SAKK 08/23

Kann eine Kombinationstherapie mit Darolutamid das ­Fortschreiten des metastasierten hormonrefraktären ­Prostatakarzinoms hinauszögern?

In der Schweiz erhalten jedes Jahr rund 6000 Männer die Diagnose Prostatakrebs. Das macht diese Krebsart zur häufigsten bösartigen Tumorerkrankung bei Männern. Die Medizin hat in den letzten Jahrzehnten wichtige Fortschritte in der Behandlung erzielt. Doch das metastasierte Prostatakarzinom, das nicht mehr auf antihormonelle Therapie reagiert – und somit hormon­refraktär ist – bleibt leider unheilbar. Deshalb sucht die Forschung nach neuen Therapieoptionen.

Darolutamid ist ein Wirkstoff, der den Androgenrezeptor auf den Prostatakrebszellen besetzt und so die wachstumsfördernde Wirkung von Testosteron blockiert. Der Wirkstoff weist ein günstiges Nebenwirkungsprofil auf und ist in der Schweiz und in Europa zur Behandlung von Prostatakrebs in früheren Stadien zugelassen.

Die Vorgängerstudie SAKK 08/16 hat gezeigt, dass Darolutamid bei Patienten mit einem metastasierten hormonrefraktären Prostatakrebs wirksam ist, wenn es nach der Chemotherapie als Erhaltungstherapie eingenommen wird. Die neue Studie SAKK 08/23 prüft, ob sich diese Wirkung bestätigen oder sogar verstärken lässt, wenn Darolutamid schon von Anfang an zusätzlich zur Standardtherapie und danach als Erhaltungstherapie zum Einsatz kommt.

Die Studie vergleicht die Behandlungsresultate bei 81 Patienten in der Versuchsgruppe mit den Resultaten von 81 Patienten in der Kontrollgruppe, die die Standardtherapie ohne Darolutamid erhält. Der Zufall entscheidet, welche Studienteilnehmer zu welcher Gruppe zugewiesen werden. Insgesamt nehmen 162 Patienten an der Studie teil. (Abb. 1)

Die Studie wird in 11 Behandlungszentren in der Schweiz und in 20 Behandlungszentren in Spanien durchgeführt. Eine erste Datenanalyse erfolgt, nachdem 81 Patienten eingeschlossen wurden; die abschliessende Datenanalyse erfolgt, sobald für 121 Patienten ein Fortschreiten der Krankheit innerhalb der Studie gemeldet wurde.

Eckdaten zur Studie

Studientitel
SAKK 08/23 Addition of Darolutamide to first line treatment of mCRPC: a randomized open label phase II trial

Teilnehmende Zentren
Tumorzentrum Aarau, Kantonsspital Baden, Istituto Oncologico della Svizzera Italiana, Kantonsspital Graubünden, Hôpitaux Universitaires de Genève, Centre hospitalier universitaire Vaudois, Kantonsspital St. Gallen, Kantonsspital Winterthur, Onko­zentrum Zürich, Stadtspital Triemli, Universitätsspital Zürich. Zusätzlich werden 20 Zentren in Spanien an der Studie teilnehmen.

Coordinating Investigator
Prof. Dr. med. Richard Cathomas

Supporting Coordinating Investigator
PD Dr. med. Ursula Vogl, MBA

Clinical Project Manager SAKK
Simone Wyss, SAKK Kompetenzzentrum Bern
trials@sakk.ch

Clin.gov link:
https://clinicaltrials.gov/study/NCT06401980

SAKK-Website
https://www.sakk.ch/en/trial/can-combination-therapy-darolutamide-delay-progression-metastatic-castration-resistant

Prof. Dr. med. Miklos Pless

Winterthur
SAKK Präsident

miklos.pless@ksw.ch

Ausgewählte Studien zu soliden Tumoren

Axillarchirurgie bei Brustkrebs – Primäre Ergebnisse der INSEMA-Studie

Es ist unklar, ob im Rahmen einer brusterhaltenden Therapie auf ein chirurgisches axilläres Staging verzichtet werden kann, ohne das Überleben zu beeinträchtigen. In einer prospektiven, randomisierten Nicht-Unterlegenheitsstudie wurde der Verzicht auf eine axilläre Operation im Vergleich zu einer Sentinel-Lymphknoten-Biopsie bei Patientinnen mit klinisch nodal-negativem invasivem Brustkrebs im Stadium T1 oder T2 (Tumorgrösse ≤5 cm), die für eine brusterhaltende Operation vorgesehen waren, untersucht. Im Folgenden wird die Per-Protocol-Analyse des invasiven krankheitsfreien Überlebens (der primäre Wirksamkeitsnachweis) berichtet. Um die Nicht-Unterlegenheit des Verzichts auf eine axilläre Operation nachzuweisen, musste die 5-Jahres-Rate des invasiven krankheitsfreien Überlebens mindestens 85 % betragen und die obere Grenze des Konfidenzintervalls für die Hazard Ratio für invasive Erkrankung oder Tod unter 1,271 liegen.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 5502 Patientinnen (90% mit klinischem T1 und 79% mit pathologischem T1-Stadium) im Verhältnis 1:4 randomisiert. Die Per-Protocol-Population umfasste 4858 Patienten, von denen 962 für eine Behandlung ohne axilläre Operation (die Nicht-Operationsgruppe) und 3896 für eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (die Operationsgruppe) ausgewählt wurden.

Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 73,6 Monate. Das 5-Jahres-DFiS betrug 91,9% (95% Konfidenzintervall [CI], 89,9 bis 93,5) für die Patienten in der Gruppe ohne Operation und 91,7% (95% CI, 90,8 bis 92,6) für die Patienten in der Gruppe mit Operation, mit einer Hazard Ratio von 0,91 (95% CI, 0,73 bis 1,14) unterhalb der vordefinierten Nichtunterlegenheitsgrenze. Die Analyse der ersten primären Ereignisse (Auftreten oder Wiederauftreten einer invasiven Erkrankung oder Tod jeglicher Ursache), die bei insgesamt 525 Patienten (10,8 %) auftraten, zeigte Unterschiede zwischen der nicht operierten und der operierten Gruppe hinsichtlich des Auftretens von axillären Rezidiven (1,0 % vs. 0,3 %) und Tod (1,4 % vs. 2,4 %). Die Sicherheitsanalyse deutet darauf hin, dass in der Gruppe ohne Operation weniger Lymphödeme, eine grössere Beweglichkeit des Arms und weniger Schmerzen bei Bewegung des Arms oder der Schulter auftraten als bei den Patienten, bei denen eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie durchgeführt wurde.

Schlussfolgerungen

In dieser Studie an Patientinnen mit klinisch nodal-negativem, invasivem T1- oder T2-Mammakarzinom (90% mit klinischem T1-Mammakarzinom und 79% mit pathologischem T1-Mammakarzinom) war der Verzicht auf ein operatives axilläres Staging nach einem medianen Follow-up von 6 Jahren der Sentinel-Lymphknoten-Biopsie nicht unterlegen.

Quelle
Reimer T et al. Axillary Surgery in Breast Cancer — Primary Results of the INSEMA Trial. N Engl J Med 2024 Dec 12. doi: 10.1056/NEJMoa2412063. Online ahead of print.

Metronomisches Capecitabin plus Aromatasehemmer als Ersttherapie bei Patientinnen mit HR pos./HER2 neg. metastasiertem Brustkrebs – die Phase-III-Studie MECCA

Die Mehrzahl der Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs (MBC) ist hormonrezeptorpositiv, wobei die endokrine Therapie (ET) der Eckpfeiler der Erstbehandlung ist. Trotz des anfänglichen Ansprechens entwickeln jedoch praktisch alle Patientinnen schliesslich eine Resistenz gegen der ET, was zum Versagen der Behandlung führt (1-4). Bemühungen, diese Resistenz zu überwinden oder zu verzögern, wie der Einsatz von Hemmstoffen der Cyclin-abhängigen Kinase 4 und 6 (CDK4/6) oder des Mammalian Target of Rapamycin (mTOR)-Inhibitors Everolimus, haben bedeutende Erfolge gezeigt (5-10). Dennoch besteht nach wie vor Bedarf an neuartigen Kombinationsstrategien, um die Überlebenschancen von Patientinnen mit MBC mit Hormonrezeptor-positiver, humaner epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (HER2)-negativer Erkrankung weiter zu verbessern.

Die Auswirkungen einer metronomischen Chemotherapie in Kombination mit einer endokrinen Therapie wurden kürzlich in einer randomisierten klinischen Phase-III-Studie untersucht (11.)

Methoden

Diese randomisierte Studie wurden an 12 Zentren in China vom 22. August 2017 bis zum 24. September 2021 durchgeführt, die letzte Nachuntersuchung fand am 25. August 2023 statt. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, humanem epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (HER2)-negativem metastasiertem Brustkrebs (MBC), die keine vorherige systemische Therapie für die metastasierte Erkrankung erhalten hatten. Die Teilnehmerinnen entweder einer metronomischen Behandlung mit Capecitabin plus einem Aromatasehemmer (AI) oder einer alleinigen AI-Therapie zugewiesen. Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Zu den sekundären Endpunkten gehörten das Gesamtüberleben (OS), die objektive Ansprechrate, die Krankheitskontrollrate (definiert als Krankheitskontrolle für ≥24 Wochen) und die Sicherheit.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 263 Patienten randomisiert, von denen 254 die vollständige Analysegruppe bildeten. Während der medianen Nachbeobachtungszeit von 50,7 Monaten traten 203 PFS-Ereignisse auf. Der metronomische Capecitabin-plus-AI-Arm wies ein medianes PFS von 20,9 Monaten auf, verglichen mit 11,9 Monaten im AI-Arm (Hazard Ratio [HR], 0,58 [95% CI, 0,43 bis 0,76]). Das mediane OS wurde in der Kombinationsgruppe nicht erreicht und lag in der AI-Gruppe bei 45,1 Monaten (HR, 0,58 [95 % CI, 0,37 bis 0,93]). Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren palmar-plantare Erythrodysästhesie und periphere Neuropathie; Ereignisse des Grades 3 traten bei 15,1 % der mit der Kombination behandelten Patienten auf.

Schlussfolgerung

Die MECCA-Studie zeigte bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem+/HER2-negativem MBC eine signifikante Verbesserung des PFS und OS unter metronomischer Erstlinientherapie mit Capecitabin plus AI im Vergleich zu AI allein. Beide Behandlungsarme wiesen ein tolerierbares Sicherheitsprofil auf, das mit früheren Berichten übereinstimmt.

Quelle
Hong R-X et al. Metronomic Capecitabine Plus Aromatase Inhibitor as Initial Therapy in Patients With Hormone Receptor–Positive, Human Epidermal Growth Factor Receptor 2–Negative Metastatic Breast Cancer—The Phase III MECCA Trial. J Clin Oncol 2025 Jan 2:JCO2400938. doi: 10.1200/JCO.24.00938. Online ahead of print.

