Kardioprotektive Ernährung: Evidenzbasierte Strategien bei koronarer Herzkrankheit

Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen weltweit die häufigste Todesursache dar (1). Eine gesunde Lebensweise und insbesondere eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten sind ein wesentlicher Bestandteil bei der Vorbeugung und Behandlung der koronaren Herzerkrankung (2). Trotz der grossen Relevanz von Ernährungs-assoziierten Faktoren in der Pathogenese der koronaren Herzerkrankung sind eine routinemässige Erfassung des Ernährungsstatus sowie eine strukturierte Beratung hinsichtlich präventiver Ernährungsinterventionen durch geschultes Fachpersonal in vielen Institutionen nicht etabliert. In diesem Artikel werden die Zusammenhänge von Ernährungsfaktoren im Rahmen der koronaren Herzerkrankung erläutert sowie aktuelle Empfehlungen zum Gewichtsmanagement und zu einzelnen Nahrungsmitteln hinsichtlich der kardiovaskulären Prävention dargestellt.

Cardiovascular diseases are the most common cause of death worldwide (1). A healthy lifestyle and, in particular, changes to dietary habits are an essential part of the prevention and treatment of coronary heart disease (2). Despite the great relevance of nutrition-related factors in the pathogenesis of coronary heart disease, routine assessment of nutritional status and structured counselling on preventive nutritional interventions by trained professionals is not established in many institutions. This article explains the links between dietary factors and coronary heart disease and presents current recommendations on weight management and individual foods with regard to cardiovascular prevention.
Keywords: Koronare Herzerkrankung (KHK), Atherosklerose, Übergewicht, Adipositas, herzgesunde Ernährung

Einfluss der Ernährung auf atherosklerotische Prozesse

Die Atherosklerose ist gekennzeichnet durch chronische inflammatorische Prozesse innerhalb der Gefässwände, die zu einer zunehmenden Funktionsstörung des Endothels, Lipideinlagerungen und Plaquebildungen führen. Eine übermässige Nahrungsaufnahme mit Ansammlung von metabolisch ungünstigem Fettgewebe im Körper sowie westliche Ernährungsmuster tragen zu einer chronischen Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen im Körper bei (3, 4). Hingegen zeigen Studien, dass bestimmte, eher pflanzlich-betonte Ernährungsmuster mit niedrigeren Entzündungsmarkern im Blut einhergehen und mit geringeren atherosklerotischen Gefässveränderungen assoziiert sind (5, 6, 7). Insbesondere eine mediterrane Ernährung scheint sich protektiv hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse auszuwirken, so dass diese in den aktuellen Leitlinien empfohlen wird (8, 9, 10).

Es ist wichtig zu betonen, dass weniger die Auswahl einzelner Lebensmittel, sondern vielmehr das gesamte Ernährungsmuster eines Individuums einen Einfluss auf die kardiovaskuläre Mortalität zu haben scheint (11). Dementsprechend muss die Anwendung von zeitlich begrenzten Diäten oder die Zufuhr einzelner Nahrungsergänzungsmittel kritisch betrachtet und stattdessen eine langfristige, individuell an Alter, Gewicht, Lebensgewohnheiten und das kardiovaskuläre Risiko angepasste Ernährungsumstellung mit potenziell protektiven Nahrungsbestandteilen angestrebt werden (12).

Übergewicht und Adipositas bei kardiovaskulären Erkrankungen

Das Vorhandensein von Übergewicht (WHO-Definition: BMI 25 bis < 30 kg/m2) oder Adipositas (WHO-Definition: BMI ≥ 30 kg/m2) begünstigt einerseits die Entstehung von kardiovaskulären Risikofaktoren (u. a. arterielle Hypertonie, Dyslipidämie und Typ-2-Diabetes) und ist anderseits auch direkt mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert (13). Insbesondere das viszerale Fettgewebe trägt, am ehesten durch eine Ausschüttung von proinflammatorischen und proatherogenen Zytokinen, zu einem erhöhten kardiometabolischen Risiko bei (14).

Obwohl Übergewicht und Adipositas prinzipiell durch ein Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch zu erklären sind, sind die Ursachen komplex und multifaktoriell zu betrachten. Sowohl genetische, intrauterine und hormonelle Einflüsse als auch frühkindliche und lebenslange Gewohnheiten können die individuelle Entwicklung von Übergewicht beeinflussen, wobei die Zunahme in den letzten Jahrzehnten stark durch gesellschaftliche Faktoren (z. B. leichter Zugang zu stark verarbeiteten Lebensmitteln, veränderte Essgewohnheiten und vermehrt sitzender Lebensstil) begünstigt wurde (15, 16). Da es insbesondere im Erwachsenenalter schwierig ist, empfohlene Ernährungsinterventionen langfristig aufrechtzuerhalten und kalorienreduzierte Diäten häufig mit einer erneuten Gewichtszunahme einhergehen, sollte in der Gesellschaft die Prävention von Übergewicht und Adipositas bereits in frühen Lebensjahren im Vordergrund stehen. Ansätze zur Gewichtsreduktion bei erwachsenen Patienten umfassen eine Kombination aus regelmässiger körperlicher Aktivität, quantitativen und qualitativen Anpassungen der Ernährungsgewohnheiten und allenfalls psychologischen Interventionen, die je nach Ausprägung der angestrebten Gewichtsreduktion mit pharmakologischen oder bariatrischen Verfahren ergänzt werden können (2).

Diätetische Interventionen zur Gewichtsreduktion zielen meist auf eine reduzierte Kalorienzufuhr mit einem Energiedefizit von 500-750 kcal/Tag ab, die jedoch an das individuelle Körpergewicht und an vorliegende Begleiterkrankungen angepasst werden müssen (17). Dies kann durch verschiedene Strategien, wie z. B. durch eine Verkleinerung der Portionsgrösse, Vermeidung von ungesunden Zwischenmahlzeiten, Reduktion von freiem Zucker und hochverarbeiteten Lebensmitteln sowie durch eine Verringerung des Alkoholkonsums erzielt werden. Die Erhöhung des Proteingehaltes (1,0–1,2 g pro kg Körpergewicht) trägt zu einem verstärkten Sättigungsgefühl und zur Vermeidung eines Muskelverlustes (in Kombination mit körperlicher Aktivität) bei (18). In der SELECT-Studie konnte zudem durch eine pharmakologisch induzierte Gewichtsreduktion mittels GLP1-Rezeptoragonisten (Semaglutid) bei Patienten mit einem BMI ≥27 kg/m2 und bereits bestehender kardiovaskulärer Erkrankung das Risiko eines unerwünschten kardiovaskulären Ereignisses (Tod durch Herz-Kreislaufversagen, Herzinfarkt oder Schlaganfall) signifikant reduziert werden, wobei diese Effekte nicht allein auf die Gewichtsreduktion zurückzuführen sind (19).

Ernährungsempfehlungen zur Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen

Fleisch und Fisch

In einigen Metaanalysen prospektiver Beobachtungsstudien konnte eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei vermehrtem Fleischkonsum aufgezeigt werden, wobei eine starke Heterogenität in den Studienergebnissen zu beobachten ist (20, 21). Diese Heterogenität ist am ehesten aufgrund der Tatsache zu erklären, dass einerseits zwischen verschiedenen Fleischsorten mit unterschiedlichem Fett- und Eisengehalt sowie andererseits zwischen verschiedenen Verarbeitungsprozessen des Fleisches, vor allem durch Einsatz von Konservierungsstoffen wie Salz, Nitrit- und Nitratzusätzen, unterschieden werden muss. Insbesondere der Konsum von verarbeitetem Fleisch (z. B. Speck, Wurst, Salami) zeigt eine starke Assoziation mit kardiovaskulären Endpunkten, während unverarbeitetes «rotes Fleisch» (z. B. Rind- oder Schweinfleisch) eine weniger eindeutige und «weisses Fleisch» (z. B. Hühnchen- oder Truthahnfleisch) keine signifikante Assoziation bezüglich der kardiovaskulären Mortalität aufweist (22, 23, 24). Basierend auf diesen Erkenntnissen wird derzeit ein Fleischkonsum nur in moderaten Mengen (zwei bis drei Portionen je 100 g pro Woche), bevorzugt als möglichst unverarbeitetes und «weisses» Fleisch, empfohlen (25).

Ein regelmässiger Fischverzehr ist hingegen mit einer signifikant verringerten Inzidenz und Mortalität für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, wobei auch diesbezüglich regionale Unterschiede aufgrund verschiedener Fischsorten, Zubereitungsprozesse und einer möglichen Kontamination mit Schadstoffen diskutiert werden (24, 26, 27). Die Vorteile des Fischkonsums im Hinblick auf die Prävention von Atherosklerose werden im Allgemeinen auf den höheren Gehalt an langkettigen Omega-3-Fettsäuren in fettreichen Fischen (z. B. Lachs, Hering, Makrele) zurückgeführt. Als Mechanismen für die protektiven Effekte der Omega-3-Fettsäuren, zu denen unter anderem die Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) gehören, werden eine Optimierung des Lipidprofils, eine verbesserte Endothelfunktion und Plaquestabilität sowie eine Modulation von inflammatorischen und immunologischen Prozessen diskutiert (28, 29). Der tatsächliche Effekt der Omega-3-Fettsäuren auf kardiovaskuläre Ereignisse in der klinischen Praxis und insbesondere die Empfehlung einer zusätzlichen Supplementation wird jedoch weiterhin kontrovers diskutiert (30, 31, 32). In den aktuellen europäischen Leitlinien der Kardiologie wird daher ein Fischkonsum von ein bis zwei Portionen pro Woche empfohlen (10). Ein noch höherer Fischkonsum muss auch aus Gründen der Nachhaltigkeit angesichts der weltweiten Überfischung der Meere kritisch hinterfragt werden. Die zusätzliche Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren (in Form von 2 x 2 g Icosapent-Ethyl) kann hingegen bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko und erhöhten Triglyceridwerten (>1.5 mmol/L bzw. 135 mg/dl) trotz Statintherapie erwogen werden (10).

Gemüse und Früchte

Der Konsum von Obst und Gemüse ist dosisabhängig mit einem signifikant niedrigeren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert (23, 33, 34). Bei häufigem Verzehr von Obst ist jedoch eine erhöhte Kalorienaufnahme durch einzelne Obstsorten mit hohem Anteil an schnell resorbierbaren Kohlenhydraten (z. B. Trauben, Ananas) zu vermeiden. Die vorteilhaften Effekte von Obst und Gemüse werden vorwiegend auf ihren hohen Ballaststoffgehalt und die enthaltenen Polyphenole zurückgeführt, welche günstige Auswirkungen auf den Glukose- und Lipidstoffwechsel sowie antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen (35). In den Empfehlungen der europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird der Verzehr von jeweils mindestens 200 g Obst und Gemüse pro Tag empfohlen (10).

Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte

Der Konsum von raffinierten Getreideprodukten, die einen hohen glykämischen Index aufweisen (z. B. Weissmehlprodukte), ist mit einem gesteigerten Atheroskleroserisiko assoziiert (36). Hingegen wirkt sich der Ersatz der raffinierten Kohlenhydrate durch Vollkornprodukte aufgrund des erhöhten Nahrungsfasergehaltes, der Dichte an gesunden Nährstoffen (u. a. Vitamine, Spurenelemente) sowie der vorteilhaften postprandialen Effekte, günstig auf das metabolische und kardiovaskuläre Risiko aus (23, 37). Des Weiteren ist auch der regelmässige Verzehr von Hülsenfrüchten, die neben einem hohen Gehalt an Proteinen und Nahrungsfasern zusätzliche sekundäre Pflanzenstoffe beinhalten, mit einer Reduktion des kardiovaskulären Risikos verbunden (25, 38, 39). In den Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird die erhöhte Zufuhr von Nahrungsfasern (30 – 45 g pro Tag) mit Hilfe von Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten sowie Obst und Gemüse empfohlen (10).

Nahrungsfette

In Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko scheint mehr die Zusammensetzung der Nahrungsfette als die absolute Menge in der Ernährung von Bedeutung zu sein. Insbesondere Lebensmittel mit einem hohen Anteil an industriell produzierten Transfettsäuren (z. B. Backwaren, frittierte Nahrungsmittel) sind mit einem höheren Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und plötzlichen Herztod assoziiert (40). Gesättigte Fettsäuren (v. a. tierische Lebensmittel, wie Fleisch und fettige Milchprodukte) sollten möglichst durch ein- und mehrfach ungesättigte Fette (z. B. fetter Fisch, pflanzliche Öle, Nüsse und Hülsenfrüchte) ersetzt werden (41, 42, 43). Pflanzliche Speiseöle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, wie natives Olivenöl und Leinsamenöl, wirken sich im Gegensatz zu Palm- oder Kokosöl, unter anderem aufgrund des hohen Gehaltes an Öl- und Linolsäure sowie Tocopherol (Vitamin E), vorteilhaft auf das Lipidprofil und kardiovaskuläre Risiko aus (44). Bei Umsetzung einer «fett­armen» Ernährung ist hingegen darauf zu achten, dass dies nicht durch einen erhöhten Anteil an raffinierten Kohlenhydraten kompensiert wird, da dies mit einem erhöhten Risiko für Adipositas, Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen einhergeht (25).

