Blick-Diagnose – Was rote Augen mit der Niere zu tun haben können

Anamnese und Befunde

Eine 44-jährige Frau ohne Vorerkrankungen litt an grippalen Symptomen; Aspirin hätte nur passager Linderung gebracht. Aufgrund zusätzlicher Adynamie und Tagesmüdigkeit erfolgte eine hausärztliche Vorstellung. Im Urinstix zeigte sich eine Leukozyturie, unter Vermutung eines Harnwegsinfekts erfolgte eine 3-tägige Antibiotikatherapie mit Ciprofloxacin. In der Verlaufskontrolle zeigte sich ein erhöhtes Kreatinin von 200 µmol/l (Referenzbereich: < 95 µmol/l), zudem kam es zu einer Rötung beider Augen, sodass eine Hospitalisation erfolgte.

Bei einer 15-jährigen Jugendlichen wurde aufgrund eines geröteten schmerzhaften Auges links eine Uveitis anterior diagnostiziert und topisch mit Steroiden begonnen. Anam­nestisch litt die Patientin seit Längerem an Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Wegen Rückenschmerzen hatte sie gelegentlich Ibuprofen eingenommen. Aufgrund eines erhöhten Kreatinins erfolgte die Zuweisung an die Kindernephrologie.

Der Status bei der 44-jährigen Patientin war bis auf die geröteten Augen unauffällig. Das Kreatinin lag bei 226 µmol/l. Die Elektrolyte waren normwertig. Das Urinsediment zeigte eine Leukozyturie, der Protein-Kreatinin-Quotient lag bei 26 mg/mmol (Referenzbereich: < 11 mg/mmol), der Albumin-Kreatinin-Quotient bei 2 mg/mmol (Referenzbereich: < 3 mg/mmol), zudem bestand eine eu­glykäme Glukosurie. Eine Urinkultur blieb steril. Die Nierensonographie war bis auf vergrösserte Nieren beidseits unauffällig. Virale Serologien (HIV, Hepatitis B und C) sowie immunologische Marker (ANA, ANCA, anti-GBM) waren negativ. Das Röntgenbild zeigte keine mediastinale Lymphadenopathie. Eine ophthalmologische Beurteilung diagnostizierte eine bilaterale Uveitis anterior (Abb. 1).

Bei der 15-jährigen Patientin war der Status bis auf eine Augenrötung ebenfalls unauffällig. Das Kreatinin lag bei 103 µmol/l, Blutzucker und Elektrolyte waren normwertig. Im Urinstix zeigte sich eine Glukosurie; eine Leukozyturie lag nicht vor. Im Spoturin fand sich ein Protein-Kreatinin-Quotient von 103 mg/mmol, der Albumin-Kreatinin-Quotient betrug 13 mg/mmol. Die Nierensonographie war bis auf eine etwas verminderte kortikomedulläre Differenzierung unauffällig. Auf serologische Abklärungen wurde verzichtet.

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Bei geröteten Augen und systemischen Beschwerden wie Müdigkeit sollten neben lokalen Infektionen und Allergien auch systemische Erkrankungen berücksichtigt werden. Zu den Differenzialdiagnosen zählen infektiologische (wie Tuberkulose, Lues, Borreliose, Chlamydien, Viren) und immunologische (wie Spondyloarthropathien, Sarkoidose, juvenile idiopathische Arthritis) Erkrankungen.

Befunde wie tubuläre Proteinurie, euglykäme Glukosurie und sterile Leukozyturie sind typisch für eine tubuläre Dysfunktion und deuten, zusammen mit erhöhtem Serumkreatinin, auf eine interstitielle Nephritis hin. Häufige Ursachen sind Medikamente (wie NSAR, Antibiotika), Infektionen (wie Mykobakteriosen, Leptospiren) und Autoimmunkrankheiten (wie Sarkoidose, Sjögren-Syndrom, Lupusnephritis). Wenn sowohl eine Nierenschädigung als auch eine Uveitis zeitlich assoziiert, sollte auch an das TINU-Syndrom (Tubulointerstitielle Nephritis und Uveitis) gedacht werden.

Weitere Abklärungsschritte

In beiden Fällen erfolgte eine Nierenbiopsie. Bei der 44-jährigen Patientin zeigte die Biopsie eine akute interstitielle Nephritis (AIN) ohne Granulome und unauffällige Glomerula (Abb. 2). Die Biopsie der 15-jährigen Patientin ergab ebenfalls eine tubulointerstitielle Entzündung mit fokaler Tubulitis.

Diagnose

Bei beiden Patientinnen wurde ein TINU-Syndrom (Tubulointerstitielle Nephritis und Uveitis) diagnostiziert, basierend auf der zeitlichen Korrelation zwischen der Uveitis anterior und der interstitiellen Nephritis.

Verlauf

Bei der 44-jährigen Patientin wurde eine hoch dosier­te Steroidtherapie (1 mg pro Kilogramm Körpergewicht) etabliert. Parallel erfolgte eine topische Therapie mit steroidhaltigen Augentropfen. Die Augensymptome sowie die Kopfschmerzen zeigten sich darunter zügig vollständig regredient. Die tubuläre Proteinurie zeigte sich bereits nach drei Wochen vollständig regredient. Die Nierenfunktion erholte sich über vier Monate partiell auf eine eGFR um 60 ml/min/1.73m2. Die Steroide wurden schrittweise bis auf 5 mg reduziert, dann aber von der Patientin selbstständig abgesetzt. Das Serumkreatinin zeigte sich anschliessend auf leicht erhöhtem Niveau stabil, jedoch fanden sich erneut Hinweise auf eine proximal-tubuläre Dysfunktion (eu­glykäme Glukosurie, tubuläre Proteinurie, grenzwertige Hypokaliämie); die Patientin lehnte eine erneute Therapie jedoch ab und entzog sich weiteren Kontrollen.

Bei der 15-jährigen Patientin erfolgte zuerst eine Behandlung mit steroidhaltigen Augentropfen über die ambulante Ophthalmologin. Nach der Vorstellung auf der Nephrologie wurde aufgrund der eindrücklichen Dynamik des Kreatinins eine Methylprednisolon-Stosstherapie mit nachfolgender peroraler Prednisontherapie etabliert. Innerhalb von Wochen verschwanden die Symptome vollständig, die Nierenfunktion sowie die Proteinurie normalisierten sich, und die Patientin ist gemäss behandelnden Kolleg/-innen drei Jahre später weiterhin asymptomatisch und hat eine normale Nierenfunktion.

Kommentar

Das TINU-Syndrom wurde 1975 erstmalig beschrieben als das Auftreten einer tubulointerstitiellen Nephritis (TIN) und einer Uveitis (U), in Abwesenheit anderer potenziell erklärender Erkrankungen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung; pathophysiologisch wird eine T-Zell-vermittelte, CD4+-dominante, verzögerte Hypersensitivitätsreaktion postuliert. Diese kann zur Bildung von entzündlichen, nicht verkäsenden Granulomen führen, was die Differenzierung von anderen granulomatösen Erkrankungen schwierig macht. Vermutet wird ein bislang unbekanntes Antigen, welches sowohl in den Nierentubuli als auch in der Uvea vorkommt. Ähnlich wie bei einem pulmorenalen Syndrom mit Antikörpern gegen dasselbe Antigen in der alveolären wie glomerulären Basalmem­bran kommt es zu einem Syndrom mit entzündlichen Vorgängen in den Nieren und Augen. Es wird vermutet, dass NSAR und Antibiotika ein TINU-Syndrom provozieren können, wobei diese Substanzklassen auch als Risikofaktoren für die klassische interstitielle Nephritis bekannt sind. Auch verschiedene Infektionen wurden mit dem Auftreten eines TINU-Syndroms in Verbindung gebracht. In Fallberichten werden vor allem respiratorische Infektionen und Virusinfekte diskutiert (z. B. Hantavirus, EBV, HIV) (1).

Gemäss einem Systematic Review wurden bis März 2020 kumuliert 592 TINU-Fälle beschrieben (2). Das mediane Alter betrug bei Diagnose 17 Jahre (Interquartilsabstand 13–46 Jahre) mit weiblicher Prädominanz. Meistens kam es zeitlich nach dem Auftreten einer Nephritis zu einer bilateralen Uveitis, welche meist einer Uveitis anterior entsprach. Bei pädiatrischen Patient/-innen wurde eine asymp­tomatische Uveitis gelegentlich erst diagnostiziert, wenn eine Nephritis zu einer ophthalmologischen Vorstellung führte. Eine plötzlich auftretende bilaterale Uveitis in pädiatrischen Patient/-innen war zudem in bis zu einem Drittel der Fälle mit der Diagnose einer tubulointerstitiellen Nephritis verbunden. Kinder und Jugendliche tendieren eher zu einer rezidivierenden Uveitis, während bei Erwachsenen das Risiko für eine akute Nierenfunktionseinschränkung und einen chronischen Nierenschaden im Vordergrund steht. Die Gründe für diese Diskrepanz im Phänotyp sind nicht abschliessend geklärt.

Das ophthalmologische Bild des TINU-Syndroms präsentiert sich als akut auftretende, nicht granulomatöse Uveitis. Klassische Symptome sind Augenrötung, -schmerzen und Photophobie, eine Visusverschlechterung kann auch vorliegen. Die Symptome treten akut innerhalb von Tagen auf und sind häufig direkt bilateral vorhanden. Okuläres wässriges Sekret oder morgendliche verklebte Augen, wie sie klassisch bei einer viralen Konjunktivitis der Fall sind, finden sich nicht. Bereits die makroskopische Beurteilung, wie sie auch in der Hausarztpraxis erfolgen kann, zeigt eine ausgeprägte konjunktivale Injektion. Eine entrundete Pupille (Abb. 1) kann als Folge eines Entzündungsreizes mit Verklebung der Iris mit der anterioren Linsenkapsel (Abb. 3) vorkommen und muss insbesondere bei Patient/-innen ohne vorherige intraokulare Operation an eine intraokulare Entzündung denken lassen. Weitere Befunde des Vorderkammerreizes sind ohne fachärztliche Untersuchung mittels Spaltlampe nicht zu eruieren. Diese Augenbefunde sind oftmals unspezifisch und können meist nicht eindeutig einer Ätiologie zugeordnet werden.

Nephrologisch findet sich typischerweise das Bild einer AIN mit steriler Leukozyturie, tubulärer Proteinurie und Nierenfunktionseinschränkung. Andere Zeichen der proximalen Tubulopathie wie euglykäme Glukosurie, Phosphaturie und metabolische Azidose können vorkommen. Auch das histologische Bild in der Nierenbiopsie entspricht dem einer AIN mit lymphozytärem Infiltrat und interstitiellem Ödem. Granulome können vorkommen, während Glomerula und Gefässe typischerweise unauffällig sind. Teilweise lassen sich Granulome auch in Lymphknoten und Knochenmark finden. Insbesondere die Abgrenzung zur Sarkoidose kann dann schwierig sein, wenn keine andere Organbeteiligung vorliegt. Es existieren keine gut validierten Laborparameter, die spezifisch sind für das TINU-Syndrom – BSG und CRP können erhöht sein, wie bei anderen Erkrankungen. Antikörper gegen modifiziertes C-reaktives Protein (mCRP, ein sowohl in Uvea und Tubuluszellen vorkommendes Antigen) scheinen beim TINU-Syndrom erhöht zu sein im Gegensatz zum Sjögren-Syndrom, zu medikamenteninduzierter interstitieller Nephritis und gesunden Kontrollen, jedoch ist dieser Test nicht kommerziell erhältlich. Eine reduzierte eGFR wird in 40 % der betroffenen Patient/-innen nach 12 Monaten beschrieben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass teilweise wahrscheinlich eine zuvor unbekannte, bereits eingeschränkte Nierenfunktion vor der Diagnose der Nephritis bestanden hatte. Bei den pädiatrischen Patient/-innen besteht ein besseres Outcome mit einer reduzierten eGFR in 20 % der Betroffenen nach 12 Monaten.

Analog zur Behandlung einer akuten interstitiellen Ne­phritis wird eine Therapie mit Kortikosteroiden empfohlen. Die optimale Dosierung wurde bislang nicht in prospektiven Studien untersucht, bezüglich der Therapiedauer wird in Fallserien ein eher längeres Fenster (12–24 Monate) gewählt. Entsprechend werden steroidsparend Mycophenolat oder Azathioprin eingesetzt. Bezüglich Uveitis ist eine Behandlung mit lokalen steroidhaltigen Augentropfen indiziert. Beim TINU-Syndrom ist die Uveitis meist mild bis moderat ausgeprägt und spricht in der Regel gut auf eine Lokaltherapie an (3).