Prof. Dr. med. Beat Thürlimann

Brustzentrum, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St.Gallen

  1. Cardoso F, Paluch-Shimon S, Senkus E, et al: 5th ESO-ESMO international consensus guidelines for advanced breast cancer (ABC 5).Ann Oncol 31:1623-1649, 2020
  2. Milani A, Geuna E, Mittica G, et al: Overcoming endocrine resistance in metastatic breast cancer: Current evidence and future directions.World J Clin Oncol 5:990-1001, 2014
  3. Rugo HS, Rumble RB, Macrae E, et al: Endocrine therapy for hormone receptor-positive metastatic breast cancer: American Society of Clinical Oncology guideline.J Clin Oncol 34:3069-3103, 2016
  4. Hong R, Xu B: Breast cancer: An up-to-date review and future perspectives.Cancer Commun (Lond) 42:913-936, 2022
  5. Sledge GW Jr, Toi M, Neven P, et al: MONARCH 2: Abemaciclib in combination with fulvestrant in women with HR+/HER2- advanced breast cancer who had progressed while receiving endocrine therapy. J Clin Oncol35:2875-2884, 2017
  6. Hortobagyi GN, Stemmer SM, Burris HA, et al: Ribociclib as first-line therapy for HR-positive, advanced breast cancer.N Engl J Med 375:1738-1748, 2016
  7. Finn RS et al: Palbociclib and letrozole in advanced breast cancer. N Engl J Med 2016 ; 375:1925-1936
  8. Fan Y et al: Effectiveness of adding everolimus to the first-line treatment of advancedbreast cancer in premenopausal women who experienced disease progression while receiving selective estrogen receptor modulators: A phase 2 randomized clinical trial. JAMA Oncol 2021 ;7:e213428
  9. Dickler MN et al: MONARCH 1, a phase II study of abemaciclib, a CDK4 and CDK6  inhibitor, as a single agent, in patients with refractory HR1/HER2– metastatic breast cancer. Clin Cancer Res 2017 ; 23:5218-5224
  10. Cristofanilli M et al: Fulvestrant plus palbociclib versus fulvestrant plus placebo for  treatment of hormone-receptor-positive, HER2-negative metastatic breast cancer that progressed on previous endocrine therapy (PALOMA-3): Final analysis of the multicentre, double-blind, phase 3 randomised controlled trial. Lancet Oncol 2016 ; 17:425-439 Hong R-X et al. Metronomic Capecitabine Plus Aromatase Inhibitor as Initial
  11.  Therapy in Patients With Hormone Receptor–Positive, Human Epidermal Growth Factor Receptor 2–Negative Metastatic Breast Cancer—The Phase III MECCA Trial. J Clin Oncol 2025 Jan 2:JCO2400938. doi: 10.1200/JCO.24.00938. Online ahead of print

Ausgewählte Studien aus der Hämato-Onkologie

Zanubrutinib, Obinutuzumab und Venetoclax zur Erstlinienbehandlung des Mantelzelllymphoms mit einer TP53-Mutation

Das Mantelzell-Lymphom tritt in der häufigsten nodulären Variante, einer relativ benignen SOX11-negativen leukämischen Variante und einer aggressiven blastoiden Morphologie auf. Die TP53-Mutation ist mit hoher Aggressivität, kurzer Ansprechdauer und hoher Mortalität assoziiert.
In dieser Phase II Studie wurde die Kombination des Bruton Kinase Inhibitors Zanubrutinib, des CD20 monoklonalen Antikörpers Obinutuzumab und des BCL2 Inhibitors Venetoclax (BOVen) bei neu diagnostizierten Mantelzelllymphompatienten mit TP53 Mutation untersucht. Venetoclax wurde ab Zyklus 2 gegeben, Obinutuzumab weniger häufig ab Zyklus 2. Die maximale Zykluszahl betrug 24 für Patienten in MRD negativer CR.

25 Patienten wurden eingeschlossen. Die Ansprechrate war 96% (24/25) und die CR Rate 88% (22/25). Die MRD-Negativität nach 13 Behandlungszyklen lag bei 84% (16/19). Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 28 Monate, das 2-Jahres-PFS 72 %, 91 % bzw. 76 %. Die Nebenwirkungen waren wie bei diesen Medikamenten zu erwarten.
www.clinicaltrials.gov #NCT03824483

Literatur
Anita Kumar, Jacob Soumerai, Jeremy S. Abramson et al.
BLOOD 2025; 145: 497-507

Sieben-Jahres-Ergebnisse der Venetoclax-Ibrutinib-Therapie bei Mantelzelllymphom

Wie oben beschrieben, werden beim Mantelzell-Lymphom Chemotherapie-freie Strategien untersucht. Es handelt sich um eine Phase II Studie mit dem Bruton Kinase Inhibitor Ibrutinib in Kombination mit dem BCL2 Inhibitor Venetoclax bei 24 Patienten mit rezidiviertem/refraktärem Mantelzelllymphom. Die Kombination Ibrutinib-Venetoclax ist aus der CLL-Therapie bekannt und wurde in Phase III-Studien mit hohem Ansprechen in der Kurzzeittherapie getestet.

Ibrutinib wurde in der Mantelzelllymphom-Dosis von 560 mg qd und Venetoclax in der üblichen Dosis von 400 mg qd verabreicht. In dieser Studie war ursprünglich eine Dauertherapie vorgesehen, in einem Amendment wurde ein Therapieabbruch innerhalb der Studie bei MRD-negativer CR erlaubt. Bei langem Follow-up betrug das PFS nach 7 Jahren 30% (95% CI, 14-49; median 28 Monate) und das Gesamtüberleben 43% (95% CI, 23-62; median 32 Monate). Von 8 Patienten mit einem Therapieunterbruch (58 Monate) kam es bei 4 zu einem Rezidiv. Über unerwartete Nebenwirkungen wurde nicht berichetet. Insgesamt kann diese Kombination bei einem Teil der Patienten mit R/R MCL zu langanhaltenden Remissionen führen.
www.clinicaltrials.gov #NCT02471391

Literatur
Sasanka M. Handunnetti, Mary Ann Anderson, Kate Burbury, et al
BLOOD 2024; 144:867-872

Die Dosisintensität von Dexamethason hat keinen Einfluss auf die Ergebnisse bei neu diagnostiziertem multiplem Myelom

Dexamethason in hoher Dosierung mit Tagesdosen 20mg bis 40mg gehört zur Induktionstherapie beim Plasmazellmyelom; die wahrscheinlich häufigst verwendete Kombination ist Dexamethason, das Imid Lenalidomide, der Proteasomhemmer Bortezomib und der monoklonale CD38 Antikörper Daratumumab.

