Direkte orale Antikoagulantien (DOAK)

Direkte orale Antikoagulantien (DOAKs) werden aufgrund ihres vorteilhaften Nutzen-Risiko-Profils gegenüber Vitamin-K-Antagonisten bevorzugt empfohlen zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern sowie Therapie und Sekundärprävention der venösen Thromboembolie. Die vorliegende Leitlinie gibt Hinweise zum praktischen Einsatz der DOAKs, deren Vor- und Nachteilen und Limitationen. Sie basiert auf Empfehlungen internationaler Guidelines (ESC, EHRA, DGA) und adaptiert diese für das hausärztliche Setting in der Schweiz.

1. DOAK-Substanzen im Überblick 1-11

Mit Einführung der neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) steht eine Alternative zu Vitamin K-Antagonisten (VKA) für die Prävention resp. Behandlung von arteriellen und venösen Thromboembolien (VTE) zur Verfügung. Da die „Neuen“ nun auch schon einige Zeit im Einsatz sind, etabliert sich zunehmend der Begriff „Direkte orale Antikoagulantien“ (DOAK). Die DOAK sind direkte Gerinnungsinhibitoren, d. h. sie binden rasch, hochspezifisch und reversibel an ihr «Target», den aktivierten Gerinnungsfaktor F. IIa (Thrombininhibitor Dabigatran) oder F. Xa (Direkte F. Xa-Inhibitoren / DXI, «-xabane»). In klinischen Studien zeigten sich die DOAK in der Wirksamkeit den VKA nicht unterlegen, bei höherer Sicherheit (geringere Blutungsraten) und einfacherer Anwendbarkeit werden die DOAK mittlerweile gegenüber VKA in den Guidelines sowohl für die Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern (IA-Empfehlung)12 als auch für die Behandlung von tiefen Venenthrombosen und/oder Lungenembolien13 bevorzugt empfohlen.
Tabelle 1 gibt eine Übersicht zu den DOAKs mit deren Indikationen und Dosierungsempfehlungen. Eine strukturierte Wegleitung zur Auswahl und Dosisfindung der einzelnen Substanzen abhängig von Therapieindikation/GFR/Alter/Gewicht/Komedikation bietet auch das online-DOAK-Tool easyDOAC (www.easydoac.de).

Vorteile von DOAK:

  • Feste Dosis, kein Therapiemonitoring
  • Rascher Wirkbeginn (innerhalb 2–4 h) und rasches Ende der Wirksamkeit, damit
    • günstig bei zu erwartender kurzer Therapiedauer (z.B. bei VTE mit Antikoagulation ≤ 3 Monate) sowie für Patienten, bei denen wegen anderer Interventionen häufige Therapieunterbrüche nötig sind
    • kein perioperatives Bridging erforderlich
    • Im Vergleich zu VKA weniger Medikamenteninteraktionen
    • Keine Wechselwirkung mit Nahrungsmitteln
    • Weniger zerebrale Hämorrhagien.

Nachteile von DOAK:

  • Im Gegensatz zu VKA keine Zulassung zum Einsatz bei künstlichen Herzklappen
  • Hoher Preis
  • Limitierter Einsatz bei Niereninsuffizienz
  • Im Fall von Complianceproblemen: schon wenige Stunden nach einer vergessenen Einnahme steigt das Thromboserisiko stark an.6
 

2. Pharmakoniketik und DOAK-Einsatz bei Niereninsuffizienz und Lebererkrankung

Hinweis zur Tabletten-Einnahme:

Die Pharmakoniketik der einzelnen DOAKs (Tabelle 2) hat Auswirkung auf deren Einnahmemodus und Dosierung bei Einschränkung der Nieren- und Leberfunktion.
  • Rivaroxaban 15 mg bzw. 20 mg Tabletten sind zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit zusammen mit einer Mahlzeit einzunehmen, in der 2.5- und 10 mg-Dosierung kann die Einnahme unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen.
  • Für alle anderen DOAK ist keine Mahlzeitenabhänige Einnahme zu berücksichtigen.

DOAK und Niereninsuffizienz12-14

  • Bei terminaler Niereninsuffizienz (GFR <15 ml/min) sind sämtliche DOAKs nicht empfohlen, da dieses Patientenkollektiv in den Zulassungsstudien aus­geschlossen war und hierüber keine Daten vorliegen.
  • Der Thrombininhibitor Dabigatran ist bereits bei einer GFR <30 ml/min kontraindiziert, bedingt durch seine vorwiegend renale Ausscheidung. Da es bei mittelschwerer Niereninsuffizienz im Rahmen einer akuten Erkrankung oder Polypharmazie rasch zu einem Abfall der Kreatininclearance kommen kann, verzichten viele Schweizer Gerinnungsspezialisten bereits bei einer GFR <40 ml/min auf den Einsatz von Dabigatran. Eine GFR <50 ml/min bedarf einer Dosisreduktion von 2×150 auf 2x110mg bis zum Erreichen o.g. Limitatio bei weiterer Einschränkung der Nieren­funktion.
  • Direkte F. Xa-Inhibitoren (DXI) können auch bei schwerer Niereninsuffizienz (GFR 15-29 ml/min) eingesetzt werden, zu beachten gilt
    • Dosisreduktion von/bei
      • Apixaban von 2x5mg auf 2×2.5mg, bei Indika­tion Vorhofflimmern mit Kreatinin i.S ≥133µmol/l + ein weiteres Kriterium (Alter ≥80 J. und/oder Gewicht ≤60 kg)
      • Edoxaban von 1x60mg auf 1x30mg, bei Indikation Vorhofflimmern oder VTE-Therapie mit GFR ≤50 ml/min
      • Rivaroxaban von 1x20mg auf 1x15mg, bei Indikation Vorhofflimmern mit GFR ≤50 ml/min.
  • In der Indikation VTE-Therapie und -Prophylaxe ist bei Behandlung mit Apixaban und Rivaroxaban bei schwerer Niereninsuffizienz keine Dosisreduktion nötig, es ist jedoch erhöhte Vorsicht geboten. Die Patienten müssen sorgfältig auf Anzeichen von Blutungen und Anämie überwacht werden, insbesondere bei Komedikation mit Arzneimittel, die zu erhöhten DOAK-Plasma-Spiegeln führen (-> Kapitel 9, Tab. 6 Interaktionen).

DOAK und Lebererkrankung

  • Lebererkrankungen können die hepatische Clear­ance beeinträchtigen und sind mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden.
  • Vor Beginn einer DOAK-Therapie wird eine Base­line-Be­wer­tung14 empfohlen mit der Evaluation von
    • Vorgeschichte von oder Risikofaktoren für Blutungen und Thromboembolien
    • relevanten Komedikationen
    • Leber- und Nierenfunktion, Hämatogramm, INR, aPTT.
  • Der Child-Pugh-Score, validiert zur Stadieneinteilung der Leberzirrhose15 und deren Prognose, wird zur Beurteilung des Einsatzes von DOAKs bei Leberfunktionseinschränkung verwendet (Abb. 1).  Bei einer fortge­schrittenen Lebererkrankung, die mit einer klinisch manifesten Koagulopathie sowie klinisch relevanten Blutungsrisiken wie bei einer Leberzirrhose im Child Pugh-Stadium C vergesellschaftet ist, ist eine DOAK-Behandlung kontraindiziert, bei Rivaroxaban wird be­reits im Child-Pugh-Stadium B vom Einsatz abgeraten.

3. DOAK und Vorhofflimmern

  • Eine Antikoagulation mit VKA bei Vorhofflimmern (VHF) kann das relative Schlaganfallrisiko gegenüber Plazebo um 64 % verringern und das absolute Risiko pro Jahr um 2,7 % senken – das entspricht einer relativ niedrigen NNT von 37 pro Jahr, um einen Schlaganfall zu verhindern16.
  • DOAK erwiesen sich in den grossen randomisierten Studien (RCTs) ARISTOTLE (Apixaban), RE-LY (Dabigatran), ENGAGE AF-TIMI 48 (Edoxaban) und ROCKET AF (Rivaroxaban) gegenüber VKA als mindestens gleichwertig bis überlegen bezüglich Schlaganfall und systemischer Embolie. Das günstigere Nutzen-Risiko-Profil mit Reduktion von zerebro­vaskulären Ereignissen um 19 % (absolute Risikoreduktion = 0,8 %) entsprechend einer grossen Metaanalyse bei insgesamt 71’683 Patienten17, ist v.a. durch die Verhinderung von hämorrhagischen Schlaganfällen (p < 0,0001) zu erklären.
  • DOAKs wird zur Antikoagulation bei VHF in den aktuellen Guidelines12 gegenüber VKA der Vorzug gegeben (IA).
  •   Wichtig ist dabei eine adäquate Dosierung der DOAKs. «Real-World»-Daten weisen darauf hin, dass im Versorgungsalltag Fehldosierungen, zumeist Unterdosierungen (z.B. aus Angst vor einer Blutung) häufig sind und dadurch die in den Zulassungsstudien belegte Überlegenheit nicht erreicht wird18,19. Off-Label-Unterdosierungen erhöhen das Risiko für Schlaganfälle, systemische Embolien, Hospitalisation und Mor­talität, jedoch ohne Benefit hinsichtlich Abnahme des Blutungsrisikos12.

Eine Metaanalyse aus über 100 Beobachtungsstudien im Zusammenhang mit einer unangemessenen DOAK-Dosierung bei Vorhofflimmern18 zeigte, dass die Off-Label-Unterdosierung mit einem Nulleffekt auf die Schlaganfallergebnisse und Blutungsraten verbunden war, jedoch die Gesamtmortalität signifikant erhöhte  (HR=1,28, 95%-KI 1,10-1,49; p=0,006). Eine Über­dosierung führte zu erhöhtem Risiko für schwere Blutungen (HR=1,41, 95%-KI 1,07-1,85; p=0,013). Eine Dosisreduktion sollte daher nur aufgrund objektivierbarer Kriterien wie eingeschränkte Nierenfunktion, Alter, Gewicht oder Komedikation (Tab. 1) erfolgen, nicht unbegründet aus Bedenken vor Nebenwirkungen.

  • VHF @ Klappenvitien bzw. Kardiomyopathie:14
    • Kontraindiziert sind DOAK bei mittlerer und schwerer Mitralstenose und mechanischen Klappenprothesen, für diese Indikation werden VKA empfohlen (IB)12.
    • Keine Kontraindikation besteht hingegen für DOAK
      • nach bioprothetischem Klappenersatz oder Klap-pen­rekonstruktion (nach >3 Monaten postoperativ)
      • TAVI
      • Hypertrophe Kardiomyopathie
      • schwere Aortenstenose: hierfür liegen nur limitiert Daten vor, es gibt aber keine pathophysiologische Rationale für eine geringere Wirksamkeit oder Sicherheit bei DOAK-Anwendung.
  • Rheumatisches VHF: In der INVICTUS-Studie20 wurde im Vergleich von Rivaroxaban mit Phen­procoumon bei VHF und rheumatischem Mitralvitium oder echokardiographischem Hinweis auf erhöhtes Thromboserisiko in der DOAK-Gruppe eine höhere jährliche Inzidenz von (ischämischen) Schlaganfällen und insbesondere eine signifikant höhere Rate von Todesfällen in der Form von plötzlichem Herztod oder in Verbindung mit einem Pumpversagen beobachtet. Der VKA zeigte sich überlegen ohne erhöhte Blut­ungsrate. VKA gelten nach aktueller Datenlage in dieser Indikation als Antikoagulation der Wahl.

4. DOAK und Prävention/Therapie venöser Thromboembolien21-25

Der F. IIa-Inhibitor Dabigatran sowie alle 3 direkten F. Xa-Inhibitoren (DXI) können zur Therapie der venösen Thromboembolie eingesetzt werden, Apixaban und Rivaroxaban sind zudem zur Prophylaxe von VTE nach elektiver Knie- und Hüftersatzoperation zugelassen.
Grosse RCTs und Metaanalysen belegen für sämtliche DOAKs eine Nicht-Unterlegenheit in der Verhinderung von VTE-Rezidiven mit signifikanter Reduktion von schweren Blutungen um ca. 40% gegenüber VKA.26, 27
DOAKs sollten zur Behandlung von tiefen Venenthrombosen und/oder Lungenembolien gemäss neuen Guideline-Empfehlungen13 bei gleicher Effizienz, höherer Sicher­heit und einfacherer Anwendbarkeit im Regime gegenüber der traditionellen Therapie mit VKA bevorzugt werden, sofern keine substanzspezifischen Kontraindikationen (z.B. schwere Niereninsuffizienz, Antiphospholipidsyndrom, Schwangerschaft) vorliegen.
  • Zur Behandlung einer akuten tiefen Beinvenenthrombose und Lungenembolie wird eine Antikoagulation in volltherapeutischer Dosierung über 3-6 Monate empfohlen (Dosierungsangaben der einzelnen DOAKs zur Initial- und Erhaltungstherapie, Tabelle 1).
  • Nach dieser Therapiephase soll eine Reevaluation erfolgen, um unter Abwägung des Rezidiv- und Blutungsrisikos sowie der Patientenpräferenz über eine verlängerte Sekundärprophylaxe oder Beendigung der Antikoagulation zu entscheiden.
    • Bei hohem Rezidivrisiko mit persistierend starken Risikofaktoren (z.B. aktive Tumorerkrankung, schwere Thrombophilie oder Rezidiv-VTE ohne starken/reversiblen RF) wird eine (soweit vertretbar) unbefristete Antikoagulation in volltherapeutischer Dosis empfohlen.
    • Bei moderatem Rezidivrisiko (z.B. bei schwachen persistierenden Risikofaktoren oder spontanem VTE-Ereignis ohne eruierbaren Trigger) wird eine prolongierte Antikoagulation in reduzierter Dosis bevorzugt. Gemäss Zulassungsstudien der für diese Indikation verfügbaren DOAKs kann nach Abschluss einer mindestens 6-monatigen Behandlung einer TVT oder Lungenembolie Apixaban auf 2 x 2.5mg bzw. Rivaroxaban auf 1 x 10mg reduziert werden, mit nachweislich im Vergleich zur fortgeführten therapeutischen Dosierung gleich effizienter VTE-Rezidivprophylaxe und niedrigerem Blutungsrisiko28, 29.

5. DOAK und Tumorpatienten25,30

  • Viele Patienten mit VTE weisen eine onkologische Grunderkrankung auf, verglichen mit Thrombosepatienten ohne Malignom besteht zudem ein erhöhtes Rezidiv- und Blutungsrisiko.
  • Lange galten NMH als Standardtherapie bei malignom­assoziierter VTE. Gegenüber der früher etablierten sequentiellen Therapie mit NMH/VKA konnte unter NMH-Monotherapie das Rezidiv-VTE-Risiko halbiert werden  bei weitgehend unverändertem Blutungs­risiko. 31
  • Vergleichsstudien mit direkten F. Xa-Inhibitoren (DXI) belegen eine bessere Therapietreue und Nicht-Unterlegenheit bis zu signifikanter Abnahme der VTE-Rezidive der DOAK im Vergleich zu NMH, bei nicht-signifikanter Zunahme von schweren oder klinisch relevanten Blutungen32-36. Für den Thrombininhibitor Dabigatran liegen keine Daten zur Wirksamkeit für die Behandlung Tumor-assoziierter VTE im Vergleich zu NMH vor.
  • Aktualisierte internationale Guidelines empfehlen direkte F. Xa-Inhibitoren (DXI) zur Behandlung bei tumorassoziierter VTE als mindest gleichwertige und kostengünstigere Alternative zu NMH. 37, 38

Bei der Substanzwahl sind individuell neben Blutungsrisiken und Aspekten der Tumorerkrankung (Tumorentität und -ausdehnung, Antitumortherapie) auch die klinische Situation und Praktikabilität einer oralen vs. parenteralen Therapie und die Therapiepräferenz des Patienten zu berücksichtigen sowie im Verlauf in regelmässigen Intervallen zu überprüfen (Abb. 2). Aufgrund des unter DOAK im Vergleich erhöhten Blutungsrisikos, insbesondere im gastrointestinalen Bereich, sind NMH weiterhin die Therapie der Wahl bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko und gastrointestinalen Tumoren.

  • Bei DXI muss im Gegensatz zu den NMH das Interak-tionspotenzial mit einer laufenden oder geplanten Anti­tumortherapie berücksichtigt werden (Prüfmöglichkeit unter www.drugs.com).
  • Therapiedauer: Nach einer Therapiephase von 3 bis 6 Monaten wird bei fortbestehend aktiver Tumorerkrankung meist eine volltherapeutische Dosierung zur Sekundärprophylaxe empfohlen, wenngleich prospektive, unterschiedliche Intensitäten der Antikoagulation vergleichende Studiendaten fehlen. Im Einzelfall kann in Anlehnung an die Studiendaten bei Nichttumorpatienten28,29 zur prolongierten Prophylaxe nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung eine reduzierte DOAK-Dosis von Apixaban (2 x 2,5 mg/d) oder Rivaroxaban (1 x 10 mg/d) erwogen werden13.

6. Perioperatives Management

Beim perioperativen Management gilt es, das Blutungs­ri­siko des geplanten Eingriffs gegen die Gefahr von Throm­b­embolien durch Unterbruch der Antikoagulation abzuwägen.  Abhängig vom Ausmass des Blutungsrisikos (Tabelle 3) ist eine Therapiepause des DOAK erforderlich, deren Zeitraum sich an der Nierenfunktion als weiteren auf das Blutungsrisiko Einfluss nehmenden Faktors orientiert (Tabelle 4). Bei den DOAK kann auf eine parenterale Überbrückungstherapie verzichtet werden wegen der rasch einsetzenden Wirkung und kurzen HWZ. Ausgenommen sind Patien­ten, die perioperativ keine Nahrung zu sich nehmen können sowie Patienten mit sehr hohem Embolie- oder Blutungsrisiko.

7. Blutungskomplikationen unter DOAK14

  • Das Risiko schwerer Blutungen liegt in VHF-Studien fürDOAK bei 1,4–3,6 % verglichen mit 3,4 % /Jahr für VKA.
  • Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) und Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) erhöhen das Risiko schwerer Blutungen bei Patienten unter DOAK und VKA in vergleichbarer Weise.
  • Niereninsuffizienz erhöht das Blutungsrisiko unter DOAK-Therapie, insbesondere bei Dabigatran aufgrund der überwiegend renalen Elimination. Bei mehr als 50 % der Patienten, die unter Dabigatran eine schwere Hämorrhagie entwickeln, liegt eine mässige oder schwere Niereninsuffizienz vor.

Massnahmen bei Blutungen

Dank der kurzen HWZ der DOAK nimmt die antikoagulative Wirkung ähnlich rasch wie unter NMH ab. So ist 16–24 h nach der letzten DOAK-Einnahme nur noch eine geringe Beeinflussung der Hämostase zu erwarten, das ist kürzer als eine INR-Normalisierung nach oraler Gabe von Konakion (dauert ≥ 24 h, bei i.v.-Gabe 8–12 h).
Für den Thrombininhibitor Dabigatran und die direkten F. Xa-Inhibitoren (DXI) Apixaban und Rivaroxaban stehen bei schweren Blutungen spezifische Antidots zur Verfügung, für Edoxaban ist bisher kein Antidot zugelassen.
  •   Leichte Blutung unter DOAK:
    • Nächste DOAK-Dosis später verabreichen oder Behandlung abbrechen, je nach Notwendigkeit
    • Blutungsrisiken evaluieren und begünstigende Faktoren behandeln (z. B. Hypertonie-Einstellung optimieren, keine zusätzlichen TAH oder NSAR wenn nicht indiziert).
  • Mittelschwer bis schwere Blutung, wie oben, ergänzend:
    • I. Basis-Massnahmen der Blutstillung: individuell angepasst an den Schweregrad und die Lage der Blutung:
    • Mechanische Kompression, chirurgischer/interventioneller Eingriff
    • Flüssigkeitsersatz und hämodynamische Unterstützung
    • Blutprodukte oder Transfusion von Blutkomponenten.
II.  Spezifische Massnahmen:
    • Dabigatran ist dialysierbar. Eine Hämodialyse kann daher nützlich sein, speziell wenn die Blutung mit akuter Niereninsuffizienz einhergeht
    • Prokoagulantien bei lebensbedrohender oder trotz intensiver lokaler Blutstillungsmassnahmen nicht zu stoppender Blutung: Konzentrate der Faktoren II, VII, IX und X (z. B. Prothromplex®), aktivierter Faktor VII (Novoseven®) oder Konzentrate aktivierter Faktoren (Feiba®)
    • Spezifisches Antidot:
      • Der Einsatz der Antidots beschränkt sich auf nicht kontrollierbare oder lebensbedrohliche Blutungen. Die Verabreichung erfolgt intravenös und ist spezialisierten Zentren vorbehalten.
      • Für den F IIa-Inhibitor Dabigatran steht mit Idarucizumab (Praxbind®) bereits seit längerem ein Antidot zur Verfügung.
      • In 2022 wurde Andexanet alfa (Ondexxya®) als Antidot für die DIX Apixaban und Rivaroxaban die Zulassung in der Schweiz erteilt. In der Zulassungsstudie ANNEXA439 zur Anwendung von Andexanet bei kritischen Blutungen unter FXa-Hemmern war die Mehrheit der Patienten mit Apixaban und Rivaroxaban behandelt und führte bei diesen zu einer gegenüber Placebo hochsignifikanten Senkung der Anti-FXa-Aktivität innerhalb weniger Minuten. Nur ca. 10 % standen unter Therapie mit den F Xa-Hemmern Edoxaban oder dem NMH Enoxaparin, sodass die Anwendung hier zwar möglich, aufgrund unzureichender Fallzahl aber nicht empfohlen ist.