Abkürzungen
AIN Akute interstitielle Nephritis
ANA Antinukleäre Antikörper
ANCA Anti-Neutrophile cytoplasmatische Antikörper
Anti-GBM Anti-Glomeruläre Basalmembran
BSG Blutsenkungsgeschwindigkeit
CRP C-reaktives Protein
EBV Epstein-Barr-Virus
eGFR geschätzte glomeruläre Filtrationsrate
HIV Human Immunodeficiency Virus
mCRP modifiziertes C-reaktives Protein
TINU tubulointerstitielle Nephritis und Uveitis

Historie
Manuskript eingegangen: 30.09.2024
Angenommen nach Revision: 12.03.2025

Pascal Gantenbein 1,
sabelle Binet 1
Regula Laux 2
Sascha Mathias Jung 3
Annette Enzler-Tschudy 4
Christian Kuhn 1

1 Klinik für Nephrologie und Transplantationsmedizin, HOCH Health Ostschweiz, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen
2 Nephrologie, Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen
3 Klinik für Ophthalmologie, HOCH Health Ostschweiz, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen
4 Institut für Pathologie, HOCH Health Ostschweiz, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen

Dr. med. Christian Kuhn

Klinik für Nephrologie und Transplantationsmedizin
HOCH Health Ostschweiz, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Str. 95/Haus 10
9007 St. Gallen

christian.kuhn@h-och.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

• Eine Augensymptomatik, die an eine Uveitis erinnert, muss gerade bei jungen Patient/-innen weiter abgeklärt werden. Unter anderem soll die Nierenfunktion mittels Kreatininbestimmung im Serum, Urinstix sowie Protein­urie und Albuminurie mittels Urin-Kreatinin-Ratio bestimmt werden.
• Umgekehrt soll auch eine nicht erklärte, neu aufgetretene Nierenfunktionseinschränkung abgeklärt werden. Erbringt die Basisdiagnostik keine Diagnose, soll eine Zuweisung zum Spezialisten erwogen werden.
• Bei gleichzeitiger oder in enger Korrelation auftretender Nierenfunktionseinschränkung und ophthalmologischer Beschwerden sollte eine Uveitis respektive eine Nephritis ausgeschlossen werden.
• Das TINU-Syndrom ist selten, aber eine verpasste oder verzögerte Diagnose mit erheblicher Morbidität verbunden.

1. Okafor LO, Hewins P, Murray PI, Denniston AK. Tubulointerstitial nephritis and uveitis (TINU) syndrome: a systematic review of its epidemiology, demographics and risk factors. Orphanet J Rare Dis. 14. Juli 2017;12(1):128
2. Regusci A, Lava SAG, Milani GP, Bianchetti MG, Simonetti GD, Vanoni F. Tubulointerstitial nephritis and uveitis syndrome: a systematic review. Nephrol Dial Transplant. 1. Mai 2022;37(5):876–86.
3. Mackensen F, Smith JR, Rosenbaum JT. Enhanced recognition, treatment, and prognosis of tubulointerstitial nephritis and uveitis syndrome. Ophthalmology. Mai 2007;114(5):995–9.

Rare entité d’un lymphome gastrique

Anamnèse et investigations

Une patiente de 36 ans, d’origine somalienne, mère de 2 enfants, consulte dans notre service des urgences pour des épigastralgies avec nausées et vomissements. Elle décrit aussi des épisodes d’hématémèse et de méléna. Selon ses dires elle avait perdu 20 kg en quelques semaines. Facteurs de risque: un tabagisme actif (15UPA) et une consommation de cannabis, à but anxiolytique. Elle était sous traitement par Pantoprazole et Primpéran par son médecin traitant. À l’examen clinique, l’abdomen est souple avec une douleur à l’épigastre sans défense ni détente. Les paramètres vitaux étaient dans la norme.

Un mois auparavant, une OGD à l’extérieur avait mis en évidence une pangastrite, Hélicobacter pylori positif et un grand ulcère (Forrest IIc) s’étendant entre le bulbe duodénal et l’antre de l’estomac. Un traitement par Pyléra 3-3-3 pour 10 jours avait été instauré, accompagné par Pantoprazole pour un mois. Une OGD de contrôle deux mois plus tard montra une légère régression de l’ulcère. Des biopsies révélèrent une négativité pour Hélicobacter pylori sans signes de dysplasie ni de malignité. Le test à l’uréase revenait négatif. Pour écarter un syndrome de Zollinger-Ellison, la gastrine fut dosée donnant une valeur de 99.6 (< 150) pmol/l, soit dans la norme ; et pour écarter une tumeur neuro-endocrinienne, la chromogranine A se trouva légèrement élevée à 238 (< 94) ug/l. Par la suite, la patiente était hospitalisée plusieurs fois pour des épigastralgies et vomissements. Son hémoglobine était normale et stable avec des valeurs > 160 g/l. Le laboratoire montrait une légère hypokaliémie (3.3 mmol/l) et une légère perturbation des tests hépatiques (ASAT 73 U/l, ALAT 83 U/l) sans choléstase ni syndrome inflammatoire. Un CT thoraco-abdominal n’a montré qu’un épaississement pariétal modéré de l’estomac, mais pas d’autres pathologies. Des traitements par Pantoprazole i.v. et p.o. ont été poursuivis. Parallèlement, un traitement nutritif (2 x Fresubin/jour) a été prescrit. À noter dans l’anamnèse de patiente aussi des antécédents de troubles de l’adaptation avec des symptômes anxio-dépressifs et des troubles alimentaires à l’âge de 20 ans. Un accompagnement psychiatrique incl. médication par Mirtazapine 15 mg/jour fut établi.

À la dernière hospitalisation, 4 mois après la 2ième OGD, elle ne pesait qu’encore 41 kg, mais cette fois aussi son Hb est à la baisse avec une valeur initiale de 108 g/l, le lendemain même à 96 g/l. De plus, nous trouvons un syndrome inflammatoire avec une leucocytose à 27.7 g/l et une CRP à 59 mg/l. En plus des épigastralgies, nous constatons aussi des ganglions axillaires et inguinaux, indolores. Un 2ème scanner abdominal montre toujours un épaississement pariétal de la partie basse de l’estomac et de la région du pylore (Fig. 1). Une sérologie virale et un test quantiferon reviennent négatifs. Une 3ième gastroscopie sous intubation protective (risque de broncho-aspiration) montre une grande ulcération antrale et intra-pylorique (Fig. 2), sténosante, très suspecte d’une néoplasie, ainsi que des signes d’une hémorragie digestive haute avec 350 ml d’hématine dans l’estomac. Des biopsies sont prélevées.

Diagnostic

Lymphome (MALT gastrique) a cellules T, ALK négatif, CD30 positif. (Fig. 3)

Discussion

La patiente fut transférée au service d’oncologie à l’Inselspital de Bern, notre centre de référence.

Le bilan extensif (CT, ponction de la moelle osseuse) n’a pas montré d’autres manifestations du lymphome. Mais un carcinome papillaire de la vessie urinaire, asymptomatique, a été découvert fortuitement, traite par TUR-B. Concernant le lymphome T, la patiente a bénéficié d’un traitement de chimiothérapie par CHOEP et A-CHP avec une bonne réponse. Une année plus tard, elle est en rémission complète et a gagné 12 kg de poids.

Les lymphomes gastriques primaires sont rares. Ils repré- sentent moins de 5 % de tous les cancers gastriques (1). La physiopathologie des lymphomes gastriques n’est pas com- plétement élucidée, mais le rôle primordial de l’infection à H. pylori est bien reconnu (1, 2). Une gastrite chronique à H. pylori génère par son antigénicité un recrutement des lymphocytes T et ensuite une prolifération de lympho- cytes B, sous influence de plusieurs cytokines et de facteurs pro-inflammatoires (NF-KB) (1, 2).

Les symptômes sont souvent aspécifiques comprenant nausée et vomissements, épigastralgie, perte pondérale jusqu’à des saignements gastrointestinaux occults (1). Les aspects endoscopiques ne sont pas forcément spécifiques non plus. Entre un érythème de la muqueuse suggérant une gastrite érosive et des ulcères de différentes tailles, parfois grandes, tout est possible (1, 2).

Le bilan biologique peut montrer une anémie, une élec- trophorèse des protéines pathologique, et une LDH et une béta-2 microglobuline élevées. Les sérologies virales (HIV, hépatites B et C) sont conseillées sous l’hypothèse d’une association entre infections virales chroniques et les lym- phomes (1). Le bilan extensif se fait par CT thoraco-abdo- mino-pelvien, evtl. IRM (1).

La première ligne de traitement des MALT gastriques est le traitement par éradication de H. pylori qui peut amener une rémission (1, 2). Tout de même il existe aussi une entité de lymphomes gastriques qui sont H. pylori négatifs (3, 4). Dans ces cas une radiothérapie ou chimiothérapie est indiquée. Le pronostic des MALT gastriques est très bon, avec une survie globale de 80% à 5 ans (1).

Historique:
Manuscrit reçu le: 12.12.2025
Accepté après révision: 26.02.2025

Remerciement
Nous remercions Pr Dr. MA Ortner pour toutes les informations concernant les 2 premières OGD et des analyses complémentaires et le Dr K. Houegnifiouh dans la coordination de la prise en charge de la patiente lors de ses hospitalisations. Photos cliniques avec l’aimable autorisation de l´Institut de radiologie de l´hôpital St-Imier et l´Institut de pathologie de l´Inselspital de Berne.

Polyxeni Lampropoulou 1
Elena-Cristina Fantana 2
Nathalie Marnas 3
Janina Wolf 4,
Marie-Noëlle Kronig 5
Solange Porret 2
Uwe Schiemann 1

1 Service de médecine interne, Hôpital de St-Imier, Réseau de l’Arc
2 Service d’anésthésie, Hôpital de St-Imier, Réseau de l’Arc
3 Institut de radiologie, Hôpital St-Imier, Réseau de l’Arc
4 Institut de pathologie, Inselspital, Berne
5 Service d’oncologie, Inselspital, Berne

Prof. Dr. med. Uwe Schiemann

Médecin-chef du service de médecine et gastroentérologie,
Hôpital du Jura bernois SA
Rue des Fontenayes 17
2610 St-Imier

uwe.schiemann@bluewin.ch

Les auteurs n’ont déclaré aucun conflit d’intérêts en rapport avec cet article.

Un ulcère gastrique, Hélicobacter pylori positif, réfractaire après une thérapie d’éradication, doit faire penser à la rare entité d’un lymphome gastrique. À noter également que l’incidence des lymphomes gastriques, Hélicobacter pylori négatifs, est en augmentation, ce qui suggère d’autres pa-thogènes ou antigènes dans la physiopathogénèse.

1. Matysiak- Budnik T. et. al. Gastrointestinal lymphomas : French Intergroup clinical practice recommandations for diagnosis, treatment and follow-up. Dig Liver Dis 2018 feb ;50 (2) :124-131,
2. Nakamura S.et al., Diagnosis and Treatment for Gastric Mucosa-Associated Lymphoid Tissue (MALT) Lymphoma, J Clin Med. 2023 Jan; 12(1): 120
3. Gu SX et al. Helicobacter pylori–negative mucosa-associated lymphoid tissue (MALT) lymphoma of the stomach: A clinicopathologic analysis, Am J Clin Pathol. 2023 Dec; 160(6): 612–619
4. Lemos FFB et al. Role of non-Helicobacter pylori gastric Helicobacters in helicobacter pyloris negative gastric mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma. World J Gastroenterol 2023 Aug28;29 (32):4851-4859

Männer mit Brustbeschwerden

In der männlichen Brust können, wie bei den Frauen, gut- und bösartige Veränderungen auftreten. Die häufigste Brusterkrankung bei Männern ist die Gynäkomastie. Die Differenzierung zwischen einer Gynäkomastie und einem Mammakarzinom kann bei der klinischen Untersuchung schwierig sein. Die Mammografie und die Mammasonografie hingegen zeigen ein charakteristisches Bild; der negative prädiktive Wert dieser Untersuchungen liegt nahezu bei 100 %. Andere gutartige Erkrankungen der männlichen Brust sind unter anderem Papillome, Lipome und Abszesse. Unklare Befunde müssen biopsiert werden. Meist erfolgt dies durch eine sonografisch gesteuerte Biopsie. Weniger als 1 % aller Mammakarzinome werden bei Männern diagnostiziert. Die Tumorerkrankung wird häufig erst in einem höheren Tumorstadium diagnostiziert. Die klinische und sonografische Untersuchung der Axilla ist wichtig, da eine Lymphadenopathie sich als erstes Symptom beim Mammakarzinom und bei metastasierenden oder lymphatischen Malignomen manifestieren kann. Das Spektrum an Erkrankungen der männlichen Brust zu kennen und mit deren Bildgebung vertraut zu sein, ist wichtig für eine korrekte Diagnosestellung und optimale Versorgung.

The male breast is susceptible to a variety of benign and malignant processes as the female breast. Gynecomastia is the most common abnormality in the male breast and must be distinguished from malignancy. Clinicians may feel uncertain about how to differentiate gynecomastia from malignancy and how to manage these disorders. Mammography and ultrasound have characteristic imaging features that usually allow differentiation from malignancy with a negative predictive value close to 100 %. Other benign breast disorders in men include intraductal papilloma, lipoma and abscess. Suspicious or indeterminate masses require biopsy, which can usually be performed with ultrasound guidance. Less than 1 % all of breast cancers occur in men. Affected men often present at a more advanced stage than in women due to delayed diagnosis. The examination of the axilla is important as abnormalities can occur in nodal positive breast cancer patients or in metastatic or lymphatic disease. Understanding the spectrum of diseases in the male breast and its imaging features is important for an accurate diagnosis and optimal care.
Key words: Gynecomastia, breast cancer in men, breast imaging in men

Die Anatomie der männlichen Brust

Die männliche Brust besteht überwiegend aus Fettgewebe sowie 15–25 rudimentären Milchgängen und wenig Stroma. Im Gegensatz zur weiblichen Brust kommen bei den Männern keine Drüsenläppchen, die sogenannten terminalen duktulo-lobulären Einheiten (TDLU’s), und keine Cooper-Ligamente vor (1). Die Abb. 1a und Abb. 1b zeigen je ein histologisches Präparat von einer männlichen (1a) und einer weiblichen Brust (1b). Weil TDLU’s fehlen, entstehen in der männlichen Brust nur sehr selten lobuläre Neoplasien, Fibroadenome, Phylloidestumoren oder Zysten. Die Beschreibung eines Fibroadenoms oder einer Zyste in der Bildgebung bei Männern sollte somit immer hinterfragt und mittels sonografisch gesteuerter Stanzbiopsie abgeklärt werden.