Die Steroidtoxizitäten (Hyperglykämie, Schlaflosigkeit, psychomotorische Unruhe, Immunsuppression und im Verlauf Cushing-Syndrom, Osteoporose, Muskelschwund) sind gut bekannt.

In der ECOG E4A03-Studie wurde Dexamethason 40 mg einmal wöchentlich mit höheren Dosen von Dexamethason (40 mg d1-4) verglichen, und die einmal wöchentliche Dosis erwies sich aufgrund der geringeren Mortalität als überlegen. Diese Dosis (40 mg einmal wöchentlich oder die gleiche Dosis über 2 Tage verteilt) ist in verschiedenen Schemata enthalten.

In der hier vorliegenden Arbeit wurden die Daten der Myelom Studien für Erstinduktionen SWOG 0777 und SWOG 1211 gepooled. Die Studien hatten Lenalidomid-Dexamethason mit oder ohne Bortezomib und mit oder ohne Elotuzumab (ein SLAMF7-Antikörper) untersucht. Die Patienten wurden hinsichtlich der tatsächlich verabreichten Dexamethason-Dosis untersucht (Verabreichung nach Protokoll versus Verabreichung einer niedrigeren Dosis). Eine Dexamethason Dosisreduktion war per Studienprotokoll für Nebenwirkungen erlaubt.
541 Patienten konnten evaluiert werden. Dexamethason-Dosisreduktionen waren bei 373 (69 %) vorgenommen worden. Es gab keine Unterschiede in PFS oder OS in der Volldosis oder reduzierten Dosis Dexamethason Gruppen. Die Studie wurde dahingehend interpretiert, dass Dosisreduktionen sogar in klinischen Studien sehr häufig vorgenommen werden und dass die wirksame Dexamethason-Dosis, insbesondere in modernen Kombinationen zu evaluieren sei.

Literatur
Rahul Banerjee, Rachael Sexton, Andrew J. Cowan,et al.
BLOOD 2025; 145:75-84

Menin-Hemmung mit Revumenib bei KMT2A-Rearranged-­rezidivierter oder refraktärer akuter Leukämie (AUGMENT-101)

Akute myeloische Leukämie mit KMT2A Rearrangement (= 11q23 Translokationen) ist eine aggressive Krankheiten mit kurzer Remissionsdauer und tiefer Überlebensrate. Menin-Inhibitoren sind oral verabreichbare, kleinmolekulare Hemmer der Menin-Lysin-Methyltransferase 2A (KMT2A)-Interaktion und somit der Bindung des KMT2A-Proteinkomplexes an den entsprechenden Genpromotor.

In dieser Studie erhielten Patienten mit rezidivierter / refraktärer KMT2A rearrangierter akuter Leukämie den Menin-Inhibitor Revumenib.

Die Studie AUGMENT-101 wurde in eine Phase I/II Dosiseskalationsstudie umgewandelt. Patienten mit KMT2A rearrangierter oder mit NPM1-Mutation (gleicher Aktivierungsweg) wurden eingeschlossen und erhielten Revumenib oral zweimal täglich in 4-wöchigen Zyklen.

94 Patienten im Durchschnittsalter von 37 Jahren wurden eingeschlossen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren febrile Agranulozytose (37,2%), Differenzierungssyndrom (16%) und QTc-Verlängerung (13,8%). Hinsichtlich der Wirksamkeit konnten 57 Patienten ausgewertet werden, 23% erreichten eine komplette Remission, insgesamt lag die Ansprechrate bei 63,2% (95% CI, 49,3-75,6).

Literatur
Ghayas C. Issa, MD; Ibrahim Aldoss; Michael J. Thirman, et al.
J Clin Oncol 2024; 43:75-84

Ibrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie im Frühstadium: Die randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-III-Studie CLL12

Die Kriterien für die Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie sind an die symptomatische Krankheit gebunden, weil frühe Studien gezeigt hatten, dass die Langzeitresultate bei Behandlung im Frühstadium keine Prognoseverbesserung bringen. Diese Studien wurden mit Chemotherapien durchgeführt und somit machte es Sinn, diese Frage im Zeitalter der zielgerichteten Therapien zu überprüfen.

Die Deutsche CLL-Studiengruppe hat deshalb den Bruton Kinase Inhibitor Ibrutinib in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie mit 363 Patienten auf diese Fragestellung hin untersucht. Patienten mit hohem GCLLSG-Score (bestehend aus klinischen, genetischen, Krankheitsaktivitäts- und Mutationsstatus-Variablen) wurden randomisiert, Patienten mit niedrigem Score nur beobachtet.

Ibrutinib verzögerte die Progression zur symptomatischen CLL signifikant (P < .001; HR, 0.28 [95% CI, 0.19-0.41]), ein Überlebensvorteil wurde jedoch nicht gesehen, allerdings mit nur 26 Todesfällen, aber einer medianen Beobachtungsdauer von 69.3 Monaten. Das 5-Jahres-Überleben betrug 93,3% (95%-KI, 89,3-97,3) in der Ibrutinib-Gruppe und 93,6% (95%-KI, 89,5-97,7) in der Placebo-Gruppe.

