated, but often not used correctly or giving benefit only to subgroups of patients. A standardized procedure for clarification and therapy is therefore essential.
Given the limited time and abundance of information and scores, we show an evidence-based, streamlined procedure in order to avoid possibly harmful as well as time- and cost-intensive diagnostics.
Key Words: Lungenembolie, Pulmonary Embolism, Thrombembolie, Thrombembolism, Scores, Risikoabschätzung, Risk Assessment

Die meisten Leserinnen und Leser dieses Artikels werden sie schon mehrfach diagnostiziert und behandelt haben: Lungenembolien sind mit einer weltweiten Inzidenz von ca. 10 Millionen Fällen pro Jahr die dritthäufigste kardiovaskuläre Erkrankung (nach Myokardinfarkt und Schlaganfall), wofür bereits ab einem Alter von 40 Jahren ein deutlich erhöhtes Risiko besteht, welches sich ab 60 Jahren mit jeder zusätzlichen Dekade verdoppelt. Wahrscheinlich sind Lungenembolien die Ursache für 8-13% der ungeklärten Herzstillstände (1) sowie eine der häufigsten Todesursachen von Schwangeren in der westlichen Welt (2).

Das Vorgehen bei Verdacht auf Lungenembolie wird dabei – abhängig von Risiko und Klinik – stufenweise angepasst (3). Zu Beginn steht immer die Risikoeinschätzung gemäss klinischem Bild! Für ein hohes Risiko sprechen Schock, Blutdruckabfall oder Reanimationsbedürftigkeit.

Non-High Risk

Bei den (in der Hausarztpraxis wohl am häufigsten vorstelligen) zunächst «stabilen», nicht-Hochrisikokonstellationen schliesst sich unmittelbar an die Risikoeinschätzung die Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit an (Abb. 1). Hierbei helfen der vereinfachte modifizierte Wells (simplified modified Wells Score (simplified mWells), beinhaltet: klinische Zeichen TVT, LE wahrscheinlicher als andere Diagnose, frühere LE/TVT, Puls, St. n. Operation/Immobilisierung, Malignom, Hämoptysen) oder der vereinfachte revidierte Geneva Score (simplified revised Geneva (simplified rGeneva); hier wird zusätzlich das Alter berücksichtigt). Daneben muss immer auch die klinische Präsentation zur Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit mit einbezogen werden. Dies kann z.B. bereits mittels der einfachen Frage: «Ist eine Lungenembolie für mich aufgrund der klinischen Präsentation wahrscheinlich?» geschehen; bei «ja» (z.B. bei geschwollenem Bein) ist eine Lungenembolie nicht mehr unwahrscheinlich!

Kommt man mittels oben genannten Scores und Klinik auf eine niedrige Vortestwahrscheinlichkeit von <15% (4) (und nur dann!) kann man mit der PERC Rule (beinhaltet: Alter, Puls, Sauerstoffsättigung, einseitige Beinschwellung, Hämoptysen, St. n. Trauma/Operation, St. n. venöser Thromboembolie, Hormontherapie) für Lungenembolien weiterfahren (5). Zu beachten ist hier die eher niedrige Prävalenz der Validierungsstudien.

Ansonsten schliesst sich die Bestimmung der D-Dimere an. Je nach Resultat und Patientenalter (>50 Jahre altersadjustierter Cutoff: Lebensalter x 0.01 µg/ml) entscheidet sich die Notwendigkeit einer Bildgebung (6). Wichtig ist hier jedoch zu beachten, dass D-Dimere vor allem für ein akutes Geschehen aussagekräftig sind! Liegt das thrombotische Geschehen bereits einige Tage zurück können negative D-Dimere auch bei Low-Risk Konstellationen nicht zur Entscheidung herangezogen werden (für High-Risk Situationen ist die Sensitivität ohnehin nicht ausreichend).

Als vereinfachtes Diagnoseinstrument können gegebenenfalls die Years Kriterien (2) (beinhaltet: Klinik, Hämoptysen, Wahrscheinlichkeit) mit einbezogen werden. Dies vor allem in der Schwangerschaft (Abb. 2), oder um sich bei Nicht-Schwangeren einen zeitsparenden Überblick zu verschaffen. Diese Kriterien benötigen allerdings ausserhalb einer Schwangerschaft sicher noch weiterer Evaluation (3).

Intermediate Risk

Bei Risikofaktoren in der initialen Beurteilung, respektive keiner niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit und falls die weitere Diagnostik nicht unmittelbar zur Verfügung steht, sollte die Gabe von Heparin 5.000 IE i.v. erfolgen, um ein Fortschreiten des vermuteten thrombembolischen Geschehens zu verhindern.

Wird in der darauffolgenden Bildgebung eine Lungenembolie gefunden, folgt bei hämodynamischer Stabilität die Interpretation unter Berücksichtigung von Klinik und Komorbiditäten. Dazu ist die Schweregrad-Einteilung beziehungsweise Risiko-Klassifizierung hinsichtlich Mortalitätsrisiko in Low Risk, Intermediate-Low Risk, Intermediate-High Risk (und High Risk = Instabilität, hohes Mortalitätsrisiko) wichtig. Dies geschieht durch Berechnung des (simplified) PESI Scores mittels klinischer und anamnestischer Faktoren (Alter, Geschlecht, Vitalparameter, Vorgeschichte).
Zusätzlich zum PESI Score braucht es für die definitive Therapieentscheidung aber noch die Bestimmung von Troponin und NT-proBNP und im Falle positiver Biomarker auch eine transthorakale Echokardiografie (TTE) mit Frage nach Rechtsherzbelastungszeichen oder Beurteilung der Computertomografie (CT) hinsichtlich indirekten Zeichen der Rechtsherzbelastung.

