Antiaggregation und Antikoagulation – Aktuelle Leitlinien

Die Bedeutung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der unteren Extremitäten (PAVK) für ein sehr hohes kardiovaskuläres Risiko wurde in den letzten Jahren zunehmend erkannt. Neben der Optimierung der vaskulären Hauptrisikofaktoren (arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus und Rauchen) ist die antithrombotische Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien essenziell, wobei ihr erst in den aktuellen ESC Leitlinien erstmals ein eigenes Kapitel gewidmet wurde. Die aktuellen Empfehlungen, sowie neue Erkenntnisse sollen im Folgenden zusammengefasst werden.

L’ importance de l’ artériopathie oblitérante des membres inférieurs (AOMI) pour un risque cardiovasculaire très élevé est de plus en plus reconnue depuis quelques années. A côté de l’ optimisation des principaux facteurs de risque vasculaire (hypertension artérielle, hypercholestérolémie, diabète sucré et tabagisme), le traitement antithrombotique par des antiaggrégants et des anticoagulants est essentiel, bien qu’un chapitre distinct lui soit consacré pour la première fois dans les directives actuelles de l’ ESC. Les recommandations actuelles et les nouvelles conclusions seront résumées ci-dessous.

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) bezeichnet eine Einschränkung der Durchblutung der die Extremitäten versorgenden Arterien bzw. seltener der Aorta. Dies kann durch eine Gefässstenose oder einen Gefässverschluss bedingt sein und ist in > 95% der Fälle atherosklerotisch bedingt (1).
Die Prävalenz der PAVK bei über 75-Jährigen wird auf > 15% geschätzt, wobei mehr als 60% dieser Patienten zusätzlich eine koronare Herzkrankheit (KHK) aufweisen und nach 5 Jahren 20% der symptomatischen Patienten (Fontaine Stadium II) einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleiden, bei einer kardiovaskulären Mortalität von 10-15% (2). Die Langzeitprognose von PAVK-Patienten ist signifikant schlechter als die von KHK Patienten (3). Nach 3 Jahren erleiden 40% der PAVK-Patienten ein kardiovaskuläres Ereignis (Myokardinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod oder Rehospitalisation aufgrund eines vaskulären Ereignisses) gegenüber 30% und 28% bei KHK- bzw. CAVK-Patienten (4).
Neben der Revaskularisation sind die Optimierung der vaskulären Hauptrisikofaktoren, von arterieller Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus und Rauchen sowie die antithrombotische Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien als Teil des «Best Medical Treatment» wichtig (Empfehlungsgrad Ia). Allerdings ist der Anteil der optimal behandelten Patienten mit PAVK deutlich geringer als der von Patienten mit KHK (5).
Die beiden aktuellsten internationalen Leitlinien zu Diagnostik und Therapie der PAVK sind die der American Heart Association (AHA) und des American College of Cardiology (ACC) (6) sowie die der European Society of Cardiology (ESC) (7), welche 2016 bzw. 2017 letztmalig überarbeitet wurden. Erst in der aktuellsten Leitlinie der ESC wurde der antithrombotischen Therapie ein eigenes Kapitel gewidmet.

Thrombozytenaggregationshemmung

In Studien wurden unterschiedliche Substanzen zur Thrombozytenaggregationshemmung bei PAVK-Patienten getestet: der Cyclooxygenase-Inhibitor Acetylsalicylsäure (ASS), die P2Y12 Antagonisten Clopidogrel (Thienopyridinderivat) und Ticagrelor (Cyclopentyl-triazolopyrimidin) sowie der Proteinase-aktivierte Rezeptor-1-Inhibitor Vorapaxar (trizyklisches 3-Phenylpyridin-Derivat) (8).
Die beste Evidenz gibt es für ASS bei Patienten mit symptomatischer PAVK (Fontaine Stadium ≥II) zur Prävention von kardiovaskulären Ereignissen (9). In einer Metaanalyse wurden 18 Studien mit insgesamt 5296 PAVK-Patienten analysiert, welche ASS mit oder ohne Dipyridamol einnahmen. In der Subgruppe von 3019 Patienten, die eine ASS-Monotherapie einnahmen bzw. in der entsprechenden Kontrollgruppe waren, zeigte sich eine nicht signifikante relative Risikoreduktion um 0.75% (95% CI [0.48-1.18]) der kardiovaskulären Ereignisse (Myokardinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulärer Mortalität). Eine signifikante relative Risikoreduktion um 0.64% (95% CI [0.42-0.99]) zeigte sich lediglich für Schlaganfälle (10). Für asymptomatische Patienten mit isolierter PAVK konnte in einer Populationsstudie mit 3350 asymptomatischen Menschen mit einem ABI ≤ 0.95 keine signifikante Reduktion der primären Endpunkte initialer Myokardinfekt oder Schlaganfall oder Revaskularisation (HR 1.03; 95% CI [0.84-1.27]) gezeigt werden (11). Eine post-hoc Analyse der CAPRIE-Studie der 5795 Patienten mit symptomatischer PAVK (Fontaine Stadium ≥II) zeigte, dass Clopidogrel gegenüber ASS eine signifikante Reduktion von Schlaganfällen, Myokardinfarkten und kardiovaskulärer Mortalität brachte (RR 8.7 %; 95% CI [0.3-16.6]; p = 0.043) (12).
Für Ticagrelor konnte im Vergleich mit Clopidogrel in der EUCLID-Studie keine signifikante Verminderung der kardiovaskulären Ereignisrate (kardiovaskuläre Mortalität, Myokardinfarkt und Schlaganfall) (HR 1.02; 95% CI [0.92-1.13]; P = 0.65) oder der Rate akuter Beinischämien gezeigt werden (HR 1.03; 95% CI [0.79-1.33]; P = 0.85) (13).
Es gibt keine Studie, die die Überlegenheit einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS und Clopidogrel getestet hat. Lediglich eine post-hoc Analyse der 3096 Patienten mit symptomatischer (Fontaine Stadium ≥ II) und 258 Patienten mit asymptomatischer (Fontaine Stadium = I) PAVK der CHARISMA-Studie zeigte eine Reduktion der Myokardinfarkte (2.3% vs. 3.7%; HR 0.63; 95% CI [0.42-0.96]; P = 0.029) ohne Reduktion anderer vaskulärer Ereignisse bei jedoch erhöhter Rate an leichten Blutungen (16.5% vs. 20.1%; HR 0.81; 95% CI [0.68-0.95]; P = 0.011) (14). Bei Patienten mit bekannter KHK hingegen sollte eine verlängerte duale Thrombozytenaggregationshemmung entsprechend der diesbezüglichen Leitlinien erwogen werden, mit jährlicher Reevaluation (15).Vorapaxar, konnte bei 26449 Patienten mit anamnestischem Myokardinfarkt, Schlaganfall oder PAVK zusätzlich zur Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS oder Clopidogrel zwar keine Verbesserung bezüglich kardiovaskulärer Ereignisse (kardiovaskuläre Mortalität, Myokardinfekte, Schlaganfälle oder Revaskularisation) zeigen (11.2% vs. 12.4%; HR 0.88; 95% CI [0.82-0.95]; P = 0.001) (16), führte jedoch bei den 3787 Patienten mit symptomatischer PAVK zu einer signifikanten Reduktion des Risikos für akute Beinischämien um 41% (HR 0.58; 95% CI [0.39-0.86]; P = 0.006) (17). Dem gegenüber stand ein Anstieg der moderaten bis schweren Blutungen (4.2% vs. 2.5%; HR 1.66; 95% CI [1.43-1.93]; P< 0.001) mit Verdopplung der intrakraniellen Blutungen (1.0% vs. 0.5%; P< 0.001) (16).
Zusammenfassend fanden somit nur ASS und Clopidogrel Eingang in die aktuellen Leitlinien und werden als gleichwertige Therapieoptionen für alle symptomatischen PAVK-Patienten im Fontaine Stadium ≥ II (Empfehlungsgrad Ia) empfohlen, wobei in der AHA-Leitlinie die Thrombozytenaggregationshemmung bei asymptomatischen PAVK-Patienten, im Fontaine Stadium I, mit einer IIa Empfehlung genannt wird, während sie in der ESC-Leitlinie mit einem Empfehlungsgrad III nicht mehr empfohlen wird.