Literatur
P Langerbeins, S Robrecht, P Nieper, et al
J Clin. Oncol. 2025: 43; 392-399

Lokale Bestrahlung verbessert die systemische CAR-T-Zell-Wirksamkeit durch Verstärkung der Antigen-Kreuzpräsentation und T-Zell-Infiltration

Über die Wirksamkeit von CAR-T-Zelltherapien gegen das CD19-Antigen bei verschiedenen CD19-exprimierenden B-Zell-Lymphomen wurde auf diesen Seiten bereits mehrfach berichtet. Da diese Therapien in der Regel bei rezidivierten / refraktären Lymphomen eingesetzt werden, ist die Rückfallhäufigkeit hoch. Häufig erhalten die Patienten vor der CAR-T Therapie sogenannte «Bridging Therapien», die mit verschiedenen Modalitäten durchgeführt werden können, u.a. auch mit Bestrahlung.

Dies ist eine tierexperimentelle Studie mit einem CAR-T CD19 positivem Lymphom-Mausmodell. Die Mäuse wurden mit 1 oder 2 niedrigen Dosen (2x4Gy oder 1x8Gy) bestrahlt. In diesem Modell waren die Mäuse Träger von zwei Lymphommanifestationen, von denen nur eine bestrahlt wurde.

Bestrahlung und CD19 CAR-T Therapie hatten einen additiven Effekt auf das Tumorwachstum. Die Bestrahlung führte zu einem erhöhten Ansprechen auf die CAR-T Therapie und dies nicht nur im bestrahlten, sondern auch im nichtbestrahlten Tumor.

Als Erklärung wurden die Aktivierung von Interferon-assoziierten Genen, Tumorantigen-assoziiertes Crosspriming und Epitopspreading gefunden.

Nun bleibt es zu zeigen, dass auch in der klinischen Situation bei Patienten eine solche Strategie Anwendung finden kann.

Literatur
Nektarios Kostopoulos, Francesca Costabile, Elisavet Krimitza,et al.
BLOOD Advances, 2024; 8 :6308-6320

Prof. Dr. med. Jakob Passweg

Klinik für Hämatologie
Hämatologische Diagnostik Labormedizin
Universitätsspital Basel und Blutspendezentrum beider Basel SRK
Petersgraben 4
4031 Basel

jakob.passweg@usb.ch

Patientenforum Onkologie und Hämatologie: Konzept der gemeinsamen Entscheidungsfindung

Unter der Leitung von Prof. Roger von Moos, Leiter des Tumor- und Forschungszentrums am Kantonsspital Chur, diskutierten Ärzte, Patienten, Pflegende und Vertreter von Patientenorganisationen am healthbook Patientenforum vom 18. Januar in Bern, wie das Konzept des «Shared Decision Making» (SDM) in der onkologischen und hämatologischen Praxis besser verankert und mit Leben gefüllt werden kann.

Dr. Ellen Heitlinger, CEO von healthbook, begrüsste die zahlreichen Interessierten, die am Samstagmorgen nach Bern gekommen waren, um sich über ein Konzept zu informieren, das mittlerweile in allen medizinischen Disziplinen Einzug gehalten hat. «Passend zum Weltkrebstag am 4. Februar und im Vorfeld des Darmkrebsmonats März wollen wir den Blick auf die gemeinsame Entscheidungsfindung schärfen», so die Organisatorin des Forums. Dieses verfolge einen ganzheitlichen Ansatz. Nicht nur onkologische, sondern auch chronische Erkrankungen sollen beleuchtet werden, bei denen die gemeinsame Entscheidungsfindung eine ebenso zentrale Rolle spielt. Patientinnen und Patienten setzen in der Regel andere Prioritäten als Ärztinnen und Ärzte, so ist die Verträglichkeit oft wichtiger als die Wirksamkeit einer Therapie. Patientinnen und Patienten sollten daher aktiv in Entscheidungen über die Behandlung ihrer Krankheit einbezogen werden.

Prof. von Moos erinnerte zunächst mit der folgenden Illustration an die Zitate von Snoopy über das Leben und das Glück, «In den letzten Jahren haben wir viel in Bezug auf Multidisziplinarität und Interprofessionalität für den Patienten getan, aber wir hinken noch etwas hinterher, dies gemeinsam mit dem Patienten anzugehen. Im heutigen Patientenforum werden wir verschiedenste Aspekte dieses wichtigen Themas angehen» so der Referent.

Angehörige der Gesundheitsberufe müssen anerkennen, dass ihre Patienten oft mehr über einen bestimmten Aspekt ihrer Behandlungssituation wissen als sie selbst. Sie sind somit auch «Spezialisten», deren Wissen, Meinung und Entscheidungskompetenz respektiert werden muss. Auf dieses «Empowerment» zielt das Konzept der gemeinsamen Entscheidungsfindung ab.

SESSION 1:
Das Konzept verstehen: Shared ­Decision Making in Onkologie und Hämatologie

Grundlagen und Prinzipien der gemeinsamen ­Entscheidungsfindung

«Eine effektive Versorgung in der Onkologie/Hämatologie setzt sich zusammen aus der Wahl der medizinischen Behandlung, der Evidenz der Nachteile und Vorteile, den Bedürfnissen, Werten und Präferenzen des Patienten und einer «präferenzsensiblen» Entscheidung», so PD Dr. med. Martina Kleber, Chefärztin Institut für Allgemeine Innere Medizin, Hirslanden Klinik, Zürich.
Die Phasen des Shared Decision Making sind
Schritt 1: Suche nach der Teilnahme des ­Patienten
Schritt 2: Helfen Sie Ihrem Patienten, Behandlungsoptionen zu erkunden und zu vergleichen
Schritt 3: die Werte und Vorlieben Ihres Patienten einschätzen
Schritt 4: Treffen Sie eine Entscheidung mit Ihrem Patienten
Schritt 5: Bewerten Sie die Entscheidung des Patienten

Konzepte der gemeinsamen Entscheidungsfindung: informierte Entscheidung, wertebasierte Entscheidung, patientenzentrierte Versorgung, Zusammenarbeit, kontinuierlicher, partnerschaftlicher Dialog.

