Editorial: Blaulicht – Licht oder Schatten?

Als Ärztinnen und Ärzte denken wir beim Blaulicht an den Krankenwagen; hier sprechen wir von Licht mit der Wellenlänge 380-500 nm. Umweltprobleme sind in aller Munde. Ein retour à la nature!, wie es Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) zugeschrieben wird, sich jedoch in dieser Form in keiner seiner Schriften findet, gibt es nicht (mehr). Wir senken unsere CO2-Emissionen, versuchen die Artenvielfalt zu erhalten und diskutieren über mögliche Schäden von 5G-Antennen. Wie steht es mit Blaulicht, welches von Smartphones und sogenannt umweltfreundlichen LED-Leuchten ausgestrahlt wird? Blicken wir doch kurz auf drei Studien:

Achtzehn 21 Tage alte weibliche Ratten wurden in drei Gruppen aus sechs Ratten eingeteilt: Kontrollgruppe, Blaulicht-6 Stunden und Blaulicht-12 Stunden täglich. Der Eintritt der Pubertät war am 38., 32. bzw. 30. Tag (p=0.001). Die Korrelation zwischen Blaulichtexposition und Melatoninkonzentration war negativ (p=0.048). Mit zunehmender Belichtungszeit mit blauem Licht nahmen die Kapillar­erweiterung und die Ödeme im Eierstockgewebe zu. Eine längere Exposition verursachte morphologische Veränderungen der polyzystischen Ovarialität und Apoptose in Granulosazellen (1).

Bei männlichen Ratten mit derselben Versuchsanordnung war der Eintritt der Pubertät am 38., 30. bzw. 28. Tag (p=0.001). Die Hodenlängen und -gewichte der Blaulicht-Gruppen waren im Vergleich zur Kontrollgruppe kleiner (p=0.03 bzw. p=0.04). Mit zunehmender Blaulicht-Expositionszeit wurde die Spermato­genese unterdrückt (2).

Bei Fliegenköpfen (Drosophila melanogaster), die 14 Tage lang in Blaulicht gehalten wurden, wurden stark erhöhte Succinatwerte, aber reduzierte Konzentrationen von Pyruvat und Citrat gemessen, was auf eine Beeinträchtigung der Energieproduktion hindeutet. Bekannt war, dass eine akute Blaulicht-Exposition zu oxidativem Stress und zum Absterben von Netzhautzellen führen kann. Diese Studie zeigte eine beginnende Neurodegeneration und signifikant reduzierte Spiegel mehrerer Neurotransmitter, darunter Glutamat und Gamma-Aminobuttersäure (GABA), selbst bei Fliegen mit genetisch abgetragenen Augen, was darauf hindeutet, dass Blaulicht Zellen und Gewebe schädigen kann, die nicht auf die Lichtwahrnehmung spezialisiert sind. Chronische Blaulicht-Exposition könnte zu einer beschleunigten Alterung, verkürzten Lebenserwartung und Neurodegeneration des Gehirns führen (3).

Die moderne Strassenbeleuchtung hat sich seit 2013 gewandelt, als LEDs (Licht emittierende Dioden) als Leuchtmittel für Strassenlaternen die Marktreife erlangt haben. Fotos der Internationalen Raumstation ISS zeigen, dass sich das Farbspektrum der nächtlichen Beleuchtung verändert hat (4). Besonders deutlich ist dies in europäischen Städten, wo Natriumdampflampen mit orange-gelbem Licht durch weisse LED-Lampen ersetzt wurden, die einen deutlich grösseren Anteil an blauem Licht abstrahlen (Im Jahr 2005 bestand etwa 56 % der Strassenbeleuchtung in Europa aus Natriumdampflampen und 43 % aus weissen Lampen [32 % Quecksilber-, 3 % Halogen- und 8 % Leuchtstofflampen]). In früheren Studien wurde gezeigt, dass die nächtliche Beleuchtung (Lichtverschmutzung) negative Folgen für die Bewegung und das Fressverhalten von Fledermäusen hat. Auch die Bewegung von Motten und anderen Insekten, die sich Lichtquellen nähern oder sie vermeiden, verändert sich. Die obige Studie bei Fruchtfliegen legt gesundheitliche Schäden und beschleunigte Alterungsprozesse durch eine übermässige Exposi­tion gegenüber blauem Licht nahe. Bei weiblichen Ratten waren die Melatoninwerte reduziert, einige Fortpflanzungshormone erhöht und wurden Veränderungen an den Eierstöcken festgestellt. Sowohl weibliche wie männliche Ratten wiesen ein bemerkenswert früheres Einsetzen der Pubertät auf.

Vorläufig sprechen wir von Tierstudien, welche nicht unbedingt auf den Menschen übertragbar sind. Schlafstörungen oder eine frühe Pubertät lassen an den übermässigen Gebrauch des Smartphones denken. Die Vermeidung der Blaulichtexposition könnte eine Anti-Aging-Strategie sein. Ein Blick auf die möglichen gesundheitlichen Risken ausgehend von LED-Leuchten, Fernseher, Tablet und Smartphone befreit uns von der monomanen Beschränkung auf CO2-Emissionen und relativiert die menschliche Macht gegenüber einer wunderbaren Natur.

KD Dr. med. Marcel Weber

KD Dr. med. et lic. phil. Marcel Weber

Chefarzt emeritus Rheumaklinik Triemli
8800 Thalwil

marwebdr@gmail.com

1. Ugˇurlu Aylin Kılınç. Effects of Blue Light on Puberty and Ovary in Female Rats. J Clin Res Pediatr Endocrinol 2023 May 22. doi: 10.4274/jcrpe.galenos.2023.2022-12-1.
2. Ugˇurlu Aylin Kılınç. Is blue light exposure a cause of precocious puberty in male rats? Front Endocrinol (Lausanne) 2023 Jun 20;14:1190445. doi: 10.3389/fendo.2023.1190445.
3. Yang Jun. Chronic blue light leads to accelerated aging in Drosophila by impairing energy metabolism and neurotransmitter levels. Front Aging 2022 Aug 31;3:983373. doi: 10.3389/fragi.2022.983373.
4. Sánchez de Miguel Alejandro. Environmental risks from artificial nighttime lighting widespread and increasing across Europe. Science Advances 2022;37(8):eabl6891. doi: 10.1126/sciadv.abl6891

RETO KRAPFs Medical Voice

Frisch ab Presse:

Screening und Behandlung von Dyslipidämien bei Kindern?

Laut der sogenannten «US Preventive Services Task Force», kurz USPSTF genannt, gibt es bei Kindern und Adoleszenten unter 20 Jahren zu wenig Evidenz ein Lipoproteinscreening durchzuführen, wenn die Individuen gesund und ohne familiäre Belastung mit kardiovaskulären Erkrankungen oder multifaktorieller Dyslipidämie sind. Liegen diese aber vor, wird ein bestätigendes Screening mit Lipoproteinbestimmungen und genetischer Analyse empfohlen. Namentlich bei heterozy­goter familiärer Hypercholesterinämie (1 auf 250-500 Kinder) ist dann eine Cholesterin-senkende Therapie im Kindes- und Jugendalter indiziert. Bei anderen Dyslipidämien ist der Nutzen einer frühen Therapieintervention noch nicht so klar, dass sie es zur Guidlineempfehlung geschafft hätte. Die gerade neu aufgelegten Empfehlungen der USPSTF bestechen durch eine sehr ausgewogene und kritische Analyse und vergessen auch nicht die Probleme des Screenings und die Nebenwirkungen früh eingesetzter Therapien zu beleuchten. Diverse kardiovaskuläre Fachgesellschaften empfehlen aber beispielsweise ein universelles Screening, etwa im Schulalter.