Milchprodukte und Eier

Aufgrund des hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren wurde bis vor wenigen Jahren von fettreichen Milchprodukten in der Ernährung abgeraten. Allerdings enthält diese sehr heterogene Gruppe an Lebensmitteln auch viele vorteilhafte Bestandteile, wie mittelkettige gesättigte Fette, verzweigtkettige Aminosäuren, Vitamin K und Kalzium (45). Sowohl fettreiche als auch fettarme Milchprodukte zeigen bis zu einem Verzehr von 200 g pro Tag keine signifikanten Assoziationen mit dem Auftreten einer koronaren Herzerkrankung (46). Ein moderater Konsum von Milchprodukten, auch mit höherem Fettanteil, ist daher unter Berücksichtigung der Gesamtenergiezufuhr vertretbar (25).

Hinsichtlich des Konsums von Eiern finden sich in den vergangenen Jahren teils widersprüchliche Ergebnisse. In mehreren Metaanalysen konnte durch einen moderaten Verzehr (max. 1 Ei pro Tag) kein signifikant erhöhtes kardiovaskuläres Risiko nachgewiesen werden (47, 48, 49). Hingegen liess sich in Populationen, die bereits eine erhöhte Aufnahme von Nahrungscholesterin und gesättigten Fettsäuren in der Ernährung aufweisen, durchaus eine dosis­abhängig gesteigerte kardiovaskuläre Mortalität durch den vermehrten Konsum von Eiern feststellen (50, 51, 52). Eine mögliche Ursache für die heterogenen Ergebnisse können unter anderem auch verschiedene Zubereitungsarten sowie eine individuell variable Reaktion auf diätetisches Cholesterin, insbesondere bei bereits bestehender Hyperlipidämie, sein (53). Zusammenfassend sollte daher eine Begrenzung des Konsums von Eiern, vor allem bei Patienten mit bereits bestehender koronarer Herzerkrankung, diskutiert werden (25).

Salzkonsum

Trotz komplexer physiologischer Zusammenhänge und teils heterogener Studienergebnisse lassen sich durch eine Verringerung des Salzkonsums in der Nahrungsaufnahme positive Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System, welche über den Effekt einer Blutdrucksenkung hinausgehen, erkennen (54). In einer vor wenigen Jahren publizierten Metaanalyse aus 24 Kohortenstudien konnte demnach ein linearer Zusammenhang zwischen der Höhe der nutritiven Salzaufnahme und dem Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen nachgewiesen werden (55). Derzeit wird in den Empfehlungen der Kardiologie eine Reduktion des Salzkonsums auf unter 5 g pro Tag (entspricht ca. 2,3 g Natrium) angestrebt, wobei dies in der Regel nur durch den Verzicht auf hochprozessierte Nahrungsmittel in unserer Ernährung zu erreichen ist (10).

Nüsse

Der regelmässige Verzehr von ungesalzenen Nüssen ist in mehreren Studien mit einer Reduktion von Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert, so dass eine tägliche Portion (etwa 30 g) empfohlen wird (56, 57). Die positiven Effekte werden unter anderem aufgrund des hohen Gehaltes an Nahrungsfasern, ungesättigten Fettsäuren sowie antioxidativen und antiinflammatorischen Bestandteilen, insbesondere Vitamin E, Polyphenole und Omega-3-Fettsäuren, erklärt (58).

Getränke

Der Konsum von ungezuckerten Kaffee- oder Teeprodukten in moderater Menge (etwa drei Tassen pro Tag) ist anhand der derzeitigen Studienlage mit einer Reduktion des kardiovaskulären Risikos verbunden (59, 60). Der regelmässige Konsum von zuckerhaltigen Getränken (Soft- und Energydrinks) ist hingegen mit einem signifikant erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert (61). Der hohe Fruktosegehalt in diesen Getränken fördert die Triglycerid-Synthese in der Leber und trägt zur Entwicklung von Übergewicht, Dyslipidämie und Insulinresistenz bei (62). Es ist zu erwähnen, dass auch für niedrigkalorische Süssgetränke mit Zuckerersatzstoffen (Light- oder Zero-Getränke) eine leicht erhöhte Inzidenz von kardiovaskulären Erkrankungen festgestellt wurde und diese daher nicht als Alternative empfohlen werden sollten.

Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und koronarer Herzerkrankung wird in den letzten Jahren differenzierter betrachtet. Ein häufig postuliertes reduziertes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse durch einen moderaten Alkoholkonsum (sog. J-förmige Beziehung) muss aufgrund von methodischen Mängeln und Verzerrungen in einzelnen Studien mit Vorsicht interpretiert werden (63, 64). In neueren Daten konnten bezogen auf die Gesamtmortalität weder ein sicherer Schwellenwert noch gesundheitliche Vorteile bei einem Konsum von niedrigen Mengen von Alkohol nachgewiesen werden (65, 66, 67). Ein chronisch erhöhter Alkoholkonsum ist stattdessen dosisabhängig sowohl mit ungünstigen kardiovaskulären Effekten als auch mit zahlreichen medizinischen sowie psychischen Folgeerkrankungen assoziiert (67, 68). Dementsprechend sollte Alkohol vorwiegend als Genussmittel, welches in moderaten Mengen unter Einhaltung von «alkoholfreien Tagen» gelegentlich konsumiert werden kann, betrachtet werden (10, 69).

Fazit

In der Kardiologie gewinnt die Berücksichtigung von Übergewicht und Adipositas sowie ernährungsmedizinischen Aspekten in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt aufgrund der medikamentösen Möglichkeiten durch GLP1-Rezeptoragonisten zur Gewichtsreduktion, an Bedeutung. Es ist jedoch in der Prävention und langfristigen Therapie der koronaren Herzerkrankung essenziell, dass dies nicht auf eine alleinige medikamentöse Intervention beschränkt bleibt. Zwar ist eine langfristige Umstellung von individuellen Ernährungsgewohnheiten eine grosse Herausforderung, jedoch ist die konsequente Berücksichtigung von Ernährungs-assoziierten Risikofaktoren innerhalb der ärztlichen Konsultation ein wesentliches Element zur Förderung einer nachhaltigen Lebensstilanpassung. Strukturierte Behandlungsabläufe mit Integration ernährungstherapeutischer Massnahmen, Vermittlung von notwendigem Wissen zu Ernährungsfragen sowie eine enge Zusammenarbeit mit den Fachpersonen der Ernährungstherapie sollten fester Bestandteil in der Behandlung der koronaren Herzerkrankung sein.

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Marvin Grossmann, MHBA

Facharzt Kardiologie und Allgemeine Innere Medizin,
Leitung stationäre kardiovaskuläre Rehabilitation
Zentrum für Rehabilitation & Sportmedizin
Freiburgstrasse 18
3010 Bern

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Die Ernährung spielt durch Einfluss auf atherosklerotische Prozesse, inflammatorische Marker und kardiometabolische Risikofaktoren eine zentrale Rolle in der Prävention und Behandlung der koronaren Herzkrankheit.
  • Ein mediterran geprägtes, ballaststoffreiches und pflanzenbetontes Ernährungsmuster reduziert signifikant das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und wird daher in den Leitlinien empfohlen.
  • Verarbeitetes Fleisch sowie zucker- und salzreiche Lebensmittel sind mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert, wohingegen Fisch, Hülsenfrüchte, ungesättigte Fette und Nüsse protektiv wirken.
  • Eine strukturierte Ernährungstherapie und interdisziplinäre Betreuung sollten integraler Bestandteil der Versorgung von Patient/-innen mit KHK sein.

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Ergometrie 2025: Was bringt ein Belastungs-EKG bei Angina-pectoris-Verdacht?

Die Ergometrie bleibt unverändert Teil der Basisdiagnostik in der klinischen Kardiologie, auch wenn sich ihr Stellenwert im Lichte der zunehmenden Bedeutung der kardialen Bildgebung bei der Ischämie-Diagnostik verändert hat. Für eine obstruktive KHK hat die Ergometrie in den ESC-Guidelines CCS 2019/2024 wegen der geringen Sensitivität nur noch eine IIb-Indikation – «kann erwogen werden». Sie wird z.B. bei asymptomatischen Patienten nur bei einer hohen Vortestwahrscheinlichkeit, bei symptomatischen Patienten bei einer mittleren VTW für eine KHK empfohlen.

In den klinischen Leitlinien wird bei Patienten mit Angina pectoris zur Risikostratifizierung eine Belastungs-EKG-Untersuchung empfohlen, während zur Diagnose einer obstruktiven koronaren Herzkrankheit eine koronare Computertomographie-Angiographie (CCTA) empfohlen wird. Die Ergometrie ist eine weit verbreitete, kostengünstige, wiederholbare Methode u.a. auch zur Identifizierung einer nicht seltenen koronaren mikrovaskulären Dysfunktion bei Patienten mit Angina pectoris und bestätigter nicht obstruktiver koronarer Herzkrankheit (ANOCA/INOCA).

Nach einer Publikation im JACC 2024 (1) haben ischämische EKG-Veränderungen bei Patienten mit ANOCA (Angina ohne obstruktive Koronararterien) während einer Belastungs-EKG-Untersuchung auf dem Laufband eine 100-prozentige Spezifität und einen positiven prädiktiven Wert für die Erkennung einer koronaren mikrovaskulären Dysfunktion, was darauf hindeutet, dass die ischämischen EKG-Veränderungen nicht als «falsch positiv» angesehen werden sollten. Dies konnte unter Verwendung einer umfassenden Koronarphysiologie bei 102 Patienten mit einer A.P. bei nicht obstruktiver KHK (FFR > 0.8) und einer Bestimmung der koronaren Flussreserve (IMR, CFR) mit Adenosin i.v. und einer i.c.

Acetylcholininfusion (Spasmen) nachgewiesen werden. Die Autoren empfehlen daher, bei Patienten mit A.P. eine pathologische Ergometrie (ST-Senkung) auch ohne Vorliegen einer KHK als primär pathologisch im Sinne einer Ischämie (INOCA) einzustufen bzw. an eine ANOCA zu denken.
Nach einer neuen Studie aus Glasgow hat ein unauffälliges Belastungs-EKG bei A.P.-Verdacht ohne Obstruktion im Koronar-CT offenbar einen hohen negativen Vorhersagewert (NPV) für das Vorhandensein einer mikrovaskulären Dysfunktion (2).

Das Ziel dieser Studie war es, die diagnostische Genauigkeit der Belastungsuntersuchung zur Identifizierung von Endotypen (mikrovaskuläre Angina, vasospastische Angina oder beides) in einer Population (n=163) mit Verdacht auf ANOCA/INOCA gemäss invasiven Funktionstests zu bewerten.

Die wichtigsten Ergebnisse waren erstens, dass 27.6 % (n=45) der Personen mit Verdacht auf ANOCA/INOCA die Belastungskriterien für eine Myokardischämie erfüllten; zweitens war die ischämische Gruppe mit einer schlechteren «Angina-Stabilität» assoziiert; drittens hatte der Ischämiestatus im Belastungs-EKG (ischämisch oder nicht ischämisch) eine geringe Sensitivität (30 %) und eine moderate Spezifität (72.5 %), aber einen hohen negativen Vorhersagewert (NPV) für das Vorhandensein einer mikrovaskulären Dysfunktion. Eine mikrovaskuläre Angina oder mikrovaskuläre Spasmen können so bei fehlenden Hinweisen auf eine Ischämie im Belastungs-EKG mit relativ hoher Sicherheit ausgeschlossen werden. Es wurden 163 Personen (Durchschnittsalter 54.6 Jahre, 62.2 % Frauen) mit ANOCA bzw. INOCA aus der CorCTA-Studie (3) eingeschlossen. Das Belastungs-EKG wurde nach dem Bruce-Protokoll auf einem Laufband absolviert. Bei Patienten mit Verdacht auf ANOCA/INOCA nach CCTA stellt die Belastungs-EKG-Untersuchung eine Ausschlussstrategie für mikrovaskuläre Endotypen, Belastungsfähigkeit und Prognose dar.

Die CCTA als Erstuntersuchung bei Patienten mit Brustschmerzen einzusetzen, die auf eine induzierbare Ischämie hindeuten könnten, wird von den neuen ESC CCS-Guidelines empfohlen (4). Kann eine signifikante Stenose ausgeschlossen werden, so kann mittels einer Ergometrie bei Nachweis einer Ischämie im Begleit-EKG eine mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) vermutet werden (2). Dies dürfte die Diagnose einer CMD bei einem grossen Teil der Patienten beschleunigen und den Einsatz von weniger weit verbreiteten und kostspieligeren Tests wie invasiver Physiologie und/oder Stress-Perfusions-Herz-Magnetresonanztomographie reduzieren. Eine invasive physiologische Abklärung mit Bestimmung der koronaren Flussreserve mit Adenosin i.v. und der endothelabhängigen Flussreserve (Spasmen) mit Acetylcholin i.c. wird nur bei ausgeprägter Symptomatik trotz antianginöser Medikation empfohlen.