Antithrombotische Therapie nach Bypass-Chirurgie

In Bezug auf die Offenheitsrate nach peripherer Bypasschirurgie liegen vor allem zu ASS und Vitamin-K-Antagonisten (VKA) Daten vor. Die Datenlage bezüglich der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) ist noch nicht konklusiv. Daten einer Metaanalyse zeigen eine signifikant bessere Offenheitsrate für einfache Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS im Vergleich zu Placebo (18). In der Dutch Bypass Oral Anticoagulants or ASS Study zeigte sich kein Unterschied der Offenheitsraten infrainguinaler Bypässe zwischen ASS und VKA unabhängig der Lokalisation der distalen Anastomose. In Abhängigkeit vom Bypassmaterial ergaben sich jedoch signifikant bessere Offenheitsraten für infragenuale autologe Venenbypässe unter VKA (HR 0.71, 95% CI [0.5-1.02]) und für infragenuale autoplastische Venenbypäasse unter ASS (HR 1.32, 95% CI [0.81-2.15]) (19). Im Vergleich einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung mit einer Kombinationstherapie aus Clopidogrel und VKA, zeigte sich eine signifikant höhere Offenheitsrate unter VKA und Clopidogrel auch im Langzeitverlauf, jedoch ohne Effekt auf die Rate an kardiovaskulären Ereignissen bei deutlich häufigeren Blutungskomplikationen, wenngleich sich eine statistische Signifikanz nur bei Minor-Blutungen zeigte (20). Im CASPAR Trial ergab sich ein signifikant besseres Outcome (Bypassverschluss/-Revaskularisation, Major-Amputationen, Tod) der Patienten mit dualer Thrombozytenaggregationshemmung (Clopidogrel + ASS) gegenüber Patienten mit Monotherapie ASS bei Patienten nach Anlage von infrainguinalen alloplastischen im Vergleich zu autologen Venenbypässen (HR, 0.65; 95% CI, 0.45-0.95; P = .025), ohne signifikanten Anstieg von grösseren Blutungskomplikationen.
In der ESC-Leitlinie wird primär eine einfache Thrombozytenaggregationshemmung nach Bypasschirurgie empfohlen, wobei eine therapeutische Antikoagulation mit VKA erwogen werden kann, insbesondere bei Einsatz von infragenualen autologen Venenbypässen oder Bypässen mit hohem Okklusionsrisiko (1-Gefässversorgung am Unterschenkel) (21) (Abb.1). Die Behandlung infragenualen alloplastischen Venenbypässen erhält eine Grad IIb Empfehlung zur Behandlung mit einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung.

Antithrombotische Therapie nach endovaskulärer Revaskularisation

Postinterventionell wurde in den vorliegenden Studien für 2-12 Monate nach endovaskulärer Revaskularisation eine duale Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS und Clopidogrel durchgeführt (22) (23), wobei eine Empfehlung für eine duale Thrombozytenaggregationshemmung für mindestens einen Monat (stentunabhängig, i.e. «bare metal» oder «drug eluting» Stent) durch die ESC ausgegeben wird (Abb. 1).
Nach infragenualen Interventionen wird häufig über eine variable Dauer eine duale Thrombozytenaggregationshemmung durchgeführt, ohne dass es diesbezüglich spezifische Daten gibt (7).
Ältere Daten zur alleinigen therapeutischen Antikoagulation mit Vitamin K-Antagonisten konnten keine verbesserten Offenheitsraten zeigen bei deutlichem Anstieg an Blutungskomplikationen (24, 25, 26). Auch in Bezug auf die Rate an kardiovaskulären Ereignissen (kardiovaskuläre Mortalität, Myokardinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskuläre Mortalität, akute koronare oder periphere Ischämien) zeigte sich unter einer Kombinationstherapie von ASS oder Clopidogrel mit Warfarin gegenüber einer Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel keine signifikante Verbesserung (15.9% vs. 17.4%, 95% CI [0.74-1.12]; P = 0.37), bei gleichzeitiger Zunahme lebensbedrohlicher Blutungen (4.0% vs. 1.2%; 95% CI [1.84-6.35]; P< 0.001) und tödlicher Blutungen (27).
In der aktuell noch laufenden VOYAGER PAD Studie wird der Effekt einer low-dose Antikoagulation mit dem oralen Faktor-Xa-inhibitor Rivaroxaban 2.5 mg 2 x täglich zusätzlich zur Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS bei PAVK-Patienten nach endovaskulärer Revaskularisation untersucht (28).

Antithrombotische Therapie bei Indikation zur langfristigen therapeutischen Antikoagulation

Bei stabiler PAVK besteht bei gesicherter Indikation zur oralen Antikoagulation, z.B. nicht-valvuläres Vorhofflimmern, St. n. mechanischem Herzklappenersatz, stattgehabte venöse Thromboembolien, die Möglichkeit der Monotherapie mit einem oralen Antikoagulans. Hierbei sollten zusätzlich bestehende Indikationen für eine additive Thrombozytenaggregationshemmung, z.B. KHK, kritisch geprüft werden.
Bei Patienten mit erfolgter peripherer endovaskulärer Revaskularisation sollte in Abwägung des Blutungsrisikos eine zusätzliche antithrombotische Therapie mit ASS oder Clopidogrel erfolgen. Dabei sollte die Dauer dieser Kombinationstherapie (Thrombozytenaggregationshemmer + Antikoagulans) so kurz wie möglich sein (1 Monat) (15). Auf eine Thrombozytenaggregationshemmung sollte bei hohem klinischen Blutungsrisiko ggf. verzichtet werden. Eine Tripletherapie (duale Thrombozytenaggregationshemmung + Antikoagulans) sollte aufgrund des hohen Blutungsrisikos – ausser ggf. bei Stenting der Unterschenkelarterien oder komplexen Läsionen mit hohem lokal thrombotischem Risiko und kritischer Abwägung – nach Möglichkeit vermieden werden (29) (Abb. 2).

Ausblick

Während der Erstellung der aktuellen ESC-Leilinien lagen die Ergebnisse der kürzlich beendeten COMPASS-Studie (Cardiovascular OutcoMes for People Using Anticoagulation StrategieS) noch nicht vor und konnten noch nicht berücksichtigt werden (5) (30). In dieser Studie wurden Patienten mit stabiler KHK und/oder PAVK randomisiert zur Behandlung einer Kombinationstherapie aus ASS 100 mg 1 x täglich und Rivaroxaban 2.5 mg 2 x täglich versus Monotherapie mit ASS 100 mg 1 x täglich bzw. Monotherapie mit Rivaroxaban 5 mg 2x täglich. In der Subanalyse der 7470 PAVK-Patienten zeigte sich im Vergleich der Kombinationstherapie mit der ASS-Monotherapie eine signifikante Senkung der kardiovaskulären Ereignisse innerhalb eines kombinierten Endpunktes (Myokardinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod) um 28% (HR 0.72, 95% CI 0.57–0.90, p = 0.0047) sowie der schweren ischämischen Extremitätenereignisse (akute Ischämie, chronische Ischämie mit Revaskularisation, Major Amputationen) um 46% (HR 0.54 95% CI 0.35–0.82, p = 0.0037) (31). Zwar zeigte sich eine signifikante Zunahme schwerer Blutungskomplikationen, allerdings nicht der tödlichen oder kritischen Organblutungen. Pro 1000 behandelte Patienten werden im Rahmen des kombinierten Therapieregimes im Vergleich mit der ASS-Monotherapie 27 kardiovaskuläre Ereignisse verhindert auf Kosten einer tödlichen und einer kritischen Organblutung.

Dr. med. Sarah Maike Bernhard

Universitätsklinik für Angiologie
Inselspital Bern
Freiburgstrasse
3010 Bern

Prof. Dr. med. Iris Baumgartner

Universitätsklinik für Angiologie
Inselspital Bern
Freiburgstrasse
3010 Bern

PD Dr. med. Marc Schindewolf

Universitätsklinik für Angiologie
Inselspital Bern
Freiburgstrasse
3010 Bern

marc.schindewolf@insel.ch

Es bestehen keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag.