JAMA 2023, doi:10.1001/jama.2023.11330, verfasst am 24. 07.2023

Verlauf bei Raucherinnen oder Rauchern mit initial normaler Lungenfunktion

Gemäss den GOLD-Kriterien wird bei Individuen mit ehemaligem (typischerweise >20 Packjahre) oder aktuellem Nikotin­abusus aber normaler Lungenfunktion von einer «Prä-COPD» gesprochen. Der spätere Verlauf hängt gemäss der hier angeführten Publikation davon ab, ob die Patientinnen und Patienten zu Beginn an Symptomen litten, die mit COPD vereinbar sind, oder asymptomatisch waren. Sowohl der Verlauf des forcierten Erstsekundenvolumens (minus 31-38 ml/Sek und Jahr in beiden Gruppen) als auch computertomographische Verlaufsparameter einer COPD waren nicht unterschiedlich bei symptomatischen oder asymptomatischen Individuen. Die Nachbeobachtungszeit betrug fast 6 Jahre. Allerdings wiesen die symptomatischen Individuen hochsignifkant mehr (d.h. drei Mal mehr) Exazerbationen pro Jahr auf. Absolut ausgedrückt traten 23 Exazerbationen pro Jahr in der Gruppe symptomatischer Individuen gegenüber 8 Exazerba­tionen pro Jahr in der asymptomatischen Gruppe auf. Die Prä-COPD scheint also keine homogene Krankheit zu sein und die in der Routine zur Verfügung stehenden diagnostischen Mittel können diese nicht unterscheiden. Symptomatische Individuen mit Prä-COPD brauchen also spezielle Instruktionen über Frühzeichen einer Exazerbation und eine engere ärztliche Führung (inklusive Impfempfehlungen).

JAMA 2023, doi:10.1001/jama.2023.11676, verfasst am 03.08. 2023

Auch noch aufgefallen

Verbreitung in der Schweiz und Erkennen der asiatischen Tigermücke

Das Schweizerische Tropeninstitut publiziert auf seiner Webseite umfassende und aktuelle Informationen zur Herkunft, Biologie, Verbreitung, Verhalten, Schutzmassnahmen und viel nützliches mehr. Wir konzentrieren uns auf eine Repetition der Erkennungsmerkmale der Tigermücke und verdanken die Abbildung und die untenstehende Legende herzlich Pie Müller vom Schweizerischen Tropeninstitut. Wieder wird betont, dass eine Übertragung von Dengue, Zika und Chikungunya durch diese asiatische Tigermücke in der Schweiz noch nicht vorgekommen, aber möglich ist, resp wird. Die aktuelle Verbreitungskarte ist ebenfalls nachstehend aufgeführt: https://www.swisstph.ch/de/topics/tigermuecke#c35804.
Die Karte finden Sie auch unter: https://lepus.unine.ch/carto/35972. Auch hier verdanken wir herzlich die Erlaubnis, diese Karte hier abzubilden

Verfasst am 04.08.2023

Testen Sie Ihr Wissen…

zum «antibiotic stewardship»

Das sogenannte «antibiotic stewardship» ist auch in der ambulanten Medizin sehr wichtig zur Reduktion unnötiger/unwirksamer antibiotischer Therapien und somit der Reduktion der Re­sistenzentwicklungen.

Welche vier Fragen sollten Sie sich vor Verschreibung einer antibiotischen Therapie stellen und so gut wie möglich
beantworten?

Antwort:
Die Fragen sind:
1. Hat mein Patient eine Infektion, die den Einsatz eines Antibiotikums erfordert?
2. Brauche ich einen diagnostischen Test (wie Blutkultur, Abstrich, Urinkultur)?
3. Falls Antibiotika erforderlich sind, welches ist das schmal-spektrigste, sicherste und kürzeste Verordnungsschema?
4. Verstehen meine Patientin oder mein Patient, resp. die Angehörigen, was von der Therapie zu erwarten ist und welche Kontrollen notwendig sind?

JAMA 2019, doi:10.1001/jama.2018.19509, verfasst am 31.07.2023

Prof. Dr. med. Reto Krapf

krapf@medinfo-verlag.ch

Kollagenosen – eine Übersicht für die Hausarztpraxis

Kollagenosen sind eine Gruppe seltener, Autoimmuner Erkrankungen, welche durch ihr zum Teil sehr heterogenes klinisches Erscheinungsbild insbesondere bei Krankheitsbeginn schwierig zu diagnostizieren sind. Hinzu kommt, dass die Krankheitsbilder sich teilweise überlappen und zu Beginn ein unspezifisches klinisches Bild zeigen können. Im folgenden Artikel wollen wir einen Überblick über die Krankheitsbilder geben und mögliche Abklärungsschritte aufzeigen. Wir verzichten bewusst auf eine Diskussion der Therapie, da dies den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.

Collagenoses are a group of rare, autoimmune diseases, which are difficult to diagnose due to their partly very heterogeneous clinical appearance, especially at the onset of the disease. In addition, the disease patterns partly overlap and may show a non-specific clinical picture at the beginning. In the following article we would like to give an overview of the clinical pictures and point out possible diagnostic approaches. We deliberately refrain from discussing therapy, as this would go beyond the scope of this article.
Key Words: collagenoses, autoimmune diseases

Was sind Kollagenosen?

Der Begriff Kollagenosen scheint irreführend, da im Gegensatz zu den Kollagenkrankheiten wie der Osteogenesis-Imperfecta bei den Kollagenosen keine Störung des Kollagens besteht. Vielmehr handelt es sich um systemische, entzündliche, autoimmune Erkrankungen, welche das Bindegewebe aber auch verschiedene Organe betreffen können. Entsprechend wird im englischen Sprachgebrauch auch der Begriff der systemisch entzündlichen Bindegewebserkrankungen (Connective tissue diseases, kurz CTD) verwendet. Kollagenosen treten häufiger bei jungen Frauen auf, können aber grundsätzlich Frauen und Männer jeden Alters (und auch Kinder) betreffen.

Zu den häufigsten Kollagenosen gehören das Sjögren-Syndrom, der systemische Lupus erythematodes (SLE) und die systemische Sklerose (Sklerodermie). Die rheumatoide Arthritis (in diesem Artikel nicht vertieft behandelt) wird oft auch den Kollagenosen zugeordnet, ist jedoch durch den prominenten Gelenkbefall und der meistens weniger ausgeprägten extra-artikulären Symptomatik von den anderen abgesetzt. Seltenere Kollagenosen sind die idiopathischen inflammatorischen Myopathien (Myositiden) und die Mischkollagenose (MCTD: mixed connective tissue disease), sowie noch seltenere Erkrankungen wie die relapsing Polychondritis auf welche wir in diesem Artikel nicht weiter eingehen werden. Folgend werden wir die häufigsten Kollagenosen kurz beschreiben und dann auf eine Kollagenose hinweisende Symptome besser beleuchten.

Kollagenose-Diagnostik, Klassifikationskriterien, undifferenzierte Kollagenosen, Overlap-Syndrom und Mischkollagenose

Die Diagnose der Kollagenosen basiert immer auf der Kombination der gründlichen Anamnese, der klinischen Untersuchung und der laboranalytischen Befunde, situativ ergänzt mit Befunden aus Bildgebung und Histologie (z.B. Nierenbiopsie).

Da keine Diagnosekriterien existieren, ist der Goldstandard für die Diagnose der verschiedenen Kollagenosen die «Expert:Innen Meinung». Entsprechend unscharf ist die Abgrenzung der einzelnen Erkrankungen gegeneinander, aber auch gegenüber anderen systemischen entzündlichen Erkrankungen. Zwar existieren für wissenschaftliche Zwecke entwickelte Klassifikationskriterien (Tab. 4), damit innerhalb von Studien ein möglichst homogenes Kollektiv an Patien:Innen gefunden wird, diese sind aber nicht zur Diagnose gedacht (auch wenn sie hierfür oft herangezogen werden). Es muss bewusst sein, dass nicht rein aufgrund dieser Klassifikationskriterien die Diagnose gestellt oder noch wichtiger verworfen wird. Zum Beispiel wäre es falsch einen SLE zu diagnostizieren nur weil eine Patient:In Arthralgien, Fieber und positive anti-ds-DNA-Antikörper aufweist, ohne zuerst einen Infekt auszuschliessen. Auch ist es falsch bei einer Patientin mit positiven anti-Zentromer-Antikörpern, puffy fingers und Raynaud-Phänomen eine frühe systemische Sklerose nicht zu diagnostizieren, weil sie «nur» 8 von 9 Klassifikationskriterien gemäss den 2013-Kriterien für Systemische Sklerose erfüllt.