8. Antikoagulantien-Wahl nach Indikation und Komorbiditäten40-44

Wann können DOAK eingesetzt werden?

  • Bei Vorhoflimmern Antikoagulation der 1. Wahl.
  • Zur Behandlung akuter tiefer Venenthrombosen und/oder Lungenembolien bevorzugt VKA.
  • Primärprophylaxe VTE bei orthopädischen Eingriffen Als Thromboseprophylaxe bei „internistischen“ Patienten oder zur Sekundärprophylaxe von VTEs bei Reisen haben die DOAK keine Zulassung. Anmerkung zur Reiseprophylaxe: In dem Bewusstsein, dass der Einsatz von NMH zur Prophylaxe im nicht-chirurgischen Setting nur die Zulassung für Patienten mit eingeschränkter Mobilität hat, werden zur Reiseprophylaxe mit vergleichbarer „Datenlage“ immer öfter auch DOAK eingesetzt, z.B. in Analogie zum „Innere Medizin-Trial“ Rivaroxaban 10 mg. Wichtig: Der Patient ist über den Off-label-use aufzuklären, die Kosten werden nicht von der Krankenkasse übernommen.
  • Rivaroxaban als Xarelto vascular® in der Dosis 2 x 2,5 mg in Kombination mit ASS 1 x1 00mg kann zur Präven­tion schwerer atherothrombotischer Ereignisse bei KHK oder peripherer arterieller Gefässerkrankung (PAVK, Karotisstenose) mit hohem Risiko für ischämische Ereignisse eingesetzt werden45, wenn keine Indikation mehr für eine DAPT besteht.
  • Umstellung von Marcoumar, wenn Patient mit VKA schlecht einzustellen ist (< 2/3 im therapeutischen INR-Bereich) und/oder ein erhöhtes Risiko für Medikamenteninteraktionen hat.

Wann sollen DOAK nicht verwendet werden?

  • Es ist davon auszugehen, dass der Benefit eines Wechsels auf DOAK bei schlecht eingestellten Patienten am grössten ist41. Eine jahrelang gut mit VKA eingestellte OAK (z. B. TTR > 75 %) sollte nicht umgestellt werden. Die open-label Frail-AF-Studie46 hatte die Fragestellung, ob bei älteren (≥75 J.), gebrechlichen Patienten mit VHF und guter INR-Einstellung unter VKA das Blutungsrisiko durch Wechsel auf ein DOAK (alle 4 Substanzen waren vertreten) reduziert werden kann. Die Studie wurde vorzeitig wegen hochsignifikant erhöhter Blutungsraten abgebrochen (unter VKA 9.4% versus DOAK 15.3%, HR=1,69, 95%-KI 1,23-2.32; p=0,00112; dabei schwere Blutungen unter VKA 2.4% zu 3.6% unter DOAK). Zu beachten gilt, dass die Studie nicht die beiden Medikamente zueinander ver­gleicht, sondern zwei Behandlungsstrategien – einen Therapiewechsel gegenüber Fortführung der VKA-Therapie.
  • Bei Malcompliance ist von einer Therapieumstellung ebenfalls abzuraten, weil dadurch die Möglichkeit eines INR-Monitorings entfällt und bei Auslassen einzelner Tabletten das Embolierisiko rasch ansteigen kann.
  • Schwangerschaft/Stillzeit
    • DOAKs sind hier kontraindiziert, aufgrund fehlender Daten für die Anwendung
    • DOAKs sollten bei Frauen in gebärfähigem Alter nur mit einer sicher wirksamen Kontrazeption angewendet werden.
  • Antikoagulation bei Adipositas
    • Übergewichtige, insbesondere schwer Adipöse waren in den DOAK-Zulassungsstudien unter­reprä­sentiert. Trotz limitierter Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit in dieser Population gibt die Fachinfor­ma­tion (Compendium) – anders als bei niedrigem Kör­pergewicht – keine Empfehlung zur Dosisanpassung oder Restriktion bei Übergewichtigen. Bei einem BMI >40 kg/m2 oder Gewicht > 120 kg empfehlen die Internationale Gesellschaft für Thrombose und Hämostase (ISTH) und die European Heart Rhythm Association (EHRA) anstelle der DOAK den Einsatz von VKA oder (im klinischen Alltag schwer prakti­ka­bel) substanzspezifische Spiegelmessungen zur Überprüfung der Wirksamkeit47,48.
    • Bariatrische/Darm(teil)resezierte Patienten: Auch bei dieser Patientengruppe gibt es nur begrenzte Daten – es bleibt fraglich, ob trotz Malabsorption bei verkleinerter intestinaler Austauschoberfläche aus­reichende Wirkspiegelprofile erreicht werden, harte Endpunktstudien fehlen49-51.
    • Aufgrund unzureichender Studiendaten sollte bei einem BMI > 40 kg/m2 oder Gewicht >120 kg sowie bei bariatrischen – oder aus anderer Indikation Darm(teil)resezierten – Patienten den VKA gegenüber den DOAK der Vorzug gegeben w erden. Das INR-Monitoring ermöglicht eine Anpassung auf verändertes Körpergewicht respektive intestinale Absorption.
  • DOAKs sind bei Antiphospholipid-Syndrom (APS) nicht empfohlen Eine multizentrische Studie mit Rivaroxaban bei Pa­tienten mit St. n. Thrombose und Diagnose eines APS wurde aufgrund einer erhöhten Rate thromboembolischer Ereignisse im Vergleich zu Warfarin vorzeitig beendet52. Für die anderen DOAKs gibt es keine abgeschlossenen klinischen Studien bei Patienten mit APS, weshalb Swissmedic die Anwendung von DOAKs (betrifft alle „-xabane“ und den Thrombininhibitor Dabigatran) bei APS nicht empfiehlt und bei Indika­tion zur fortgesetzten Sekundärprophylaxe bei diesen Patienten zur Umstellung auf VKA rät (www.swissmedicinfo).

Auswahl des «passenden» DOAK

  • Da es keine randomisierten kontrollierten head-to-head Studien der verschiedenen DOAK untereinander gibt, kann man keines der Präparate speziell empfehlen.
  • Die Auswahl sollte individuell auf den Patienten, seine Komorbiditäten und Begleitmedikation abgestimmt sein:
    • Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
      • Bei Substanzen mit einer hohen renalen Clearance wie Dabigatran (> 80 %) ist Vorsicht geboten.
      • Hier bieten F Xa-Hemmer (DXI) einen grösseren Sicherheits-Korridor (ca. 30 % renale Ausscheidung), wenn bei diesen Patienten eine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion eintritt z. B. bei interkurrenter Erkrankung, Co-Medikation (NSAR!) oder Dehydratation mit entsprechender Akkumulation der Substanz.
    • Gastrointestinales Blutungsrisiko (GIB)
      • DOAKs erhöhen das Risiko für GIB. Bei hohem Risiko für GIB ( z.B. bei Ulcus ventriculi/duodeni, chronisch entzündlicher Darmerkrankung, Divertikulitis, intestinalen Tumoren) ist der Einsatz von DOAK kritisch zu überdenken.
      • Dabei scheinen sich die Wirkstoffe in ihrem Risikoprofil zu unterscheiden mit erhöhten Blutungsraten bei Rivaroxaban sowie in deren Standarddosis Dabigatran und Edoxaban.Aus den Zulassungsstudien, Metaanalysen und Beobachtungsstudien der DOAKs zusammen­getragene Daten53 deuten darauf hin, dass die Einnahme von Rivaroxaban, Dabigatran (2x150mg/d) sowie Edoxaban (1x60mg/d) im Vergleich zu Warfarin mit einem erhöhten Risiko für GIB verbunden ist. In der niedrigeren Dosierung von Dabigatran (2x110mg/d) und Edoxaban (1x30mg/d) sowie für Apixaban wurden im Vergleich zum VKA keine erhöhten Blutungsraten beobachtet. Diese Daten sind aber unter dem Vorbehalt eines nicht-randomisierten Vergleichs der Substanzen und Heterogenität der Patientenpopulationen zu sehen. Der mittlere CHADS2-Score als Korrelat für die Patientenvulnerabilität war in den Zulassungsstudien zur Thromboembolie-Prophylaxe bei VHF unterschiedlich: bei ARISTOTLE (Apixaban) und RE-LY (Dabigatran) 2,1, bei ENGAGE AF-TIMI 48 (Edoxaban) 2,8, bei ROCKET AF (Rivaroxaban) wurden noch kränkere Patienten mit 3,5 eingeschlossen.
      • Durch die zusätzliche Gabe eines Protonenpumpeninhibitors (PPI) können Blutungskomplikationen verringert werden (v.a. bei Komedikation mit TAH, NSAR, Kortison)54.

9. Klinisch praktische Aspekte in der DOAK-Anwendung55-58

Checkliste für Erst- und Follow-up-Termine mit DOAK behandelter Patienten (modifiziert nach14 )

  • Abgabe eines Antikoagulantien-Ausweises für das DOAK (analog Marcoumar-Pass) zur Patienten­sicherheit
  • Patienteninstruktion
    • Korrekte Medikamenteneinnahme: Rivaroxaban-Einnahme soll in der Dosierung 15 oder 20 mg mit der Mahlzeit erfolgen (in der Dosierung 10 mg sowie alle anderen DOAK mit/ohne Nahrung möglich)
    • Aufklärung über Anzeichen von Blutung mit Hinweis zur Rückmeldung
  • Je schlechter die Nierenfunktion und je ausgeprägter die Polypharmazie, desto engmaschiger muss die Kreatininclearance (Nierenrechner https://nierenrechner.de) gemessen werden, v.a. unter Dabigatran, bei alten Patienten oder eingeschränkter Nierenfunktion mindestens alle 3–6 Monate, plus zusätzlich bei kritischen Medikamentenumstellungen oder akuten Erkrankungen
  • Laborkontrollen unter DOAK
    • Gerinnungstests sind nicht notwendig!
    • Jährlich: Hb, Nieren- und Leberfunktion
    • Bei CrCl 30–60 ml/min, > 75 J., oder gebrechlich: 6-monatlich Nierenfunktion
    • Bei CrCl 15–30 ml/min: 3-monatlich Nierenfunktion
    • Bei passageren einflussnehmenden Ereignissen: Nieren- und/oder Leberfunktion
  • Medikamentenanamnese
    • Neuverordnungnen durch Kollegen im Intervall? Over-the-counter Medikamente (auch nach temporärer Medikation fragen, z.B. NSAR)
    • Obwohl es bei den DOAK weniger Medikamenten­-interaktionen gibt als unter VKA, sind einige wichtige Ausnahmen zu beachten (Tab. 6) und ggfs. Dosisadjustierungen angezeigt. Ein Interaktions­check findet sich bei dem bereits vorgestellten online-DOAK-Tool easyDOAC (www.easydoac.de).
  • Blutungsrisiken überprüfen und wenn möglich modifizieren
    • Unkontrollierte Hypertonie (systolisch > 160 mmHg)
    • Für Blutung prädisponierende Medikation (e.g. ASS, NSAR, Kortison)
    • Excessiver Alkoholkonsum
    • Stürze
  • Reevaluation des Schlaganfallrisikos → CHA2DS2-VASc Score12

DOAK und Komedikation mit Plättchenhemmern bei KHK und Vorhofflimmern

  • Bei Patienten mit Indikation zur Antikoagulation bei VHF und PCI und/oder akutem Coronarsyndrom (ACS) kann durch den Einsatz von DOAKs anstelle von VKA in Kombination zur erforderlichen antithrombotischen Therapie das Blutungsrisiko reduziert werden. 59-63
  •  Nach ACS bzw. CCS @ PCI @ VHF empfehlen die ESC-Guidelines für VHF11, ACS64, CCS65 (Abb. 3)
    • Standardschema:
      • Tripeltherapie mit (D)OAK+ dualer Plättchenhemmung (DAPT) für 1 Woche (für ACS IA-, für CCS IIa-Empfehlung), dabei DAPT mit ASS+P2Y12-Inhibitor (i.d.R. Clopidogrel)
      • zur Antikoagulation DOAK bevorzugt zu VKA, in der zur Strokeprophylaxe regulären Dosis (IA)
      •  danach duale Therapie mit DOAK und einfacher Plättchenhemmung (SAPT, bevorzugt Clopidogrel) bei CCS bis 6 Monate (IB), nach ACS bis 12 Monate (IA) nach jeweils unkomplizierter PCI, dann DOAK-Monotherapie
    • bei hohem atherothrombotischem Risiko (nach komplexer PCI oder St.n. Stentthrombose): prolongierte Tripeltherapie nach PCI für ACS oder CCS bis 1 Monat (IIa)
    • bei hohem Blutungsrisiko: Rivaroxaban statt 1×20mg reduziert auf 1× 15mg bzw. Dabigatran statt 2×150mg auf 2×110 mg (IIa) für die Dauer der begleitenden einfachen oder dualen Plättchenhemmung; für die übrigen DOAK wird keine Stellung zu einer Dosisanpassung bezogen
  • bei nicht-interventionell, medikamentös behandeltem ACS genügt eine duale Therapie mit einem DOAK + SAPT bis zu 1 Jahr (IIa).
  • PPIs werden unter der antithombotischen Kombinationstherapie routinemässig empfohlen.
  •  Aufgrund der Komplexität und Vielzahl möglicher Szenarien ist eine Rücksprache mit dem behandelnden Kardiologen oder dem Herzkatheterlabor im Zweifelsfall ratsam.

Was tun bei Dosierungsirrtümern?11

  • Wurde eine Dosis verpasst, soll bei der nächsten regulären Einnahme keine doppelte Dosis genommen werden. Ein Nachholen der verpassten Dosis ist bis zur Hälfte des Dosierungsintervalls jedoch erlaubt, also bis zu 6 h bei 2 x (Apixaban, Dabigatran) bzw. bis 12 h bei 1 x tgl. Verabreichung (Edoxaban, Rivaroxaban). Ist das nicht mehr möglich, soll auf die Dosis ganz verzichtet werden
  •   Wurde irrtümlich die doppelte Dosis eingenommen, kann bei DOAK mit 2 x tgl. Einnahme die nächste geplante Dosis ausgelassen werden, und mit der übernächsten Dosis normal weitergeführt werden. Bei 1 x tgl. Dosierung sollte einfach der normale Zyklus weitergeführt werden
  •   Weiss der Patienten nicht sicher, ob er die letzte Dosis eingenommen hat, kann man bei einem DOAK mit 2 x tgl. Einnahme raten, mit dem regulären Schema nach 12 h normal weiterzufahren (also keine weitere Dosis zu nehmen). Bei einem DOAK mit 1 x tgl. Einnahme wird empfohlen, die fraglich ausgelassene Dosis nachzunehmen, da ansonsten eine potentiell längere Periode ohne relevanten Schutz besteht.

Was tun bei vermuteter Überdosierung ohne Blutung*?

  • Angesichts der kurzen Halbwertszeit der DOAK ist bei fehlender Blutung in den meisten Fällen eine abwartende Strategie vertretbar.
  • Bei kurz zurückliegender Einnahme einer Überdosis      kommt bei allen DOAK Aktivkohle infrage.
*oder wenn ein Gerinnungstest ein Blutungsrisiko anzeigt

Anhang

Die Guidelines (synonym Leit­linien) des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Zürich (IHAMZ) sind systematisch ent­wi­ckelte Übersichtsarbeiten in kompak­tem Format auf der Basis international gültiger Leitlinien, sowie von Daten aus Metaanalysen und Studien der besten verfügba­ren Evidenz. Die IHAMZ-Guide­lines fokussieren sich auf die all­­ge­mein­medizinische Grund­­ver­s­or­­gung, sie geben dabei auch Orientierung bei der Koor­di­nation von haus- und spezialärztlicher Be­treuung sowie beim Über­gang zwischen am­bulantem und stationärem Versor­gungs­sektor und be­rück­sichtigen Beson­­derheiten des Schweizer Gesund­heits­systems.
Die Handlungsempfehlungen der IHAMZ-Guidelines wer­den ent­spre­chend der Bezug nehmenden Quellleitlinie(n) nach der Empfeh­lungsstärke und Qualität ihrer wissen­schaftlichen Grundlage in Evidenzlevel graduiert, im Fall der vorliegenden Guideline gemäss dem Klassifizie­rungs­system der European Society of Cardiology (ESC)1 (Tabelle 8 und 9).
Die Guideline liefert Grundlagen für Entscheidungs­pro­zesse im Praxisalltag, bedarf aber darüber hinaus der ärzt­lichen Evaluation mit Anpassung der Diagnostik und Therapie an die individuelle Situation des Patienten.
Weitere Informationen zur Leitlinienentwicklung des IHAMZ finden sich auf der Homepage www.hausarztmedizin.uzh.ch
Dr. med. Andrea Rosemann

Institut für Hausarztmedizin Universitätsspital Zürich (IHAMZ)
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich

andrea.rosemann@usz.ch

Es bestehen keine Interessenskonflikte.

 

Historie
Manuskript eingereicht: 10.11.2023
Manuskript angenommen: 21.11.2023

Literatur
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Grossen Dank an Prof. Edouard Battegay

Stabübergabe an neues Herausgeberteam ab 2024

Wir freuen uns, PRAXIS im Juli dieses Jahres übernommen zu haben, um diesen Schweizer Traditionstitel als PUBMED-gelistete deutsch-/französisch-sprachige Zeitschrift für Leser und Autoren zu erhalten. Denn PRAXIS ist die Fortbildungszeitschrift für Ärztinnen und Ärzte vom Studium über die Assistenzjahre bis hin in die eigene Praxis oder die Karriere als Spitalarzt.
Nachdem der Transfer erfolgreich abgeschlossen ist, nahm jetzt auch das neue Herausgeberteam und Redaktionsboard seine Tätigkeit auf – und in der ersten Sitzung mit Herausgeberin Prof. Dr. med. Dagmar Keller Lang, St. Moritz, und Dr. med. Christian Häuptle, St. Gallen, sowie weiterhin Prof. Dr. med. em. Bernard Waeber, Lausanne, das neue Jahr 2024 in Angriff.

Damit geht auch vom neuen Herausgeberteam unser grosser Dank an Prof. Dr. med. Edouard Battegay für seinen langjährigen bedeutsamen Einsatz und sein Engagement als geschäftsführender Herausgeber von PRAXIS, der den Verlagswechsel zum Anlass nahm, den Stab zum neuen Jahrgang weiterzureichen. Wir bedanken uns insbesondere auch für seine wertvolle Hilfe und grosse Unterstützung bei der Übernahme und den ersten Ausgaben beim medinfo-Verlag.
Ein ebensolcher Dank gebührt auch Prof. Dr. med. Johann Steurer als bisherigem Herausgeber, der PRAXIS aufgrund der positiven Resonanz auch zukünftig mit gelegentlichen Journal-Club-Beiträgen bereichern wird.

In der neuen redaktionellen Konstellation ist es den Herausgebern ein besonderes Anliegen, PRAXIS für möglichst viele Spezialitäten zu öffnen. So werden die Schweizerische Gesellschaft für Gastroenterologie sowie die Hausarztinstitute der Universitäten Zürich und Basel Artikel aus ihren Fachbereichen in PRAXIS publizieren.
Für Assistenzärzte soll PRAXIS für die gesamte Schweiz eine Plattform sein, wo die für den Facharzttitel benötigte Publikation in deutscher und französischer Sprache mit den entsprechenden Credits publiziert werden kann.

Wir wünschen Ihnen auch im Namen der neuen Herausgeber Prof. Keller, Dr. Häuptle und Prof. Waeber viel Freude beim Lesen der aktuellen und kommenden Ausgaben von PRAXIS.

Eleonore E. Droux 
Verlegerin & Geschäftsinhaberin

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen
Wissenschaftliche Leitung Ärzteverlag medinfo AG

EoE und EGIDs – Eosinophile Ösophagitis und Eosinophile Gastrointestinale Erkrankungen

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) wurde in den 1990er Jahren erstmals beschrieben als «orphan disease», dessen Inzidenz und Prävalenz in den letzten 20 Jahren jedoch drastisch zugenommen hat. Es handelt sich bei der EoE mittlerweile um die häufigste Ursache einer Dysphagie im jungen Erwachsenenalter. Die EoE wird endoskopisch diagnostiziert (mit Biopsien aus dem Ösophagus). Die Therapieoptionen bestehen aus diätetischen Massnahmen und Medikamenten. Zu letzteren zählen PPI (als off-label Medikation) sowie die zugelassenen Medikamente Jorveza (Budesonid, topisches Kortisonpräparat) und der monoklonale Antikörper Dupixent (Dupilumab, subkutan). Das Therapieansprechen ist hoch und das Langzeit-Outcome, wenn frühzeitig therapiert, exzellent. Häufig bleibt die Erkrankung jedoch unentdeckt, meist aufgrund von Kompensationsmechanismen seitens der Patient/-innen. Deutlich seltener als die EoE sind die Nicht-EoE eosinophilen gastrointestinalen Erkrankungen (EGIDs), bei denen die eosinophile Gewebeinfiltration in gastrointestinalen Segmenten distal des Ösophagus zu finden ist. Deren klinische Präsentation ist häufig unspezifisch. Pathophysiologisch sind Überlappungen mit der EoE vorhanden. Auch die Therapien erfolgen in Analogie zur EoE. Es ist mit einer steigenden Prävalenz und Inzidenz zu rechnen.

