Ibrutinib–Rituximab oder Immunchemotherapie bei chronischer lymphatischer Leukämie

Quelle: Shanafelt T D, et al. Ibrutinib–Rituximab or Chemoimmunotherapyfor Chronic Lymphocytic Leukemia. N Engl J Med 2019;381:432-43

Daten zur Wirksamkeit der Behandlung mit Ibrutinib-Rituximab im Vergleich zur Standard-Immunchemotherapie mit Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab bei Patienten mit bisher unbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) sind begrenzt.
In einer Phase-3-Studie wurden nach dem Zufallsprinzip (im Verhältnis 2:1) Patienten im Alter von 70 Jahren oder jünger mit zuvor unbehandelter CLL entweder zu Ibrutinib und Rituximab für sechs Zyklen (erster Zyklus mit Ibrutinib allein), gefolgt von Ibrutinib bis zum Fortschreiten der Erkrankung, oder sechs Zyklen Immunchemotherapie mit Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab (FCR) zugewiesen. Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben. Das Gesamtüberleben war ein sekundärer Endpunkt. Es wird über die Ergebnisse einer geplanten Zwischenanalyse berichtet.
Insgesamt wurden 529 Patienten randomisiert (354 Patienten in die Ibrutinib-Rituximab-Gruppe und 175 in die FCR-Gruppe), bei einem medianen Follow-up von 33,6 Monaten.
Das progressionsfreie Überleben (PFS) begünstigte Ibrutinib-Rituximab gegenüber FCR (89,4% vs. 72,9% nach 3 Jahren; Hazard Ratio für Progression oder Tod, 0,35 (95% Konfidenzintervall [CI], 0,22 bis 0,56; P< 0,001). Die Ergebnisse entsprachen dem protokolldefinierten Endpunkt für die Zwischenanalyse. Auch die Anaylse des Gesamtüberlebensbevorzugte Ibrutinib-Rituximab gegenüber FCR (98,8% vs. 91,5% nach 3 Jahren; Todesfallrate 0,17; 95% CI, 0,05 bis 0,54; P < 0,001). In einer Untergruppenanalyse von Patienten ohne IGHV-Mutation führte Ibrutinib-Rituximab zu einem besseren PFS als FCR (90,7% gegenüber 62,5% nach 3 Jahren; Hazard Ratio für Progression oder Tod, 0,26; 95% CI, 0,14 bis 0,50). Das progressionsfreie 3-Jahres-Überleben bei Patienten mit IGHV-Mutation betrug 87,7% in der Ibrutinib-Rituximab-Gruppe und 88,0% in der FCR-Gruppe (Hazard Ratio für Progression oder Tod, 0,44; 95% CI, 0,14 bis 1,36). Die Häufigkeit Grad 3 oder höher Nebenwirkungen (unabhängig von der Zuordnung) war in den beiden Gruppen ähnlich (bei 282 von 352 Patienten [80,1%], die Ibrutinib-Rituximab erhielten und bei 126 von 158 [79,7%], die FCR erhielten), während infektiöse Komplikationen Grad 3 oder höher bei der Ibrutinib-Rituximab-Therapie weniger häufig waren als bei der FCR-Therapie (bei 37 Patienten[10,5%] vs. 32[20,3%], P < 0.001).

Schlussfolgerungen

Das Ibrutinib-Rituximab-Regime führte zu einem besseren progressionsfreien Überleben und Gesamtüberleben als FCR bei unbehandelten CLL-Patienten, die 70 Jahre oder jünger waren.

Tagraxofusp bei blastischer plasmazytoider dendritische Zellneoplasie

Quelle: Pemmaraju N et al. Tagraxofusp in blastic plasmacytoid dendritic-cell neoplasm. N Engl J Med 2019 ;380 :1628-1637

Die blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie (Blastic Plasmacytoid Dendritic Cell Neoplasm, BPDCN) ist eine aggressive hämatologische Neoplasie, die durch transformierte plasmazytoide dendritische Zellen verursacht wird, die die Alpha Untereinheit des Interleukin-3 Rezeptors (IL3RA oder CD123) überexprimieren. Tagraxofusp (SL-401) ist ein gegen CD123 gerichtetes Zytotoxin, bestehend aus humanem Interleukin-3, das mit einem trunkierten Diphtherietoxin fusioniert ist.
In einer Multikohorten-Studie wurden 47 Patienten mit unbehandelter oder rezidivierter BPDCN mit einer intravenösen Infusion von Tagraxofusp in einer Dosis von 7μg oder 12 μg pro Kilogramm Körpergewicht an den Tagen 1 bis 5 eines jeden 21-Tage-Zyklus behandelt. Die Behandlung wurde bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zu unannehmbaren toxischen Nebenwirkungen fortgesetzt. Der primäre Endpunkt war die Kombination aus kompletter Remission und klinischer kompletter Remission bei Patienten ohne vorbehandelte BPDCN. Der sekundäre Endpunkt war die Dauer des Ansprechens.
Von den 47 Patienten erhielten 32 Tagraxofusp als Erstlinientherapie, 15 Patienten hatten eine Behandlung davor erhalten. Das mittlere Alter der Patienten betrug 70 Jahre (22 bis 84 Jahre). Unter den 29 bisher unbehandelten Patienten, die Tagraxofusp in einer Dosis von 12 μg pro Kilogramm erhielten, wurde der primäre Endpunkt in 21 Fällen (72%) erreicht, die Gesamtansprechrate betrug 90%. Von diesen Patienten wurden 45% mit einer Stammzelltransplantation konsolidiert. Die Überlebensrate nach 18 und 24 Monaten betrug 59% bzw. 52%. Unter den 15 zuvor behandelten Patienten war die Ansprechrate 67%, und das mediane Gesamtüberleben betrug 8,5 Monate. Die häufigsten Nebenwirkungen waren erhöhte Alanin-Aminotransferase (64%) und Aspartat-Aminotransferase (60%), Hypalbuminämie (55%), periphere Ödem (51%), und Thrombozytopenie (49%). Ein «Capillary leak syndrome» trat in 19% der Fälle auf. In jeder Dosisgruppe trat ein Todesfall auf.

Schlussfolgerungen

Bei erwachsenen Patienten mit unbehandelter oder rezidivierter BPDCN führte die Behandlung mit Tagraxofusp zu einem klinischem Ansprechen. Eine schwerwiegende Nebenwirkungen war das «Capillary leak syndrome»; Hepatische Dysfunktion und Thrombozytopenie waren häufig.

Multizenter-Analyse bei blastischer plasmazytoider dendritische Zellneoplasie als Benchmark für zielgerichteten Therapie.

Quelle: Taylor J et al. Multicenter Analysis of Outcomes in Blastic Plasmacytoid Dendritic Cell Neoplasm Offers a PreTargeted Therapy Benchmark. Blood First Edition Paper, prepublished online July 2, 2019; DOI 10.1182/blood.2019001144

Das blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie (blastic plasmacytoid denritic cell neoplasm, BPDCN) ist eine seltene hämatologische Malignität mit ungünstiger Prognose. Daten zum klinischen Verhalten von BPDCN sind limitiert, da die berichteten Ergebnisse aus kleinen retrospektiven Serien stammen und keine standardisierten Behandlungsrichtlinien vorliegen.
Das IL-3-Zytotoxinkonjugat Tagraxofusp wurde kürzlich in Phase-1/2-Studien getestet, die zur Zulassung durch die U.S. Food and Drug Administration führten; Die erste Zulassung für BPDCN überhaupt. Da es jedoch weder in dieser oder noch in einer anderen klinischen Studie bisher einen passenden internen Vergleich gab, sind die Ergebnisse von BPDCN-Studien, in denen neue Medikamente getestet werden, schwer mit alternativen Therapien vergleichbar. Es wurden deshalb die klinischen Merkmale und Outcome einer Gruppe von Patienten mit BPCDN zusammengefasst, die an 3 US-Krebszentren in der modernen Ära (vor Tagraxofusp-Zulassung) behandelt wurden.
Bei 59 Patienten mit BPDCN betrug das mediane Gesamtüberleben ab Diagnose 24 Monate und das Outcome war ähnlich bei Patienten mit rein kutaner Manifestation der BPDCN oder mit systemischer Erkrankung. Eine intensive Erstlinientherapie und eine Chemotherapie vom «lymphoiden» Typ waren mit einem besseren Outcome verbunden. Nur 55% der Patienten erhielten eine intensive Chemotherapie und 42% wurden mit einer Stammzelltransplantaton konsolidiert. Ungünstige prognostische Parameter waren: Alter über 60 Jahre, abnormaler Karyotyp und TdT-Negativität in den BPDCN-Zellen. Ein Ansprechen auf Pralatrexat und Enasidenib wurde bei einzelnen Patienten festgestellt. Diese Studie zeigt, dass das Outcome für BPDCN-Patienten in der modernen Ära ungünstig ist und dass neue Therapieansätze notwendig sind. Die Ergebnisse laufender klinischen Studien bei BPDCN können im Kontext dieser kontemporären Kohorte interpretiert werden.

Prof. Dr. med.Markus G. Manz

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

PD Dr. med. Alexandre Theocharides

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

Alexandre.Theocharides@usz.ch

Aktuelle Fragen zum Multiplen Myelom

Bei keiner andern hämatologischen Krankheit wurde in den letzten Jahren eine derart grosse Zahl neuer Medikamente zugelassen wie beim Myelom. Bei der Wahl diagnostischer Methoden und bei der Kombination und Sequenzierung der neuen Therapieoptionen sind aber noch viele Fragen offen. Nachfolgend soll auf einige wichtige praktische Aspekte zur Abklärung und Behandlung des multiplen Myeloms eingegangen und auch ein Blick auf die künftigen Perspektiven gewagt werden.