High Risk

Schnelligkeit und Entschiedenheit zeichnen das Vorgehen bei klinischen Hochrisikopatientinnen und -patienten (Reanimationsbedürftigkeit, Schock) und Abwesenheit anderer wahrscheinlicherer Differenzialdiagnosen aus (Abb. 3). Diese Konstellation spricht für eine relevante Verlegung der Lungenarterienstrombahn durch einen embolisierten Thrombus.

In einer Reanimationssituation und Verdacht auf Lungenembolie ist umgehend ohne weitere Diagnostik zu lysieren (50mg Alteplase i.v. als Bolus ohne die Reanimation zu unterbrechen) um das Outcome massgeblich positiv zu beeinflussen (schnelleres Wiedererlangen eines Spontankreislaufs – ROSC), gefolgt von einem Bolus über 5.000 E Heparin i.v. (1).

Auch bei Endorgandysfunktion mit systolischem Blutdruck <90mmHg und/oder passagerer Hypotension liegt bereits eine Hochrisikosituation vor. Bei Vorliegen solch einer wahrscheinlichen «High Risk» Lungenembolie jedoch ohne Reanimationsbedürftigkeit sollte zunächst unmittelbar die Gabe von Heparin 5.000 IE i.v. erfolgen.

Ein CT-Thorax mit Angiographie erfolgt danach nur, wenn dieses unmittelbar und ohne relevante Zeitverzögerung im Vergleich zum TTE zugänglich ist. Für die Therapieentscheidung ist neben dem bildgebenden Nachweis einer Lungenembolie, Zeichen der Rechtsherzbelastung oder Infarktpneumonie auch eine direkte Visualisierung von Thrombusmaterial im TTE ausreichend (3). Gelingt dies, müssen in der „High Risk“ Situation geeignete Massnahmen zur Reperfusion der Lungenstrombahn erwogen werden. In jedem Fall benötigt es eine entsprechende Überwachung, beispielsweise auf einer Intensivstation.

Therapie

Für die Therapieentscheidung sollte immer auch die Gebrechlichkeit (z.B. Clinical Frailty Scale – CFS) berücksichtigt werden. Für eine ambulante Behandlung ist neben der Risikoeinschätzung ebenso die Patienteninformation vor Austritt bedeutend (Abb. 4).

Bei PESI III und IV muss eine stationäre Aufnahme, gegebenenfalls auf eine Überwachungsstation, erfolgen. Die Wahl der Lysetherapie entscheidet sich anhand Stabilität und Verfügbarkeit der Verfahren (Abb.1). Bei Verschlechterung oder fehlender klinischer Besserung kann und soll eine Lyse erneut evaluiert werden.

Nach der initialen Therapie (5-21 Tage) schliesst sich die Erhaltungstherapie für 3 Monate an. Bei unprovozierter Lungenembolie erfolgt dann eine individuelle Evaluation der Antikoagulation nach 3-6 Monaten (unter Berücksichtigung von Vorteilen, Risiken, Patientensituation) sowie ein jährliches Follow-up (Rezidiv, pulmonale Hypertonie, Blutungskomplikationen, Malignom?).

Dr. med. Mascha Bethke
Prof. Dr. Roland Bingisser
medStandards, Universitätsspital Basel
Petersgraben 4, 4031 Basel

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Dr. med. Irena Straub

medStandards
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

Die Autor/-innen haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ In diesem Artikel geht es nicht darum, neue diagnostische Errungenschaften oder Therapien aufzuzeigen. Vielmehr lohnt sich bei dem regelrechten Dschungel an Scores ein klarer, leitliniengerechter und pragmatischer Weg: Risikoeinschätzung (bei Triage/Erstkontakt), Vortestwahrscheinlichkeit (in Non-High-Risk Situationen), Schweregrad und Mortalitätsrisiko (nach Diagnosestellung). PERC-Rule und YEARS-Kriterien können – jedoch nur in spezifischen Situationen – den Algorithmus abkürzen.

1. Sharifi M, Berger J, Beeston P, Bay C, Vajo Z, Javadpoor S; “PEAPETT” investigators. Pulseless electrical activity in pulmonary embolism treated with thrombolysis (from the “PEAPETT” study). Am J Emerg Med. 2016;34(10):1963-1967
2. van der Pol LM, Tromeur C, Bistervels IM, Ni Ainle F, van Bemmel T, Bertoletti L, Couturaud F, van Dooren YPA, Elias A, Faber LM, Hofstee HMA, van der Hulle T, Kruip MJHA, Maignan M, Mairuhu ATA, Middeldorp S, Nijkeuter M, Roy PM, Sanchez O, Schmidt J, Ten Wolde M, Klok FA, Huisman MV; Artemis Study Investigators. Pregnancy-Adapted YEARS Algorithm for Diagnosis of Suspected Pulmonary Embolism. N Engl J Med. 2019;380(12):1139-1149
3. Konstantinides SV, Meyer G, Becattini C, Bueno H, Geersing GJ, Harjola VP, Huisman MV, Humbert M, Jennings CS, Jiménez D, Kucher N, Lang IM, Lankeit M, Lorusso R, Mazzolai L, Meneveau N, Áinle FN, Prandoni P, Pruszczyk P, Righini M, Torbicki A, Van Belle E, Zamorano JL; 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of acute pulmonary embolism developed in collaboration with the European Respiratory Society (ERS): The Task Force for the diagnosis and management of acute pulmonary embolism of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Respir J. 2019;54(3):1901647
4. Kline JA, Courtney DM, Kabrhel C, Moore CL, Smithline HA, Plewa MC, Richman PB, O’Neil BJ, Nordenholz K. Prospective multicenter evaluation of the pulmonary embolism rule-out criteria. J Thromb Haemost. 2008;6(5):772-80
5. Malavolta D, Quatela V, Moffat J, Ottolini BB; GrAM (Gruppo di Autoformazione metodologica). Effect of the Pulmonary Embolism Rule-Out Criteria on subsequent thromboembolic events among low-risk emergency department patients: the PROPER randomized clinical trial. Intern Emerg Med. 2019;14(2):309-310
6. Freund Y, Chauvin A, Jimenez S et al. Effect of a Diagnostic Strategy Using an Elevated and Age-Adjusted D-Dimer Threshold on Thromboembolic Events in Emergency Department Patients With Suspected Pulmonary Embolism: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2021; 326: 2141–2149 7.
Abbildungen und Algorithmus aus https://medStandards.com. Dank an Dr. med. Lucas Dratz für die erste Version in medStandards.