Grundsätze der gemeinsamen Entscheidungsfindung
Evidenzbasierte Information, Deliberation und Abwägung, Einbeziehung des Patienten, Autonomie des Patienten, unterstützendes Umfeld – erleichterter Dialog.
Vorteile von Shared Decision Making: Verbesserte Kommunikation, Patientenzufriedenheit, Therapietreue / Compliance, Positive Auswirkungen auf die Gesundheit des Patienten.

Digitale Entscheidungshilfen
Unterstützung im Vorfeld zur Vorbereitung auf Shared Decision Making. Bereitstellung von standardisierten, meist evidenzbasierten Informationen über Krankheiten, mögliche medizinische Massnahmen und damit verbundene Vor- und Nachteile sowie Risiken. Elektronische bzw. webbasierte Entscheidungshilfen können helfen, Lücken in der Vorbereitung der Patienten zu schliessen und sie so im Prozess des SDM zu unterstützen.

Chatbot als effiziente Hilfe
Textbasierte Dialogsysteme, Chat per Texteingabe oder Sprache mit einem automatisierten System, text- oder sprachbasierter Dialog mit dem Nutzer über eine interaktive Schnittstelle. Dies spart Zeit und bereitet das Gespräch mit dem Arzt vor.

Schlussfolgerungen
– Therapieentscheidungen in der Onkologie/Hämatologie sind komplex
– Gemeinsame Entscheidungsfindung ist ein kontinuierlicher Prozess
– Häufig im Kontext von Breaking Bad News
– Unterstützende Umgebung – erleichterter Dialog
– Unterstützung durch digitale Werkzeuge.

Patientenzentrierte Versorgung durch Shared Decision Making stärken

Erik Aerts, Abteilungsleiter Pflege am USZ betonte die zentrale Rolle der Kommunikation in der gemeinsamen Entscheidungsfindung. Besprechung von Behandlungspräferenzen und -prioritäten zum Verständnis dessen, was Patienten brauchen, um fundierte Entscheidungen zu treffen, sind essenziell. Es sollte effektiv kommuniziert werden, zurück zu den 5 As (Ask, Assess, Advice, Assisst, Arrange), so der Referent.

Aus Sicht der Pflege zeigte Erik Aerts auf, wie sehr klar und respektvoll vermittelte Informationen über Behandlungsoptionen, Risiken und Vorteile einer Krebsbehandlung den Patienten helfen können, fundierte Entscheidungen zu treffen und eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Fachpersonen und Patienten zu schaffen. Er warnte vor unrealistischen Erwartungen und vor den Gefahren von Fehlinformationen aus den Medien oder dem Internet.

Was fehlt oft?
Die Diskussionen über Behandlungen konzentrieren sich oft auf SOM aber Patienten mit hämatologischen Erkrankungen brauchen mehr. Dazu gehören auch Diskussionen über die Planung des Lebensendes, die realistische Prognosen erfordert.

SESSION 2:
Gemeinsame Entscheidungsfindung und die Rolle eines multidisziplinären Tumorboards

Berührungspunkte zwischen gemeinsamer Entscheidungsfindung und einem multidisziplinären Tumorboard

Zu den Beziehungen und Problemen zwischen gemeinsamer Entscheidungsfindung und den Entscheidungen des Tumorboards referierte Dr. Michael Montemurro, Clinique Genolier Genf.

Teamarbeit findet in der Krebsmedizin bereits innerhalb der Ärzteschaft statt. Die behandelnden Onkologen, Pathologen, Radiologen sowie organspezialisierte Fachärzte treffen sich in multidisziplinären Tumorboards und beleuchten und bewerten Diagnosen, Therapieentscheidungen und Therapieverläufe aus unterschiedlichen Perspektiven. Im anschliessenden Gespräch mit dem Patienten kann sich der Weg der gemeinsamen Entscheidungsfindung ebenso komplex gestalten wie die Therapieauswahl selbst. Denn die Patientenpräferenzen können sich unter anderem auf die Wahl der Therapieziele (z.B. Heilung oder Verbesserung der Lebensqualität), die Art der Therapie (Chemotherapie oder Immuntherapie) sowie die jeweiligen Risiken und Nebenwirkungen beziehen. Abschliessend verwies der Referent auf die Ergebnisse einer Umfrage zu wahrgenommenen Hindernissen und benötigten Ressourcen:
– Der Patient ist mit der Entscheidung überfordert (53%),
– Der Patient möchte, dass sein Arzt die Entscheidung trifft (46%)
– Der Patient hat eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz (46%)
– Ich wurde nicht ausreichend geschult, um an der gemeinsamen Entscheidungsfindung teilzunehmen (13%).

SESSION 3:
Fähigkeiten für bessere gemeinsame Entscheidungen stärken: Übungen, die helfen

Welche Kompetenzen müssen verbessert werden und wie?

Der Onkologe Dr. Alexander Meisel (Glarus) betonte die grosse Bedeutung des kontinuierlichen Dialogs mit den Patienten. Ausreichend Zeit, klare Kommunikation, gute Vorbereitung sowie der Einsatz von verständlichen Materialien und Bildern seien dabei entscheidend. Wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Shared Decision Making seien zudem verlässliche Diagnosedaten, zeitnahe Laborergebnisse und leicht zugängliches Informationsmaterial.