Eine Übersicht zu typischen Symptomen findet sich in Tabelle 1 sowie gesondert der mukokutanen Manifestation in Tabelle 2 und Labor bei Tabelle 5.
Nicht selten zeigt sich aber, insbesondere zu Beginn der Erkrankung, nicht das Vollbild einer Erkrankung oder es bleibt auch im weiteren Verlauf bei Manifestationen, welche keine eindeutige Kollagenose diagnostizieren lassen (z.B. Patientin mit Raynaud-Phänomen, Photosensitivität und erhöhten Antinukleären Antikörpern ohne spezifische Antikörper). In diesem Fall sprincht man von einer undifferenzierten Kollagenose. In diesen Fällen gilt es wachsam zu bleiben, damit man allenfalls im Verlauf eine konkretere Diagnose stellen kann, was aber nicht immer möglich ist.

Klar von einer undifferenzierten Kollagenose abzugrenzen ist die Mischkollagenose (mixed connective tissue disease, MCTD, auch Sharp – Syndrom genannt). Hierbei handelt es sich um eine klar umschriebene Erkrankung (siehe unten), welche Phänomene anderer Kollagenosen aufweist, die aber nicht diesen entspricht. Es handelt sich also nicht um eine Mischung von Kollagenosen. Liegen effektiv Befunde vor, welche die Diagnose mehrerer Kollagnosen zulassen spricht man von einem Overlap Syndrom. So würde man bei einer erosiven Arthritis mit positiven anti-CCP Antikörpern mit zusätzlich ds-DNA-Antikörpern und akutem kutanem Lupus von einem Overlap zwischen rheumatoider Arthritis und SLE sprechen, was zuweilen auch als «Rhupus» bezeichnet wird (Tab. 3).

Systemischer Lupus erythematodes

Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist das Rollenmodell einer Kollagenose. Er tritt gehäuft bei jungen Frauen auf und kann fast alle Organsysteme betreffen. Der typische Hautbefall im Sinne eines akuten kutanen Lupus erythematodes mit dem Schmetterlingserythem ist wohl den meisten bekannt. Hier muss es von einer Rosacea differenziert werden. Daneben besteht oft eine nicht nur auf die Haut bezogene Photosensitivität (Krankheitsschub nach vermehrter Sonnenexposition) sowie andere Formen des kutanen Lupus (z.B. subakuter kutaner Lupus) und Ulzera im Mund-, Nasen- und Rachenraum. Daneben bestehen oft Arthralgien und zuweilen auch veritable Arthritiden. Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis sind Erosionen seltener, dafür kommt es zu Destruktionen des Kapsel-Band-Apparates mit charakteristischer Ulnardeviation der Finger, die sogenannte Jaccoud-Arthropathie. Gefürchtet ist der Nierenbefall, welcher die Krankheitsprognose entscheidend beeinträchtigt. Serositiden sind wie auch neuropsychiatrische Manifestationen selten, zuweilen aber für die Betroffenen schwer beeinträchtigend. Zusätzlich kann ein Antiphospholipid-Syndrom (APS) bestehen, was sowohl zu venösen als auch arteriellen Gefässverschlüssen führen kann. Bei arteriellen Thrombosen bei jungen Patienten und rezidivierenden venösen Thrombosen muss an ein APS gedacht werden. Aus allgemeinmedizinischer Sicht von grosser Relevanz ist das gesteigerte kardiovaskuläre Risiko, welches in dieser Population (junge Frauen) üblicherweise nicht vorhanden ist, entsprechend oft ungenügend beachtet wird, obwohl es für die Langzeitprognose der Patient:Innen von entscheidender Bedeutung ist, vor allem in Bezug auf die Mortalität und entsprechend streng kontrolliert und angegangen werden muss. Hier ist die Zusammenarbeit zwischen Spezialist:Innen und Allgemeinmediziner:Innen entscheidend.

Im Labor bestehen fast immer positive Antinukleäre Antikörper (ANA), wobei sich hier die Rate negativer Ergebnisse seit der zunehmenden Vereinheitlichung der Bestimmung der ANA verkleinert hat. Spezifische Antikörper sind diejenigen gegen Doppelstrang-DNA (auch als Verlaufsparameter hilfreich), Smith-Antikörper (Sm) und oft auch diejenigen des Antiphospholipid-Syndroms. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) ist oft erhöht, wohingegen das CRP nur selten und in spezifischen Fällen oder bei zusätzlicher Infektion erhöht ist. Daneben kann bei erhöhter Aktivität ein Komplementverbrauch bestehen, als Screening für Nierenbefall wird in der Urinanalyse nach aktivem Sediment und Proteinurie gesucht.

Sjögren Syndrom

Das Sjögren-Syndrom (SjS) betrifft ebenfalls häufiger Frauen, zeichnet sich klinisch primär durch den Befall der Speichel- und Tränendrüsen aus, was sich mit einer ausgeprägten Sicca-Symptomatik manifestiert. In diesem Zusammenhang kann auch eine generelle Trockenheit der Haut aber auch genital mit entsprechenden Beschwerden und Leidensdruck vorhanden sein. Daneben besteht oft Polyarthralgie (Polyar thritis selten) und Fatigue. Aufgrund dieses auch sonst häufigen Beschwerdebildes (Sicca-Symptomatik, Müdigkeit, Arthralgien), ist die Abgrenzung zu anderen Krankheitsbildern wie dem Diabetes mellitus, einer chronischen Hepatitis C und dem Fibromyalgie-Syndrom wichtig aber nicht immer ganz einfach (insbesondere letzteres kann auch parallel bestehen). Im Labor sind auch hier die ANA oft positiv, wobei auch ein erhöhter Rheumafaktor und spezifischere Antikörper gegen SS-A (auch als Ro bezeichnet) und SS-B (auch als LA bezeichnet) beobachtet werden. Die Laborbefunde sind aber nicht pathognomisch. Ergänzend kann eine Biopsie der kleinen Speicheldrüsen der Lippe erfolgen. Aus allgemeinmedizinscher- und prognostischer Sicht sollte das erhöhte Risiko für Lymphome beachtet und kontrolliert werden.

Systemische Sklerose («Sklerodermie»)

Namensgebend für diese, ebenfalls bei Frauen öfter auftretenden Erkrankung ist die Fibrosierung der Haut, welche zum sogenannten Skleroderm, also der hart werdenden Haut führt. Diese beginnt eigentlich immer an den Akren und im Gesicht und kann sich bei gewissen Patienten ausdehnen. Anhand des Hautbefalls wird die kutan limitierte (Skleroderm nach proximal bis maximal Knie- bzw. Ellbogenhöhe begrenzt, Gesicht aber möglich) und die kutan diffuse (Ausbreitung nach proximal über Knie- und Ellbogen hinaus) unterschieden. Diese Formen unterscheiden sich auch im Hinblick auf ihr Antikörperprofil, Organbeteiligung und damit auch Prognose. Es existieren auch Verläufe ohne Hautfibrose. Bei der kutan diffusen Form ist das Voranschreiten der Erkrankung oft aggressiver und v.a. die Lungenfibrose, sowie eine mögliche renale Krise (cave mit längerfristigen oralen Glucocorticoiden ≥ 15-20mg Prednison-Äquivalent) stehen im Fokus, wohingegen bei der kutan limitierten Form die pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) beachtet werden muss. Ein sehr häufiges Symptom und oft auch das Erstsymptom der systemischen Sklerose ist das Raynaud-Phänomen, weshalb bei einem Raynaud Phänomen eigentlich immer auch an eine systemische Sklerose gedacht werden sollte. Viele Patient:Innen mit systemischer Sklerose (SSc) haben einen erhöhten ANA-Titer, wobei verschiedene hoch spezifische Antikörper bekannt sind (z.B. gegen Centromer bei der kutan limitierten Form, gegen RNA-Polymerase III und Scl-70 bei der diffusen Form).

Idiopathische inflammatorische Myopathien

Diese sehr seltenen Erkrankungen teilen sich hauptsächlich in die Polymyositis und die Dermatosmyositis. Letztere kann hochcharakteristische Hauterscheinungen, die sogenannten Gottron Papeln aufweisen Klinisch im Vordergrund stehen dabei eine proximale Muskelschwäche, welche v.a. die Kraftausdauer (und insbesondere zu Beginn weniger die Maximalkraft) betrifft und mit Schmerzen einhergehen kann, aber nicht muss. Entsprechend fällt im Labor oft eine erhöhte Kreatininkinase (CK) und ein erhöhtes Myoglobin auf. Der ANA-Titer ist oft, aber nicht immer erhöht und nicht in jedem Fall kann ein spezifischer Antikörper nachgewiesen werden. Je nach klinischem Bild und Antikörper-Profil ist die Prognose zum Teil sehr unterschiedlich (von rasch vital bedrohend bis eher mild). Bei diesen Krankheitsbildern muss immer und insbesondere bei gewisser (Antikörper-) Konstellation an die Möglichkeit eines Tumors gedacht werden und ein Screening hinsichtlich Neoplasien veranlasst werden, da diese hier deutlich gehäuft auftreten.

