Von der Auseinandersetzung mit dem eigenen ökologischen Fussabdruck über neue Erkenntnisse zu Kardiomyopathien bis hin zu optimierten Behandlungsstrategien für die akute Lungenembolie – in dieser Ausgabe präsentieren wir Ihnen drei Beiträge, die die Vielschichtigkeit der modernen Kardiologie beleuchten:
Der erste Artikel widmet sich einem Thema, das längst überfällig ist: Nachhaltigkeit in der Kardiologie. Der Gesundheitssektor verursacht weltweit 4–5 % der gesamten Treibhausgasemissionen – ein Anteil, der in Zeiten der Klimakrise nicht länger ignoriert werden kann. Der Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Zusammenhänge zwischen Medizin und Klimawandel, zeigt die grössten Emissionsquellen in der Kardiologie auf und diskutiert innovative Lösungen, um den ökologischen Fussabdruck zu reduzieren. Dabei wird deutlich: Jede Massnahme zählt – von energieeffizienten Geräten über nachhaltige Materialien bis hin zu klimafreundlichen Transportkonzepten.
Der zweite Beitrag dieser Ausgabe beschäftigt sich mit den häufigsten Kardiomyopathie-Formen und stellt die aktuellen pathophysiologischen Erkenntnisse, diagnostischen Verfahren und therapeutischen Konzepte vor. Neben der hypertrophen, der dilatativen und der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie wird auch eine neue, von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie definierte Entität – die nicht-dilatierte linksventrikuläre Kardiomyopathie – vorgestellt. Die Kardiomyopathien sind ein vielschichtiges Krankheitsbild, dessen Management sich, wie in vielen anderen medizinischen Fachgebieten, zunehmend individualisiert.
Abgerundet wird die Ausgabe durch einen Beitrag zur akuten Lungenembolie, einer der häufigsten Ursachen für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität. Die Autoren erläutern, wie entscheidend eine frühzeitige Diagnostik und Risikostratifizierung für das Patientenmanagement sind. Von der Antikoagulation im ambulanten Bereich bis hin zu lebensrettenden Reperfusionsmassnahmen im Rahmen spezialisierter Lungenembolie-Teams – der Artikel zeigt, wie sich interdisziplinäre und strukturierte Vorgehensweisen in der klinischen Praxis
bewähren.
Diese drei Artikel verdeutlichen, wie dynamisch sich die Kardiologie weiterentwickelt – sei es in Richtung Nachhaltigkeit, durch präzisere Diagnosen oder optimierte Therapieansätze. Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre und freuen uns auf angeregte Diskussionen zu diesen wichtigen Themen.
Kardiomyopathien sind Herzmuskelerkrankungen mit strukturellen und funktionellen Anomalien des Herzmuskels. In dieser Übersicht werden pathophysiologische Aspekte, die klinische Manifestation, die Diagnosestellung, die Risikostratifizierung und die neusten therapeutischen Konzepte der drei häufigsten Kardiomyopathieformen – hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), dilatative Kardiomyopathie (DCM) und arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) – aufgezeigt. Zusätzlich berichten wir über die in den Richtlinien für das Management von Kardiomyopathien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) von 2023 neu definierte Entität der nicht-dilatierten linksventrikulären Kardiomyopathie (NDLVC).
Cardiomyopathies are usually hereditary conditions of the heart muscle including structural and functional abnormalities. In this overview we cover pathophysiological aspects, clinical manifestations, diagnostics, risk stratification and the newest therapeutic concepts of the three most common forms of cardiomyopathy: hypertrophic cardiomyopathy (HCM), dilated cardiomyopathy (DCM), and arrhythmogenic cardiomyopathy (ARVC). Furthermore, we report on the newly described for of non-dilated left ventricular cardiomyopathy (NDLVC).
Key Words: hypertrophic cardiomyopathy, dilated cardiomyopathy, arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy, non-dilated left ventricular cardiomyopathy.
Einleitung
Kardiomyopathien sind Herzmuskelerkrankungen, bei denen der Herzmuskel strukturell und funktionell auffällig ist, ohne dass eine erkennbare Grunderkrankung vorliegt (1).
Obwohl viele dieser Erkrankungen genetisch bedingt sind, ist eine rein genetische Klassifikation in der klinischen Praxis weder sinnvoll noch möglich (2). Es ist wichtig zu erkennen, dass verschiedene Phänotypen von Kardiomyopathien innerhalb einer Familie koexistieren können und dass der Progress der Erkrankung beim einzelnen Patienten von einem Kardiomyopathie-Phänotyp zu einem anderen führen kann (3). Daher werden die Kardiomyopathien weiterhin nach morphologischen und funktionellen Kriterien eingeteilt, wobei es zu Überschneidungen zwischen den verschiedenen Formen kommen kann (2). Es ist daher nicht möglich, ein einziges Klassifikationsschema für alle möglichen Ursachen und Krankheitsbilder zu erstellen. So wurde in den ESC Guidelines 2023 die bestehende klinische Klassifikation aktualisiert, um neue phänotypische Beschreibungen aufzunehmen und die Terminologie zu vereinfachen, während sie gleichzeitig einen konzeptionellen Rahmen für Diagnose und Behandlung bietet (3). Es wird jedoch empfohlen, bei der Nomenklatur und Diagnose der Erkrankung nach dem bei der Präsentation vorherrschenden kardialen Phänotyp vorzugehen (3).
In diesem Artikel werden die drei häufigsten Formen der Kardiomyopathien beschrieben: die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), die dilatative Kardiomyopathie (DCM) und die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) sowie die neu definierte Entität der nicht-dilatierten linksventrikulären Kardiomyopathie (NDLVC).
Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)
Definition
Die HCM ist definiert als das Vorliegen einer erhöhten linksventrikulären Wanddicke (mit oder ohne rechtsventrikulärer Hypertrophie) oder Masse, die nicht allein durch abnormale linksventrikuläre Füllungszustände erklärt werden kann (3). (Abb. 1)
Die HCM ist eine relativ häufige genetisch bedingte Herzerkrankung, die in der Regel autosomal dominant vererbt wird und weltweit in allen Bevölkerungsgruppen vorkommt (1).
Pathogenese
Die Annahme einer morphologischen Krankheitsdefinition impliziert eine Reihe unterschiedlicher Ätiologien, die zu einer hypertrophen Kardiomyopathie führen können. Ca. 60 % aller Fälle sind auf Varianten in Genen für kardiale Sarkomerproteine, insbesondere in der schweren β-Myosinkette (MYH7) und dem Myosin-bindenden Protein C (MYPBC3) zurückzuführen (1). Erbliche Stoffwechselstörungen wie Morbus Fabry, infiltrative Speichererkrankungen wie Amyloidose, neuromuskuläre und endokrine Pathologien, Mitochondriopathien und genetische Syndrome verursachen etwa 5-10 % der Fälle. Für einige von ihnen gibt es kurative Optionen (4).
Die klassische sarkomerische Form der HCM ist typischerweise eine monogenetische Erkrankung. Das typische Erscheinungsbild mit diastolischer Dysfunktion und ventrikulären Arrhythmien wird durch die Dysfunktion des sarkomerischen Proteins und das dadurch verursachte adverse Remodelling verursacht. Auf zellulärer Ebene sind vor allem Veränderungen der Aktin-Myosin-Interaktionen und der Ca2+-Sensitivität zu verzeichnen. Für das Verständnis der aktuellen Therapieoptionen ist hier vor allem relevant, dass HCM-verursachende Genvarianten zu vermehrten kardialen Aktin-Myosin-Querbrücken, welche wiederum für hyperdynamische Kontraktionen und gesteigerten Energieverbrauch verantwortlich sind (1, 5, 6).
Klinik
Das klinische Bild der HCM kann sehr unterschiedlich sein. Es kann als Zufallsbefund bei einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt werden oder sich als Auftreten neuer Symptome wie Dyspnoe, Angina pectoris, Palpitationen und Synkopen oder sich im schlimmsten Fall primär durch einen Herzstillstand zeigen (5).
Diagnose
Bei Erwachsenen kann die klinische Diagnose einer HCM durch eine maximale enddiastolische Wanddicke von ≥ 15 mm in einem oder mehreren linksventrikulären Segmenten bei Fehlen anderer Ursachen der Hypertrophie, gemessen mittels Echokardiographie, Magnetresonanztomographie des Herzens oder Computertomographie definiert werden (1).