Il n’ existe pas d’ autre maladie hématologique pour laquelle un nombre aussi important de nouveaux médicaments ont été approuvés ces dernières années que le myélome. Toutefois, de nombreuses questions subsistent en ce qui concerne le choix des méthodes de diagnostic ainsi que la combinaison et le séquençage des nouvelles options thérapeutiques. Dans cet article, quelques aspects pratiques importants pour la clarification et le traitement du myélome multiple seront abordés et un regard sera porté sur les perspectives à venir.

Welche bildgebenden Untersuchungen sind bei Diagnose sinnvoll?

Das konventionelle Röntgen des Stammskeletts und der Extremitäten in zwei Ebenen war über Jahrzehnte Standard bei der initialen Diagnostik des Myeloms. Diese Untersuchungstechnik weist aber vor allem im Stammbereich eine ungenügende Sensitivität auf. Heute haben deshalb neuere Methoden wie das Ganzkörper-low-dose Knochen-CT, das Ganzkörper-MRI und das PET-CT Einzug in die initiale Diagnostik gehalten. Doch welche dieser Methoden ist wann sinnvoll?
Das Knochen-CT hat sich an den meisten Zentren als Standard zur Beurteilung eines ossären Befalls etabliert. Diese Untersuchung dauert lediglich etwa 15 Minuten, braucht kein Kontrastmittel und ist die kostengünstigste der neuen Techniken. Die Strahlenbelastung ist 2- bis 3-mal kleiner als bei einem normalen CT. Mit dem Knochen-CT können allfällige Konchenläsionen gut auf ihre Frakturgefährdung hin analysiert werden, und auch eine begleitende Ostoeporose lässt sich damit gut nachweisen.
Das Ganzkörper-MRI ist die empfindlichste Methode zur Detektion eines frühen Knochenbefalls. Es erlaubt im Gegensatz zum CT auch eine Beurteilung hinsichtlich einer allfälligen Knochemarksinfiltration. Eine Untersuchungsdauer bis zu einer Stunde kann gelegentlich bei Myelompatienten mit schmerzhaftem Wirbelsäulenbefall zum Problem werden.
Das PET-CT hat seine Stärke im Nachweis extramedullärer Läsionen, stellt aber auch ossären Befall gut dar. Die Zahl der ossären Läsionen, der maximale SUV-Wert, sowie ein extramedullärer Befall haben prognostische Relevanz bezüglich Überleben (1). Der Verlauf der SUV-Werte erlaubt zusätzlich eine Beurteilung des Ansprechens auf die Therapie.
Das European Myeloma Network wie auch die ESMO haben das Knochen-CT als Methode der Wahl für das initiale Imaging empfohlen. Bereits 2014 hat die International Myeloma Working Group (IMWG) festgelegt, dass der Nachweis von mehr als einer fokalen Läsion im Knochen-CT, oder PET-CT, bzw. mehr als einer mindestens 5mm grossen Knochenmarksläsion im MRI einem Knochenbefall und damit einem Myelom mit Endorganbefall entsprechen (2). Vergleichende Studien mit MRI und PET-CT haben eine gute Übereinstimmung gezeigt betreffend Knochenläsionen, diffusem Befall und Befall des Knochenmarks (3).
Grundsätzlich kann also für den initialen Workup ein Knochen-CT empfohlen werden. Ist dieses negativ, sollte ein Ganzkörper-MRI oder zumindest ein axiales MRI angeschlossen werden. Wird bei einem «smoldering myeloma» mehr als eine Knochen- oder Knochenmarksläsion gefunden, handelt es sich um ein Myelom, das nach den neueren Kriterien behandelt werden muss. Eine PET-CT wird initial empfohlen bei Verdacht auf extramedullären Befall, bei asekretorischem Myelom mit normaler FLC-Ratio oder innerhalb klinischer Studien mit «minimal residual disease» (MRD) als Endpunkt (4).
Zur Beurteilung des Ansprechens auf Therapie machen Knochen-CT und MRI wegen der protrahierten Abheilung der ossären Läsionen keinen Sinn. Falls das Ansprechen sich nicht mit biochemischen Parametern ausreichend dokumentieren lässt, kann eine Abnahme der metabolischen Aktivität mittels PET-CT untersucht werden. Es ist aber zu berücksichtigen, dass das PET-CT-Ansprechen beim Myelom noch nicht soweit standardisiert ist wie bei den Lymphomen.

Welche osteoprotektiven Medikamente kommen in Frage?

Die grosse Mehrzahl der Myelom-Betroffenen leidet bereits bei Diagnose oder im Verlauf unter einem skelettalen Befall. Dieser verursacht nicht nur erhebliche Beschwerden und eingeschränkte Mobilität, sondern auch zusätzliche Behandlungskosten. Eine optimale Therapie zur Behandlung bestehender und zur Prophylaxe zusätzlicher Knochenläsionen ist deshalb äusserst wichtig.
Bisphosphonate werden von den Osteoklasten adsorbiert und hemmen deren Ausreifung und Aktivität. Zoledronat zeigte in der britischen Myeloma IX-Studie einen Überlebensvorteil gegenüber Clodronat, und zwar auch bei Patienten ohne Knochenbefall (5). Zoledronat scheint also einen direkten Anti-Myelom-Effekt zu haben. Zoledronat sollte deshalb auch für Patienten evaluiert werden, die keinen Knochenbefall haben. Die Therapie sollte monatlich über 2 Jahre fortgeführt werden, danach je nach Knochenbefall allenfalls in grösseren Zeitabständen. Bei Patienten, die nicht mindestens eine gute Partialremission haben, wird eine Weiterführung der Bisphosphonate empfohlen, wobei der optimale Therapieabstand in dieser Situation nicht definiert ist. Es ist zu berücksichtigen, dass mit der Zeitdauer der Bisphosphonat-Therapie auch das Risiko für Kiefernekrosen und für Femurschaft-Frakturen steigt. In der randomisierten Z-MARK-Studie wurde eine dynamische, risikoadaptierte Verabreichung von Zoledronat untersucht. Je nach N-Telopeptide Typ 1 Kollagen im Urin, skelettalen Events und Krankheitsprogression wurde Zoledronat monatlich oder nur alle 3 Monate verabreicht. Mit nur 5,8% skelettalen Events im ersten und 4,9% im zweiten Jahr erwies sich diese Strategie als vielversprechend (6).
Wurden die Bisphosphonate abgesetzt, sollten sie jedenfalls bei einem Rezidiv wieder aufgenommen werden.
Der monoklonale RANKL-Antikörper Denosumab wurde letztes Jahr aufgrund einer randomisierten Studie mit Zoledronat, welche eine Non-Inferiorität zeigte, von der FDA und der EMEA explizit beim Myelom zugelassen (7). Denosumab ist auf der Spezialitätenliste für solide Tumoren zugelassen und kann allenfalls eine Option für Myelom-Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sein. Bei einer Kreatinin-Clearance von 30-60 ml/min scheint Densoumab sicher zu sein, bei tieferen Werten sind die Daten noch zu wenig robust. Kiefernekrosen treten unter Denosumab etwa gleich häufig auf wie unter Zoledronat. Bei Patienten mit Osteoporose wurde nach Absetzen von Denosumab ein Rebound-Effekt mit rasch sinkender Knochendichte und einem erhöhten Frakturrisiko innerhalb von 18 Monaten nach Absetzen beobachtet. Es wird vermutet, dass dieser Effekt auf eine starke Zunahme der RANKL/OPG-Ratio nach Therapiestopp mit konsekutiver Beschleunigung der Ausreifung inaktiver Osteoklasten zurückzuführen ist (8). Wenn Denosumab bei Myelom-Patienten abgesetzt werden soll, ist deshalb eine andere osteoprotektive Massnahme, z.B. mit Bisphosphonaten in Betracht zu ziehen (9).

Ist die autologe Stammzell-Transplantation in der Erstlinien-Therapie noch nötig?

Bereits 1996 hatte die französische IFM-Gruppe einen Überlebensvorteil einer Chemotherapie, gefolgt von einer autologen Knochenmarktransplantation gegenüber einer alleinigen Chemotherapie gezeigt. Seither gehört dieses Vorgehen zum Standard bei unter 70- bis 75-jährigen Patienten. Durch den Einbezug der Proteasomen-Inhibitoren und der IMIDs in die Initialtherapie ist der Anteil an Patienten, die bereits vor der Hochdosistherapie eine «very good partial remission» oder gar eine CR haben, deutlich gestiegen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die autologe Stammzell-Transplantation allenfalls erst im Rezidiv oder bei Progression durchgeführt werden soll. Die IFM2009-Studie untersuchte diese Frage (10). Die Patienten wurden randomisiert zwischen 3 x VRD gefolgt von ASCT, gefolgt von 2 x VRD versus 8 x VRD und ASCT erst beim Rezidiv. Die CR-Raten und auch das PFS waren im «early transplant-arm» signifikant besser, während das Gesamtüberleben in beiden Gruppen gleich war. Dies liegt eventuell an der relativ kurzen Beobachtungszeit von 4 Jahren. Mit Sicherheit trägt die frühe ASCT dazu bei, die Tiefe des Ansprechens nach der Erstlinientherapie zu erhöhen. So war der Anteil der Patienten, die MRD-negativ wurden bei früher ASCT um 15% höher. MRD-Negativität führt zu verbessertem PFS und OS, wie in einer Metaanalyse verschiedener klinischer Studien klar gezeigt werden konnte (11). Für eine frühe ASCT spricht auch die Beobachtung, dass gut ein Drittel der Patienten, welche für eine ASCT im Rezidiv randomisiert waren, diese gar nie erhielten. Dies könnte mit neu dazukommender Komorbidität, mit dem Alter oder auch mit aggressiven Myelom-Verläufen zusammenhängen (12). In Europa wird die ASCT in der ersten Therapielinie auch mit den neuen Medikamenten in der Induktionstherapie weiterhin als Standard betrachtet. In den USA entscheiden eher das Risikoprofil und auch Patientenwunsch über den Zeitpunkt der ASCT.
Der Nutzen der Tandem-ASCT wird kontrovers diskutiert, nicht alle Studien konnten einen Überlebensvorteil zeigen. In der EMN02-Studie zeigte sich ein Überlebensvorteil zugunsten der Tandem-ASCT v.a. bei Hochrisiko-Zytogenetik (13). In der Schweiz wird die Tandem-ASCT deshalb v.a. bei hohem zytogenetischem Risikoprofil durchgeführt.