Akuter Drehschwindel – peripher oder zentral?

Fragen

1. Was vermuten Sie als Ursache für den akuten Drehschwindel ?
A. Morbus Menière
B. akutes vestibuläres Syndrom
C. Cholesteatom
D. Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel BPLS

Antwort: Richtig ist B. Ein akutes vestibuläres Syndrom äussert sich durch plötzlich einsetzenden Schwindel mit Nystagmus, Übelkeit und/oder Erbrechen sowie Gangunsicherheit und Bewegungsintoleranz. Gegen einen Morbus Menière sprechen das Fehlen einer Hörverminderung und eines Rauschtinnitus. Ein BPLS zeigt sich typischerweise mit kurzdauernden, selbstlimitierenden Drehschwindelanfällen, welche durch Lageänderungen ausgelöst werden. Das Cholesteatom äussert sich selten mit akutem Drehschwindel. Zudem haben sie es mit der Otoskopie weitgehend ausgeschlossen.

2. Ein akutes vestibuläres Syndrom kann sowohl peripherer wie zentraler Genese sein. Mit welcher Untersuchungsmethode lässt sich dies in der Praxis am wenigsten differenzieren (mehrere Antworten möglich)?
A. Überweisung für ein notfallmässiges MRI Schädel
B. HINTS
C. affirmative Diagnose einer peripher-vestibulären Funktionsstörung
D. Neurostatus

Antwort: Richtig ist A. Schwindelanamnese und klinischer Untersuch mit HINTS (Kopfimpuls-Test, Nystagmusanalyse, vertikale Augenachsenabweichung) und Neurostatus sind in der Detektion von akuten zentralen Pathologien der hintern Schädelgrube und des Hirnstamms der Bildgebung mittels CT oder MRI überlegen. Zudem ist die affirmative Diagnose einer peripher-vestibulären Erkrankung (Vestibularisausfall, M. Menière, BPLS) eine effektive Strategie, eine zentral-vestibuläre Pathologie auszuschliessen.

3. Welche Nystagmusformen sprechen für eine zentral-vestibuläre Pathologie in der Akutsituation (mehrere Antworten möglich)?
A. vertikaler Nystagmus
B. gerichteter horizontaler Spontannystagmus
C. rotatorischer Spontannystagmus
D. Richtungswechsel des Nystagmus bei Wechsel der Blickrichtung

Antwort: Richtig sind A, C und D. Ein vertikaler oder rotatorischer Nystagmus sowie ein bidirektionaler Nystagmus bei Blickrichtungswechsel sprechen in der Akutsituation für eine zentrale Pathologie. Bei einer akut-peripheren Funktionsstörung findet sich ein unidirektionaler horizontaler Spontannystagmus.

Diskussion

Bei akutem Drehschwindel mit Übelkeit und Erbrechen kombiniert mit Spontannystagmus, Gangunsicherheit und Bewegungsintoleranz liegt ein akutes vestibuläres Syndrom vor, wie man es oft im Notfalldienst begegnet. Fehlen neurologische Symptome, handelt es sich zwar um eine subjektiv für den Patienten massiv belastende Situation, objektiv aber in der Regel um eine harmlose akut peripher-vestibuläre Funktionsstörung (Vestibularisausfall, «Neuronitis vestibularis»). Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass man sich als Notfallärztin/Notfallarzt verunsichert fühlt und symbolisch ein Damokles-Schwert im Nacken spürt, da man befürchtet, eine schwerwiegende zentrale Pathologie zu verpassen. Mittels spezifischer Strategien kann erreicht werden, diese Unsicherheiten zu minimieren. Im Zentrum steht dafür die klinische Untersuchung mit den sogenannten «HINTS», also der Suche nach Hinweisen, die für oder gegen eine peripher- oder zentral-vestibuläre Pathologie sprechen. Das Akronym HINTS steht für Head Impulse Test, Nystagmus und Test of Skew. Beim Kopfimpuls-Test (head impulse test) wird der vestibulo-okkuläre Reflex VOR klinisch geprüft. Bei einer akut-peripheren Funktionsstörung ist der VOR auf der betroffenen Seite unterbrochen, und es findet ein pathologischer Kopfimpulstest mit einer Rückstellsakkade statt. Ein physiologischer Kopfimpulstest spricht hingegen eher für eine zentrale Pathologie. Daneben hilft die Nystagmusanalyse weiter. Ein unidirektionaler horizontaler Spontannystagmus spricht für eine peripher-vestibuläre Funktionsstörung, während bidirektionale Nystagmen (Wechsel der Schlagrichtung bei Wechsel der Blickrichtung) sowie vertikale und rotatorische Nystagmen für eine zentral-vestibuläre Funktionsstörung sprechen. Beim «Test of Skew» wird eine vertikale Abweichung der Augenachsen gesucht. Man deckt dabei alternierend wiederholt ein Auge ab. Steht dabei ein Auge in der vertikalen Achse höher als das andere, spricht dies für eine Hirnstammläsion. Eine weitere effektive Strategie, bei akutem Drehschwindel eine zentral-vestibuläre Funktionsstörung auszuschliessen, besteht in der affirmativen Diagnose einer peripher-vestibulären Erkrankung mit eindeutigen Kriterien wie ein Morbus Menière oder ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel.