Wie bei allen Kardiomyopathien berichten die Patienten sehr unterschiedliche Beschwerden wie Dyspnoe, Thoraxschmerzen, Palpitationen, Synkopen oder Leistungsintoleranz, viele Patienten werden jedoch auch als Zufallsbefund diagnostiziert (3). Ein wichtiger Teil der Anamnese ist die Analyse des Stammbaums über drei Generationen bezüglich Herzerkrankungen, plötzlichem Herztod oder unklaren Unfällen, welche auf Synkopen hinführen könnten. Das 12-Kanal-EKG ist häufig pathologisch und kann daher ein hilfreiches Instrument sein, da Zeichen einer linksventrikulären Hypertrophie, ST-, T- sowie Q-Wellenanomalien nachgewiesen werden können. Ebenso wichtig ist das 24-Stunden-EKG, mit dem das Vorliegen nicht anhaltenden ventrikulärer Tachykardien dokumentiert wird und das Risiko eines plötzlichen Herztodes berechnet werden kann. Zusätzlich kann Vorhofflimmern erkannt und damit das Schlaganfallrisiko bestimmt werden (7).
Die Echokardiographie ist das wichtigste diagnostische Mittel bei der Abklärung einer HCM. Sie kann die Diagnose stellen, die Ursache der Symptome identifizieren und ist somit nützlich für das Therapiemanagement und schliesslich für die Risikostratifizierung des plötzlichen Herztodes (7).
Risikostratifizierung
Da die HCM als eine relevante Ursache für den plötzlichen Herztod vor allem bei jungen Menschen gilt, ist es ein Ziel, das Risiko für das Auftreten maligner Arrhythmien abzuschätzen und ein geeignetes Risikomodell zur Abschätzung der Häufigkeit zukünftiger kardialer Ereignisse zu finden, um diese durch die Implantation eines ICDs zu verhindern.
Die Empfehlung, die Überlebenden von SCD mit einem ICD zu versorgen, wurde bereits vor Jahren ausgesprochen; die Debatte über die Primärprophylaxe einer ICD-Implantation in der HCM-Population ist jedoch eine schwierigere Frage. Im Jahr 2014 haben O’Mahony et al. ein Risikoprädiktionsmodell, das nun von der ESC zur Stratifizierung des individuellen Risikos für SCD bei HCM und zur Unterstützung der Entscheidung für eine ICD-Implantation dient, vorgestellt (8). Da das Risiko für tödliche Arrhythmien über einen langen Zeitraum bestehen bleiben kann, ist es wichtig, das Risiko des Patienten regelmässig neu zu bewerten (1).
Management
Das Ziel der HCM-Behandlung besteht darin, die Symptome der Patienten (Angina Pectoris, Herzinsuffizienz, Synkopen, Palpitationen usw.) zu lindern und ein Fortschreiten der Krankheit sowie schwerwiegende kardiovaskuläre Komplikationen und den plötzlichen Herztod zu verhindern (1).
Das Hauptmerkmal, das bei HCM-Patienten zu Symptomen führt, ist das Vorhandensein einer linksventrikulären Ausflusstraktobstruktion, allgemein definiert als ein Doppler-Spitzengradient im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) von ≥ 30 mmHg (5).
Die Erstlinientherapie in dieser Situation umfasst nicht-vasodilatierende β-Blocker und bei Unverträglichkeit oder Unwirksamkeit Nicht-Dihydropyridin-Kalziumkanalblocker. Zusätzlich kann bei schlechtem klinischem Ansprechen das Antiarrhythmikum Disopyramid verabreicht werden (1).
Kürzlich wurde eine neue vielversprechende Therapie mit dem ersten kardialen Myosin-Inhibitor zugelassen. Mavacamten ist ein reversibler kardialer Myosin-Adenosintriphosphatase (ATPase)-Hemmer, der die Bildung von Aktin-Myosin-Kreuzbrücken reduziert und dadurch die Kontraktilität verringert und den Energiehaushalt des Herzmuskels verbessert. In der kürzlich veröffentlichten klinischen Studie zur Bewertung von Mavacamten bei Erwachsenen mit symptomatischer obstruktiver hypertropher Kardiomyopathie (EXPLORER-HCM), reduzierte Mavacamten den Gradienten des linksventrikulären Ausflusstrakts (LVOT) und verbesserte die körperliche Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit HCM und symptomatischer LVOT (NYHA II-III und EF >55%); 27% der Patienten, die Mavacamten erhielten, hatten eine Reduzierung des LVOT-Gradienten auf <30 mmHg und verbesserten sich in die NYHA-Klasse I (9). Diese Therapie hat bereits Eingang in die aktuellen Richtlinien gefunden (10).
Für Patienten mit persistierenden Symptomen trotz medikamentöser Therapie stehen invasive Optionen wie die Septum-Myektomie oder die Septum-Alkohol-Ablation in spezialisierten Zentren zur Verfügung. Die Therapie von HCM-Patienten mit Herzinsuffizienz (LVEF < 50 %) richtet sich nach den etablierten Leitlinien zur Herzinsuffizienz (1).
Vorhofflimmern ist die häufigste persistierende Arrhythmie bei HCM-Patienten, die bei etwa 20% der Patienten vorkommt und mit einer hohen Inzidenz thromboembolischer Ereignisse assoziiert ist. Eine orale Antikoagulation sollte daher bei jedem Patienten mit HCM und paroxysmalem, persistierendem oder permanentem Vorhofflimmern empfohlen werden, unabhängig vom CHA2DS2Vasc-Score, es sei denn, es besteht eine strenge Kontraindikation (3, 11).
Erwachsene Patienten mit HCM können auch eine atherosklerotische Koronararterienerkrankung (KHK) entwickeln. Die Berichte über die Prävalenz der KHK bei HCM variieren, aber bei bis zu 20 % der HCM-Patienten wurde eine koexistierende KHK festgestellt. Der Befund einer schweren KHK bei HCM-Patienten ist im Vergleich zu Patienten ohne KHK oder mit leichter bis mittelschwerer KHK mit einem reduzierten Gesamtüberleben, einem reduzierten Überleben ohne SCD assoziiert. Dieser Befund kann daher als zusätzlicher prognostischer Faktor bei der Beurteilung von Patienten mit HCM herangezogen werden (12).
Dilatative Kardiomyopathie
Definition
Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist definiert als linksventrikuläre oder biventrikuläre Dilatation sowie systolische Dysfunktion bei Fehlen einer ischämischen, hypertensiven oder kongenitalen Herzerkrankung (1). Die ESC klassifiziert die Kardiomyopathien als familiär oder nicht-familiär, je nachdem, ob ein genetisches Substrat vorliegt oder nicht (3). (Abb. 2)
Pathogenese
Es ist bekannt, dass DCM durch eine Reihe von Prozessen verursacht werden kann. Diese wird in der klinischen Praxis gerne als «nicht-ischämische Kardiomyopathie» bezeichnet. Diese Bezeichnung entspricht jedoch nicht dem heutigen Kenntnisstand, da DCM eine Familie von Krankheiten darstellt, die durch komplexe Wechselwirkungen zwischen Umwelt und genetischer Prädisposition gekennzeichnet sind (13). Selbst in Fällen mit scheinbar eindeutiger Ursache muss zusätzlich von einer genetischen Ursache ausgegangen werden. Patienten mit alkoholbedingter DCM weisen z.B. im Vergleich zu gesunden Probanden und Bevölkerungskontrollen signifikant häufiger seltene, proteinalterierende genetische Varianten auf (14). Bei bis zu 50% der Patienten mit DCM kann eine pathogene Genvariante gefunden werden (15). Auch wenn das Wissen um die genetische Grundlage der Erkrankung in der klinischen Praxis «akademisch» erscheinen mag, kann es für den Patienten von grosser Bedeutung sein, nicht nur, um ein Kaskadenscreening bei Familienmitgliedern anzubieten, sondern auch für die Risikoabschätzung von Patienten, da das Risiko für SCD bei DCM-Patienten mit einer desmosomalen oder Lamin A/C-Genvariante deutlich erhöht ist (15). Eine Besonderheit der DCM ist das breite Spektrum möglicher Ätiologien, die einen gemeinsamen pathogenetischen Weg zur Herzschädigung implizieren, unabhängig davon, ob es sich um eine umweltbedingte oder genetische Ursache handelt, die eine Entzündung auslöst und eine Infiltration von Immunzellen verursacht, um das geschädigte Myokard zu reparieren (1).
Klinik
Die klinischen Merkmale eines Patienten mit DCM hängen hauptsächlich mit Symptomen der Herzinsuffizienz zusammen, d. h. Dyspnoe, Müdigkeit und Leistungsintoleranz, Beinödeme, pulmonale Stauung oder durch Herzrhythmusstörungen, wie Herzklopfen, Schwindel oder Synkopen. Das Ausmass dieser Symptome hängt von der Schwere der links- oder biventrikulären Dysfunktion ab, und das Auftreten kann akut, subakut oder chronisch sein und unterschiedliche Ursachen haben (16). Zusätzlich können Befunde auftreten, die Hinweise auf die genetische Grunderkrankung liefern können, wie z.B. Muskelbeschwerden (3).