Mischkollagenose (mixed connective tissue disease, MCTD)

Diese auch als Sharp-Syndrom (Erstbeschreibung durch Sharp 1972) bezeichnete Erkrankung zeigt, wie der Name bereits suggeriert, Charakteristika der anderen Kollagenosen, aber nicht in der Konstellation, als dass ein Overlap-Syndrom diagnostiziert werden kann. Die Eigenständigkeit dieser Krankheit ist teilweise umstritten, da sich im Krankheitsverlauf zuweilen eher das Bild einer SSc oder eines SLE ergeben kann. Im Allgemeinen zeigen die Betroffenen aber eine aggressivere, oft auch destruktive Polyarthritis (erinnernd an eine rheumatoide Arthritis), eine Myositis, diffus geschwollene Finger (sogenannte Puffy Fingers) mit im Verlauf auch möglichem Skleroderm, ein Raynaud Phänomen und im Labor hoch-tritrig positiven ANA (>1:10240) mit spezifisch positiven Antikörpern gegen U1 Ribonucleoprotein (U1 RNP). Wie erwähnt sind auch Nierenbeteiligungen wie bei SLE und Lungenbeteiligungen wie bei SSc (v.a. PAH, aber auch Fibrose) möglich.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Nikitas Gkikopoulos

Schulthess Klinik
Rheumatologie und Rehabilitation
Lengghalde 2
8008 Zürich

Dr. med. Marco Etter

Schulthess Klinik
Rheumatologie und Rehabilitation
Lengghalde 2
8008 Zürich

marco.etter@kws.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenghang mit diesem Artikel deklariert.

◆ Die Kollagenosen sind eine Gruppe komplexer und seltener Erkrankungen, die oft besser in ihrer Gesamtheit, denn als isolierte Krankheitsbilder betrachtet und verstanden werden.
◆ Einzelne Symptome können auch sonst häufig sein (z.B. Sicca Symptomatik im Alter oder bei Diabetes mellitus) und insbesondere zu Krankheitsbeginn ist das Krankheitsbild oft unscharf.
◆ Je spezifischere oder mehr Symptome einer Kollagenose bestehen, desto rascher sollen weiterführende Laborabklärungen oder eine rheumatologische Beurteilung in Erwägung gezogen werden.
◆ Zusätzlich zur Fallfindung, spielen Hausärzt:Innen in der Kontrolle und Therapie der kardiovaskulären Risikofaktoren eine Schlüsselrolle bei der Betreuung dieser Patient:Innen.

Auf Anfrage bei den Autoren

SGLT2-Hemmer in der Therapie Teil 1: Herzinsuffizienz

Bestimmte SGLT2-Hemmer, die ursprünglich als glukosesenkende Therapie bei Diabetes mellitus Typ II (T2DM) entwickelt wurden, sind inzwischen auch für Herzinsuffizienz (HI) und/oder chronische Niereninsuffizienz (CKD) zugelassen. SGLT2-H., ARNI/ACE-Hemmer, Betablocker und MRA gehören nach den ESC-Guidelines 2021 zu den «fantastic four» der HI-Basis-Therapie bei einer LV-EF <40% (HFrEF). In neueren Arbeiten zeigte sich auch ein deutlicher Benefit der SGLT2-H. bezüglich Mortalität und Hospitalisation wegen HI mit einer LV-EF >40% (HFmrEF) und einer LV-EF >50% (HFpEF). Neben der Kardioprotektion ist diese Substanzklasse auch nephroprotektiv. Kontraindiziert sind die SGLT2-H. bei einem Diabetes mellitus Typ I und bei Stresssituationen wie einer akuten Erkrankung mit Volumenmangel, einem Infekt, beim Fasten und perioperativ – cave: euglykämische Ketoazidose. Dieser Artikel beruht auf den ESC-Guidelines 2021/2023 (1-3), aktuellen Publikationen und auf zwei Vorträgen von Cardiomed- und Nephro-LIVE 2023. Wir haben im Nov. 2022 über die chronische Herzinsuffizienz (HI) eingehend berichtet (4). Im Teil 2, der in einer späteren Ausgabe erscheinen wird, betrachten wir das Thema SGLT2-H. bei der chronischen Niereninsuffizienz.

Certain SGLT2-Inhibitors, originally developed as glucose-lowering therapy for type II diabetes (T2DM), are now also approved for heart failure (HI) and/or chronic kidney disease (CKD). SGLT2-I., ARNI/ACE-Inhibitors, Beta blockers, and MRA are among the “fantastic four” of baseline HI therapy for LV-EF <40% (HFrEF) according to the 2021 ESC guidelines. Recent work has also shown a significant benefit of SGLT2-I. in terms of mortality and hospitalization for HI at an LV-EF >40% (HFmrEF) and an LV-EF >50% (HFpEF). In addition to cardioprotection, this class of compounds is also nephroprotective. SGLT2-I. are contraindicated in type I diabetes mellitus and in stressful situations such as acute illness with volume deficiency, infection, fasting and perioperative – caution: euglycemic ketoacidosis.

Key Words: SGLT2-Inhibitor, cardio- +nephroprotective, «fantastic-four», H2FPEF score, eGFR+UACR.

Die Herzinsuffizienz ist eine progrediente tödliche Erkrankung. Eine Hospitalisation verschlechtert den Verlauf und erhöht die Mortalität. Diese Einbrüche («Worsening heart failure») können immer auftreten. In solchen Situationen bedarf es von medikamentöser Seite einer evt. Optimierung der Basistherapie, zusätzlich Diuretika und einer Eskalation mit Vericiguat. Das Risiko für weitere Ereignisse kann sich dadurch reduzieren. Eventuell muss auch eine Intervention diskutiert werden – Stichworte: tachykardes VHFli, schwere MI, LSB mit LV-Dyssynchronie, Ischämie. Auch eine HI mit erhaltener LV-EF (HFpEF) hat eine relevante Mortalität. In dieser Gruppe nimmt die nicht kardiale Mortalität deutlich zu (5). Die verschiedenen Komorbiditäten müssen behandelt werden (1-3).

Herzinsuffizienz mit einer LV-EF≤40% (HFrEF)

Diese Gruppe der HI entspricht einer primär systolischen Funktionseinschränkung mit Kontraktionsschwäche. Am häufigsten auf Grund einer ischämischen oder dilatativen Genese. Der ESC-Therapie-Algorithmus wird in Abbildung 1 wiedergegeben.

Die vier Medikamente: ACE-Hemmer/ Betablocker/ MRA und SGLT2-H. haben eine ESC IA Indikation (MRA: Mineralkortikoid-Rezeptorantagonist/Aldosteronantagonist). Anstelle des ACE-H. kann/soll heute ein ARNI (Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor) verwendet werden (IB). Bei einer Stauung müssen auch Schleifendiuretika eingesetzt werden (1). Die «fantastic four» senken das Mortalitätsrisiko deutlich (1-6). Wichtig ist, dass die Medikamente nicht wie früher langsam nacheinander auftitriert werden, sondern dass diese alle innert kurzer Zeit eingesetzt werden (1). Ist der Patient hospitalisiert, so soll er möglichst mit diesen vier Substanzen entlassen werden. In einer ersten Kontrolle nach 1-2 Wochen muss dann die Dosis der Klinik angepasst und in nachfolgenden Besuchen in den ersten 6 Wochen nach Hospitalisation möglichst auf die Zieldosis auftitriert werden (2). Diese 4-er Kombination führt auch zu einer deutlichen Lebenszeitverlängerung – je nach Alter (55-80 Jahre) von 6,3 bis 1,4 Jahren (7).