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Dr. med. Christoph Schlegel-Wagner

Klinik für Hals-Nasen-Ohren- und Gesichtschirurgie (HNO)
Luzerner Kantonsspital
Spitalstrasse
6004 Luzern

christoph.schlegel@luks.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Künstliche Intelligenz in der Medizin – Rechtsfragen zur Haftung

Die rechtliche Situation rund um die künstliche Intelligenz (KI) in der Schweiz ist noch wenig entwickelt. Es gibt kein Gesetz über künstliche Intelligenz als solches, und es existieren keine Bundesgerichtsentscheide zu Haftungsfragen, die KI betreffen.

Der Begriff «Künstliche Intelligenz» ist schwierig zu definieren. Das Problem beginnt schon bei der Definition von Intelligenz. Dies macht es noch schwieriger, Klarheit zu schaffen, wie es denn nun um die Haftung steht. KI könnte zum Beispiel als ein softwarebasiertes System definiert werden, das in der Lage ist, komplexe Probleme zu lösen, die früher nur dem Menschen vorbehalten waren.

Naturgemäss haben KI-basierte Systeme eine gewisse Fehleranfälligkeit, welche ihnen das autonome Lernen überhaupt erst ermöglicht. Dies kann jedoch auch zu Problemen führen, weshalb ein rechtlicher Rahmen notwendig ist. Da es beinahe keine Präzedenzfälle im Bereich der KI in der Medizin gibt, wird nun der folgende hypothetische Fall behandelt:

Ein Hausarzt benutzt eine neue Software zur Diagnose von Herzerkrankungen (aufgrund von EKG-Daten). Einer seiner Patienten, bei dem die Software zur Anwendung kam, verstirbt kurz nach der Konsultation an einem Herzinfarkt. Es stellt sich die Frage nach der Haftung. Zuerst fragen wir uns nach den Parteien. Einerseits haben wir den Patienten (bzw. die Angehörigen, die Klage erheben), andererseits den Arzt. Hinzu kommt jedoch noch eine dritte Partei, nämlich der Hersteller der KI.

Zuerst ist zu klären, ob eine Sorgfaltspflichtverletzung seitens des Arztes vorliegt. Gemäss dem SAMW-Leitfaden (1) kann ein Arzt dann gegen die Sorgfaltspflicht verstossen, wenn er die Regeln der ärztlichen Kunst nicht einhält oder die informierte Einwilligung des Patienten nicht einholt.
Angenommen, es gab einen Fehler in der Programmierung der KI. Dann fällt der Sachverhalt unter das Heilmittelgesetz bzw. das Produkthaftungsgesetz. Eine KI ist ein Medizinprodukt, da es gemäss Artikel 4 HMG wie folgt definiert ist:

Produkte, einschliesslich Instrumente, Apparate, Geräte, In-vitro-Diagnostika, Software, Implantate, Reagenzien, Materialien und andere Gegenstände oder Stoffe, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder angepriesen werden und deren Hauptwirkung nicht durch ein Arzneimittel erreicht wird.

Im Schadenfall haftet gemäss Artikel 47 HMG die bevollmächtigte Person zusammen mit dem Hersteller solidarisch gegenüber der geschädigten Person. Der Bevollmächtigte wird durch den Hersteller ernannt, sofern dieser selbst keinen Sitz in der Schweiz hat. Der Hersteller haftet auch gemäss Produkthaftungsgesetz (PrHg), wenn ein fehlerhaftes Produkt dazu führt, dass eine Person getötet oder verletzt wird (Art. 1 PrHG). Das Problem ist jedoch, dass das PrHg auf herkömmliche Produkte zugeschnitten ist, die nach dem Inverkehrbringen nicht mehr verändert werden. Bei KI ist dies aufgrund des autonomen Lernens nicht der Fall. Daher wäre es sinnvoll, die KI selbst gesetzlich zu regeln.

Gemäss dem Obligationenrecht kann ein Kläger zudem einen Schaden geltend machen, wenn folgende Punkte erfüllt sind: ein Schaden, die Widerrechtlichkeit der Schadenszufügung, der (adäquate) Kausalzusammenhang, das unrechtmässige Verhalten des Schädigers sowie dessen Verschulden.

Bei einem Haftungsfall, der mit KI in Verbindung steht, kommt es immer stark auf die Details des Sachverhalts an bei der Frage nach der Haftung. Meiner Meinung nach ist die KI noch zu wenig gut in der Gesetzgebung verankert, und es ist schwierig zu entscheiden, wer letztendlich haftet.