Diagnostik
Die diagnostischen Kriterien basieren auf der kardialen Bildgebung, in erster Linie auf der Echokardiographie zum Nachweis eines enddiastolischen linksventrikulären Volumens oder Durchmesser > 2 SD vom Normbereich, korrigiert für Alter und Körperoberfläche sowie einer Ejektionsfraktion < 50%. Eine Koronarangiographie kann zum Ausschluss einer begleitenden koronaren Herzkrankheit durchgeführt werden. Ein MRT des Herzens kann die Dilatation bestätigen und ist entscheidend für die Beurteilung von Ödemen/Fibrosen durch spätes Gadolinium-Enhancement, das stark auf eine Entzündung hinweist und somit für die prognostische Stratifizierung nützlich ist (17). Die Myokardbiopsie kann bei Verdacht auf eine Speicherkrankheit, bei infiltrativen Prozessen und bei möglicher entzündlicher Kardiomyopathie eingesetzt werden (1).
Das breite Spektrum unterschiedlicher Ursachen erfordert aufwendige Untersuchungen, um das phänotypische Bild der DCM von der tatsächlichen Pathologie zu unterscheiden, da die Identifizierung einer spezifischen Ätiologie eine krankheitsspezifische Behandlung ermöglichen oder auf die Notwendigkeit eines Familienscreenings hinweisen und Informationen über die Prognose liefern kann (1).
Eine detaillierte Familienanamnese (bis zur dritten Generation) und eine Anamnese der Noxenexposition, Blutuntersuchung auf Eisenspeicher, Nierenfunktion, Elektrolyte, Kreatinkinase, CRP, Schilddrüsenfunktion und 12-Kanal-EKG ist unerlässlich (1).
Risikostratifizierung
Die Vorhersage von SCD ist ein schwieriger Aspekt der klinischen Versorgung von Patienten mit DCM. Implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) sind wirksam bei der Behandlung lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhythmien und bei der Prävention des plötzlichen Herztods, sind aber auch mit Komplikationen verbunden, insbesondere bei jungen Patienten, die im Laufe ihres Lebens die ICDs mehrmals ausgetauscht werden müssen (3). In der Sekundärprävention ist entsprechend die Empfehlung zur ICD-Implantation unumstritten (3).
In der Primärprävention besteht bei symptomatischen Patienten mit einer LVEF von ≤ 35% eine Klasse IIa-Indikation zur ICD-Implantation (3). Bei Patienten mit einer LVEF von > 35% müssen aufgrund der vielfältigen Ätiologie der Erkrankung zusätzliche Risikofaktoren in Betracht gezogen werden (3). Daher ist es notwendig, nach Anzeichen für Formen der Krankheit zu suchen, die ein höheres arrhythmogenes Potenzial aufweisen. Red Flags sind genetische Erkrankungen, insbesondere hochgradig arrhythmogene Formen wie Laminopathien, schwere ventrikuläre Arrhythmien, plötzlicher Herztod in der Familienanamnese, Skelettmuskelbeteiligung, EKG-Anomalien und eine posterolaterale Akinesie in der Echokardiographie. In diesen Fällen oder bei eindeutiger Familienanamnese wird eine genetische Untersuchung empfohlen, um Varianten mit erhöhtem Risiko zu erkennen (18).
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass der Genotyp eine Rolle für das SCD-Risiko spielt, wobei Patienten mit krankheitsverursachenden Varianten in PLN, DSP, LMNA, FLNC, TMEM43 und RBM20 unabhängig von der LVEF eine signifikant höhere Rate an schweren Herzrhythmusstörungen aufweisen als Patienten mit anderen Ursachen für DCM unabhängig von der LVEF (3). Somit sollte beim Nachweis solcher Varianten eine ICD-Implantation in einem früheren Stadium evaluiert werden.
Die zunehmende Durchführbarkeit von Gentests in Verbindung mit der Verfügbarkeit diagnostischer Untersuchungen für DCM-Patienten könnte es in Zukunft ermöglichen, detailliertere Risikostratifizierungsschemata zu definieren (16).
Management
Neben der möglichen ätiologiebasierten Therapie ist die Standardtherapie der symptomatischen DCM mit reduzierter LVEF gemäss den aktuellen ESC-Leitlinien für Herzinsuffizienz wie folgt: Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren (ACE-I) oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB), in Verbindung mit β-Blockern, Mineralcorticoid-Antagonisten (MRA) und in ausgewählten Fällen Vasodilatatoren (19). In letzter Zeit wurden die Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin Inhibitoren (ARNI) und Ivabradin in die Liste der wirksamen Behandlungen für diejenigen, die nicht auf eine optimale medizinische Therapie ansprechen, hinzugefügt. Bei anhaltenden Symptomen (NYHA ≥ II) trotz optimaler Therapie, linksventrikulärer systolischen Dysfunktion (LVEF ≤ 35 %) und ventrikulären Asynchronie (QRS-Dauer ≥ 130 ms) ist eine kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) indiziert (19).
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) wird als eine dominant genetisch determinierte Herzmuskelerkrankung definiert. Die Pathologie ist durch einen fettig-fibrösen Ersatz des rechtsventrikulären (und linksventrikulären) Myokards charakterisiert (20). Klinisch kommt es zu ausgeprägten ventrikulären Arrhythmien und eine Beeinträchtigung der systolischen Funktion des Ventrikels (20). (Abb. 3)
Nomenklatur
Bezüglich der korrekten Nomenklatur für die Erkrankung besteht eine jahrelange Diskussion. Aktuell werden dominant zwei Termini parallel verwendet: (i) die «arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)», welcher die Dominanz der rechtsventriuklären Veränderungen betont und in den aktuellen ESC-Richtlinien verwendet wird (3). Linksventrikuläre Formen sollen somit als NDLVC diagnostiziert werden. (ii) Die «arrhythmogene Kardiomyopathie (ACM)», welche die biventrikulären, rechts- und linksventrikulären Formen unterstreicht und in den neuesten Diagnosekriterien verwendet wird (21). Wir haben uns für diesen Artikel für ARVC als Terminus entschieden.
Pathogenese
Die Pathogenese der ARVC beruht typischerweise auf Varianten in Genen, welche hauptsächlich für Proteine des kardialen Desmosoms, aber auch der Kernhülle, des Natriumkanals oder des Sarkomers kodieren (20). Die Desmosomen sind für die Zell-Zell-Adhäsion verantwortlich und wichtige Mediatoren der intra- und interzelluläre Signalwege. Der Verlust der Adhäsion zwischen den Myozyten führt dazu, dass sie sich voneinander lösen und es dann allmählich zum Absterben der Herzmuskelzellen kommt. Somit wird dies durch fibröses oder faserig-fettiges Gewebe ersetzt, welches oft durch Entzündungen vermittelt wird. Dieses gilt als wesentlicher Mechanismus der Kardiomyopathie (22, 23).
Der Trigger ist die körperliche Belastung, die diesen Adhäsionsdefekt verschlimmert, wobei der rechte Ventrikel stärker betroffen ist, da seine Wand dünner ist als die des linken Ventrikels (1). Die Myokardatrophie ist ein fortlaufender Prozess, welcher vom Epikard beginnt und sich in Richtung Endokard ausbreitet und schliesslich transmural wird. Somit kommt es zu einer progressiven Ausdünnung der Wände und schliesslich zur Aneurysmabildung (1). So wird bei Patienten, die kompetitiven Sport betreiben, ein früheres Einsetzen von Symptomen sowie ein höheres Risiko für ventrikuläre Arrhythmien beobachtet (24). In einigen Fällen verläuft dieser Prozess jedoch nicht kontinuierlich, sondern in Form von periodischen akuten Schüben einer ansonsten stabilen Erkrankung, die eine Myokarditis imitieren, was eine wichtige Rolle bei der Pathogenese des Phänotyps spielen könnte (1, 20). So zeigen eine Grosszahl der autoptisch untersuchten Herzen mit ARVC ein entzündliches Infiltrat (20).
Klinik
Die Symptomatik der ARVC kann stark variieren, und zwar von asymptomatischen Familienmitgliedern mit verborgenen strukturellen Anomalien und ohne Arrhythmien bis hin zu symptomatischen Patienten, die einen plötzlichen Herztod erleiden oder die sich aufgrund einer therapierefraktären Herzinsuffizienz einer Herztransplantation unterziehen müssen (1, 25). Die häufigste klinische Präsentation ist zur Abklärung unspezifischer kardialer Symptome wie z.B. Palpitationen, Dyspnoe oder Synkopen, oder aber, die Patienten werden wegen Arrhythmien oder zum Familienscreening vorstellig (26). Leider kommt es immer wieder vor, dass bislang komplett unauffällige Patienten sich erstmals mit einem plötzlichen Herztod manifestieren (20).
Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch verschiedene Modalitäten und wurde unter anderem durch die 2010 Task Force Kriterien (27) definiert, welche zuletzt durch die Padua-Kriterien ersetzt wurden, die auf verschiedenen Aspekten wie strukturellen Veränderungen, Depolarisations-/Repolarisationsstörungen, Arrhythmien und Familienanamnese beruhen (27). Um eine ARVC diagnostizieren zu können, müssen mindestens zwei unterschiedliche diagnostische Modalitäten eingesetzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass elektrische Veränderungen vor sichtbaren strukturellen Modifikationen auftreten können (28). Um die sichere Diagnose einer ARVC stellen zu können, müssen zwei Hauptkriterien oder ein Hauptkriterium und zwei sekundäre Kriterien oder vier sekundäre Kriterien aus verschiedenen Kategorien erfüllt werden. Für eine Borderline-Diagnose genügen ein Hauptkriterium und ein Nebenkriterium oder drei Kriterien aus verschiedenen Kategorien und für eine mögliche Diagnose ein Hauptkriterium oder zwei Nebenkriterien aus verschiedenen Kategorien (27).
Natürlicher Verlauf der Erkrankung
Der Verlauf der ARVC ist, wie bei allen Kardiomyopathien, höchst variabel und reicht von relativ oligosymptomatischen Patienten zu Patienten mit anhaltenden ventrikulären Arrhythmien, plötzlichem Herztod und Herzinsuffizienz. (25, 26, 29). Hier ist speziell zu erwähnen, dass der plötzliche Herztod als Endpunkt in allen Beobachtungsstudien relativ selten auftrat, obwohl durchschnittlich ein Risiko für anhaltende ventrikulären Arrhythmien von 3.7 – 10.6%/Jahr angegeben wird. (3) Dies hängt speziell damit zusammen, dass ARVC-Patienten öfters an anhaltenden ventrikulären Arrhythmien leiden, welche hämodynamisch gut toleriert werden und entsprechend nicht zu einem plötzlichen Herztod führen (3, 25).
Risikostratifizierung
Die grösste Herausforderung bei der Behandlung der ARVC ist nach wie vor die Risikostratifizierung für den plötzlichen Herztod und somit die Indikationsstellung für die ICD-Implantation. Das Hauptproblem bei der Indikationsstellung für einen ICD ist zwischen Komplikationen, fehlendem Nutzen und geretteten Leben abzuwägen. Basierend auf Daten zur jährlichen Mortalität in Verbindung mit Risikofaktoren teilt der Konsensalgorithmus der International Task Force die Patienten in drei verschiedene Risikokategorien ein (29). Das geschätzte Risiko für schwere arrhythmische Ereignisse liegt in der Hochrisikokategorie bei > 10 %/Jahr, in der Zwischenrisikokategorie zwischen 1 und 10 %/Jahr und in der Niedrigrisikokategorie bei < 1 %/Jahr. Kürzlich wurde in einer retrospektiven Studie mit ARVC-Patienten aus fünf Registern ein neues Modell zur Vorhersage des 5-Jahres-Risikos für ventrikuläre Arrhythmien bei ARVC vorgestellt, das vielversprechende, wenn auch nicht unumstrittene Ergebnisse liefert (31). Dieses Prognosemodell (ARVC Risk Calculator, www.arvcrisk.com) umfasst sieben Variablen: Geschlecht, Alter, kürzlich aufgetretene kardiale Synkopen (<6 Monate), nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardien, 24-Stunden-VES (ventrikulkäre Extrasystolen)-Anzahl, Anzahl der Ableitungen mit T-Wellen-Inversion in den präkordialen und inferioren Ableitungen und rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion (31). In der Originalpublikation wurde dieser Score jedoch nicht extern validiert. Mehrere Studien untersuchten die Leistungsfähigkeit des ARVC-Risikorechners in externen, unabhängigen Kohorten und zeigten, dass das Modell grundsätzlich Patienten mit einem erhöhten Risiko für ventrikuläre Arrhythmien gut identifiziert (32, 33). Es ist jedoch zu bemerken, dass der Rechner das Risiko für anhaltende ventrikuläre Arrhythmien – und nicht SCD – prognostiziert und dass das Risiko insgesamt, speziell aber bei Patienten mit niedrigem bis mittlerem Risiko, tendenziell überschätzt und die Aussagekraft bei Patienten Varianten in anderen Genen als PKP2 oder fehlenden pathogenen Varianten und nicht rechtsdominanten Formen der Erkrankung deutlich eingeschränkt ist (23, 33). Bislang wurde kein Schwellenwert validiert. Die ICD-Indikation sollte somit eine gemeinsame Entscheidung bleiben, die nicht nur auf dem Ergebnis des Scores, sondern auch auf der Gesamtbeurteilung des Patienten beruht (23).
Management
Das wichtigste klinische Ziel bei der Behandlung von ARVC ist die Verhinderung von SCD. Die derzeitigen therapeutischen Optionen umfassen Lebensstiländerungen, pharmakologische Optionen (β-Blocker und Antiarrhythmika), Katheterablation, ICD-Implantation und Herztransplantation (1).
Da körperliche Aktivität ein wichtiger Faktor ist, der die phänotypische Manifestation der Erkrankung favorisieren und damit lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmien begünstigen kann, empfehlen die aktuellen Leitlinien die Abstinenz von Leistungssport für alle betroffenen Patienten und für Patienten mit einem hohen Risiko aufgrund einer pathogenen Variante (3). Leichte bis mittelschwere körperliche Aktivität können je nach Situation in einem gewissen Ausmass empfohlen werden – je intensiver die Aktivität, desto seltener sollte sie ausgeübt werden, im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung (34).
Die Indikation für den Einsatz von β-Blockern bei ARVC beruht auf ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit zur Reduktion der Inzidenz schwerer ventrikulärer Arrhythmien und in der Behandlung der Herzinsuffizienz (35). Daher sollte eine β-Blocker-Therapie bei allen Patienten mit eindeutiger Diagnose einer ARVC, speziell mit ventrikulären Arrhythmien (auch VES) empfohlen werden (3). Die vorliegende Evidenz zeigt, dass die Therapie mit Antiarrhythmika (Amiodaron und Sotalol) keinen ausreichenden Schutz vor plötzlichem Herztod bietet (35). Ferner sollte eine antiarrhythmische Therapie in Betracht gezogen werden, um die Arrhythmielast bei symptomatischen Patienten mit häufigen vorzeitigen ventrikulären Kontraktionen und nicht anhaltenden ventrikulären Tachykardien zu reduzieren (29).
Patienten mit ARVC, die eine rechts- oder biventrikuläre Herzinsuffizienz entwickeln – laut Literatur bis zu 13 % –, werden gemäss den ESC-Leitlinien 2016 mit Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmern und Diuretika behandelt. Eine Herztransplantation kann die letzte Option bei schwerer Herzinsuffizienz sein, die auf die Standardtherapie nicht anspricht, oder bei unkontrollierbaren ventrikulären Tachyarrhythmien (25, 29). Zusätzlich sollte bei Patienten mit wiederholten appropriaten ICD-Therapien trotz β-Blockern eine Katheterablation der Kammertachykardien in Erwägung gezogen werden (3).
Die bisherige Definition von DCM und ARVC hat zur Folge, dass frühe und intermediäre Formen genetischer und erworbener Erkrankungen nicht genügend abgebildet wurden und somit das Risiko besteht, dass sie übersehen werden. Unter dieser Form werden Entitäten subsummiert, die früher z.B. als DCM ohne Dilatation, arrhythmogene linksventrikuläre Kardiomyopathie oder arrhythmogene DCM bezeichnet wurden. Bei dieser Form soll ein spezielles Augenmerk auf eine multiparametrische Abklärung, insbesondere auch die genetische Abklärung, geworfen werden, da die spezifische Ätiologie die klinische Behandlung beeinflusst. (Abb. 4)
Abkürzungen AAD Antiarrhythmische Medikamente ACE-I Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren ACM Arrhythmogene Kardiomyopathie ARB Angiotensin-Rezeptor-Blocker ARNI Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin Inhibitoren ARVC Arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy CRT kardiale Resynchronisationstherapie DCM Dilatative Kardiomyopathie ESC Europäische Gesellschaft für Kardiologie HCM Hypertrophe Kardiomyopathie ICD Implantable Cardioverter Defibrillator LVEF linksventrikuläre Ejektionsfraktion LVOT Linksventrikulärer Ausflusstrakt MRA Mineralcorticoid-Antagonisten MYBPC3 Myosin-bindendes Protein C MYH7 schwere β-Myosinkette 7 NDLVC Nicht-dilatierte linksventrikuläre Kardiomyopathie NYHA New York Heart Association SCD Plötzlicher Herztod VA Ventrikuläre Arrhythmien VES Ventrikuläre Extrasystolen
PD Dr. A. Vischer hat Honorare von Bristol Myers Squibb, Amarin, Servier, Medtronic, Vifor und NovoNordisk erhalten.
◆ Kardiomyopathien werden primär nach ihren Phänotypen eingeteilt und behandelt.
◆ In der Regel handelt es sich um genetische Erkrankungen mit entsprechenden Implikationen für die ganze Familie
◆ Die Risikostratifizierung beruht auf verschiedenen Faktoren, die LVEF allein ist in der Regel nicht ausreichend
◆ Für die hypertrophe Kardiomyopathie gibt es neu spezifische Therapieansätze.