Der Referent betonte, dass Ärzte und Patienten zu jedem Zeitpunkt der Behandlung ein Behandlungsteam bilden und vor allem immer auf dem neuesten Stand der Behandlung sein sollten. Wenn Disease Management keine Worthülse bleiben solle, müsse es zeigen, dass es mehr als ein theoretisches Konzept sei. Deshalb müssten sich alle an der Behandlung und Betreuung Beteiligten täglich für eine vertrauensvolle, partnerschaftliche und transparente Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten einsetzen, so der Referent. Ziele einer partizipativen Behandlungsentscheidung sollten sein, so Dr. Meisel:
– Die Präferenzen des Patienten genau kennen
– Patienten bestmöglich und verständlich informieren
– Trotz der Präferenzen des Patienten die bestmögliche Behandlungsentscheidung treffen, insbesondere wenn mehrere Optionen zur Verfügung stehen
– Gesamtüberleben
– Tumorkontrolle
– Nebenwirkungen
der Wahrheit so nahe wie möglich kommen.

Partizipative Behandlungsentscheidung SDM – Was bevorzugen die Patienten?
Eine Untersuchung an 1081 Patienten (48.6% weiblich) ergab die folgenden Resultate

– 402 Patienten (37.2%) bevorzugen die Kontrolle über ihre Behandlung zu behalten
– 400 Patienten (37.0%) bevorzugen die Kontrolle mit ihrem Arzt zu teilen
– 279 Patienten (25.5%) bevorzugen die Kontrolle dem behandelnden Arzt zu überlassen.
– Bei Patienten zwischen 18 und 40 Jahren war die Wahrscheinlichkeit höher, die Kontrolle über die Behandlung selbst behalten zu wollen. Ein gleicher Trend war bei höherer Bildung und höherem Einkommen zu beobachten.
– Patienten mit metastasierter Erkrankung wollten häufiger eine gemeinsame Entscheidungsfindung.

Partizipative Entscheidung/SDM: Auswirkungen auf den ­Praxisalltag und Patienten
Es wurde festgestellt (Abukmail E et al. Pat Educ Count 2024 Dec; 129:1o8408), dass die Umsetzung von SDM in der Regel weder Kosten noch die Konsultationszeit erhöht, während es für bestimmte Bevölkerungsgruppen neutrale bis positive Auswirkungen auf die Ergebnisse und die Qualität hat. Es bestehen weiterhin Wissenslücken, einschliesslich einer besseren Erforschung des Klimas, in dem SDM am effektivsten ist.
Wichtige Voraussetzungen für eine partizipative Behandlungsentscheidung: die persönliche Meinung des Referenten
– Patient und behandelnder Arzt sollten immer ein Behandlungsteam sein
– Wir sind Berater – keine Patriarchen
– Alle Hindernisse sollten uns nicht davon abhalten, eine bestmögliche, patientenorientierte Behandlung zu bieten
– SDM spart am Ende Zeit und Energie

SESSION 4:
Patientenforum Perspektiven von Patientinnen und Patienten erforschen

Rosmarie Pfau aus Aesch, Gründerin und Präsidentin des Patientennetzes Lymphome Schweiz (lymphome.ch), war selbst Lymphom-Patientin. Sie berichtete von den Erfahrungen von Patienten mit dem Thema gemeinsame Entscheidungsfindung im Alltag. Dabei stützte sie sich ­insbesondere auf Daten einer Umfrage des Lymphom-Patientennetzes.

Die Befragung ergab, dass etwa 30% der Patienten stärker in den Entscheidungsprozess einbezogen werden könnten, was die Behandlungserfahrung verbessern und eine stärkere Patientenorientierung ermöglichen würde. 40% der Patienten würden Therapieentscheidungen lieber gemeinsam mit dem behandelnden Arzt treffen. Rosmarie Pfau betonte, wie wichtig eine auf den Patienten und seine persönlichen Lebensumstände zugeschnittene Unterstützung, anschauliches Informationsmaterial und die individuelle Begleitung durch Patientenorganisationen seien.

Gemeinsame Entscheidungsfindung ist sinnvoll, so die Referentin
– bei chronischen und akuten Erkrankungen
– bei Behandlungen mit mehreren gleichwertigen Alternativen
– bei Behandlungen mit grossen Risiken oder Nebenwirkungen
Beteiligung an der Entscheidungsfindung laut Lymphoma Coalition Global Patient Survey 2024/Schweiz: 64% der Patienten wurden in dem Masse in Entscheidungen über ihre Versorgung und Behandlung einbezogen, wie sie es wünschten. 29% fühlten sich bis zu einem gewissen Grad so einbezogen, wie sie es wünschten 4% wünschten sich eine stärkere Einbeziehung 1% wünschten sich keine Einbeziehung.
Als besonders wichtig erachtet die Referentin die Information und Erklärung der empfohlenen Therapieoptionen, die Information über mögliche Nebenwirkungen, die Berücksichtigung ihrer beruflichen Situation, d.h. eine Therapie, bei der sie weiterarbeiten kann, die Entscheidung gemeinsam mit dem Arzt zu treffen.

Gemeinsame Entscheidungsfindung aus Sicht der Patientenbetreuung

Darüber, wie sich die Umsetzung des Konzepts der gemeinsamen Entscheidungsfindung im Alltag aus der Perspektive der Patientenbetreuung und Pflege gestaltet, sprach die diplomierte Pflegefachfrau Onkologie, Rita Deininger, vom Tumor und BrustZentrum,St. Gallen.