Auch die Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit, Symptome, das BD-Verhalten, Arrhythmien und die Prognose können mittels einer Ergometrie oder eines Laufbandes bestimmt werden. Zudem hat in jüngerer Zeit die Bedeutung der Ergometrie in der Sportkardiologie, Arbeitsmedizin sowie bei der Risikostratifizierung beispielsweise in der Rhythmologie oder bei Patienten mit hypertroph-obstruktiver Kardiomyopathie, Hypertonie (5) und weiteren kardiovaskulären Krankheitsbildern zugenommen.

Ein sehr lesenswerter Artikel zum «aktuellen Stellenwert der Ergometrie» wurde im Juni 2025 von der DGK publiziert; dieser beinhaltet neben den Leitlinien u.a. der ESC/AHA, auch eine Literaturrecherche der letzten 10 Jahre (6).

Dr. med. Urs N. Dürst

Zelglistrasse 17
8127 Forch

u.n.duerst@ggaweb.ch

by Assessing Coronary Microvascular Function. J Am Coll Car¬diol 2024; 83:291-299, http: //creative commons.org /licenses /by /4.0/
2. Sykes R. et al, Exercise electrocardiography stress testing in suspected angina and non-obstructive coronary arteries, European Heart Journal 2025; 46:2920–2923, https:// doi.org/10.1093/eurheartj/ehaf208
3. Sidik NP et al. Invasive endotyping in patients with angina and no obstructive coronary artery disease: a randomized controlled trial. Circulation 2024; 149:7–23. https://doi.org/10.1161/ CIRCULATIONAHA.123.064751
4. Vrints C et al. 2024 ESC guidelines for the management of chronic coronary syndromes. Eur Heart J 2024; 45:3415–537. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae177
5. Carlén A, et al. Open Heart 2025; 12:e003246, https:// doi:10.1136/openhrt-2025-003246
6. Klingenheben T. et al., DGK-Manual zum Stellenwert der Ergometrie, Die Kardiologie 2025; 19:227-239, https://doi.org/10.1007/s12181-025-00739-7

GLP-1-Rezeptoragonisten und kardiometabolische Gesundheit

Kardiovaskuläre, renale und metabolische Erkrankungen treten häufig gemeinsam auf und verursachen weltweit eine erhebliche Krankheitslast. Typ-2-Diabetes, Adipositas und chronische Nierenerkrankungen sind eng miteinander verknüpft und erhöhen das Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz und Mortalität. Grosse Endpunktstudien haben gezeigt, dass GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT2-Hemmer deutliche Vorteile auf kardiovaskuläre und renale Endpunkte bieten. Ihre protektiven Effekte beruhen auf komplementären Wirkmechanismen, die über die Blutzuckersenkung hinausgehen. In Kombination, ergänzt durch Finerenon, eröffnen sie einen ganzheitlichen Therapieansatz, der die Prognose von Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes und kardiometabolischen Begleiterkrankungen nachhaltig verbessern kann und einen Paradigmenwechsel in der Prävention und Behandlung markiert.

Cardiovascular, renal, and metabolic diseases often coexist and account for a major global health burden. Type 2 diabetes, obesity, and chronic kidney disease are closely interrelated and increase the risk of myocardial infarction, stroke, heart failure, and mortality. Large outcome trials have demonstrated that GLP-1 receptor agonists and SGLT2 inhibitors provide significant cardiovascular and renal benefits. These protective effects result from complementary mechanisms that extend beyond glycemic control. In combination with finerenone, they enable a comprehensive treatment strategy that improves outcomes in patients with type 2 diabetes and cardiometabolic comorbidities, representing a paradigm shift in prevention and therapy.
Key words: GLP-1 Receptor Agonists, Cardiometabolic Health, Type 2 Diabetes, Heart Failure

Einleitung

Kardiovaskuläre, renale und metabolische Erkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten chronischen Krankheitsbildern. Sie treten selten isoliert auf, sondern sind eng miteinander verknüpft. Schätzungen zufolge leiden rund 850 Millionen Menschen an einer chronischen Nierenerkrankung (CKD), was einer Prävalenz von über elf Prozent entspricht. Da CKD in frühen Stadien häufig asymptomatisch verläuft, bleibt sie oft unerkannt. An einer koronaren Herzkrankheit (KHK) sind weltweit etwa 523 Millionen Menschen erkrankt, mehr als 60 Millionen leiden an einer Herzinsuffizienz, und rund die Hälfte dieser Patientinnen und Patienten verstirbt innerhalb von fünf Jahren nach Diagnosestellung. Der Typ-2-Diabetes mellitus (T2D) betrifft inzwischen über 530 Millionen Menschen, und die Prävalenz steigt weiter an.

Komorbiditäten und Risikofaktoren

Chronische kardiometabolische Erkrankungen teilen zentrale Risikofaktoren wie arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, Hyperglykämie, abdominale Adipositas und chronische Entzündung. Werden diese nicht adäquat behandelt, resultieren daraus gravierende Endpunkte wie Myokardinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF), metabolisch assoziierte Steatohepatitis (MASH), periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) oder eine Progression der CKD.

Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist die Komorbiditätslast besonders hoch. In der Schweiz sind 6,4 % der Bevölkerung betroffen, von denen 60 bis 90 % adipös sind, während in der Allgemeinbevölkerung etwa 12 % eine Adipositas aufweisen. Rund ein Viertel der Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes hat eine kardiovaskuläre Erkrankung, ebenso viele leiden unter einem Insulinmangel. Zwischen 50 und 70 % entwickeln eine metabolisch assoziierte Fettleber (MAFLD), 30 bis 40 % eine Steatohepatitis (MASH), und etwa 25 % erkranken an einer Herzinsuffizienz. Auch Adipositas ohne Diabetes geht mit einer hohen Krankheitslast einher. Weltweit sind mehr als 1.1 Milliarden Menschen betroffen, von denen bis zu 25 % zusätzlich einen Typ-2-Diabetes entwickeln, fast die Hälfte eine Schlafapnoe, mehr als die Hälfte eine Hypertonie und über zwei Drittel eine Dyslipidämie (Abb. 1).

Inkretine und Wirkmechanismen

Die Entdeckung der Inkretinhormone GIP (Glucose-dependent Insulinotropic Polypeptide) in den 1970er-Jahren und GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1) in den 1980er-Jahren eröffnete neue therapeutische Möglichkeiten. GLP-1 wird nach Nahrungsaufnahme von L-Zellen im distalen Ileum freigesetzt, während GIP von K-Zellen im Duodenum sezerniert wird. GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1 RA) entfalten vielfältige direkte und indirekte Wirkungen. Sie verbessern die endotheliale Funktion, steigern die Bioverfügbarkeit von Stickstoffmonoxid, hemmen Adhäsionsmoleküle wie ICAM-1 und VCAM-1 sowie die Proliferation glatter Muskelzellen, und sie reduzieren Lipidablagerungen und vaskuläre Entzündung. Indirekt tragen sie zur Senkung von Blutdruck, Körpergewicht und HbA1c bei.

Kardiovaskuläre Endpunktstudien

Die US-amerikanische FDA schreibt seit 2008 kardiovaskuläre Endpunktstudien für neue Antidiabetika vor, um deren Sicherheit über die Blutzuckerkontrolle hinaus zu belegen. Als Standardendpunkte gelten das 3-Punkte-MACE, bestehend aus nicht-tödlichem Myokardinfarkt, nicht-tödlichem Schlaganfall und kardiovaskulärem Tod.

Die erste Studie mit einem klaren Nutzen war EMPA-REG OUTCOME: Empagliflozin reduzierte das Risiko für 3-Punkte-MACE um 14 %, die kardiovaskuläre Mortalität um 38 %, Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz um 35 % und die Gesamtmortalität um 32 %. Mit der LEADER-Studie folgte der erste Nachweis für einen GLP-1-Rezeptoragonisten. Liraglutid senkte die kardiovaskuläre Mortalität um 22 % und die Gesamtmortalität um 15 %. Weitere Studien wie SUSTAIN-6 (Semaglutid) und REWIND (Dulaglutid) bestätigten diese Resultate (Abb. 2). Neuere Untersuchungen erweiterten das Spektrum. Die SELECT-Studie zeigte bei übergewichtigen Patientinnen und Patienten mit kardiovaskulärer Erkrankung, jedoch ohne Diabetes, eine 20%ige relative Risikoreduktion des 3-Punkte-MACE unter Semaglutid. Die SOUL-Studie mit oralem Semaglutid ergab bei mehr als 9600 Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes und kardiovaskulärer Erkrankung oder CKD eine signifikante 14 %ige Reduktion des MACE. Im FLOW-Trial konnte erstmals für einen GLP-1-Rezeptoragonisten ein Vorteil bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung gezeigt ­werden, mit einer 27 %igen Reduktion von Herzinsuffizienz-Ereignissen und kardiovaskulärem Tod.

Synergistische Therapieansätze

Die unterschiedlichen Wirkmechanismen von GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT2-Hemmern erklären ihre komplementären Effekte. Während GLP-1 RA vor allem antiinflammatorisch, antiatherogen und metabolisch wirken, entfalten SGLT2-Hemmer hämodynamische, antifibrotische und antiarrhythmische Effekte. Zusätzlich senken sie Vor- und Nachlast, reduzieren oxidativen Stress und verbessern die renale Hämodynamik. Das Zusammenspiel dieser Mechanismen rechtfertigt die Kombinationstherapie, die in der klinischen Praxis zunehmend als Standard betrachtet wird. Die Ergänzung durch Finerenon, einen nichtsteroidalen Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten, verstärkt die kardiovaskulären und renalen Schutzwirkungen zusätzlich. Finerenon hat sich in klinischen Studien als wirksam bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung erwiesen. Es konnte gezeigt werden, dass das Risiko für kombinierte kardiovaskuläre und renale Endpunkte signifikant reduziert wird, um 14 % mit einer Number Needed to Treat (NNT) von 46 nach drei Jahren sowie um 23 % mit einer NNT von 60. Auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz und HFpEF führte Finerenon zu einer Reduktion von 16 % hinsichtlich Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder Tod.

Besonders vielversprechend sind die Ergebnisse der Kombinationstherapie. In grossen Studienanalysen (u. a. CANVAS, CREDENCE, FIDELIO-DKD, FIGARO-DKD) zeigte sich, dass die Tripelkombination aus GLP-1-Rezeptoragonisten, SGLT-2-Hemmern und Finerenon das höchste Potenzial bietet, um bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und moderat erhöhter Albuminurie relevante Verbesserungen in Bezug auf kardiovaskuläre und renale Ereignisse, Herzinsuffizienz und Gesamtüberleben zu erzielen. Auch die Doppelkombination erwies sich den Einzelsubstanzen jeweils als überlegen. Vor diesem Hintergrund sprechen die aktuellen Daten klar für den Einsatz von Finerenon in Kombination mit GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT-2-Hemmern, um den kardio-renalen Schutz bei dieser Hochrisikopopulation zu optimieren.

Therapieziele und klinische Kriterien

Die Wahl der antidiabetischen Therapie hängt sowohl von Patientenpräferenzen als auch von ärztlichen Zielen ab. Während Patientinnen und Patienten in der Regel eine Behandlung ohne Hypoglykämien, mit Gewichtsabnahme und möglichst einfacher Applikation bevorzugen, richten Ärztinnen und Ärzte ihr Augenmerk stärker auf die Reduktion von Mortalität, die Prävention mikro- und makrovaskulärer Komplikationen sowie auf die Berücksichtigung von Alter, Diabetesdauer, Nierenfunktion, Begleiterkrankungen, Nebenwirkungen und Kosten.

Die aktuellen Schweizer Empfehlungen sehen eine initiale Kombinationstherapie mit Metformin und einem SGLT2-Hemmer oder einem GLP-1-Rezeptoragonisten vor. Reicht diese nicht aus, sollte eine Dreifachkombination erfolgen. Sulfonylharnstoffe gelten aufgrund des hohen Risikos für Hypoglykämien und Gewichtszunahme nicht mehr als Standardtherapie. Erst wenn diese Strategien unzureichend sind, ist eine Insulintherapie erforderlich.

Auch praktische Aspekte sind zu berücksichtigen. Bei akuten Erkrankungen wie Erbrechen, Durchfall, schweren Infekten, Spitalaufenthalten oder Operationen empfiehlt es sich, Metformin und SGLT2-Hemmer vorübergehend abzusetzen und bei Bedarf Insulin einzusetzen, um Risiken wie Ketoazidose oder Laktatazidose zu vermeiden. Die Kombinationstherapie muss sorgfältig gewählt werden: Während die gleichzeitige Anwendung von GLP-1-Rezeptoragonisten und DPP-4-Hemmern aufgrund des identischen Wirkmechanismus wenig sinnvoll ist, sollte die Kombination von Insulin mit Sulfonylharnstoffen strikt vermieden werden, da sie das Hypoglykämierisiko erheblich steigert.