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Die akute Lungenembolie zählt zu den häufigsten Ursachen für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität. Je nach Thrombuslast kann die Obstruktion im pulmonalen Kreislauf von leichter Rechtsherzbelastung bis hin zum Rechtsherzversagen und kardiogenen Schock führen. Eine rasche diagnostische Abklärung und Risikostratifizierung ist essenziell, um ehestmöglich eine adäquate Therapie einleiten zu können. Diese kann von einer Antikoagulation im ambulanten Setting bis hin zu kreislaufstabilisierenden Massnahmen und notfallmässiger Reperfusion durch ein multidisziplinäres, spezialisiertes Lungenembolie-Team reichen.
Epidemiologische Aspekte und Pathophysiologie der akuten Lungenembolie
Die akute Lungenembolie (LE) zählt zu den häufigsten Ursachen für kardiovaskuläre Morbidität mit einer jährlichen Inzidenz von 1 in 1000 Personen und einer Mortalität von bis zu 30 % in Hochrisikopopulationen (1-5). Die Ursache für die hohen Mortalitätsraten liegt hierbei in der akuten rechtsventrikulären Belastung mit resultierender Rechtsherzinsuffizienz bis hin zum kardiogenen Schock und Kreislaufstillstand (6).
Anatomisch ist der rechte Ventrikel (RV) muskelschwach, dünnwandig und dehnbar und ist durch eine Crescendo-Form an den dickwandigen starken linken Ventrikel (LV) angepasst (7). Dem RV nachgeschaltet befindet sich mit dem pulmonalen Kreislauf ein Niedrigdrucksystem, woraus sich eine deutlich geringere Nachlast ergibt, als dies für den LV mit dem nachgeschalteten Körperkreislauf der Fall ist. Ein physiologisch erhöhtes Herzzeitvolumen (z. B. unter körperlicher Belastung) kompensiert der pulmonale Kreislauf durch eine Rekrutierung der Mikrozirkulation. Die Anpassungsmechanismen des RV an eine akute Nachlasterhöhung sind jedoch deutlich schlechter ausgeprägt als beim LV. Durch seine Dehnbarkeit, kann er zwar grosse Blutvolumina fassen, jedoch ist das Schlagvolumen gegen einen erhöhten Widerstand stark eingeschränkt. Dies resultiert in einer paradoxen Verschiebung des interventrikulären Septums in Richtung des LV («D-Shaping» des LV Cavums), mit dadurch verminderter Füllung des LV, resultierender Output-Reduktion und reduzierter Perfusion der Koronararterien (Abb. 1). Dadurch, sowie durch den erhöhten Wandstress kommt es zu verminderter Perfusion des RV (8). Zusätzlich kommt es durch die RV-Erweiterung zu einer Erweiterung des Trikuspidalklappen-Annulus und als Konsequenz zu einer Trikuspidalinsuffizienz, wodurch der rechtsventrikuläre Vorwärtsfluss zusätzlich negativ beeinflusst wird (7).
Diagnostik und Risikostratifizierung der akuten Lungenembolie
Die akute LE kann sich mit einem variablen klinischen Erscheinungsbild in Hinblick auf Symptomintensität und Dauer präsentieren. Zu den häufigen Symptomen zählen Dyspnoe, Thoraxschmerzen, Präsynkopen oder Synkopen, sowie Husten und Hämoptysen. Weitere objektivierbare Faktoren im Notfallsetting umfassen eine Hypoxie, Hypokapnie, sowie typische EKG-Veränderungen (Zeichen einer Rechtsherzbelastung, SIQIIITIII Typ, Rechtsschenkelblock) (9).
Bei klinischem Verdacht auf eine akute LE ist das weitere Vorgehen massgeblich von der hämodynamischen Stabilität des Patienten abhängig (Abb. 2). Basierend auf der medizinischen Vorgeschichte und der klinischen Präsentation kann bei hämodynamischer Stabilität die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer LE erhoben werden. Zur verbesserten Quantifizierung stehen hierzu Tools wie der Wells Score oder der Geneva Score zur Verfügung. Bei geringer oder intermediärer Vortestwahrscheinlichkeit kann die Bestimmung des D-Dimers eine LE bereits weitestgehend ausschliessen (9). Bei hoher Wahrscheinlichkeit oder altersadaptiert erhöhtem D-Dimer sollte eine weitere Abklärung mittels pulmonaler Angio-Computertomographie (LE-CT) erfolgen, in welcher sowohl das Ausmass der LE selbst, als auch eine RV Dilatation (RV/LV ratio > 0.9) als Zeichen der Rechtsherzbelastung dargestellt werden können (10). Bei hämodynamisch instabilen Patienten kommt im primären Assessment der transthorakalen Echokardiographie eine besondere Rolle in der Beurteilung einer möglichen RV-Dilatation und Dysfunktion zu (11). Sollten diese vorliegen, kann bei umgehender Verfügbarkeit eines LE-CT dieses zur Bestätigung erfolgen, oder auch unmittelbar eine Reperfusionstherapie neben der hämodynamischen Stabilisierung erfolgen, um eine unnötige Verzögerung zu vermeiden (9).
Die akute LE mit ausgeprägter RV Belastung und hämodynamischer Instabilität wird gemäss Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC – European Society of Cardiology) als Hochrisiko – LE klassifiziert (9) und ist mit einer Mortalität zwischen 14 % und 29.8 % assoziiert (5). Am anderen Ende der Risikoskala stehen Niedrigrisiko – LE Patienten, welche weder Zeichen einer Rechtsherzbelastung in der Bildgebung, noch erhöhte kardiale Biomarker aufweisen. Zwischen den beiden extremen Risikogruppen, unterscheidet man bei symptomatischen Patienten zwischen intermediär-niedrigem und intermediär-hohem Risiko, je nachdem ob positive kardiale Biomarker oder ein Bildbefund einer RV Dysfunktion vorliegen (intermediär-niedrig), oder auch beide Befunde positiv ausfallen (intermediär-hohes Risiko) (9). Neben dieser Ampeleinteilung wird zur weiteren, objektivierten Risikostratifizierung auch der Pulmonary Embolism Severity Index (PESI) eingesetzt. Eine rasche Risikostratifizierung ist massgebend für das weitere Management hinsichtlich Monitoring und Therapie. (Abb. 3)
Therapie der akuten Lungenembolie
Die Initialtherapie der akuten LE umfasst die Korrektur der Hypoxämie mittels O2-Gabe bei Patienten mit einer Sauerstoffsättigung < 90 %. Die Spontanatmung sollte unbedingt erhalten bleiben, und nur bei zunehmender respiratorischer Erschöpfung oder auch insuffizienter spontaner Ventilation sollte eine mechanische Beatmungsunterstützung in Erwägung gezogen werden. Dabei ist es jedoch wichtig zu berücksichtigen, dass eine Beatmung ohne gewährleistete pulmonale Reperfusion keine Korrektur der Hypoxämie erwirken kann (9). Tatsächlich kann eine orotracheale Intubation und Allgemeinnarkose zu einer weiteren hämodynamischen Verschlechterung durch eine medikamentöse oder auch mechanische Überlastung des RV führen (9, 12–14).
Eine sofortige Antikoagulation mit unfraktioniertem (UFH) oder niedermolekularem (LMWH) Heparin ist bereits bei Patienten mit intermediärer oder hoher Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer LE indiziert, bis weitere Testresultate zur Verfügung stehen. Der Einsatz oraler Antikoagulanzien sollte erst nach Abschluss der Riskostratifizierung und finalem weiteren Therapieentscheid erfolgen. Dabei stellen direkte orale Antikoagulanzien (NOAK), aufgrund eines deutlich verbesserten Nutzen-Risiko Profils im Vergleich zu den traditionellen Vitamin-K-Antagonisten, die Therapie der Wahl für die weiterführende Antikoagulation nach stattgehabter LE dar (9). Die Dauer der Antikoagulation sollte dabei mindestens 3 Monate umfassen; je nach Ursache kann jedoch auch eine langfristige, dauerhafte medikamentöse Therapie zur Prophylaxe erneuter Thrombosen / Embolien empfohlen werden (15).
Eine systemische Thrombolyse, zusätzlich zur Antikoagulation, sollte nur bei ausgewählten Hochrisikopatienten, in welchen eine rasche Auflösung des thrombotischen Materials zur Entlastung des RV angestrebt wird, erwogen werden. Metaanalysen konnten dabei eine signifikante Reduktion der Mortalität und etwaiger LE Rezidive nach dem Einsatz einer systemischen Thrombolyse nachweisen, allerdings zum Preis eines deutlich erhöhten Blutungsrisikos (16, 17). Absolute und relative Kontraindikationen für eine Lysetherapie können Tab. 1 entnommen werden.