SGLT2-H. bewiesen ihre Wirksamkeit in der DAPA-HF und in der EMPEROR Reduced Studie unabhängig vom Vorliegen eines T2DM (8.9). Diese beiden Studien zeigten eine signifikante Reduktion bezüglich der ersten Hospitalisation wegen einer HI um 30 resp. 31%. Die NNT war in beiden Studien mit 21 resp. 19 sehr tief. Auch Subgruppen wie Patienten mit T2DM, CKD, VHFLi und hohes Alter profitierten von einem SGLT2-H. Es kam auch zu einer deutlich besseren Lebensqualität bei guter Verträglichkeit. Die positive Wirkung setzte in beiden Studien bereits nach 12-28 Tagen ein. Dapa- oder Empagliflozin können resp. sollen auch bei einem tiefen Ausgangs-BD (<110mmHg) eingesetzt werden. Die Elektrolyte bleiben stabil und die beiden Medikamente dürfen primär bei einer CKD bis zu einer Kreatinin-Clearance von 25 resp. 20ml/min/1.73m2 eingesetzt werden.
Nach der EMPULSE Studie wurde Empagliflozin 10mg auch bei einer akut dekompensierten HI erfolgreich eingesetzt (10). Verglichen mit dem Diuretikum Metazolon 5-10mg kam es ebenfalls zu einer raschen Rekompensation bei Diuretikaresistenz. Die Elektrolyte, die Harnsäure und das Kreatinin blieben stabil (10,11). Im Gegensatz zu Diuretika, welche das intravaskuläre und interstitielle Volumen reduzieren, vermindern SGLT2-H. vorwiegend das interstitielle Volumen mit minimaler Änderung des Blutvolumens. SGLT2-H. können Diuretika einsparen. Zur Reduktion des Körpergewichts von ca. 2 kg trägt initial auch der diuretische Effekt bei. SGLT2-H. reduzieren die Glucose und Natrium Rückresorption im proximalen Nierentubulus: Dies führt zu einer osmotischen Diurese mit einer Glucosurie von 60-80g/die und einer Natriurese mit Wasserausscheidung und zu einer leichten BD-Senkung. Bei einer akuten HI-Dekompensation müssen zusätzlich Schleifendiuretika eingesetzt werden. Die Einnahme eines SGLT2-H. ist meist mit einer geringeren Diuretika-Dosierung verbunden. Weitere Wirkmechanismen der SGLT2-H. sind der Abbildung 2 zu entnehmen. Auch kommt es zu einem positiven Remodeling des LV mit Verbesserung der LV-Funktion, zur Nephroprotektion mit Stabilisierung der eGFR und Abnahme der Albuminurie, Hemmung des Sympathikus, Hemmung der Entzündung und reaktiver Sauerstoffspezies, Steigerung der Erythropoetinsynthese, Gluconeogenese und Fettsäureoxidation und einer zellulären Optimierung (O2-Freisetzung, Ketonkörper- u. ATP-Synthese) mit Verbesserung der myokardialen Energieversorgung. Der ketogene Metabolismus führt zu einer Gewichtsreduktion, einer Verbesserung der mitochondrialen Dysfunktion und einem reduzierten oxidativen Stress (12, 13). Auch wird die Autophagie, ein intrazellulärer Prozess, in verschiedenen Organen verbessert (14). Der Abbau von fehlgefalteten Proteinen oder geschädigten Zellorganellen verhindert negative Auswirkungen auf die Zellvorgänge und stellt Moleküle wie Aminosäuren, Fettsäuren oder Kohlenhydrate der Zelle wieder für den Anabolismus zur Verfügung. Einer Fibrose wird entgegengewirkt, ebenso einer glomerulären und tubulären Schädigung. Durch die Natriurese kommt es zu einer intraglomerulären und pulmonal arteriellen Druckreduktion. Günstig ist auch die Senkung der Harnsäure (Prädiktor Schweregrad, Mortalität HI) und eine sich seltener entwickelnde medikamentöse Hyperkaliämie bei der Basistherapie der HI. Dies wirkt sich günstig aus bei der Gabe von ACE-H. und MRAs – Erreichen der Zieldosen. Die SGLT2-H. sind sehr gut verträglich. Häufigste NW: urogenitale Infekte.

Leider werden Sacubitril/Valsartan und ein SGLT2-H. trotz hohem kardiovaskulärem Risiko oft zu spät eingesetzt, dies verdeutlicht die EVOLUTION-HF Studie bei 270 000 Patienten in Japan, Schweden und USA. Auch wurde nach einem Jahr die 4-er Kombination nicht mehr konsequent eingenommen, resp. die Zieldosis der einzelnen Medikamente oft nicht erreicht (15). Vor allem Patienten, aber auch ein Teil der Ärzte, beurteilen das hohe Risiko einer fortgeschrittenen HI falsch. Nur 14% der Patienten schätzen das Risiko als hoch ein (16).

Herzinsuffizienz mit einer LV-EF >40% (HFmrEF: 41-49%) + ≥50% HFpEF)

Auch bei einer HI mit einer EF von 41-49% wirken die «fantastic four». Drei dieser vier Medikamente haben nach den ESC-Guidelines 2021/2023 eine IIb Indikation – können auch in dieser Patientenpopulation in Betracht gezogen werden (1, 2). Nach den 2023 focused update ESC-Guidelines HI 2021 (2) hat der SGLT2-H. Dapa- resp. Empagliflozin und Diuretika bei Flüssigkeitsretention eine IA-Indikation – reduziert das Risiko für HI-Hospitalisierungen und das Risiko des kardiovaskulären Todes. Diese positive Wirkung ist unabhängig von der LV-EF (17). SGLT2-H. verbessern auch die gestörte diastolische Funktion, welche bei der HFpEF eine sehr wichtige Rolle spielt (18). In der EMPEROR PRESERVED Studie konnte durch Empagliflozin der primäre Endpunkt kardiovaskulärer Tod und Hospitalisation wegen HI sign. gesenkt werden – HR 0,79, dies bedeutet eine RRR von 21% resp. eine NNT von 31 über eine mediane Dauer von 26 Monaten (19). Erst bei einer LV-EF ≥65% hat das Medikament bei HI keine Wirkung mehr auf die Hospitalisationsrate (20). Die DELIVER Studie bestätigte die Ergebnisse mit Dapagliflozin mit 23% weniger HI-Hospitalisationen resp. einer NNT von 32 (21).

Die Diagnose einer HFpEF mit einer diastolischen Dysfunktion mit eingeschränktem linksventrikulärem Füllungsprozess kann ohne Herzecho mit Hilfe des H2FPEF-Scores klinisch bereits vermutet werden – vgl. Abbildung 3. Von den 6 Parametern sind 4 klinisch und 2 echokardiographisch zu bestimmen. Bereits mit der Klinik besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine HFpEF (22). Natürlich sollte noch ein Echo zur Bestätigung durchgeführt werden. Die klinischen Parameter erlauben aber einen vorzeitigen medikamentösen Therapiebeginn. Ein erhöhtes NT-pro-BNP von >125pg/ml im SR resp. >365pg/ml im VHFLi spricht ebenfalls für eine HI (1).

Bei einer HI sind die Komorbiditäten sehr wichtig; besonders bei der HFpEF. Die häufigste Begleiterkrankung ist die CKD mit knapp 50-60% je nach HI Typ. Weitere Erkrankungen sind: Eisenmangel mit und ohne Anämie, Übergewicht/Adipositas, Kachexie, T2DM, Schilddrüsenfunktionsstörungen, COPD, CHK, PAVK und der Schlaganfall. Zusätzliche Erkrankungen: Hypertonie, VHFli, pulmonale Hypertonie, Schlafapnoe (23, 24). Alle modifizierbaren kardiovaskulären Risikofaktoren begünstigen neben einigen nicht kardialen Erkrankungen die Entwicklung einer HFpEF. Das weibliche Geschlecht und das höhere Alter sind besonders häufig vorhanden. All diese Begleitkrankheiten sollten gesucht und behandelt werden.
Bei jeder HI mit einer LV-EF <50% sollte ein Eisenmangel (ca. 50 %), auch bei normalem Hämoglobin, gesucht und therapiert werden. Ein Eisenmangel ist definiert als: Ferritin <100ug/ml oder Ferritin 100-299ug/ml und Transferrinsättigung <20 %. Dieser sollte intravenös mit Eisencarboxymaltose oder Eisenderisomaltose substituiert werden, um die HI-Symptome zu senken, die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität zu verbessern (IA) und die HI-Hospitalisationsrate zu senken (IIaA) (1, 2). Eine perorale Eisensubstitution ist wegen einer Eisenresorptionsstörung bei HI nicht sinnvoll.