Wohin geht die Reise?

Bart Barlogie geht mit seinen «total therapies» seit vielen Jahren einen besonderen Weg. Unter Einbezug aller beim Myelom wirksamen Medikamente wird die Therapie in hoher Intensität und über einen Zeitraum von etwa 4 Jahren durchgeführt. Nach Induktion mit einer Bortezomib-haltigen Polychemotherapie folgen eine Tandem-ASCT, danach eine Konsolidation und eine Erhaltungstherapie über 3 Jahre. Bei über 300 Patienten resultierte aus diesem Behandlungsmarathon ein beeindruckendes progressionsfreies 10-Jahres-Überleben von ca. 50%. Ein Teil dieser Patienten dürfte definitiv geheilt sein. Natürlich kommen längst nicht alle Myelom-Patienten für eine derart lange und intensive Therapie in Frage. Aber das Konzept deutet darauf hin, dass das Myelom eine potentiell kurativ behandelbare Krankheit ist. In diese Richtung gehen auch in Europa die neuen Therapieansätze. Mit einer Kombination der wirksamsten Medikamente in der Erstlinienbehandlung über einen ausreichend langen Zeitraum soll ein möglichst tiefes Ansprechen mit einer hohen Zahl MRD-negativer Patienten resultieren. Bedenkt man die sehr hohe Wirksamkeit einiger der neuen Medikamente gegen die Plasmazellen, ist die Hoffnung berechtigt, dass wir in Zukunft einen Teil der Myelom-Patienten werden heilen können.
Einige dieser neuen Medikamente, wie beispielsweise der Antikörper Daratumumab, haben ihre Wirksamkeit in der Rezidiv-Therapie bewiesen und werden nun in Kombination mit bisherigen Standardtherapien in der Erstlinie erprobt. So hat die Kombination von Daratumumab mit VMP bei nicht transplantierbaren Patienten das Ansprechen und das PFS2 derart verbessert, dass Dara-VMP für nicht transplantierbare Patienten von Swissmedic bereits zugelassen worden ist.
CAR T-Zellen sind nun auch gegen Myelom-spezifische Targets (z.B. BCMA) verfügbar und diverse Studien laufen. Besonders gespannt darf man auf die Resultate von Studien sein, die CAR T-Zellen nach Autotransplantation untersuchen. Logistisch einfacher dürften bispezifische Antikörper sein, welche über einen Linker die T-Zellen an die Myelomzellen koppeln. Mit Blinatumumab hat sich bereits ein solcher bispezifischer Antikörper bei der ALL etabliert. Studien mit einem bispezifischen Antikörper gegen das Antigen BCMA beim Myelom werden leider nur in den USA etabliert. Der BCL-2-Inhibitor Venetoclax, der bei CLL und AML eine ausgezeichnete Wirksamkeit gezeigt hat, wirkt auch beim Myelom, insbesondere bei der Subgruppe mit der Translokation t (11, 14). Diverse Kombinationsstudien sind am Laufen. Bei vorliegender BRAF-Mutation wird Dabrafenib, bei KRAS- oder NRAS-Mutation Trametinib in Studien erprobt.

Dr. med. Urs Hess

Benslistrasse 6a
9034 Eggersriet

Urs.Hess1@bluewin.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Das Myelom, eine kurativ behandelbare Krankheit? Dies hätte vor 10 Jahren noch kaum jemand für möglich gehalten. Mit der grossen Zahl an hoch wirksamen neuen Medikamenten wird dieses Ziel jedoch für einen Teil der Patienten Realität werden.
  • Es geht nun darum, die neuen Medikamente intelligent zu kombinieren, über einen ausreichenden Zeitraum zu verabreichen und bei möglichst vielen Patienten eine MRD-Negativität zu erreichen.
  • Bei allem Optimismus für diese Fülle von Innovationen schwingt jedoch leider auch die Sorge mit, ob und wie wir diese Medikamente bei so hohen Preisen in Zukunft noch bezahlen können.

Messages à retenir

  • Le myélome, une maladie curativement traitable ? Il y a 10 ans, presque personne n’ aurait pensé que c’ était possible. Avec le grand nombre de nouveaux médicaments très efficaces, cependant, cet objectif deviendra une réalité pour certains patients.
  • Il s’ agit maintenant de combiner intelligemment les nouveaux médicaments, de les administrer sur une période de temps suffisante et d’ obtenir la négativité MRD chez le plus grand nombre de patients possible.
  • Malgré tout l’  optimisme que suscite cette abondance d’ innovations, on se préoccupe malheureusement aussi de savoir si et comment nous serons en mesure de payer ces médicaments à l’ avenir à des prix aussi élevés.

1. Zamagni E, Patriarca F, Nanni C, et al: Prognostic relevance of 18-F FDG-PET-CT in newly diagnosed multiple myeloma patients treated with upfront autologous transplantation. Blood 2011, 118, 23, 5989-95
2. Rajkumar SV, Dimopoulos MA, Palumbo A, et al: International Myeloma Working Group updated criteria for the diagnosis of myultiple myeloma. Lancet Oncol 2014, 15, 12, e538-48
3. Ippolito D, Talei F, Franzesi C, et al: diagnostic value of ultra low dose CT in comparison of spinal MRI in the assessement of disease in multiple myeloma. Br J Haematol 2017, 177, 3, 395-403
4. Zamagni E, Tacchetti P, Cavo M: Imaging in multiple myeloma: how? when? Blood 2019, 133,7, 644-51
5. Morgan GJ, Davies FE, Gregory WM et al: First line study of zoledronic acid as compared with clodronic acid in multiple myeloma; (MRC myeloma IX): a randomised controlled trial. Lancet 2010, 376, 9757, 1989-99
6. Raje N, Vescio R, Montgomery CW et al: bone marker directed dosing of zoledronic acid fort he prevention of skeletal complications in patients with mutliple myeloma: results of the Z-MARK study. Clin Cancer Res 2016, 22, 6, 1378-84
7. Raje N, Terpos E, Willenbacher W: Denosumab versus zoledronic acid in bone disease treatment of newly diagnosed multiple myeloma: an international double-blind, double-dummy, randosmised controlled phase 3 study. Lancet Oncol 2018, 19, 3, 370-81
8. Tsourdi E, Langdahl B, Cohne-Solal M et al: discontinuation of denosumab therapy for osteoporosis: a systematic review and position statement by ECTS. Bone 2017, 105, 11-17
9. Terpos E, Ntanasis-Stathopoulos I, Dimopoulos MA: Myeloma bone disease: from biology findings to treatment approaches. Blood 2019, 133, 14, 1534-39
10. Attal M, Lauwers-Cancas V, Hulin C et al: IFM2009 study. Lenalidomide, bortezomib and dexamethasone with transplantation for myeloma. N Engl J Med 2017, 376, 14, 1311-20
11. Munshi NC, Avet-Loiseau H, Rawstron AC et al: Association of minimal residual disease with superior survival outcome in patients with multiple myeloma: a meta-analysis. JAMA Oncol 2017, 3, 1, 28-35
12. Kumar S, Buadi F, Rajkumar V: Pros and cons of frontline autologous transplant in multiple myeloma: the debate over timing. Blood 2019, 133, 7, 652-59
13. Cavo M, Gay FM, Patriarca F et al: Double autologous stem cell transplantation significantly prolongs progression free survival and ovall survival in comparison with single autotransplantation in newly diagnosed multiple myeloma: an analysis of phase 3 EMN02/Ho95 study (abstract). Blood 2017, 130, s1, abstract 401

Protektiver Knochenumbau bei Patienten mit Multiplem Myelom

In der Schweiz erkranken ca. 570 Menschen pro Jahr an einem Multiplen Myelom oder einem Plasmozytom. Männer erkranken etwas häufiger als Frauen, über die Hälfte der Patienten sind älter als 70 Jahre. Bei Erstdiagnose sind neben der Anämie (73%) ossäre Manifestationen am häufigsten: 70% der Patienten haben Osteolysen, 26% pathologische Frakturen, 22% Kompressionsfrakturen, 23% eine Osteoporose und nur 21% haben einen unauffälligen ossären Befund (1). Im Verlauf der Erkrankung treten bei ca. 80% der Patienten Osteolysen auf und ca. 43% erleiden pathologische Frakturen (2). Die Behandlung und Prävention von ossären Komplikationen beim Multiplen Myelom ist daher ein wichtiger Baustein im therapeutischen Gesamtkonzept.

En Suisse, environ 570 personnes souffrent chaque année de myélome multiple ou de plasmocytome. Les hommes tombent malade un peu plus fréquemment que les femmes, plus de la moitié des patients ont plus de 70 ans. Au diagnostic initial, outre l’ anémie (73 %), les manifestations osseuses sont les plus fréquentes : 70 % des patients souffrent d’ ostéolyse, 26 % de fractures pathologiques, 22 % de fractures par compression, 23 % d’ ostéoporose et seulement 21 % présentent un résultat osseux inaperçu (1). Au cours de la maladie, l’ ostéolyse survient chez environ 80 % des patients et les fractures pathologiques chez environ 43 % (2). Le traitement et la prévention des complications osseuses dans le myélome multiple est donc un élément important du concept thérapeutique global.