Sie verglich den Prozess mit einer Bergtour, bei der ein guter Führer dank vorausschauender Planung auch auf schwierige Wetterbedingungen vorbereitet ist. Zusammen mit einer Haltung im Sinne «Hope for the best, be prepared for the worst» würden Weitsicht, Vertrauen und enge Zusammenarbeit zwischen Patienten, Angehörigen und medizinischen Fachpersonen Patienten gerade in schwierigen Situationen unterstützen. Zum Beispiel bei der Frage, wie es weitergeht, wenn eine Palliativpflege im Raum steht.

Hinweis:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personen und Berufsbezeichnungen, die in diesem Text im männlichen Geschlecht aufgeführt sind, gelten daher selbstverständlich gleichermassen für alle Geschlechter.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Gesundheitsberichterstattung über Krebs 2024 – Zweittumore in der Schweiz

Die Nationale Krebsregistrierungsstelle (NKRS) und das nationale Kinderkrebsregister (KiKR) haben den ersten Bericht der Gesundheitsberichterstattung über Krebs publiziert. Mit diesem sowie den folgenden Berichten wollen sie alle drei Jahre gesundheitspolitische Fragen zum Krebsgeschehen beantworten, bewertende Betrachtungen liefern und Empfehlungen für Gesundheitspolitik, Gesundheitsversorgung und Forschung aussprechen.

Im vorliegenden ersten Bericht wird das Zweittumorrisiko in der Schweiz untersucht. Der Bericht zeigt auf, wie hoch das Risiko ist, nach einer überstandenen ersten Krebserkrankung an einem zweiten Tumor zu erkranken, wer besonders gefährdet ist und welche Massnahmen zu ergreifen sind, um die Belastung durch Zweittumore zu verringern.

Die Berichte stützen sich auf Daten aus der Krebsregistrierung. Seit Einführung des KRG sind Krebserkrankungen, Krebsvorstufen und gewisse gutartige Tumore meldepflichtig. Die entsprechenden Informationen werden für Erwachsene in den kantonalen Krebsregistern und für Kinder und Jugendliche im nationalen Kinderkrebsregister erfasst. Die Nationale Krebsregistrierungsstelle stellt die anonymisierten Daten zum nationalen Krebsdatensatz zusammen. Dieser erlaubt umfassende Auswertungen zum Gesamtbild von Krebserkrankungen in der Schweiz.

Zum Download:

Mehr Informationen
Dr. med. Katharina Staehelin, Direktorin NKRS/NICER,
katharina.staehelin@nkrs.ch

Führungswechsel bei Oncosuisse

Der Vorstand von Oncosuisse hat M Sc Dominique Froidevaux zum neuen CEO ernannt. Für das Ressort Politik wird er unterstützt von Prof. Dr. med. Roger von Moos. Dominique Froidevaux übernimmt von Dr. Michael Röthlisberger, der Oncosuisse nach langjähriger Tätigkeit per Ende Februar verlässt. Dominique Froidevaux, erfahren in der Führung von Gesundheitsverbänden, soll die Schweizerischen Vereinigung gegen Krebs in die Zukunft führen.

Der Oncosuisse Vorstand dankt Dr. Michael Röthlisberger für sein langjähriges Engagement. Unter seiner Führung wurden bedeutende Fortschritte erzielt, so wurde für den Nationalen Krebsplan ein politischer Auftrag erlangt, unter Einbezug einer gestärkten Schweizer Krebsgemeinschaft eine inhaltliche Grundlage dafür geschaffen und mit dem BAG ein Mandat zur Umsetzung vereinbart. Zudem wurde der Verband Oncosuisse so restrukturiert, dass die Umsetzung des Nationalen Krebsplans mit breiterer Mitgliederbasis angegangen werden kann. «Wir danken Dr. Röthlisberger für seine wertvollen Beiträge und wünschen ihm alles Gute für seine berufliche Laufbahn», so Vorstandspräsidentin Prof. Dr. med. Solange Peters.

Unter der Leitung von M Sc Dominique Froidevaux, dem Gründer und CEO der Pro Medicus GmbH in Zürich, soll eine neue Oncosuisse entstehen, die allen Schweizer Krebsorganisationen offensteht. Nach einer kurzen Einarbeitungsphase wird er ab April 2025, mit Unterstützung von Prof. Dr. med. Roger von Moos (Kantonsspital Graubünden, Ressort Politik Oncosuisse) die Arbeit aufnehmen. Dominique Froidevaux verfügt über eine mehr als dreissigjährige Erfahrung im Gesundheitswesen. In seiner beruflichen Tätigkeit hat er zahlreiche Plattformen entwickelt und erfolgreich geleitet, insbesondere auch im Bereich der Onkologie. Sein Kernanliegen ist dabei stets dasselbe: Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen besser zusammenarbeiten, die Qualität im Gesundheitswesen zu steigern und einen Beitrag zur Kostensenkung zu leisten – mit dem Ziel, dass Patientinnen und Patienten künftig noch besser umsorgt werden können.

Gemeinsam mit dem Oncosuisse Vorstand fokussiert Froidevaux in einem ersten Schritt auf die Umsetzung des BAG-Mandates «Krebsplan Schweiz», auf den Aufbau einer wirkungsvollen Politikstrategie und auf die nachhaltige Stärkung des Dachverbands durch den weiteren Ausbau der Mitgliederbasis von Oncosuisse und durch die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung.

«Oncosuisse möchte die Rahmenbedingungen für Krebspatientinnen und -patienten hierzulande nachhaltig verbessern», sagt Vorstandspräsidentin Prof. Dr. med. Solange Peters zum Führungswechsel. Dominique Froidevaux bringe alle Kompetenzen, langjährige Erfahrung und ein starkes Netzwerk mit, was es Oncosuisse auch erlaube, die gemeinsamen Anliegen der Mitglieder gezielt in den politischen Prozess einzubringen.

Mehr Informationen
www.oncosuisse.ch