Aktuelle Studienergebnisse

Alle Patienten mit Herzinsuffizienz können von einem telemedizinischen Überwachungsprogramm profitieren, und zwar unabhängig von der Pumpfunktion. Das ergab eine neue Analyse der Studiendaten von TIM-HF2 (25).

Versicherungsdaten von 938 Patienten aus Südkorea deuten auf eine weitere Patientengruppe, die von SGLT2-H. besonders profitieren könnte: T2DM Erkrankte in den ersten 14 Tagen eines akuten Myokardinfarkts nach einer PCI. Bei dieser Population war das Risiko innerhalb der nächsten zwei Jahre zu sterben oder wegen HI hospitalisiert zu werden, um 32% niedriger als ohne Dapa- oder Empagliflozin. Auch war das MACE-Risiko um 23% reduziert (26). Es ist eine retrospektive Auswertung, ein Kausalitätsnachweis ist nicht möglich – die Ergebnisse sind somit vorerst eine vielversprechende Hypothese. Es laufen zu dieser Fragestellung zwei randomisierte kontrollierte Studien – DAPA-MI und EMPACT-MI.

SGLT2-Hemmer als Antiarrhythmikum bei VHFli?

Dapagliflozin verringerte bei Hochrisikopatienten mit T2DM die Häufigkeit der gemeldeten Episoden von Vorhofflimmern/-Flattern. Dieser Effekt war unabhängig von der Anamnese (VHFLi, atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen, HI). Dies ergab eine retrospektive Post-hoc-Analyse der DECLARE-TIMI 58 Studie (27). Das Risiko für ein VHFLi war nach 4 Jahren um 19% reduziert.

Bei Patienten mit Vorhofflimmern und T2DM, die mit SGLT2-H. behandelt wurden, traten nach einer Katheterablation, gemäss einer retrospektiven US-Datenanalyse, behandlungsbedürftige VHFLi-Rezidive deutlich seltener auf als bei Patienten ohne SGLT2-H (28).

Die möglichen Wirkmechanismen sind noch weitgehend hypothetisch: SGLT2-H. wirken einer atrialen Dilatation entgegen und wirken günstig auf das kardiale remodeling. Auch wirken die oben beschriebenen Effekte der SGLT2-H. günstig bezüglich VHFLi/-Flattern. Für diese Hypothese eines antiarrhythmischen Wirkpotenzials bedarf es nun prospektiven Studien.

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Dr. med. Urs N. Dürst

Zelglistrasse 17
8127 Forch

u.n.duerst@ggaweb.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Die Herzinsuffizienz ist, unabhängig von der LV-EF, eine chronisch progrediente Erkrankung mit hoher Mortalität. Sie hat ein hohes Risiko für erste und erneute Ereignisse.
  • Die rasche Implementierung einer leitlinienbasierten Therapie («fantastic four») kann die Lebenszeit verlängern. SGLT2-H. sollten dabei konsequent eingesetzt werden.
  • SGLT2-Hemmer können Ödeme reduzieren und Diuretika einsparen. Sie wirken kardio- und nephroprotektiv. Sie können über einen sehr breiten eGFR-Bereich eingesetzt werden, verlangsamen eine Progression und das Erreichen einer terminalen Niereninsuffizienz sowie auch das Risiko eines kardiovaskulären oder renalen Todes. SGLT2-H.
    zeigen bei der HI einen Nutzen über das gesamte Spektrum der
    Ejektionsfraktion (IA).
  • Ein SGLT2-H. wird bei Patienten mit HFmrEF und HFpEF empfohlen, um das Risiko für Hospitalisierung wegen HI oder kardiovaskulären Tod zu reduzieren (IA).
  • Unter den heutigen Antidiabetika haben SGLT2-H. den stärksten Effekt auf die Verhinderung oder die Reduktion einer HI bei Patienten mit T2DM.
  • Es gibt Hinweise auf positive Auswirkungen der SGLT2-H. auf ein
    Vorhofflimmern.

1. McDonagh TA et al., Heart Failure Guidelines ESC 2021; EHJ 2021 Sep 21;42(36):3599-3726
2. Mc Donagh TA et al., 2023 Focused Update of the 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure, European Heart Journal (2023) 00,1–13, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad195
3. Marx N et al., 2023 ESC Guidelines for the management of cardiovascular disease in patients with diabetes, European Heart Journal (2023) 00, 1–98, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad192
4. Dürst V et al., Chronische HI in der Hausarztpraxis; Der informierte arzt 2022;11:7-10
5. Desai AS et al., Effect of Dapagliflozin on Cause-Specific Mortality in Patients With Heart Failure Across the Spectrum of Ejection Fraction: A Participant-Level Pooled Analysis of DAPA-HF and DELIVER, JAMA Cardiol. 2022 Dec.1;7(12):1227-1234
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7. Vaduganathan M et al., Estimating lifetime benefits of comprehensive disease-modifying pharmacological therapies in patients with heart failure with reduced ejection fraction: a comparative analysis of three randomised controlled trials, Lancet 2020 Jul 11;396 (10244):121-128
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10. Voors A. et al., The SGLT2 inhibitor empagliflozin in patients hospitalized for acute heart failure: a multinational randomized trial, EMPULSE-HF, AHA 2021, Nat. Med. 2022
11. Yeoh SE et al., Dapagliflozin vs. metolazone in heart failure resistant to loop diuretics EHJ 2023 May 21 Eur Heart J, ehad341, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad341
12. Mc Murray JJV et al., SGLT2 inhibitors and mechanisms of cardiovascular benefit: a state-of-the-art review, Diabetologia 2018;61:2108-2117
13. Hellenkamp K et al., Pharmacologic treatment options for heart failure with reduced ejection fraction: an update for 2022, Experte Opin Pharmacother. 2022 Apr.;23(6):673-680
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15. Savarese G et al., Heart Failure Drug Treatment-Inertia, Titration, and Discontinuation: A Multinational Observational Study (EVOLUTION HF), JACC Heart Fail. 2023 Jan.11(1):1-14
16. Ambardekar AV et al., Discordant Perceptions of Prognosis and Treatment Options Between Physicians and Patients With Advanced Heart Failure, JACC Heart Fail. 2017 Sep; 5(9):663-671
17. Jhund PS et al., Dapagliflozin across the range of ejection fraction in patients with heart failure: a patient-level, pooled meta-analysis of DAPA-HF and DELIVER, Nat Med. 2022 Sep;28(9):1956-1964
18. Pabel S et al., Potential Mechanisms of SGLT2 Inhibitors for the treatment of heart failure with preserved ejection fraction, Front Physiol. 2021 Nov 5;12:752370
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21. Solomon S D et al., Dapagliflozin in Heart Failure with Mildly Reduced or Preserved Ejection Fraction, DELIVER, N Engl J Med 2022 Sep.22; 387(12):1089-1098
22. Kittleson MM et al., 2023 ACC Expert Consensus Decision Pathway on Management of Heart Failure With Preserved Ejection Fraction: A Report of the American College of Cardiology Solution Set Oversight Committee, J Am Coll Cardiol 2023 May 9;81(18):1835-1878
23. Streng KW et al., Non-cardiac comorbidities in heart failure with reduced, mid-range and preserved ejection fraction, Int J Cardiol. 2018 Nov.15;271:132-139
24. Groenewegen A et al., Epidemiology of heart failure, Eur J Heart Fail 2020 Aug;22(8):1342-1356
25 Kerwagen F et al. Fernbehandlung von Herzinsuffizienz über das gesamte Spektrum der Ejektionsfraktion hinweg: eine vorab spezifizierte Analyse der TIM-HF2-Studie, Eur J Heart Fail 27. June 2023,https://doi.org/10.1002/ejhf.2948
26. Kwon O et al., Sodium-Glucose Cotransporter-2 Inhibitors After Acute Myocardial Infarction in Patients With Type 2 Diabetes: A Population-Based Investigation, J Am Heart Assoc2023;12:e027824. https://doi.org/10.1161/JAHA.122.027824
27. Zelniker TA et al.; Wirkung von Dapagliflozin auf Vorhofflimmern bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2: Erkenntnisse aus der DECLARE-TIMI 58-Studie, Circulation 2020;141: 1227–1234
28. Abu-Qaoud MR et al. Impact of SGLT2 Inhibitors on Atrial Fibrillation Recurrence After Catheter Ablation in Patients With ype-2-Diabetes. JACC Electrophysiology 2023; https://doi.org/10.1016/j.jacep.2023.06.008

Es tut sich was beim chronischen Schmerz

Was die Kategorisierung von chronischem Schmerz anbelangt, gibt es mit ICD-11 eine erfreuliche Entwicklung: Chronischer Schmerz wird erstmalig als eigenständige Erkrankung eingestuft. Auch vermeidet es ICD-11 Schmerz ohne läsionale Ursache auf eine psychiatrische oder psychogene Sache zu reduzieren, sondern spricht deutungsneutral von «primären chronischen Schmerzen». Bei allen Formen chronischer Schmerzkrankheiten frägt das neue Diagnoseraster sowohl die Phänomenologie des subjektiven Schmerzempfindens wie auch psychosoziale Begleiterscheinungen ab. Implizit nähert sich das Schmerzverständnis in ICD-11 einem non-dualen Menschenbild und schafft eine gute Verständnisgrundlage für den multimodalen Behandlungsansatz.