Einleitung

Während die eosinophile Ösophagitis (EoE) mittlerweile eine bekannte und relativ häufige Erkrankung darstellt, waren die eosinophile Gastritis, Gastroenteritis, Enteritis und Kolitis lange eine absolute Rarität. Aufgrund tiefer Fallzahlen, der unspezifischen klinischen Präsentation und der fehlenden diagnostischen Kriterien blieben deren Beziehung zur EoE unklar. Zudem bestand ein diagnostisches und begriffliches Durcheinander, was die Erkennung und Behandlung der eosinophilen Erkrankungen erschwerte. Die weltweit steigende Prävalenz, die zunehmende «Awareness» und v.a. eine kürzliche erschienene Konsensus-Publikation (1) schaffen dem nun Abhilfe. Neu wird der Terminus EGIDs (eosinophilic gastrointestinal diseases) als Überbegriff für alle eosinophilen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts verwendet, einschliesslich der EoE. Die EGIDs (deutsch: eosinophile gastrointestinale Erkrankungen) werden aufgeteilt in die EoE und die Nicht-EoE EGIDs. Bei Letzteren handelt es sich um eher seltene, aber zunehmend diagnostizierte chronisch-entzündliche Erkrankungen, gekennzeichnet durch gastrointestinale Symptome und endoskopische Veränderungen mit dem histologischen Nachweis einer erhöhten Anzahl an eosinophilen Granulozyten in der Schleimhaut der betroffenen gastrointestinalen Abschnitte. Je nach Verteilung der Eosinophilen kann es sich dann um die Subformen der eosinophilen Gastritis, Enteritis oder Kolitis handeln. Da die Eosinophilie jedoch häufig mehrere Abschnitte betrifft, ist der Terminus EGID zu bevorzugen. Davon abzugrenzen ist das idiopathische Hypereosinophilie-Syndrom mit gastrointestinaler Beteiligung. Zwar kann auch hier eine Eosinophilie im Magen-Darm-Trakt nachgewiesen werden, die Erkrankung ist jedoch nicht lokalisiert, sondern systemisch. Zentral in der Diagnostik all dieser Entitäten, sowohl EoE, Nicht-EoE EGIDs als auch der Hypereosinophilie ist der Ausschluss von sekundären Ursachen einer Eosinophilie (wie z.B. parasitäre Erkrankungen, unerwünschte Medikamenten-Nebenwirkungen, rheumatologische Systemerkrankungen oder ein banaler gastro-ösophagealer Reflux).
Den Erkrankungen gemeinsam ist eine Th2-induzierte und somit immun-vermittelte Entzündung der Schleimhaut mit einem erhöhten Eosinophileninfiltrat im Gewebe, wobei die Tiefe der betroffenen Gewebeschichten zwischen EoE und Nicht-EoE EGIDs variiert. Bei der EoE finden sich die Eosinophilen im Epithel (und teilweise in der Lamina propria), während bei den Nicht-EoE EGIDs Mukosa, alle Schichten (=transmural) und die Serosa betroffen sein können. Die EoE ist eine von den Nicht-EoE EGIDs eindeutig abgrenzbare Entität: sie ist lokalisiert (Ösophagus), betrifft die oberflächlichen Wandschichten (Epithel, Lamina propria), präsentiert sich häufig typisch (Dysphagie) und ist in der Regel einfach behandelbar (gutes Ansprechen auf Steroide). Demgegenüber steht die unspezifische Klinik der Nicht-EoE EGIDs, welche selten lokalisiert sind, eine diffuse Verteilung zeigen, und häufig ein tieferes Therapieansprechen zeigen. Eine EGID mit zusätzlicher Eosinophilie in den Ösophagusbiopsien ist somit klar von der klassischen EoE abzugrenzen. Man spricht dann von einer EGID mit ösophagealer Beteiligung. Die Krankheitsursachen sind komplex, wobei einerseits genetische Prädisposition (2, 3) aber auch Umwelt-Einflüsse (4) eine Rolle spielen. Im Folgenden gehen wir näher auf das bekannte Krankheitsbild der EoE ein, sowie in einem zweiten Abschnitt auf die jüngere Gruppe der EGIDs, wobei wir auf die Fortschritte in den letzten Jahren fokussieren, was zu einer deutlichen Entwirrung dieser unspezifischen Krankheitsgruppe geführt hat.

Eosinophile Ösophagitis

Die EoE ist eine chronische immun-vermittelte entzündliche Erkrankung des Ösophagus, welche durch mindestens 15 eosinophile Granulozyten im Epithel des Ösophagus gekennzeichnet ist (5). Eine unbehandelte EoE führt vom initial entzündlichen Phänotypen zu Bindegewebsveränderungen mit narbigen Strikturen/Stenosen des Ösophagus, welche das Risiko für komplette Speiseröhren-Obstruktionen (Bolusimpaktationen) deutlich steigern (6). Somit sind die frühzeitige Erkennung und Diagnosestellung äusserst wichtig. Männer sind im Vergleich zu Frauen 3x häufiger betroffen und die Diagnose erfolgt in der Regel im Kindes- und jungen Erwachsenenalter, wobei jedoch alle Alterskategorien betroffen sein können. Im Durchschnitt dauert es etwa fünf Jahre vom Symptombeginn bis zur Diagnosestellung der EoE. Trotz erhöhter «Awareness» hat sich in den letzten Jahren die diagnostische Verzögerung nicht verkürzt, was darauf zurückzuführen ist, dass sich die Patient/-innen relativ spät vorstellen (7). Häufig ist ihnen der Krankheitswert der Dysphagie nicht bewusst und sie haben sich mithilfe von Kompensationsmechanismen daran gewöhnt. Somit wird die Diagnose auch in der Schweiz immer noch eher spät, oft erst im Rahmen von Bolusimpaktationen, gestellt.
Wie den Atopien liegt auch der EoE pathophysiologisch eine durch Th2-Helferzellen induzierte Immunantwort zugrunde, an welcher die Zytokine Eotaxin-3, Interleukin-(IL-) 4, IL-5, IL-13 und die hierdurch rekrutierten Eosinophilen und Mastzellen beteiligt sind (8). Bei der EoE führt der Kontakt mit Eiweissbestandteilen gewisser Nahrungsmittelkategorien (tierische Milch, Weizen, Eier, Nüsse, Soja oder Meeresfrüchte) zur Triggerung dieser Th2-Immunantwort (9). Es handelt sich hierin jedoch nicht um eine typische IgE vermittelte Allergie vom Typ 1. Eine Allergietestung (Prick, RAST) hat daher in der EoE Diagnostik keinen Stellenwert. Nichtsdestotrotz, sind atopische Komorbiditäten bei EoE Patient/-innen gehäuft anzutreffen. Bis zu 75% leiden zeitgleich an einer allergischen Rhinokonjunktivitis, einem Asthma oder einem atopischen Ekzem. Ob jedoch eine Atopie die Entwicklung einer EoE begünstigt, ist zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin unklar (10).
Seit Längerem ist eine genetische Komponente der EoE bekannt, obwohl es sich nicht um eine klassische Erbkrankheit handelt. Die Erkrankung tritt gehäuft in Familien auf: Die Konkordanz beträgt bei eineiigen Zwillingen 58%, bei zweieiigen Zwillingen 36%, bei Nicht-Zwillingsgeschwister 2.4% (11). Allgemein wird von einem erhöhten familiären Risiko von 10- bis 68-fach ausgegangen. Genome-wide association studies (GWAS) haben zur Identifikation mehrerer Gene geführt, welche in der Pathogenese der EoE eine wichtige Rolle spielen. Zu diesen gehören (u.a.) Thymus-Stroma-Lymphopoietin (TSLP), Calpain 14 (CAPN14), EMSY, LRRC32, STAT6 und ANKRD27 (8). Da nur ein Teil des Auftretens durch die Heritabilität erklärt werden kann, spielen Umwelt-Einflüsse und epigenetische Mechanismen eine wahrscheinlich grössere Rolle (11). Zu den möglichen Umweltfaktoren zählen: in-utero Exposition (mütterliche Infektionen/Fieber), Geburt durch Sectio, PPI und Antibiotika-Gebrauch in der frühen Kindheit, saisonale und klimatische Begebenheiten sowie Veränderungen im Mikrobiom (12).

Prävalenz

Die EoE ist eine relativ junge Erkrankung mit ihrem Erstbeschrieb anfangs der 1990er Jahre, zeitgleich durch Stephen Attwood und Alex Straumann (13, 14). Lange Zeit blieb die EoE eine Rarität, mit dem Status einer so genannten «orphan disease». Studien konnten aber einen rasanten Anstieg der Prävalenz und Inzidenz nachweisen, dies in mehreren Ländern und Regionen der westlichen Welt. Aktuell geht man von einer Inzidenz von 5-10/100‘000 pro Jahr und einer Prävalenz von 50-100/100’000 aus. Die Zunahme der Häufigkeit kann nur teilweise durch einen Anstieg der Gastroskopien («disease awareness») erklärt werden. Die Gründe für den Anstieg in Prävalenz und Inzidenz bleiben unklar. Eine Erklärung ist die «epithelial barrier defect» Hypothese. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass durch Detergenzien die Permeabilität in der ösophagealen Schleimhaut erhöht wird und somit potentielle Allergene einfacher eine Immunantwort triggern könnten (15). Auch Aero-allergene scheinen eine Rolle zu spielen. Eine weitere Möglichkeit scheint die veränderte Zusammensetzung der Milch aufgrund veränderter industrialisierter Milchproduktion, wobei diese Hypothesen erst getestet werden müssen. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die EoE mittlerweile eine sehr häufige Erkrankung ist und die Häufigkeit bei 1:2000 bis 1:1000 liegt und somit in die Nähe von anderen chronisch entzündlichen Darmerkrankungen rückt (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa).

Klinik und Diagnostik

Das klassischste Symptom der EoE ist die Dysphagie. Die EoE ist die häufigste Ursache der Dysphagie bei Adoleszenten und jungen Erwachsenen. Bei Kindern sind die Beschwerden vielfältig, sie sind oft schlechte Esser und leiden an Reflux-ähnlichen Symptomen, Erbrechen, Bauchschmerzen sowie Gedeihstörungen. Aber auch bei Erwachsenen kommen nebst der Dysphagie teilweise atypische Präsentationen vor mit Erbrechen, retrosternalen Schmerzen oder Bauchschmerzen. Häufig haben die Patient/-innen bereits gewisse «Coping»-Strategien entwickelt wie vermehrtes Nachtrinken, langsames Essen mit ausgeprägtem Kauen oder Vermeiden gewisser Speisen. Als gefährlichste Komplikation kann es zur Bolusimpaktation kommen, bei welcher Nahrungsbestandteile im Ösophagus stecken bleiben und weder nach unten in den Magen noch durch Erbrechen wieder herausbefördert werden können.
Der erste Schritt zur Abklärung einer Dysphagie für feste Speisen ist immer die obere Endoskopie. Bei der EoE können mehrere endoskopische Veränderungen vorhanden sein, welche in der endoskopischen Klassifikation EREFS zusammengefasst werden. Der EREFS Score reicht von 0 (keine Aktivität) bis 9 (maximale Aktivität). Hierbei handelt es sich um die folgenden Befunde (Tabelle 1) (16):

Diese Veränderungen können in allen möglichen Kombinationen auftreten. Schleimhautödem, weisses Exsudat und Furchen sprechen für eine akute Entzündung (inflammatorische Komponenten), während Ringe und Strikturen die Folge einer Fibrosierung darstellen (fibrostenotische Komponente).
Zwar kann die EoE bereits aufgrund der Endoskopie vermutet werden, bestätigt ist sie aber erst durch die Biopsieentnahme. Zudem gibt es EoE Patient/-innen, bei denen sich der Ösophagus endoskopisch komplett unauffällig zeigt. Das Hauptkriterium in der EoE Diagnostik ist somit die ösophageale Eosinophilie mit mindestens 15 eosinophilen Granulozyten pro hochauflösendem Gesichtsfeld (high power filed, hpf) (17). Es ist jedoch gut bekannt, dass die Eosinophilen wohl nur einen Teil der Pathogenese ausmachen und evtl. sogar nur ein Bystander-Phänomen sind. Daher ist die Beschreibung von anderen EoE-typischen Veränderungen ebenso zentral. Hierzu gehören: Spongiose, Basalzonenhyperplasie, Infiltration mit Mastzellen und Lymphozyten sowie eine Fibrose der Lamina propria (18). Zusammengefasst sind folgende Kriterien nötig, um eine EoE zu diagnostizieren (Tabelle 2):

Die Präsenz von Symptomen ist zentral in der Diagnosestellung der EoE. Falls eine isolierte ösophageale Eosinophilie bei asymptomatischem Patient/-innen vorliegt, handelt es sich per definitionem nicht um eine EoE. In diesem Fall sei jedoch empfohlen, die Anamnese erneut und detailliert zu wiederholen. Häufig lassen sich Kompensationsmechanismen aufdecken, welche zur vermeintlich fehlenden Symptomatik führen (Bsp: Patient isst kein Fleisch mehr, langsames Essen, häufiges Nachtrinken). Zudem sei hier noch erwähnt, dass seit wenigen Jahren das Phänomen der sogenannten EoE-like Erkrankung (EoE-like disease, EoE variants) bekannt ist (19). Diese Patient/-innen präsentieren sich typisch für eine EoE, die Eosinophilen sind jedoch unter dem Wert von 15 pro hpf. Auch diese Werte haben eine gewisse Krankheitsrelevanz und eine Zuweisung an ein spezialisiertes EoE Zentrum sollte in Betracht gezogen werden (insbesondere, wenn der Leidensdruck hoch ist). Diese Patient/-innen scheinen von einer EoE Therapie zu profitieren. Unbehandelt geht die EoE-like disease in einem gewissen Prozentsatz in eine EoE über. Eine Langzeitbetreuung respektive ein regelmässiges Follow-up ist somit empfohlen.

Therapie

Die Behandlung der EoE zielt darauf ab, eine Linderung der Symptome mit Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen zu erreichen sowie die Entzündung zu reduzieren um Komplikationen zu verhindern (Strikturen, Bolusimpaktationen). Bei der Behandlung der EoE gilt das so genannte «3D»-Prinzip: Drugs (Medikamente wie Protonenpumpenhemmer (PPI), topische Steroide und neu Biologika), Diet (Elementardiät oder empirische Eliminationsdiät (1-/2 bis 6-fach Elimina­ti­on) und Dilation (Aufweitung der Speiseröhre bei Striktur) (20).

Kortikosteroide

Topisch wirkende Kortikosteroide (englisch swallowed topical corticosteroids) haben sich in vielen Studien als wirksamste Medikamente zur Behandlung der EoE erwiesen. Durch Schlucken der topischen Kortikosteroide kann die EoE sowohl klinisch, endoskopisch als auch histologisch in Remission gebracht werden. Durch ihre lokale Wirksamkeit sind sie seit mehreren Jahren trotz des Off-Label-Gebrauchs die Therapie der 1. Wahl. Sowohl Fluticason propionat p.o. als auch visköses Budesonid p.o. haben sich als wirksam erwiesen (21, 22). Seit einigen Jahren ist in der Schweiz eine spezifisch für EoE entwickelte Budesonid-Schmelztablette zugelassen (Jorveza). Hierdurch kann in der Induktionstherapie eine Remissionsrate von bis 90% erreicht werden. Nach Sistieren der Behandlung kommt es jedoch bei fast allen Patient/-innen bereits innert Wochen bis wenigen Monaten zu einem Rückfall mit Wiederauftreten der Symptome (23, 24). Dies bedingt eine Erhaltungstherapie, durch welche eine Remission von 75-80% erreicht wird. Die topischen Kortikosteroide ermöglichen somit eine Kontrolle der EoE, aber keine Heilung. Im Gegensatz zu systemischen Steroiden sind die topischen Kortikosteroide nebenwirkungsarm. Eine der häufigsten Nebenwirkungen ist Soor im Mund, Rachen und/oder Ösophagus bei 5-10% der Patient/-innen, wobei dieser meist asymptomatisch verläuft und nur im Falle von Beschwerden einer Therapie bedarf (9).

Protonenpumpeninhibitoren

PPI und topische Steroide werden als Erstlinientherapien betrachtet. Ein früher üblicher PPI trial ist heute nicht mehr nötig. Eine Verwendung von PPI wird empfohlen bei EoE-Patient/-innen mit gleichzeitig bestehender gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD). (25) Aufgrund der Häufigkeit von GERD in der Allgemeinbevölkerung ist ein allfälliges gleichzeitiges Auftreten der Erkrankungen nicht unwahrscheinlich. Es ist möglich, dass ein sekundärer Reflux durch eine Beeinträchtigung des unteren Ösophagussphinkters hervorgerufen werden kann und dass eine Überempfindlichkeit der durch die EoE bedingt entzündeten Ösophagusschleimhaut refluxähnliche Symptome triggert (9). Die früher als PPI-responsive ösophageale Eosinophilie bezeichnete Untergruppe von EoE-Patient/-innen spricht auf eine PPI-Behandlung an, unabhängig davon ob ein Reflux vorhanden ist oder nicht. Daten aus der Praxis deuten darauf hin, dass topische Kortikosteroide für die Behandlung der EoE am wirksamsten sind, jedoch liegen bisher keine aussagekräftigen Studien vor, welche die Wirksamkeit und langfristige Sicherheit einer Behandlung mittels PPI vs. topischer Kortikosteroide untersuchen.

Dupilumab

Dupilumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, welcher den IL-4 und IL-13 Rezeptor blockiert. Hierdurch werden zwei Hauptzytokin-Pathways unterbunden. Da IL-4 und IL-13 bei weiteren Th2 mediierten Erkrankungen eine zentrale Rolle spielen, ist dieses Medikament auch bei Asthma, nasalen Polypen und atopischer Dermatitis effizient und hierfür in der Schweiz bereits zugelassen. Eine Therapie mit wöchentlich 300 mg subkutan war in der Induktions- und Erhaltungsphase bei EoE Patient/-innen wirksam und sehr sicher (26). Das Medikament ist in den USA und Europa bereits seit über einem Jahr zugelassen. Eine Zulassung in der Schweiz erfolgte just im August 2023, aktuell für Patient/-innen, welche ungenügend oder intolerant auf eine konservative Therapie reagiert haben. Das Zeitalter der Biologikatherapie hat somit auch bei der EoE begonnen. Der genaue Platz im Therapiealgorithmus muss in den nächsten Jahren geklärt werden. Aktuell scheint ein Einsatz v.a. bei den folgenden 3 Patient/-innengruppen sinnvoll:
1) fehlendes Ansprechen auf eine Standardtherapie (insbesondere Steroide);
2) Auftreten von Nebenwirkungen bei einer Standardtherapie (insbesondere Steroide); und
3) Vorliegen mehrerer Th2-mediierter Erkrankungen (27). Ob Dupilumab bei der Therapie der Fibrosierung einen besonderen Stellenwert hat, wird in laufenden Studien untersucht.

Diät

Bei der EoE wird durch den Kontakt mit gewissen Nahrungsmittelkategorien (tierische Milch, Weizen, Eier, Nüsse, Soja oder Meeresfrüchte) eine Th2-Immunantwort getriggert. Aufgrund dessen gibt es verschiedene Herangehensweisen um mittels Diät, resp. einer Ernährungsweise, eine histologische Remission der EoE zu erreichen. Eine hiervon ist die 1-2 «food elimination diet» (FED), bei welcher primär die Elimination von tierischen Milchprodukten (1-FED), allfällig ergänzt durch die Elimination von Weizen gewählt wird (2-FED). Studien zeigten, dass bereits die alleinige Elimination von tierischen Milchprodukten (1-FED) in 40% zu einer Remission führte. Eine andere Herangehensweise ist die 6-FED (28). Hierbei erfolgt die empirische Elimination der 6 häufigsten Nahrungsmittelallergene (Milchprodukte, Weizen, Eier, Nüsse und Hülsenfrüchte, Soja, Meeresfrüchte) und im Verlauf werden die Nahrungsmittel nacheinander Schritt für Schritt wiederbegonnen. Die histologische Krankheitsaktivität wird hierbei endoskopisch mittels Biopsieentnahmen überwacht. Die Elimination sämtlicher in der 6-FED enthaltenen Nahrungsmittel ist schwierig und mehrfache Gastroskopien sind nötig, sodass die Umsetzung und Akzeptanz der 6-FED unter den Patient/-innen eher gering ausfällt. Als Alternative hat sich der step-up approach durchgesetzt (29), bei welchem mit einer 2-FED begonnen wird (Milch und Weizen) und erst eine restriktivere Diät erfolgt (4-FED dann 6-FED), falls die 2-FED ohne Effekt bleibt. Eine kürzlich publizierte Studie stellt jedoch beide Verfahren in Frage, da bereits mit einer simplen Milcheliminationsdiät ein vergleichbarer Effekt erzielt werden kann (histologische Remission bei 6-FED betrug 40% vs. 34% bei 1-FED) (30).