Das Multiple Myelom ist eine maligne hämatologische Erkrankung und entsteht durch eine klonale Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark. Nach den WHO Kriterien zählen die Multiplen Myelome zu den reifen B- Zell Neoplasien(3). Diagnostische Kriterien für das Multiple Myelom sind > 10% klonale Plasmazellen im Knochenmark, Endorganschäden durch das Myelom (CRAB-Kriterien; C: Hyperkalzämie; R: Niereninsuffizienz; A: Anämie; B: ≥ 1 Osteolyse im Röntgen, CT o. PET-CT) sowie ≥ 1 Biomarker für Malignität (SLiM-Kriterien S: ≥ 60% klonale Plasmazellen im Knochenmark, Li: Leichtkettenratio ≥ 100, M: > 1 Osteolyse im MRI) (4).
Osteolysen finden sich bei Erstdiagnose bei 70% der Patienten diese können zu Frakturen der langen Röhrenknochen oder Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper führen. Im lebenden Knochen besteht ein Gleichgewicht zwischen physiologischem Knochen- Ab- und Aufbau. Beim Myelom ist dieser Prozess durch eine vermehrte Osteoklasten- und verminderte Osteoblasten Aktivität bei gleichzeitiger durch die Myelomzellen vermittelten Apoptose der Osteozyten und dadurch verändertem Micro-Environment im Knochenmark gestört. Dadurch kommt es zu einer Dysregulation des Knochenstoffwechsels und in der Folge zu einem Knochenabbau mit skelettalen Komplikationen (Schmerzen, Frakturen, Hyperkalzämie und Myelonkompression) (5).
Bisphosphonate sind Medikamente, die die Knochenresorption verhindern können. Sie binden an das Hydroxyapatit des Knochens und werden mittels Endozytose durch die Osteoklasten aufgenommen. Durch intrazelluläre Prozesse kommt es zur Apoptose der Osteoklasten (Abb. 1). Es werden zwei Gruppen von Bisphosphonaten unterschieden ohne (z.B. Clodronat) und mit Aminogruppe (z.B. Pamidronat, Ibandronat), Bisphosphonate mit Aminogruppe haben eine 10- bis 100-fach höhere Potenz der Osteoklastenhemmung, heterozyklische Aminobisphosphonate (z.B. Zoledronsäure) wiesen eine 100- bis 10 000-fach höhere Potenz auf. In der Schweiz ist beim Multiplen Myelom nur Zoledronsäure zugelassen (Tab. 1).
Der RANK-Ligand-Antikörper Denosumab (XGEVA®) bindet an den RANK-Liganden und verhindert damit die Aktivierung des Osteoklasten, indem die Bindung des RANK-Liganden an RANK auf der Osteoklastenoberfläche verhindert wird (Abb. 1). Denosumab imitiert damit die endogene Wirkung des Osteoprotegerin (6). Der RANK-Ligand Antikörper ist bisher nur bei ossären Metastasen solider Tumore in Kombination mit einer antineoplastischen Therapie zugelassen und kassenpflichtig.

Indikation für eine osteoprotektive Therapie

Eine Therapie mit Bisphosphonaten beim Multiplen Myelom ist bei Knochenbeteiligung (≥ 1 Osteolyse) klar indiziert(7). Bei Patienten ohne Osteolysen ist die Evidenz nicht klar, randomisierte Studien zu dieser Fragestellung fehlen. In den ASCO-Guidelines 2018 wird vom Expertenpanel bei Patienten mit Multiplem Myelom und Osteopenie ohne Nachweis von Osteolysen eine Bisphosphonat-Gabe unterstützt (8). In den Guidelines der International Myeloma Working Group (IMWG) ist die Bisphosphonat-Gabe für symptomatische Patienten ohne Osteolysen im konventionellen Röntgen eine «kann»-Empfehlung (IB) mit dem Hinweis, dass der Nutzen für Patienten ohne Nachweis von knöchernen Läsionen im MRT oder PET-CT nicht belegt ist (9). Für asymptomatische
Patienten mit Osteopenie ohne ossären Befall sowie für Patienten mit Smoldering Myeloma, Plasmozytom oder einem indolenten Myelom wird eine Bisphosphonat-Gabe nicht empfohlen (8, 9).

Bisphosphonate und Multiples Myelom

Bei Patienten mit Multiplem Myelom und mindestens einer ossären Läsion führt der Einsatz von Bisphosphonaten zu einer Reduktion von Schmerzen, reduziert die Gesamtzahl von Skelett bezogenen Ereignissen (SREs) und von Wirbelkörperfrakturen. Einzelne Studien konnten einen Überlebensvorteil für Zoledronsäure im Vergleich zu keiner Therapie oder Clodronat bzw. Pamidronat zeigen(10-13). Allerdings zeigte sich in einer grossen Meta-Analyse (Cochrane Gruppe 2017, 15 randomisiert-kontrollierte Studien, 4866 Patienten) durch den Einsatz von Bisphosphonaten keine Verlängerung des Gesamtüberlebens bzw. des Überlebens ohne Fortschreiten der Erkrankung. Eine Evidenz für die Überlegenheit eines Bisphosphonates für die Endpunkte: alle SREs, vertebragene Frakturen oder PFS zeigte sich ebenfalls nicht(7). Die Dauer der Bisphosphonatgabe (2 Jahre, kontinuierliche Gabe) sowie das Intervall (alle 4 oder 12 Wochen) ist Gegenstand aktueller Diskussionen. Belastbare Daten zur Dauer der Bisphosphonatgabe liegen nicht vor. Bei der Dauer der Bisphosphonatgabe spielen vor allem der Remissionsstatus der Erkrankung sowie das Ausmass der Knochenbeteiligung eine Rolle. In den Guidelines wird eine Gabe über 2 Jahre empfohlen, im ersten Jahr alle 4 Wochen, danach kann nach individueller Entscheidung bei Erreichen einer CR eine Gabe alle 12 Wochen erwogen werden. Nach zwei Jahren kann bei gutem Ansprechen das Bisphosphonat bis zum Progress pausiert werden(8, 9). Hinsichtlich des Intervalls der Bisphosphonat-Gabe konnte eine 2017 publizierte Studie zeigen, dass die Gabe von Zoledronsäure alle 12 Wochen der Gabe alle 4 Wochen bei Patienten mit Prostatakarzinom, Mammakarzinom oder mit Multiplem Myelom nicht unterlegen ist (14). Bei einer schweren Niereninsuffizienz mit einer Kreatinin-Clearance < 30 ml/min sollen Bisphosphonate nicht eingesetzt werden.

Denosumab und Multiples Myelom

Der RANK-Ligand Antikörper Denosumab ist in der Schweiz für das Multiple Myelom noch nicht zugelassen. Das liegt zum Teil daran, dass eine ad hoc Subgruppenanalyse bei Patienten mit Multiplem Myelom in der Zulassungsstudie (Henry et.al (14): Denosumab versus Zoledronsäure bei Pat. mit soliden Tumoren und Myelom) einen Überlebensvorteil in der Zoledronsäuregruppe gezeigt hatte (HR: 2.26; 95% CI 1.13–4.50; p = 0.014) (15). Dieser Unterschied wurde auf Imbalancen in den Baseline-Kriterien der Patienten zurückgeführt. Die Nachfolgestudie (Zoledronsäure versus Denosumab; ausschliesslich bei Patienten mit Multiplem Myelom)(16) ergab für die primären Endpunkte OS, PFS; AE, Zeitpunkt zum Auftreten des ersten SRE, sowie alle nachfolgenden SREs keine signifikanten Unterschiede (OS: HR 0.90, 95% CI (0.70–1.16) p=0.41, PFS: HR: 0.82, 95% CI (0.68–0.99); deskriptive p=0.036, AE: 96%/53% AE/SAE im Denosumab-Arm; 97%/56% im Zoledronsäure-Arm). Basierend auf diesen Daten ist Denosumab der Zoledronsäure nicht unterlegen und kann auch bei Niereninsuffizienz eingesetzt werden, ist allerdings in der Schweiz für das Multiple Myelom nicht zugelassen.

Kieferosteonekrosen

Osteonekrosen des Kiefers gehören zu den seltenen, aber sehr belastenden Nebenwirkungen einer Therapie mit Bisphosphonaten oder dem RANK-Ligand-Antikörper Denosumab. Die Inzidenz liegt bei 1-3% und steigt mit der kumulativen Dosis der Bisphosphonate (Behandlungsdauer von 4-12 Monaten: 1.5%, bei 37-48 Monaten: 7.7%) (17). Patienten müssen daher vor Einleitung einer Therapie über die Gefahr aufgeklärt werden, zahnärztlich untersucht und auf die Einhaltung einer optimalen Zahn- und Mundhygiene aufmerksam gemacht werden. Sind invasive Eingriffe am Kieferknochen unter einer laufenden Therapie unumgänglich, sollte die Therapie vorher unterbrochen und erst nach Abschluss der Wundheilung wieder aufgenommen werden.