As far as the categorization of chronic pain is concerned, there is a welcome development with ICD-11: for the first time, chronic pain is classified as a disease in its own right. ICD-11 also avoids reducing pain without a lesional cause to a psychiatric or psychogenic cause, but speaks of “primary chronic pain” in a neutral way. For all forms of chronic pain disorders, the new diagnostic grid queries both the phenomenology of the subjective pain sensation and psychosocial concomitant symptoms. Implicitly, the understanding of pain in ICD-11 approaches a non-dual view of man and creates a good basis of understanding for the multimodal treatment approach.
Key Words: ICD-11, chronic pain, primary chronic pain, pain disorder, classification

Von einem dualistischen zu einem non-dualen Schmerzverständnis

ICD-11 (International Classification of Diseases, 11th Revision) ist weltweit seit Anfangs 2022 eingeführt worden und soll ICD-10 nach einer Übergangsfrist vollumfänglich ablösen (1). ICD ist kein Lehrbuch, sondern ein epidemiologisches Diagnose-Erfassungsinstrument der WHO. Die Klassifizierungs-Entwicklung chronischer Schmerzen in ICD ist ein interessanter Spiegel unseres kollektiven medizinischen Denkens, das sich stetig weiterentwickelt.

ICD-10 war bei seiner Einführung insofern fortschrittlich, als eine Diagnose-Kategorie für Schmerzerkrankungen ohne läsionale Ursache geschaffen worden ist. Im damaligen kollektiven medizinischen Bewusstsein war das ein Novum, denn Schmerz ohne läsionale Ursache war für viele bis anhin undenkbar: Wo kein Feuer ist, hat es auch keinen Rauch zu geben. Generationen von Fachleuten der Medizin und des medizinischen Versicherungswesens bewegten sich in diesem materialistisch-reduktionistischen Paradigma.

Aus heutiger Sicht war die Schmerzklassifikation des ICD-10s einer stark dualistischen Sichtweise verhaftet: Entweder hatte die betroffene Person eine plausible Läsion als Erklärung der chronischen Schmerzen vorzuweisen oder sie stand unter dem Verdacht an einer Psychopathologie zu leiden. Entsprechend wurde der nicht-läsionale Schmerz in ICD-10 im Kapitel der psychischen Störungen (Kapitel F) unter dem Begriff «somatoform» abgehandelt und de facto «psychiatrisiert».

Diese «Entweder-oder-Logik» wurde im deutschsprachigen Raum 2009 durchbrochen, indem der hiesigen ICD-10-Version zusätzlich eine «Sowohl-als-auch»-Schmerzdiagnose beigefügt worden ist: Die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10, F 45.41). Diese Diagnose bildete die klinische Realität bereits viel umfassender ab, denn bei den allermeisten chronischen Schmerzen spielen sowohl organische wie psychische Faktoren eine Rolle.

Schmerzkrankheiten

Der Begriff der Schmerzerkrankung (engl. pain disease) ist in der heutigen medizinischen Literatur etabliert (2). Entsprechend versteht ICD-11 chronischer Schmerz als eine selbständige Krankheitsentität mit eigener Symptomatik und eigenen Vulnerabilitätskriterien. Chronische Schmerzerkrankungen lassen sich weder auf eine organische Läsion noch auf ihre psychische Modulierbarkeit reduzieren.

Dass Schmerz primär ein perzeptiver Vorgang ist und dass diese Perzeption sich krankhaft verändern kann, schien lange ausgeblendet. Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (Abk. engl. CRPS) illustriert beispielhaft, dass das Schmerzperzeptions-System per se erkranken kann. Die peripheren und zentralen neurologischen Veränderungen beim CRPS stehen dabei weder in einem direkten kausalen Zusammenhang mit der auslösenden Läsion noch mit einer Psychopathologie. Die Forschungen zu «chronic widespread pain» zeigen ebenfalls für überregionale (z.B. halbseitige) (3) sowie generalisierte Schmerzerkrankungen (4) eine vergleichbar komplexe Pathophysiologie. Heute wissen wir, auf welch vielfältige Weise chronischer Schmerz mit neuroplastischen, neurovegetativen und neuroimmunologischen Veränderungen einhergeht. Ein zentraler pathophysiologischer Mechanismus ist hierbei das Phänomen der peripheren und zentralen Sensibilisierung durch neurogene Inflammation (4, 5).

Zunehmend erhärtet sich auch das Wissen hinsichtlich der Disposition für Schmerzerkrankungen. Eine kürzliche Studie anhand Pa-tientendaten von 500’000 Personen zeigt, welche gesundheitlichen Risikofaktoren statistisch typischerweise Schmerzausweitung und Schmerzchronifizierung voraussagen (6). Bei den genannten Faktoren (belastende Lebensereignisse, Ein- und Durschlafstörungen, Reizbarkeit, Erschöpfung, Anspannung, gesteigertes Essverhalten/Adipositas) ist unschwer die gemeinsame Basis der Stress-Physiologie festzustellen. Gleichsam mit den geläufigen Vulnerabilitätskonzepten der «pain proneness» (Kindheitsbelastungen) (7) und der «action proneness» (Verausgabung als Erwachsene) (8) lassen sich die genannten Faktoren der Stress-Schmerz-Vulnerabilitätshypothese zuordnen, die besagt, dass anhaltende oder heftige Stressbelastung das Schmerzperzeptionssystem auf verschiedenen Niveaus verändert (9-12).

Schmerzkategorien in ICD-11

ICD-11 führt im Kapitel MG30 chronischen Schmerz als eine eigenständige Krankheits-Gruppe auf. Wert- und wortneutral unterteilt ICD-11 zwischen den beiden Hauptkategorien der sog. primären und sog. sekundären chronischen Schmerzen. Der Unterschied ist, naler Auslöser fassbar ist, auf dessen Grundlage sekundär eine chronische Schmerzerkrankung entsteht. Bei den primären chronischen Schmerzen ist diese Bedingung nicht nötig.
Einzelne Beispiele primärer Schmerzerkrankungen sind das erwähnte komplexe regionale Schmerzsyndrom, das Fibromyalgie-Syndrom, die chronische Migraine oder das chronische Beckenschmerz-Syndrom.

Beispiele für Unterkategorien sekundärer chronischer Schmerzen sind der tumorassoziierte chronische Schmerz, der neuropathische chronische Schmerz, der postoperative oder posttraumatische chronische Schmerz.

Realitätsentsprechend berücksichtigt ICD-11 die Tatsache, dass diese Schmerz-Unterkategorien einander nicht ausschliessen, sondern stets auch Überlappungsbereiche aufweisen. Das bedeutet, dass der Einzelfall richtigerweise gleichzeitig auch mehreren Kategorien zugeordnet werden kann (Abb. 1).