Die Langzeit-Überlegenheit der systemischen Thrombolyse im Hinblick auf funktionelles Outcome und Entwicklung einer chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie ist aktuell nicht gesichert. Neuere Methoden umfassen die Katheter-gesteuerte Lyse, sowie die chirurgische oder minimal-invasive Katheter-gestützte Embolektomie (9). Abb. 4 illustriert die aktuell meist-verwendeten Kathetersysteme, welche an spezialisierten Lungenemboliezentren zur minimal-invasiven Behandlung der akuten LE eingesetzt werden (18-20).
Management von schwangeren Patientinnen mit akuter Lungenembolie
Das Risiko für Thromboembolien ist in der Schwangerschaft bis zu fünffach erhöht. Pathomechanistisch sind hierbei alle Komponenten der Virchow’schen Trias involviert, durch Hyperkoagulabilität, reduzierten venösen Fluss bis hin zur Stase und endotheliale Schädigung aufgrund einer venösen Hypertension oder auch im Rahmen der Entbindung. Besondere Vorsicht ist im Rahmen der Schwangerschaft hinsichtlich des Einsatzes strahlungsintensiver Untersuchungsmethoden, sowie auch den gegebenen Therapielimitationen geboten, um einen raschen Behandlungserfolg bei möglichst geringem Risiko für Mutter und Kind zu gewährleisten (21).
Der von der ESC empfohlene Diagnose- und Therapiealgorithmus ist in Abb. 5 zusammengefasst. Bei hämodynamisch stabilen Patientinnen sollte aufgrund der verlässlicheren Pharmakokinetik und Sicherheitsaspekten eine Antikoagulation mit LMWH ehestmöglich eingeleitet werden, wobei auch UFH eingesetzt werden kann (9). NOAKs sind hingegen in der Schwangerschaft kontraindiziert und auch Vitamin-K-Antagonisten mit teratogenen Effekten assoziiert. Vorsicht ist beim Einsatz von LMWH auch hinsichtlich spinaler und epiduraler Punktionen geboten, wobei die Antikoagulation nicht innerhalb der ersten 4 h nach Entfernung eines Epiduralkatheters begonnen und ein solcher auch nicht innerhalb 24 h Stunden nach letzter LMWH-Applikation eingelegt werden sollte (9).
Diagnostisches Mittel der Wahl ist ein Kompressionsultraschall zur Suche nach einer tiefen Venenthrombose (TVT) der unteren Extremität (9). Etwa 30 % offenbar isolierter LEs sind mit einer stummen TVT assoziiert (21), sodass der duplexsonographische Nachweis einer solchen bereits die Behandlung einer LE rechtfertigt. Bei negativem Resultat kann ein Thoraxröntgen zum Ausschluss anderer Ursachen für die Symptomatik dienen. Sollte dennoch der Verdacht auf eine LE bestehen und weitere Diagnostik indiziert sein, ist im Rahmen der Nutzen-Risiko-Abwägung die Durchführung eines LE-CT empfohlen. Alternativ kann insbesondere bei normalem Thoraxröntgenbefund ein weniger strahlungsintensiver Ventilations/Perfusions (VQ)-Scan durchgeführt werden, sofern verfügbar. Bei Nachweis einer LE ist die Fortführung des LMWH empfohlen. Bei Hochrisiko-LE Patientinnen und entsprechender hämodynamischer Instabilität muss die Notwendigkeit einer umgehenden thrombolytischen Therapie oder auch Embolektomie evaluiert werden. Nach überstandenem Primärereignis sollte die weitere Betreuung der Schwangerschaft wie auch die Entbindungsplanung an einem interdisziplinären Zentrum mit entsprechender Expertise in der Behandlung der Lungenembolie und möglicher Komplikationen erfolgen (9).
Abkürzungen CT Computertomographie ESC European Society of Cardiology LE Lungenembolie LMWH Niedermolekulares Heparin LV Linker Ventrikel NOAK Neue orale Antikoagulanzien RV Rechter Ventrikel, rechtsventrikulär (s)PESI (simplified) Pulmonary Embolism Severity Index TTE Transthorakale Echokardiographie TVT Tiefe Venenthrombose UFH Unfraktioniertes Heparin VQ Scan Lung Ventilation Perfusion Scan
Copyright
Aerzteverlag medinfo AG
PD Dr. med. et phil. Dominik F. Draxler MBA
Zentrum für Lungenembolie
Klinik und Poliklinik für Kardiologie
Universitätsspital, Inselspital Bern
Freiburgstrasse 20
3010 Bern
Prof. Dr. med. Stefan Stortecky
Zentrum für Lungenembolien
Klinik und Poliklinik für Kardiologie
Universitätsspital, Inselspital Bern
Freiburgstrasse 20
3010 Bern
stefan.stortecky@insel.ch
Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
Etwa 45 % aller Patienten mit akuter LE weisen Zeichen einer RV Belastung auf, mit potenziell resultierender Rechtsherzinsuffizienz, welche bis hin zum kardiogenen Schock und Kreislaufversagen führen kann.
Eine rasche Diagnostik mittels bildgebender Massnahmen, sowie Risikostratifizierung auf Basis von hämodynamischen Merkmalen, RV-Belastung, (s)PESI-Score und Troponin-Bestimmmung ist essenziell und bestimmt das therapeutische Vorgehen.
Eine sofortige Antikoagulation ist die zentrale Therapiekomponente der akuten LE. Bei selektionierten LE Patienten mit intermediär-hohem oder hohem Risiko muss zudem eine rasche Reperfusionsstrategie evaluiert werden, wobei hier neben der systemischen Lyse heutzutage kathetergesteuerte Interventionen, und die chirurgische Embolektomie zur Verfügung stehen.
Schwangerschaft und die peripartale Phase stellen einen besonderen Risikofaktor für die Entwicklung einer akuten LE dar. Für die Diagnostik sollten primär strahlungsarme Massnahmen gewählt werden und Therapiestrategien durch ein interdisziplinäres Lungenembolieteam festgelegt werden, um die beste Option zum Wohlergehen von Mutter und Fötus zu gewährleisten.
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Symposiums, Prof. Corinna Brunckhorst und Prof. Firat Duru, beide von der Klinik für Kardiologie des Universitätsspitals Zürich, konnten über 90 hochkarätige Experten aus aller Welt im Hotel Belvoir in Rüschlikon begrüssen.
Ziel des diesjährigen Symposiums war es, die Grundlagen für das Consensus Dokument über die Genotyp basierten Guidelines zur Arrhythmogenen Kardiomyopathie (ARVC) zu schaffen. Das Management soll in Zukunft patientenspezifischer werden und dementsprechend war ein wichtiger Teil des Symposiums der genbasierten Diagnostik und Therapie gewidmet. Das dreitägige Symposium gliederte sich in 6 Sitzungen. Der erste Tag beinhaltete einen allgemeinen Überblick über die Pathologie, Pathophysiologie und Krankheitsmechanismen, die genetische Basis der Erkrankung, weiterhin über die Elektrokardiographie, Echokardiographie, Magnetresonanztomographie, Risikostratifizierung und den Einfluss von körperlicher Aktivität sowie die Präsentation der arrhythmogenen Kardiomyopathie im jungen Alter mit speziellen Betrachtungen für die pädiatrische Population.
Der zweite Tag beinhaltete zwei Sitzungen zu Genotypen: Plakophilin-2 (PKP2) Kardiomyopathie, Desmoglein-2 (DSG2/Desmocollin-2 (DSC2) Kardiomyopathie, Desmoplakin (DSP) Kardiomyopathie sowie Phospholamban (PLN) und Transmembranprotein 43 (TMEM43) Kardiomyopathie und am Nachmittag Plakoglobin (JUP), Desmin (DES), Filamin-C (FLNC) und Cadherin-2 (CHH2) Kardiomyopathie Anschliessend wurden die verschiedenen Therapiestrategien, wie Antiarrhythmika, Herzinsuffizenztherapien, Device Indikationen und die Katheterablation diskutiert.
Der letzte Tag begann mit Vorträgen zu immunsuppressiver Therapie und Gentherapie und endete mit der Roadmap zum Konsensus-Dokument und der Planung der nächsten Schritte.
Der folgende Bericht enthält einen Auszug aus den zahlreichen Präsentationen.
Allgemeine Sessionen I
Pathologie der Arrhythmogenen Kardiomyopathie
Prof. Christina Basso, Padua, und Prof. Jeffrey Saffitz, Boston, erinnerten zunächst an eine erste Publikation zum Thema aus dem Jahre 1982 (Marcus FI et al. Right ventricular dysplasia, a report of 24 adult cases. Circulation 1982;65:384-98), in der 24 Fälle von Erwachsenen mit ventrikulärer Dysplasie untersucht wurden. Die Autoren kamen zu folgendem Schluss: Die rechtsventrikuläre Dysplasie ist durch eine Anomalie in der Entwicklung eines Teils der rechtsventrikulären Muskulatur gekennzeichnet. Bei Patienten mit rechtsventrikulärer Dysplasie können ventrikuläre Tachykardien, supraventrikuläre Arrhythmien, Rechtsherzinsuffizienz oder asymptomatische Kardiomegalie auftreten.