Prof. Dr. med. Dr. iur. Thomas D. Szucs

Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

thomas.szucs@hin.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

AMW; Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag. Ein Leitfaden für die Praxis. 3. Auflage 2020

Reisemedizinische Beratung

Die häufigsten Impfungen am Zentrum für Reisemedizin der Universität Zürich (ohne Corona) sind 970 Tollwutimpfungen, 675 Hepatitis A-Impfungen, 634 Polio-Impfungen, 562 FSME-Impfungen, 498 Gelbfieber-Impfungen, 439 Tetanus-Impfungen, 321 Hepatitis B-Impfungen, 244 Typhus-Impfungen, 216 MMR-Impfungen, 113 Japanische Enzephalitis-Impfungen. Gesamtzahl an Impfungen im Jahre 2022: 35’401. Die Gesamtheit der Coronaimpfungen betrug ca. 200’000, alle Affenpocken-Impfungen ca. 6000, und der Masern-Ausbruch vom Januar bis März 2023 ca. 355, berichtete Dr. med. Julian Maier vom Zentrum für Reisemedizin am Institut für Epidemiologie, Biostatik und Prävention der Universität Zürich.

Wichtige Themen der medizinischen Reiseberatung

Die Themen können in 4 Bereiche eingeteilt werden:
Kontakte (Personen: Hep B, HPV, STI/HIV, MMR, Varizellen, Grippe, Sars-Cov-2, Pneumokokken, Meningo­kokken Pertussis. Tiere: Tollwut), Nahrung (Essen, Trinken verunreinigt: Hepatitis A, Polio, Cholera, Abdominal-Ty­phus), Umwelt (Unfälle: Teta­nus, Sonne, Höhe, Tauchen: Grund­krankhei­ten (Immun­suppression, Diabe­tes, Asplenie, Schwan­ger­schaft, …), Stiche (Mücken: Malaria, Dengue, Zika, Gelbfieber, JE…), Zecken FSME, Rickettsien. Wanzen: Chagas, Tse Tsefliegen: Schlafkrankheit).

Die Maxime der Nahrungsmittelhygiene lautet: «Cook it, boil it, peel it or leave it». Vermeiden von Hahnenwasser (auch nicht zum Zähneputzen), Eiswürfeln, Rohkost-Salaten, Fruchtsalaten, offenen Fruchtsäften und rohen Milchprodukten. Je nach geplanter Reise Wasserfilter, Mikropur Forte mitnehmen.

Eine der häufigsten Krankheiten bei Reisenden ist der Durchfall, verursacht durch Viren, Bakterien, seltener durch Darmparasiten. Wichtig ist der Flüssigkeitsersatz, allenfalls mit oraler Elektrolyt­lösung (z.B. Elotrans®), allenfalls Loperamid (Imodium®).
Über Wasser/Nahrungsmittel übertragene Erkrankungen: Hepatitis A, (Impfung) Hepatitis E, Abdominal-Typhus (orale Lebendimpfung (Vivotif®), Poliomyelitis (Impfung), Cholera (orale Totimpfung (Duoral®), Amöben.
Der Referent erwähnte das Beispiel einer Familie, die nach Kenia reisen will, der Vater ist depressiv, die Mutter ist schwanger und sie reisen mit einem Kind.

Einflüsse auf die medizinische Reiseberatung

Reiszweck (z.B. Tourismus, VFR), Reiseziel inkl. epidemiologische Lage, Jahreszeit, Reisedauer, Kosten/Nutzen, aktuelle Medikation, z.B. Immunsuppression, vorbestehende Erkrankungen, Schwangerschaft, Stillen, frühere Impfungen, Reisestil, Alter, Zeit bis zur Abreise, Einreisebestimmungen.

Impfungen in der Reisemedizin

Indikatonsimpfungen:
Abdominal-Typhus, FSME, Gelbfieber, Hepatitis A / Hepatitis B, Herpes Zoster, Influenza / Sars CoV-2, Japanische Enzephalitis, Meningokokken (ACWY, B), Pertussis, Pneumokokken, Polio, Tollwut, Varizellen.
Basis- und ergänzende Impfungen gemäss Schweizerischem Impfplan:
Tetanus / Diphtherie / Pertussis / Polio / HiB / Hepatitis B.
Masern / Mumps /Röteln / Varizellen. Herpes Zoster. HPV. Influenza / Sars CoV-2. Meningokokken (ACWY)
Mögliche obligatorische Impfungen
Gelbfieber, Masern, Meningokokken (ACWY), Polio, (Cholera), Sars-CoV-2

Grundlagen zur Impfung

Lebendimpfstoffe: 4 Wochen Abstand untereinander oder am gleichen Tag. Nicht in der Schwangerschaft.
Abstandsregeln: Es gibt keine maximalen Abstände. Jede Impfung zählt, Spielraum von 4 Wochen bei Impfungen (Nicht bei Abstand zwischen verschiedenen Lebendimpfungen und Schnellschemen).
Nach Erhalt von Antikörper-enthaltenden Produkten gilt für Lebend­impfstoffe ein Mindestabstand von 3 bis 12 Monaten (je nach Produkt).
Abstand FSME / Japanische Enzephalitis / Gelbfieber nicht mehr nötig.
Kontraindikationen: Akute Erkrankung mit Fieber, Überempfind­lichkeit gegen bestimmte Bestandteile (Hühnereiweiss bei Gelb­­fie­ber, Influenza, FSME). Neomycin, Streptomycin (sofern anaphy­lak­tische Reaktion) Schwangerschaft und Stillen (Impfstoffabhängig), Immunschwäche (Lebendimpfstoffe KI), Überimpfung Tetanus (Antitoxin-Antikörper bestimmen).