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die individuellen HbA1c-Zielwerte. Bei jüngeren Patientinnen und Patienten ohne Hypoglykämierisiko wird ein Zielwert unter 6.5 % angestrebt, im mittleren Lebensalter 6.5–7.0 %, und bei über 80-Jährigen 7.5–8.0 %. Unter Therapien mit Hypoglykämierisiko gilt ein Ziel von < 8.0 % als ausreichend.

Schon ab einem HbA1c-Wert von 5.5 % steigt das Risiko für koronare Herzkrankheit und Schlaganfall deutlich an, mit jedem weiteren Prozentpunkt erhöht sich das Risiko für KHK um 50 % und für Schlaganfall um 55 %. Daher sollte das HbA1c unter Einsatz sicherer Medikamente möglichst nahe am Normalwert gehalten werden.

Pathophysiologie und Patientenperspektive

Neue Erkenntnisse zur Pathogenese des Typ-2-Diabetes unterstreichen die Rolle der Fettverteilung und genetischer Faktoren. Schon geringe Mengen an Leberfett können pathophysiologisch relevant sein. Werte über fünf Prozent begünstigen die Progression zu Fibrose und Zirrhose. Die Fähigkeit zur subkutanen Fettspeicherung wird durch über 50 genetische Loci bestimmt. Kommt es zur ektopen Fettablagerung in Leber oder Pankreas, entsteht ein Diabetes nur bei genetisch prädisponierten Personen. Dass Adipositas nicht zwangsläufig zu Diabetes führt, zeigt sich daran, dass 73 % der Menschen mit einem BMI über 40 kg/m² keinen Diabetes entwickeln. Gleichzeitig können bis zu 90 % der Patientinnen und Patienten mit einem frisch diagnostizierten Typ-2-Diabetes durch Gewichtsverlust eine Remission erreichen (DiRECT-Studie).

Auch die Patientenperspektive und ökonomische Überlegungen sind relevant. Viele bevorzugen Therapien ohne Hypoglykämien, die eine Gewichtsabnahme ermöglichen und einfach anzuwenden sind. GLP-1-Rezeptoragonisten erfüllen diese Kriterien weitgehend, insbesondere in wöchentlichen Applikationsformen. Zudem reduzieren sie den Appetit, was häufig zu geringeren Nahrungsmittelausgaben führt. Diese Einsparungen können die Therapiekosten zumindest teilweise kompensieren und so eine langfristige Eigenbeteiligung erleichtern.

Neue Entwicklungen

Neueste Studien haben das Potenzial von GLP-1-Rezeptoragonisten über die klassischen Indikationen hinaus verdeutlicht. Im ESSENCE-Trial verbesserte Semaglutid die Leberhistologie bei Patientinnen und Patienten mit MASH. Tirzepatid, ein dualer GLP-1/GIP-Agonist, sowie Retatrutid, ein Triple-Agonist, zeigten deutliche Effekte auf Gewichtsreduktion, Leberfett und metabolische Parameter. Mit diesen Substanzen rückt die Möglichkeit einer medikamentösen Alternative zur bariatrischen Chirurgie näher. Zudem weisen Studien darauf hin, dass GLP-1-RA das Demenzrisiko um mehr als 50 % reduzieren können.

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med.Roger Lehmann

UniversitätsSpital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zurich

Roger.Lehmann@usz.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte zu diesem Artikel deklariert.

  • GLP-1-Rezeptoragonisten haben sich als Schlüsselsubstanzen im Management kardiometabolischer Erkrankungen etabliert.
  • Sie senken Gewicht, Blutdruck und HbA1c, verbessern die Endothelfunktion und reduzieren das Risiko für kardio­vaskuläre und renale Ereignisse sowie möglicherweise für Demenz.
  • Die Kombination mit SGLT2-Hemmern und Finerenon ­verstärkt die protektiven Effekte und ermöglicht einen ­ganzheitlichen Ansatz für Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes, Adipositas, CKD und kardiovaskulären Erkrankungen.
  • Insgesamt markiert diese Strategie einen Paradigmen­wechsel in Prävention und Therapie chronischer kardiometabolischer Krankheiten.

Auf Anfrage beim Autor

Aktuelle Therapieoptionen der atopischen Dermatitis

Die atopische Dermatitis (AD) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die durch Juckreiz, Ekzeme und eine gestörte Hautbarriere gekennzeichnet ist. Die Therapie der AD hat sich in den letzten Jahren durch neue topische und vor allem systemische Behandlungsoptionen deutlich erweitert. Neben der Basistherapie, klassischen, topischen Kortikosteroiden und Calcineurin-Inhibitoren stehen seit einigen Jahren auch andere Topika und bei schweren Formen systemische Biologika und Januskinase-Inhibitoren zur Verfügung. Die Auswahl der Therapie erfolgt individualisiert und stufenbasiert unter Berücksichtigung von Schweregrad, Komorbiditäten und Patientenpräferenzen. Dieser Beitrag gibt einen aktuellen Überblick über die evidenzbasierten Therapieoptionen, diskutiert deren Wirksamkeit und Sicherheit und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen.

Atopic dermatitis (AD) is a chronic inflammatory skin disease characterized by pruritus, eczema, and impaired skin barrier. In recent years we have seen significant advances in the treatment of AD, with the introduction of new topical and systemic therapies. In addition to basic therapy and classic topical steroids and calcineurin inhibitors other topical substances and for severe forms systemic biologics and Janus kinase inhibitors are now available. Therapy selection is individualized, level-based considering disease severity, and regarding comorbidities and patient preferences. This article provides an up-to-date overview of evidence-based therapeutic options, discusses their efficacy and safety, and offers an outlook on future developments.
Keywords: Atopic dermatitis, biologics, JAK inhibitors, systemic therapy, topical treatment

Einleitung

Die atopische Dermatitis (AD), auch Neurodermitis genannt, ist eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen. Sie ist gekennzeichnet durch einen chronischen Verlauf mit trockener Haut, einen oft sehr stark belastenden Pruritus und diverse Hautveränderungen wie symmetrische Beugeekzeme oder «Head and Neck Type» vor allem bei Erwachsenen. Zusätzlich gibt es diverse andere Hautstigmata (Abb. 1). Sie betrifft Kinder und Erwachsene und ist mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität verbunden (1, 2). Die Pathogenese ist multifaktoriell und umfasst genetische, immunologische und Umweltfaktoren (3, 4). In den letzten Jahren haben neue Erkenntnisse zur Pathophysiologie zu innovativen Therapieansätzen geführt und so die Behandlungsmöglichkeiten erweitert.

Pathogenese und neue Erkenntnisse

Die AD ist durch eine gestörte Hautbarriere und eine Fehlregulation des Immunsystems gekennzeichnet. Genetische Prädispositionen, insbesondere Mutationen im Filaggrin-Gen bei kaukasischen Patienten, führen zu einer erhöhten Permeabilität der Haut (5). Immunologisch dominieren Th2-vermittelte Entzündungsreaktionen mit erhöhter Produktion von Interleukin-4, -13 und -31 (6). Diese Erkenntnisse haben zur Entwicklung gezielter Therapien geführt, welche bei schweren Verläufen eingesetzt werden können. Das Therapieschema basiert auf einem stufenweisen Vorgehen, abhängig vom Schweregrad der Erkrankung sowie Ansprechen und Nebenwirkungen der jeweiligen Therapie (Abb. 2).

Basistherapie und nicht medikamentöse Massnahmen

Die Basistherapie bildet das Fundament jeder AD-Behandlung und umfasst die tägliche Anwendung von rückfettenden und feuchtigkeitsbindenden Emollientien (7). Ziel ist die Wiederherstellung und Erhaltung der Hautbarriere. Zusätzlich wird insb. bei Kindern weiterhin die Anwendung von desinfizierenden Bleichebädern empfohlen. Falls vorhanden, sollten individuelle Triggerfaktoren unbedingt gemieden werden sowie eine gute Patientenschulung erfolgen (8). Studien zeigen, dass eine konsequente Basistherapie die Schubfrequenz und den Bedarf an medikamentöser Therapie signifikant reduziert (9).

Topische Therapien

Topische Kortikosteroide

TKS sind weiterhin die wichtigste und kostengünstigste antientzündliche Therapie bei akuten Schüben. Sie werden je nach Schweregrad und Lokalisation in unterschiedlichen Wirkstärken eingesetzt (10). Nebenwirkungen wie Hautatrophie und periorale Dermatitis sind bei sachgemässer Anwendung selten (11).

Topische Calcineurin-Inhibitoren

TCI (Tacrolimus, Pimecrolimus) sind besonders für empfindliche Hautareale wie Gesicht und Intertrigines geeignet. Sie ermöglichen ein proaktives Therapiekonzept, bei dem nach Abklingen des akuten Schubs eine intermittierende Anwendung erfolgt, um Rezidive zu verhindern (12, 13). Eine Hautatrophie wird nicht induziert, sie erhöht aber das Risiko für weissen Hautkrebs im höheren Alter.

Weitere Topika

Phosphodiesterase-4-Hemmer (Crisaborole) stellen eine neue Option für milde bis moderate AD dar. Sie wirken entzündungshemmend und zeigen ein günstiges Nebenwirkungsprofil (14), sind aber in der Schweiz nicht zugelassen. Weitere entzündungshemmende Substanzen wie Produkte basierend auf Levomenol/Heparin-Natrium können bei leichteren Fällen eingesetzt werden, topische JAK-Inhibitoren wie Ruxolitinib sind aktuell noch in der aktiven Studienphase, Delgocitinib ist in der Schweiz fürs chronische Handekzem zugelassen. Andere, in der Schweiz (noch) nicht zugelassene Substanzen wie Roflumilast oder Tapinarof sind weitere, vielversprechende Topika in Entwicklung.

Vergleichende Studien zeigen, dass die Wirksamkeit von TKS und TCI ähnlich ist, wobei letztere insbesondere bei langfristiger Anwendung Vorteile bieten (15). Der proaktive Einsatz (Beginn bereits bei ersten Zeichen eines Schubs, Anwendung einige Tage über den Schub hinaus) von TKS wie TCI wirkt sich bei AD oft günstig aus und führt letztendlich zu einem geringeren Bedarf dieser Substanzen.

Lichttherapie

Die Phototherapie, insbesondere die UVB-Schmalband- und UVA1-Bestrahlung, ist eine bewährte Option für Patient/-innen mit moderater bis schwerer AD, die auf topische Therapien nicht ausreichend ansprechen (16). Die Balneo-Phototherapie kombiniert UV-Bestrahlung mit Solebädern und zeigt eine zusätzliche Wirksamkeit (17). Limitationen bestehen bei Kindern, Schwangeren und bei Langzeitgebrauch aufgrund des Hautkrebsrisikos (18), welches allerdings bei den modernen Lichtqualitäten (UVB narrowband) deutlich reduziert ist.

Systemische Therapien

Indikationen

Eine systemische Therapie ist bei mittelschwerer bis schwerer AD indiziert, wenn topische und Lichttherapien nicht ausreichend wirksam sind oder kontraindiziert erscheinen (19–21).

Klassische Immunsuppressiva

Ciclosporin A ist das am besten untersuchte klassische Immunsuppressivum zur Kurzzeitbehandlung schwerer AD und auch in dieser Indikation zugelassen. Es wirkt schnell, ist aber aufgrund von Nebenwirkungen wie Nephrotoxizität und Hypertonie auf maximal ein Jahr begrenzt (19). Andere Immunsuppressiva wie Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolatmofetil werden off-label eingesetzt, insbesondere bei Kontraindikationen für Biologika (22, 23).

Systemische Glukokortikoide

Systemische Glukokortikoide sollten aufgrund des ungünstigen Nebenwirkungsprofils nur kurzfristig zur Überbrückung schwerer Schübe eingesetzt werden (21, 22).

Biologika und Januskinase-Inhibitoren (JAKi)

Hier haben sich in den letzten Jahren entscheidende Veränderungen ergeben, sind doch mehrere Biologika und JAKi spezifisch für die atopische Dermatitis neu auf den Markt gekommen und in der Schweiz auch zugelassen (21, 22). Dadurch stehen für Patient/-innen mit moderater und schwerer atopischer Dermatitis erstmals hochwirksame und spezifische Substanzen zur Verfügung; für deren Erstattung durch die Krankenkassen sind allerdings gewisse Voraussetzungen notwendig. Neben einem ausreichenden Schweregrad muss vorangehend eine Lichttherapie als auch eine anderweitige erfolglose oder wegen Nebenwirkungen nicht durchführbare Therapie mit anderen Immunsuppressiva durchgeführt werden. Zusätzlich kann die Indikationsstellung nur durch eine/n Spezialärzt/-in für Dermatologie und Venerologie oder Allergologie und klinische Immunologie gestellt werden.