Häufigste Ursachen von Brustbeschwerden

Eine retrospektive Analyse von 555 Mammografien und 454 Mammasonografien bei 628 Männern mit Brustbeschwerden konnte aufzeigen, dass die häufigsten Ursachen hierfür von benigner Natur sind. In den allermeisten Untersuchungen wurde eine Gynäkomastie (80.4 %) diagnostiziert. Seltenere Diagnosen waren eine Pseudogynäkomastie (5.4 %), eine normale Brust (3.8 %), Lipome (2.9 %), Atherome (2 %) oder eine Mastitis/Abszess (1 %). Ein primäres Mammakarzinom wurde in 2.9 % der Untersuchungen diagnostiziert und gehörte somit zur dritthäufigsten Diagnose (2).

Gutartige Brusterkrankungen

Gynäkomastie

Die Gynäkomastie, eine Vergrösserung der männlichen Brust aufgrund einer Proliferation von Milchgängen und Stroma, kommt relativ häufig vor. Ungefähr ein Drittel aller Männer ist einmal in ihrem Leben davon betroffen. In 25 % der Fälle handelt es sich um eine physiologische Gynäkomastie, die bei Neugeborenen, in der Adoleszenz oder im Senium auftreten kann. In weiteren 25 % handelt es sich um eine idiopathische Gynäkomastie. Andere häufige Ursachen der Gynäkomastie sind die Einnahme von Medikamenten und Drogen (25 %), der primäre Hypogonadismus (8–10 %), die Hyperthyreose, chronische Krankheiten (Leberzirrhose, chronische Nierenerkrankungen) oder testikuläre und adrenale Tumoren.

Betroffene Männer klagen über ein Brustwachstum, oft einhergehend mit einer Mastodynie. Klinisch zeigt sich ein uni- oder bilateraler retroareolärer Tastbefund, der eher weich und elastisch ist (3).

Mammografisch und sonografisch kann man drei typische Muster unterscheiden: die noduläre Gynäkomastie, die dendritische Gynäkomastie und die diffuse Gynäkomastie (4).

Die noduläre Gynäkomastie (Abb. 2a) ist die häufigste Form (72 %). Die Gynäkomastie befindet sich in der floriden Phase und besteht seit weniger als einem Jahr. Sonografisch zeigt sich ein retroareoläres ovaläres hypoechogenes Areal. Bei der dendritischen Gynäkomastie (Abb. 2b) ist die Gynäkomastie fortgeschritten und befindet sich im fibrösen Stadium. Sonografisch lässt sich retroareolär ein verzweigtes, hypoechogenes Areal darstellen, welches sonomorphologisch suspekt erscheinen kann. Ist diese Veränderung jedoch in direktem Kontakt zur Mamille ohne Kutisverdickung respektive Mamillenretraktion, so handelt es sich um eine dendritische Gynäkomastie und nicht um ein Mammakarzinom. In dieser Situation ist eine Biopsie nicht notwendig. Die diffuse Gynäkomastie (Abb. 2c) ist selten (< 10 %). Die Sonomorphologie ähnelt der einer dichten, weiblichen Brust. Diese Gynäkomastie ist mit einer Östrogenexposition assoziiert.

Erwähnt sei hier noch die Pseudogynäkomastie. Hierbei handelt es sich um eine Vergrösserung der männlichen Brust durch Fetteinlagerung bei Adipositas.

Bei erwachsenen Männern mit Gynäkomastie sollte routinemässig eine klinische und sonografische Hodenuntersuchung sowie eine Ganzkörperuntersuchung durchgeführt werden. Werden anamnestisch die Einnahme von anabolen Steroiden oder Drogen verneint, sollte eine Labor­ untersuchung (LH, FSH, TSH, T, E2, SHBG, Androstendion, Estron, Prolaktin, hCG, AFP, Leber- und Nierenfunktionswerte) veranlasst werden. Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Bei der juvenilen Gynäkomastie zeigt sich meistens innerhalb von 2 Jahren eine Spontanregredienz. Eine chirurgische Therapie ist bei einer symptomatischen, chronischen Gynäkomastie in Erwägung zu ziehen. Eine medikamentöse Therapie (SERMs, Aromatasehemmer, Androgene) ist nicht empfohlen. Bei nachgewiesenem Testosteronmangel kann eine Testosterontherapie angeboten werden (5).

Lipome

Lipome können in etwa 2 %–3 % der Männer mit Brustbeschwerden nachgewiesen werden (2). Klinisch imponiert ein weicher und mobiler, in der Subkutis liegender Tastbefund. Sofern diese als störend wahrgenommen werden, können diese chirurgisch entfernt werden.

Mastitis

Infektiöse Erkrankungen der männlichen Brust sind selten. Abszesse treten meistens periareolär auf (Abb. 3). Häufig handelt es sich eher um ein infiziertes Atherom als um einen tatsächlichen Abszess der Mamma. Meistens können Staphylokokken, seltener Streptokokken, als Erreger nachgewiesen werden. In Abhängigkeit des klinischen Befundes ist eine sonografisch gesteuerte Abszesspunktion oder Inzision und antibiotische Therapie notwendig.

Papilläre Neoplasien

Papilläre Neoplasien treten bei Männern sehr selten auf. In der Literatur finden sich nur wenige Fallbeschreibungen. Eine retrospektive Datenbankanalyse über 19 Jahre konnte 117 Männer mit einer papillären Neoplasie identifizieren. Diese Studie konnte aufzeigen, dass papilläre Neoplasien ohne Atypien insbesondere bei jungen Männern auftreten und insgesamt sehr selten sind. Der grösste Anteil der papillären Neoplasien war mit einem DCIS oder einem Karzinom assoziiert (6). Abb. 4 zeigt ein Papillom bei einem 34-jährigen Mann, der sich aufgrund eines Tastbefundes vorstellte. Der Befund wurde mit einer sonografisch gesteuerten Stanzbiopsie abgeklärt und bei fehlenden Atypien mittels sonografisch gesteuerter Vakuumbiopsie entfernt.

Brustbeschwerden bei Transgender-Frauen

Wir wissen wenig über die Brustgesundheit bei Transgender-Menschen. Es gibt Hinweise, dass die Brustdichte bei Transfrauen viel höher ist als bei Cis-Frauen (7). Die Hormontherapie führt zur Ausbildung von Lobuli analog den Cis-Frauen (8). Bei Transgender-Frauen kann das gewünschte Brustwachstum zu einer Mastodynie führen. Eine Kohortenstudie aus den Niederlanden hat ein 46-fach höheres Brustkrebsrisiko bei Transfrauen im Vergleich zu Cis-Männern aufzeigen können. Jedoch liegt dieses Risiko immer noch deutlich unter dem Erkrankungsrisiko einer Cis-Frau (Odds Ratio 0.3) (9). Es gibt mittlerweile Guidelines zur Brustkrebsfrüherkennung bei Transgender-Menschen. Die meisten empfehlen bei Transfrauen mit seit mindestens 5-jähriger Hormontherapie ab dem Alter von 50 Jahren regelmässige Mammografien alle zwei Jahre (10).

Maligne Brusterkrankungen

Männer erkranken sehr selten an einem Mammakarzinom. In der Schweiz sind jährlich etwa 50 Männer von dieser Erkrankung betroffen. Das virile Mammakarzinom macht weniger als 1 % aller Karzinomerkrankungen bei Männern und 1 % aller Mammakarzinome insgesamt aus (11). Das DCIS bei Männern ist mit 5–10 % aller virilen Mammakarzinome eine noch viel seltenere Entität (12).

Das durchschnittliche Erkrankungsalter bei Männern mit DCIS liegt bei 62 Jahren und beim Mammakarzinom bei 67 Jahren. Im Vergleich zu den Frauen wird sowohl das DCIS als auch das Mammakarzinom durchschnittlich vier Jahre später diagnostiziert. Bei Erstdiagnose befinden sich Männer folglich oft in einem fortgeschrittenerem Tumorstadium als die Frauen. Dabei ist das Karzinom bei Männern in 42 % und bei Frauen in 51 % der Fälle lediglich auf die Brust beschränkt; ein Lymphknotenbefall findet sich bei Männern in 38 % der Fälle und bei Frauen in nur 29 % der Fälle (11, 12). Dies ist dem für Männer nicht vorhandenen Screening, dem fehlenden Bewusstsein, respektive Wissen und der verminderten Körperwahrnehmung geschuldet.

Es gibt Hinweise, dass ein gestörtes Androgen/Östrogen Verhältnis (Testosterondefizit, hohe Östrogenwerte), wie zum Beispiel beim Klinefelter-Syndrom, bei nicht deszendierten Hoden, bei Orchitiden, bei Leberzirrhose und bei Adipositas, mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs einhergeht. Wie bei den Frauen haben auch Lifestylefaktoren einen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko, wobei sich mangelnde Bewegung, hoher Alkoholkonsum oder Adipositas negativ auswirken. In 20 % aller betroffenen Männer findet sich eine familiäre Mammakarzinom-Belastung und in 10 % der Fälle liegt eine genetische Mutation vor (BRCA 1/2, CHEK2, PALB2). Eine genetische Beratung, respektive Abklärung wird gemäss internationalen Guidelines allen an Brustkrebs erkrankten Männern empfohlen.

Die brustkrebsspezifische relative 5-Jahres-Überlebensrate beträgt bei Männern 77 %, wohingegen diese bei Frauen bei 87 % liegt. Es gibt nur wenige Daten zur Prognose und Mortalität von Männern mit Brustkrebs. Zahlen aus Kohorten des deutschen Krebsregisters und eine grosse Kohortenstudie aus den USA zeigen, dass das Überleben von Männern mit Brustkrebs schlechter ist als das der an Brustkrebs erkrankten Frauen. Die Autoren denken, dass dieser Unterschied mit anderen biologischen Faktoren, mit der Compliance und mit Lifestyle Faktoren in Zusammenhang stehen könnte (13, 14).

Es gibt beim männlichen Mammakarzinom keine prospektiven randomisierten Studien, die evidenzbasierte Therapieempfehlungen gewähren. Dementsprechend lehnen sich die Therapien an die Protokolle des Mammakarzinoms der Frau (Resektion, Pharmakotherapie, Radiotherapie). Anders als bei Frauen kommt in der adjuvanten Therapie Tamoxifen und kein Aromatasehemmer zum Einsatz, da diese bei Männern nicht zuverlässig wirksam sind. Eine Kombination von einem Aromatasehemmer mit einem GnRH-Analogon ist möglich, führt jedoch zu Potenzstörungen.

Ductales Carcinoma in situ (DCIS)

Im Gegensatz zu Frauen zeigt sich das DCIS bei Männern häufig in Form eines Tastbefundes und kann, wie bei Frauen mit einer Mamillensekretion einhergehen. In mindestens 10 % der Fälle ist in der Mammografie und im Ultraschall ein zystischer Befund darstellbar. Dahingehend sollten zystische Befunde bei Männern immer mittels sonografisch gesteuerter Stanzbiopsie abgeklärt werden. Das DCIS bei Männern ist im Gegensatz zum DCIS bei Frauen selten mit Mikrokalk assoziiert (15, 16).

Abb. 5 zeigt einen typischen Ultraschallbefund eines DCIS bei einem 70-jährigen Patienten: ein zystischer Herdbefund mit einem soliden, vaskularisierten Anteil.

Mammakarzinom

Eine retrospektive Analyse von 1483 Männern mit Mammakarzinom hat gezeigt, dass bei den meisten Männern ein invasiv duktales Mammakarzinom (87 %) vorlag. Es handelte sich dabei fast ausschliesslich um Rezeptor positive Tumoren und mit 8.7 % war HER-2 selten amplifiziert (11).

Klinisch zeigt sich meist ein unilateraler, indolenter, derber Palpationsbefund im Bereich des Mamillen-Areola Komplexes. In etwa 25 % der Fälle kann eine blutige Mamillensekretion auftreten. Im Gegensatz zur Gynäkomastie, bei welcher der Befund konzentrisch der Mamille anliegt, befinden sich die Karzinome eher exzentrisch zur Mamille.

Das virile Mammakarzinom unterscheidet sich sonomorphologisch kaum vom weiblichen Mammakarzinom. Findet sich ein zystischer Herdbefund, so muss dieser dringend biopsiert werden, da ein viriles Mammakarzinom, insbesondere die papillären Neoplasien, auch als Zysten imponieren können. In der Mammografie kann selten Mikrokalk nachgewiesen werden (8).

Abb. 6 zeigt einen Patienten mit einer Gynäkomastie links und einem Mammakarzinom rechts mit Lymphknotenmetastase.