Dilatation

Die Dilatation des Ösophagus ist eine effektive Behandlung von bereits vorhandenen Strikturen, welche fibrostenotische Zeichen der chronischen Entzündung sind, sowie der hiermit einhergehenden Dysphagie-Symptome. Jedoch wird die Schleimhautentzündung hierdurch nicht behandelt. Es bestehen verschiedene technische Möglichkeiten, welche je nach Kasus sowie Präferenz des behandelnden Gastroenterologen verwendet werden: 1) Bougierung in Savary Technik; 2) Bougierung mittels BougieCap; oder 3) Ballondilatation. Die Dilatation erfolgt schrittweise und repetitiv, um Perforationen zu verhindern. Ein Zieldurchmesser der Speiseröhre von 15-18 mm sollte angestrebt werden. In geübten Händen ist die Dilatation eine sehr sichere Methode und die Perforationsrate unter 0.1% (31).

Algorithmus

Als Erstlinienbehandlung empfohlen werden PPI, Diät oder topische Kortikosteroide. Eine Kombination ist nicht sinnvoll. Ebenso ist von einer alleinigen Dilatationstherapie abzuraten, da hierdurch die zugrundeliegende Inflammation nicht behandelt wird. Die Dilatation ist daher nur als Zusatztherapie gedacht. Die Therapiewahl sollte mit den Patient/-innen individuell besprochen werden. Der Therapieeffekt sollte jedoch spätestens nach 12-wöchiger Behandlung endoskopisch kontrolliert werden (32). Aufgrund der Chronizität der Erkrankung sind zudem jährliche endoskopische Kontrollen indiziert, dies auch bei beschwerdefreien Patient/-innen, da die Korrelation zwischen klinischer und histologischer Aktivität nicht sehr gut ist. Die medikamentöse respektive diätetische Therapie ist lebenslang, da es nach dem Absetzen der Therapie innerhalb weniger Monate bei fast allen Patient/-innen zu einem Rezidiv kommt. Siehe Abbildung 1.

Nicht-EoE EGIDs

Nicht-EoE EGIDs können den Magen (eosinophile Gastritis), den Dünndarm (eosinophile Enteritis, Jejunitis oder Ileitis) und das Kolon (eosinophile Kolitis) betreffen. Sie lassen sich sowohl isoliert in einem intestinalen Abschnitt, z.B. Jejunum (EoJ) oder Duodenum (EoD), als auch in mehreren Abschnitten in beliebiger Kombination finden. Auch die Tiefe des Befalls der jeweiligen Schleimhautschichten kann variieren (mukosal vs. transmural vs. serös). Sind mehrere Segmente betroffen, so erfolgt die Namensgebung anhand der involvierten Segmente, z.B. eosinophile Duodenitis und Colitis. Zwar wurden diagnostische Schwellenwerte (Eos/hpf) für die verschiedenen Nicht-EoE-EGIDs vorgeschlagen, ein Konsens für Diagnostik und Therapiemonitoring bestehen aktuell jedoch nicht. Betreffend pathophysiologische Mechanismen ist weniger bekannt als bei der EoE, es werden aber signifikante Überlappungen angenommen. In einer amerikanischen Multizenter-Studie wurden kürzlich Gene identifiziert, welche mit einer eosinophilen Gastritis assoziiert sind und somit eine Unterscheidung zu sonstigen Gastritiden zulassen. Zu diesen gehören (u.a.) CCL26, IL13RA2, IL5, CLC, CDH26, KLK7 und MUC4, sowie Eotaxin-3 und TSLP (33). Daten zur eosinophilen Kolitis sind spärlich. Es scheint jedoch auch hier ein spezifisches Transkriptom vorzuliegen (987 Gene), welches die Unterscheidung zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn) und zu anderen Nicht-EoE EGIDs erlaubt (34). Im Folgenden gehen wir detaillierter auf die vorliegenden demographischen Daten, die klinische Präsentation, mögliche Diagnostik sowie Therapien der Nicht-EoE EGIDs ein.

Demographie

Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse ergab, dass die Prävalenz von Nicht-EoE EGIDs bei Patient/-innen mit gastrointestinalen Symptomen bis zu 2.4 % betragen könnte (35). In den USA zeigte sich eine Gesamtprävalenz der eosinophilen Gastroenteritis, welche sowohl die eosinophile Gastritis als auch Enteritis beinhaltet, von 5.1 pro 100.000. Bei der eosinophilen Kolitis beträgt die Prävalenz 2.1 pro 100.000. Allgemein scheint die Prävalenz bei Kaukasiern höher als bei Asiaten oder Afrikanern, während die eosinophile Gastroenteritis im Kindesalter und die eosinophile Kolitis im Erwachsenenalter häufiger vorkommen (36). Insgesamt muss aber von einer relativ hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Mit einer erhöhten «disease awareness» werden die Prävalenz- und Inzidenzzahlen sicher steigen. Diese scheinen aktuell jedoch (noch) deutlich tiefer zu liegen als bei der EoE.

Klinik und Diagnostik

Nicht-EoE EGIDs äussern sich mit unspezifischen gastrointestinalen Symptomen, unter anderem Bauchschmerzen, Nausea, Erbrechen, Diarrhoe sowie Gewichtsverlust (36). Die klinische Präsentation variiert je nach betroffenem Abschnitt (Nausea und Erbrechen eher bei Gastritis, Diarrhoe eher bei Kolitis). Es können auch schwere Erscheinungsformen oder Komplikationen wie Protein-Verlust Enteropathie, Aszites (insbesondere bei serösen Formen), Volvulus, Ulzera oder Perforationen beobachtet werden, auch wenn diese Präsentationen insgesamt selten sind (37). Die Diagnose einer nicht-EoE EGID basiert auf dem bioptisch gesicherten Vorliegen einer eosinophilen Infiltration des Magen-Darm-Trakts, der fehlenden Beteiligung anderer Organe und dem Fehlen anderer Ursachen der intestinalen Eosinophilie (u.a. parasitöse Darminfektionen, Morbus Crohn/Colitis ulcerosa, eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, ehem. Churg-Strauss Vaskulitis). Sind andere Organe betroffen und liegt insbesondere eine Bluteosinophilie vor, muss an ein Hypereosinophilie-Syndrom (HES) mit gastrointestinaler Beteiligung gedacht werden. In den letzten Jahren wurden – in Analogie zur EoE – auch endoskopische Veränderungen beschrieben, welche mit Nicht-EoE EGIDs einher gehen können. Am besten beschrieben sind diese im Magen, wo kürzlich die so genannte EG-REFS Klassifikation publiziert wurde (38). Der EG-REFS reicht von 0 (keine Aktivität) bis 46 (maximale Aktivität). Die einzelnen Befunde sind in Tabelle 3 aufgeführt.

Wie bei der Diagnostik der EoE ist auch bei den Nicht-EoE EGIDs die Gewebe-Eosinophilie das diagnostische Hauptakriterium. Ein Konsens betreffend der cut-offs besteht jedoch nicht. Insgesamt ist festzuhalten, dass mehr Eosinophile toleriert werden, je weiter distal sich das GI Segment befindet. Folgende Mindestzahlen wurden in der Literatur beschrieben (in jeweils 5 hpfs): (39-41).

Therapie

Aktuell ist kein Medikament für die Indikation der Nicht-EoE EGIDs zugelassen. Es bestehen jedoch verschiedene Therapieoptionen, in Analogie zur EoE. Diät und Medikamente sind hier ebenfalls als «entweder-oder» Strategie zu verstehen. Eine Kombinationstherapie macht aus pathophysiologischer Sicht keinen Sinn, wird aber in schweren Fällen (mangels Alternativen) teilweise eingesetzt. Im Folgenden gehen wir auf die verschiedenen Therapieoptionen (off-label) genauer ein.

Diät

Bei motivierten Patient/-innen sowie milder Klinik kann bei Nicht-EoE EGIDs eine Initialbehandlung mittels Diät in Analogie zur EoE (1-2-FED mit step-up approach, 6-FED oder Elementardiät) erfolgen. Diese sollte für mindestens 4-6 Wochen, unter Anleitung einer in EGIDs ausgebildeten Ernährungsberatung durchgeführt werden. Das Therapieansprechen ist endoskopisch und histologisch zu dokumentieren. Bei schweren Formen ist aufgrund des verzögerten Therapieansprechens auf diätetische Massnahmen zu verzichten.

Glukokortikoide

Systemische Glukokortikoide sind die verbreitetste Behandlung für Nicht-EoE EGIDs (42, 43). Wir empfehlen eine probatorische Behandlung mit Prednison (20-40 mg/Tag), mit anschliessendem Ausschleichen. Ein klinisches Ansprechen tritt in der Regel innerhalb von 2 Wochen ein (44). Bei einigen Patient/-innen ist jedoch eine längere Induktions-Therapie (mehrere Monate) nötig, um die Symptome zu lindern. Patient/-innen, die unmittelbar nach Absetzen der Steroide einen Rückfall erleiden, benötigen meist eine langfristige niedrig dosierte Erhaltungstherapie mit Prednison (5-10 mg/d). Eine Alternative zu den systemischen Steroiden bieten topische Steroide, wobei hier ein Präparat zu wählen ist, welches im Bereich des betroffenen Segments wirkt.

Biologika

Verschiedene Biologika wurden für Nicht-EoE EGIDs eingesetzt, die meisten davon in kleinen Fallserien. Zu den potentiell wirksamen Biologika zählen der anti-IgE Antikörper Omalizumab, die anti IL-5 Antikörper Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab, der anti-Integrin Antikörper Vedolizumab, der anti IL-4/IL-13 Antikörper Dupilumab sowie der anti Siglec-8 Antikörper Lirentelimab. Letzterer führt zu einer raschen Depletion von Eosinophilen und zu einer Hemmung der Mastzellen. Eine randomisiert kontrollierte Phase II Studie war vielversprechend (45). Die Daten konnten aber nicht bestätigt werden. Reslizumab war in einer randomisierten Studie bei Patient/-innen mit Hyper-eosinophilie Syndrom (und gastrointestinaler Beteiligung) sowie in einer kleinen Phase II Studie wirksam. Das grösste Potential bietet jedoch wohl Dupilumab, welches mittlerweile für die EoE zugelassen ist, und in klinischen Studien bei Nicht-EoE EGIDs getestet wird.

Zusammenfassung

Die eosinophile Ösophagitis ist ein zentrales Krankheitsbild in der Gastroenterologie und aufgrund der Häufigkeit auch in der hausärztlichen Sprechstunde. Es handelt sich dabei um die häufigste Ursache einer Dysphagie im Kindes- und jungen Erwachsenenalter. Früh erkannt, ist sie einfach und wirksam zu behandeln. Es sind zwei EoE spezifische Medikamente zugelassen, das topische Kortisonpräparat Jorveza sowie das subkutan applizierte Dupilumab (Dupixent). Eine Zuweisung in die gastroenterologische Sprechstunde (zur zeitnahen Gastroskopie) ist essentiell. Neben der EoE spielen die eosinophilen gastrointestinalen Erkrankungen eine zunehmende Rolle und bleiben bis anhin häufig unerkannt aufgrund der unspezifischen klinischen Präsentation. Auch hier ist die enge Zusammenarbeit mit einem Gastroenterologen, am besten mit spezifischen Kenntnissen im Bereich der eosinophilen Erkrankungen, empfohlen.

PD Dr. med. Thomas Greuter

Leitender Arzt Gastroenterologie, GZO Spital
Spitalstrasse 66
8620 Wetzikon

thomas.greuter@gzo.ch

Finanzielle Unterstützung:
Diese Arbeit wurde u.a. unterstützt durch den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der Wissenschaft (P2ZHP3_168561), die Novartis Stiftung für Biomedizinische Forschung, die EoE Stiftung sowie durch einen “Training Grant” des NIH-geförderten “Consortium of Eosinophilic Gastrointestinal Disease Researchers” (CEGIR, U54 AI117804)

Interessenkonflikte:
Thomas Greuter erhielt Beraterhonorare von Sanofi-Regeneron, Janssen, BMS, Takeda, Abbvie und Dr Falk Pharma GmbH, Reiseunterstützung von Dr Falk Pharma GmbH, Takeda und Vifor, sowie Vortragshonorare von Norgine und Amgen. Catrina Waldegg hat keine Interessenskonflikte.

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Moderne Chirurgie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Durch die Zunahme der medikamentösen Therapiemöglichkeiten, insbesondere durch die Biologika, ist die chirurgische Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) in den letzten Jahrzehnten immer mehr in den Hintergrund getreten. Trotzdem stellen chirurgische Interventionen weiterhin eine wichtige Säule im Gesamtkonzept der Behandlungen dar. Beim Morbus Crohn ist die chirurgische Therapie vor allem für die Behandlung der Komplikationen von grosser Bedeutung. In den letzten Jahren hat sich jedoch ein Wandel in der Behandlungsphilosophie von Patienten mit isoliertem Befall des Ileozoekalübergangs vollzogen, und für selektionierte Patienten scheint die primäre chirurgische Resektion eine gleichwertige Therapiealternative zur medikamentösen antikörperbasierten Therapie zu sein. Bei der Colitis ulcerosa hingegen bietet die Chirurgie die einzige kurative Option an. Beim schweren akuten Schub ist eine Operation indiziert, wenn die konservative Behandlung nicht anschlägt und/oder wenn eine Kolonperforation droht. Indikationen für elektive Eingriffe sind Versagen einer konservativen Therapie sowie maligne Transformation. Der ileoanale J-Pouch ist heutzutage die Standardrekonstruktion nach restaurativer Koloproktektomie mit einem exzellenten funktionellen Langzeitergebnis.
Die zunehmende Komplexität der Indikationsstellung und der minimalinvasiven chirurgischen Techniken, sowie die anspruchsvolle perioperative Behandlung gehen mit einer zunehmenden Spezialisierung in der Behandlung von CED-Patienten auch in der Viszeralchirurgie einher, die immer in einem interdisziplinären Kontext mit der Gastroenterologie steht.

Indikationen für eine chirurgische Intervention

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind lebenslange, chronische entzündliche Darmerkrankungen. Das primäre Therapieziel bei beiden Erkrankungen ist die Kontrolle aktiver Schübe durch medikamentöse Induktion einer Remission, welche dann steroidfrei erhalten werden sollte (1-3). Trotz signifikanter Verbesserungen seit der Einführung der Antikörper-basierten Therapien, den sogenannten Biologika wie z.B. TNF-α Inhibitoren, besteht noch immer ein erhöhtes lebenslanges Risiko, einen chirurgischen Eingriff zu benötigen. In den ersten 10 Jahren nach Diagnosestellung beträgt das Operationsrisiko für den Morbus Crohn annährend 50 % und für die Colitis ulcerosa ca. 20 % (4). Den richtigen Moment und das notwendige Ausmass einer chirurgischen Intervention zu bestimmen ist im klinischen Alltag herausfordernd und sollte in einer interdisziplinären Gruppe diskutiert werden. Das folgende Kapitel soll einen Einblick in die aktuelle leitliniengerechte chirurgische Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen geben.

Morbus Crohn

Der Morbus Crohn zeichnet sich durch seine mögliche Lokalisation im gesamten gastrointestinalen Trakt von der Speiseröhre bis zum Enddarm und durch den Befall aller Darmwandschichten aus. Durch die transmurale Inflammation von Darmabschnitten kann es zu Durchwanderungsprozessen und Ausbildung von Abszessen und Fisteln kommen. (5-7). Durch die anhaltende Entzündung des Darmes kommt es zur Fibrosierung der Darmwand und Bildung von Strikturen, welche ein Passagehindernis darstellen können. Am häufigsten betroffen sind das terminale Ileum und der ileozoekale Übergang (7). Das klinische Korrelat stellen hier rezidivierende krampfartige Bauchschmerzen aufgrund einer Subileussymptomatik dar. Dieses Bild kann auch in Zusammenhang mit einer akuten Stenose auftreten, welche durch eine ausgeprägte Entzündung mit einhergehendem Darmwandödem verursacht wird. Sie ist einer medikamentösen Therapie zugänglicher als die fibrostenotische Variante (8).
Erstes Ziel ist gemäss den „Leitlinien zur medikamentösen Therapie des Morbus Crohn“ der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) die medikamentöse Kontrolle der inflammatorischen Komponente der Erkrankung. Vor einer immunsuppressiven Therapie ist der Ausschluss komplizierender Faktoren wie Abszesse und Fisteln sowie einer freien Perforation essentiell. Falls solche vorliegen, muss die Durchführung einer chirurgischen Intervention geprüft werden. Ebenfalls sind fibrostenotische Passagehindernisse ggf. primär operativ zu behandeln (3), da eine Rückbildung der Fibrose unter Therapie mit Steroiden oder Biologika nicht zu erwarten ist (8, 9). Im Fall eines intraabdominalen Abszesses wird die sonographisch oder CT gestützte Einlage einer Drainage empfohlen. Ist der Abszess suffizient kontrolliert, kann die immunsuppressive Therapie begonnen werden (1). Ebenfalls sollten perianale Fisteln durch Einlage eines Setons adäquat drainiert sein (3).
Die inflammatorische Krankheitsaktivität und deren Dynamik können anhand der Entzündungsparameter (Leukozyten, CRP) in Verbindung mit dem Crohn’s Disease Activity Index (CDAI) eingeschätzt und beurteilt werden. Eine Remission ist zwischen 0 bis 150 Punkten definiert (10). Die ECCO-Leitlinien sehen eine solche suffizient belegt durch ein Abfallen des Index um 100 Punkte oder unter die Gesamtpunktzahl von 150 (11). Mit dem CDAI kann daher die Frage nach einem therapierefraktären Krankheitsverlauf, der eine chirurgische Therapie erfordern könnte, orientierend beantwortet werden.
Zur Beurteilung der obstruktiven Krankheitskomponente ist eine Erhebung des klinischen Befundes in Zusammenschau mit bildgebender Diagnostik notwendig (8, 9, 12).

Für Letztere ist die MR-Enterographie als Goldstandard anzusehen. Schulberg et al. haben in einer retrospektiven Studie den Krankheitsverlauf von 136 Patienten, welche insgesamt 235 Strikturen aufwiesen, mit dem Befund der initialen MR Enterographie korreliert. Positiv prädiktive Faktoren für die Notwendigkeit einer operativen Therapie waren eine langstreckige Striktur > 5 cm, eine Dilatation der prästenotischen Dünndarmschlinge auf über 3 cm sowie eine Verbreiterung der Darmwand im Bereich der Striktur auf mehr als 1 cm. 81% der Patienten, welche alle drei Faktoren aufwiesen, benötigten in dem Beobachtungszeitraum von fünf Jahren eine operative Therapie. Hingegen musste bei nur 17% der Patienten, die keines der drei Merkmale hatten, eine Operationsindikation gestellt werden (13).
Bei einem akuten Ileusbild aufgrund einer Obstruktion und fehlenden Anzeichen einer Peritonitis oder Darmischämie sollte eine Operation, wenn möglich, erst verzögert erfolgen. An erster Stelle steht die konservative Therapie mit Dekompression über eine nasogastrale Sonde, intravenöser Rehydrierung, ggf. nutritiver Optimierung und bei akuter Obstruktion die Entzündungskontrolle mit immunsuppressiver Therapie. Nach den genannten Optimierungen erfolgt die Reevaluation und die allfällige operative Therapie nach Möglichkeit elektiv bzw. semi-elektiv. Ganz im Gegensatz dazu steht bei Anzeichen einer freien Perforation oder Ischämie die Notfalloperation im Vordergrund (1).
Eine aktuelle Auswertung der deutschen DRG-Statistik zwischen 2010 und 2017 schloss mehr als 200‘000 Crohn-Fälle ein und bestätigte die Ileozoekalresektion und die rechtsseitige Hemikolektomie als häufigste Eingriffe bei Patienten mit Morbus Crohn. Dabei fiel auf, dass sich auch in der Ära der immunmodulatorischen Therapie die relativen Operationszahlen nicht signifikant änderten, wohl aber sich die absoluten Behandlungszahlen erhöhten (14). Hinsichtlich der Indikationsstellung zur Ileozoekalresektion vollzog sich in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel, welcher auch in die aktuelle deutsche S3-Leitlinie zur Behandlung des Morbus Crohn Einzug nahm: Bei nicht stenosierender terminaler Ileitis mit steroidrefraktärem Verlauf ist eine laparoskopische Ileozoekalresektion einer Infliximab Monotherapie mindestens gleichwertig und kann daher als Option erwogen werden (3). Hintergrund ist der 2017 hochrangig publizierte LIR!C Trial. Dieser stellte als randomisierte Multicenterstudie die Monotherapie mit Infliximab der laparoskopischen Ileozoekalresektion bei Patienten mit über mindestens drei Monate therapierefraktärer, nicht stenosierender Ileitis terminalis gegenüber. Das mediane Follow-up betrug 48 Monate. Es konnte gezeigt werden, dass 37% der Patienten mit alleiniger Infliximab-Therapie im Beobachtungszeitraum noch eine Ileozoekalresektion benötigten, während von den bereits initial operierten Patienten nur etwa 26% eine Infliximab-Therapie erhalten mussten. Die Lebensqualität war in beiden Studienarmen vergleichbar (15). Mittlerweile wurden auch die Langzeitdaten mit einem medianen Follow- up von fünf Jahren veröffentlicht, welche diese Ergebnisse
bestätigten (16).
Zusammengefasst bestehen Operationsindikationen bei freien Perforationen, Anzeichen einer Darmischämie und bei therapierefraktärem Verlauf. Bei gedeckten Perforationen sollte die Operation möglichst erst nach Abszesskontrolle erfolgen. Strikturen können zunächst endoskopisch therapiert werden, falls sie erreichbar sind, einzeln auftreten, nicht anguliert sind und eine Länge von 5 cm nicht überschreiten.
Die übrigen Strikturen sollten operativ saniert werden (8, 9). Die Entscheidung sollte stets im interdisziplinären Team getroffen werden (1, 3, 11).