Vitamin D und Kalzium

Bisphosphonate und RANK-Ligand-Antikörper hemmen die Osteoklastenaktivität und reduzieren dadurch die Calciumfreisetzung aus dem Knochen. Daher tritt häufig eine Hypokalzämie auf (18-21), bei Gabe eines RANK- Ligand-Antikörpers deutlich häufiger als bei der Gabe eines Bisphosphonates (18, 20-22). Bei der Gabe eines RANK-Ligand-Antikörpers wird daher gleichzeitig die Substitution von Vitamin D und Calcium (400 mg Calcium, 800IE Vitamin D täglich), ausser bei bereits initial bestehender Hyperkalzämie, empfohlen. Zu beachten ist, dass bei Erstdiagnose eines Multiplen Myeloms initial bei 13% aller Patienten eine Hyperkalzämie vorliegt (1).

PD Dr. med. Karin Hohloch

Abteilung Hämatologie und Onkologie
KSGR Chur
Loëstrasse 170
7000 Chur

Karin.Hohloch@ksgr.ch

Die Autorin gibt an, dass für diese Publikation kein Interessenskonflikt vorliegt.

  • Ossäre Komplikationen beim Multiplen Myelom sind häufig und können die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigen.
  • Bei Osteolysen ist Zoledronsäure die Therapie der Wahl.
  • Bei Patienten mit symptomatischem Myelom ohne Osteolysen gibt es keine Evidenz für die Gabe von Bisphosphonaten, sie wird aber im Allgemeinen empfohlen.
  • Der RANK-Ligand-Antikörper Denosumab ist eine Alternative insbesondere bei Niereninsuffizienz, ist aber in der Schweiz für diese Indikation nicht zugelassen.
  • Die 12-wöchige Gabe von Zoledronsäure ist der 4-wöchigen Gabe nicht unterlegen.
  • Zur Dauer der osteoprotektiven Therapie beim Myelom gibt es keine belastbaren Daten, in der Regel wird die Therapie mindestens über
    2 Jahre fortgeführt.

Messages à retenir

  • Les complications osseuses dans le myélome multiple sont fréquentes et peuvent avoir un impact à long terme sur la qualité de vie.
  • L’  acide zolédronique est la thérapie de choix pour l’ ostéolyse.
  • Chez les patients atteints d’ un myélome symptomatique sans ostéolyse, il n’ existe aucune preuve de l’ administration de bisphosphonates, mais elle est généralement recommandée.
  • L’ anticorps du ligand RANK denosumab est une alternative, en particulier dans l’ insuffisance rénale, mais n’ est pas autorisé pour cette indication en Suisse.
  • L’ administration d’ acide zolédronique pendant 12 semaines n’ est pas inférieure à l’ administration pendant 4 semaines.
  • Il n’ existe pas de données fiables sur la durée du traitement ostéoprotecteur du myélome ; en règle générale, le traitement est poursuivi pendant au moins deux ans.

1. Kyle RA, Gertz MA, Witzig TE et al. Review of 1027 patients with newly diagnosed multiple myeloma. Mayo Clin Proc 2003; 78: 21-33.
2. Saad F, Lipton A, Cook R et al. Pathologic fractures correlate with reduced survival in patients with malignant bone disease. Cancer 2007; 110: 1860-1867.
3. Swerdlow SH, Campo E, Pileri SA et al. The 2016 revision of the World Health Organization classification of lymphoid neoplasms. Blood 2016; 127: 2375-2390.
4. Rajkumar SV, Dimopoulos MA, Palumbo A et al. International Myeloma Working Group updated criteria for the diagnosis of multiple myeloma. Lancet Oncol 2014; 15: e538-548.
5. Terpos E, Ntanasis-Stathopoulos I, Dimopoulos MA. Myeloma bone disease: from biology findings to treatment approaches. Blood 2019; 133: 1534-1539.
6. Baron R, Ferrari S, Russell RG. Denosumab and bisphosphonates: different mechanisms of action and effects. Bone 2011; 48: 677-692.
7. Mhaskar R, Kumar A, Miladinovic B, Djulbegovic B. Bisphosphonates in multiple myeloma: an updated network meta-analysis. Cochrane Database Syst Rev 2017; 12: CD003188.
8. Anderson K, Ismaila N, Flynn PJ et al. Role of Bone-Modifying Agents in Multiple Myeloma: American Society of Clinical Oncology Clinical Practice Guideline Update. J Clin Oncol 2018; 36: 812-818.
9. Terpos E, Kleber M, Engelhardt M et al. European Myeloma Network guidelines for the management of multiple myeloma-related complications. Haematologica 2015; 100: 1254-1266.
10. Morgan GJ, Davies FE, Gregory WM et al. First-line treatment with zoledronic acid as compared with clodronic acid in multiple myeloma (MRC Myeloma IX): a randomised controlled trial. Lancet 2010; 376: 1989-1999.
11. Aviles A, Neri N, Huerta-Guzman J, Nambo MJ. Randomized clinical trial of zoledronic acid in multiple myeloma patients undergoing high-dose chemotherapy and stem-cell transplantation. Curr Oncol 2013; 20: e13-20.
12. Aviles A, Nambo MJ, Neri N et al. Antitumor effect of zoledronic acid in previously untreated patients with multiple myeloma. Med Oncol 2007; 24: 227-230.
13. Sanfilippo KM, Gage B, Luo S et al. Comparative effectiveness on survival of zoledronic acid versus pamidronate in multiple myeloma. Leuk Lymphoma 2015; 56: 615-621.
14. Henry DH, Costa L, Goldwasser F et al. Randomized, double-blind study of denosumab versus zoledronic acid in the treatment of bone metastases in patients with advanced cancer (excluding breast and prostate cancer) or multiple myeloma. J Clin Oncol 2011; 29: 1125-1132.
15. Raje N, Vadhan-Raj S, Willenbacher W et al. Evaluating results from the multiple myeloma patient subset treated with denosumab or zoledronic acid in a randomized phase 3 trial. Blood Cancer J 2016; 6: e378.
16. Raje N, Terpos E, Willenbacher W et al. Denosumab versus zoledronic acid in bone disease treatment of newly diagnosed multiple myeloma: an international, double-blind, double-dummy, randomised, controlled, phase 3 study. Lancet Oncol 2018; 19: 370-381.
17. Bamias A, Kastritis E, Bamia C et al. Osteonecrosis of the jaw in cancer after treatment with bisphosphonates: incidence and risk factors. J Clin Oncol 2005; 23: 8580-8587.
18. Body JJ, Bone HG, de Boer RH et al. Hypocalcaemia in patients with metastatic bone disease treated with denosumab. Eur J Cancer 2015; 51: 1812-1821.
19. Jodrell DI, Iveson TJ, Smith IE. Symptomatic hypocalcaemia after treatment with high-dose aminohydroxypropylidene diphosphonate. Lancet 1987; 1: 622.
20. Lipton A, Fizazi K, Stopeck AT et al. Superiority of denosumab to zoledronic acid for prevention of skeletal-related events: a combined analysis of 3 pivotal, randomised, phase 3 trials. Eur J Cancer 2012; 48: 3082-3092.
21. Gartrell BA, Coleman RE, Fizazi K et al. Toxicities following treatment with bisphosphonates and receptor activator of nuclear factor-kappaB ligand inhibitors in patients with advanced prostate cancer. Eur Urol 2014; 65: 278-286.
22. Smith MR, Saad F, Coleman R et al. Denosumab and bone-metastasis-free survival in men with castration-resistant prostate cancer: results of a phase 3, randomised, placebo-controlled trial. Lancet 2012; 379: 39-46.

Alternative Dosierung von Pomalidomid bei Patienten mit Multiplem Myelom

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) stellt in dieser Ausgabe eine Studie vor. Die SAKK ist eine Non-Profit-Organi­sation, die klinische Studien in der Onkologie durchführt. Bei Interesse für die hier vorgestellte Studie oder falls Sie eine Patientin oder einen Patienten zuweisen möchten, kontaktieren Sie bitte den Studienverantwortlichen (Coordinating Investigator) oder den Studienkoordinator (Clinical Project Manager).

In den letzten Jahren wurden bei der Therapie von Patienten mit Multiplem Myelom (MM) grosse Fortschritte erzielt. Dennoch ist das MM nach wie vor eine unheilbare Krankheit. Patienten mit MM, die bereits eine Therapie mit einem Immunmodulator (IMiD) erhalten haben und die gegen Bortezomib resistent sind, haben eine ungünstige Prognose.

Therapie mit Pomalidomid

Der Wirkstoff Pomalidomid (Imnovid®) gehört in die Gruppe der immunmodulatorischen Substanzen (IMIiD), ist hochwirksam und wird als Tablette oral eingenommen. In der Schweiz ist Pomalidomid, in Kombination mit Dexamethason, zur Therapie des refraktären resp. rezidivierenden MM nach mindestens zwei vorgängigen Therapien inkl. Lenalidomid und Bortezomib zugelassen.
Pomalidomid löst aber nicht selten Nebenwirkungen aus. In der Zulassungsstudie traten bei 60% aller Patienten erhebliche Toxizitäten (Grad 3 oder 4) auf, im Vordergrund stehen Blutbildveränderungen wie Neutropenien sowie Pneumonien. Dies führte in der Zulassungsstudie MM03 dazu, dass die Pomalidomid-Therapie bei 67% der Patienten unterbrochen werden musste. Bei 27% wurde die Dosis reduziert.
In früheren Studien wurde die Dosis des Medikaments Pomalidomid bei den Testpersonen solange erhöht, bis die Nebenwirkungen nicht mehr akzeptabel waren. Ob diese maximale Dosierung auch optimal wirksam ist, wurde nicht untersucht. Aufgrund neuerer Daten darf man davon ausgehen, dass auch niedrigere Tagesdosen mindestens den gleichen Effekt haben. Es ist nicht auszuschliessen, dass Patienten, die aufgrund der tieferen Dosierung weniger Nebenwirkungen haben, sogar länger von der Therapie profitieren können. Aus diesem Grund wird in dieser Studie ein alternatives Dosierungsschema geprüft.