Die klinische und sonografische Untersuchung einer männlichen Brust inkludiert als obligaten Bestandteil die Mitbeurteilung der Axilla. Umgekehrt verlangt eine klinisch auffällige Axilla eine Bildgebung der Mamma. Die Axillasonografie ist einfach durchführbar; suspekte Lymphknoten können problemlos biopsiert werden. Patienten mit einer axillären Schwellung sollten direkt einem Brustzentrum oder Radiologie Zentrum zugewiesen werden, bevor aufwändige Serologien bestimmt oder anderweitige Abklärungen gemacht werden. Eine Biopsie ist meistens der schnellste Weg zur Diagnosefindung. Abb. 7a und Abb. 7b zeigt einen Patienten mit einer dolenten axillären Schwellung rechts. Sonografisch stellt sich ein vergrösserter (7 cm), stark vaskularisierter Lymphknoten dar. Die Histologie der sonografisch gesteuerten Stanzbiopsie ergab ein Melanom.

Stellenwert der Bildgebung bei Männern mit Brustbeschwerden

Munoz et al. haben zur Bestimmung der Wertigkeit der klinischen Untersuchung, der Mammografie und der Mammasonografie bei Männern die Bildgebung von 628 Männern mit Brustbeschwerden retrospektiv analysiert. Sie konnten zeigen, dass die Mammografie die sensitivste Methode für die Entdeckung eines Mammakarzinoms (94.7 % Sensitivität) ist. Auch der Ultraschall hat mit 88.9 % eine hohe Sensitivität. Beide Untersuchungen sind sehr spezifisch (Mammografie 94.8 %, Mammasonografie 95.3 %) (2). Auch die klinische Untersuchung ist mit einer Sensitivität und Spezifität von 88.2 % respektive 86.7 % gut. Der negative Vorhersagewert der Palpation lag bei 99.5 % (2). Daraus kann man folgern, dass, wenn klinisch der Verdacht auf eine Gynäkomastie oder eine normale Brust besteht, prinzipiell auf eine Bildgebung verzichtet werden kann. Abb. 8 zeigt den von Munoz et al. vorgeschlagenen Abklärungsalgorithmus bei Männern mit Brustbeschwerden. Da nur 6 % aller Mammakarzinome bei Männern unter 40 Jahren auftreten, empfehlen die Autoren, eine Mammografie erst ab dem 40. Lebensjahr durchzuführen. Es sollten immer beide Mammae untersucht werden, und bei Verdacht auf Malignität ist sowohl eine Mammografie als auch ein Ultraschall indiziert. Wichtig ist, dass bei Männern diagnostizierte BI-RADS 3 Befunde eine Malignitätsrate von 16 % aufweisen (2). Diese Rate erfüllt die definierte maximal akzeptierte Malignitätsrate bei BI-RADS 3 Befunden von ≤ 2 % nicht. Somit ist die bei der Frau übliche Verlaufskontrolle nach 6 Monaten bei Männern nicht gerechtfertigt und der BI-RADS 3 Befund sollte bei Männern in jedem Fall bioptisch abgeklärt werden.

Bildrechte
Sämtliche Bilder stammen von Patienten aus unserem Brust­zentrum. Ein informed consent zur Verwendung der Bilder der Patienten liegt vor.

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Aerzteverlag medinfo AG

KD Dr. med. Susanne Bucher

Luzerner Kantonsspital, Brustzentrum
Spitalstrasse
6000 Luzern 16

Die Autorin hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. S. Yang et al. The ins and outs of male breast and anterior chest wall lesion from childhood to adulthood. Clinical Radiology 77(2022) 503-513
2. R. Munoz Carrasco et al. Mammography and ultrasound in the evaluation of male breast disease. Eur Radi-ol (2010) 20: 2797-2809
3. J. Daniels et al. Gynecomastia. BMJ2022;379:e069771
4. Su Hong Kim et al. Ultrasonographic and Mammographic Findings of Male Breast Disease. J Ultrasound Med 2019;38:243-252
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8. Allyson L. Chesebro et al. Male Breast Disease: What the Radiologist Needs to Know. Current Problems in Diagnostic Radiology 48 (2019) 482-493
9. Christel J M de Blok et al. Breast cancer risk in transgender people receiving hormone treatment: nation-wide cohort study in the Netherlands.
10. Callisia N. Clarke et al. Breast Cancer Risk and Screening in Transgender Persons: A Call for Inclusive Care. Ann Surg Oncol (2022) 2):2176-2180
11. F. Cardoso et al. Characterization of male breast cancer: results of the EORTC 10085/TBCRC/BIG/NABCG International Male Breast Cancer Program. Annals of Oncology 29: 405-417, 2018
12. Tari et al. Male Breast Cancer Review. A Rare Case of Pure DCIS: Imaging Protocol, Radiomics and Man-agement. Diagnostics 2021, 11, 2199
13. Caroline Preuss et al. Mammakarzinom beim Mann. Dtsch Med Wochenschr 2023;148: 301-305
14. Fei Wang et al. Overall Moirtality After Diagnosis of Breast Cancer in Men vs Women. JAMA Oncol. 2019;5(11):1589-1596
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16. William F. Anderson et al. In Situ Male Breast Carcinoma in the Surveillance, Epidemiology, and End Re-sults Database of the National Cancer Institute. CANCER October 15, 2005/Volume 104/Number 8

Was wissen Schweizerinnen und Schweizer über kardiovaskuläre Risikofaktoren?

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind mit einer hohen Morbiditätslast verbunden und stellen die führende Todesursache dar. Wichtige kardiovaskuläre Risikofaktoren, wie Hypertonie, Hyperlipidämie und ein allfälliger Diabetes, sind medikamentös effektiv behandelbar. Voraussetzung für eine gute Therapieadhärenz ist auch ein ausreichendes Wissen bei den Betroffenen. Ein anonymisierter Fragebogen wurde über ein Gesundheitsmagazin verbreitet und durch 3166 Teilnehmende beantwortet. Neben demographischen Daten wurde der Gesundheitszustand, die Kenntnis persönlicher Werte (z. B. Blutdruck, Cholesterin) und die Einschätzung von Risikofaktoren erhoben und detailliert in der PRAXIS veröffentlicht (1). Dieser Artikel fasst die Hauptergebnisse zusammen. Die Mehrheit der Befragten war sich der Häufigkeit und Behandelbarkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewusst. Bewegung und Ernährung wurden als besonders wichtige Faktoren erkannt. Blutdruck und Body-Mass-Index waren die am besten bekannten persönlichen Werte. Rauchen, Cholesterin, Bluthochdruck und Bewegungsmangel wurden als stärkste Risikofaktoren eingeschätzt. Die Ergebnisse zeigen ein erfreuliches Basiswissen, aber auch Defizite. Ein signifikanter Anteil unterschätzte das Risiko des Rauchens. Die Studienautoren betonen die Bedeutung von Arzt-Patienten-Kommunikation und evidenzbasierter Aufklärung, um Prävention und Therapietreue zu fördern. Die Mehrheit der Befragten lehnte die Aussage ab, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen hauptsächlich eine Erfindung der Pharmaindustrie seien.

Cardiovascular disease (CVD) is a major cause of morbidity and mortality. Major cardiovascular risk factors such as hypertension, hyperlipidaemia and diabetes can be effectively treated with medication. A prerequisite for good adherence to treatment is also sufficient knowledge on the part of those affected. An anonymous questionnaire was distributed through a health magazine and was completed by 3’166 participants. Demographic data, health status, knowledge of personal values (e.g. blood pressure, cholesterol) and assessment of risk factors were collected. This is a short version of the original article published in PRAXIS (1). The majority of respondents were aware of the prevalence and treatability of cardiovascular disease. Exercise and diet were identified as particularly important factors. Blood pressure and body mass index were the best known personal values. Smoking, cholesterol and physical inactivity were considered the strongest risk factors. The results show an encouraging level of basic knowledge, but also deficits. A significant proportion underestimated the risk of smoking. The authors of the study emphasise the importance of doctor-patient communication and evidence-based education to promote prevention and adherence to treatment. The majority of respondents rejected the statement that cardiovascular disease is mainly an invention of the pharmaceutical industry.
Key words: Cholesterol, hypertension, Diabetes mellitus, obesity, cardiovascular risk factors

Einleitung

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in der Schweiz und verursachen jährliche Kosten von rund 27.8 Milliarden CHF, was 4 % des Bruttoinlandsprodukts entspricht (2). Prävention und Behandlung haben ein grosses Potenzial, dieses Risiko deutlich zu senken (3). Studien zeigen jedoch ein grosses Verbesserungspotenzial bei der Umsetzung von Präventionsmassnahmen (2, 4–8). Ziel dieser Arbeit, die kürzlich vollständig in der Zeitschrift PRAXIS publiziert wurde (1), war es, das Wissen der Bevölkerung über kardiovaskuläre Risikofaktoren und deren Beeinflussbarkeit zu untersuchen, um zukünftige Präventionsstrategien zu optimieren. Der folgende Artikel fasst die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie zusammen.

Methodik

Die Befragung zu soziodemographischen Daten, Angaben zum individuellen Gesundheitszustand und zu kardiovaskulären Vorerkrankungen sowie allgemeinen Aussagen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen erfolgte als Online-Befragung über die Zeitschrift «Doktor Stutz», die sich an medizinische Laien richtet. Die Ausschreibung und Datenerhebung erfolgten im Zeitraum vom 28.11.24 bis 8.1.25. Den Fragen konnte mit «ja», «eher ja», «eher nein» und «nein» zugestimmt oder widersprochen werden, ausserdem gab es die Antwortmöglichkeit «weiss nicht».
In einer weiteren Frage wurde erhoben, ob die Teilnehmenden ihre eigenen Werte für Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin und Body Mass Index (BMI) «sehr genau», «ungefähr» oder «gar nicht» kennen.

Der Frage nach den Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurde ein aufsteigender Zahlenwert von 1 für «gar nicht» bis 5 für «sehr stark» zugeordnet, je nachdem, wie hoch die Befragten den möglichen Einfluss auf das Herz-Kreislauf-Risiko einschätzten. Diese Gewichtung durch die Befragten wurde mit der Anzahl der jeweiligen Antworten multipliziert, um eine Gesamtgewichtung der einzelnen Risikofaktoren zu erhalten.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 3166 Antworten erfasst, in 2671 Fällen wurde der Fragebogen vollständig ausgefüllt. Frauen waren mit 79.5 % (2149) gegenüber Männern mit 20.5 % (554) deutlich überrepräsentiert. 32.9 % (1025) der Personen gaben an, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu leiden, während dies 66.2 % (2059) verneinten. Die Mehrheit der Teilnehmenden (61.2 %, 1902) waren zwischen 59 und 79 Jahre alt, 16.5 % (513) zwischen 39 und 58 Jahre, 8.6 % (266) älter als 79 Jahre und 0.8 % (24) waren jünger als 39 Jahre alt. Die Mehrheit (1542, 49.6 %,) gab als Bildungsstandard an, die obligatorische Schule absolviert zu haben, 46.2 % (1435) verfügten über eine höhere Berufsbildung (eidg. Berufs-/Fachprüfung), 9.7 % (302) über einen Fachhochschulabschluss und 5.6 % (174) über einen Universitäts- oder ETH-Abschluss.

Den persönlichen Gesundheitszustand schätzten 60.2 % (1871) als gut, 25.8 % (804) als mittel, 12.4 % (387 ) als sehr gut und nur 1.5 % (46) als schlecht ein.

Aussagen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Frage nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurde von 2793 (88.2 %) Teilnehmenden beantwortet. Der Aussage, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufig sind, stimmten 53.9 % (1587) der Befragten mit ja zu, mit eher ja antworteten 30.7 % (973), während nur sehr wenige dies völlig verneinten (34, 1.2 %). Dass kardiovaskuläre Erkrankungen medikamentös gut behandelbar sind, fanden 1505 Befragte (53.9 %). Mit überwiegend gut behandelbar antworteten 38.6 % (1079), 2.5 % der Befragten (70) verneinten diese Aussage. Bei der Frage, ob Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine normale Alterserscheinung sind, waren 46.1 % (1289) Personen der Meinung, dies träfe (eher) zu, während 43.3 % (1210) dies völlig oder eher verneinten. Der positiven Beeinflussbarkeit durch Bewegung (2720; 97.3 %) oder gesunde Ernährung (2413, 86.4 %) wurde überwiegend zugestimmt. 78.5 % (2194 Personen) lehnten die Aussage ab, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen hauptsächlich eine Erfindung der Pharmaindustrie seien.

Kenntnis der eigenen Werte

2766 Befragte (87.4 %) machten Angaben hierzu. Der eigene Blutdruck war den meisten Befragten bekannt: 64.3 % (1781Personen) gaben an, ihn sehr genau zu kennen, 33 % (913 Personen) kennen ihn immerhin ungefähr. Der zweit geläufigste Wert war der Body Mass Index, den 55.7 % (1543 Personen) sehr genau kannten. Nur 7.8 % (217 Personen) kannten ihn überhaupt nicht. Ihren Blutzucker-Wert kannten 37.2 % (1031 Personen) sehr genau bzw. 32.2 % (891 Personen) zumindest ungefähr. Beim Cholesterin gaben 39.2 % (1086 Personen) an, den Wert sehr genau zu kennen, während 25.2 % (697 Personen) angaben, ihren Cholesterinwert gar nicht zu kennen.