Colitis ulcerosa

Die Colitis ulcerosa breitet sich in der Regel kontinuierlich, beginnend im Rektum, nach proximal aus. Sie ist limitiert auf den Dickdarm, wobei auch ein Übergang auf die letzten Zentimeter des terminalen Ileums als sogenannte Backwash Ileitis vorkommen kann. Dies kann die Differenzialdiagnose zum Morbus Crohn erschweren. Von der Entzündung betroffen ist bei der Colitis ulcerosa nur die Mukosa (2, 17). Notfällige Operationsindikationen bestehen bei fulminanter Krankheitsaktivität, die auf eine medikamentöse
Therapie nicht ausreichend ansprechen oder bei komplizierenden Faktoren wie unkontrollierbare, kreislaufrelevante untere GI-Blutungen, freie und gedeckte Perforation und Entwicklung eines toxischen Megakolons. Dann wird im Regelfall eine Kolektomie durchgeführt (18). Weiterhin besteht eine absolute Operationsindikation bei endoskopisch nicht resektablen Dysplasien oder kolorektalen Karzinomen sowie eine relative Operationsindikation bei rezidivierend therapierefraktärer Colitis und Stenosen (17, 19).

Die Abgrenzung einer akuten schweren Colitis ulcerosa ist mit den Kriterien nach Truelove und Witts möglich. Sie liegt demnach vor, wenn eines der folgenden Symptome auftritt: Mehr als fünf blutige Diarrhöen täglich gepaart mit schweren Bauchkrämpfen, an zwei von vier Tagen Fieber > 37.8°C, eine Tachykardie von mehr als 90/min, eine Blutsenkungsgeschwindigkeit von mehr als 30 mm/h oder eine Anämie mit einem Hämoglobin < 10.5 g/dL (2, 17, 18). Diese Patienten sind schwer krank und sollten gemäss der ECCO Leitlinien für die chirurgische Therapie der Colitis ulcerosa für die Durchführung einer intensiven intravenösen Behandlung mit Corticosteroiden, Volumen- und Elektrolytensubstitution hospitalisiert werden. Ab der Erstvorstellung ist eine interdisziplinäre Behandlung unter Einbezug des gastroenterologischen und kolorektalchirurgischen Teams zu empfehlen (20). Eine Sigmoidoskopie mit Biopsie zum Ausschluss eines Cytomegalievirus oder einer anderen Infektion (häufig ist die Clostridiencolitis) sollte durchgeführt und bei positivem Befund die entsprechende Behandlung initiiert werden (2). Erweist sich die fulminante Colitis innerhalb von 3 Tagen als steroidrefraktär und ergibt sich auch durch eine Salvagetherapie mit Ciclosporin oder Infliximab bis zum 7. Behandlungstag keine Besserung, sollte eine Kolektomie durchgeführt werden, da sich die Morbidität und Mortalität bei weiterer Verzögerung signifikant erhöht (17, 21).
Das toxische Megakolon stellt eine gefürchtete Komplikation der fulminanten Colitis dar und hat eine hohe Assoziation zur Colitis ulcerosa und dem M. Crohn. Es zeichnet sich histologisch durch ein Fortschreiten der Entzündung auf alle Wandschichten und radiologisch durch eine Überdehnung des Kolons > 6 cm aus ohne Nachweis einer Stenose. Früh erkannt und behandelt, kann seine Mortalität bei chronisch entzündlichen Erkrankungen lediglich 2% betragen. Bei Perforation steigt die Mortalität auf bis zu 35 – 80% an. Die Behandlung erfolgt analog der fulminanten Colitis medikamentös unter engmaschiger interdisziplinärer Reevaluation einer Kolektomie bei fehlender Besserung nach 24-72 Stunden (22).
Die Colitis ulcerosa geht mit einem 2,4 fach erhöhten Risiko der Karzinogenese einher (23). Beginnend im 6. bis 8. Jahr nach Erstdiagnose sollte daher gemäss der aktualisierten deutschen S3-Leitlinie Colitis ulcerosa die endoskopische Vorsorge mit strukturierten, jährlich wiederholten, vollständigen High Resolution oder chromoendoskopischen Kolonoskopien beginnen (2). Da sich das Karzinomrisiko bei gleichzeitigem Vorliegen einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) nochmals 5-fach erhöht (24), sollte die Surveillance in diesem Fall bereits ab dem ersten Krankheitsjahr jährlich erfolgen. Zudem wird eine medikamentöse Therapie der PSC mit Ursodesoxycholsäure zur Reduktion des Krebsrisikos empfohlen (2). Sollten sich hochgradige intraepitheliale Neoplasien (IEN) ergeben, so wird eine Proktokolektomie empfohlen. Entzündliche Veränderungen des Kolons können makroskopisch flachen, niedriggradigen IEN ähneln. Sollte eine intensivierte antiinflammatorische Therapie keine Besserung in der kurzfristigen endoskopischen Kontrolle nach 3 – 6 Monaten zeigen und sich die IEN bestätigen, so ist die Proktokolektomie zu empfehlen. Ebenfalls sollte diese bei flachen, hochgradigen IEN indiziert werden, da das Risiko eines anderweitig lokalisierten simultanen Karzinoms signifikant erhöht ist. (2).
Kolonstenosen sind bei der Colitis ulcerosa immer bis zum Beweis des Gegenteils malignitätsverdächtig. Bis zu 9% der wegen Kolonstenosen operierten und präoperativ endoskopisch dysplasiefreien Patienten weisen im definitiven histologischen Befund Low- und High-Grade Dysplasien sowie Colitis assoziierte Karzinome auf (25). Daher sollten Kolonstenosen immer umfassend bildgebend und bioptisch abgeklärt werden. Falls die Histologie uneindeutig bleibt, sollte die Kolektomie erwogen werden (2).
Patienten mit einer therapierefraktären oder steroidabhängigen Erkrankung können von einer restaurativen Proktokolektomie mit ileopouchanaler Anastomose (IPAA) profitieren. Dieser Goldstandard in der Behandlung der Colitis ulcerosa kann auch nach langjähriger medikamentöser Behandlung und zunehmend schwierigerer endoskopischer Surveillance sowie aufgrund der Sorge vor der Entwicklung eines Malignoms angeboten werden. Die Lebensqualität verbessert sich durch die Operation für die meisten Patienten. (2, 20). Eine Alternative kann für einige Patienten die Proktokolektomie mit definitiver terminaler Ileostomie darstellen, die eine vergleichbare Lebensqualität ermöglichen kann (26).

Perioperative Optimierung

Die European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) hat eine spezifische Leitlinie für Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen herausgegeben. Diese sind generell dem Risiko einer Mangelernährung ausgesetzt und sollten daher regelmässig gescreent werden.
Operationseingriffe bei mangelernährten Patienten sollten möglichst 7 – 14 Tage verschoben werden, um eine Optimierung herbeiführen zu können (27). Die ECCO schlägt im elektiven Setting die routinemässige Beteiligung einer spezialisierten Ernährungsberatung vor (20).
Patienten, die Prednisolonäquivalenzdosen von ≥ 20 mg/d über mehr als 6 Wochen erhalten haben, sind einem deutlich erhöhten Risiko von postoperativen Komplikationen ausgesetzt.
Die hohen Steroiddosen sollten präoperativ möglichst reduziert oder ausgeschlichen werden. Ist eine signifikante Reduktion unter diese Grenze nicht möglich, wie z. B. in einer Notfallsituation, sollte eine protektive Stomaanlage oder die Durchführung eines mehrzeitigen Eingriffes erwogen werden. Die Gabe von Thiopurinen (Azathioprin, 6-Mercaptopurin) muss nicht pausiert werden (1, 20).
Ciclosporin kann perioperativ weiterhin verabreicht werden. Die Fortsetzung der Therapie mit Biologika wird bei Colitis ulcerosa nicht empfohlen (2, 20). Es gibt Hinweise darauf, dass sie mit Komplikationen der ileopouchanalen Anastomose, welche frühzeitig oder nach Verschluss der Ileostomie auftreten können, in Zusammenhang stehen.
Hingegen kann bei M. Crohn der TNF-α Antikörper Infliximab gemäss der ECCO Guidelines perioperativ fortgesetzt werden. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2019, die 18 Studien mit insgesamt 1407 Patienten mit und 4589 Patienten ohne präoperative Infliximab-Therapie einschloss, fand keine Unterschiede hinsichtlich postoperativer Major- und Minorkomplikationen, oberflächlichen bis tiefen Wundinfektionen, Reoperation und Mortalität (1).
Für Vedolizumab liegen kontroverse Daten vor. Mehrere Meta-Analysen legen nahe, dass es keine erhöhte postoperative Komplikationsrate bei präoperativer Applikation von Vedolizumab sowohl im Vergleich zu Crohn Patienten mit Infliximab und solchen ohne Biologikatherapie gibt (28, 29). Eine weitere, neuere Meta-Analyse von 12 Studien mit 1925 eingeschlossenen Patienten, von denen 709 Vedolizumab erhielten, ergab eine erhöhte Rate an oberflächlichen und tiefen chirurgischen Wundinfektionen, ein vermehrtes Auftreten eines postoperativen Ileus sowie ein höheres Risiko für peristomale Wunddehiszenzen (30). Daher sollte die perioperative Gabe von Vedolizumab kritisch hinterfragt werden.
Bei präoperativer Anwendung von Ustekinumab bestehen nach derzeitiger Datenlage keine Hinweise auf eine erhöhte postoperative Komplikationsrate (1, 31).

Operative Therapie

Morbus Crohn

Die Ileozoekalresektion ist der häufigste durchgeführte chirurgische Eingriff beim Morbus Crohn (14). Die ECCO empfiehlt in ihrer Leitlinie zur chirurgischen Therapie bei M. Crohn in erster Linie ein minimalinvasives Vorgehen unter der Massgabe, dass eine ausreichende Expertise vorhanden ist (1). Die laparoskopische oder robotische hat sich in den letzten Jahren zunehmend gegen die offene Operation durchgesetzt (14). Die so behandelten Patienten hatten gegenüber den offen operierten Patienten eine reduzierte Rate an chirurgischen Wundinfektionen, Wunddehiszenzen sowie eine verringerte Spitalverweildauer (14, 32). Der Eingriff kann heutzutage vollständig laparoskopisch mit intrakorporaler Stapleranastomose und Bergung des Präparates über einen Bergeschnitt durchgeführt werden. Er kann mit entsprechender Expertise auch wiederholt laparoskopisch bei Rezidiven durchgeführt werden (1). Jedoch bestehen auch Limitationen für die laparoskopische CED Chirurgie. So kann die adäquate Beurteilung des restlichen Dünndarms z. B. bei multiplen Strikturen erschwert sein. In Notfallsituationen konnte für die Laparoskopie bei diesem Patientengut eine erhöhte Konversionsrate sowie die Resektion längerer Darmabschnitte im Vergleich zum primär offenen Vorgehen gezeigt werden (33).
Die Single Port Chirurgie, hat sich für die CED Chirurgie aufgrund einer sehr langen Lernkurve, höherer Kosten und nur marginalen kosmetischen Vorteilen nicht breit durchsetzen können (32). Für die robotische Chirurgie wurde die sichere Anwendung in der CED Chirurgie demonstriert. Allerdings konnte noch keine Überlegenheit des Verfahrens gegenüber der laparoskopischen Chirurgie gezeigt werden. Ausserdem könnte die eingeschränkte Haptik bei den meisten aktuell marktüblichen Systemen eine erschwerende Variable bei der Operation von Crohn Patienten mit sehr entzündetem, brüchigen Gewebe darstellen (34).

Unterschiede der Anastomosentechnik

Der technische Anspruch an die Anastomose besteht darin, dass sie weit durchgängig und gut durchblutet sein soll sowie keine Insuffizienz entwickelt. Beim Morbus Crohn kommt hinzu, dass im Anastomosenbereich möglichst kein inflammatorisches Rezidiv entstehen sollte, da dieses konsekutiv zu Strikturen und damit Anastomosenstenosen führen würde. Dies ist bei bis zu 60% der Crohn Patienten innerhalb des ersten Jahres der Fall. Davon sind mehr Patienten mit ileokolischer Erkrankung betroffen als solche, bei denen lediglich der Dünndarm befallen ist (35).
Im Sinne der innovativen Weiterentwicklung und evidenzbasierten Überprüfung der chirurgischen Techniken, wird die Wahl der Anastomosentechnik kontrovers diskutiert. Mehrere Meta-Analysen verglichen das Outcome einer End zu End konfigurierten Hand- mit einer anisoperistaltisch Seit zu Seit konfigurierten Stapleranastomose. Dabei wurden für die Stapleranastomose eine verringerte Rate an Gesamtkomplikationen, weniger Anastomoseninsuffizienzen und eine verringerte Spitalverweildauer gesehen (36-38). Die eingeschlossenen Studien sind jedoch von geringer Qualität, da es sich überwiegend um prospektive und retrospektive Single Center Studien handelte. Nichtsdestotrotz empfiehlt die ECCO die Durchführung einer Seit-zu-Seit Stapleranastomose (1).
Dem steht eine innovative Anastomosentechnik entgegen, die sich in den letzten Jahren vermehrt verbreitet hat. Die sogenannte Kono-S Anastomose ist eine handgenähte Darmnahtverbindung, die 2011 von Kono publiziert wurde und ihre Anwendung bei der Ileozoekalresektion sowie bei Dünndarmsegmentresektionen findet (39). Sie soll mit weniger Entzündungsrezidiven einhergehen (39, 40).

Die Strikturoplastik als Alternative zur Segmentresektion

Bei rezidivierenden und insbesondere multilokulären Strikturen und auch nach wiederholten darmresezierenden Verfahren stellt sich die Frage nach einem darmsparenden Verfahren zur Vermeidung eines Kurzdarmsyndroms. Dies ist mit der Strikturoplastik möglich und wird auch in den ECCO Guidelines aus den genannten Gründen empfohlen (1). Die populärste Art zur Versorgung kurzer Stenosen bis 10 cm Länge ist die von der Pyloroplastik adaptierte Strikturoplastik nach Heinecke-Mikulicz. Dabei wird über dem stenotischen Dünndarm eine antimesenterielle Längsinzision vorgenommen, die danach quer vernäht wird, sodass eine Weitung des Dünndarmlumens resultiert. Für längere Stenosen eignen sich z. B. die komplexeren Verfahren nach Finney (10 – 25 cm) und Michelassi (> 25 cm). Die Strikturoplastik weist eine geringe Morbidität bei wenig höheren Rezidivraten als die Resektion auf (30 vs 22 %) (41).

Colitis ulcerosa

Ca. 20–30% der Patienten mit Colitis ulcerosa benötigen im Verlauf aufgrund von therapierefraktärem Verlauf oder Dysplasie/Neoplasie eine Kolektomie (42). Gemäss den ECCO Guidelines ist die restaurative Proktokolektomie stets einer Kolonsegmentresektion (Sigmoidektomie, Hemikolektomie, Rektumresektion) vorzuziehen. Dies wird mit der möglichen Heilung der Krankheit und zum anderen aus onkologischer Sichtweise hinsichtlich der Colitis-assoziierten Karzinome begründet (18, 25). Die segmentale Kolektomie birgt jedoch im Gegensatz eine verringerte Morbidität und besitzt insbesondere bei älteren Patienten ihren Stellenwert. Für diese Patientengruppe konnte gezeigt werden, dass keiner dieser Personen einen metachronen endoluminalen Tumor im Beobachtungszeitraum von 7 – 10 Jahren entwickelte, wenn die OP-Indikation eine andere als eine aktive Colitis war (Polypen, maligne Tumore, Stenosen) (43). Eine multizentrische retrospektive Studie mit 72 Patienten konnte zeigen, dass ein frühzeitiger postoperativer Colitisschub bei nur 7% der mit segmentaler Kolektomie operierten Patienten auftrat. Allerdings sollte bemerkt werden, dass sich 35% der Patienten nach median 19 Monaten reoperieren liessen und die meisten von ihnen eine restaurative Proktokolektomie oder eine totale Kolektomie in ileorektaler Anastomose erhielten (44).

Die restaurative Proktokolektomie mit ileopouchanaler Anastomose

Der Goldstandard der chirurgischen Therapie ist die restaurative Proktokolektomie mit ileopouchanaler Anastomose (IPAA) (2, 17-21) (Abb. 1). Es sind verschiedene Konfigurationen des Pouches möglich – der Form nach J-, S-, H- oder W Pouch benannt – von denen der J-Pouch durch die S3-Leitlinie zur Therapie der Colitis ulcerosa empfohlen wird, da er die geringste technische Komplexizität besitzt und im langfristigen Verlauf die Funktion mit den anderen Poucharten vergleichbar gut ist (2) (Abb. 2).
Vorteil des Verfahrens ist die Kontinenzerhaltung zum einen durch den Erhalt des analen Sphinkterapparates, zum anderen durch die Bildung eines Stuhlreservoirs. Besteht ein allgemein erhöhtes perioperatives Risiko oder beispielsweise eine schwere steroidrefraktäre akute Colitis, wird die Durchführung als dreizeitiger Eingriff empfohlen. Das zweizeitige wird regelmässig, das einzeitige Vorgehen nur in ausgewählten Einzelfällen angewandt (17).
Beim dreizeitigen Vorgehen erfolgt im ersten Schritt eine subtotale Kolektomie und Anlage eines endständigen Ileostomas. Die zweite Operation folgt einige Wochen bis Monate später, wodurch eine Rekonvaleszenz vom Ersteingriff mit nutritiver Optimierung ermöglicht werden soll. In Fällen der steroidrefraktären Colitis werden in dieser Phase die Steroide ausgeschlichen. Bei dem Eingriff erfolgt eine Proktektomie, also die vollständige Resektion des Rektumstumpfes, die Formierung eines Pouches und die ileopouchanale Anastomosierung sowie die Anlage eines doppelläufigen, protektiven Ileostomas. Die dritte Operation umfasst die Rückverlagerung des protektiven Ileostomas. Die dreizeitige Operation hat unter anderem ihren Stellenwert darin, dass sie auch auf eine Notfalloperation aufbauen kann und kein rein elektives Verfahren ist.
Die zweizeitige Prozedur folgt dem einzeitigen Vorgehen mit dem Unterschied der Anlage eines protektiven Ileostomas beim ersten Eingriff, welches in einer zweiten Operation rückverlagert wird. Die einzeitige Operation umfasst eine totale Proktokolektomie, Formierung eines Pouches im terminalen Ileum sowie dessen Anastomosierung mit dem verbleibenden Analkanal, ohne Anlage einer Schutzileostomie.

Mit der IPAA wird eine Kontinenz ermöglicht, die mit ca. fünf Stuhlentleerungen täglich und 1 – 2 Entleerungen in der Nacht einhergeht. 30 Jahre nach Pouchanlage konnte ein adäquat funktionierender Pouch bei 94% der Patienten mit Colitis ulcerosa festgestellt werden (45). Hinsichtlich der Sexualfunktion und Fertilität ist bei Frauen mit ausstehendem Kinderwunsch ggf. zunächst eine Kolektomie mit einer ileorektalen Anastomose vorzuziehen, da die relevanten pelvinen Nervenbahnen und Strukturen bei diesem Eingriff im Vergleich zur IPAA mit höherer Sicherheit geschont werden. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass der Rektumstumpf weiterhin regelmässig endoskopisch auf Präkanzerosen gescreent wird (17).
Als kurzfristige postoperative Komplikationen der IPAA können Pouch Insuffizienzen mit lokalen Abszessen in 13 bis 22% der Fälle auftreten (46).
Eine langfristige Komplikation der IPAA ist die Pouchitis. Dabei handelt es sich um eine unspezifische Entzündung des Pouches, die mit abdominalen Krämpfen, Fieber, erhöhter Stuhlfrequenz und schleimigen, teils blutigen Stühlen einhergeht (17). Die Therapie besteht in der Regel durch einen zwei- bis vierwöchigen Antibiotikakurs mit Ciprofloxacin oder Metronidazol, wobei sich auch antibiotikarefraktäre chronische Verläufe entwickeln können (19, 20).
Eine veritable Alternative zur IPAA stellt die Proktokolektomie mit endständigem Stoma dar. Diese wird in den ECCO-Leitlinien für ausgewählte Patienten empfohlen, da sie mit einer geringeren Morbidität bei vergleichbarer Lebensqualität verbunden ist (20).
Die Eingriffe können laparoskopisch assistiert oder robotisch durchgeführt werden, allerdings darf beim schwer kranken, immunsupprimierten Patienten die Indikation zur offenen Chirurgie grosszügiger gestellt werden, da die Gewebequalität in der akuten Entzündung sehr fragil ist und eine kotige Peritonitis nach einer Perforation einen foudroyanten Verlauf nehmen kann (32).