Pomalidomid jeden zweiten Tag

Pomalidomid ist sehr wirksam und hat von allen bislang zugelassenen IMiDs die längste Halbwertszeit. Deshalb wird in der Studie SAKK 39/16 ein alternatives Dosierungsschema geprüft. Die Patienten erhalten innerhalb eines 28-Tage-Zyklus jeden zweiten Tag 4 mg Pomalidomid (Schema: 4 mg q 2d, d1-28) und nicht mehr täglich. Wegen der niedrigeren Dosierung wird auf die bislang notwendige Pause von einer Woche verzichtet. Dadurch wird eine gleichmässigere Verteilung erreicht. Ergänzend wird wöchentlich Dexamethason in altersadaptierter Dosierung verabreicht. Diese Behandlung wird bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zur Unverträglichkeit fortgeführt. Der primäre Endpunkt der Studie ist die Ansprechrate im Vergleich zur Zulassungsstudie. Zu den sekundären Endpunkten gehören das Gesamtüberleben, das progressionsfreie Überleben und das Auftreten von Nebenwirkungen. Zur wissenschaftlich belastbaren Auswertung der Studie sollen 110 Patientinnen und Patienten teilnehmen, die in 15 Zentren in der Schweiz behandelt werden.

Geringere Kosten mit alternativer Dosierung

Dass die Patienten in der Studie SAKK 39/16 nur noch jeden zweiten Tag Pomalidomid einnehmen, hat neben der Hoffnung, dass damit Nebenwirkungen reduziert werden können, noch einen gesundheitsökonomischen Hintergrund: Die Kosten für eine Therapie mit Pomalidomid sind sehr hoch: In der Schweiz kostet ein Therapie-Zyklus CHF 10 304.-. Dieser Betrag ist unabhängig von der Dosierung (1mg = 2 mg = 3mg = 4 mg). Somit erreicht der Hersteller eine Maximierung seiner Einnahmen, selbst wenn der Arzt/die Ärztin weniger des Medikaments einsetzt. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Pharmakokinetik von Pomalidomid eröffnet die Medikamenteneinnahme an jedem zweiten Tag nun die Möglichkeit, die Dosis/Nebenwirkungen wie auch die finanziellen Aufwendungen zu reduzieren und damit das Kosten-Nutzen Verhältnis zu optimieren («OptiPOM»).

Kommentar zur Studie SAKK 39/16

In der Behandlung des Multiplen Myeloms ist es in den letzten Jahren zu atemberaubenden Fortschritten mit der Zulassung zahlreicher neuer Medikamente gekommen, welche die Prognose dieser Erkrankung erheblich verbessert haben. Da aber hauptsächlich ältere und damit verwundbarere Patienten betroffen sind, spielt das Nebenwirkungsprofil und die Lebensqualität eine wichtige Rolle. Von Seiten der pharmazeutischen Industrie sind aber nur Studien interessant, welche schlussendlich zur Verwendung von mehr Medikamenten führen. OptiPOM ist eine Studie, welche erstmals versucht, die minimal effiziente Dosierung für Pomalidomid zu etablieren und das bislang vorgegebe Dosierungsschema zu verbessern. Es überrascht auch nicht, dass die Herstellerfirma diese wichtige Frage nicht unterstützt. Trotzdem ist es uns gelungen, die Studie auf den Weg zu bringen. Weltweit haben die Kosten für Krebsmedikamente ein Niveau erreicht, welches langfristig als nicht mehr tragbar bezeichnet werden darf. Deshalb sind solche strategischen Studien sehr wichtig und international von grossem Interesse. Im besten Szenario profitieren die uns anvertrauten Patienten von weniger Nebenwirkungen und profitieren trotzdem von dieser innovativen Substanz.

Studienname: Alternate day dosing of Pomalidomide in patients with refractory Multiple Myeloma. A multicenter, single arm, open label phase II trial.

Coordinating Investigator: Dr. med. Thilo Zander, thilo.zander@luks.ch, Luzerner Kantonsspital

Dr. med. Thilo Zander

Clinical Project Manager: Priska Stocker, priska.stocker@sakk.ch, SAKK Bern

Teilnehmende Zentren: Kantonsspital Aarau, UniversitätsspitalKantonsspital Aarau, Kantonsspital Baden, Universitätsspital Basel, EOC – Istituto Oncologico della Svizzera Italiana, Bern/Inselspital, Kantonsspital Graubünden, Hôpital Fribourgeois – Hôpital Cantonal, Kantonsspital Baselland Liestal, Luzerner Kantonsspital, Kantonsspital St. Gallen, Network – Spital Thurgau, Kantonsspital Winterthur, Zürich/Klinik Hirslanden, Zürich/Hirslanden Klinik Im Park, Universitätsspital Zürich.

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

«Wir sind zum Forschen verpflichtet»

Die Nationale Strategie gegen Krebs wird in unregelmässigen Abständen Interviews mit Vertretern und Vertreterinnen der verschiedenen Handlungsfelder im Krebsbereich veröffentlichen. Den Anfang macht der Leiter der Young Oncology Academy der SAKK, Prof. Dr. med. Miklos Pless zum Thema Nachwuchsförderung in der klinischen onkologischen Forschung.

Zählen akademische Erfolge in der klinischen Krebsforschung nichts mehr?

Miklos Pless: Doch, doch. Die klinische Krebsforschung wird in den kommenden Jahren sogar an Bedeutung gewinnen: Die Krebserkrankungen steigen, weil die Menschen aufgrund der medizinischen Fortschritte älter werden und weil mit den Babyboomern die geburtenstarken Jahrgänge in ihren 60ern und 70ern ankommen. Das stellt die Onkologie und auch die akademische Forschung vor grosse Herausforderungen.

Prof. Dr. med. Miklos Pless

Weshalb mangelt es trotz steigender Nachfrage an Onkologinnen und Onkologen in der klinischen Forschung an Nachwuchs?

Die Generation Y legt andere Gewichtungen bei der Work-Life-Balance: Freizeit und Familienzeit haben mehr Gewicht, der Beruf und die Karriere verlieren. Viele Assistenzärztinnen und -ärzte sind nicht mehr bereit, nach einer intensiven Arbeitswoche noch an einem Samstag und Sonntag zu forschen. Und dann verschärfen paradoxerweise ausgerechnet die Fortschritte in der Forschung den Mangel an Nachwuchskräften: Krebsbehandlungen werden immer komplexer, die Subspezialisierung nimmt zu. Zukünftig muss für viele neue spezialisierte Teilgebiete gut ausgebildetes Personal zur Verfügung stehen.

Bei der Grundversorgung wird der Ärztemangel öffentlich diskutiert. Warum nicht bei der klinischen Forschung?

Der Mangel betrifft alle medizinischen Gebiete proportional ähnlich. In der Grundversorgung macht er sich aber als erstes bemerkbar und ist deshalb gesellschaftlich ein Thema. Wer jetzt nicht mit dazu beiträgt, dass genügend Ärztinnen und Ärzte akademische
klinische Forschung betreiben, darf nicht jammern, wenn das Niveau der Forschung sinkt und wir in 15 Jahren Professuren nur noch mit Schwierigkeiten besetzen können. Wir müssen deshalb rechtzeitig Gegenmassnahmen ergreifen.

Um dem zukünftigen Mangel entgegenzuwirken, hat die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) ein Förderungs- und Mentorenprogramm für junge Onkologinnen und Onkologen ins Leben gerufen. Sie sind der Leiter der Young Oncology Academy. Wen sprechen Sie mit dem Programm an?

Das Programm richtet sich an motivierte junge Ärztinnen und Ärzte, die einen aktiven Beitrag zur klinischen und translatio-
nalen Forschung leisten möchten. Der Fokus ist die Krebsmedizin, egal ob Medizinische Onkologie, Hämatologie oder Radio-Onkologie.

Wie fördern Sie die Talente?

Wir vermitteln den jungen Onkologinnen und Onkologen das Rüstzeug, um eine klinische, akademische Karriere anzugehen. Sie werden in der Young Oncology Academy fast ein Jahr lang von einem renommierten Fakultätsmitglied der YOA betreut. Dabei geben wir den Talenten einen Einblick in die erfolgreiche Entwicklung, Leitung, Durchführung und Veröffentlichung einer klinischen Studie. Als Teil der Academy besuchen sie den ESMO-Kongress, beziehungsweise den EHA bei den Hämatologen und den ESTRO-Kongress bei den Radio-Onkologen. Wir zeigen ihnen, wie sie sich an einem unübersichtlich grossen Kongress wirkungsvoll bewegen, wie sie unter den vielen parallelen Angeboten die richtigen für sich auswählen und wie sie netzwerken können.

Dem Netzwerken wird in der Young Oncology Academy ebenfalls viel Raum beigemessen, richtig?

Ja. Viele der heutigen Chefärztinnen und -ärzte von mittelgrossen und grossen Kantons- und Universitätsspitälern haben ihre Karriere der SAKK zu verdanken. Dank der Arbeitsgemeinschaft sind wir stark miteinander vernetzt. Wir wollen, dass die Jungen diese Chance auch haben und ermöglichen ihnen das Netzwerken mit wichtigen Akteuren in der Krebs-Community, national, international und das teilweise in bewusst lockerem Rahmen. Und dann führen wir die Teilnehmenden bei den SAKK-Arbeitssitzungen ein. Wie gesagt: Wir geben den Talenten einen Einblick in die erfolgreiche Entwicklung, Leitung, Durchführung und Veröffentlichung einer klinischen Studie. Damit ist der eigentliche Startschuss ihrer Karriere gegeben.

Für 2019 gingen 16 Bewerbungen ein. Sind Sie zufrieden mit dem Interesse?