Risikofaktoren für Herz- und Kreislauf-­Erkrankungen

2706 Befragte (85.5 %) gaben ihre Einschätzung zu den kardiovaskulären Risikofaktoren ab. Mit einem kumulierten Gesamtwert von 10 687 bzw. einem Mittelwert von 3.97 war Rauchen der am stärksten gewichtete Risikofaktor. Mehr als 50 % bewerteten diesen Faktor als sehr starken Risikofaktor. 16.1 % (435 Personen) waren jedoch der Meinung, dass Rauchen überhaupt keinen Risikofaktor darstellt. Cholesterin und Blutdruck wurden mit Summenwerten von 10 706 bzw. 10 650 und Mittelwerten von 3.97 bzw. 3.95 (Median jeweils 4, IQR 4-5) fast gleichwertig als starke Risikofaktoren eingestuft, gefolgt von Bewegungsmangel mit einem Summenwert von 10 641 (Mittelwert 3.95, Median 4, IQR 4-5), den 39.7 % (1073 Befragte) als sehr starken Risikofaktor einschätzten. Geringer gewichtet wurde der Diabetes mellitus als kardiovaskulärer Risikofaktor mit einem Summenwert von 9465 und einem Durchschnittswert von 3.51 (Median 4, IQR3-5). Diabetes wurde von 13.6 % (367 Befragte) überhaupt nicht als Risikofaktor bewertet. Es folgte familiäre Vorbelastung (9509, 3.52 %), Konsum von Fast Food (9105; 3.39 %), Stress (8861; 3.28 %), Alkoholkonsum (8542; 3.16 %) und erhöhtes Körpergewicht (8301; 3.08 %).

Diskussion

Die vorliegende Umfrage ist nach unserem Wissen die erste Erhebung in der Schweiz unter medizinischen Laien, die Einschätzungen zum kardiovaskulären Risiko im Allgemeinen, Kenntnisse über individuelle Risikofaktoren und die grundsätzliche Beeinflussbarkeit dieser Risikofaktoren erfasste. Die Untersuchungsergebnisse offenbaren ein erfreuliches Bewusstsein für Risikofaktoren, besonders innerhalb der Leserschaft eines Gesundheitsmagazins. Dennoch bestehen Wissenslücken, beispielsweise in Bezug auf die Wahrnehmung von Cholesterin und die Bedeutung von körperlicher Aktivität. Bemerkenswert ist, dass 13.5 % (435 Befragte) Rauchen nicht oder nur als geringen Risikofaktor (29; 1.1 %) bewerteten, was auf einen Bedarf an weiterer Aufklärung hindeutet. Trotz des allgemeinen Wissens erreichen viele Patienten die empfohlenen Blutdruck- und Cholesterinwerte nicht, was die Bedeutung einer verbesserten Kommunikation zwischen Arzt und Patient hervorhebt.

Die Resultate unserer Umfrage sollten im Kontext der befragten Stichprobe interpretiert werden. Die Altersverteilung entspricht der typischen Leserschaft eines Gesundheitsmagazins: Über 60 % der Teilnehmenden waren zwischen 59 und 79 Jahre alt, einem Alter, in dem das Interesse an Gesundheitsthemen und insbesondere an Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit hoher Prävalenz zunimmt. Studien zeigen, dass das Bildungsniveau, nicht jedoch das Einkommen, einen Einfluss auf kardiovaskuläre Risikofaktoren hat, insbesondere auf den Cholesterinspiegel durch die Ernährung (9). Obwohl der Bildungsstand unserer Stichprobe keine Verzerrung in Richtung Akademiker (11.3 %) erkennen lässt, kann angenommen werden, dass die meisten Teilnehmenden bereits – besonders als Leser eines Gesundheitsmagazins – mit dem Thema vertraut sind und diesbezüglich als gebildeter einzustufen sind. Die selbstberichtete Prävalenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt mit 33.9 % im erwarteten Bereich; laut schweizerischer Gesundheitsbefragung leiden 27.6 % der 55- bis 64-Jährigen und 45.8 % der 65- bis 74-Jährigen an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (10). Zu beachten ist auch, dass der Anteil der Frauen unter den Teilnehmenden mit fast 80 % deutlich überwiegt, was deren grösseres Interesse an Gesundheitsthemen widerspiegeln dürfte.

Bei der Frage, ob Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine natürliche Alterserscheinung seien, waren die Teilnehmenden geteilter Meinung, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass ein hoher Prozentsatz überzeugt ist, dass diese Erkrankungen durch einen aktiven Lebensstil (97.3 %) und eine gesundheitsbewusste Ernährung (86.4 %) positiv beeinflusst werden können. Adhärenz Probleme sind im medizinischen Alltag häufig anzutreffen, sodass wir eine skeptische Haltung gegenüber medikamentösen Therapien bzw. der Pharmaindustrie erwartet hatten. In unserer Befragung zeigt sich jedoch, dass eine grosse Mehrheit von der medikamentösen Beeinflussbarkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen überzeugt ist.

Besser denn erwartet, aber immer noch ungenügend ist auch die Orientierung der Befragten über die eigenen Werte: 64.3 % kannten ihren Blutdruck nach eigener Angabe «sehr genau», in einer Studie von Oliveiria et al. unter Hypertonikern gaben beispielsweise 91 % an, dass ihnen bewusst sei, dass eine Blutdrucktherapie für sie wichtig ist, aber nur 41 % kannten ihren eigenen Blutdruck (11). In einer älteren Studie von Murdoch et al. befragte man Patienten, die eine Cholesterinmessung erhalten hatten zu ihrem Lipidstatus und Cholesterinwerten, nur 19 % konnten ihren Wert genau erinnern, dies war insbesondere der Fall wenn er mit Diätempfehlungen verbunden war (12). Dieses Ergebnis passt zu den qualitativen Ergebnissen von Goldman et al., die zeigen, dass insbesondere konkrete Behandlungsempfehlungen für Patienten wichtig sind (13).

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Prof. Dr. Dr. med.Thomas Rosemann

Institut für Hausarztmedizin
Universitätsspital Zürich
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Prof. Dr. med. Thomas F. Lüscher

– MediS – Medizin im Schauspielhaus
Rämistrasse 34
8001 Zürich
– Royal Brompton & Harefield Hospitals
77 Wimpole Street Outpatients and Diagnostics
London W1G 9RU

Dr. med. Andrea Rosemann

Institut für Hausarztmedizin Universitätsspital Zürich (IHAMZ)
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich

andrea.rosemann@usz.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Wissen um die Bedeutung kardiovaskulärer Risikofaktoren in den für die kardiovaskuläre Prävention relevanten Bevölkerungsgruppen grösser ist als angenommen.
  • Wissen allein garantiert noch keine Therapietreue, ist aber eine entscheidende Voraussetzung. Möglicherweise unterschätzen viele Ärzte die Bereitschaft der Patienten, evidenzbasierte Therapien umzusetzen.
  • Die Ergebnisse sind insofern ermutigend, als das vorhandene Basiswissen, ergänzt durch eine umfassende Aufklärung, z.B. mittels Risikoscores (13), die Voraussetzungen schaffen sollte, höhere Zielerreichungsgrade zu realisieren, als dies derzeit der Fall ist.

1. Rosemann T, Lüscher TF, Rosemann A. Was wissen Schweizerinnen und Schweizer über kardiovaskuläre Risikofaktorem? Praxis 2025; 114:86-91.
2. Rosemann T, Bachofner A, Strehle O. [Cardiovascular diseases in Switzerland – Prevalence and care]. Praxis (Bern 1994). 2024;113(3):57-66.
3. Roth GA, Johnson C, Abajobir A, Abd-Allah F, Abera SF, Abyu G, et al. Global, Regional, and National Burden of Cardiovascular Diseases for 10 Causes, 1990 to 2015. J Am Coll Cardiol. 2017;70(1):1-25.
4. Marz W, Dippel FW, Theobald K, Gorcyca K, Iorga SR, Ansell D. Utilization of lipid-modifying therapy and low-density lipoprotein cholesterol goal attainment in patients at high and very-high cardiovascular risk: Real-world evidence from Germany. Atherosclerosis. 2018;268:99-107.
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8. Di Ganghi SB, R. Grischott, T. Burgstaller, J. Senn O., Rosemann, T. Markun S. Arterial Hypertension Control and Treatment in Swiss General Practice – cross sectional study using routine data from the FIRE primary care database. . submitted.
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13. Goldmann RE et al. Patients’ perceptions of cholesterol, cardiovascular disease risk, and risk communication strategies. Ann Fam Med 2006; 4: 205-212

Journal Watch von unseren Experten

DOAK-Monotherapie bei Vorhofflimmern und stabiler koronarer Herzkrankheit risikoärmer als duale antithrombotische Therapie

Frage: Ist die Inzidenz unerwünschter Ereignisse bei einer Monotherapie mit Edoxaban niedriger als bei einer dualen antithrombotischen Therapie (Edoxaban + Thrombozytenaggregationshemmer) bei Patienten mit Vorhofflimmern und stabiler koronarer Herzkrankheit (KHK)?

Hintergrund: Patienten mit Vorhofflimmern benötigen orale Antikoagulanzien zur Schlaganfallsprävention. Eine Thrombozytenaggregationshemmung ist zur Prävention ischämischer Ereignisse bei KHK indiziert. Der kombinierte Einsatz beider Therapieansätze bei Patienten mit beiden Diagnosen führt allerdings zu einem erhöhten Blutungsrisiko. Deshalb empfehlen die Leitlinien (z. B. ESC 2024) eine duale Therapie nur für 6–12 Monate nach einem akuten Koronarsyndrom und/oder einer entsprechenden Intervention bei gleichzeitig bestehendem Vorhofflimmern. Bei stabiler KHK ist hingegen eine Monotherapie mit oralen Antikoagulanzien empfohlen, bisher gibt es hierzu aber nur limitierte Evidenz aus randomisierten Studien.

Studienort: 18 Zentren in Südkorea

Studiendesign und Methode: EPIC-CAD ist eine multizentrische, open-­label, randomisierte Studie.

Interventionen: Gruppe 1: Monotherapie mit Edoxaban (Lixiana), Gruppe 2: Duale antithrombotische Therapie mit Edoxaban und Thrombozytenaggregationshemmer (Aspirin oder Clopidogrel)

Einschlusskriterien
• ≥18-jährige Personen
• mit Vorhofflimmern (mit CHA2DS2-VASc-Score ≥ 2)
• und stabiler KHK (vor ≥ 6 Monaten mit Stent/Bypass behandeltes chronisches Koronarsyndrom, vor ≥ 12 Monaten behandeltes akutes Koronarsyndrom oder anatomisch bestätigte KHK)

Relevante Ausschlusskriterien
• Kontraindikationen für antithrombotische Medikamente, einschliesslich schwerer Begleiterkrankungen oder eines hohen Blutungsrisikos
• Vorgeschichte intrakranieller Blutungen, künstlicher Herzklappen oder mittelschwerer bis schwerer Mitralstenose
• Schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen

Outcome
• Primärer Outcome: Kombinierter Endpunkt folgender unerwünschter klinischer Ereignisse innerhalb von 12 Monaten: Gesamtmortalität, Myokardinfarkt, Schlaganfall, systemische Embolie, notfallmässige Revaskularisation, klinisch relevante bis schwere Blutung.
• Sekundäre Outcomes: die einzelnen Komponenten des primären Endpunkts, Stentthrombosen, kombinierter Endpunkt schwerer ischämischer Ereignisse, kombinierter Endpunkt ­unterschiedlicher Blutungsarten.

Resultate
• 1040 Teilnehmende konnten in die Studie eingeschlossen werden; das mittlere Alter betrug 72 Jahre, 23 % waren Frauen, der durchschnittliche CHA2DS2-VASc-Score betrug 4.3 Punkte.
• Nach 12 Monaten trat der primäre Endpunkt bei 6.8 % der Patienten unter Monotherapie und bei 16.2 % unter dualer Therapie auf. Dies entspricht einer Hazard Ratio von 0.44 (95 %-KI 0.3 bis 0.65) und einer Number Needed to Treat von 10.6.
• Blutungsereignisse traten in der Monotherapie-Gruppe signifikant seltener auf (4.7 % gegenüber 14.2 %).
• Die Rate schwerer ischämischer Ereignisse war zwischen den beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich (1.6 % gegenüber 1.8 %; Hazard Ratio 1.2; 95 %-KI 0.5 bis 3.1).

Kommentar
• Das Risiko für einen negativen klinischen Outcome bei Personen mit Vorhofflimmern und stabiler KHK ist unter Edoxaban-Monotherapie geringer als unter dualer antithrombotischer Therapie mit zusätzlichem Thrombozytenaggregationshemmer. Dieses Ergebnis ist hauptsächlich durch eine geringere Inzidenz von Blutungsereignissen bedingt.
• Zur Feststellung kleiner Unterschiede bei der Inzidenz ischämischer Ereignisse ist die Studie underpowered.
• Aufgrund der ostasiatischen Studienpopulation ist die Übertragbarkeit auf eine westliche Population möglicherweise limitiert, zudem sind Frauen unterrepräsentiert.