Georg Henniger

Klinik für Chirurgie und Viszeralchirurgie
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal

Prof. Dr. med. Robert Rosenberg

Klinik für Chirurgie und Viszeralchirurgie
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal

robert.rosenberg@ksbl.ch

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte.

Fazit für die Praxis
• Die Zusammenarbeit in multidisziplinären Teams, um die beste Lösung für den einzelnen Patienten zu finden, ist der Schlüssel zur Optimierung der Versorgung von CED-Patienten.
• Bei der Vorbereitung zu einem operativen Eingriff sollte die Ernährungssituation optimiert und die immunsuppressive Therapie angepasst werden.
• Die Operation beim Morbus Crohn wird nach Erschöpfung aller medikamentösen Maßnahmen oder zur Behandlung von Komplikationen durchgeführt. Goldstand­ard bei der chirurgischen Behandlung der Colitis ulcerosa ist die Proktokolektomie mit ileoanaler Pouchanlage, welche durch eine Verbesserung der Lebensqualität und ein gutes funktionelles Langzeitergebnis gekennzeichnet ist.
• Die meisten Operationen bei CED können sicher minimalinvasiv durchgeführt werden was zu einer schnellen Erholung und exzellenten kosmetischen Ergebnis führt.

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Moderne Endoskopie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Endoskopische Untersuchungen spielen in der Diagnosestellung, Verlaufsbeurteilung und Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (inflammatory bowel diseases, IBD) eine entscheidende Rolle. Dazu gehören nicht nur die Ösophagogastroduodenoskopie, Sigmoidoskopie und Ileo-Koloskopie, sondern auch die Beurteilung des Dünndarms. Die Diagnostik des Dünndarms erfolgt vor allem durch nicht-invasive Techniken (intestinale Sonographie, Magnetresonanz-Enterographie (MRE)). Bleibt die Diagnose auch nach der Durchführung dieser Verfahren unklar, ist ein histologischer Nachweis notwendig oder wird eine endoskopische Intervention notwendig, kommen die Kapselendoskopie sowie die Ballon-assistierten Enteroskopieverfahren zum Einsatz. Ausserdem stehen der endoskopische Ultraschall zur Beurteilung eines perianal fistulierenden Morbus Crohn sowie die ERCP (endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie) bei IBD- assoziierter primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) mit Komplikationen zur Verfügung. Dank der besseren Auflösung der Endoskope sowie der Chromoendoskopie werden dysplastische Läsionen besser erkannt und können häufig auch endoskopisch reseziert werden. Kurzstreckige Strikturen/ Stenosen können mittels Ballon-Dilatationen behandelt werden.

Einleitung

Zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (inflammatory bowel diseases, IBD) gehören der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa. Handelt es sich um eine IBD, die nicht sicher einem Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa zugeordnet werden kann, spricht man von einer Colitis indeterminata.
Während die Colitis ulcerosa auf das Kolon beschränkt ist, kann sich der Morbus Crohn im ganzen Gastrointestinal-Trakt manifestieren. Beide Erkrankungen können zu extraintestinalen Symptomen führen, die vor allem in den Gelenken (z.B. Arthritis, Sakroileitis), den Augen (z.B. Uveitis, Skleritis) und der Haut (z.B. Erythema nodosum, Pyoderma gangränosum, Sweet-Syndrom) auftreten.
Bei der Colitis ulcerosa ist als endoskopische Abklärung somit meist nur eine Ileo-Koloskopie indiziert, während beim Morbus Crohn auch der obere und mittlere Gastrointestinal-Trakt beurteilt werden sollte.
Neben der Ileo-Koloskopie, Rektosigmoidoskopie und Ösophagogastroduodenoskopie stehen mittlerweile auch endoskopische Abklärungen beziehungsweise Therapien des Dünndarms mittels Kapselendoskopien und Ballon-Enteroskopien zur Verfügung. Zudem werden Färbetechniken zur besseren Detektion dysplastischer Läsionen angewendet (Chromoendoskopie).
Den Stellenwert dieser Untersuchungen werden wir in dieser Übersicht erläutern.

Endoskopie zur Diagnosestellung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung

Ileo-Koloskopie/ Sigmoidoskopie

Präsentiert sich ein Patient mit den typischen Symptomen einer IBD (blutige Durchfälle, Bauchschmerzen, Passagebehinderung, Fisteln) ist mit Ausnahme einer akuten schweren Colitis ulcerosa oder eines toxischen Megacolons, wo aufgrund der Gefahr einer iatrogenen Perforation lediglich eine Rektosigmoidoskopie durchgeführt werden sollte, eine komplette Ileo-Koloskopie der primäre Abklärungsschritt (1). Sie erlaubt die direkte Beurteilung des Schweregrades der Entzündung und deren Verteilungsmuster sowie die Entnahme von Biopsien. Ausserdem gibt sie uns Rückschlüsse, ob es sich um eine Colitis ulcerosa oder einen Morbus Crohn handelt und hilft uns, relevante Differentialdiagnosen (z. B. ischämische Colitis, medikamentös-induzierte Colitis, infektiöse Colitis, SCAD (segmental colitis associated with diverticulosis)) zu erkennen. Dabei gilt es zu erwähnen, dass bei Vorliegen einer akuten Symptomatik eine infektiöse Colitis mittels Stuhlkulturen (allgemeine Bakteriologie, Clostridium difficile-Toxin-Nachweis) gesucht werden soll, womit sich bei jungen Patienten mit positivem Keimnachweis eine Koloskopie erübrigt (1).
Bei der Colitis ulcerosa, die durch eine rein mukosale Entzündung charakterisiert ist, beginnt die Entzündung meist im Rektum und dehnt sich kontinuierlich nach proximal aus. Besteht bereits eine topische Therapie, kann das Rektum ausgespart sein. Dies gilt ebenfalls für eine Colitis ulcerosa, die mit einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) vergesellschaftet ist, bei der typischerweise eine rechtsbetonte Colitis vorherrschend ist mit Aussparung des Rektums (2). Unter Therapie kann die Entzündung zudem diskontinuierlich (patchy) imponieren. Ausserdem haben ca. 5% der Patienten mit einer distalen Colitis ulcerosa (und somit unauffälligem rechten Kolon) eine zusätzliche isolierte Entzündung um die Appendixgrube (cecal patch), die weder eine Korrelation mit der Krankheitsaktivität noch mit der Prognose hat und nicht speziell therapiert werden muss (3).
Die klassischen endoskopischen Zeichen einer Colitis ulcerosa sind Ödem, Erythem, Verlust der Gefässzeichnung, Kontaktvulnerabilität bis hin zu spontanen Blutungen, eher oberflächliche Erosionen und Ulzerationen sowie eine Demarkationslinie (mehr oder weniger abrupt), die die entzündete von der normalen Schleimhaut trennt. Im Verlauf können auch Pseudopolypen und Narben auftreten. Eine Striktur oder Stenose im Colon ist bei einer Colitis ulcerosa möglich aber eher selten, sodass in dieser Situation auch an das Vorhandensein eines Morbus Crohn gedacht und insbesondere auch ein Malignom ausgeschlossen werden muss (2).
Klassische Zeichen des Morbus Crohn, welcher durch eine trans­murale Entzündung charakterisiert ist, sind ein Befall des terminalen Ileums (CAVE: eine Pancolitis ulcerosa kann in bis zu 25 % eine backwash Ileitis verursachen, diese ist aber meist nur mild ausgeprägt), eine segmentale Entzündung (skip lesions), aphthöse, tiefe oder serpingiöse Ulzera und ein Pflastersteinrelief (cobble stone relief). Das Rektum ist oft ausgespart, wobei bei perianalem Befall oder einer Crohn-Colitis dieses durchaus auch involviert sein kann. Manchmal gelingt auch die Darstellung einer internen Fistelöffnung, wobei der perianale Befall oft bereits bei der Inspektion der Perianalregion sichtbar ist.
Die klare Zuordnung zu einem dieser zwei Krankheitsbilder gelingt in ca. 90 % der Fälle. Ist eine eindeutige Zuordnung zu einem Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa nicht möglich, spricht man von einer Colitis indeterminata (2).
Bei der Initialbeurteilung soll­ten Biopsien entnommen wer­den. Die Entnahme von mindestens zwei Biopsien von entzündeten und nicht entzündeten Regionen segmentweise (inklusive Rektum/ Ileum) werden empfohlen (1).
Wie bereits erwähnt sollte bei einer akuten schweren Colitis ulcerosa respektive eines toxisch­en Megakolons auf eine komplette Ileo-Koloskopie verzichtet werden und lediglich eine Rekto­sigmoidoskopie durchgeführt werden. Dies erlaubt ausreichend die Beurteilung der Aktivität sowie die Biopsie-Entnahme zur Suche einer Cytomegalie-Infektion (CMV-Colitis) (1).
Um den endoskopischen Befund zu objektivieren und die Kommunikation zwischen den beteiligten Betreuungspersonen zu vereinfachen, wurden endoskopische Klassifikationen (Scores) entwickelt. Bei der Colitis ulcerosa wird oft der Mayo endoscopic score und der UCEIS (ulcerative colitis endoscopic index for severity), der im Gegensatz zum Mayo endoscopic score validiert ist, verwendet. Beim Morbus Crohn wird heutzutage meist der SES-CD (simple endoscopic score for Crohn`s disease) angewandt (siehe Abb. 1 und 2) (4).

Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD)

Bei fehlenden Symptomen eines Befalles des oberen GI-Traktes ist eine routinemässige ÖGD in der Initialbeurteilung eines Morbus Crohn bei Erwachsenen (im Gegensatz zu Kindern) gemäss ECCO-Guidelines nicht zwingend notwendig (1), wobei dies immer wieder debattiert wird. Eine prospektive Studie zeigte eine Beteiligung des oberen gastrointestinalen Traktes in bis zu 16 %, wobei ein Drittel dieser Patienten asymptomatisch waren (5). Bei Symptomen wie Nausea, Erbrechen oder dyspeptischen Beschwerden sollte immer gastroskopiert werden. Granulome werden dabei im oberen GI-Trakt histologisch eher nachgewiesen als im Kolon, sodass auch empfohlen wird, mindestens zwei Biopsien vom Ösophagus, Magen und Dünndarm zu entnehmen (2). Dies kann mitunter auch für die Unterscheidung eines Morbus Crohn von einer Colitis ulcerosa hilfreich sein.
Auch in differentialdiagnostischer Hinsicht, wie z.B. bei der Diagnostik einer Zöliakie, kann die ÖGD mit Duodenalbiopsien wertvolle Hinweise mit erheblicher therapeutischer Konsequenz liefern (1).

Endoskopische Abklärung des Dünndarms

Wurde die Diagnose eines Morbus Crohn gestellt, sollte der Dünndarm immer abgeklärt werden (1). Sicherlich ist die intestinale Sonographie in den deutschsprachigen Ländern die am häufigsten angewandte Diagnostik des Dünndarms und hat in geübten Händen eine ähnlich gute Aussagekraft bei der Diagnosestellung eines Dünndarm-Crohn wie die Magnetresonanz-Enterographie (MRE). Allerdings ist sie wahrscheinlich in Bezug auf die genaue Ausdehnung der Erkrankung und entero-enterischen Fisteln etwas unterlegen (1).
Mit der intestinalen Sonographie kann neben der Wanddicke auch eine vermehrte Durchblutung als indirektes Zeichen für die entzündliche Aktivität dargestellt werden.
Die Computertomographie-Enterographie (CTE), die eine ähnliche Aussagekraft wie die MRE hat, sollte aufgrund der Strahlenbelastung bei Verfügbarkeit der MRE/ intestinalen Sonographie zurückhaltend eingesetzt werden (1).
Die Videokapselendoskopie (VKE) – bei der eine Kamera-Kapsel geschluckt wird und deren Bilder direkt an einen Datenrekorder gesendet werden, der an einem Gürtel um den Bauch befestigt ist – kann den gesamten Dünndarm nach adäquater Vorbereitung darstellen. Die Sensitivität ist den radiologischen Methoden überlegen, da bereits kleinste mukosale Erosionen detektiert werden können. Vor dem Durchführen einer Videokapselendoskopie muss eine Dünndarm-Stenose ausgeschlossen werden, da sonst das Risiko einer Kapselretention und die Entwicklung eines Ileus droht. Die Spezifität der Kapselendoskopie ist limitiert, da kleine Ulcera bei verschiedenen Krankheiten beobachtet werden (Ischämie, NSAR, andere) und eine Gewebeentnahme nicht möglich ist. Weitere wichtige Indikationen für die Durchführung einer VKE sind die Abklärung einer gastrointestinalen Blutung und eines Eisenmangels bei normaler Gastroskopie und Koloskopie sowie die Suche nach einem isolierten Dünndarm-Crohn bei Erhöhung des Calprotectins. Ein solcher ist wahrscheinlich, wenn mindestens drei Ulzera nachgewiesen werden, sofern der Patient für mindestens 4 Wochen keine NSAR eingenommen hat (1).
Dank der Ballon-assistierten Enteroskopie kann der Dünndarm endoskopisch direkt visualisiert und gegebenenfalls auch biopsiert werden. Auch sind therapeutische Interventionen wie die Dilatation einer Striktur respektive einer Stenose oder eine Blutstillung möglich. Diese Untersuchungen sind invasiv mit relevantem Perforationsrisiko, sodass Ballondilatationen gut indiziert sein müssen (1).
Unter Verwendung all dieser Untersuchungen kann schliess­­lich die Ausdehnung der chronisch entzündlichen Darmerkrankung beurteilt werden. Die Dokumentation dieser erfolgt meist durch die Montreal-Klassifikation (Morbus Crohn: L1: terminales Ileum; L2: Kolon; L3: Ileo-Kolon; L4: oberer Gastrointestinaltrakt. Colitis ulcerosa: E1: Proktitis; E2: Linksseitenkolitis; E3: Ausdehnung über die linke Flexur hinaus) (7).

Endoskopien zur Verlaufsbeurteilung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung

Eine endoskopische Verlaufsbeurteilung wird bei IBD-Patientinnen und -Patienten aus verschiedenen Gründen durchgeführt. Zum einen kann die Krankheitsaktivität respektive das Ansprechen nach Therapiestart beurteilt werden, zum anderen wird sie als Screening-Untersuchung zur Detektion von Dysplasien oder eines kolorektalen Karzinoms eingesetzt.

Verlaufsbeurteilung der Krankheitsaktivität

Neben dem klinischen Ansprechen/ Remission, der Normalisierung des CRP und des fäkalen Calprotectin-Wertes ist die endoskopisch dokumentierte Mukosaheilung (endoscopic mucosal healing) ein therapeutisches Langzeit-Ziel bei der Behandlung einer IBD (4).
Bei der Colitis Ulcerosa wird die endoskopische Mukosaheilung normalerweise als MES (Mayo endoscopic score, siehe Abb.1) ≤ 1 definiert, wobei eine komplette endoskopische Remission (MES = 0) mit einer besseren Prognose vergesellschaftet ist (4). Bei der Morbus Crohn-Therapie wird ein SES-CD Score von ≤ 2 angestrebt (siehe Abb. 2) (4).
Wann eine endoskopische Kontrolle nach Therapiestart indiziert ist, wird debattiert und muss individuell mit dem Patienten nach dessen Wünschen festgelegt werden. Sie sollte sicherlich immer dann erfolgen, wenn sich eine therapeutische Konsequenz für den Patienten ergibt. Beim Morbus Crohn werden 6 bis 9 Monate nach Start einer Therapie und bei der Colitis ulcerosa werden 3 bis 6 Monate vorgeschlagen (8). Insbesondere bei der Colitis ulcerosa korreliert das fäkale Calprotectin sehr gut mit der entzündlichen Aktivität, sodass die Kombination Klinik/ fäkales Calprotectin/ Darmsonographie in gewissen Situationen durchaus eine nicht-invasive Alternative zur Koloskopie darstellt (1).

Bei einem schweren Schub unter Therapie, persistierender Krankheitsaktivität, neu auftretenden Symptomen und vor einem Therapiewechsel sollte eine endoskopische Abklärung evaluiert werden. Ebenfalls ist bei Patientinnen und Patienten in klinischer Remission vor einer allfälligen Deeskalation oder Beendigung einer Therapie eine Koloskopie sinnvoll, da bei persistierender entzündlicher Aktivität die Wahrscheinlichkeit für ein Wiederauftreten der Erkrankung erhöht ist und somit eine Deeskalation oder ein Therapie-Stopp nicht empfohlen werden sollten (1).

Dysplasiescreening

Im Vergleich zur Normalbevölkerung haben Pa­ti­entinnen und Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung ein über 2-fach erhöhtes relatives Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Das Risiko nimmt insbesondere 8-10 Jahre nach Diagnosestellung signifikant zu. Erfreulicherweise bleibt das absolute Risiko hingegen relativ tief (1,1 % bis 5,4 % nach 20 Jahren Erkrankungsdauer) (9). Risikofaktoren sind das männliche Geschlecht, ein junges Alter bei der Diagnosestellung einer Colitis ulcerosa, eine posi­tive Familienanamnese für ein kolorektales Karzinom, eine Striktur im Kolon und eine primär sklerosierende Cholangitis (9). Das Kolonkarzinomrisiko gilt für die Colitis ulcerosa sowie für einen Morbus Crohn mit Befall des Kolons. Aufgrund dessen wird ab acht Jahren nach Symptombeginn ein Dysplasiescreening mittels Koloskopie empfohlen. Idealerweise findet diese im entzündungsfreien Intervall statt, da eine histologische Unterscheidung zwischen Dysplasien und Entzündung schwierig sein kann.
In Hochrisikosituationen wie bei der primär sklerosierenden Cho­langitis ist ab Diagnosestellung eine jährliche Koloskopie indi­ziert (additiv zu einem MRCP und der CA 19-9-Bestimmung) (1).
Bei Patientinnen und Patienten, deren Entzündung immer auf das Rektum beschränkt blieb, ist kein Screening erforderlich (1). Hier ist aber Vorsicht geboten, da sich im Krankheitsverlauf die Colitis ulcerosa nach proximal ausdehnen kann.
Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn mit Dünndarm­befall haben zudem ein erhöhtes Risiko an einem Dünndarm­karzinom (meist Adenokarzinome) zu erkranken. Bei re­frak­tärer, langanhaltender und strikturierender Erkrankung oder relevanten Symptomen sollte daran gedacht werden. Ein routinemässiges Screening wird aktuell aber nicht empfohlen (9).
Vor der Zeit der hochauflösenden Endoskope (high definition endoscopy) wurde angenommen, dass es sich bei dysplastischen Läsionen, die als Vorstufen eines Karzinoms gelten, um nicht sichtbare Läsionen handelt. Aufgrund dessen wurden Random-Biopsien aus allen fünf Darmabschnitten empfohlen (alle 10 cm, Vier-Quadranten-Biopsien). Mit den neuen hochauflösenden Endoskopen können diese Dysplasien nun aber meistens gesehen werden, entsprechend erfolgte ein Paradigmen-Wechsel von Random-Biopsien zu gezielten (targeted) Biopsien/ Exzisionen (10). Somit ist es in der Screening-Koloskopie von grösster Wichtigkeit, dass man die Schleimhaut bei guter Vorbereitung mit hochauflösenden Geräten sehr genau und genügend lange inspiziert. Mit der Chromoendoskopie, bei der die Schleimhaut durch Farbstoffe wie Methylenblau oder Indigocarmin angefärbt wird, kann die Detektionsrate weiter erhöht werden. Der Einsatz der Chromoendoskopie wird grundsätzlich in Richtlinien empfohlen (1). Falls keine Chromoendoskopie zur Verfügung steht, empfehlen die ECCO-Guidelines zusätzlich zu Targeted-Biopsien auch Random-Biopsien zu entnehmen (1). Neuere Studien zeigten zudem, dass die virtuelle Chromoendoskopie (z.B. Narrow band imaging (NBI), das am häufigsten verwendete digitale Chromoendoskopieverfahren, welches kleinste Gefäss- und Schleimhautstruktu­ren darstellen kann), eine ähnlich gute Detektionsrate von Dysplasien hat wie die konventionelle Chromoendoskopie (9).
In Zukunft wird wohl auch die künstliche Intelligenz (artificial intelligence (AI)) einen Stellenwert im Dysplasie-Screening haben (wie auch in der Dokumentation der entzündlichen Aktivität und der Auswertung von Kapselendoskopien); standardmässig empfohlen wird sie derzeit aber noch nicht (11).
Das Intervall von Folgekoloskopien nach erster Scree­ning-Koloskopie wird anhand einer Risikostratifikation durchgeführt, die der Tabelle 1 entnommen werden kann. Bei Hochrisikosituationen wie der PSC, nachgewiesenen Dysplasien innerhalb von 5 Jahren, Strikturen oder einer extensiven langandauernden Colitis mit schwerer Entzündung sind jährliche Koloskopien indiziert, während bei fehlenden Risikofaktoren wahrscheinlich ein fünfjährliches Intervall ausreichend ist (1).
Da Dysplasien mit den geschilderten modernen Verfahren meistens endoskopisch entdeckt werden können, hat sich die Therapie von Dysplasien (die von einem zweiten spezialisierten Pathologen bestätigt werden sollen) geändert. Früher war die Therapie der Wahl die Kolektomie. Heutzutage werden Dysplasien in endoskopisch resektabel und nicht resektabel eingestuft. Falls dies möglich erscheint, wird eine endoskopische Resektion angestrebt, die von einem erfahrenen Endoskopiker durchgeführt werden sollte (2).
Bei Patienten mit Low-grade-Dysplasien ohne endoskopisch verifizierte Läsion ist eine Chromoendoskopie innerhalb von drei Monaten indiziert. Die Kolektomie wird weiterhin empfohlen, wenn Dysplasien nicht reseziert werden können, es Hinweise für Dysplasien an der Basis der Läsion gibt oder nicht endoskopisch sichtbare high-grade Dysplasien oder multifokale low-grade Dysplasien bestehen (2, 9).