  • Langfristige einfache Thrombozytenaggregationshemmung mit Clopidogrel (alternativ auch ASS) für Patienten mit symptomatischer PAVK
  • Langfristige einfache Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS oder Clopidogrel nach Bypasschirurgie (nach infragenualem Bypass kann eine Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten oder auch eine duale Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS und Clopidogrel erwogen werden)
  • Duale Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS und Clopidogrel nach endovaskulärer Revaskularisation für mindestens 1 Monat
  • Bei gleichzeitiger Indikation zur therapeutischen oralen Antikoagulation keine zusätzliche Thrombozytenaggregationshemmung bei stabiler PAVK (lediglich nach Revaskularisation für 1 Monat, Tripleltherapie ist ausser bei infragenualer Revaskularisation oder komplexen Läsionen zu vermeiden aufgrund der möglichen Blutungskomplikationen)
  • Perspektivisch könnte eine Kombinationstherapie mit low-dose ASS
    (100 mg 1 x täglich) und low-dose Rivaroxaban (2.5 mg 2 x täglich) eine Therapieoption sein für Patienten mit stabiler PAVK

Messages à retenir

  • Une antiaggrégation simple avec Clopidogrel (ou alternativement
    Aspirine) est indiquée pour les patients avec une AOMI symptomatique
  • Une antiaggrégation simple avec Aspirine ou Clopidogrel est recommandée après les pontages infrainguinaux (après les pontages sous-géniculés une anticoagulation avec des antagonistes de la vitamine K ou une double antiaggrégation avec Aspirine et Clopidogrel peut être considérée)
  • Après une révascularisation endovasculaire une double antiaggrégation avec Aspirine et Clopidogrel est recommandée pour au moins un mois
  • Chez les patients avec une AOMI stable et une indication concomittante à une anticoagulation aucune antiaggrégation est recommandée (uniquemet après une révascularisation endovasculaire un traitement antiplaquettaire simple peut être mis en place pour max. un mois; une double antiaggrégation en plus de l’anticoagulation devrait être évitée sauf en cas de révascularisation sous-géniculée ou de lésions complexes en raison du risque hémorragique augmenté sous ce traitement)
  • A l’ avenir une combinaison d’ Aspirine (100 mg une fois par jour) avec Rivaroxaban à petite dose (2.5 mg deux fois par jour) pourrait être une option thérapeutique pour les patients avec une AOMI stable

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Grippeartige Symptome bei einer Patientin mit paranoider Schizophrenie

Fallpräsentation

Eine 33-jährige Patientin musste wegen einer schweren paranoiden Schizophrenie in einer psychiatrischen Klinik hospitalisiert werden. Es erfolgte eine medikamentöse Einstellung mit Clozapin und Amisulprid. Im Laufe der Hospitalisation klagte die Patientin über zunehmende Müdigkeit, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und trockenen Reizhusten. In der Folge kam es auch zu zunehmender Dyspnoe, so dass die Patientin notfallmässig ins Akutspital verlegt werden musste. Bei Eintritt war die Patientin subfebril und tachykard mit einer Herzfrequenz von 120 pro Minute. Der Blutdruck lag bei 100/50mmHg. In der klinischen Untersuchung fanden sich keine eindeutigen Stauungszeichen. Radiologisch zeigte sich eine knapp kompensierte Lungenzirkulation. Das EKG zeigte keine spezifischen Veränderungen. Im Labor fielen eine deutliche Leukozytose, ein CRP von 287 mg/l (Norm < 10) und ein hochsensitives (hs) Troponin T von 245 pg/l (Norm < 14) auf. Als zusätzliche Untersuchung wurde eine transthorakale Echokardio-graphie durchgeführt. Hierbei zeigte sich eine konzentrische linksventrikuläre (LV) Myokardverdickung, welche inferolateral betont war. Ferner fand sich ein minimer Perikarderguss (Abb. 1). Die LV Ejektionsfraktion (EF) war mit 38% mittelschwer eingeschränkt und es zeigte sich Spontankontrast im LV Apex (Abb. 2). Der globale longitudinale Strain (GLS) war mit -11.4% deutlich eingeschränkt (Abb. 3), was auf eine erhebliche Einschränkung der myokardialen Longitudinalfunktion hinwies. Aufgrund der erhobenen Befunde ergab sich das Bild einer akuten Myokarditis. An welche Ursache hierfür muss bei dieser Patientin im Besonderen gedacht werden?

Kommentar

Differentialdiagnostisch war einerseits eine infektiöse Genese der akuten Myokarditis denkbar. Daneben musste jedoch auch an eine Nebenwirkung von Clozapin, welches kurze Zeit vor der akuten kardialen Erkrankung initialisiert wurde, gedacht werden. Bei möglicher Clozapin-induzierter Myokarditis wurde dieses Medikament umgehend gestoppt und eine medikamentöse Herzinsuffizienztherapie eingeleitet. Fünf Tage nach Sistierung von Clozapin zeigte sich ein Rückgang des CRP auf 123 mg/l und des hs Troponins T auf 39 pg/l. Dies ging sowohl mit einer Verbesserung der LVEF auf 45%, als auch mit einer klinischen Verbesserung einher. Einen Monat später zeigte die Kontrollechokardiographie bei kardial nunmehr beschwerdefreier Patientin eine Normalisierung der Dimensionen des LV Myokards (Abb. 4), welches retrospektiv anfangs durch den entzündlichen Prozess mit konsekutivem intramyokardialem Ödem verdickt war. Ferner fanden sich eine Normalisierung der LVEF auf 55% (Abb. 5) und des GLS auf -21% (Abb. 6).
Die Prävalenz der Schizophrenie liegt bei Erwachsenen bei etwa 1% (1). Der Einsatz von Clozapin ist die Behandlung der Wahl bei schweren, anderweitig therapierefraktären Fällen (2). Neben einer Agranulozytose ist die Entwicklung einer Myokarditis eine der gefürchtetsten Nebenwirkungen von Clozapin. Die Inzidenz der Clozapin-induzierten Myokarditis liegt bei etwa 3% (3), wobei dieses Krankheitsbild wegen seiner klinisch sehr variablen Präsentation vermutlich unterdiagnostiziert wird. Die Genese der Clozapin-induzierten Myokarditis ist unklar. Mögliche diskutierte Ursachen sind unter anderem eine Hypersensitivitätsreaktion Typ I oder ein direkt toxischer Effekt des Medikamentes (4). Typischerweise tritt die Myokarditis relativ früh nach Beginn der Therapie mit Clozapin auf. 87% der Fälle wurden im ersten Monat der Behandlung registriert (5). Eine klare Dosisabhängigkeit scheint nicht zu bestehen; die Myokarditis kann bereits unter tiefen Dosen von Clozapin auftreten (5). Eine möglichst frühe Erkennung des Problems ist von grosser Bedeutung. Als therapeutische Massnahmen müssen Clozapin gestoppt und eine medikamentöse Herzinsuffizienz-Behandlung eingeleitet werden. Bei einigen Fällen wurden auch Steroide eingesetzt (5). Gemäss Literatur geht die Clozapin-induzierte Myokarditis mit einer hohen Mortalität einher. Fatale Verläufe wurden in 1/5 bis 1/3 der Fälle beschrieben (5, 6). Patienten, welche die initiale Phase der Myokarditis überstehen, zeigen aber in der Regel einen guten Outcome mit rascher Verbesserung der kardialen Funktion (5).

PD Dr. med. Alain M. Bernheim

Stadtspital Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Alain.Bernheim@triemli.stzh.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

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6. Swart LE, Koster K, Torn M, Budde RPJ, Uijlings R. Clozapine-induced myocarditis. Schizophr Res 2016;174:161-4

17. Zürcher Review Kurs in Klinischer Kardiologie

Vom 5.4. bis 7.4. fand unter der Leitung von Frau Prof Dr. med. Christine Attenhofer-Jost, Zürich, Prof. Dr. med. Heidi M. Connolly, Mayo Clinic, Rochester und Prof. Dr. med. Perry Elliott, London, der 17. Zürcher Review Kurs in Klinischer Kardiologie statt. Unter den verschiedenen hervorragenden Vorträgen wurden Antikoagulation und Dyslipidämie zur Berichterstattung ausgewählt.

Direkte orale Antikoagulantien (DOAK 2019): Worauf ist in der Praxis zu achten?

Wie viel Gerinnung soll gemessen werden?

Die Antikoagulantien umfassen die Vitamin-K-Antagonisten, die Heparine, Heparinoide und die direkten Antikoagulantien Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban, erklärte PD Dr. med. Lars Asmis, Zürich, zu Beginn seiner Ausführungen. Bei den Wirkmechanismen wird zwischen direkter und indirekter Antikoagulation unterschieden. Die direkten Antikoagulantien wirken direkt am aktiven Ort, d.h. am Zielmolekül FXa bzw. FIIa (direkte orale Antikoagulantien (DOAK), während die indirekten Antikoagulantien, die Heparine am Antithrombin, die Vitamin K Antagonisten am y-COOH wirken, die Zielmoleküle sind in diesem Fall freier FIIa und FXa bzw. «freier» II, VII, IX, PrC, PrS (Tab. 2).
Spiegelmessung bei DOAK: Der maximale Spiegel wird ca. 2-4h nach Einnahme gemessen, der Tal-Spiegel vor der nächsten Einnahme. Routinemässige Spiegelmessungen sind nicht indiziert, wie der Referent erläuterte.
Rivaroxaban verändert die Prothrombinzeit, die aktivierte partielle Thromboplastinzeit und die Faktoranalyse für intrinsische und extrinsische Faktoren signifikant. Die Bestimmung der Thrombinzeit, des Fibrinogens, der FXIII- und D-Dimer-Werte werden dagegen nicht beeinflusst.
Situationen, bei denen die Messung der Wirkung von DOAKs möglicherweise nützlich ist, sind die folgenden:
Der Referent wies auf die Pharmakologie der verschiedenen DOAKs hin, die in der Tabelle 2 wiedergegeben sind.