Prof. Dr. med. Dr. phil. Thomas Rosemann

Literatur
1. Cho MS, Kang DY, Ahn JM, Yun SC, et al. Edoxaban antithrombotic therapy for atrial fibrillation and stable coronary artery disease. New England Journal of Medicine. 2024;391(22):2075-86.
2. Van Gelder IC, Rienstra M, Bunting KV, Casado-Arroyo R, et al. 2024 ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS): Developed by the task force for the management of atrial fibrillation of the European Society of Cardiology (ESC), with the special contribution of the European Heart Rhythm Association (EHRA) of the ESC. Endorsed by the European Stroke Organisation (ESO). European Heart Journal. 2024;45(36):3314-414.

Die Wirkung einer Magnesiumergänzung auf die ­Serumkonzentration des Lipidprofils

Eine aktualisierte systematische Übersicht und Dosis-Wirkungs-Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien untersuchte die Wirkung einer Magnesiumsupplementierung auf den Fettstoffwechsel und damit auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit eine der häufigsten Ursachen für Morbidität und Mortalität (1). Zu den wichtigsten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen gehören Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen (2, 3). Lipoproteine hoher Dichte (HDL-Cholesterin) können eine schützende Funktion haben, während andere Bestandteile des Lipidprofils das Risiko für Herzerkrankungen negativ beeinflussen können (4). Es gibt Hinweise darauf, dass Magnesium die Serumspiegel des Lipidprofils senken kann. Aufgrund der Bedeutung dieses Themas haben sich die Autoren einer kürzlich publizierten Studie (5) zum Ziel gesetzt, einen systematischen Review und eine Metaanalyse durchzuführen, um den Effekt einer Magnesiumsupplementierung auf die Serumspiegel von Gesamtcholesterin (TC), Triglyceriden (TG), Lipoproteinen niedriger Dichte (LDL-C) und Lipoproteinen hoher Dichte (HDL-C) in der Allgemeinbevölkerung im Alter von ≥ 18 Jahren zu untersuchen.

Methoden
Im Rahmen der Durchführung dieser Studie wurden zunächst relevante Artikel durch eine Datenbankrecherche identifiziert, darunter fünf Datenbanken: Cochrane Library, ClinicalTrials.gov, ISI Web of Science, Scopus und PubMed bis Januar 2024. Nachdem das erste Ziel erreicht war, wurden die mittleren Differenzen und Standardabweichungen berechnet, um die Meta-Analyse durchzuführen. Schließlich wurde eine Bewertung der statistischen Heterogenität der Interventionseffekte mit Hilfe der I-Quadrat-Statistik und des Cochran-Q-Tests.

Resultate
Für die Serumspiegel von TC, TG, LDL-C und HDL-C wurden 21, 23, 20 und 25 Studien in die Metaanalyse eingeschlossen. Die gepoolten Schätzungen zeigten keine signifikanten Unterschiede in den Serumspiegeln von TC, TG und LDL-C zwischen der Magnesiumgruppe und der Kontrollgruppe (gewichtete mittlere Differenz (WMD) = 0.34 mg/dl, 95 % Konfidenzintervall (CI): –1.75 bis 2.43, P = 0.749, I2 = 99.1 %; WMD = –2.06 mg/dl, 95 % CI: –6,35 bis 2.23, P = 0.346, I2 = 99.1; WMD = 1.71 mg/dl, 95 % CI: –0,81 bis 4.24, P = 0.183, I2 = 99.4, jeweils). Magnesium hingegen erhöhte den HDL-C-Wert signifikant (WMD = 1.21 mg/dl, 95 % CI: 0.58 bis 1.85, P < 0.001, I2 = 99.5).

Schlussfolgerung
Zusammenfassend zeigt unsere Studie, dass ­Magnesium den HDL-C-Spiegel signifikant erhöht. Aufgrund der großen Heterogenität müssen wir jedoch darauf hinweisen, dass weitere Untersuchungen notwendig sind, um verlässliche Empfehlungen für eine Magnesiumsupplementierung in der klinischen Praxis geben zu können.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Literatur:
1. Institute of Medicine Committee on Preventing the Global Epidemic of Cardiovascular Disease. Meeting the Challenges in Developing C. The National Academies Collection: Reports funded by National Institutes of Health. In: Fuster V, Kelly BB, editors. Promoting Cardiovascular Health in the Developing World: A Critical Challenge to Achieve Global Health. Washington (DC): National Academies Press (US) Copyright © 2010, National Academy of Sciences.; 2010.
2. Libby P, Ridker PM, Hansson GK. Progress and challenges in translating the biology of atherosclerosis. Nature. 2011;473(7347):317–25
3. Teo KK, Rafiq T. Cardiovascular Risk factors and Prevention: a perspective from developing countries. Can J Cardiol. 2021;37(5):733–43.
4. Stone NJ, et al. 2013 ACC/AHA guideline on the treatment of blood cholesterol to reduce atherosclerotic cardiovascular risk in adults: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice guidelines. J Am Coll Cardiol. 2014;63(25 Pt B):2889 – 934. [
5. Hariri M et al The effect of magnesium supplementation on serum concentration of lipid profile: an updated systematic review and dose-response meta-analysis on randomized controlled trials. Nutr J 2025 Feb 4;24:24.

Quelle: Hariri M et al The effect of magnesium supplementation on serum concentration of lipid profile: an updated systematic review and dose-response meta-analysis on randomized controlled trials. Nutr J 2025 Feb 4;24:24. doi: 10.1186/s12937-025-01085-w

Schmerztherapie in der Palliative Care

Komplexe Schmerzsituationen sind in der Palliative Care häufig. Eine Einordnung in das Bio-Psycho-Soziale und Spirituelle Modell ist wichtig für das Verständnis und die Therapieplanung. Zu berücksichtigen ist die Differenzierung des Schmerzes nach nozizeptiven, neuropathischen und gemischten Aspekten. Grundlage für die medikamentöse Therapie sind die WHO-Leitlinien und die erweiterte WHO-Stufenleiter. Der Schmerzmanagementplan umfasst medikamentöse und nicht medikamentöse Massnahmen unter Einbezug des privaten und professionellen Netzwerks.

Complex pain is common in palliative care. The bio-psycho-social and spiritual model is important for understanding and treatment. Differentiation according to nociceptive, neuropathic and mixed pain should be considered. Analgesic therapy is based on the WHO guidelines and the extended WHO analgesic ladder. The pain management plan includes pharmacological and non-pharmacological interventions with involvement of the private and professional network.
Key words: Palliative Schmerztherapie, Total Pain Konzept, Multimodale Behandlung, WHO-Stufenmodell

Einleitung

Palliative Care setzt sich zum Ziel, die Lebensqualität von chronisch erkrankten Personen mit einer reduzierten Lebenserwartung zu verbessern (1). Schmerz ist ein Symptom, unter dem Patienten im Verlauf einer Erkrankung unterschiedlich stark leiden, eine Reevaluation der Therapie sowie eine Adaption der Massnahmen im Krankheitsverlauf sind wichtig (2). Schmerz ist unabhängig von der Grunderkrankung eines der belastendsten und häufigsten Symptome am Lebensende (3). So leiden ca. 66 % der Betroffenen mit fortgeschrittener oder terminaler Krebserkrankung unter Schmerzen. Dies führt zu Beeinträchtigung der Lebensqualität, der Funktionalität und zu psychischer Belastung. Bestimmte Krebstypen wie Pankreas- oder ORL-Tumoren sind besonders häufig mit Schmerzen assoziiert (4).

Die meisten Empfehlungen und Leitlinien gründen auf Therapien bei Patienten mit malignen Erkrankungen. Die AWMF-Leitlinie für Palliativmedizin/S3-Leitlinie bezieht sich explizit auf die Therapie bei onkologischen Erkrankungen. In der Einleitung ist folgender Hinweis zu lesen: «… inwiefern die Empfehlungen auf Patienten mit nicht onkologischen Erkrankungen angewendet werden können, muss im Einzelfall geprüft werden» (5). In der Medizin und auf den Notfallstationen überwiegt jedoch die Anzahl älterer, multimorbider Patienten mit nicht onkologischen, akuten oder chronisch-progredienten lebenslimitierenden Erkrankungen. Zu letzteren gehören u. a. Herzinsuffi­zienz, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), fortgeschrittene Niereninsuffizienz oder neurologische Erkrankungen, wie z.B. die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und der M. Parkinson (6). Zu Beginn einer Parkinson-Erkrankung beispielsweise leiden 20 % der Betroffenen unter Schmerzen, im Verlauf der Erkrankung bis zu 80 % (7). Für Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen ischämischen Herzerkrankungen gehören Schmerzen oft zum Alltag (8).

Trotz der langjährigen Verfügbarkeit von Leitlinien, wie z.B. der WHO-Stufenleiter, ist die Behandlung bei einem Drittel der Betroffenen nach wie vor unzureichend (9). Schmerz in der Palliative Care ist ein komplexes Symptom, welches im Rahmen des bio-psycho-sozialen und spirituellen Konzeptes eingeordnet und behandelt werden muss.

Definitionen

Schmerz ist ein subjektives «unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis» (10). Die Definition der IASP (International Association for the Study of Pain) schliesst die emotionalen Anteile des Schmerzes mit ein, unabhängig von der Ursache und dem Ort der Entstehung der Schmerzen. Subjektiv bedeutet, dass die Beurteilung, ob ein Schmerz stark oder schwach ist, ob adäquat erscheinend, immer nur vom Patienten selbst beurteilt werden kann und durch die persönliche Erfahrung geprägt ist.

Je nach Ursache des Schmerzreizes spricht man von nozizeptivem und neuropathischem Schmerz (Tab. 1). Nozizeptoren sind rezeptive Strukturen auf der Oberfläche freier Nervenendigungen, welche die Stärke und den zeitlichen Verlauf u.a. von mechanischen und thermischen Reizen messen, welche kortikal als Schmerz wahrgenommen werden (11). Nozizeptoren kommen nahezu in allen Organen vor, mit grösster Dichte in der Haut, nicht aber im Gehirn und in der Leber. Die Nozizeptoren der inneren Organe vermitteln einen oft dumpfen, schlecht lokalisierbaren Schmerz, der auf Hautareale übertragen werden kann, die von demselben Rückenmarkssegment innerviert werden wie das schmerzende Organ. Diese Hautzonen werden als Head-Zonen bezeichnet (12). Bei den neuropathischen Schmerzen kommt es zu einer Schädigung im Nervensystem, die unter anderem zu salvenartigen Impulsbildungen im Versorgungsgebiet führen und von den Patienten als blitzartig und einschiessend bezeichnet werden (11). Mögliche Ursachen sind neben mechanischen Verletzungen und einwachsenden Metastasen bspw.

auch Stoffwechselstörungen und systemische Noxen (u.a. Diabetes mellitus oder ­Chemotherapeutika) mit daraus folgender Polyneuropathie. Diese Einteilung ist wichtig für die Therapieplanung.

Der Begriff Durchbruchschmerz beschreibt eine vorübergehende Schmerzexazerbation, die bei Patienten mit relativ konstanten und angemessen kontrollierten Dauerschmerzen auftritt (13).

Palliative Care beugt Leiden und Komplikationen vor. Sie umfasst medizinische Behandlungen, pflegerische Interventionen sowie psychologische, soziale und spirituelle Unterstützung (14). Die spirituelle Komponente ergänzt das bio-psycho-soziale Schmerzmodell nach Engel (15). Palliative Patienten sprechen nicht nur von Schmerzen und anderen Symptomen, sondern äussern zusammen mit diesen Beschwerden auch seelische, soziale und spirituelle Not (16). Schenkt man diesen Einflussfaktoren keine oder zu wenig Beachtung, bringt die medikamentöse Behandlung womöglich nicht den gewünschten Effekt. Cicely Saunders, Pionierin der modernen Hospizbewegung und Begründerin unseres heutigen Verständnisses von Palliative Care, hat in diesem Zusammenhang in den 1960er-Jahren den Begriff des Total Pain (Abb. 1) geprägt. In der Palliativmedizin wird Schmerz mehrdimensional gesehen. Schmerz entsteht durch physische, psychische, soziale und spirituelle Stressoren (17). Das Konzept Total Pain bezieht sich auf einen refraktären Schmerz, ein Leiden, das über die physische Dimension hinausgeht (18, 19, 20).

Belastungen in den vier Dimensionen des Total-Pain-Konzeptes können somatisch bedingte Schmerzen verstärken. Dank des multiprofessionellen Ansatzes in der Palliative Care kann lindernd auf Total Pain eingewirkt werden.

Erfassung

Für die Erfassung der Schmerzstärke gibt es verschiedene Messmodelle (21). Am häufigsten wird die Numeric Rating Scale (NRS) mit einer 10-Punkte-Skala von 0 bis 10 verwendet. Die Erfassung sollte routinemässig und in festen Zeitabständen erfolgen, immer auch nach Gabe eines Schmerzmittels, damit dessen Effektivität beurteilt werden kann. Bei älteren Menschen, Patientinnen und Patienten mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit und/oder kognitiver Beeinträchtigung ist die Selbsteinschätzung mittels NRS oft nicht zuverlässig anwendbar. Hier greift man auf Fremdbeobachtungsskalen zurück, welche insbesondere drei Verhaltenskategorien berücksichtigen. Diese sind Mimik, Lautäusserungen und Körperbewegungen bzw. -haltung. Ein Fragebogen, der diese Elemente aufnimmt, ist z.B. der Doloplus-2, welcher auch in vielen Sprachen verfügbar ist (22). Für die Schmerz­anamnese ist das Akronym SOCRATES hilfreich:

– Site (Ort)
– Onset (Beginn)
– Character (Schmerzcharakter)
– Radiation (Ausstrahlung)
– Associated Factors (assoziierte Faktoren)
– Timing (Zeitpunkt)
– Exacerbating and Relieving Factors (verschlimmernde und lindernde Faktoren)
– Severity (Ausprägung/Schweregrad) (23, 24)
Parallel soll bei der Anamnese die Schmerzart eingeschätzt werden: nozizeptiv oder neuropathisch. Eine Kombination von nozizeptivem und neuropathischem Schmerzcharakter ist möglich und häufig. Auch sollte eingeordnet werden, ob der Schmerz in Zusammenhang mit der Grunderkrankung steht, also z.B. als Tumorschmerz, oder einer anderen Erkrankung zugeordnet werden kann, wie z.B. einer Post-Zoster-Neuralgie oder durch die Rigidität bei Morbus Parkinson.