Bei dem Versuch, die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie klinisch zu diagnostizieren, wurde eine Vielzahl von zum Teil aufwendigen bildgebenden Verfahren eingesetzt. Keines dieser Verfahren hat bisher so überzeugende Ergebnisse geliefert, dass es uneingeschränkt als Referenzverfahren angesehen werden kann. Die Schwierigkeiten in der klinischen Diagnostik der Erkrankung spiegeln sich auch in dem Vorschlag wider, die arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie/Kardiomyopathie anhand von Haupt- und Nebenkriterien zu diagnostizieren, ohne die Art der bildgebenden Verfahren zu berücksichtigen. Strukturelle, histologische, elektrokardiographische Arrhythmien und genetische Faktoren dienen als Arbeitsrahmen für eine bessere Erkennung dieser Erkrankung. Dies sollte zu einer besseren Darstellung des Stammbaums, zur Identifizierung der verantwortlichen Gene und zu einem besseren Verständnis des natürlichen Verlaufs führen. Diese Ansätze ermöglichen entweder eine präzisere klinisch-pathologische Diagnose oder im Idealfall eine Diagnose auf der Grundlage einer genetischen Anomalie.
Genetische Basis der ACM und genetische Testung
Die Themen von Prof. Peter van Tintelen, Amsterdam und Prof. Cindy James, Baltimore waren:
Genetische Basis der ACM / Rationale
• ACM-Gene
• Prinzipien der ACM-Vererbung
Genetische Testung
• Strategie für Genanalysen und Testauswahl
• Auswertung der Ergebnisse genetischer Tests
• genetische Beratung
• besondere Überlegungen – Kinder, reproduktive Entscheidungsfindung
ACM-Definition und phänotypische Klassifikation
Abb. 1
ACM/ARVC-assoziierte Gene
Die Referenten präsentieren eine internationale, evidenzbasierte Neubewertung von Genen, die mit ARVC in Verbindung gebracht werden, unter Verwendung des ClinGen Framework (Cynthia James et al Circ Genome Precis Med 2021 Apr 8.doi 10.1161/CIRCGEN .12000 3273).Bei der Verwendung des Ansatzes der Clinical Genome Resource zur Gen-Krankheits-Kuration wurden nur bei 8 Genen (PKP2, DSP, DSG2, DSC2, JUP, TMEM43, PLN und DES) eindeutige oder mäßige Hinweise auf ARVC gefunden, und diese Gene machten fast alle pathogenen/wahrscheinlich pathogenen ARVC-Varianten in ClinVar aus. Daher sollten nur pathogene/wahrscheinlich pathogene Varianten in diesen 8 Genen ein Hauptkriterium für die ARVC-Diagnose darstellen. Pathogene/wahrscheinlich pathogene Varianten, die in anderen Genen bei einem Patienten identifiziert werden, sollten eine weitere Phänotypisierung veranlassen, da Varianten in vielen dieser Gene mit anderen kardiovaskulären Erkrankungen in Verbindung stehen.
Definitive Gene sind DSP, PKP2, DSC2, DSG2, JUP, TMEM43. Moderate Gene: DES, PLN, umfasst auch CDH2 und FLNC.
ACM-Vererbung – die Grundlagen
In der Regel autosomal-dominant mit reduzierter altersbedingter Penetranz und variabler Expressivität. De-novo-Varianten sind selten. Es gibt Gen- und Genotyp-spezifische Ausnahmen.
James et al (Eur Heart J 2020;41:1393-1400) beschrieben ein neues Schwellenwertmodell für die ACM-Vererbung, bei dem mehrere Faktoren, einschließlich pathogener Varianten in bekannten ACM-Genen, genetischer Modifikatoren und Umweltexpositionen, insbesondere körperliche Aktivität, erforderlich sind, um einen Schwellenwert für die Krankheitsexpression zu erreichen. Die Autoren überprüften auch Best Practices für die Integration von Genetik -einschließlich jüngster Entdeckungen – in die Pflege von ACM-Familien und betonen den Nutzen des Genotyps sowohl für das Management betroffener Personen als auch für prädiktive Tests bei Familienmitgliedern.
Komplexität – multiple PLP- Varianten
Das Vorhandensein mehrerer pathogener Varianten in desmosomalen Genen (DSC2, DSG2, DSP, JUP und PKPs) bei Patienten mit ARVC wurde mit einem schweren Phänotyp in Verbindung gebracht. Die Pathogenität der Varianten wird jedoch häufig neu klassifiziert, was zu einer veränderten klinischen Risikovorhersage führen kann. In einer letztjährigen Publikation (Nagyova E et al. J Cardiovas Trans Res 2023) wurde die Erfassung, Reklassifizierung und Korrelation der klinischen Ergebnisse für die bisher grösste Serie von ARVC-Patienten, die mehrere desmosomale pathogene Varianten tragen (n = 331) zusammengestellt. Nach der Reklassifizierung bleiben nur 29% der Patienten Träger von zwei (Wahrscheinlich) pathogenen Varianten. Sie erreichten den zusammengesetzten Endpunkt (ventrikulärer Arrhythmien, Herzversagen durch Tod) deutlich früher als Patienten mit einer oder keiner verbleibenden reklassifizierten Variante. Die regelmässige Reklassifizierung von Varianten trägt zu einer genaueren Risikostratifizierung und einer anschliessenden klinischen Behandlungsstrategie bei.
Gentest:
Zunächst eine Familien- und Gentestanamnese durchführen.
Gentest-Geschichte:
• Hat der Patient einen vorherigen Gentest gehabt?
• Wurde eine ähnliche genetische Ursache bereits identifiziert?
• Wenn ein früherer Test negativ war, was war die verwendete Methodologie-Generationsstammbaum und die genetische Abdeckung?
Familienanamnese – Erhalte einen Dreigenerationen-Stammbaum
• Ist eine P/LP Variante bereits in der Familie bekannt?
• Gibt es eine bekannte genetische Diagnose in der Familie?
• Gibt es ein lebendes Familienmitglied mit signifikant jüngerer oder schwerer Krankheit?
• Verlasse Dich nicht auf Resultate von «Freizeit-Gentests»
ACM-Gentest – Methodik und Testspektrum
Gentest für präsymptomatische Testung
• LP/P Variante beim Probanden →präsymptomatisch (Kaskade) genetische Testung, Beratung
• (nur für die entsprechende Variante)
Gentest für Segregationsanalyse-VUS beim Probanden → VUS-Testung bei den Eltern/betroffenen Verwandten.
ACM Genetische Testung
• Analytische Validität (niemals 100%) Regeln der nationalen Verbände und Vorschriften
Kaskadentest
Es wird ACM -Probanden empfohlen allen jugendlichen und erwachsenen Verwandten ersten Grades eines G+ ACM betroffenen Verwandten Gentests anzubieten.
Molekulare Autopsie
Klinische Beratung:
Teste wenn möglich einen nicht betroffenen Verwandten
DNA- Bank sollte Betroffenen angeboten werden. Beratung über die relativ geringe Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnis. Idealerweise Konzentration auf wahrscheinliche Kandidaten-Gene, von denen bekannt ist, dass sie in kausalem Zusammenhang mit dem vermuteten Phänotyp stehen.
Klinischer Kontext des Gen-erst-Ansatzes bei ACM
Probanden – heterogene, existierende Guidelines
Molekulare Autopsie – sich abzeichnende Guidelines
Kaskaden genetische Testung (Verwandte – Konsistente starke fachliche Empfehlungen für Kaskaden-Gentests)
Zuerst Gen/sekundäre Findungskohorten – ACM Gene werden als Sekundärbefund empfohlen, wenn P/LP-Varianten entdeckt werden.
Genetische Beratung
Klinische Beratung; Die genetische Beratung ist ein integraler Bestandteil des ACM-Gentestverfahrens. Sie sollte sowohl die Bereitstellung von Informationen als auch psychosoziale Unterstützung umfassen.
Pädiatrische Gentests
Probanden /symptomatische Verwandte: Patienten, bei denen die Symptome in der Pädiatrie festgestellt werden – vor allem Probanden – haben oft einen schwereren Krankheitsverlauf. Gentests bei klinisch betroffenen pädiatrischen und adoleszenten Probanden werden empfohlen.
Asymptomatische Verwandte
Genetische Kaskadentests in der Pädiatrie können in Absprache mit dem Patienten und seiner Familie angebracht sein, um eine Entscheidung für ein kardiales Screening und eine bestimmte Lebensweise zu treffen. Das Testalter sollte sich nach dem Genotyp und der Familienanamnese richten und die Werte und Präferenzen der Familie einbeziehen.