Take-Home Messages

• Laborkontrollen bei DOAK: Was ist die Indikation? Dosis?
• Pharmakologie: Nierenabhängigkeit, Leberabhängigkeit (Komedikation), Nahrungsabhängigkeit
• Anti-FXa- oder Anti-FIIa Messung: Timing (Maximal- oder Minimalspiegel)
• Interaktionen mit anderen Labortests

PCSK9-Hemmer oder Lebensstilmodifikationen bei KHK und Statinintoleranz?

Fallvignette:

Ein 58-jähriger Mann mit progredienter koronarer Dreigefäss-erkrankung, der vor 15 Jahren einen inferioren Myokardinfarkt erlitten hat, wird von Prof. Dr. med. Franz Eberli, Chefarzt Triemlispital vorgestellt. Verschluss RCA → PCI/Stent x 1, Stenose RIVA/D1 → PCI/Stent x 1, LV-Funktion bei inferiorer Hypokinesie erhalten. Kardiovaskuläre Risikofaktoren: Hypertonie, Hypercholesterinämie, Nikotin (12 py), FA. Die medikamentöse Therapie besteht unter anderem aus Sortis 40 mg/Tag. Der Patient zeigt eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Zusätzlich wurde die Diagnose einer Hypothyreose gestellt und eine Therapie mit Eltroxin gestartet. Eine zweite Intervention wurde wegen zunehmender AP notwendig (3/2005). Unter Erhöhung der Atorvastatin-Dosis auf 80mg betrug das LDL-C nun 1.9mmol/l. Die daraufhin registrierte Erhöhung der CK- und der Leberwerte wurde auf die hohe Atorvastatin-Dosis zurückgeführt. Im Mai 2006 klagte der Patient über Schulterschmerzen beidseits. Er wies eine Ulzeration am Finger D2 auf. Die Ulzeration wurde beschrieben, als der Patient unter hohen Statindosen stand. Entsprechend wurde die Atorvastatin-Therapie gestoppt und durch Inegy (Simvastatin 20 mg, Ezetimibe 10mg) ersetzt. Inegy wurde darauf auf 40mg Simvastatin erhöht. Im April 2008 zeigten sich eine starke Leistungsintoleranz und eine Erhöhung der Leberenzyme, LDL-C betrug 2.5 mmol/l. 2009/2010 stellten sich Schmerzen unter Belastung an der Tibiavorderkante beidseits ein. Wegen zunehmender Wadenschmerzen erfolgte eine Inegy-Pause 5/2012. Nach 2 Wochen war der Patient schmerzfrei und die Schwellung der Wadenmuskulatur verschwunden. Beginn mit Rosuvastatin 5mg/Tag. Kopfschmerzen, Übelkeit, Fieber, Beinödeme beidseits, Stopp Rosuvastatin. Am 28.6.2012 dritte Intervention: akutes Koronarsyndrom, Plaqueruptur CX: PCI/Stent (x 4). De-novo-Läsion RCA: PCI/Stent (x 2). Therapie Aspirin Cardio, Efient, Rosuvastatin 5 mg, Eltroxin, Cosaar Plus, Beloc ZOK 50 mg. Cholesterin 6.0 mmol/l, HDL-C 0.61 mmol/l, LDL-C 3.98 mmol/l. Da sich der Patient weigerte, Rosuvastatin weiter einzunehmen, wurde mit Ezetimibe allein 10 mg/Tag begonnen. Die LDL-C-Konzentration betrug 3.19 mmol/l. 4/2013 erneute Angina Pectoris, positive Ergometrie, Koronarangiographie. 5-facher ACBP, Venenbypass zu RPL und RIVPO der RCA. 10/2013 keine Angina Pectoris, aber deutliche Leistungsminderung wegen bilateraler Wadenschmerzen. Ezetimibe wird gestoppt. Beschwerden verbleiben lange Zeit, ebenso die Erhöhung der CK und der Transaminasen. Abklärung wegen Polyneuropathie und Myopathie ist unergiebig. Cholesterin 5.6 mmol/l, HDL 0.53 mmol/l, LDL-C 3.85 mmol/l. 1/2017 Kostengutsprache für Evolocumab und Beginn mit Repatha 140 mg jede 2. Woche. Keine Myalgien, keine Wadenkrämpfe, gute Leistungsfähigkeit. 5/2017 Cholesterin 3.3 mmol/l, HDL-C 0.7 mmol/l, LDL-C 1.43 mmol/l. 01/2018 Cholesterin 2.6 mmol/l, HDL-C 0.77 mmol/l, LDL-C 0.94 mmol/l.

Nebenwirkungen der Statine

Gute klinische Evidenz gibt es für die Myopathie, für Leberenzymerhöhung und die Entwicklung eines Diabetes mellitus. Weniger gute Evidenz für Krebs, intrazerebrale Blutung, Psychiatrische Krankheiten, erektile Dysfunktion, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Katarakt, Rheumatoide Arthritis, Bauchschmerzen, Brustschmerzen, bleibende Leber- und Nierenschäden, so der Referent. Die Statin-assoziierten Muskelschmerzen teilen sich in Myalgie, bis 5% in klinischen Studien, Myositis 1% in klinischen Studien, CK erhöht (< 10 x), mit oder ohne Myalgien, Rhabdomyolyse, 1 pro 10 000 Patientenjahre, CK >10x erhöht, Myoglobinurie, Niereninsuffizienz und Statin-assoziierte Autoimmun-Myopathie, 2-3 pro 100 000 Patienten. Ursache sind Autoantikörper gegen HMGCoA-Reduktase-Behandlung durch immunsuppresive Therapie.

Lebensstiländerung bei Statinintoleranz: Was nützt? Wie gut?

Nahrungsergänzungsmittel, denen eine cholesterinsenkende Wirkung nachgesagt wird, sind roter Reis, Bergamotte, Artischocken, faserreiche Kost, pflanzliche Sterole, Phytosterole, Berberitze, Knoblauch, Grüntee, Soja, Omega-3-ungesättigte Fettsäuren. Der rote Reis senkt Cholesterin um 15-25% wegen seines Gehalts an Monacolin K, das chemisch identisch mit Lovastatin ist (Klasse I/A-Empfehlung). Es können daher zu den Statinen identische Nebenwirkungen auftreten. Die Phytosterine senken LDL-C zwischen 7 und 10%. Sie sollten bei Patienten mit Phytosterolämie und den für ABCG5 und ABCG8 Heterozyten vermieden werden (IIa/C-Empfehlung).
In verschiedenen Studien wurde eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität durch Omega-3-Fettsäuren festgestellt. Basierend auf diesen Studien (u.a. DART und GISSI) empfehlen alle Guidelines eine fischreiche Ernährung und die Einnahme von 1g Fischölkapseln. Bereits in den Nachfolgestudien zu DART und GISSI, von den gleichen Autoren durchgeführt, konnten die guten Resultate nicht reproduziert werden. In der Folge fanden die meisten Studien keinen Effekt, das Interesse für die Fischölkapseln blieb aber aufgrund von Open-Label-Studien hoch, insbesondere zum Verhindern von Arrhythmien, Herzinsuffizienz und bei Diabetikern. Ein Cochrane Review mit 79 randomisierten Studien an 112 059 Probanden fand keinen Effekt oder wenig bezüglich Gesamtmortalität (RR0.98), kardiovaskuläre Mortalität (RR 0.99), Schlaganfall (RR1.06) und Arrhythmien (RR0.97). In einer Sensitivitätsanalyse der qualitativ guten Studien tendierten alle Effekte gegen Null (RR1.0).
Die im letzten Jahr veröffentlichte ASCEND-Studie an 15 480 Patienten mit Diabetes, aber ohne chronische Herzerkrankung, zeigte keinen Nutzen von Omega-3-Fettsäuren bei Diabetes mellitus.
In der REDUCE-IT-Studie mit Icosapent Ethyl, einem speziellen Omega-3-FS-Präparat wurde in diesem Jahr eine 25%-Risikoreduktion gegenüber Placebo beschrieben. Das in der REDUCE-IT-Studie verwendete Vascepa® (Icosapent Ethyl) senkt die Triglyceride nur leicht > (-0.44 mmol/l), der Effekt war unabhängig vom Ausgangswert der Triglyceride, LDL-C blieb unverändert (+ 0.05 mmol/l). Placebo verhielt sich in der Studie nicht neutral (Erhöhung von LDL-C um 10.2% (0.18 mmol/l), CRP wurde um 30% erhöht. Die Resultate sind zu gut, um wahr zu sein! Denn PCSK9-Inhibitoren senken LDL-C um 54-59% auf unter 1 mmol/l. Trotzdem haben sie das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis nur um 15% (ODYSSEY OUTCOMES), respektive um 20% (FOURIER) gesenkt. Weder die kardiovaskuläre noch die Gesamtmortalität wurden durch die PCSK9-Hemmer gesenkt. Vascepa® wurde von der FDA zugelassen.