Zusätzlich zur klinischen Untersuchung soll eine umfassende Anamnese im Sinne des Konzeptes von Total Pain mit dem Erkrankten und den Angehörigen erfolgen: Körperliche und kognitive Ressourcen, kommunikative Fähigkeiten, kultureller Hintergrund, Religionszugehörigkeit und Krankheitssicht beeinflussen den Umgang mit Schmerzen. Die Erwartungen von Patientinnen und Patienten sowie ihren Angehörigen sollten erfasst und, sofern unrealistische Erwartungen bestehen, in einem Gespräch die Ursachen, Therapiemöglichkeiten und Therapieziele gemeinsam besprochen werden.

Essenziell ist, dass die Schmerzerfassung repetitiv erfolgt, damit auf Veränderungen, wie sie z.B. mit Fortschreiten der Grunderkrankung erfolgen, reagiert werden kann (4).

Therapie

Verschiedene Schmerzzustände erfordern verschiedene Massnahmen. Patientinnen und Patienten der Palliative Care benötigen einen individuellen Therapieansatz. Ein multidisziplinäres und multimodales Vorgehen ist häufig erforderlich. Es ist wichtig, Etappenziele in der Schmerzbehandlung zu definieren, wie beispielsweise:
1. Verbesserung des Schlafs
2. Verbesserung der Schmerzkontrolle in Ruhe
3. Verbesserung bei körperlicher Aktivität
Die Verbesserung bei körperlicher Aktivität kann leider nicht immer komplett erreicht werden (24, 20). Wenn passend, gewünscht und möglich, sollte die Behandlung der Grunderkrankung, wie z.B. in der Onkologie die Therapie des Gewebeschadens durch die Neoplasie mit Radiotherapie, Chemotherapie, Biologicals und/oder Chirurgie, erfolgen. Diese Massnahmen haben dann oft Schmerzlinderung zur Folge. In der Neurologie kann die Anpassung der Parkinson-Therapie eine solche schmerztherapeutische Intervention darstellen.

Nicht pharmakologische Massnahmen

In einem kürzlich erschienenen Review beschreibt van Veen als schmerzlindernde, nicht pharmakologische Massnahmen den Einsatz von Massage und Virtual Reality. Wohingegen für Kunsttherapie keine hinreichende Evidenz nachgewiesen werden konnte, ebenso im Hinblick auf mindful breathing interventions. Vielversprechende Resultate zeigten Hypnose, Progressive Muskelrelaxation, cognitive-behavioral audiotapes, warmes Fussbad mit Wickel, Reflexzonenmassage und Musiktherapie.

Musiktherapie und Körperanwendungen/Massage werden häufig angewendet, aber auch Akupunktur, Physiotherapie und Aromatherapie. Wenngleich nicht immer wissenschaftlich bewiesen, soll man sich bei nicht medikamentösen harmlosen Massnahmen individuell durch das Wohlbefinden des kranken Menschen leiten lassen.

Die Anwendung von Transcutaneous Electric Nerve Stimulation (TENS) kann bei neuropathischen Schmerzen sehr erfolgreich sein (26, 27).

Pharmakologische Massnahmen

Die sechs wichtigsten Schritte, welche bei der Verwendung von Analgetika bei palliativen Patientinnen und Patienten mit Krebs oder anderen fortgeschrittenen Krankheiten angewendet werden sollten, entsprechen den WHO-Leitlinien (28, 29, 30, 31):
1. By the clock: Die Einnahme sollte in fixen Intervallen entsprechend der Wirkdauer des Medikaments erfolgen. Bis das Wohlbefinden erreicht ist, sollte die Dosis schrittweise gesteigert werden.
2. By the mouth: Wenn immer möglich sollte das Arzneimittel oral verabreicht werden.
3. For the individual: Die Einordnung des Schmerzes nach: a) Schmerzcharakter (nozizeptiv versus neuropathisch versus gemischt); b) Ursprungsort des Schmerzbildes. Die Dosis soll nach individuellem Bedarf auftitriert werden, bis das persönlich akzeptable Schmerzniveau erreicht ist.
4. As Required: Es sollten immer Reservemedikamente verordnet werden.
5. Effektivität messen und dokumentieren, wie bereits im Abschnitt «Erfassung» beschrieben.
6. Attention to detail: Berücksichtigung der Tagesstruktur bei Festlegung des Einnahmezeitpunkts der Analgetika. Erstellung eines Medikamentenplans mit Basis- und Reservemedikation. Nebenwirkungen sollten besprochen, erfasst und wenn möglich behandelt werden.
Für die Einteilung der Analgetika hat sich die WHO-Stufenleiter bewährt (Abb. 2). Diese wurde 1986 erstmals als Hilfsmittel bei Tumorschmerzen empfohlen und seither stetig weiterentwickelt. Der Einsatz hat sich auch ausserhalb des Bereichs der Tumorschmerzen etabliert. Hierbei entspricht Stufe 1 Non-Opioiden, Stufe 2 und 3 den schwachen bzw. starken Opioiden. Zu den drei genannten Stufen wurde eine vierte hinzugefügt, welche interventionelle analgetische Verfahren beinhaltet, wie bsp. die intra­thekale Schmerztherapie. Zudem wurde die Medikamentengruppe der Co-Analgetika hinzugefügt. Von einem initial unidirektionalen Einsatz ist man zu ­einem bidirektionalen Einsatz übergangen (32).

WHO-Stufe 1: Non-Opioide (Tab. 2)

Paracetamol, ein schwacher Hemmer der Cyclooxygenase COX-2 und/oder COX-3, wirkt analgetisch und antipyretisch (33). Paracetamol verfügt über eine eher schwache analgetische Potenz, lässt sich aber gut mit Opioiden kombinieren (34). Bei 4 x täglicher Einnahme kommt es allerdings zu einer erheblichen Tablettenlast. Die langfristige Anwendung sollte somit auf die Patientinnen und Patienten beschränkt werden, die innert eines kurzen Zeitfensters einen klaren Nutzen zeigen (35). Bei älteren, untergewichtigen oder kachektischen Menschen oder bei Leberinsuffizienz resp. Äthylabusus soll die Dosis reduziert und die intravenöse Verabreichung vermieden werden. Die maximale Tagesdosis von 3 bis 4 g/d soll nicht überschritten werden. Paracetamol ist immer noch eine wichtige Ursache von akutem Leberversagen.

Metamizol (Dipyrone) ist bereits seit 1992 auf dem Markt (23). Der genaue Wirkmechanismus ist nach wie vor unklar. Es wirkt analgetisch, antipyretisch und schwach antiphlogistisch. Zudem hat es auch eine spasmolytische Wirkung, weswegen es oft bei viszeralen (kolikartigen) Schmerzen eingesetzt wird. Der Einsatz erfolgt in Monotherapie oder in Kombination mit Opioiden. Die Wirksamkeit auch in niedrigeren Dosen ist belegt. Die Kombination von Morphin und Metamizol kann eine verbesserte Schmerzlinderung erzielen. Obwohl es mit der seltenen, aber gravierenden Nebenwirkung der Agranulozytose assoziiert ist, gilt Metamizol bezüglich gastrointestinaler und nephrologischer Nebenwirkungen viel sicherer als die NSAR (30, 36, 37, 38, 39).

NSAR, Inhibitoren der COX-2 und COX-1, wie bspw. Ibuprofen oder Diclofenac, werden wegen ihrer potenziellen nephrologischen und gastrointestinalen Toxizität weniger häufig angewendet (38, 39). Ein gezielter Einsatz kann wegen der starken antientzündlichen Wirkung sinnvoll sein bei z.B. Knochenmetastasen, Weichteiltumoren oder Metastasen mit einer inflammatorischen Komponente. Für die Indikation Tumorschmerz ist kein NSAR dem anderen überlegen (40). NSAR haben zu der analgetischen auch eine gute antipyretische Wirkung (24, 29). Die selektiven Inhibitoren der COX-2 werden in der Palliativmedizin nur selten angewendet.

WHO-Stufe 2 und 3: Opioide

Opium ist ein Extrakt aus Mohn (Papaver somniferum), das Morphin und andere verwandte Alkaloide enthält. Es wird schon seit Tausenden von Jahren benützt zur Verbesserung des Schlafs, zum Auslösen von Euphorie, zur Analgesie und Behandlung von Diarrhoe. Die Struktur von Morphin wurde 1902 entdeckt, und seither wurden viele synthetische Opioide entwickelt (33). Opioide interagieren mit den Opioidrezeptoren. Es gibt vier verschiedene Opioidrezeptoren: µ, κ, δ und Opioid-like 1 (OPRL-1). Alle klinisch relevanten opioidhaltigen Analgetika sind Agonisten des µ-Rezeptors. Die Affinität für die übrigen Rezeptoren ist von Molekül zu Molekül unterschiedlich. Buprenorphin ist ein «mixed Agonist-Antagonist»-Analgetikum: Agonist am OPRL-1 und am µ-Rezeptor, Antagonist am κ- und δ-Rezeptor (29, 33, 43).

Auch die Nebenwirkungen, hauptsächlich gastrointestinal und zerebral, werden durch Interaktion mit den zentralen und peripheren µ-Rezeptoren verursacht und sind bei allen Molekülen ähnlich (33, 43). Insbesondere zu nennen sind die Nausea, vor allem zu Beginn der Therapie, und die Obstipation, welche unter der Behandlung bestehen bleibt. Zentrale Nebenwirkungen wie Sedation, Delir und Atemdepression oder auch Myoklonien weisen auf Erreichen des toxischen Bereichs hin. Sie bedingen eine Dosisreduktion oder allenfalls eine Antagonisierung mit Naloxon. Bei sorgfältiger Titration in das analgetisch therapeutische Fenster ist das Risiko einer Atemdepression gering (44).

Nach Twycross 2021 (44) steht bei Patientinnen und Patienten mit einer kurzen Überlebensprognose von Wochen bis Monaten die Schmerzlinderung im Vordergrund.

Zu den schwachen Opioiden der WHO-Stufe 2 zählen Codein, Tramadol und Tapentadol. Diese Stufe spielt in der Palliativmedizin nur eine untergeordnete Rolle (begrenzter Effekt, Maximaldosis, zahlreiche Nebenwirkungen, Interaktionen und Unmöglichkeit der Kombination mit Stufe 3). Deshalb ist der Einsatz von niedrig dosierten Stufe-3-Präparaten oft grösser und führt schneller zum Ziel. Aufgrund fehlender Verfügbarkeit von Stufe-3-Präparaten in vielen Ländern wurde die zweite Stufe jedoch belassen (29, 30, 31, 35, 45).

Die starken Opioide der WHO-Stufe 3 sind die Eckpfeiler der palliativmedizinischen Schmerztherapie. Als reine µ-Rezeptoragonisten stehen Morphin, Oxycodon +/– Naloxon, Hydromorphon, Fentanyl und Methadon zur Verfügung. Keines der genannten Präparate zeigte in systematischen Übersichtsarbeiten eine Überlegenheit gegenüber dem anderen (46). Es gibt grundsätzlich keine Kontraindikationen für starke Opioide, falls man mit der richtigen Dosis startet. Alle starken Opioide haben eine ähnliche Wirkung und Verträglichkeit. Bei der Wahl des Moleküls soll man die Verfügbarkeit und patienteneigenen Faktoren berücksichtigen. Morphin, Hydromorphon und Oxycodon sind die Moleküle der ersten Wahl (45). Ohne Kontraindikationen startet man meistens mit Morphin (47). Zu beachten sind die unterschiedlichen Potenzen. Fentanyl ist als potentestes der genannten Opioide zu werten, gefolgt von Hydromorphon, Oxycodon und Morphin. Dieses spiegelt sich in den Äquipotenzen wider, so entsprechen z.B. 4 mg Hydromorphon oral ca. 30 mg Morphin oral.