Alle
Genetische Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen sollten eine umfassende genetische Bewertung vor dem Test beinhalten, um sowohl den medizinischen als auch den psychosozialen Auswirkungen der Testergebnisse zu besprechen.
Reproduktive Entscheidungsfindung
Klinische Beratung: Eine genetische Beratung sollte denjenigen angeboten werden, die über die Vererbung von ACM oder pränatale Gentests und reproduktive Optionen für die Familienplanung sprechen möchten. Verfügbarkeit und Leitlinien für diese Optionen sind eine wichtige Voraussetzung für die Entscheidungsfindung.
Herzkreislauf-Erkrankungen sind in der Schweiz die häufigsten nicht-übertragbaren Erkrankungen und leider weiterhin die Nummer 1 bei den Todesursachen. Das Wissen um die Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen ist in der Prävention essenziell. Wichtige seit Jahrzehnten bekannte behandelbare Risikofaktoren sind die Dyslipidämie, die arterielle Hypertonie und der Diabetes, hinzu kommen Nikotinabusus und Bewegungsmangel, welche mit Verhaltensänderung positiv beeinflusst werden können.
Im Artikel von Prof. Thomas und Dr. Andrea Rosenmann und Prof. Thomas F. Lüscher geht es darum, mittels eines Online-Fragebogens in einer medizinischen Laienzeitschrift die Kenntnisse bezüglich kardiovaskulärer Risikofaktoren in der Schweizer Bevölkerung abzuholen. Positiv war, dass die Mehrheit der 3166 Befragten ihre Gesundheit als gut bis sehr gut einstuften. Gut 64 % gaben an, ihren Blutdruck gut zu kennen, dagegen hatten nur 39 % Kenntnisse bezüglich ihrer Lipidwerte. Rauchen wurde als stärkster Risikofaktor eingeschätzt mit über 77 %, der Bewegungsmangel immerhin mit gut 75 %. Fazit ist, dass die befragte Schweizer Bevölkerung insgesamt über kardiovaskuläre Risikofaktoren gut orientiert ist. Wie aber steht es mit der Therapie der behandelbaren Risikofaktoren, respektive der Umsetzung des Wissens mit entsprechenden Verhaltensänderungen, insbesondere beim Rauchen und bei Bewegungsmangel? Was würde aktuell besser passen zum beginnenden Frühling, als sich nun endlich wieder mehr zu bewegen und das Erwachen der Natur aktiv zu erleben, sei es bei einer Velotour oder einfach beim zügigen Spazieren, denn durch die körperliche Aktivität werden auch die meisten anderen Risikofaktoren positiv beeinflusst.
Im Mini-Review von Melanie Kraus und Kriemhild Lippay erfahren Sie zudem, was vor und während der Therapie bei rheumatoider Arthritis in der Hausarztpraxis zu beachten ist. Der Artikel zeigt eine Übersicht über die Therapie-Optionen und das Screening und die Prophylaxe von Infekten, insbesondere unter den Disease-Modifying Anti-Rheumatic Drugs DMARDs, basierend auf den Empfehlungen der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) und der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie (SGR).
Wie üblich finden Sie in dieser Ausgabe weitere spannende Artikel und PRAXIS-Fälle.
Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre unseres neuen PRAXIS Heftes.
Prof. Dr. med. Dagmar Keller Lang
Chefärztin, Leiterin Notfall
Klinik Gut
7500 St. Moritz
Führt die Initiierung einer Statintherapie bei älteren Menschen zu weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen (1)?
Studienort
Hong Kong
Hintergrund
In vielen RCTs, die den Benefit einer Statintherapie zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen belegen, wurden ältere Menschen über 75 Jahren ausgeschlossen. Der Stellenwert einer Lipid-senkenden Therapie insbesondere in der Primärprävention in dieser hochbetagten Patientengruppe ist umstritten. In der Schweiz läuft eine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Studie zum Absetzten von Statinen bei Hochbetagten.
Ein- und Ausschlusskriterien
Eingeschlossen wurden Statin-naive Personen über 60 Jahren mit kardiovaskulären Risikofaktoren, bei denen eine Statintherapie nach Leitlinien indiziert war. Eine präexistente manifeste Herz-Kreislauf-Erkrankung oder frühere Vorbehandlung mit jeglicher Lipidsenkender-Therapie war Ausschlusskriterium.
Methode
Retrospektive Datenbankanalyse auf der Basis landesweiter elektronischer Patientenakten. Bei insgesamt 97 462 Personen mit entsprechender Indikation wurde zwischen 2008 und 2015 eine primärprophylaktische Statintherapie initiiert. Sie wurden drei Alterskohorten zugeteilt: der Gruppe der älteren Teilnehmer (75–84 Jahre), der Hoch-Betagten (≥ 85 Jahre) und den 60–74-Jährigen als Validierungskohorte. Zur Evaluation von Nutzen und Risiken der Behandlung erfolgte ein «propensity score matching» (Bildung von «Zwillingspaaren») mit gleich vielen Personen ohne Statintherapie pro Altersgruppe bei identischem kardiovaskulärem Risiko.
Outcome
Schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (CVDs wie Myokardinfarkt, Apoplex und Herzinsuffizienz) und Tod sowie schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (Myopathie und Leberschäden).
Ergebnisse
Analysiert wurde der Effekt einer «Intention to treat» (ITT) mit Initiierung einer Statintherapie und einer «per protocol» (PP)- Therapie bis Studienende auf die Risikoreduktion von CVDs und Mortalität gegenüber keiner Statintherapie. Auf Basis der absoluten Risikoreduktion (ARR) in der PP-Analyse wurde die Number Needed to Treat (NNT) ermittelt. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 5.3 Jahre.
In der Referenzgruppe (60–74 Jahre) waren die Ergebnisse übereinstimmend mit Daten aus randomisierten Studien. In der PP-Analyse wurde das 5-Jahres-Risiko für alle kardiovaskulären Ereignisse zusammen in der Statingruppe der 75–84-Jährigen um 21 % reduziert (ARR 5 %, NNT 20), bei den Hochbetagten (≥ 85 Jahre) noch effektiver mit 35 % (ARR 12.5 %, NNT 8). In der ITT-Analyse war die Risikoreduktion geringer, durchaus erwartungsgemäss bei gegenüber PP verkürzter Therapiedauer, aber ebenfalls noch statistisch signifikant mit einer 6 % relativen Risikoreduktion (ARR 1.2 %) bei den 75–84-Jährigen und ebenfalls wieder ausgeprägter bei den > 85-Jährigen mit 15 % (ARR 4.44 %). Auch in der Subgruppen-Analyse der einzelnen Erkrankungen und Gesamtmortalität ergab sich eine vergleichbar effiziente Risikoreduktion. In allen Altersgruppen zeigte sich kein signifikant erhöhtes Risiko für Myopathien oder Leberfunktionsstörungen.
Prof. Dr. Dr. med.Thomas Rosemann
Institut für Hausarztmedizin
Universitätsspital Zürich
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich
thomas.rosemann@usz.ch
Die Autorin und der Autor haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
• Ältere Menschen haben das höchste Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität. Die Studie zeigt eindrucksvoll, an einer grossen Population unter Real-Life-Bedingungen, wie Hochbetagte mit kardiovaskulären Risikofaktoren von einer neu initiierten Statintherapie profitieren.
• Der Nutzen der Statine war mit steigendem Alter zunehmend, die Therapie sicher, ohne vermehrte unerwünschte Medikamenteneffekte.
• Die Studie legt nahe, dass Patienten rein aufgrund ihres Alters und Angst vor Nebenwirkungen eine indizierte Statintherapie nicht vorenthalten werden sollte. Der Therapieentscheid sollte vielmehr individuell unter Berücksichtigung der Komorbiditäten und Lebenserwartung und vom Patientenwunsch erfolgen.
• Die Ergebnisse passen zu aktuellen Arbeiten, die einen Benefit durch Statine sogar bei hochbetagten (medianes alter 82,9 Jahre) Pflegeheimbewohnern zeigten (2).
1. Xu W, Lee AL, Lam CLK, Danaei G, Wan EYF. Benefits and Risks Associated With Statin Therapy for Primary Prevention in Old and Very Old Adults : Real-World Evidence From a Target Trial Emulation Study. Ann Intern Med. 2024 Jun;177(6):701-710. doi: 10.7326/M24-0004. Epub 2024 May 28. Erratum in: Ann Intern Med. 2024 Aug;177(8):1144. doi: 10.7326/ANNALS-24-01062. PMID: 38801776.
2. O’Sullivan JL, Kohl R, Lech S, Romanescu L, Schuster J, Kuhlmey A, Gellert P, Yasar S. Statin Use and All-Cause Mortality in Nursing Home Residents With and Without Dementia: A Retrospective Cohort Study Using Claims Data. Neurology. 2024 Mar 26;102(6):e209189. doi: 10.1212/WNL.0000000000209189. Epub 2024 Feb 27. PMID: 38412394.