Kenia als Beispiel

Familie Müller (Helga 32J, Fatou 37J, Fabian 13J) plant 2-wöchige Reise nach Nairobi und Mombasa, Safari (Masai, Mara), Badeferien, Helga ist schwanger (2. Trimenon), Fatou leidet an Depressionen. Auf welche Gefahren muss man sie aufmerksam machen, an welche Impfungen sollte man denken?
Es gelten die oben gemachten Empfehlungen bezüglich Kontakten, Nahrung, Umwelt und Stichen.

Kenia: Hepatitis A

Abdominaltyphus, Cholera (indiziert nur bei humanitären Einsätzen), Poliomyelitis, Mücken/Insektenschutz (übertragene Krankheiten: Malaria, Gelbfieber, Dengue, Chikunguya, Zika, Japanische Enzephalitis, Chagas, FSME, West Nil-Fieber, afrikanische Schlafkrankheit, afrikanisches Zeckenbiss-Fieber. Wirkstoffe auf Haut: Repellentien (mehrmals täglich auf helle Kleidung), Insektizide (Sprays Räucherspiralen, Insektizidverdampfer), imprägniertes Moskitonetz oder Klima-Anlage. Medikamentöse Malaria-Prophylaxe in Hochrisikogeiet empfohlen. Notfallselbstbehandlung: Fieber >37,5°C über 24h, Aufsuchen eines Arztes / Spitals, wenn möglich innerhalb 24h, Paracetamol und Atovaquon/Proguanil (Malarone®Atovaquon Plus Spirig HC®), 12 Tabletten in 3 Dosen über 3 Tage. Sofort 4 Tabletten auf einmal, 2. und 3. Tag je 4 Tabletten auf einmal.

Kenia: Gelbfieber

Gelbfieber-Virus, Übertragung durch Aedes-Mücken (tag- und dämmerungsaktiv), Impfschema 0, ≥10 Jahre, mit 2 Impfungen lebenslanger Schutz (kontroverse zu WHO). Cave: Impfung macht häufig Fieber, KI Immunsuppression, Schwangerschaft, Stillen, Hühnereiweiss-Allergie, rel. KI ≥60jährige.

Kenia: Dengue

Übertragung durch Aedes-Mücke (tag- und dämmerungsaktiv), im Risikogebiet Mückenschutz empfohlen. CAVE: kein Aspirin (Ausnahme Aspirin Cardio 100mg). Impfung (Qdenga in der Schweiz noch nicht zugelassen. Für Gesunde und Kurzreisen bisher nicht empfohlen.

Kenia: Zika

Übertragung durch Aedes-Mücke (tag- und dämmerungsaktiv) im Risikogebiet ist Mückenschutz empfohlen. CAVE: bis 2 Monate nach Reise mit Schwangerschaft zuwarten Antikörpertests nachakuter Erkrankung unzuverlässig, Ausbruchsmeldungen z. T. verzögert.

Kenia: Poliomyelitis

Übertragung durch Poliovirus (Typ I-III). Kontaminiertes Wasser und Lebensmittel. CAVE: Impfung obligatorisch für bestimmte Länder, Booster nicht älter als 1 oder 10 Jahre , je nach Reisedestination.

Kenia: Tollwut

Übertragung durch Speichel und andere Körperflüssigkeiten von infizierten Tieren (Hauptsächlich Hunde und Fledermäuse). 100 tödlich verlaufende Krankheit. Impfung dringend empfohlen für Langzeitaufenthalte in betroffenen Gebieten, kurze Reisen mit hohem individuellem Risiko (z.B. Fahrrad- oder Motorradreisen, Wanderungen), Reisen in abgelegene Gebiete, Kinder, Arbeit mit Säugetieren, Höhlenforscher (Fledermäuse).
Präexpositionelle Impfung (2 Impfdosen vor Abreise an den Tagen 0 und 7-28, einmalige Auffrischung ≥1 Jahr.
Massnahmen nach Biss- oder Kratzwunde, Ablecken von verletzten Hautstellen, sofort Wunde mit Wasser und alkalischer Seife (Kernseife) säubern für 15 Min., Wunddesinfektion (z.B. Betadine® oder Merfen®), zeitnah Arzt aufsuchen. Beim Arzt: Aktivimpfung für ALLE! Passive Immunisierung mit humanen Tollwut-Immunglobulinen in und um die Wunde bei bisher ungeimpften Personen, Antikörper-Titer-Kontrolle.

Kenia: Meningokokken

Tröpfchenübertragung von Neisseria meningitidis. Impfung 5-Jahres-Schutz, empfohlen bei längerer Reise oder viel /naher Kontakt mit lokaler Bevölkerung. CAVE. Obligatorisch bei HAJJ/Umra.

Kenia: Bilharziose

Übertragung durch Parasiten-Larven in stehendem oder langsam fliessendem Süsswasser, juckender Hautausschlag nach Infektion, erste Symptome erst 1-2 Monate später. CAVE: keine medikamentöse Prophylaxe vorhanden. Screening/Therapie Praziquantel) erst 2-3 Monate nach Infektion möglich. Sollte bei Tropenarzt erfolgen.

Physikalische Faktoren

Höhenkrankheit: ab 2500m möglich, unabhängig von Fitnesszustand. Frühzeichen sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Leistungsabfall und Schlafstörungen. Warnsymptome sind Gleichgewichtsstörung, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit.
Massnahmen: Langsamer Aufstieg (max. 500m/Tag, Ruhetag alle 3-4 Tage. Ruhetag bei ersten Symptomen (Analgetika, Antiemetika), Abstieg bei Persistenz, Verzicht auf Alkohol, Nikotin, genügend Flüssigkeit, allenfalls Diamox® (vorher ausprobieren).