Sehr sogar. Die Bewerberinnen und Bewerber haben einen guten Hintergrund und sind motiviert. Leider können wir nur ungefähr die Hälfte nehmen, um sie wirklich aktiv zu begleiten. Wir gehen davon aus, dass sich etwa die Hälfte der Teilnehmenden in der akademischen Forschung halten können. Drei bis vier Neue pro Jahr wäre eine gute Ausbeute.

Wen haben Sie 2019 ausgewählt?

Wir nehmen dieses Jahr vier Frauen und drei Männer in unserem Programm auf. Darunter sind vier medizinische Onkologinnen/Onkologen, zwei Hämatologinnen, eine Radioonkologin. Die Zusammenstellung kann je nach Bedürfnis im kommenden Jahr leicht anders ausfallen, z.B. ist es denkbar, dass sich auch Chirurginnen und Chirurgen für die YOA interessieren.

Was macht das Programm aus der Sicht der Bewerbenden attraktiv?

Was alle sagen: Die SAKK rollt ihnen einen Teppich aus. Sie erfahren eine intensive, aktive Unterstützung, und das gratis. Und danach besteht eine reelle Aussicht auf eine eigene Studie innert drei bis fünf Jahren. Wer sich anstrengt und einen gesunden Ehrgeiz mitbringt, geht diese Herausforderung gerne an.

Schreckt die Herausforderung neben einer dichten Ärztewoche viele ab?

Einen Teil gewiss, was schade ist. In der Onkologie werden die Patientinnen und Patienten zumeist ambulant behandelt. Die Ärztinnen und Ärzte müssen also keinen Nacht- oder Wochenenddienst leisten, arbeiten pro Woche dennoch rund 50 Stunden. Für die klinische Forschung müssen sie nochmals fünf bis zehn Stunden pro Woche aufwenden. Wir verlangen aber, dass ihre Chefin oder ihr Chef sich mit der Bewerbung einverstanden erklärt und sie zeitlich unterstützt, dass sie also an ihrem Arbeitsort die nötige freie Zeit für das Programm erhalten.

Verkommt das Einverständnis angesichts des hohen finanziellen Drucks in den Spitälern nicht leicht zu einem Lippenbekenntnis?

Der Druck in allen Abteilungen eines Spitals ist tatsächlich enorm hoch. Immer weniger Leute müssen mehr leisten. Bislang hat sich aber niemand beklagt, dass sie oder er keine Zeit für die Forschung erhalten habe. Vielleicht müssen wir die Frage in unsere Evaluation einbinden. Was klar ist: Wenn jemand die Stelle wechselt, können Schwierigkeiten entstehen, weil die neue Chefin oder der neue Chef sich ja nicht zur Teilnahme an der Young Oncology Academy äussern konnte. Doch bislang hat sich keiner der Teilnehmenden beschwert.

Forschen dauert lange – ohne Garantie auf einen Erfolg. Ist die klinische Forschung bei der Planung einer onkologischen Karriere ein Hochrisikospiel?

Wer in der Onkologie klinisch forscht, muss neben dem nötigen Talent Freude daran haben, fleissig sein und durchhalten können. Es ist deshalb eine Frage des Willens und der intrinsischen Motivation, ob jemand eine Karriere anstrebt. Und es sind Eigenschaften, die dazu gehören, wenn jemand Chefärztin oder Professorin respektive Chefarzt oder Professor werden will.

Die Onkologie wird feminisiert. Risiko oder Chance?

Chance: die Onkologie ist ein Superfach für Frauen und allgemein Personen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen wollen, weil sie fast ausschliesslich in einem ambulanten Rahmen stattfindet und Teilzeitarbeiten und Subspezialisierungen möglich sind. Zudem erfordert die Arbeit mit den Krebsbetroffenen neben dem Wissen auch Empathie und Verständnis für soziale und psychische Belange, da sind die Frauen häufig besser als die Männer. Deshalb ist die Onkologie bei Frauen beliebt, und es gibt immer mehr hervorragende Frauen in wichtigen Positionen.

Etwa?

Ein jüngeres Beispiel ist das Präsidium der ESMO, das mit einem richtigen Shootingstar besetzt wurde: mit der Waadtländerin Solange Peters.

Trotzdem fehlen beim Nachwuchs auch Frauen. Was müsste geschehen, um sie für die klinische Forschung zu gewinnen?

Wir müssen den Frauen die Möglichkeit geben, die gleiche Karrierechancen zu haben, wie sie die Männer haben.

Konkret?

Viele Frauen wollen ab 30 ihre Familienplanung angehen. Das kann man nicht ignorieren, sonst wird das Fach entwertet. Die Onkologie und die klinische Forschung müssen attraktiv sein für alle, die sich in ihr engagieren wollen.

Ihre Forderung?

Teilzeitarbeit muss in allen Positionen möglich sein. Die Kinderbetreuung muss besser werden. Momentan ist es schwierig, mit Kindern eine akademische Karriere erfolgreich anzugehen. Zudem muss unsere Gesellschaft umdenken: Eine Frau, die eine Karriere macht, ist keine schlechte Mutter. Solche Vorurteile sind nicht mehr zeitgemäss.

Was raten Sie jemandem, der bei der Karriereplanung unschlüssig ist, ob die klinische Forschung für sie oder ihn das Richtige ist?

Ich kann nur aus meiner persönlichen Warte sprechen. Ich sehe Patientinnen und Patienten tagein, tagaus, was ich als sehr befriedigend empfinde. Zudem erhält meine Arbeit durch die Forschung eine neue Ebene. Forschen ist eine intellektuelle Herausforderung, die einhergeht mit einem Wissenszuwachs. Es freut mich persönlich, wenn eine neue Therapie einem Krebsbetroffenen etwas bringt. Und man kommt in Kontakt mit neuen Leuten. Man vernetzt sich national und international. Vor allem aber ist diese wichtige Bereicherung meines Alltags nicht Selbstzweck, sondern kommt letztlich meinen Patientinnen und Patienten zugute.

Behandeln Spitäler mit klinischer Forschung ihre Patientinnen und Patienten besser?

Ja, zweifelsfrei. Insbesondere Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer profitieren. Sie werden engmaschiger kontrolliert, der Zeitaufwand für sie ist höher. Untersuchungen zeigen: Wer an einer Studie teilnimmt, hat eine höhere Lebenserwartung. Auch wenn fairerweise gesagt werden muss, dass das auch an den strengen Auswahlkriterien für eine Studienteilnahme liegen kann. Häufig sind die Teilnehmenden die etwas Fitteren.

Warum liegt es im Interesse eines Akutspitals, klinische Forschung zu betreiben?

Lassen Sie mich in zwei Teilen antworten: Jeder dritte Mensch erkrankt im Lauf seines Lebens in der Schweiz an Krebs. Die Wahrscheinlichkeit nach fünf Jahren noch zu leben beträgt für die Gesamtgruppe aller Krebskranken 60 bis 70 Prozent. Dabei gibt es riesige Unterschiede je nach Krebsart. Auf den ersten Blick sehen diese Zahlen nicht schlecht aus. Aber das kann uns nicht genug sein! Kein Mensch in der Medizin kann zufrieden sein, dass noch immer so viele an Krebs sterben. Wir können die Chancen auf ein Überleben von Krebs nur erhöhen, indem wir Forschung betreiben. Als Arzt betrachte ich es als Imperativ, das zu versuchen. Wenn ein Spital also eine gewisse Grösse hat, sollte es versuchen, an einer Verbesserung der Prognose der Erkrankten beizutragen.

Und zweitens?

Heute ist es unbestritten, dass die klinische Forschung ein Qualitätsmerkmal eines Spitals ist. Spitäler mit klinischer Forschung sind auf einem aktuelleren Wissensstand. Sie verfügen über mehr Kontrollmechanismen, dokumentieren genauer, haben Zugang zu neuen Therapien und Medikamenten. Das macht ein Spital im Wettbewerb mit anderen Spitälern attraktiver für die Patientinnen und Patienten.

Krebs schert sich nicht um Landesgrenzen. Klinische Studien können in Indien und im Osten Europas günstiger erstellt werden als in der Schweiz. Warum lohnt es sich, in der Schweiz weiterhin in die klinische Forschung zu investieren?

In anderen Ländern mit mehr Leuten und nur einer Landessprache sind Ergebnisse tatsächlich schneller und günstiger zu haben als in der Schweiz, so dass man sich tatsächlich fragen könnte, warum wir den Aufwand betreiben…

Und warum betreiben wir ihn?

Krebsbetroffene profitieren von der Teilnahme an Programmen mit neuen, allenfalls wirkungsvollen Therapien. Und aus Sicht unseres hervorragenden Gesundheitswesens ist es die Stärkung des Forschungsplatzes. Die Schweiz ist ja mitunter in der medizinischen Grundlagenforschung sehr stark. Und die braucht einen klinischen Partner, der die neusten Behandlungsmöglichkeiten jenseits der Standardverfahren anwendet, zugunsten der Patientinnen und Patienten überprüft und nachweist, dass die Forschungsergebnisse aus dem Labor in der Klinik wirklich relevant sind. So kann eine bestmögliche Betreuung und Forschung gewährleistet werden. Und nicht zuletzt haben wir in der Schweiz die Bereitschaft zu forschen, so dass es bedauernswert wäre, wenn wir die klinische Forschung aufgeben würden.

Patentierbare Erkenntnisse stellen für die Patientinnen und Patienten einen grossen Nutzen dar. Sind Pharmamunternehmen nicht prädestinierter fürs Forschen als Spitäler?