Ökonomische und ökologische Fakten zu Omega-3-Fettsäuren

Der Fischölkapselkonsum hat sich in den letzten Jahren in den USA verzehnfacht. Weltweit werden Fischölkapseln im Wert von 33 Milliarden Dollar verbraucht. Fischölkapseln werden aus kleinen Fischen (z.B. Sardellen und Heringen) hergestellt. Ein Achtel des gesamten Weltfischfangs geht in die Produktion von Omega-3-Fettsäuren-Nahrungssupplemente. Die Produktion der unwirksamen Fischölkapseln stellt ein riesiges Umweltproblem dar.

Kardiovaskuläre Effekte von intensiver Lebensstilintervention bei Typ-2-Diabetes:

Im Look AHEAD Trial (NEJM 2013;369:145-152) absolvierten von 5145 übergewichtigen Patienten mit Typ-2-Diabetes 2570 ein intensives Training und Gewichtsreduktion, 2575 erhielten eine normale Betreuung. Primärer Endpunkt war kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Hospitalisierung wegen Angina Pectoris. Die Nachbetreuung war für 13.5 Jahre vorgesehen, die Studie wurde nach 9.6 Jahren gestoppt. Die Effekte des intensiven Trainings waren -4 kg Gewichtsreduktion (p < 0.001), körperliche Fitness +0.6 (MET) (p< 0.001), Bauchumfang -3.2cm (P < 0.01), HbA1c -0.22 (P < 0.001). Das intensive Training und die Gewichtsreduktion verringerten indessen die kardiovaskulären Ereignisse beim Typ-2-Diabetiker nicht.

Therapieversuche bei Statinintoleranz und Alternativen zu Statinen

Der Referent erwähnt Diät und Lebensstiländerung, Reduktion von Fett und cholesterinhaltigen Lebensmitteln, Ersatz von gesättigten durch mono- und poly-ungesättigte Fette (Omega 3 >), körperliches Training, Gewichtsabnahme. Reduktion der Statindosierung, Wechsel des Statins, intermittierende Dosis z.B. jeden 2. Tag.
Behandlung der Muskelschmerzen: Coenzym Q10, Vitamin D. Als medikamentöse Alternativen zu den Statinen nannte der Referent Ezetimibe, PCSK9-Inhibitoren: Antikörper gegen PCSK9, Alirocumab und Evolocumab, Inclisiran: small interfering RNA zur Hemmung der PCSK9-Synthese. Ferner Bempedoinsäure, ein Hemmer der ATP-Citrat-Lyase (ACL). ACL ist das Enzym, das im Zytosol eukaryotischer Zellen eine Acetylgruppe von Citrat auf Coenzym A überträgt, woraus unter anderem Acetyl-CoA resultiert.
PCSK9-Inhibitoren bei Statinintoleranz: In der GAUSS-3-Studie (Intoleranz gegen 3 Statine) senkte Evolocumab das LDL besser als Ezetimibe. Nebenwirkungen waren Muskelschmerzen (Evolocumab vs. Ezetimibe) 20.7% vs. 28.8%, Nasopharyngitis 9.7% vs. 2.7%, Arthralgie 9.0% vs. 1.4%, Schmerzen in den Extremitäten 9.0% vs. 1.4%. In der ODYSSEY ALTERNATIVE mit Alirocumab wurden medikamentabhängige unerwünschte Muskelwirkungen unter Alirocumab in 32.5%, unter Ezetimibe in 42.2% und unter Atorvastatin in 46.0% festgestellt (HR vs. Alirocumab 1.41 bzw. 1.61). Medikamentabhängige, unerwünschte Muskelwirkungen, die zum Therapieabbruch führten, wurden unter Alirocumab in 15.9%, unter Ezetimibe in 20.2% und unter Atorvastatin in 22.2% registriert (HR vs. Alirocumab 1.28 bzw. 1.52).
Die Dosierungen der PCSK9-Inhibitoren sind für Evolocumab (Repatha®) 140mg s.c. alle 2 Wochen, 420mg s.c. alle 4 Wochen, für Alirocumab (Praluent®) 75 mg s.c. alle 2 Wochen, 150 mg s.c. alle 2 Wochen.
Der PCSK9-RNA-Inhibitor Inclisiran ergab in der ORION-Studie eine LDL-C-Senkung von 28% bis 52% in den verschiedenen Dosierungen. Die Wirkung erstreckte sich über 180 Tage.
Für Bempedoinsäure lieferte die CLEAR-Harmony-Studie den Beweis dafür, dass dieses Medikament sicher ist. Das Nebenwirkungsprofil von Bempedoinsäure war im Allgemeinen ähnlich wie das von Placebo.
Die Hintergrund-Statinintensität hatte keinen Einfluss auf das Sicherheitsprofil von Bempedoinsäure.
Bempedoinsäure reduzierte LDL-C in Woche 12 um 18,1% (ITT) und 19,8% (On-Treatment), signifikante Reduzierungen von LDL-C wurden bis Woche 52 beobachtet.
Bempedoinsäure senkte auch signifikant Non-HDL-C, Gesamtcholesterin, apoB und hsCRP.
Bempedoinsäure bietet eine zusätzliche therapeutische Option zur sicheren Senkung von LDL-C in hohen Konzentrationen bei ASCVD-Risikopatienten, die mit Statinen behandelt werden.

Quelle: 17. Zürcher Review Kurs in Klinischer Kardiologie, 5.4.-7.4.2019 Zürich Oerlikon.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Radiale Handgelenksschmerzen nach Trauma

Ein Sturz auf das Handgelenk kann auch bei geringer Energieeinwirkung zu Verletzungen führen. Einige Pathologien sind radiologisch nicht oder erst im Verlaufe sichtbar. Zu den häufigsten posttraumatischen radialen Handgelenksschmerzen gehören Fraktur, Non-Union, aktivierte Arthrose, ligamentäre und tendinöse Ursachen.

A fall on the wrist can lead to injury even with low energy. In addition to anamnesis and clinical examination, the standard X-ray image of the wrist in 2 levels is part of the basic diagnosis. Some pathologies are not visible radiologically or only gradually; For this reason, immobilization of the wrist and a re-evaluation after 2 weeks is recommended even with blandem X-rays.

Distal radius fracture

With ¼ of all fractures, it is one of the most common adult human fractures with two frequency peaks: young men (high-energy trauma) and women over 50 (low-energy trauma). Clinically, swelling, hematoma and possibly local deformation can be found. Peripheral circulation, sensitivity and motor skills should be checked. The diagnosis is confirmed radiologically.
An undisplaced fracture can be treated by immobilization in the forearm plaster for 6 weeks. Secondary dislocation or crushing of the fracture should be excluded by means of a follow-up x-ray after 1, 2 and 4 weeks. For secondary
dislocation or initial 3 or more existing instability criteria (according to Lafontaine), an operative procedure must be discussed: • Dorsiflexion> 10 °
• Dorsal decay zone
• Intra-articular fracture
• Ulnar fracture
• Age> 60 years

For complex fractures, a CT scan is useful preoperatively.
In patients over 50, the question of bone mineralization arises. In 2011, one study (1) found osteoporosis in 18% of patients with a radius fracture between 50-59 years of age, and 25% between 60-69 years of age (control groups without fracture: 5% and 7%, respectively). Male patients also showed an increased rate of osteoporosis. In addition, patients after radius fracture have a 2 to 3-fold increased risk of suffering a vertebral or hip-joint-like fracture. For secondary prevention, it therefore makes sense to initiate early further diagnosis and therapy regarding osteoporosis.