Dupilumab ist der erste, in der Schweiz seit 2017 zugelassene, monoklonale Antikörper für die AD-Therapie, der die Signalwege von Interleukin-4 und -13 blockiert. Studien belegen eine signifikante Reduktion von Ekzemschwere und Juckreiz bei guter Verträglichkeit (24, 25). Dupilumab ist in der Schweiz zudem für mehrere andere Indikationen wie Asthma bronchiale, eosinophile Oesophagitis, chronische Rhinosinusitis mit nasalen Polypen und Prurigo nodularis zugelassen und ist daher bei atopischen und anderen spezifischen Komorbiditäten oft gut geeignet.
Neuere Biologika wie Tralokinumab und Lebrikizumab richten sich spezifisch gegen Interleukin-13 und zeigen ebenfalls überzeugende Wirksamkeit in Phase-III-Studien (26–29) und werden bereits erfolgreich in der Praxis eingesetzt.

Die 3 Substanzen sind teilweise ähnlich in Wirkungsweise und Nebenwirkungen und unterscheiden sich teils in den weiteren Indikationen, Dosierungsintervallen und der Zulassung für verschiedene Altersstufen. Bei allen liegen bereits Langzeitdaten über mehrere Jahre sowie in der «Real World»-Anwendung vor. Diese zeigen eine persistierende Wirkung bei gleichbleibend niedrig bleibenden Nebenwirkungen; Laborkontrollen sind nicht notwendig.

Nemolizumab ist seit 2025 in der Schweiz für die Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis sowie der Prurigo nodularis zugelassen. Der monoklonale Antikörper blockiert den Interleukin-31-Rezeptor und adressiert damit gezielt den chronischen Pruritus, der ein zentrales Symptom der Erkrankung darstellt. In Phase-III-Studien zeigte Nemolizumab eine signifikante Reduktion vom Juckreiz und Schweregrad des Ekzems bei insgesamt guter Verträglichkeit. Besonders die Verbesserung der Schlafqualität und Lebensqualität der Patient/-innen wurde hervorgehoben (30).

Alle Biologika werden subkutan in Abständen zwischen 2 und 4 Wochen appliziert. Mittels Fertigspritzen können diese nach entsprechender Instruktion auch durch die Betroffenen selbst appliziert werden.

Januskinase-Inhibitoren (JAKi)

Abrocitinib, Baricitinib und Upadacitinib sind oral verfügbare JAK-Inhibitoren, die eine schnelle Linderung des Juckreizes, oft schon innert Tagen, und eine deutliche Verbesserung der Hautsymptome bewirken (31, 32). Sie bieten insbesondere bei schwerer, therapieresistenter AD eine wertvolle Alternative zu Biologika. Das Nebenwirkungsprofil umfasst Infektionen, Thromboserisiko und Laborveränderungen, weshalb ein Monitoring erforderlich ist (33). Es liegen auch für die JAKi ausgiebige Langzeitdaten und «Real World»-Daten vor. Alle diese JAKi werden in Tablettenform 1 x/Tag eingenommen.

Vergleichsstudien zeigen, dass JAK-Inhibitoren einen schnelleren Wirkeintritt als Biologika haben, während Biologika durch eine sehr gute Langzeitverträglichkeit überzeugen (34, 35). In Abb. 2 ist ein aktuelles stufenbasiertes Therapieschema der AD in Anlehnung an internationale Guidelines aufgezeigt (20).

Systemische Therapie bei Kindern unter 6 Jahren

Die systemische Therapie der atopischen Dermatitis im frühen Kindesalter stellt eine besondere Herausforderung dar. Für Kinder ab sechs Monaten ist Dupilumab zugelassen und stellt aktuell die wichtigste evidenzbasierte Option dar. Die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Therapie wurde in einer aktuellen vierjährigen Langzeitstudie eindrucksvoll belegt (36), wobei über zwei Drittel der behandelten Kinder eine anhaltende Remission (EASI-90) erreichten. Ciclosporin A kann bei schweren, therapierefraktären Verläufen als Off-Label-Option in Erwägung gezogen werden, erfordert jedoch ein engmaschiges Monitoring. Die Anwendung anderer systemischer Immunsuppressiva bleibt in diesem Alter die Ausnahme und sollte individuell geprüft werden (4, 36).

Individualisierte und patientenzentrierte ­Therapie

Die Wahl der Therapie sollte individuell erfolgen und Komorbiditäten, Alter, Lebenssituation und Patientenpräferenzen berücksichtigen (37). Moderne Therapiealgorithmen ermöglichen eine flexible Anpassung an den Krankheitsverlauf. Die Einbindung der Patient/-innen in die Therapieentscheidung fördert die Adhärenz und verbessert die Behandlungsergebnisse (38).

Ausblick und zukünftige Trends

Die Pipeline neuer Wirkstoffe ist vielversprechend: Weitere Biologika und zielgerichtete Therapien befinden sich in fortgeschrittener Entwicklung (39). Personalisierte Medizin, Biomarker-basierte Therapieentscheidungen und digitale Tools zur Verlaufskontrolle werden die Versorgung weiter verbessern (40). Auch Aspekte wie verbesserte Patientenedukation, individuell auf die Patient/-innen abgestimmte Beratung und Schulungen (www.aha.ch) und digitale Hilfsmittel werden dazu beitragen, Patient/-innen mit atopischer Dermatitis besser betreuen zu können (41).

Unter den neueren immunmodulatorischen Ansätzen gewinnen auch OX40-gerichtete Therapien an Bedeutung. Amlitelimab (Anti-OX40L-Antikörper) und Rocatinlimab (Anti-OX40-Antikörper) befinden sich in fortgeschrittener klinischer Entwicklung. Beide Substanzen modulieren die T-Zell-Aktivierung und zeigen in Phase-III-Studien eine anhaltende Wirksamkeit mit teils lang anhaltenden Remissionen nach Therapieende. Erste Daten deuten auf ein günstiges Sicherheitsprofil und einen nachhaltigen Effekt auf das immunologische Gedächtnis hin (42, 43). Diese und wohl auch mehrere Therapien könnten künftig insbesondere für Patient/-innen mit chronisch-rezidivierendem Verlauf und unzureichendem Ansprechen auf etablierte Biologika eine relevante Option darstellen. Herausforderungen bleiben die Kosten und der Zugang zu modernen Therapien; zudem sind auch weiterhin Beobachtungen im «Real World»-Setting notwendig. Auch sind vergleichende Studien zwischen einzelnen Biologika, JAKi und zwischen den beiden Gruppen sinnvoll. Im Weiteren sind moderne Therapieansätze für Formen der atopischen Dermatitis mit lokalisierter Beteiligung etwa nur des Gesichts oder der Hände zurzeit in klinischer Erprobung und dürften bald für die Routine zur Verfügung stehen. Mit dem topischen angewendeten JAKi Delgocinib ist für das schwere Handekzem bereits ein solches Produkt in der Schweiz zugelassen (44).

Mittelfristiges Ziel ist neben einer möglichst vollständigen Langzeitkontrolle der Erkrankung auch eine Modellierung und Beeinflussung der Erkrankung im Sinne einer «Disease modification», die mit solchen innovativen Therapien angestrebt werden kann (45). Wichtig ist dabei auch, dass Unterschiede etwa im Geschlecht, Alter oder ethnischen Hintergrund im Sinne einer präzisierten Medizin auch im Bereich der atopischen Dermatitis mitberücksichtigt werden (46, 47).

Fazit

Die Therapie der atopischen Dermatitis hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Neben bewährten Basis- und topischen Therapien stehen heute hochwirksame und sichere systemische Optionen zur Verfügung. Die individualisierte, patientenzentrierte Therapie und die konsequente Umsetzung moderner Leitlinien ermöglichen eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität für Betroffene.

Dr. med. Claudia Lang 1
PD Dr. med. Matthias Möhrenschlager 2
Prof. Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier 3

1 Universitätsspital Zürich, Rämistrasse 100, 8091 Zürich
2 Dermatologische Abteilung, Hochgebirgsklinik Davos Wolfgang, Medizincampus Davos
3 Christine Kühne Center for Allergy research and Education CK-CARE, Davos

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Zweitabdruck von der «Therapeutische Umschau» 4/25

Dr. med. Claudia Lang

Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Claudia.lang@usz.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

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Erkrankung der Gallenblase

Erkrankungen der Gallenblase zählen zu den häufigsten Ursachen für Oberbauchbeschwerden und umfassen ein breites Spektrum von symptomatischen Gallensteinen über akute Cholezystitis bis hin zu seltenen neoplastischen Veränderungen. Während asymptomatische Gallensteine in der Regel keiner Therapie bedürfen, ist bei symptomatischer Cholezystolithiasis und entzündlichen Komplikationen häufig eine Cholezystektomie indiziert. Die laparoskopische Cholezystektomie gilt hierbei als sicheres und effektives Standardverfahren mit niedriger Morbidität und Mortalität. Neue Techniken wie die roboterassistierte Chirurgie konnten bislang keinen Vorteil hinsichtlich Komplikationsraten nachweisen. Die Indikationsstellung, das Erkennen von Risikokonstellationen und die Wahl des geeigneten operativen Vorgehens sind entscheidend für die Vermeidung schwerwiegender Komplikationen.

Gallbladder disease is a frequent cause of upper abdominal pain, ranging from symptomatic gallstones and acute cholecystitis to rare neoplastic lesions. While asymptomatic gallstones usually require no intervention, cholecystectomy is indicated in symptomatic and complicated cases. Laparoscopic cholecystectomy remains the safe and effective gold standard with low morbidity and mortality. Emerging approaches such as robot-assisted surgery have not demonstrated a reduction in complication rates. Accurate indication, timely referral, and the choice of the appropriate surgical technique are key to preventing severe complications and optimizing patient outcomes.
Keywords: Gallstones; Cholecystitis; Gallbladder polyp; Laparoscopic cholecystectomy; Surgery

Einleitung

Beschwerden der Gallenblase gehören zu den häufigsten Ursachen für Oberbauchschmerzen in der hausärztlichen Praxis. Die meisten Patient/-innen berichten über unspezifische Verdauungsbeschwerden, typische Koliken oder akute Schmerzattacken. Gallensteine betreffen bis zu 10–15 % der erwachsenen Bevölkerung in westlichen Ländern (1). Während viele Gallensteine stumm bleiben und keinen Handlungsbedarf erfordern, können symptomatische Steine oder entzündliche Komplikationen zu erheblichen Morbiditäten führen. Das frühzeitige Erkennen, differenzialdiagnostisches Abgrenzen und die richtige Weichenstellung zwischen konservativer Betreuung und zeitgerechter Überweisung sind wichtig.

Der Artikel bietet einen Überblick über die wichtigsten Erkrankungen der Gallenblase, beginnend bei steinbedingten Beschwerden, über entzündliche Prozesse bis hin zu seltenen neoplastischen Veränderungen. Im Anschluss werden die aktuellen chirurgischen Therapieoptionen diskutiert.

Cholezystolithiasis

Als Cholezystolithiasis wird die Ansammlung von Konkrementen in der Gallenblase bezeichnet. Ohne begleitende Symptomatik handelt es sich dabei nicht um ein Krankheitsbild im engeren Sinne.

Die meisten Personen mit Gallensteinen sind asymptomatisch. Bei diesen werden Gallensteine zufällig im Rahmen einer abdominalen Bildgebung entdeckt. Die Mehrheit der Patienten mit inzidentellen Gallensteinen bleibt symptomlos. Patienten, die Symptome entwickeln, berichten typischerweise von Gallenkoliken. Nur selten manifestieren sich Komplikationen einer Cholezystolithiasis ohne vorausgegangene Episoden von Gallenkoliken.

Die Gallenkolik zeigt sich typischerweise als starkes, dumpfes Druckgefühl im rechten Oberbauch oder Epigastrium, seltener retrosternal, mit Ausstrahlung in den Rücken bzw. unter das rechte Schulterblatt (2–4). Begleitsymptome sind häufig Übelkeit, Erbrechen und Schwitzen. Trotz der Bezeichnung ist der Schmerz meist konstant und nicht wellenförmig. Patienten mit Gallenkoliken bei unkomplizierter Gallensteinerkrankung wirken meist nicht krank und haben weder Fieber noch Tachykardie. Laborwerte (Blutbild, Aminotransferasen, Bilirubin, alkalische Phosphatase, Amylase und Lipase) sind normal.

Häufig tritt er nach fettreichen Mahlzeiten auf, da die Kontraktion der Gallenblase den Schmerz auslösen kann. Ein klarer Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme besteht jedoch nicht immer, und viele Anfälle ereignen sich nachts (5, 6). Bewegung, Hocken, Stuhlgang oder Winde beeinflussen die Schmerzen nicht (7).

Eine Attacke dauert in der Regel mindestens 30 Minuten, erreicht innerhalb einer Stunde ihr Maximum und klingt dann langsam ab, insgesamt meist nach weniger als sechs Stunden (2). Ursache ist eine Kontraktion der Gallenblase, die einen Stein oder Sludge gegen den Ductus cysticus drückt und so den intravesikalen Druck erhöht. Mit der Entspannung der Gallenblase rutscht das Konkrement oft zurück, und die Beschwerden lassen allmählich nach. Am deutlichsten mit dem Vorliegen von Gallensteinen verbunden sind drei Symptome: Gallenkoliken, Schmerzen mit Ausstrahlung sowie die Einnahme von Schmerzmitteln (8).