Innovative Therapiekonzepte kommen leider hauptsächlich von der Pharmaindustrie. Sie hat das Geld und den Manpower dafür. Entdeckt ein kleines Start-up etwas Interessantes, wird es aufgekauft. Trotzdem braucht es die unabhängige akademische Forschung – die notabene bei gewissen Projekten gut mit den Krankenkassen zusammenarbeitet. So untersuchen wir in der SAKK ob ein reduzierter Einsatz gewisser teurer Krebsmedikamente gleich wirksam ist wie die volldosierte Gabe. Natürlich hat die Pharmaindustrie an solchen Studien kein Interesse, aber die Patienten und die Kostenträger sehr wohl.

Was für Massnahmen benötigt es zukünftig, um die klinische Krebsforschung in der Schweiz zu stärken?

Wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Sprich: Die SAKK stärken, Kontakte ausbauen, Strukturen schaffen, die den Zugang zur klinischen Forschungstätigkeit für alle relativ leicht und niederschwellig machen. Zudem müssen wir verstärkt vor die Öffentlichkeit treten und darauf aufmerksam machen, dass die klinische Forschung etwas Gutes und Nützliches ist. Dass sie nicht für experimentelle Zwecke da ist, oder für eine angestrebte Professur, sondern dass sie dazu dient, die Prognose der Patientinnen und Patienten zu verbessern.

Was haben sie persönlich aufgrund ihrer Arbeit über das Menschsein gelernt?

Als Onkologe ist man häufig der letzte Arzt, der eine Patientin oder einen Patienten begleitet. Es beeindruckt mich immer wieder, wie Betroffene und ihre Familien mit ihrer Situation umgehen, wie sie weit über sich herauswachsen, wie sie mit schlechten Nachrichten umgehen, und mit dem Leiden. Wie sie sich aufs Wesentliche konzentrieren und versuchen, ein schönes Leben zu gestalten. Meine Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen sind unbekannte Helden: Niemand schreibt ein Buch über sie, sie kommen in keinem Film vor. Aber ich kann nur hoffen, dass ich, wenn ich in ihrer Situation sein sollte, etwas von ihrem Mut und ihrer Zuversicht und ihrem Vertrauen verfügen könnte. Es ist für mich ein absolutes Privileg, sie begleiten zu dürfen. Onkologe zu sein ist für mich einer der wichtigsten und schönsten Berufe, und darum haben wir auch die Verpflichtung, besser zu werden und zu forschen.

Peter Ackermann

Herausforderung Cancer Survivorship

Der demografische Wandel und die verbesserte Früherkennung führen dazu, dass hierzulande immer mehr Krebsfälle diagnostiziert werden. Gleichzeitig leben immer mehr Menschen dank erfolgreichen Innovationen in Diagnostik und Behandlung deutlich länger mit ihrer Erkrankung. Damit ist Krebs heute vielfach zu einer chronischen Krankheit geworden. Auch die Politik muss dieser Entwicklung Rechnung tragen. Damit in Zukunft eine qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung für alle Krebsbetroffenen zugänglich ist.

Heute ist Krebs nicht mehr zwingend eine tödlich verlaufende Krankheit, die Fortschritte in der Medizin sind riesig. Wegen der Erfolge bei Früherkennung und Therapie wächst die Zahl der Menschen, die mit einer Krebsdiagnose leben, rasant. Heute leben in der Schweiz geschätzt rund 340’000 sogenannte Cancer Survivors, das sind doppelt so viele wie noch vor 20 Jahren. Und bis ins Jahr 2030 werden es laut Hochrechnungen etwa eine halbe Million Menschen sein.
Die Gruppe der Krebsüberlebenden wird grösser und das Bewusstsein für diese wachsende Gruppe nimmt langsam zu. Allerdings sind Cancer Survivors eine äusserst heterogene Gruppe. Dazu zählen Personen, die ihre Therapie erst vor kurzem abgeschlossen haben, genauso wie Betroffene, deren Krebsdiagnose bereits viele Jahre zurückliegt. Dementsprechend unterschiedlich sind ihre Bedürfnisse. Der Oberbegriff «Cancer Survivorship» umfasst zahlreiche Themen wie Rehabilitation oder den Wiedereinstieg ins Berufsleben. Seitens Politik und Medizin fehlt allerdings oft die nötige Sensibilisierung für ihre Anliegen und ihre Probleme.
Menschen, die in ihrem Leben einmal eine Krebsdiagnose erhalten haben, leiden manchmal noch Jahre später an den psychischen oder physischen Spätfolgen der Krankheit oder der Therapien. Nicht selten lösen chronische Gesundheitsprobleme die Krebserkrankung ab. Dass die Beschwerden nach einer Krebserkrankung lange anhalten können, ist bekannt. Ebenso die Tatsache, dass man Symptome nicht immer sofort zuordnen kann. Beispielsweise kann eine Fatigue auftreten – eine chronische Müdigkeit und Erschöpfung, gekoppelt mit mangelnder Energie und erheblichen Leistungseinbussen –, aber auch kognitive Defizite wie Konzentrationsstörungen oder neuropathische Probleme wie Nervenschmerzen können entstehen. Cancer Survivors mit Beschwerden haben Unterstützungsbedürfnisse, fühlen sich aber oft alleine gelassen. In der Fachwelt lassen sich die verschiedenen Unterstützungsbedürfnisse in fünf Bereiche gliedern (siehe Abb. 1):

Die Fachleute der Krebsliga stellen fest, dass im ganzen Versorgungs- und Betreuungssystem die Zuständigkeiten in der Nachsorge nicht klar geregelt sind. Es stellen sich daher folgende Fragen: Wer kümmert sich im Schweizerischen Gesundheitswesen generell um die wachsende Anzahl der Cancer Survivors und ihre Anliegen? Welche Dienste könnten und sollten bei der Beratung und Begleitung involviert sein? Welche Akteure müssen miteinander vernetzt werden und zusammenarbeiten? Hierbei spielen beispielsweise die Pflegenden eine wichtige Rolle. Sie haben einen direkten Draht zu den Betroffenen und sind oft Ansprech- und Vertrauenspersonen. Umso wichtiger ist die Gewährleistung der quantitativ und qualitativ bedarfsgerechten pflegerischen Versorgung der Bevölkerung. Dieses Ziel verfolgt beispielsweise vom Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner lancierte Pflegeinitiative. Ebenso zentral ist eine flächendeckende hausärztliche Grundversorgung. Denn fehlt in der ambulanten oder stationären Versorgung qualifiziertes Personal, so sinken die Qualität und die Patientensicherheit. Gleichzeitig braucht es integrierte Versorgungsmodelle in der ganzen Schweiz und eine optimale interprofessionelle Zusammenarbeit – im Fall der Cancer Survivors insbesondere zwischen onkologischen Fachpersonen und Hausärztinnen und -ärzte.
Um auf die Herausforderungen in der Nachsorge von besser eingehen zu können, wurde im Rahmen der Nationalen Strategie gegen Krebs 2017-2024 das Projekt 4.2 «Nachsorge, Cancer Survivors» geschaffen. Dieses Projekt widmet sich u.a. Themen der sogenannten Transition (Spätfolgen im Erwachsenenalter bei Personen, die als Kind an Krebs erkrankt sind) und der Umsetzung der erarbeiteten Grundlagen der «nationalen Studie zur ambulanten Onkorehabilitation in der Schweiz».
Die Betreuung und Unterstützung von Cancer Survivors ist eine grosse Herausforderung für die Krebsnachsorge. Vor dem Hintergrund dieser schnell wachsenden, heterogenen Gruppe der Cancer Survivors muss die Nachsorge gefördert werden. Zentral sind die Identifikation der Anliegen von Cancer Survivors sowie das Bewusstsein dafür auf allen Ebenen des Gesundheitssystems in der Schweiz. Dies beginnt mit der (interprofessionellen) Aus- und Weiterbildung des medizinischen Fachpersonals bis hin zu verbesserten Angeboten und Rahmenbedingungen im Bereich der ambulanten Onkorehabilitation. Dementsprechend muss nebst dem medizinischen Fachpersonal und den weiteren Akteuren auch die Politik aktiv werden. Die heute bestehenden Erkenntnisse sollten genutzt werden, um den zukünftigen Herausforderungen besser begegnen zu können.

Joëlle Beeler

Kommunikationsbeauftragte Krebsliga Schweiz

Franziska Lenz

Leiterin Politik und Public Affairs Krebsliga Schweiz

1. Burg, M. A., Adorno, G., Lopez, E. D. S., Loerzel, V., Stein, K., Wallace, C., & Sharma, D. K. B. (2015). Current unmet needs of cancer survivors: Analysis of open-ended responses to the American Cancer Society study of cancer survivors II. Cancer, 121(4), 623–630. https://doi.org/10.1002/cncr.28951
2. Denlinger, C. S., Carlson, R. W., Are, M., Baker, K. S., Davis, E., Edge, S. B., … Freedman-Cass, D. (2014). Survivorship: introduction and definition. Clinical practice guidelines in oncology. Journal of the National Comprehensive Cancer Network, 12(1), 34–45. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4465253/pdf/nihms697125.pdf
3. Economou, D. (2014). Palliative Care Needs of Cancer Survivors. Seminars in Oncology Nursing, Vol 30, No 4 (November): pp. 262-267.
4. Jacobs, L. A., & Shulman, L. N. (2017). Follow-up care of cancer survivors: challenges and solutions. The Lancet Oncology, 18(1), e19-29. https://doi.org/10.1016/S1470-2045(16)30386-2
5. Jansen, F., van Uden-Kraan, C.F., van Zwieten, V., Witte, B.I, & Verdonck-de Leeuw, I.M. (2015). Cancer survivors’ perceived need for supportive care and their attitude towards self-management and eHealth. Supportive Care Cancer, 23, 1679-1688.