Scaphoidverletzungen

Scaphoidfraktur

Sie ist mit 60% die häufigste Fraktur der Handwurzelknochen. Aufgrund der komplexen Anatomie und der empfindlichen Vaskularisation ist die Therapie oft schwierig. 80% der Durchblutung erfolgt durch einen dorsalen Seitenast der A. radialis retrograd von distal her. Aufgrund dieser Vaskularisation ist eine Fraktur umso komplikationsreicher (Delayed union, Pseudoarthrose, avaskuläre Nekrose), je proximaler sie liegt.
Initiale Röntgenbilder können auch beim Vorliegen einer Scaphoidfraktur unauffällig sein. Bei klinischem Verdacht auf Fraktur (Schmerzen in der Tabatière anatomique und Tuberculum scaphoideum, Schwellung, schmerzhafte Ulnardeviation) soll das Handgelenk für 2 Wochen immobilisiert, und danach die Bildgebung wiederholt werden. Bleiben die Röntgenbilder weiter nicht konklusiv, muss eine weiterführende Bildgebung (CT oder MRI) durchgeführt werden, wobei (2) das MRI zur Aufdeckung okkulter Frakturen besser geeignet ist.
Raucher weisen im Vergleich zu Nichtrauchern eine deutlich erhöhte Konsolidationszeit sowie Non-Unionrate auf; es ist daher wichtig, die Raucher zum Sistieren / Pausieren des Nikotinkonsums zu motivierten.
Nicht-dislozierte Frakturen im distalen Drittel können durch 4-8 wöchige Immobilisation im Vorderarmgips behandelt werden. Bei Frakturen im mittleren Drittel dauert die Immobilisation in der Regel 8-12 Wochen, im proximalen Drittel auch bis zu 6 Monate. Keine Studie konnte belegen, dass der Daumeneinschluss in die Ruhigstellung die Konsolidationsrate erhöht(3). Durch eine axiale Kompressionsschraube kann die Konsolidationszeit verkürzt und die Konsolidationsrate erhöht werden. Kriterien zur Operationsindikation sind neben der Lokalisation auch instabile Frakturen:
• Lateraltranslation > = 1 mm
• Seitlicher intra-scaphoidaler Winkel > 35° (sog. Humpback-Deformität)
• Scapho-lunärer Winkel > 60°
• Knochenverlust / Trümmerfraktur
Zur Evaluation der ossären Durchbauungsrate eignet sich die CT-Untersuchung.

Pseudoarthrose

Die Hauptursachen für die Entstehung einer Scaphoid-Pseudoarthrose sind:
• Nicht / verspätet diagnostizierte Fraktur
• Proximale Fraktur
• Dislokation > 1 mm
Bleibt sie unerkannt, kann sie mit der Zeit aufgrund von Instabilität zum karpalen Kollaps, zu einer progressiven Arthrose bis hin zur Panarthrose des Handgelenkes (SNAC (Scaphoid Non Union Advanced Collapse)-Wrist Grad IV) führen. Schmerzen können nach Re-Traumatisierung des Handgelenks akut auftreten oder schleichend zunehmen.
Ebenso kann eine vorbestehende Arthrose (Rhizarthrose, STT-Arthrose, Radiocarpalarthrose) durch einen Sturz aktiviert und schmerzhaft werden. Die gezielte Röntgenaufnahme hilft bei der Diagnostik. Meist reicht da eine Ruhigstellung mittels Schiene sowie mehrtägige NSAR-Therapie.

Scapho-lunäre Bandverletzung

Der typische Unfallmechanismus ist ein Sturz auf das hyperextendierte Handgelenk in Ulnardeviation; sie reicht von Distorsion über Partial- bis kompletter Ruptur.
Eine SL-Ruptur kann ähnlich der Scaphoidpseudoarthrose zu karpaler Instabilität bis hin zum Kollaps und konsekutiver progressiver Handgelenksarthrose (SLAC (Scaphlounate Advanced Collapse)-Wrist) führen.
Klinisch findet sich eine dorsoradiale Schwellung, Bewegungseinschränkung und Kraftlosigkeit. Es besteht ein Instabilitätsgefühl sowie ein dumpfes Knacken; dieses kann durch den Watson-Test (Fixierung des distalen Scaphoidpoles und simultane Radialdeviation) provoziert werden. Neben Standard-Röntgenbild (SL-Abstand, SL-Winkel, O-ring Sign) sind bei Verdacht auch dynamische seitenvergleichende Bilder hilfreich: pa in Ulnardeviation, oder pa geballte Faustaufnahme zur Visualisierung
eines erhöhten SL-Spaltes. Die MRI-Untersuchung weist eine Sensitivität von 65-90% auf. Gold-Standard in der Diagnosesicherung ist die Handgelenksarthroskopie.
Die Therapie richtet sich nach dem Verletzungsgrad und Alter der Verletzung und berücksichtigt eine veränderte Kinematik des Carpus, das Vorhandensein einer Fehlstellung (reponierbar oder fixiert) und ob bereits Arthrosezeichen im Handgelenk vorhanden sind.

Reizung des ersten Strecksehnenfaches

Ein direkter Schlag über dem Radius-Styloid oder Hyperabduktion des Daumens können zu Irritation, respektive Einblutung ins erste Strecksehnenfach und der darin verlaufenden Sehnen der M. abductor pollicis longus und M. extensor pollicis brevis führen. Klinisch imponieren die Beschwerden einer Tendovaginits de Quervain (schmerzhafte Schwellung des ersten Strecksehnenfachs, schmerzhafte MP-Extension und Radialabduktion des Daumens, positiver Finkelsteintest). Ist der hier verlaufende Ramus superficialis nervi radialis auch kontusioniert, können in seinem Versogungsgebiet Dysästhesien hinzukommen. Therapeutisch wird primär ein konservatives Vorgehen empfohlen mit strikter Ruhigstellung von Handgelenk inklusive Daumen sowie NSAR. Therapierefraktäre Fälle können mit einer perifokalen Steroidinfiltration ins erste Strecksehnenfach behandelt werden (Erfolgsrate ca. 70%). Als ultima Ratio kommt die chirurgische Spaltung des ersten Strecksehnenfaches in Frage. Die Konvaleszenz dauert etwa 3-4 Wochen.

Handgelenksganglion

Das Ganglion ist eine sackartige Ausstülpung ohne epitheliale Auskleidung, welche über einen Stiel mit dem Gelenk oder einer Sehnenscheide in Verbindung steht und mit einer gallertigen Masse aus Glucosamin, Albumin, Globulin und Hyaluronsäure gefüllt ist. Die eigentliche Pathogenese bleibt unklar. Neben synovialer Hernierung und Mukoid-Degeneration postulieren neue Theorien Belastungen (z.B. Dehnung) an der synovio-kapsulären Verbindung, welche die Produktion von Mucin anregen sollen, welches sich dann als Hauptbestandteil des Ganglions durch die Kapsel ausstülpt (4). Je nach Aktivitätsgrad sind Gangliongrösse und Symptome fluktuierend (Schmerzen, Reduktion der Greifkraft). Bei Verdacht auf okkultes symptomatisches Ganglion kann ein MRI Klarheit schaffen. Falls der Schmerz durch Ruhigstellung und NSAR nicht abklingt, ist die chirurgische Exzision in Erwägung zu ziehen (Rezidiv-Rate 10-15%). Die Punktion eines Ganglions hat eine Rezidivrate von 50%.
Die meisten Ganglien treten jedoch ohne vorangehendes Trauma auf; daher ist ein Kausalzusammenhang zum Unfall in den meisten Fällen nicht nachweisbar.

Dr. med. Salomé Bruneau

DS Praxis
Buchenstrasse 4
6210 Sursee

s.bruneau@ds-praxis.ch

Die Autorin hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Auch hinter einfachen Stürzen mit blanden Röntgenbildern können schwerwiegende Handgelenksverletzungen stecken, eine Reevalua-tion ist daher unabdingbar.
  • Durch gezielte Osteoporose-Abklärung und Therapie bei älteren Patienten mit distaler Radiusfraktur kann die Anzahl folgender grosser Frakturen mit entsprechenden sozialen und sozio-ökonomischen Folgen reduziert werden.
  • Nicht-behandelte Scaphoidfrakturen und scapho-lunäre Bandrup-turen können zu einer Panarthrose des Handgelenks fortschreiten.
  • Ein nach Sturz symptomatisch gewordenes Handgelenksganglion wird von den Unfallversicherungen meist nicht als Unfallfolge angesehen, da es wahrscheinlich bereits vor dem Unfall vorhanden war und sein Entstehen durch das Trauma nicht bewiesen werden kann.

1. Oyen J, Brudvik C, Gjesdal CG, et al. Osteoporosis as a risk factor for distal radius fractures: a case-control study. J Bone Joint Surg On 2011; 93: 348-56
2. Kukla C, Gaebler C, Breitenseher MJ, et al. Occult fractures of the scaphoid. The diagnostic usefulness and indirect economic repercussions of radiography versus magnetic resonance scanning. J Hand Surg Br 1997; 22 (6): 810-813.
3. Buijze GA, et al. Cast immobilization with and without immobilization of the thumf for nondisplaced and minimally displaced scaphoid waist fractures: a multicenter randomized controlled trial. J Hand Surg Am 2014, 39: 621-7
4. Angelides et al. Ganglions of the hand and wrist. In: Hunt T., Wiesel S. eds Operative Techniques in Hand, Wrist, and Elbow Surgery, ed 2 2016; 1311-1314

Physikalische Therapiemassnahmen bei rheumatischen Erkrankungen

Ungefähr ein Fünftel der in der allgemein-internistischen Sprechstunde geäusserten Beschwerden betreffen den Bewegungsapparat. Neben medikamentösen haben auch physikalische Therapiemassnahmen einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung muskulo-skelettaler Beschwerden. In diesem Artikel wird der Stellenwert von passiven und aktiven physikalischen Therapiemassnahmen für in der Grundversorgung häufig gesehene akute und chronische rheumatische Erkrankungen vorgestellt.