Postoperative Beurteilung nach Ileozökalresektion oder Proktokolektomie mit J-Pouch

Beim Morbus Crohn mit stattgehabter Ileozökalresektion ist eine Ileo-Koloskopie nach 3 bis 6 (max.12) Monaten indiziert, um ein Rezidiv frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu therapieren. Als Score wird hier meistens der Rutgeerts-Score oder der modifizierte Rutgeerts-Score angewendet (siehe Abb. 4). Letzterer unterteilt die i2 Läsionen in i2a (Ulcera and der Anastomose) und i2b (≥ 5 Ulcera im neoterminalen Ileum). Diese Unterteilung erfolgt in Annahme der Hypothese, dass die Ulzerationen an der Anastomose mitunter ischämisch bedingt sind und somit nicht auf eine immunsuppressive Therapie ansprechen. Bislang konnte dies aber nicht sicher bewiesen werden. Allgemein empfehlen Guidelines ein exspektatives Procedere bei i1 und einen Therapiestart postoperativ bei i3/i4. Bei i2 muss von Fall zu Fall individuell entschieden werden (1).
Bei einem sehr aggressiven Verlauf mit Fisteln, jungen Personen mit IBD oder bereits mehrfach stattgehabten Operationen wird häufig direkt nach der Operation eine erneute biologische Therapie gestartet respektive fortgeführt.
Nach Durchführung eines ileoanalen J-Pouch (ileal anal pouch procedure (IAPP)) nach totaler Proktokolektomie bei Colitis ulcerosa können verschiedene Komplikationen auftreten. Es sind dies Dehiszenzen, Strikturen, Abszesse, ein Sinustrakt, Fisteln sowie die akute und chronische pouchitis und cuffitis. Je nach Klinik sind hier eine Schnittbildgebung und/ oder eine Endoskopie zur Beurteilung der Komplikation und Evaluation einer Therapie indiziert. Ganz wichtig ist hier die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Auch nicht vergessen werden darf, dass im Bereich des Cuff, der aus Kolonschleimhaut besteht, ebenfalls Dysplasien oder ein Karzinom entstehen können. Einheitliche Guidelines zum postoperativen Intervall von Pouch-Endoskopien gibt es nicht. Insbesondere wenn die Kolektomie aber aufgrund von Dysplasien durchgeführt wurde, sollte daran gedacht und regelmässig (jährlich) eine Pouch-Endoskopie durchgeführt werden (2, 12).

Endoskopische Interventionen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Resektion von Dysplasien

Historisch wurden endoskopische Läsionen bei Personen mit IBD als dysplasia-associated lesions or masses (DALM) bezeichnet. Dieser Begriff wurde aber mehr und mehr verlassen zugunsten einer besseren Charakterisierung der Läsion anhand der Paris Klassifikation (siehe Abb. 5). Dabei werden polypoide (sessil oder gestielt) von nicht polypoiden Läsionen (leicht erhaben, flach, eingesunken) unterschieden (13). Zudem ist wichtig zu beschreiben, ob die Läsion scharf oder unscharf begrenzt ist und innerhalb oder ausserhalb der Ausdehnung der Colitis auftritt (10). Ulzerationen, Einziehungen oder das fehlende Anheben nach einer Injektion (non-lifting-sign) sind Zeichen einer submukosalen Invasion (2).
Bestehen keine Hinweise auf eine submukosale Invasion und ist die Läsion abgrenzbar, sollte eine endoskopische Resektion angestrebt werden. Läsionen ausserhalb der Ausdehnung der bekannten Colitis werden wie sporadische Adenome reseziert. Liegen sie innerhalb der Ausdehnung der Colitis kann die Resektion erschwert sein, da aufgrund der chronischen Entzündung eine submukosale Fibrose bestehen kann und somit ein Anheben der Läsion (sog. Lifting) erschwert sein kann. In diesen Fällen sind fortgeschrittene Resektionstechniken wie die endoskopische Mukosa-Resektion (EMR) und endoskopisch submukosale Dissektion (ESD), die nur von geübten Untersuchern durchgeführt werden sollten, indiziert (2).
Dabei gilt es einige Grundsätze zu beachten (2):
– Eine en bloc Resektion sollte angestrebt werden, um histologisch eine komplette Resektion bestätigen zu können. Es wird zudem empfohlen, neben der Abtragungsstelle Biopsien mit der Frage nach Rest-Dysplasien zu entnehmen.
– Eine komplette Resektion sollte, wenn immer möglich, in der ersten Sitzung erfolgen, da bei Folgeinterventionen die Fibrosebildung grösser ist und somit die komplette Resektion weiter erschwert wird.
Besteht keine Expertise in den genannten Resektions-Techniken, sollte eine Zuweisung an ein spezialisiertes Zentrum erfolgen. Wichtig ist dabei, dass die Läsion nicht biopsiert wird, da sich mit der damit verbundenen Fibrose die nachfolgende Resektion erschwert. Hilfreich ist es jedoch, wenn die Läsion mög­lichst genau charakterisiert (z.B. Lage, Grösse, Erreichbarkeit, Paris- Klassifikation) und mittels eines Clips und Tusche markiert wird. In all diesen Situationen bleibt die Kolektomie eine valable Option und sollte im Sinne einer shared decision making mit den Patientinnen und Patienten besprochen werden (1).

Wird eine dysplastische Läsion reseziert, sollten engmaschig Verlaufskoloskopien durchgeführt werden, um die komplette Resektion bestätigen zu können und ggf. weitere Läsionen zu entdecken. Diese sollten innerhalb des ersten Jahres 3-6-monatlich, dann jährlich erfolgen (2, 9).

Evaluation und Behandlung von Strikturen und Stenosen

Beim Morbus Crohn können Strikturen/ Stenosen im Dünn- oder Dickdarm und insbesondere auch nach einer Ileozökalresektion im Bereich der Anastomose auftreten. Auch bei der Colitis ulcerosa sind Strikturen und Stenosen im Kolon möglich, wobei hier wie oben erwähnt immer zuerst ein Karzinom ausgeschlossen werden muss (1).
Die endoskopische Ballondilatation ist eine gute Alternative zu chirurgischen Interventionen wie der Strikturoplastie oder Resektion. Erfolgversprechend und sicher sind Ballondilatation von kurzen (≤ 5 cm) Fibrostenosen mit nur minimaler Entzündung und ohne Angulation (in Linie mit dem Darm) und fehlender Fistelöffnung in der Nähe. Um das Risiko einer Perforation zu minimieren, erfolgt die Ballondilatation schrittweise, ggf. in mehreren Sitzungen, wobei eine Ballondilatation von 20 mm nicht überschritten werden sollte. Beschränkt man sich auf solche Situationen, ist eine Ballondilatation relativ sicher mit einer Perforationsrate < 5 % (2).
Eine Pouch-Striktur nach IAPP ist ebenfalls eine gute Indikation für eine Ballondilatation. Endoskopische Strikturotomien/ -plastien mittels eines Needle-knife und Stents mögen in gewissen Situationen einen Stellenwert haben (14), können aber nicht routinemässig empfohlen werden. Lokale Steroid- oder Biologika-Injektionen werden nicht empfohlen (15).

Evaluation und Behandlung von Fisteln

Neben dem MRI des Beckens ist die Untersuchung in Anästhesie und die Endosonographie ein wichtiges Instrument, um perianale Fisteln zu evaluieren. Oft werden diese Untersuchungen durch die Kollegen der Chirurgie durchgeführt. Die endoskopische Beurteilung des Rektums ist aber sehr wichtig, hat sie doch einen relevanten Einfluss auf die Therapie. Die antiinflammatorische medikamentöse Therapie des entzündeten Rektums, ist ein wichtiges Standbein der Therapie des perianal fistulierenden Morbus Crohn (1). Endoskopische Fistulotomien mit dem Needle-knife, Fistelverschlüsse sowie endosonographisch gesteuerte Abszess-Drainagen sind beschrieben und in sehr ausgewählten Fällen allenfalls eine Alternative zur Chirurgie (14, 16).

Endoskopische Behandlung einer IBD-assoziierten primär sklerosierenden Cholangitis

Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) tritt in 2-8% bei Patienten mit einer IBD auf und sollte bei Vorliegen einer cholestatischen Hepatopathie, Pruritus oder perihilärer Lymphadenopathie mittels Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) gesucht werden (17). Die PSC kann in eine Leberzirrhose fortschreiten, und das Risiko eines hepatobiliären (400-fach) oder kolorektalen Karzinoms (HR 2.4) ist erhöht. Eine hepatologische Anbindung ist aufgrund dessen empfohlen (17).
Findet sich im MRCP eine dominante Striktur, ist eine endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) zur Gewebegewinnung einerseits und zur Stenosedilatation andererseits indiziert. Heutzutage wird bei diesen Fragen an entsprechenden Zentren die ERCP mit einer Cholangioskopie (SpyGlass DS IITM , Boston Scientific Corp., MA, USA) kombiniert, wobei mit dieser die Stenose optisch charakterisiert und unter Sicht biopsiert werden kann. Damit erhöht sich die Sensitivität für die Diagnose eines Cholangiokarzinoms markant. Aufgrund des erhöhten Komplikationsrisikos bei Vorliegen einer PSC ist, wenn immer möglich, die MRCP einer ERCP vorzuziehen, solange es sich um rein diagnostische Aspekte handelt (18).

 

Dr. med. Samuel Truniger

Oberarzt Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie
Klinik für Gastroenterologie/ Hepatologie
Kantonsspital St. Gallen

Samuel.Truniger@kssg.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte.

Dank: Mithilfe bei der Bildauswahl durch Dr. med. Gian Marco Semadeni, Dr. med. Marius König, Dr. med. Joel Dütschler und Dr. med. Houman Azam.

Schlussfolgerung

Endoskopische Untersuchungen haben bei der Diagnostik, Verlaufsbeurteilung und Therapie von IBD-Patienten eine zentrale Bedeutung. Dank neuer Untersuchungsmethoden und high definition endoscopy gewinnt die moderne interventionelle Endoskopie an Bedeutung und stellt teilweise eine Alternative zu operativen Massnahmen dar, die im Sinne eines shared decision making mit den Patientinnen und Patienten besprochen werden sollten.

1. Maaser C, Sturm A, Vavricka SR, Kucharzik T, Fiorino G, Annese V, et al. ECCO-ESGAR Guideline for Diagnostic Assessment in IBD Part 1: Initial diagnosis, monitoring of known IBD, detection of complications. J Crohns Colitis. 2019;13(2):144-64.
2. Shergill AK, Lightdale JR, Bruining DH, Acosta RD, Chandrasekhara V, Chathadi KV, et al. The role of endoscopy in inflammatory bowel disease. Gastrointest Endosc. 2015;81(5):1101-21.e1-13.
3. Bakman Y, Katz J, Shepela C. Clinical significance of isolated peri-appendiceal lesions in patients with left sided ulcerative colitis. Gastroenterology Res. 2011;4(2):58-63.
4. Turner D, Ricciuto A, Lewis A, D‘Amico F, Dhaliwal J, Griffiths AM, et al. STRIDE-II: An update on the selecting therapeutic targets in inflammatory bowel disease (STRIDE) Initiative of the international organization for the study of IBD (IOIBD): Determining therapeutic goals for treat-to-target strategies in IBD. Gastroenterology. 2021;160(5):1570-83.
5. Rubin DT, Ananthakrishnan AN, Siegel CA, Sauer BG, Long MD. ACG clinical guideline: Ulcerative colitis in adults. Am J Gastroenterol. 2019;114(3):384-413.
6. Annunziata ML, Caviglia R, Papparella LG, Cicala M. Upper gastrointestinal involvement of Crohn‘s disease: a prospective study on the role of upper
endoscopy in the diagnostic work-up. Dig Dis Sci. 2012;57(6):1618-23.z
7. Silverberg MS, Satsangi J, Ahmad T, Arnott ID, Bernstein CN, Brant SR, et al. Toward an integrated clinical, molecular and serological classification of inflammatory bowel disease: report of a Working Party of the 2005 Montreal World Congress of Gastroenterology. Can J Gastroenterol. 2005;19 Suppl A:5A-36A.
8. Peyrin-Biroulet L, Sandborn W, Sands BE, Reinisch W, Bemelman W, Bryant RV, et al. Selecting therapeutic targets in inflammatory bowel disease (STRIDE): Determining therapeutic goals for treat-to-target. Am J Gastroenterol. 2015;110(9):1324-38.
9. Gordon H, Biancone L, Fiorino G, Katsanos KH, Kopylov U, Al Sulais E, et al. ECCO Guidelines on inflammatory bowel disease and malignancies. J Crohns Colitis. 2023;17(6):827-54.
10. Laine L, Kaltenbach T, Barkun A, McQuaid KR, Subramanian V, Soetikno R. SCENIC International consensus statement on surveillance and management of dysplasia in inflammatory bowel disease. Gastroenterology. 2015;148(3):639-51.e28.
11. Stidham RW, Takenaka K. Artificial intelligence for disease assessment in inflammatory bowel disease: How will it change our practice? Gastroenterology. 2022;162(5):1493-506.
12. Shen B, Kochhar GS, Rubin DT, Kane SV, Navaneethan U, Bernstein CN, et al. Treatment of pouchitis, Crohn‘s disease, cuffitis, and other inflammatory disorders of the pouch: consensus guidelines from the International Ileal Pouch Consortium. Lancet Gastroenterol Hepatol. 2022;7(1):69-95.
13. The Paris endoscopic classification of superficial neoplastic lesions: esophagus, stomach, and colon: November 30 to December 1, 2002. Gastrointest Endosc. 2003;58(6 Suppl):S3-43.
14. Shen B. Principles, preparation, indications, precaution, and damage control of endoscopic therapy in inflammatory bowel disease. Gastrointest Endosc Clin N Am. 2022;32(4):597-614.
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17. Gordon H, Burisch J, Ellul P, Karmiris K, Katsanos K, Allocca M, et al. ECCO Guidelines on extraintestinal manifestations in inflammatory bowel disease. J Crohns Colitis. 2023.
18. Aabakken L, Karlsen TH, Albert J, Arvanitakis M, Chazouilleres O, Dumonceau JM, et al. Role of endoscopy in primary sclerosing cholangitis: European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) and European Association for the Study of the Liver (EASL) Clinical Guideline. Endoscopy. 2017;49(6):588-608.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen bei älteren Personen

Chronische entzündliche Darmerkrankungen werden zunehmend auch im höheren Alter (> 60 Jahre) diagnostiziert. Die Klinik unterscheidet sich dabei häufig von den Symptomen jüngerer Patienten, der Krankheitsverlauf ist dabei oft milder und ein extraintestinaler Befall kommt seltener vor. Die Therapiemöglichkeiten und -indikationen entsprechen derjenigen, die bei jüngeren Patienten angewendet werden. Aufgrund potenzieller Nebenwirkungen und Arzneimittelinteraktionen müssen bei der Auswahl des Medikamentes die Begleiterkrankungen und Ko-medikation der Patienten beachtet werden und bezüglich Risiko-Nutzen für den einzelnen Betroffenen gut abgewogen werden. Bei schwierigen therapierefraktären Verläufen stellen chirurgische Interventionen auch bei älteren Patienten ein probate Therapieoption dar. Generelle Massnahmen wie eine gesunde, ausgewogene Ernährung, Impfungen, Prävention vor Infektionen und Krebsvorsorgeuntersuchungen (Hautkrebs oder Dickdarmkrebs) sind bei dieser, vulnerablen, Patientenpopulation besonders wichtig.

Epidemiologie

Die Prävalenz und Inzidenz von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) mit den beiden Hauptentitäten Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) nehmen in der westlichen Welt zu [1]. Die Erstmanifestation einer CED wird sehr häufig zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr beobachtet. Ein weiterer Krankheitspeak besteht zwischen der sechsten bis achten Lebensdekade [2]. Auch bei älteren Personen (> 60 Jahre) wird eine steigende Inzidenz beobachtet. Ein erhöhtes Bewusstsein über die CED bei Patienten und Ärzten sowie verbesserte diagnostische Modalitäten sind Faktoren, welche wahrscheinlich zu einer Zunahme der Diagnosen führen. Schätzungen nach sind ca. 3 – 17 / 100,000 Personen > 60 Jahre von einer CU betroffen und in etwa 3 – 6 / 100,000 von einem MC [3]. Im Vergleich zur jüngeren Population, wo beide Krankheitsbilder in etwa gleich häufig vorkommen, scheinen ältere Personen häufiger von einer CU betroffen zu sein.
Die Pathogenese zur Entstehung einer CED ist komplex, vielschichtig und nach wie vor nicht vollständig verstanden. Eine genetische Prädisposition wird sowohl bei MC als auch der CU postuliert [4]. Als zusätzliche auslösende Krankheitsfaktoren werden nebst dem Nikotinabusus, , Umweltfaktoren wie Infekte im Kindesalter, Luftverschmutzung, Diäten (vermehrter Verzehr von rotem Fleisch, fettreicheichen und zuckerhaltigen Speisen), der Gebrauch von NSAR sowie eine primäre oder sekundäre Veränderung der Zusammensetzung des Mikrobioms genannt [5]. Weshalb es bei gewissen Patienten erst zu einem Krankheitsausbruch im höheren Lebensalter kommt, ist zurzeit unklar.

Klinische Präsentation und Diagnostik

Der Krankheitsphänotyp mit entsprechender Klinik, sowie der Krankheitsverlauf ist bei jedem Patienten individuell und dabei abhängig vom Ausmass und Lokalisation der entzündlichen Aktivität im Gastrointestinaltrakt respektive vom extraintestinalen Befall. Die Einteilung des Befalls im Gastrointestinaltrakt erfolgt sowohl bei MC als auch der CU nach der Montréal-Klassifikation. Während die klassische und häufigste Lokalisation bei jüngeren Personen mit einem MC die Ileozoekalregion darstellt, findet sich bei älteren Personen häufiger ein solitärer Befall des Kolons und/oder ein isolierter perianaler Befall in Form von Fisteln. Folglich kommt es bei diesen Patienten mit MC u.a. häufiger zu Symptomen mit rektalem Blutabgang. Jüngere Patienten weisen oftmals auch einen aggressiveren Krankheitsverlauf mit Strikturen und Penetration der entzündlichen Läsionen auf im Vergleich zu Personen mit einem «late onset» MC [6].
Personen > 60 Jahre mit einer CU weisen bei der Erstmanifestation häufig einen Befall des linken Kolons (Proktosigmoiditis, linksseitige Kolitis), etwas seltener auch eine Pankolitis auf. Eine isolierte Proktitis kommt bei dieser Patientengruppe seltener vor und ein Progress der Erkrankung in eine Pankolitis wird weniger beobachtet [6].
Die Unterschiede bezüglich der Lokalisation und der Klinik zwischen älteren und jüngeren Personen mit CED sind in der Tabelle 1 nochmals dargestellt. Auch ein extraintestinaler Befall in dieser Patientengruppe kommt deutlich seltener vor [7], wobei es dazu nur eingeschränkte Erkenntnisse aus der Literatur gibt, da systematisch weniger Studien bei älteren Personengruppen durchgeführt wurden.
Häufig sind die Symptome bei älteren Personen subtiler und weniger stark ausgeprägt als bei jüngeren Personen, weshalb es nicht selten zu einer gewissen Latenz kommt bis zur Diagnosestellung einer CED. In einer Studie von Katz et. al. [8] wird ein Delay bei der Diagnosestellung bei Personen > 60 Jahren mit bis zu sechs Jahren beschrieben, bei der jüngeren Population betrug die mittlere Dauer zur Diagnosestellung zwei Jahre in der genannten Studie.
Die Diagnose eines MC oder einer CU kann wie auch bei jüngeren Patienten nur in Zusammenschau der klinischen, biochemischen (Entzündungswerte, Calprotectin) endoskopischen, histologischen und ggf. radiologischen Befunde gestellt werden. Bei älteren Personen sollten bei den Differenzialdiagnosen, insbesondere die malignen Erkrankungen speziell beachtet werden. Zu den weiteren, im Vergleich zu jüngeren Patienten zunehmenden möglichen Differenzialdiagnosen bei dieser Patientengruppe gehören u.a. eine Divertikulitis, ischämische Kolitis, Strahlenkolitis respektive eine infektiöse Genese oder auch eine medikamentös induzierte (NSAR, onkologische Immuntherapien) Kolitis.