Ein paar Faustregeln sind bei Therapiebeginn insbesondere bei opioidnaiven Patientinnen und Patienten zu beachten (29):
01) Perorale Gabe von Morphin, wenn möglich
02) Start low – go slow: Mit tiefer Dosis starten, eintitrieren, bis das therapeutische Fenster (gute Analgesie mit minimalen Nebenwirkungen) erreicht ist (Tab. 3)

03) Kombination eines langwirksamen Präparats mit einem kurzwirksamen als Reserve (Bolus).
04) Dosis der Reserve = 1/10 bis 1/6 der Tagesdosis (z.B. bei einer Tagesdosis von 2 x 15 mg retardiertem Morphin ist die Dosis der Reserve 3 bis 5 mg kurzwirksames Morphin, 5 mg eher bei starken Durchbruchschmerzen, z.B. NRS ≥5). Diese Reserveboli können jede Stunde verabreicht werden. Die Wirksamkeit des Reservebolus soll dokumentiert werden, idealerweise 30 bis 45 Minuten nach der Verabreichung.
05) Die benötigte Gesamtdosis der Reserveboli pro 24 Stunden kann am nächsten Tag zur fixen Tagesdosis dazugerechnet werden. Bsp.: Wenn ein Patient mit 2 x 15 mg retardiertem Morphin die letzten 24 Stunden 3 Reserveboli à 3 mg Morphin benötigte, kann die Tagesdosis auf 2 x 20 mg des retardierten Morphins erhöht und die Reservedosis auf 4 mg kurzwirksames Morphin angepasst werden. Die Tagesdosis soll maximal um 50 % erhöht werden.
06) Bei Umstellung von peroral (p.o.) nach intravenös (i.v.) oder subkutan (s.c.) liegt der Umstellungsfaktor zwischen 1:2 und 1:3. Im Alltag hat es sich bewährt, wie folgt umzurechnen (BOX 1):
– p.o. nach s.c. 1:2
– p.o. nach i.v. 1:3


07) Starke Opioide (Stufe 3) mit Analgetika der Stufe 1 kombinieren
08) Keine Kombination von Stufe-2- und -3-Analgetika
09) Mit einer laxativen Therapie starten zur Vorbeugung von Obstipation
10) Die Nierenfunktion kontrollieren: bei Niereninsuffizienz wenn möglich Hydromorphon oder Fentanyl (transdermal) einsetzen
11) Zu Beginn der Opioidtherapie entwickeln Patientinnen und Patienten oft vorübergehend Nausea. Man kann während den ersten Tagen Antiemetika wie Domperidon oder Metoclopramid dazugeben, alternativ eine tiefe Dosis Haloperidol oder ein Kortikoid erwägen.

Im Folgenden soll noch auf zwei der starken Opioide gesondert eingegangen werden. Methadon ist wegen seiner stark variablen Halbwertszeit, seiner komplexen Dosierung, seiner unter anderem kardialen Nebenwirkungen und möglicher Stigmatisierung (Einsatz bei Opioid-Agonisten-Therapie) ein Molekül, das nur von Ärztinnen und Ärzten mit entsprechender Erfahrung angewendet werden soll (29). Buprenorphin als gemischter Agonist-Antagonist wird zur Analgesie in der Palliativmedizin sehr selten angewendet.

Falls bei ausgebauter Opioidtherapie eine suboptimale Schmerzkontrolle besteht und/oder unerträgliche Nebenwirkungen auftreten, kann eine Opioidrotation durchgeführt werden: Man rotiert das Molekül oder die Applikationsform. Bei Wechsel des Moleküls erfolgt eine Reduktion der Dosis um 20–30 %. Es gibt auch Karten mit Umrechnungstabellen oder gute Onlineapplikationen wie die des Universitätsspitals Zürich (48).
Liegen Organinsuffizienzen vor, soll vorsichtig und in reduzierter Dosis eintitriert werden. Bei schwerer Leberinsuffizienz gilt es, den Einsatz schwacher Opioide (Stufe 2) zu vermeiden. Generell findet sich eine höhere systemische Exposition der meisten Opioide, sodass eine Dosisreduktion um 50–75 % empfohlen wird. Beim Einsatz eines Oxycodon-Naloxon-Kombinationspräparats muss beachtet werden, dass bei mässiger bis schwerer Leberinsuffizienz Naloxon in der Leber weniger eliminiert wird und somit systemische Wirkung entfalten könnte, was die Wirkung des Oxycodons mindert. Hier sollte das Monopräparat Oxycodon genutzt werden.

Bei Niereninsuffizienz kumulieren Hydromorphon, Oxycodon und Fentanyl weniger bzw. gar nicht. Beachtet werden sollte der Einsatz geringerer Initialdosen, vorsichtige Titration und ein längeres Dosisintervall. Beim Einsatz von Morphin hingegen kommt es zur Kumulation von Metaboliten. Wenn ein Einsatz unumgänglich ist, kann eine sehr vorsichtige Titration (1.25–2.5 mg p.o./s.c. bei Bedarf) mit Wechsel auf ein Fentanyl TTS nach Erreichen der Schmerzkontrolle erwogen werden (35). In der Sterbephase ist der Einsatz von Morphin oft sinnvoll, da einfach verfügbar, i.v. und s.c. applizierbar.

Co-Analgetika in verschiedenen Indikationen

Die Behandlung neuropathischer Schmerzen kann he­rausfordernd sein. Als Erstlinientherapie gelten die selektiven Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren (SNRI) Duloxetin und Venlafaxin, die trizyklischen Antidepressiva (TZA), von denen einige auch in Tropfenform gegeben werden können, sowie die Antiepileptika Gabapentin und Pregabalin. Als Zweitlinientherapie werden die topischen Therapeutika Capsacin und Lidocain empfohlen. Zudem wird der Einsatz von Tramadol vorgeschlagen. Allerdings zeigt letztgenanntes oft nicht eine ausreichende analgetische Wirkung trotz der zusätzlichen Serotonin-Reuptake-Hemmung. Somit sind die starken Opioide als dritte Linie eine bessere Option. Kombinationen zwischen den Sub­stanzklassen sind sinnvoll (49).

Die Anwendung in dieser Indikation ist meistens «practice-based» und off-label, obwohl es mittlerweile viele randomisierte Studien zu verschiedenen Indikationen gibt, wie z.B. bei Taxan-induzierten neuropathischen Schmerzen (50). Neben Depression und Angststörung sind auch die diabetische und Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie Indikationen für den Einsatz von Duloxetin (51, 62). Wegen der Metabolisierung via CYP2D6 gibt es für Amitryptilin, Venlafaxin und Duloxetin viele Interaktionen und je nach Enzymaktivität verschiedene Phänotypen (slow, rapid intermediate Metabolizer), die beachtet werden müssen (52, 53).

Pregabalin und Gabapentin blockieren zentrale Calciumkanäle und hemmen so die Freisetzung von Neurotransmittern wie Glutamat und Noradrenalin. Obwohl als Antiepileptika entwickelt, werden sie aktuell hauptsächlich für die registrierten Indikationen bei neuropathischem Schmerz eingesetzt. Diese Substanzen werden wenig metabolisiert; daher sind Interaktionen seltener. Bei Niereninsuffizienz muss die Dosis reduziert werden, Gabapentin bietet in diesem Fall mehr Möglichkeiten (54, 55).

Bei Leberkapselschmerz, Kopfschmerzen wegen Hirnmetastasen, Obstruktion oder anderen Schmerzen als Folge von Überdruck und Ödem sind Kortikoide (Dexamethason oder Methylprednisolon) sehr hilfreich (24). Beim Einsatz von Dexamethason hat sich eine Dosis zwischen 4 und 16 mg/d bewährt.

Trotz manchmal euphorischer medialer Berichterstattungen gibt es bis jetzt keine Evidenz für Cannabis in der Schmerztherapie (56, 57).

Applikationsformen

Die orale Applikation ist vorzuziehen. Gewisse Arzneimittel können als Schmelztabletten (auf die Zunge, z.B. Lorazepam oder Domperidon) oder sublingual (unter die Zunge, z.B. Buprenorphin oder Nitroglycerin) verabreicht werden. Wenn Erkrankte schwächer werden, verwirrt sind, unter Nausea/Erbrechen oder an einer intestinalen Ob­struktion leiden, muss eine alternative Applikationsform gewählt werden. In der Palliativmedizin, vor allem zu Hause, ist dabei oft Kreativität gefragt. Siehe auch Fallbeispiel (BOX 2).

Die transdermale Verabreichung (Transdermale Therapeutische Systeme, TTS) ist für z.B. Buprenorphin und Fentanyl eine elegante und effiziente Lösung, wobei letztgenanntes häufiger genutzt wird. Wichtig ist, dass man genau weiss, welche Dosis notwendig ist, da das Eintitrieren wegen der langen Latenzzeit anspruchsvoll ist. Sie sind nicht für eine unkontrollierte Akutschmerzsituation als erstes Opioid geeignet. Für die Resorption muss ein ausreichendes subkutanes Fettpolster vorhanden sein. Für terminal erkrankte Menschen wird diese Anwendung nicht empfohlen.

Der subkutane Applikationsweg hingegen wird in der Palliativmedizin sehr häufig angewendet. Die Vorteile sind der einfache Zugang und die geringe benötigte Flüssigkeitsmenge. Mittels einer s.c.-Pumpe kann das Arzneimittel kontinuierlich verabreicht werden, die Reserven können als Boli s.c. gespritzt werden. Dieser Zugangsweg ist für sehr viele Moleküle geeignet, wenn auch meistens «off-label». Es besteht jedoch eine jahrelange Erfahrung in der Anwendung (58, 59, 60, 61). Als analgetische Substanzen werden Morphin und Hydromorphon verwendet. Für letzteres muss im ambulanten Einsatz eine Kostengutsprache gestellt werden. Nur bei Erkrankten mit ausgeprägten Ödemen, peripheren Durchblutungsverhältnissen (Resorptionsproblemen) oder Gerinnungsstörungen (Hämatomrisiko) wird die subkutane Verabreichung nicht empfohlen. Bis zu einer Thrombozytenzahl von 10 000/μl ist die s.c.-Gabe problemlos möglich (Erfahrungswert). Die intravenöse Verabreichung ist eine Alternative bei hohen Dosen mit zu grosser Flüssigkeitsmenge für die s.c.-Gabe. Für Notfallsituationen ist die in­travenöse Applikation vorzuziehen.

Kopfschmerzen aufgrund von primären Hirntumoren oder Metastasen sprechen häufig sehr gut auf Stufe-1-Analgetika an (Paracetamol/Ibuprofen/Novalgin). Können Betroffene nicht mehr schlucken, ist die rektale Gabe in Erwägung zu ziehen. Fixe Gaben können mit der Körperpflege oder dem Frischmachen nach Wasserlösen oder Stuhlgang verbunden werden.

WHO Stufe 4: Interventionelle Verfahren

Die intrathekale Schmerztherapie mit Opioiden über ein implantiertes Kathetersystem wird der WHO-Stufe 4 zugeordnet. Diese soll als Beispiel für interventionelle Therapien herangezogen werden. Sie kann eine Option bei komplexen Tumorschmerzen sein. Als mögliche Indikationen gelten:
– Therapierefraktäre Schmerzen mit nicht tolerierbarer Schmerzintensität und Beeinträchtigung der Lebensqualität
– Ungenügende Schmerzlinderung oder deutliche Nebenwirkungen durch konservative Opioidtherapie und Co-Analgetika
– Prognose einer kontinuierlichen/fortschreitenden Schmerzproblematik aufgrund des Tumorwachstums oder postinterventioneller Therapiefolgen
Vor einer Implantation müssen psychiatrische Erkrankungen ausgeschlossen bzw. stabilisiert sein, ebenso sollte eine Total-Pain-Komponente beachtet werden. Für eine Implantation ist immer ein stationärer Aufenthalt mit Abstimmung der involvierten Disziplinen notwendig. Auch muss die weitere ambulante Betreuung durch spezialisierte Pflegedienste und ein schmerztherapeutisch anästhesiologisches Team gewährleistet sein (BOX 3) (4).

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Zweitabdruck aus Therapeutische Umschau 04/2024

Dr. med.Mirjam Buschor-Bichsel

Zentrumsleiterin
Palliativzentrum
Leitende Ärztin
Schmerzzentrum
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

mirjam.buschor-bichsel@kssg.ch

Dr. med. MScAndrea Berendes

Leitende Ärztin Palliativzentrum
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

Prof. Dr. med. Katelijne De Nys

Leitende Ärztin, Stv. Zentrumsleiterin
Palliativzentrum
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen

Die Autorinnen haben keine Interessenkonflikte im ­Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Schmerzen sind in der Palliative Care bei unterschiedlichen Grunderkrankungen häufig und sollen unter dem bio-psycho-sozialen-spirituellen Aspekt erfasst und beurteilt werden.
  • Für die Schmerzanamnese kann das Akronym SOCRATES ­genutzt werden.
  • Die Klassifikation des vorliegenden Schmerzmechanismus ­(nozizeptiv, neuropathisch, gemischt) ist wichtig für die Wahl der Medikamente. Hierbei ist die WHO-Stufenleiter nach wie vor ein Hilfsmittel.
  • Die Erstellung eines Schmerzmanagementplans mit medikamentösen und nicht medikamentösen Massnahmen und
    die Besprechung desselben mit den Betroffenen und ihren ­Angehörigen ist ein wichtiger Teil der Schmerztherapie.
  • Eine umfassende Schmerztherapie beinhaltet, wenn immer möglich und sinnvoll, eine Behandlung der Grunderkrankung (z.B. Bestrahlung von Metastasen, Parkinson-spezifische ­Therapie).
  • Zur Schmerzlinderung sollte ein schrittweises Vorgehen ­angestrebt werden, z.B. als erster Schritt eine Verbesserung der Beschwerden in der Nacht.
  • Bei unzureichender Beschwerdelinderung oder herausfordernden Situationen sollte eine spezialisierte schmerztherapeutische ­Expertise beigezogen werden. «Never say: There’s nothing more I can do for you» (44).

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