Written testimonies on medical and thus also physical therapy measures in the broadest sense go back to ancient times, as ancient Egyptian (1), ancient Greek (2) and Roman (3) texts attest. At the latest in the Roman Empire developed a significant bathing and spa culture, many of which bear witness to archaeological remains. In addition, Galen (3) may have been the first to write down an early form of electrotherapy: the application of electric shock to the head for the treatment of headaches. In the Middle Ages, important medical findings from the Middle East and Islamic cultural areas (4, 5) were added. At the beginning of modern times with the outbreak of several epidemics disappeared the bathing culture. Among other things, public baths were suspected to be complicit in the epidemics – but more likely to have spread to the spread of syphilis (5). It was not until the end of the 19th century that bathing and spa services experienced a renaissance that was temporarily interrupted by the two world wars. The emerging electrification of everyday life led to further electrical therapy devices (6). From the middle of the last century onwards, interesting, traditional therapeutic concepts such as Tai Chi, Qi Gong or massage techniques such as Tuina and Shiatsu (7) were increasingly adopted from Asia. Many therapeutic measures are based on traditional knowledge and were therefore not evidence-based for a long time. Only in the last few decades has the effort been made to find a thorough workup with an increasing number of scientific studies on physical therapies.

Physikalische Therapiemassnahmen

Physikalische Therapiemassnahmen (8) können in aktive und passive Massnahmen unterteilt werden. Seit der Antike wurden fast ausschliesslich passive Massnahmen durchgeführt: Der Kranke liess sich behandeln. Erst in den letzten Jahrzehnten kamen vermehrt aktive Therapiemodalitäten dazu: Nun ist das aktive Mitmachen des Patienten gefordert, auch wenn es nicht immer leicht fällt, dieses einzufordern.
Bei Problemen des Bewegungsapparates empfiehlt es sich weiter, zwischen akuter und chronischer/stabiler Phase zu unterscheiden, da sich die optimalen Therapiemassnahmen in den einzelnen Phasen teils deutlich unterscheiden.
Zu den wichtigsten, im ambulanten Setting gebräuchlichen passiven Therapiemassnahmen gehören:
• Impulsstrom (transkutane elektrische Nervenstimulation/TENS). Bei der TENS werden rechteckförmige Stromimpulse verwendet, welche innerhalb des Stromfeldes eine analgetische Wirkung entfalten.
Ultraschall führt über thermische Effekte zu einer Tiefenerwärmung mit nachfolgender Durchblutungsförderung und Regenerationsbeschleunigung in Weichteilen und Knochen, aber auch über nicht-thermische Effekte zu einer Elastizitätssteigerung von Kollagenfasern und einer Änderung der Zellmembranpermeabilität. Weiter ist ein direkt schmerzstillender Effekt über eine Veränderung der Reizschwelle sensibler Nervenfasern nachweisbar. Mit der Ultraschallsonde können auch NSAR-Gel einmassiert werden (Sonophorese), was das Eindringen des Medikamentes in tiefere Gewebeschichten erleichtert.
Stretching, Massagen, Dry Needling. Diese Therapiemassnahmen eigenen sich vor allem zur Muskeldetonisierung und zur Durchblutungsförderung in den Weichteilen.
Taping kann je nach Festigkeit und Aufkleberichtung des Tapes ein Gelenk stabilisieren, Muskeln und Sehnen entlasten oder über den taktilen Input über die Haut die Propriozeption verbessern.
Kälteapplikationen (Kryotherapie) führen über eine Vasokonstriktion zu einem reduzierten Einstrom inflammatorischer Zellen in das betroffene Gewebe und damit zu einer Entzündungshemmung und Schmerzlinderung durch eine verminderte Ausschüttung von Entzündungsmediatoren (vor allem Prostaglandine und Histamin). Ein zusätzlich schmerzlindernder Effekt entsteht durch die Erhöhung der Reizschwelle sensibler Nerven.
Wärmeapplikationen dienen zur Muskeldetonisierung, Durchblutungsförderung und Regenerationsbeschleunigung.
Manuell-medizinische Techniken werden zur Weichteil-, Gelenk- und Wirbelsäulenmobilisation verwendet.

Bei aktiven Therapiemassnahmen steht der Muskelaufbau im Vordergrund zur Verbesserung der Gelenk- und Wirbelsäulenstabilisation sowie zur Schulung der Propriozeption, Koordination und des Gleichgewichts. Neben Übungen unter Zuhilfenahme des eigenen Körpergewichtes (z.B. Liegestützen, Thera-Band®) kann ein Kräftigungsprogramm auch im Wasser (z.B. AquaJogging) und an Geräten durchgeführt werden. Die Rheumaliga (9) bietet ein breites Kursprogramm an Gymnastik und Wassertherapien an, zu welchen die Patienten − teils auf ärztliche Verordnung hin − angemeldet werden können.

Ausgewählte Krankheitsbilder

Arthrose

Muskulär gut stabilisierte Gelenke altern langsamer, ein gutes Muskelkorsett entlastet die Gelenke. Hauptpfeiler der Arthrosetherapie ist das Stärken der jeweiligen muskulären Stabilisatoren zur Entlastung des Gelenkes sowie zur Verbesserung der Koordination und Propriozeption. In der akut schmerzhaften Phase empfehlen sich passive Massnahmen wie Sonophorese, TENS und Kälteapplikationen, weiter manuell-medizinische Techniken wie Mobilisation und Traktion.

Unspezifischer Rückenschmerz

Früher eine Domäne der passiven Therapiemassnahmen. Heute ist durch viele Studien belegt, dass nur aktive Therapien zu einer relevanten Besserung führen. Neben der reinen Kräftigung der Rumpf- und Beckenstabilisatoren muss auch die Koordination und Propriozeption verbessert werden.

Gicht, Rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis

Bei den genannten entzündlichen Erkrankungen bieten sich im Schub vor allem passive Therapiemassnahmen zur Entzündungs- und Schmerzlinderung an. Im schmerzfreien Intervall sollen die Gelenkstabilisatoren auftrainiert werden.

Ankylosierende Spondylitis

Trotz ausgebauter medikamentöser Therapie mit NSAR und Biologika kann es auch heute noch zu Ankylosierungen vorwiegend des Achsenskelettes, seltener der peripheren Gelenke kommen. Viele Studien haben einen positiven Einfluss mobilisierender Gymnastik (Automobilisation) auf die Progredienz der Ankylosierung zeigen können. Wichtig ist das regelmässige, schlussendlich lebenslange Durchführen derselben. Hier bietet sich zudem eine regelmässige Wassergymnastik an, mit welcher auch gerade die Kraft- und Ausdauer verbessert werden können.

Fibromyalgie

Unabhängig davon, welche Pathologie schlussendlich zur Fibromyalgie führt, gibt es heute evidenzbasierte Therapieempfehlungen. In ein Therapieprogramm gehört unbedingt das Verbessern der aeroben Leistungsfähigkeit mittels dosiertem Ausdauer- und Krafttraining, auch wenn deren schmerzlindernder Effekt erst nach Monaten eintritt. In den letzten Jahren gut untersucht wurde der positive Einfluss von Tai Chi auf das Schmerzerleben. Weiter scheint der regelmässige Besuch von Kältekammern (Kryosauna) bei vielen Patienten die Schmerzschwelle zu erhöhen.

Adipositas

Auch aus rheumatologischer Sicht muss die Adipositas bekämpft werden. Bei Adipösen finden sich erhöhte Spiegel proinflammatorischer Substanzen wie TNFα und IL-6. Eine Gewichtsreduktion bei Adipositas vermindert nicht nur entzündliche Prozesse bei Arthrose, sondern führt auch zu einer geringeren Entzündungsaktivität unter anderem bei Psoriasisarthritis und ankylosierender Spondylitis. Was bietet sich hier mehr an als ein dosiertes Ausdauer- und Krafttraining.
Wer sich eine ironische Abrechnung mit Auswüchsen des Kurbetriebs zu Gemüte führen möchte, dem sei der Film von Regisseur Alan Parker «The Road to Wellville» nach einem Roman von T. C. Boyle empfohlen.