Die Häufigkeit wiederkehrender Attacken variiert stark und kann von Stunden bis zu mehreren Jahren reichen; tägliche Beschwerden sind jedoch selten (7). Tritt einmal eine Symptomatik auf, ist ein Wiederauftreten sehr wahrscheinlich, und zugleich steigt das Risiko für Komplikationen (9, 10). In einer Studie mit 305 Patient/-innen mit Gallensteinen berichteten 70 % derjenigen, die bereits Gallenkoliken gehabt hatten, innerhalb von zwei Jahren erneut über Symptome (10).

Bisher wurden keine randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) durchgeführt, die den Nutzen einer Cholezystektomie bei asymptomatischen Patient/-innen belegen. Die jährliche Inzidenz von Komplikationen wie akuter Cholezystitis, akuter Pankreatitis, obstruktivem Ikterus oder Cholangitis liegt bei 0,1–0,3 % (11, 9). Zudem sind die Kosten bei asymptomatischen Gallensteinen geringer, wenn man das Auftreten von Symptomen oder Komplikationen abwartet, anstatt eine prophylaktische Cholezystektomie durchzuführen. Auch Diabetiker benötigen keine prophylaktische Therapie (12). Bei Patient/-innen mit symptomatischer Cholezystolithiasis wird in der Regel eine Cholezystektomie empfohlen. Hintergrund ist, dass etwa die Hälfte der Betroffenen nach der ersten Episode erneut Gallenkoliken entwickelt, wodurch die Krankheitslast deutlich zunimmt. Zudem besteht ein relevantes Risiko für schwerwiegende Komplikationen, darunter akute Cholezystitis, biliäre Pankreatitis, obstruktiver Ikterus und Cholangitis. Dieses Risiko wird in der Literatur mit etwa 0,5–3 % pro Jahr angegeben (11, 9, 13, 14), sodass die operative Entfernung der Gallenblase als kurative und komplikationsvermeidende Massnahme gilt.

Als mögliche Alternativen zur Operation kommen die Auflösung von Gallensteinen mit Ursodesoxycholsäure (UDCA) sowie die extrakorporale Stosswellenlithotripsie (ESWL) in Betracht. Diese Verfahren werden jedoch nicht empfohlen, da sie nur eine geringe Erfolgsrate aufweisen, mit einer hohen Rückfallquote verbunden sind und weder Symptome noch Komplikationen nach der Behandlung zuverlässig verhindern können.

Cholezystitis

Die akute Cholezystitis entsteht in der Regel durch eine Verlegung des Ductus cysticus, meist verursacht durch Gallensteine, seltener durch Sludge (15). Entscheidend für das Fortschreiten der Erkrankung und den Schweregrad der Entzündung sind Dauer und Ausmass der Obstruktion. Durch den Verschluss steigt der intraluminale Druck in der Gallenblase an, was zusammen mit cholesterinreicher Galle eine akute Entzündungsreaktion auslöst. In etwa 20 % der Fälle kommt es zusätzlich zu einer bakteriellen Superinfektion, vor allem mit enterischen Keimen wie Escherichia coli, Klebsiella oder Streptococcus faecalis (16). Die akute Cholezystitis verläuft nach einer Obstruktion des Ductus cysticus typischerweise in drei Phasen (4). In der ersten Phase, die etwa zwei bis vier Tage nach Symptombeginn auftritt, kommt es zu einer entzündlichen Reaktion mit Stauung und Ödem der Gallenblasenwand. In der zweiten Phase, meist nach drei bis fünf Tagen, können Hämorrhagien und Nekrosen der Gallenblasenwand entstehen, die im schlimmsten Fall zu einer Perforation im Bereich ischämischer Gangrän und zu einer biliären Peritonitis führen. Ab dem sechsten Tag entwickelt sich schliesslich die dritte Phase, die als chronisch-eitrig bezeichnet wird. Sie ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Leukozyteninfiltration, nekrotisches Gewebe, eitrige Einschmelzung sowie die Ansammlung von intraluminalem Eiter mit manifester Infektion.

Bei der körperlichen Untersuchung zeigen 95,7 % der Patient/-innen eine Druckschmerzhaftigkeit im rechten Oberbauch, verbunden mit Zeichen einer lokalisierten Peritonitis (17). Das Murphy-Zeichen, Abbruch der Inspiration bei Palpation des rechten Oberbauchs aufgrund von Schmerzen, gilt als pathognomonisch für die akute Cholezystitis. Die Sensitivität des Murphy-Zeichens beträgt 62 %, die Spezifität 96 % (18). Typischerweise liegt zudem eine Leukozytose mit Linksverschiebung vor.

Die Sonographie ist das bildgebende Verfahren der ersten Wahl bei Verdacht auf eine akute Cholezystitis. Hier zeigen sich typischerweise Flüssigkeitsansammlungen um die Gallenblase, eine Dilatation der Gallenblase, eine ödematöse Gallenblasenwand sowie, falls vorhanden, Gallensteine oder Sludge. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2012 mit knapp 6000 Patient/-innen mit akuter Cholezystitis ergab für die Sonographie eine Sensitivität von 81 % und eine Spezifität von 80 %. Die Computertomographie ist bei der Diagnose der akuten Cholezystitis sehr ­empfindlich (Sensitivität ca. 94 %), jedoch weniger zuverlässig in der Abgrenzung gegenüber anderen Ursachen (Spezifität ca. 59 %) (19). Die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) ermöglicht den Ausschluss einer begleitenden Choledocholithiasis im Rahmen einer Cholezystitis und kann dadurch zur Planung des therapeutischen Vorgehens beitragen (20).

Die Standardtherapie der akuten Cholezystitis ist die laparoskopische Cholezystektomie (21). Bei geeigneten chirurgischen Kandidaten sollte die Cholezystektomie so früh wie möglich während des Spitalaufenthalts durchgeführt werden. Der Autor dieses Artikels bevorzugt es, die Operation innerhalb der ersten 2 Tage vorzunehmen. Eine frühe Operation ist leichter durchzuführen, da die lokale Entzündung nach 72 Stunden ab dem Beginn der Symptome zunimmt. Dies erschwert die Präzision der Dissektion, erhöht die Schwere möglicher chirurgischer Komplikationen und macht eine Konversion zur offenen Operation wahrscheinlicher. In einer offenen, randomisierten klinischen Studie aus dem Jahr 2013 (n = 618) wurden Patient/-innen mit akuter Cholezystitis verglichen, die entweder innerhalb von 24 Stunden nach Aufnahme operiert wurden, oder zunächst eine antibiotische Therapie erhielten und erst nach 7 bis 45 Tagen einer Cholezystektomie unterzogen wurden. Die Studie zeigte eine deutlich geringere Häufigkeit postoperativer Komplikationen innerhalb der ersten 75 Tage in der Gruppe mit früher Cholezystektomie (11.8 % bei Operation innerhalb von 24 Stunden vs. 34.4 % bei Operation nach 7–45 Tagen). Zudem war die frühe Cholezystektomie mit einem kürzeren durchschnittlichen Spitalaufenthalt (5.4 Tage vs. 10.0 Tage) sowie über 30% niedrigeren Gesamtkosten verbunden.

Bei Patienten mit komplizierter Cholezystitis sind Breitspektrumantibiotika erforderlich. Nach Beginn der Therapie sollte die antibiotische Behandlung so lange fortgesetzt werden, bis entweder die Gallenblase entfernt ist oder sich die Cholezystitis klinisch zurückgebildet hat. Die Häufigkeit von Gallenblasenempyem und pericholezystischem Abszess ist insgesamt gering, jedoch können Patienten selbst aus einer unkomplizierten akuten Cholezystitis leicht eine lebensbedrohliche gramnegative Sepsis entwickeln. Daher werden Antibiotika häufig prophylaktisch verabreicht, um vor Sepsis und Wundinfektionen zu schützen (22). Ob Antibiotika für die Behandlung einer unkomplizierten akuten Cholezystitis erforderlich sind bleibt unklar (23–26).

Eine Drainage der Gallenblase in Kombination mit Antibiotika ist die Therapie der Wahl bei Patienten, die kritisch krank, septisch und initial nicht operabel sind (27–31). Darüber hinaus wird die Drainage auch bei Patienten empfohlen, die konservativ behandelt werden und trotz antibiotischer Therapie nach ein bis drei Tagen entweder eine Krankheitsprogression zeigen oder keine ausreichende klinische Besserung erfahren. Die Gallenblasen-Drainage führt zur Entlastung von infizierter Galle oder Eiter und ermöglicht die Rückbildung lokaler Entzündung sowie systemischer Krankheitszeichen. Dadurch kann die Cholezystektomie zu einem späteren Zeitpunkt mit geringerem Risiko erfolgen. Bevorzugt wird die perkutan-transhepatische Drainage aufgrund ihrer Einfachheit, Sicherheit und geringeren Kosten (32).

Die Mortalität einer einzelnen Episode einer akuten Cholezystitis hängt vom Allgemeinzustand und dem Operationsrisiko des Patienten ab. Insgesamt beträgt die Mortalität etwa 3 %, liegt jedoch bei jungen, sonst gesunden Patienten unter 1 % und erreicht bei Hochrisikopatienten oder bei Auftreten von Komplikationen bis zu 10 % (33, 34).

Tumoren der Gallenblase

Gallenblasenpolypen treten in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 1–7 % auf (35–37), wobei Adenome als prämaligne Läsionen weniger als 5 % der Polypen ausmachen (38). Ab einer Grösse von 1 cm steigt das Risiko für Adenome oder Karzinome deutlich an, sodass in diesen Fällen eine Cholezystektomie empfohlen wird. Bei asymptomatischen Polypen zwischen 6 und 10 mm ist der Nutzen einer vorbeugenden Operation jedoch unklar, da die meisten dieser Polypen einen gutartigen Verlauf zeigen, auch wenn in seltenen Fällen maligne Veränderungen bereits bei kleineren Polypen unter 1 cm auftreten können (39). Zur genaueren Beurteilung, insbesondere in dieser Grössen­klasse, ist die Endosonographie der transabdominellen Sonographie überlegen.

Eine besondere Situation stellen Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC) dar: Hier sind Gallenblasenläsionen häufig bösartig, weshalb bereits bei Polypen unter 1 cm eine Cholezystektomie angeraten wird (40, 41). Sehr grosse Polypen über 18–20 mm weisen ein erhebliches Malignitätsrisiko auf, sodass in diesen Fällen in der Regel eine offene Cholezystektomie empfohlen wird.

Für Polypen von 6–10 mm, die nicht entfernt werden, gilt ein engmaschiges Ultraschall- oder Endosonographie-Intervall, zunächst alle drei bis sechs Monate, später jährlich, sofern keine Grössenzunahme auftritt (37, 42, 35). Asymptomatische Polypen von höchstens 5 mm müssen in der Regel nicht weiter kontrolliert werden. Zur Unterscheidung von Gallensteinen kann die Lageveränderung des Patienten hilfreich sein, multiple kleine Polypen sprechen eher für Cholesterinpolypen, und mittels Farbduplexsonographie lassen sich in manchen Fällen Gefässstrukturen erkennen, die für Adenome typisch sind (43).

Ein Gallenblasenkarzinom, welches insgesamt eine sehr schlechte Prognose hat, wird entweder vor einer Operation, während des Eingriffs, meist im Rahmen einer Exploration bei zunächst anderweitig vermuteter Ursache abdomineller Beschwerden, oder erst nach der Operation anhand der histologischen Untersuchung des entnommenen Gallenblasenpräparats festgestellt. Nach aktuellen Serien gelingt die Diagnose nur in rund der Hälfte der Fälle bereits präoperativ (44). In sehr frühen Stadien des Gallenblasenkarzinoms (Tis, T1a) ist eine einfache Cholezystektomie ausreichend und führt in der Regel zur Heilung. Bei höheren Tumorstadien wird hingegen eine erweiterte Cholezystektomie empfohlen, bei der die Gallenblase zusammen mit einem mindestens 2 cm breiten Saum des angrenzenden Lebergewebes im Bereich des Gallenblasenbetts entfernt wird. Je nach Tumorsitz (Fundus, Korpus oder Hals) kann zusätzlich eine zentrale Leberresektion der Segmente IVb und V sinnvoll sein (45). Fernmetastasen sowie eine Peritonealkarzinomatose sind absolute Kontraindikation für eine Resektion. Die fünfjährige Überlebensrate beim Gallenblasenkarzinom liegt insgesamt bei nur rund 20 %. In Krankheitsstadien, die über T1N0 hinausgehen, sind die Langzeitergebnisse deutlich schlechter (46).