Therapie

Ziel einer jeden immunsupprimierenden Therapie ist primär die klinische Remission, d.h. die Beschwerdefreiheit für den Patienten. Gemäss verschiedenen Guidelines (ECCO, ASGE, DGVS) ist zudem eine biochemische (CRP, Calprotectin) sowie endoskopisch-histologische Remission erstrebenswert, mit dem klaren Ziel, der Verhinderung von Komplikationen wie Fisteln, Abszesse, Perforationen und natürlich auch Malignome.
Dank intensiver Forschung auf dem Gebiet der chronisch entzündlichen Krankheiten stehen den Patienten mit CED immer mehr medikamentöse Therapien mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen zur Verfügung. Nebst den konventionellen Medikamenten wie Steroide, 5-ASA-Präparate oder auch Azathioprin sind in den letzten 20 Jahren biologische und niedermolekulare Wirkstoffe (engl.: small molecules) welche spezifische Entzündungsprozesse regulieren können, zur Behandlung einer CED entwickelt worden. Nebst Biologika stehen mittlerweile auch kostengünstigere Nachahmerprodukte (Biosimilars) als monoklonale Antikörper zur Verfügung. Es handelt sich hierbei um biotechnologisch aus humanen oder tierischen Organismen hergestellte Proteine. Im Gegensatz hierzu weisen die neu für die Therapie der CED zur Verfügung stehenden niedermolekularen Wirkstoffe im Vergleich zu den Biologika eine deutlich geringere Molekülmasse auf und werden in Tablettenform eingenommen.
Eine der Herausforderungen in der Behandlung von älteren CED-Patienten im klinischen Alltag ist die Übertragbarkeit der Studienresultate auf ältere Personen, da diese, sowie auch polymorbide Patienten sehr häufig von den Zulassungsstudien der Medikamente ausgeschlossen wurden. Die Wirksamkeit der verschiedenen Biologika und Small Molecules wurde in Zulassungsstudien jeweils gegenüber einer Placebotherapie gemessen. Grundsätzlich kann man ein partielles Ansprechen auf eine Therapie in bis zu 60 % und eine klinische Remission in bis zu 35 % der Patienten erwarten. Jedoch sind Head-to-Head Studien mit direktem Vergleich der Wirksamkeit von zwei verschiedenen biologischen Therapien in der Literatur bisher unterrepräsentiert, was eine Vergleichbarkeit erschwert [9/10]. Die Wahl der Therapie hängt also von verschiedenen Faktoren ab wie der Krankheitsausdehnung und des Schweregrades der entzündlichen Aktivität, den Patientenwünschen, den Arzneimittelnebenwirkungen sowie den Komorbiditäten und der Ko-medikation. Die drei letztgenannten Punkte müssen bei jeder Therapieauswahl für ältere Menschen mit CED berücksichtigt werden. Eine sorgfältige individuelle Therapieauswahl mit genauem Abwägen des Nutzen-Risiko-Profils einer jeden angedachten Therapie ist unerlässlich bei dieser vulnerablen Patientenpopulation. Eine schematische Darstellung der verfügbaren Therapieoptionen zur Behandlung eines MC oder CU ist in der Tabelle 2 aufgeführt.
Im kommenden Abschnitt werden die aktuell verfügbaren Therapiemöglichkeiten in der Schweiz zur Behandlung einer CED erläutert, tabellarisch sind die Medikamente mit den möglichen Interaktionen und Nebenwirkung in der Grafik 3 zusammengefasst.

5-ASA Präparate

Aminosalycilate (topisch – Suppositorien, Klysmen, Schaum und/oder systemisch – Granulat/Tablette) sind nach wie vor empfohlen als Erstlinientherapie einer leichten bis mittelschweren CU aufgrund der guten Remissionserhaltung [11-12]. Der genaue Wirkungsmechanismus des entzündungshemmenden Effektes im Dickdarm ist unbekannt. Die Mesalazintherapie spielt hingegen bei der MC-Therapie eine untergeordnete Rolle [13]. Aminosalicylate ist die am häufigsten verschriebene Therapie zur Behandlung einer CED bei älteren Personen, nicht zuletzt aufgrund der guten Verträglichkeit. Nebenwirkungen wie eine Hepatotoxizität oder interstitielle Nephritis sind sehr selten und unabhängig von der Dosis. Ein möglicher protektiver Effekt bzgl. kolorektalem Karzinom bei CU-Patienten wird diskutiert [11], so dass oftmals eine Basistherapie mit 5-ASA Produkten auch bei gutem Ansprechen auf eine andere Therapie beibehalten wird.

Kortikosteroide

Kortikosteroide sollen hauptsächlich im akuten Schub einer CED eingesetzt werden. Von einer Erhaltungstherapie mit Kortikosteroiden wird aufgrund der potenziellen langfristigen Arzneimittelnebenwirkungen wie eine Osteopenie/Osteoporose, ein Steroiddiabetes, Steroidpsychose, kardiovaskulären und metabolischen Nebenwirkung insbesondere bei älteren Patienten abgeraten. Unter Steroidtherapie kann es auch zu einer Verschlechterung vorbestehender Erkrankungen kommen, wie ein Diabetes mellitus oder ein Katarakt. Das Risiko für eine obere gastrointestinale Blutung steigt zudem an, insbesondere bei zusätzlicher Einnahme von NSAR. Bei dieser Patientenpopulation soll daher grosszügig eine Protonenpumpeninhibitorprophylaxe verschrieben werden, zusammen mit Calcium und Vitamin D zur Osteopenie/-porose Vorsorge.

Thiopurine

Azathioprin und 6-Mercaptopurin werden bei älteren Patienten im Vergleich zu jüngeren Patienten aufgrund häufiger, teils schwerwiegender Nebenwirkungen kaum mehr angewendet. Arzneimittelnebenwirkungen, wie Übelkeit, Erbrechen, grippale Symptome und Infektionen oder eine Pankreatitis treten auch bei älteren Patienten [14] auf und sind dosisabhängig, weshalb die genannte Therapie auch in Anbetracht des zusätzlich erhöhten Risikos für ein Lymphom oder nicht melanozytärer Hauttumore bei dieser Patientengruppe nicht oder nur mit grosser Vorsicht oder bei fehlenden anderen Therapieoptionen etabliert werden sollte.

Cyclosporin (Calcineurininhibitor)

ist eine weitere Therapieoption. Diese wird nur noch selten als Rescue-Therapie bei schweren Krankheitsschüben der CU bei jüngeren Patienten verabreicht und sollte bei älteren Personen aufgrund des hohen Nebenwirkungsprofils nach Möglichkeit nicht eingesetzt werden.

Methotrexat

ist ein strukturelles Analogon zur Folsäure mit immunsuppressiven und antineoplastischen Eigenschaften, wird nur selten zur Behandlung bei MC eingesetzt. In einer retrospektiven Kohorte zeigte Methotrexat eine ähnliche Wirksamkeit bei älteren Personen wie bei jüngeren Patienten [15]. Die Methotrexat-therapie hat bei der CU keinen Stellenwert. Bei einer Therapie mit Methotrexat muss immer eine zusätzliche Folsäuresubstitution erfolgen.

Biologika

TNF-Inhibitoren sind monoklonale Antikörper, die den Tumornekrosefaktor, ein wichtiges proinflammatorisches Zytokin in der Entzündungskaskade der CED, binden und neutralisieren. Die Gabe erfolgt je nach Präparat und Patientenwunsch intravenös oder mittels subkutaner Applikation. TNF-Inhibitoren finden sowohl bei der CU als auch beim MC als Remissionsinduktion respektive als Erhaltungstherapie ihre Verwendung, ebenso zeigt sich eine gute Wirkung bzgl. einzelner extraintestinaler Manifestationen sowie bei Fistelleiden. Eine schwere Herzinsuffizienz, ein Malignom in den vergangenen fünf Jahren sowie schwere, degenerative neurologische Erkrankungen wie die Multiple Sklerose sind Kontraindikationen für diese Medikamentenklasse. Eine jährliche dermatologische Kontrolle bei leicht erhöhtem Risiko für Hauttumoren wird ebenfalls empfohlen. In einer retrospektiven Observationsstudie [16] zeigte sich eine gleiche Wirksamkeit einer Anti-TNF Therapie bei älteren und jüngeren Patienten. Hingegen wird ein vermehrter Therapieabbruch aufgrund von Infektionen und Nebenwirkungen unter der Therapie bei Patienten > 60 Jahren beschrieben [17].

α4β7-Integrin-Antagonisten wie Vedolizumab blockieren selektiv das zelluläre Adhäsionsmolekül α4β7-Integrin auf den Lymphozyten und verhindern so deren Bindung zu MAdCAM-1 (Zelladhäsionsmolekül) und folglich Immigration der Lymphozyten in die Darmwand. MAdCAM-1 wird ausschliesslich auf Darmgewebe hochreguliert, weshalb sich die antiinflammatorische Wirkung Vedolizumab praktisch vollständig auf den Gastrointestinaltrakt beschränkt und es selten zu Nebenwirkungen kommt mit folglich in der Regel sehr guter Verträglichkeit. Vedolizumab kann sowohl bei CU als MC eingesetzt werden [18-19]. Nach einer Induktionsphase mit intravenöser Applikation kann wahlweise auch auf eine subkutane Applikation gewechselt werden. Da bei gewissen Patienten die Wirkung langsam einsetzen kann, sollte zur definitiven Beurteilung des Wirkungseintritts mindestens bis 3 Monate zugewartet werden. Die nebenwirkungsarmen Eigenschaften und gute Effektivität des Medikamentes war in einer italienischen Kohortenstudie bei älteren und jüngeren Patienten vergleichbar [20], weshalb Vedolizumab gerne bei älteren CED-Patienten bei entsprechender Indikation als Erstlinientherapie eingesetzt wird. Wie effizient Patienten mit extraintestinalen Manifestationen aufgrund der darmselektiven Wirkung behandelt werden können, ist gegenwärtig nicht gänzlich geklärt.
Interleukin (IL)12/23-Inhibitoren sind Antikörper, welche an die gemeinsame p40 Rezeptoruntereinheit der humanen Zytokine IL 12 und IL 23 binden, welche bei MC und CU in erhöhter Konzentration im Darm und in den Lymphknoten des GI-Traktes vorkommen. Durch die Hemmung dieser Interleukine wird eine Aktivierung der T-Helferzellen (Th1 und Th17) unterbunden, welche eine wichtige Rolle in der Entzündungskaskade bei CED spielen. Ustekinumab, das bislang einzig zugelassene Präparat in der Schweiz kann sowohl zur Behandlung eines MC und CU eingesetzt werden [21/22]. Weitere Medikamente aus dieser Klasse stehen kurz vor der Zulassung zur Therapie. Diese Medikamente binden an die p19 Untereinheit und sind somit in ihrer Wirkung spezifischer [23-25]. Erste Daten von Ustekinumab bei der Behandlung eines MC bei Personen > 60 Jahren zeigte ein vergleichbares Ansprechen auf die Therapie und eine gute Verträglichkeit wie bei jüngeren Patienten. Nebenbefundlich wurde ein leicht gehäuftes Auftreten von Neoplasien in der Gruppe der > 60 jährigen Personen bei jedoch prinzipiell sehr geringem de novo Malignomrisko beschrieben [26].
Januskinaseinhibitoren gehören in die Gruppe der niedermolekularen Wirkstoffe und werden in Tablettenform verabreicht. Sie blockieren einen spezifischen Prozess auf Zytokinrezeptoren, welche bei der Aktivierung von Lymphozyten eine wichtige Rolle spielt und so seine anti-entzündliche Wirkung entfaltet. Tofacitinib – ein JAK 1/JAK-3 Inhibitor – hat sich in der Behandlung von Patienten mit einer CU als wirksam erwiesen, die vorgängig auf eine biologische Therapie nicht angesprochen haben. Das Nebenwirkungsprofil von Tofacitinib, wie gehäufte Infektionen (v.a. Herpes Zoster Infektion), ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse ab dem 50. Lebensjahr oder bei zusätzlichen Risikofaktoren wie hormoneller Antikonzeption, bereits stattgehabten thromboembolischen Ereignissen oder einer Herzinsuffizienz, sowie auch ein leicht erhöhtes Karzinomrisiko (v.a. Lungentumore und Lymphome, nicht für melanozytäre Hauttumore) muss jedoch gut in einer Nutzen/Risiko Analyse vor allem bei älteren Patienten abgewogen werden [27]. Upadacitinib, ein im Zulassungsprozess stehender oraler, selektiver JAK-1 Inhibitor zeigte zur Behandlung einer CU oder MC erfreuliche Resultate zum Krankheitsansprechen sowie scheinbar etwas besserem Sicherheitsprofil [28]. Auch hier gilt es zu bemerken, dass die Zulassungsstudien für diesen selektiven JAK Inhibitor bei jüngeren Patientenpopulationen durchgeführt wurden.
Sphingosin-1-Phosphat Rezeptor Modulatoren (S1P) wie Ozanimod – ein weiterer niedermolekularer Wirkstoff, der in Tablettenform verabreicht wird – stellen eine erst kürzlich zugelassene Therapieoption bei moderater bis schwer aktiver CU dar [29]. Die S1P-Rezeptoren 1 bis 5 haben u.a. eine wichtige Funktion in der Differenzierung und Migration der Entzündungszellen wie Lymphozyten. Das ursprünglich zur Behandlung der Multiple Sklerose eingesetzte Medikament bindet mit hoher Affinität die S1P Rezeptoren 1 und 5 und vermindert so die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten. Die Nebenwirkungen sind in der Tabelle 3 dargestellt, Daten über Anwendung des Medikamentes bei älteren Personen stehen zurzeit keine zur Verfügung.

Operation

Die Indikation für eine operative Therapie ist bei jüngeren und älteren Patienten identisch, d.h. bei therapierefraktären Verläufen oder komplizierenden Verläufen bei MC wie Strikturen, Fisteln oder Abszessen. Dank des meist milderen Krankheitsverlaufes ist eine intestinale Segmentresektion bei MC oder eine Kolektomie bei CU bei der älteren Patientenpopulation seltener [30]. Häufig ist die Spitalaufenthaltsdauer und die postoperative In-hospital Mortalitätsrate bei älteren Patienten jedoch erhöht [31]. Die postoperative Komplikations- und Mortalitätsrate konnte in den vergangenen Jahren gesenkt werden. Als Faktoren für einen begünstigenden postoperativen Verlauf werden u.a. ein erhöhtes Bewusstsein für eine ausgewogene Ernährung bei CED-Patienten mit konsekutiv gutem Ernährungszustand vor der Operation, eine frühe postoperative Mobilisation und dank vermehrter interdisziplinärer Besprechung zwischen Gastroenterologen und Viszeralchirurgen eine optimale Planung des Operationszeitpunktes [32] diskutiert.

Allgemeinmassnahmen und Prävention

Ernährung

Malnutrition ist ein häufiges Problem bei Patienten mit CED. Bis zu 14 % der Patienten mit MC und knapp 6 % mit CU sind mangelernährt. Eine verminderte Nahrungsaufnahme, Malabsorption, selbstauferlegte diätetische Einschränkungen der Patienten aufgrund von gastrointestinalen Symptomen bei Verzehr von unverträglichen Speisen, ein vermehrter Energieverbrauch aufgrund des katabolen, inflammatorischen Zustandes, sowie Inappetenz aufgrund Arzneimittelnebenwirkungen sind Faktoren, welche zu einer Malnutrition führen können. Das Risiko für Infektionen und weitere Krankheitskomplikationen ist bei mangelernährten Patienten erhöht [33]. Eine regelmässige Bestimmung des Nutrition Risk Scores inklusive Bestimmung des Körpergewichts ist bei den klinischen Kontrollen empfohlen, ebenso wie die mindestens jährliche Bestimmung von Vitamin B12, Folsäure, Eisen, Zink, Selen und Albumin. Nebst der ausgewogenen Ernährung ist eine regelmässige körperliche Aktivität, sowie v.a. bei MC ein Rauchstopp empfohlen.

Infektionen

Patienten mit CED haben ein erhöhtes Risiko für eine Cytomegalievirus assoziierte Kolitis, eine Clostridienkolitis, Herpes Zoster Infektion, Influenza und weitere Infektionen [34-36]. Das Infektionsrisiko für opportunistische Infektionen nimmt unter der immunsupprimierenden Therapie inklusive Biologika zu, insbesondere bei Patienten > 60 Jahren. Schwere opportunistische Infektionen sind glücklicherweise selten [37]. Bei schweren Infektionen soll die Biologikatherapie nach Möglichkeit pausiert werden bis zur Abheilung. Bei leichten Infektionen kann die CED-Therapie in der Regel fortgesetzt werden [38]. Vor Beginn einer immunmodulierenden Therapie soll eine Hepatitis B/C, sowie HIV und Tuberkulose ausgeschlossen werden, da diese Erkrankungen unter einer CED-Therapie, im Speziellen bei TNFα Blockern, reaktivieren können. Bei entsprechendem Nachweis einer latenten Tuberkulose-Infektion muss eine entsprechende Behandlung vor und während der Biologikagabe etabliert werden.

Impfung

Eine Überprüfung des landesspezifischen Impfstatus sollte spätestens vor Beginn einer immunsupprimierenden Therapie erfolgen, vorzugsweise bei der Erstdiagnose einer CED. Totimpfstoffe können problemlos auch unter immunsupprimierender verabreicht werden. Es ist zu beachten, dass die Impfantwort unter immunsupprimierender Therapie vermindert sein kann. Lebendimpfstoffe sind unter Immunsuppressivatherapie kontraindiziert. Nebst nationalen Vorgaben des Impfplanes soll eine jährliche Influenzaimpfung und die Pneumokokkenimpfung (Booster nach fünf Jahren nach Grundimmunisierung) verabreicht werden. Sollte eine Therapie speziell mit JAK Inhibitoren in Erwägung gezogen werden, ist eine Herpes Zoster Immunisierung mit Shingrix vor Beginn der Therapie indiziert.

Karzinomvorsorge

Patienten mit CED, insbesondere Patienten mit CU, haben ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms im Vergleich zur Normalbevölkerung. Das Ausmass des Kolonbefalls sowie die entzündliche Aktivität, eine Primär Sklerosierende Cholangitis, die Krankheitsdauer sowie eine positive Familienanamnese für kolorektale Karzinome sind Risikofaktoren für die Entstehung eines Kolonkarzinoms [39]. Die krebsassoziierte Mortalitätsrate bei CED Patienten wird immer noch mit 10 -15 % beschrieben. Ein regelmässiges endoskopisches Tumorscreening ist daher unerlässlich. Eine erste Vorsorge-Kolonoskopie wird in der Regel spätestens acht Jahre nach Diagnosestellung empfohlen, der nächste Zeitpunkt einer Vorsorgeuntersuchung richtet sich dann nach den klinisch, endoskopisch-histologischen Befunden. Dank der zunehmenden Therapiemöglichkeiten sowie der intensivierten Screeningprogramme bei CED-Patienten, konnte die Tumorinzidenz und krebsassoziierte Mortalität bei CED Patienten gesenkt werden [40]. Einige Publikationen suggerieren, dass eine erste Vorsorgeuntersuchung bei Personen > 60 Jahren mit CED früher erfolgen soll, da das Alter selbst ein Risikofaktor für die Entstehung eines kolorektalen Karzinoms darstellt und einige Patienten bereits innerhalb von acht Jahren nach Diagnosestellung einer CED an einem Kolonkarzinom erkrankt sind [41]. Bei älteren CED-Patienten ist ein individuelles Vorsorgeprogramm anhand des Krankheitsschweregrades, den Komorbiditäten und der Lebenserwartung sinnvoll.
In einer französischen Kohortenstudie von 2016 wurde die Karzinomentwicklung bei CED Patienten > 60 Jahren beobachtet. Bei einem durchschnittlichen Follow-Up von sechs Jahren zeigte sich in dieser Population ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von lympho- und myeloproliferativen Erkrankungen, unabhängig der Anwendung von immunmodulierenden Medikamenten [42]. Bei Frauen mit CED besteht gemäss einer weiteren Kohortenstudie ein erhöhtes Risiko für Cervixdysplasien/-karzinom, weshalb regelmässige gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen nahegelegt werden [43].
Bei der Anwendung von Thiopurinen und anti-TNF besteht gemäss Literatur eine erhöhte Inzidenz von nicht-melanozytärem Hautkrebs. Bei Patienten unter der genannten Therapie soll eine jährliche dermatologische Kontrolle stattfinden [44/45]. Wie bereits bei der Beschreibung der Thiopurinen erwähnt, soll dieses Medikament aufgrund der möglichen Entstehung einer lymphoproliferativen Erkrankung bei älteren Personen nur mit grosser Vorsicht eingesetzt werden.
Nebst den oben erwähnten spezifischen Krebsrisiken bei CED-Patienten sollen die üblichen altersentsprechenden Tumorvorsorgeuntersuchungen, wie zum Beispiel Prostata- oder Mammakarzinom, gemäss den internationalen Richtlinien erfolgen.

Dr. med. Dominic Althaus

Oberarzt Gastroenterologie/Hepatologie
Clarunis AG, Universitäres Bauchzentrum Basel
Gastroenterologie & Hepatologie
Postfach
4002 Basel

dominic.althaus@clarunis.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte.

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