Dr. med. Urs Grossenbacher

Physikalische Medizin und Rehabilitation SGPMR
Manuelle Medizin SAMM
Interventionelle Schmerztherapie SSIPM
Limmattalstrasse 167
8049 Zürich

dr.urs.grossenbacher@hin.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Turne bis zur Urne
  • Physikalische, zunehmend evidenzbasierte Therapiemassnahmen haben nach wie vor einen grossen Stellenwert in der Behandlung rheumatischer und damit häufig chronischer Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • As doctors are hardly
    familiar with the entire spectrum of physical therapy options, it is advisable to have regular discussions with physiotherapists and occupational therapists.

1. Among others Edwin Smith Papyrus, Ebers Papyrus, Ramesseum Papyrus.
2. Especially the corpus hippocraticum of Hippocrates.
3. Among other things, de materia medica of Dioscorides, various writings of Galen and Asclepiades of Bithynia.
4. Predominantly from the Qanun at-Tibb of Ibn Sina (also called Avicenna).
5. Reddig WF. Bader, Medicus and Wise Woman. Battenberg, 2000.
6. https://www.medmuseum.siemens.com/museumsgeschichten/elektromedizin
7. Wikipedia.
8. Long A, physical medicine. Springer, 2003.
9. www.rheumaliga.ch/offers

Stuhlinkontinenz

Stuhlinkontinenz ist definiert als unwillkürlicher Verlust von festem oder flüssigem Stuhl. Bei der Urge-Inkontinenz kommt es zu unkontrolliertem Verlust bei wahrgenommenem Stuhldrang. Demgegenüber steht die passive Inkontinenz, bei welcher es unbemerkt zu Stuhlverlust kommt. Der Artikel fasst die aktuellen Abklärungsschritte und Therapieoptionen zusammen.

Die genaue Prävalenz von Stuhlinkontinenz ist unbekannt. Eine Review aus 2015 zeigt eine mittlere Prävalenz von 7.7%, wobei je nach Definition von Inkontinenz und untersuchter Studienpopulation ein grosser Unterschied von 2.0 – 20.7% besteht (1). Ein Geschlechterunterschied scheint nicht zu bestehen.
Als Hauptrisikofaktoren für Stuhlinkontinenz gelten Diarrhoe, zunehmendes Alter, Diabetes mellitus und gleichzeitige Urininkontinenz. Tabelle 1 zeigt in der detaillierteren Übersicht mögliche Ursachen für Stuhlinkontinenz (2).
Zur Graduierung der Stuhlinkontinenz wird heutzutage am häufigsten der Wexner-Vaizey-Score verwendet (Tabelle 2). Maximal können 24 Punkte erreicht werden, was einer kompletten Stuhlinkontinenz entspricht.

Abklärungen

Nebst der genaueren Anamnese werden als weiter führende Abklärungen eine Endoskopie, eine anorektale Manometrie und ein endoanaler Ultraschall empfohlen.
In der Endoskopie sollten entzündliche oder neoplastische Veränderungen des Anorektums ausgeschlossen werden.
Bei der anorektalen Manometrie könnten die Druckwerte des M. sphincter ani internus (Ruhedruck) und des M. sphincter ani externus (Klemmdruck) gemessen werden.
Der M. sphincter ani internus ist ein zirkulärer Muskel von glatten Muskelzellen und wird über das autonome Nervensystem innerviert. Er kann daher nicht aktiv beeinflusst werden. Häufig wird bei passiver Inkontinenz ein isoliert zu tiefer Ruhedruck gemessen.
Der M. sphincter ani externus ist ein zirkulärer Muskel von quergestreifter Muskelzelle und wird über den N. pudendus (S3-S4) innerviert. Er kann somit aktiv kontrahiert und entspannt werden. Dabei sind weniger die Maximalkraft als die Mitteldruckwerte über 10 Sekunden für die Kontinenz entscheidend. Eine Insuffizienz des M. sphincter ani externus geht häufig mit einer Urge-Inkontinenz einher.
Nebst der Druckmessung kann bei der anorektalen Manometrie gleichzeitig noch die rektale Compliance (Rektumkapazität) und Perzeption (Wahrnehmungsschwelle) mitgemessen werden. Hierzu wird ein dehnbarer Ballon ins Rektum eingeführt und dann mit Luft- oder Flüssigkeit langsam gefüllt. Beispielsweise zeigen stuhlinkontinente Patienten mit Diabetes mellitus häufig eine herabgesetzte Wahrnehmung (erhöhte Schwelle) für Dehnungsreize im Rektum. Patientinnen und Patienten mit entzündlichen Veränderungen (Proktitis ulzerosa oder Strahlenproktitis) hingegen eine erhöhte Wahrnehmung (reduzierte Schwelle).
Der endoanale Ultraschall kann bei nachgewiesener Sphinkterinsuffizienz allfällig zugrunde liegende Sphinkterdefekte nachweisen. Abbildung 1 zeigt einen Normalbefund mit zirkulärem echoarmem Internusring. In der Abbildung 2 kann auf der anterioren Hemizirkumferenz (9-3 Uhr) der Internus nach obstetrischen Verletzungen nicht mehr abgegrenzt werden.
In ausgewählten Fällen, insbesondere bei vermutetem Beckenbodendeszensus oder präoperativ gewünschter Darstellung der Beckenorgane kann ergänzend eine Magnetresonanz-Defäkographie durchgeführt werden. Dabei können beim simulierten Anspannen/Pressen die intraabdominalen Bewegungen real-time dargestellt werden.

Therapiemöglichkeiten

Mit Quellmitteln kann versucht werden die Stuhlkonsistenz zu beeinflussen. Dies kann vor allem bei Inkontinenz wegen weicher, lockerer Stuhlkonsistenz helfen.
Loperamid hat nachgewiesen einen positiven Effekt bei Inkontinenz wegen zu wässriger Stuhlkonsistenz (3).
Die Biofeedbacktherapie ist eine gute und effektive Therapieoption bei Urge-Inkontinenz infolge Insuffizienz des M. sphincter ani externus. Hingegen kann eine isolierte Insuffizienz des Internus nicht mit Training beeinflusst werden. Hier hilft eine vorgängig durchgeführte anorektale Manometrie zur Unterscheidung.
Direkt injizierte Substanzen (beispielsweise Silikon) können bei isolierter Insuffizienz des Internus versucht werden, allerdings ist die Datenlage spärlich.
Eine chirurgische Reparatur des Analsphinkters kann bei nachgewiesenem Sphinkterdefekt und vorgängig erfolgloser Biofeedbacktherapie und/oder medikamentöser Beeinflussung durchgeführt werden.
Die sakrale Neuromodulation ist die nächste Option falls Medikamente/Biofeedback und Sphincterrepair keine Besserung der Inkontinenz erbracht haben (4). Bei dieser Methode werden die für die Kontinenz wichtigen Beckenbodennerven mittels Strom stimuliert. Ein Vorteil gegenüber anderen chirurgischen Verfahren ist sicher die Möglichkeit einer 14-tägigen Teststimulationsphase. Kommt es darunter zu einer Verbesserung der Kontinenz und verträgt der Patient die Elektrode kann in einem 2. Schritt der definitive Schrittmacher implantiert werden.
Weitere «high-end» chirurgische Möglichkeiten sind die Kolostomie, die dynamische Grazilisplastik oder der künstliche Sphinkterapparat. Diese Therapieformen sollten aber nur in spezialisierten Zentren evaluiert und durchgeführt werden.

Dr. med. Marcel Halama

FMH Gastroenterologie
Aerztehaus Fluntern
Zürichbergstrasse 70
8044 Zürich

marcel.halama@hin.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

  • Eine Stuhlinkontinenz kann Folge von strukturellen (postoperativ, neoplastisch, entzündlich, neuronal) und auch funktionellen Abnormitäten sein und wird auch durch allgemeine Erkrankungen und Stuhlabnormitäten beeinflusst
  • Der Schweregrad einer Stuhlinkontinenz kann mit dem Wexner-Vaizey-Score abgeschätzt werden
  • Die Diagnostik umfasst eine Endoskopie, eine anorektale Manometrie und ein endoanaler Ultraschall
  • Die Basistherapie umfasst Quellstoffe, Loperamid und bei Urge-Inkontinenz infolge Insuffizienz des M. sphincter ani externus eine Biofeedbacktherapie.

1. Ng KS et al; Dis Colon Rectum 2015 ; 58 (12) : 1194
2. Lazarescu et al; Can J Gastroenterol; 2009; 23: 301
3. Markland et al; Dis Colon Rectum 2015 ; 58 (10) : 983-993
4. Matzel et al ; Lancet 2004 ; 363 (9417) : 1270