Chirurgische Aspekte

In der Schweiz wurden im Jahr 2023 laut dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium rund 18 000 Cholezystektomien durchgeführt. Die laparoskopische Cholezystektomie gilt insgesamt als sicheres und effektives Verfahren, bei dem sich die meisten Patient/-innen rasch und ohne Komplikationen erholen. Die prospektive, internationale AMBROSE-Studie untersuchte kürzlich über 21 000 Cholezystektomien aus 57 Ländern und berichtete eine 30-Tage-Komplikationsrate von 8 % sowie eine Mortalität von 0.4 %. Gallengangsverletzungen traten in 1.3 % (Leckagen) bzw. 0.2 % (schwere Verletzungen) der Fälle auf. Alter, Komorbiditäten, Operationssetting, chirurgischer Ansatz und intraoperative Schwierigkeit erwiesen sich als die stärksten Prädiktoren für postoperative Komplikationen (47) (Abb. 1). Ein Vorteil in Form einer reduzierten Komplikationsrate konnte für den Einsatz der roboterassistierten Chirurgie bisher nicht nachgewiesen werden, im Gegenteil, es wird sogar über erhöhte Komplikationsraten berichtet (48, 49).

Im deutschsprachigen Raum wird die elektive laparoskopische Cholezystektomie bei sorgfältig ausgewählten Patient/-innen in der S3-Leitlinie als ambulante Option mit hoher Evidenzstufe empfohlen (50). In der Schweiz findet diese Praxis bislang jedoch kaum Anwendung, was in erster Linie auf tarifäre und weniger auf medizinische Gründe zurückzuführen ist.

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. med. Olivier de Rougemont

Chirurgie de Rougemont
Römerhofplatz 5
8032 Zürich

olivier.derougemont@usz.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Gallenblasenerkrankungen reichen von häufigen, meist asymptomatischen Steinen bis hin zu akuten Entzündungen und seltenen Neoplasien.
  • Symptomatische Cholezystolithiasis und Cholezystitis stellen die Hauptindikationen zur Cholezystektomie dar.
  • Die laparoskopische Cholezystektomie ist das sichere und effektive Standardverfahren mit niedriger Morbidität und Mortalität.
  • Eine sorgfältige Indikationsstellung und rechtzeitige Überweisung sind entscheidend zur Vermeidung schwerwiegender Komplikationen.

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Morbus Osler Diagnose und Behandlung

Morbus Osler (hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie, HHT) ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte Multisystemerkrankung mit einer Prävalenz von etwa 1 : 5000 bis 1 : 8000. Charakteristisch sind wiederkehrende, spontane Blutungen (vor allem Epistaxis), mukokutane Teleangiektasien sowie arteriovenöse Malformationen (AVMs) in Organen wie Lunge, Leber, Gehirn und dem Gastrointestinaltrakt. Die Diagnose basiert auf den klinischen Curaçao-Kriterien und wird durch genetische Analysen (ENG, ACVRL1, SMAD4) gesichert. Das Erkrankungsbild ist heterogen und reicht von milden Verläufen bis zu schwerwiegenden Komplikationen wie Schlaganfall, Herzinsuffizienz oder chronischer Blutungsanämie. Die Therapie umfasst symptomorientierte lokale Massnahmen sowie moderne systemische Ansätze, beispielsweise mit Bevacizumab oder Pomalidomid. Um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und die Prognose zu verbessern, ist eine lebenslange, interdisziplinäre Betreuung der Patienten erforderlich.

Hereditary hemorrhagic telangiectasia (HHT, Osler’s disease) is a rare autosomal-dominant multisystem disorder with a prevalence of approximately 1 : 5000 to 1 : 8000. The disease is characterized by recurrent, spontaneous bleeding (most commonly epistaxis), mucocutaneous telangiectasias, and arteriovenous malformations (AVMs) in organs such as the lungs, liver, brain, and gastrointestinal tract. Diagnosis is based on the clinical Curaçao criteria and confirmed by genetic analysis (ENG, ACVRL1, SMAD4). The clinical spectrum is highly variable, ranging from mild manifestations to severe complications such as stroke, heart failure, or chronic anemia due to bleeding. Treatment includes local symptomatic measures as well as novel systemic approaches, for example with bevacizumab or pomalidomide. Lifelong, interdisciplinary management is essential to enable early detection of complications and to improve long-term prognosis for patients.
Keywords: Hereditary hemorrhagic telangiectasia, arteriovenous malformation, epistaxis

Einleitung und Übersicht

Die Pathophysiologie des Morbus Osler beruht auf einer gestörten Angiogenese mit Ausbildung fragiler Gefässverbindungen (1). Verursacht wird sie überwiegend durch Mutationen in den Genen ENG und ACVRL1 sowie seltener in SMAD4 (2-4). Diese Gene codieren für zentrale Komponenten des TGF-β-Signalwegs, der eine Schlüsselrolle bei der Gefässentwicklung und -stabilität spielt (5-8). Eine gestörte Signalübertragung im TGF-β/BMP-Signalweg führt zu einer Überaktivität des vaskulären endo-thelialen Wachstumsfaktors (VEGF), wodurch Teleangiektasien und arteriovenöse Malformationen (AVMs) in verschiedenen Organen wie Lunge oder Leber entstehen (1, 5, 6). Trotz hoher Penetranz zeigt die Erkrankung ein breites Spektrum klinischer Ausprägungen. Die Diagnose stützt sich auf die Curaçao‑Kriterien und wird durch bildgebende sowie molekulargenetische Untersuchungen ergänzt (9–12). Diese ermöglichen eine präzise genetische Klassifikation und sind essenziell für die familiären Abklärungen und das individuelle Risikomanagement.

Diagnostik des Morbus Osler

Bei der Diagnose von Morbus Osler sollten bereits in der Anamnese und bei der körperlichen Untersuchung typische Manifestationen systematisch erfasst werden. Hierzu zählen rezidivierendes, oft spontan auftretendes Nasenbluten (Epistaxis), Teleangiektasien der Haut und Schleimhäute (v. a. an Lippen, Zunge, Fingerkuppen) sowie Hinweise auf viszerale arteriovenöse Malformationen (AVMs).
Die klinische Präsentation dieser AVMs variiert je nach betroffenem Organ: pulmonale AVMs können sich durch Dyspnoe, Zyanose oder paradoxe Embolien äussern; zerebrale AVMs durch Kopfschmerzen, epileptische Anfälle oder hämorrhagische Insulte; hepatische AVMs durch Zeichen einer High‑Output‑Herzinsuffizienz oder einer Leberfunktionsstörung (13–15).

Obwohl erste Symptome häufig schon in der Kindheit auftreten, wird die Diagnose in vielen Fällen erst verzögert gestellt – in Studien mitteleuropäischer Kohorten lag die mittlere Zeit zwischen Symptombeginn bis zur Diagnosestellung bei etwa 15 Jahren (16).

Eine strukturierte Abklärung ist vor allem bei Patienten mit unklaren Anämien, ausgeprägter Epistaxis oder positiver Familienanamnese indiziert. Grundlage der klinischen Beurteilung sind die Curaçao‑Kriterien (10). Diese umfassen vier Hauptmerkmale: spontane und rezidivierende Epistaxis, multiple Teleangiektasien an typischen Stellen, viszerale AVMs sowie eine positive Familienanam-nese bei einem Verwandten ersten Grades. Die Diagnose gilt als gesichert, wenn mindestens drei Kriterien erfüllt sind; bei zwei Kriterien ist sie möglich, bei weniger als zwei unwahrscheinlich.
Zur Abklärung viszeraler AVMs werden organspezifische bildgebende Verfahren wie Transthorakale Kontrast-Echokardiographie (TTCE), Magnetresonanz-Tomographie (MRT) oder Sonographie eingesetzt (12, 13, 17); weiterführende Einzelheiten hierzu sind im Abschnitt zum Screening dargestellt.

Die molekulargenetische Untersuchung ist zentral für die Diagnosesicherung und das Familienscreening. Bei der Mehrzahl der Betroffenen lassen sich Mutationen in den Genen ENG, ACVRL1 und seltener SMAD4 nachweisen (2–4). Der Nachweis einer krankheitsverursachenden Variante ermöglicht eine eindeutige molekulare Klassifikation und eine gezielte prädiktive Testung von Angehörigen ersten Grades. In Einzelfällen kann eine genetische Analyse bereits bei unklarer klinischer Präsentation entscheidend sein, etwa bei Kindern vor Auftreten der typischen Symptome oder bei isolierten Organmanifestationen.

Genetische Varianten und neue Klassifikation bei Morbus Osler

Die genetische Heterogenität bei Morbus Osler ist ausgeprägt, da mehrere Gene an der Krankheitsentstehung beteiligt sein können. Dennoch entfallen etwa 85–90 % aller Fälle auf Mutationen in ENG und ACVRL1 (2, 3). Auf dieser Grundlage wurde eine erweiterte molekulare Klassifikation vorgeschlagen, die dabei helfen soll, unterschiedliche klinische Schwerpunkte besser einzuordnen und ein gezielteres Screening vornehmen zu können (11, 12). Die bekannten Subtypen sowie ihre typischen Organmanifestationen sind in Tabelle 1 zusammengefasst und werden nachfolgend näher erläutert.

HHT Typ 1 (ENG‑assoziiert)

Mutationen im ENG‑Gen (Endoglin) sind für etwa 40–50 % aller Erkrankungen von Morbus Osler verantwortlich (2,7). Endoglin kodiert für einen endothelialen Co-Rezeptor im TGF‑β‑Signalweg, der für eine stabile Gefässentwicklung und -reifung essenziell ist. Defekte in diesem Gen führen zu einer gestörten Signalübertragung und resultieren in einer inadäquaten Angiogenese mit erhöhter Gefässfragilität. HHT1 ist oft mit einem frühen Krankheitsbeginn verbunden. Typisch sind eine ausgeprägte Epistaxis und ein erhöhtes Risiko für pulmonale AVMs (PAVMs) und zerebrale AVMs (CAVMs). Studien zeigen, dass über 50 % der ENG‑Mutationsträger PAVMs entwickeln (1, 19). Aufgrund der hohen Penetranz wird bei Nachweis einer ENG‑Mutation ein regelmässiges Screening von Lunge und Gehirn empfohlen, auch bei asymptomatischen Patienten (12, 17).

HHT Typ 2 (ACVRL1‑assoziiert)

HHT Typ 2 beruht auf Mutationen im ACVRL1‑Gen, einem Serin/Threonin‑Kinase‑Rezeptor im TGF‑β‑Signalweg (3). Diese führen zu einer verminderten Kinaseaktivität und somit zu einer gestörten Signalübertragung. Klinisch manifestiert sich HHT2 häufiger mit hepatischen AVMs (HAVMs), die zu High‑Output‑Herzinsuffizienz oder biliären Komplikationen führen können (15, 20). Im Vergleich zu HHT1 treten die Symptome oft später auf und das Risiko für zerebrale AVMs scheint geringer zu sein. Aufgrund der Leberbeteiligung wird ein gezieltes Leber‑Screening (Sonografie und ggf. MRT) empfohlen (18).

JP‑HHT (SMAD4‑assoziiert)

Mutationen im SMAD4‑Gen verursachen eine seltene Sonderform der HHT, die als Juvenile‑Polyposis‑HHT‑Overlap‑Syndrom (JP‑HHT) bezeichnet wird. Diese Patienten erfüllen nicht nur die klassischen Kriterien der hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie, sondern zeigen zusätzlich klinische Merkmale einer juvenilen Polyposis (4, 21). SMAD4 kodiert für ein intrazelluläres Signalmolekül des TGF‑β/BMP‑Signalwegs, das als Transkriptionsfaktor die Regulation der Gefässreifung und die Homöostase epithelialer Gewebe steuert (8). Neben den für Morbus Osler typischen Teleangiektasien und AVMs in Lunge, Leber und Gehirn treten bei SMAD4‑Mutationsträgern multiple juvenile Polypen im Gastrointestinaltrakt auf. Diese Polypen verursachen häufig bereits im Kindes- oder jungen Erwachsenenalter chronische Blutungen und Eisenmangelanämie und erhöhen langfristig das Risiko für gastrointestinale Malignome (12, 22). Daher werden neben dem Screening auf AVMs auch regelmässige Koloskopien empfohlen, um Polypen rechtzeitig zu behandeln und Komplikationen zu vermeiden.

HHT Typ 4 (GDF2‑assoziiert)

Seltene pathogene Varianten im GDF2‑Gen (Growth Differentiation Factor 2, kodiert für BMP9) wurden in den letzten Jahren als weitere Ursache eines HHT‑ähnlichen Phänotyps identifiziert. BMP9 ist ein Ligand des ALK1‑Rezeptors und spielt eine zentrale Rolle im TGF‑β/BMP‑Signalweg, insbesondere bei der Regulation der Angiogenese und Gefässhomöostase (8). Die bisher bekannten Fälle zeigen eine variable Klinik. In publizierten Einzelfallberichten und Fallserien wurden insbesondere hepatische und pulmonale AVMs beschrieben, die sich klinisch durch Dyspnoe, Hypoxie oder Zeichen einer High‑Output‑Herzinsuffizienz äussern können (23). Bei klinischem Verdacht auf Morbus Osler, jedoch ohne Nachweis einer Mutation in ENG, ACVRL1 oder SMAD4, sollte eine erweiterte genetische Diagnostik auf das GDF2-Gen in spezialisierten Zentren erwogen werden (9, 12).