Unfälle: jede Minute stirbt weltweit ein Mensch bei einem Verkehrsunfall. Auf Auslandreisen ist das Risiko eines Unfalls 100mal höher als zu Hause.
Sonne, Tauchen, Flug (Thrombose), Luftverschmutzung.

Speziell in Südostasien: Japanische Enzephalitis

Übertragung durch Culex-Mücken (dämmerungs- und nachtaktiv), vor allem bei Teisfeldern <8generell Feuchtgebiete) und Schweinefarmen. Impfschema 0d, 28d, 1 Jahr. Off-Label Use bei Kindern unter 1 Jahr und bei Schnellschema =,7, sehr selten bei Touristen.
Der Referent präsentierte abschliessend die Impfausweise der Familie Müller und wies auf die Besonderheiten der einzelnen Mitglieder in Bezug auf Impfungen hin: Frau Müller schwanger, Herr Müller depressiv und das Kind im Alter von 13 Jahren.

Wichtige Nachschlagwerke

sind Healthy Travel (www.healthytravel.ch), Schweizerischer Impfplan 2023 (BAG). Für Impfstoffe: Swissmedicinfo.ch, compendium.chviavac-services.ch

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Vitamin K – das multifunktionelle Vitamin

Vitamin K ist bekanntlich ein wesentlicher Faktor der Blutgerinnung. Daher auch der Name Vitamin K, der sich von dem deutschen Begriff für Gerinnung (Koagulation) ableitet. Nährstoffe und Vitamine, darunter Vitamin D, Vitamin C und seit kurzem auch Vitamin K spielen aber auch eine wichtige Rolle bei der Erhaltung einer optimalen Knochengesundheit, insbesondere bei älteren Erwachsenen (1). In jüngster Zeit ist das Interesse an Vitamin K gestiegen. Epidemiologische Studien deuten nämlich darauf hin, dass ein Vitamin-K-Mangel mit mehreren Krankheiten in Verbindung gebracht wird, darunter Osteoporose und Atherosklerose (2).

Vitamin K ist keine einzelne Verbindung, sondern ein Begriff für viele ähnliche Verbindungen, die die physiologische Funktion dieses Vitamins haben. Sie haben eine gemeinsame Struktur, den 2-Methyl-1,4-Naphthochinon-Kern, der auch als Menadion bekannt ist. Die einfachste Form, die nur diesen Kern enthält, wird als Vitamin K3 bezeichnet. Im Gegensatz zu den natürlichen Formen ist K3 hydrophil und wird nicht über die Nahrung aufgenommen. Es fungiert jedoch als Zwischenprodukt im menschlichen Stoffwechsel (3).

Mit der Nahrung aufgenommenes Vitamin K stammt entweder aus pflanzlichen Quellen (in Form von Vitamin K1, bekannt als Phyllochinon [Phytomenadion, Phytonadion]) oder häufiger aus tierischen Quellen in Form von Vitamin K2 (Menachinon, allgemein abgekürzt als MK). Vitamin K4 wird mit anderen synthetischen Formen von Vitamin K in Verbindung gebracht. Dabei kann es sich um eine reduzierte Form von Vitamin K3 (Menadiol) oder seine Esterformen (z. B. Diacetat-Vitamin K3) handeln.

Vitamin K2 und Knochengesundheit

Vitamin K2, die aktivierte Form von Vitamin K, soll die Heilung von Knochenbrüchen fördern, eine therapeutische Wirkung auf Osteoporose haben und die Knochenresorption hemmen (4,5). Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Vitamin K die Osteoblastogenese und Osteoklastogenese über den Nuklearfaktor κB (NF-κB) reguliert. Die NF-κB-Signalübertragung übt zwei Funktionen aus: Einerseits stimuliert sie die Entwicklung und Resorption von Osteoklasten, andererseits hemmt sie die Differenzierung und Aktivität von Osteoblasten. Vitamin K2 verhindert die NF-κB-Aktivierung auf eine γ-Carboxylierung-unabhängige Weise, was zur Knochenbildung führt, und die Knochenresorption verringert (6). Ein hoher Nutzen der K-Vitamine in der Primärprävention und Therapie scheint nicht nur bei Knochen- sondern auch bei Gefässkrankheiten vorzuliegen (7).