HHT Typ 5 (RASA1‑assoziiert)

HHT Typ 5 wird mit Mutationen im RASA1‑Gen assoziiert, das für einen Regulator des RAS/MAPK‑Signalwegs kodiert und dadurch die Gefässentwicklung beeinflusst. Klinisch zeigt sich meist ein CM‑AVM‑Syndrom (Capillary-Malformation–Arteriovenous-Malformation-Syndrom), das durch multiple kapilläre Hautmalformationen und teils symptomatische AVMs gekennzeichnet ist. Anders als bei HHT1 oder HHT2 ist die Organbeteiligung weniger vorhersehbar. Die Literatur beschreibt heterogene Phänotypen von asymptoma-tischen Hautveränderungen bis hin zu schwerwiegenden viszeralen AVMs (24,25).

Die genetische Diagnostik sollte stets im Zusammenhang mit der klinischen Phänotypisierung erfolgen. Eine alleinige genetische Analyse ohne klinischen Kontext birgt die Gefahr von Fehlinterpretationen, insbesondere bei Varianten unklarer Signifikanz (VUS). Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei etwa einem Drittel der Familien keine vollständige Penetranz besteht und sporadische Mutationen, insbesondere bei SMAD4‑assoziierten Formen, auftreten können (4, 7, 9). Die molekulare Diagnostik ist inzwischen ein integraler Bestandteil des Managements von Morbus Osler, da sie eine differenzierte Risikoeinschätzung, die gezielte Prävention potenziell lebensbedrohlicher Komplikationen und eine fundierte Familienberatung ermöglicht. Mit der Weiterentwicklung genomischer Technologien ist zudem mit der Identifizierung weiterer Gene und Signalwegkomponenten zu rechnen, die zur Pathogenese der HHT beitragen (17, 23, 26).

Sekundäre Organschädigungen bei Morbus Osler

Nach der Diagnose eines Morbus Osler (HHT) ist eine systematische Abklärung potenzieller Organbeteiligungen unerlässlich, da die Erkrankung durch AVMs in verschiedenen Organsystemen gekennzeichnet ist. Die häufigsten Manifestationen betreffen die Lunge, das zentrale Nervensystem (ZNS), die Leber sowie den Gastrointestinaltrakt. Auch wenn diese Organbeteiligungen in vielen Fällen lange asymptomatisch sind, können sie jedoch zu erheblichen Morbiditäten führen. Daher ist ein strukturiertes und frühzeitiges Screening essenziell, idealerweise bereits bei klinischem Verdacht auf Morbus Osler oder Nachweis von spezifischen molekulargenetischen Veränderungen (12, 17).

Die in Abbildung 1 dargestellte Übersicht zeigt den aktuellen Standard der Versorgung in vielen auf Morbus Osler spezialisierten Zentren: Beginnend mit der Diagnosesicherung folgen standardisierte Untersuchungen zur Erfassung pulmonaler, zerebraler, hepatischer und gastrointestinaler Manifestationen. Je nach Befund sind die Verlaufskontrollen in definierten Intervallen vorgesehen. Im Folgenden werden die organspezifischen Aspekte näher erläutert.

Pulmonale AVMs (PAVMs)

PAVMs sind bei bis zu 50 % der Betroffenen nachweisbar und können zu relevanten Komplikationen wie zentraler Zyanose, Schlaganfällen durch paradoxe Embolien oder septischen Infarkten führen (20). Das empfohlene Screening erfolgt mittels transthorakaler Kontrast-Echokardio­graphie (TTCE) mit Bubble-Test, idealerweise bereits im Kindesalter (27). Bei positivem TTCE‑Befund wird eine kontrastverstärkte Thorax‑CT (Computertomographie) zur genauen Lokalisation und Grössenbeurteilung durchgeführt. PAVMs ab einem Durchmesser von 2–3 mm oder mit relevanter Rechts-Links-Shuntfunktion sollten embolisiert werden, um Komplikationen zu vermeiden. Nach erfolgreicher Therapie ist eine Nachkontrolle nach 12 Monaten indiziert, anschliessend in Fünfjahresintervallen oder bei Symptomen (28, 29). Ist die TTCE unauffällig, spricht dies zunächst gegen das Vorliegen relevanter PAVMs. Da jedoch neue Läsionen im Verlauf entstehen können, wird eine Reevaluation in regelmässigen Intervallen empfohlen, in der Regel alle fünf Jahre oder bei neu auftretenden Symptomen (12). Aufgrund des erhöhten Risikos für septische Embolien wird bei Patientinnen und Patienten mit nachgewiesenen PAVMs eine konsequente Infektprophylaxe entsprechend einer antibiotischen Endokarditisprophylaxe bei invasiven Eingriffen oder zahnärztlichen Behandlungen empfohlen (12, 13).

Zerebrale AVMs (CAVMs)

CAVMs treten in etwa 10–20 % der Fälle auf (30). Die Manifestationen reichen klinisch von asymptomatischen Befunden über Kopfschmerzen bis zu Krampfanfällen oder hämorrhagischen Insulten (14). Ein einmaliges Screening mittels MRT des Schädels (mit oder ohne Kontrastmittel) ist bei neu diagnostiziertem Morbus Osler empfohlen, bevorzugt im Kindes- oder jungen Erwachsenenalter. Weitere Verlaufskontrollen erfolgen in der Regel nur bei neu aufgetretenen Symptomen oder Erstuntersuchung als Kind (12).

Hepatische AVMs (HAVMs)

HAVMs sind bei bis zu 70–80 % der erwachsenen M. Osler-Patienten nachweisbar, verlaufen aber häufig asymptomatisch (20). Sie können jedoch zu High-Output-Herzin­suffizienz, portaler Hypertension oder biliären Komplikationen füh­ren (15). Das Screening sollte mittels abdomineller Duplex‑Sonografie erfolgen, bei auffälligen Befunden oder klinischen Hinweisen ergänzt durch CT oder MRT (18). Eine prophylaktische Therapie ist nicht angezeigt, jedoch erfordert eine kardiale Belastung oder eine beginnende Leberfunktionsstörung engmaschige Überwachung (12).

Gastrointestinale Blutungen

Gastrointestinale Blutungen infolge von Teleangiektasien treten häufiger bei älteren M. Osler‑Patienten auf und führen oft zu chronischer Eisenmangelanämie. Bei therapieresistenter Anämie oder Verdacht auf okkulte Blutung ist eine obere und ggf. untere Endoskopie indiziert; bei Verdacht auf Dünndarmläsionen kann eine Kapselendoskopie hilfreich sein (22). In schweren Fällen kommen auch antiangiogenetische Therapien zum Einsatz, z. B. mit dem Anti-VEGF-Antikörper Bevacizumab (31).

Kardiale und vaskuläre Komplikationen

HAVMs und PAVMs können sekundäre kardiale Probleme verursachen, etwa chronische Hypoxie, High‑Output‑Herzversagen oder paradoxe Embolien (15,19). In Fällen mit pulmonalen oder hepatischen AVMs sollte daher eine echokardiographische Beurteilung des Herzens erfolgen. Bei nachgewiesenen Shunt‑bedingten Embolien ist eine kardiovaskuläre Sekundärprophylaxe in Erwägung zu ziehen (12).

Hämatologische Aspekte und Eisenmangelmanagement bei Morbus Osler

Insbesondere bei älteren Patientinnen und Patienten mit chronischer Eisenmangelanämie sind die Bestimmung der Eisenparameter, des Vitamin-B12- und Folsäurespiegels sowie ggf. weitere hämatologische Untersuchungen sinnvoll. Aufgrund häufiger gastrointestinaler Unverträglichkeiten können orale Eisenpräparate problematisch sein; in solchen Fällen bietet sich die parenterale Eisengabe als geeignete Alternative an. Der Hämoglobinzielwert sollte in der Regel über 100 g/l liegen, wobei Übertransfusionen zu vermeiden sind (12, 32).

Therapieoptionen bei Morbus Osler

Die Behandlung erfolgt bei Morbus Osler in erster Linie symptomorientiert und richtet sich nach den jeweils betroffenen Organen und der Schwere der Blutungsneigung. Neben der Kontrolle lokaler Blutungen spielt die Prävention von Komplikationen durch AVMs eine zentrale Rolle. Ein interdisziplinäres Vorgehen ist dabei essenziell, das HNO‑Medizin, Radiologie, Gastroenterologie, Kardiologie, Hepatologie und klinische Genetik umfasst (11, 12).

Epistaxis-Management

Nasenbluten ist das häufigste Symptom bei Morbus Osler und kann wesentlich zur Entwicklung einer Eisenmangelanämie beitragen. Die Leitlinien empfehlen ein stufenweises Vorgehen. Basismassnahmen umfassen die regelmässige Befeuchtung der Nasenschleimhaut sowie die Anwendung von pflegenden Nasensalben und Spülungen. Bei persistierender Epistaxis kommen interventionelle Verfahren wie Laserkoagulation (z. B. KTP‑ oder Nd:YAG‑Laser) oder Radiofrequenzablation zum Einsatz, die in Studien die Blutungsfrequenz signifikant reduzieren (33). Laserbehandlungen sind auch für Hautveränderungen möglich. Zusätzlich können in therapierefraktären Fällen topische Antiangiogenetika wie intranasales Bevacizumab eingesetzt werden (34). Bei besonders schweren Verlaufsformen werden chirurgische Massnahmen wie die Septodermoplastik oder als ultima ratio der permanente Verschluss der Nase (Young‑Operation) erwogen (35).

Systemische Therapien

Bei ausgeprägter oder transfusionspflichtiger Blutungsneigung werden zunehmend systemische Therapien eingesetzt. Bevacizumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen VEGF-A, der das VEGF-Signaling in den Endothelzellen blockiert. Dadurch werden Gefässneubildung, Endothel-Proliferation, Migration und Gefässpermeabilität gehemmt. Die intravenöse Applikation von Bevacizumab konnte in mehreren Studien die Häufigkeit von Blutungen reduzieren, den Transfusionsbedarf senken und bei hepatischen AVMs Symptome eines High‑Output‑Herzversagens verbessern (36). Neuere Studien zeigen zudem vielversprechende Ergebnisse für Pomalidomid, ein Thalidomid-Derivat mit antiangiogenetischem Effekt. In randomisierten Studien konnte Pomalidomid nicht nur die Zahl transfusionspflichtiger Blutungen deutlich reduzieren, sondern auch die Schwere der Epistaxis signifikant senken und die Lebensqualität der Patienten verbessern. Anzumerken ist die orale Applikation von Pomalidomid, die in den bisherigen Studien mit einer guten Verträglichkeit assoziiert war. Diese Eigenschaften unterstreichen das Potenzial des Wirkstoffs als vielversprechende Ergänzung im therapeutischen Management schwerer, therapierefraktärer Blutungen bei Morbus Osler (37–39). Die Anwendung solcher Therapien erfolgt off label nach Einholung einer Kostengut­sprache und die Indikation sollte in erfahrenen Zentren gestellt werden.

Schwangerschaft bei Morbus Osler

Schwangerschaft stellt für Patientinnen mit Morbus Osler eine besondere Situation dar, da die physiologische hämodynamische Mehrbelastung zu einer Destabilisierung bestehender AVMs führen kann. Vor einer geplanten Schwangerschaft wird daher ein Screening auf pulmonale und zerebrale AVMs mit anschliessender Behandlung relevanter Befunde empfohlen, um das Risiko maternaler und fetaler Komplikationen zu senken (40, 41). Während der Schwangerschaft sollten Patientinnen in einem erfahrenen Zentrum interdisziplinär betreut werden. In ausgewählten Situationen kann eine Embolisation von AVMs auch im zweiten Trimenon durchgeführt werden, sofern der erwartete Nutzen für die Mutter das Eingriffsrisiko überwiegt (12).

Dieser Artikel wurde gemeinsam mit MUDr. Philippe Wöllenstein erstellt.

Copyright
Aerzteverlag medinfo AG

Dipl. Ärztin Christina Jagdfeld

Rare disease Sprechstunde, Klinik
und Poliklinik für Innere Medizin
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Dr. med. Viktor Martos

Rare disease Sprechstunde, Klinik
und Poliklinik für Innere Medizin
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Prof. Dr. med. Florence Vallelian

Rare disease Sprechstunde
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

Die Autorenschaft hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Morbus Osler (HHT) ist eine genetisch heterogene Erkrankung mit Mutationen in ENG, ACVRL1, SMAD4 und seltener GDF2 oder RASA1, die zu Teleangiektasien und AVMs in mehreren Organen führt. Die Diagnose stützt sich auf die Curaçao‑Kriterien und wird durch genetische Analysen bestätigt.
  • Pulmonale, zerebrale und hepatische AVMs können lebensbedrohlich sein, daher sind strukturierte und regelmässige Screenings essenziell.
  • Epistaxis ist das häufigste Symptom; bei therapierefraktären Blutungen können Bevacizumab oder Pomalidomid den Transfusionsbedarf senken und die Lebensqualität verbessern.
  • Frauen mit Morbus Osler sollten vor einer geplanten ­Schwangerschaft auf AVMs untersucht und während der Schwangerschaft interdisziplinär betreut werden.

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