Vitamin K2 und Atherosklerose

Trotz der jüngsten medizinischen Fortschritte sind Atherosklerose und damit Gefässerkrankungen nach wie vor die häufigste Todesursache weltweit. Atherosklerose ist ein aktiver Prozess und resultiert aus dem Ungleichgewicht zwischen kalkfördernden und -hemmenden Faktoren (8). In den letzten zwei Jahrzehnten wurde eine Reihe von Proteinen entdeckt, die Kalzium-Ionen binden können, und die meisten von ihnen haben ein gemeinsames Merkmal, nämlich die gamma-Carboxyglutaminsäure-reiche Domäne (Gla). Da die Gla-Reste durch ein Enzym, das Vitamin K als Kofaktor verwendet, biologisch aus proteingebundenen Glutaminsäureresten umgewandelt werden, werden alle diese Proteine als Vitamin-K-abhängige Proteine bezeichnet. Das Matrix Gla Protein MGP ist ein Vitamin-K-abhängiges Protein, das nachweislich eine Rolle beim Schutz vor ektopischer Verkalkung spielt (9). Die Carboxylierung des zirkulierenden MGP spiegelt dessen Fähigkeit wider, die Verkalkung in Gefäßen zu hemmen und das Risiko für koronare Herzkrankheit und Sterblichkeit zu mindern (10,11). Eine neuere Metaanalyse kommt zur Schlussfolgerung, dass die Vitamin K-Einnahme mit einem geringeren Risiko für koronare Herzkrankheit und Gesamtmortalität assoziiert ist (12). Dagegen konnten große randomisierte klinische Studien keine positive Wirkung der Vitamin-D3-Supplementierung bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigen (13,14). Vitamin K Supplementierung kann diese unerwünschte Wirkung von überschüssigem Vitamin D auf die Verkalkung ausgleichen, wie durch einen geringeren Kalzium- und Phosphorgehalt in Aorta und Niere gezeigt wurde (15). Der Promotor des MGP-Gens enthält ein Vitamin-D-Response-Element, das die Expression von MGP nach der Einnahme von Vitamin D um das Zwei- bis Dreifache erhöht (16,17). Die Hochregulierung von MGP durch Vitamin D benötigt Vitamin K, zur vollständigen Aktivierung von MGP für optimales Funktionieren. Dies bedeutet, dass die Kombination von Vitamin K und Vitamin D Schutz vor fortschreitender Gefäßverkalkung, kardiovaskulären Erkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gesamtmortalität bieten könnte (17).

INTRICATE (konzentrierte Zunahme von Vitamin K2 und D3

Die INTRICATE (18) ist eine Proof-Of-Concept Studie, die den Einfluss einer kombinierten Vitamin K2 und Vitamin D3-Supplementierung auf die Mikroverkalkung bei Karotis-Atherosklerose mittels hybrider Natrium-[18F] Fluorid (Na[18F] Positronenemissions-Tomographie (PET)/Magnetresonanztomographie (MRI) untersuchen soll. Probanden mit asymptomatischer Erkrankung der Halsschlagader auf mindestens einer Seite des Halses werden in die Studie aufgenommen. Der primäre Endpunkt ist die Veränderung des Na[18F] F-PET/MRI (Ausgangswert vs. nach 3 Monaten) in der Behandlungsgruppe im Vergleich zur Placebogruppe. Sekundäre Endpunkte sind Veränderungen der Plaque-Zusammensetzung und der Blut-Biomarker. Die Ziele der INTRICATE-Studie sind: Untersuchung der therapeutischen Wirkung der kombinierten Einnahme von Vitamin K2 und D3 auf die vertebrale Knochenmineraldichte bei postmenopausalen Frauen mit Osteopenie und Osteoporose.

Es gibt Hinweise darauf, dass Kalzium nicht nur für die Entwicklung einer maximalen Knochenmasse wichtig ist, sondern auch zur Verringerung des Knochenschwunds bei Frauen nach der Menopause. Man geht davon aus, dass Vitamin D und Kalzium (und möglicherweise Vitamin K) für die Vorbeugung von Knochenschwund und Knochenbrüchen von entscheidender Bedeutung sind. Entsprechend fanden Matsunaga und Mitarbeiter eine synergistische Wirkung von Vitamin D und K bei der Verringerung des Knochenverlusts bei ovarektomierten Ratten (18).

Fazit

Vitamin K ist bekannt als wesentlicher Faktor in der Blutgerinnung.

Vitamin K zeigt aber auch einen hohen Nutzen in der Primärprävention von Knochen. Es soll die Heilung von Knochenbrüchen fördern, eine therapeutische Wirkung auf Osteoporose haben und die Knochenresorption hemmen. Vitamin K scheint aber auch einen Nutzen in der Primärprävention von Gefässkrankheiten zu haben.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

1. Booth SL. Vitamin K status in the elderly. Curr Opin Clin Nutr Metab Care 2007;10:20-23
2. Fusaro M et al.. Vitamin K effects in human health: New insights beyond bone and cardiovascular health.. Journal of Nephrology 2020; 33:239–249
3. Shearer M, Newman P.. Recent trends in the metabolism and cell biology of vitamin K with special reference to vitamin K cycling and MK-4 biosynthesis. J Lipid Res .2014;55:345–362
4. Orishige H. Clinical evaluation of menaquinone versus alfacalcidol in the treatment of osteoporosis: a doubleblind, controlled Phase III clinical trial. Clin Eval 1992;20: 45–100.
5. Akiyama Y. Research on the mechanism of inhibitory action of vitamin K2 on bone resorption in cultured organ culture. J Jpn Soc Bone Min Metab 1991;9: 239.
6. Yamaguchi M., Weitzmann M.N. Vitamin K2 stimulates osteoblastogenesis and suppresses osteoclastogenesis by suppressing NF-κB activation. Int. J. Mol. Med. 2011;27: 3–14.
7. Vermeer C et al. Beyond deficiency : potential benefits of increased intakes of vitamin K for bone and vascular health. Eur J Nutr 2004; 43: 1-11
8. Johnson RC, Leopold JA and Loscalzo J. Vascular calcification: pathological mechanisms and clinical implications. Circ. Res. 2006;99: 1044-1059.
9. Price PA et al. Matrix GLa protein, a new gamma-carboxyglutamic acid-containing protein which is associated with the organ matrix of bone. Biochem Biphys Res Commun 1983;117: 765-771.
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11. Schurgers, L et al. Matrix Gla-protein: the calcification inhibitor in need of vitamin K. Thromb Haemost 2008;100:593-603
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18. Matsunaga S et al. The effect of vitamin K and D supplementation on ovariectomy-induced bone loss. Calcif Tissue Int 1999;65:285–9.