ICD-11 fordert die Integration des Subjektiven in die Schmerzdiagnostik

Chronischer Schmerz wird heute als anhaltender unangenehmer neuroperzeptiver Vorgang verstanden, der psychosoziale Implikationen mit sich führen kann. Der Tatsache, dass chronischer Schmerz immer auch psychischer Modulation unterworfen ist und regelhaft mit psychosozialen Faktoren verbunden ist, trägt ICD-11 Rechnung, indem bei allen Formen chronischer Schmerzkrankheiten eine sogenannte «Postkoordination» eingefordert wird. Hier geht es darum, die individuelle Erlebensdimension mittels spezifischer Items auszuloten und psychosoziale Aspekte einzubinden. Dieses mehrdimensionale Schmerz-Assessment ist eine gute Basis für eine individualisierte multimodale Schmerztherapie und auch Voraussetzung für eine ergebnisoffene und individualisierte Schmerzbegutachtung, wie sie in Schweizer Leitlinien gefordert wird (13).

Multimodale Schmerztherapie im ambulanten Bereich

Prinzipien, Inhalte und Wegleitungen zur multimodalen Schmerztherapie wurden bereits an anderer Stelle detailliert vorgestellt (14). Die multimodale Therapie geht über pharmakologische und interventionelle Massnahmen hinaus und fokussiert beim primären chronischen Schmerz vorab auf behaviorale Ressourcen und die physische Rekonditionierung. In der ambulanten Praxis bewährt sich hierfür eine interprofessionelle «therapeutische Triade» aufzubauen, in der Regel mit einer ärztlichen, einer physiotherapeutischen und einer psychologischen Fachperson. Der ärztlichen Fachperson obliegt die Verantwortung der klinischen Fallführung, das diagnostische Schmerzassessment, die Informationstherapie sowie fallentsprechend des Erstellens von Behandlungsvorschlägen für die beiden andern involvierten Fachpersonen. In der Physiotherapie geht es oft um die Überwindung schmerzassoziierter Myogelosen, um die Vermittlung körperlicher Entspannungsverfahren und die Anleitung zu einer dosierten Aktivierung zu Gunsten einer physischen Rekonditionierung (Pacing). Die psychologischen Interventionen fokussieren regelhaft auf Stressabbau, der Exploration von Entlastungsfaktoren, der Mobilisierung von Ressourcen, dem Ausbau von Copingstrategien, alles mit dem übergeordneten Ziel des Erlangens von mehr Selbstwirksamkeit im Schmerzerleben.

Regelmässige gemeinsame Fallbesprechungen (z.B. per Zoom) zur Zielüberprüfung verbessern die Therapie-Effizienz. Diese Team-arbeit ist oftmals für alle involvierten Personen entlastend und bereichernd zugleich. Die therapeutische Absprache ist per Tarmed abrechenbar (z.B. Tarmedposition 00.0144). Angesichts der grossen Häufigkeit chronischer Schmerzerkrankungen ist es lohnend, sich in der Behandlung dieser Erkrankungen gut aufzustellen.

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PD Dr. med.Niklaus Egloff

Akademie für Psychosomatische und
Psychosoziale Medizin (SAPPM)
Postfach 521
6062 Reiden

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenghang mit diesem Artikel deklariert.

  • ICD-11 klassifiziert chronischen Schmerz als eigenständige
    Krankheits-Entität.
  • Schmerzkrankheiten ohne läsionalen Auslöser werden in ICD-11
    neutral als primäre chronische Schmerzen bezeichnet, der Begriff «somatform» wird aufgegeben.
  • Jeder chronische Schmerz kann mit psychischen Komorbiditäten gekoppelt sein, eine Psychopathologie ist aber nicht Bedingung.
  • Bei chronischen Schmerzerkrankungen ist die Schmerzperzeptions-Physiologie oftmals auf verschiedenen Niveaus neuroplastisch und neuroinflammatorisch hochreguliert.
  • Zur Behandlung chronischer primärer Schmerzen in der Praxis bewährt sich die Erstellung einer «therapeutischen Triade» mit je einer ärztlichen, physiotherapeutischen und (schmerz-) psychologischen Fachpersonen.

Algorithmische Entscheidungshilfe zum Management von Lungenembolien

Lungenembolien zeigen ein sehr breites klinisches Spektrum wodurch eine angepasste Entschiedenheit des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens erforderlich ist. Hierfür wurden diverse Hilfestellungen wie z.B. Scores entwickelt und geprüft die zwar validiert sind, aber oft nicht richtig eingesetzt werden oder nur Untergruppen von Patienten zugutekommen. Ein standardisiertes Vorgehen bei der Abklärung und Therapie ist also unerlässlich.
Für die meist knappe Zeit und Fülle an Informationen und Scores soll hier ein Evidenz-basiertes, schlankes Vorgehen aufgezeigt werden, um möglicherweise unnötige, sowie zeit- und kostenintensive Diagnostik zu vermeiden.

The clinical pattern of pulmonary embolism shows a very broad clinical spectrum, on which the determination of diagnostics and therapies are oriented. There are various scores for this purpose, developed, tested and validated, but often not used correctly or giving benefit only to subgroups of patients. A standardized procedure for clarification and therapy is therefore essential.
Given the limited time and abundance of information and scores, we show an evidence-based, streamlined procedure in order to avoid possibly harmful as well as time- and cost-intensive diagnostics.
Key Words: Lungenembolie, Pulmonary Embolism, Thrombembolie, Thrombembolism, Scores, Risikoabschätzung, Risk Assessment

Die meisten Leserinnen und Leser dieses Artikels werden sie schon mehrfach diagnostiziert und behandelt haben: Lungenembolien sind mit einer weltweiten Inzidenz von ca. 10 Millionen Fällen pro Jahr die dritthäufigste kardiovaskuläre Erkrankung (nach Myokardinfarkt und Schlaganfall), wofür bereits ab einem Alter von 40 Jahren ein deutlich erhöhtes Risiko besteht, welches sich ab 60 Jahren mit jeder zusätzlichen Dekade verdoppelt. Wahrscheinlich sind Lungenembolien die Ursache für 8-13% der ungeklärten Herzstillstände (1) sowie eine der häufigsten Todesursachen von Schwangeren in der westlichen Welt (2).

Das Vorgehen bei Verdacht auf Lungenembolie wird dabei – abhängig von Risiko und Klinik – stufenweise angepasst (3). Zu Beginn steht immer die Risikoeinschätzung gemäss klinischem Bild! Für ein hohes Risiko sprechen Schock, Blutdruckabfall oder Reanimationsbedürftigkeit.

Non-High Risk

Bei den (in der Hausarztpraxis wohl am häufigsten vorstelligen) zunächst «stabilen», nicht-Hochrisikokonstellationen schliesst sich unmittelbar an die Risikoeinschätzung die Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit an (Abb. 1). Hierbei helfen der vereinfachte modifizierte Wells (simplified modified Wells Score (simplified mWells), beinhaltet: klinische Zeichen TVT, LE wahrscheinlicher als andere Diagnose, frühere LE/TVT, Puls, St. n. Operation/Immobilisierung, Malignom, Hämoptysen) oder der vereinfachte revidierte Geneva Score (simplified revised Geneva (simplified rGeneva); hier wird zusätzlich das Alter berücksichtigt). Daneben muss immer auch die klinische Präsentation zur Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit mit einbezogen werden. Dies kann z.B. bereits mittels der einfachen Frage: «Ist eine Lungenembolie für mich aufgrund der klinischen Präsentation wahrscheinlich?» geschehen; bei «ja» (z.B. bei geschwollenem Bein) ist eine Lungenembolie nicht mehr unwahrscheinlich!

Kommt man mittels oben genannten Scores und Klinik auf eine niedrige Vortestwahrscheinlichkeit von <15% (4) (und nur dann!) kann man mit der PERC Rule (beinhaltet: Alter, Puls, Sauerstoffsättigung, einseitige Beinschwellung, Hämoptysen, St. n. Trauma/Operation, St. n. venöser Thromboembolie, Hormontherapie) für Lungenembolien weiterfahren (5). Zu beachten ist hier die eher niedrige Prävalenz der Validierungsstudien.

Ansonsten schliesst sich die Bestimmung der D-Dimere an. Je nach Resultat und Patientenalter (>50 Jahre altersadjustierter Cutoff: Lebensalter x 0.01 µg/ml) entscheidet sich die Notwendigkeit einer Bildgebung (6). Wichtig ist hier jedoch zu beachten, dass D-Dimere vor allem für ein akutes Geschehen aussagekräftig sind! Liegt das thrombotische Geschehen bereits einige Tage zurück können negative D-Dimere auch bei Low-Risk Konstellationen nicht zur Entscheidung herangezogen werden (für High-Risk Situationen ist die Sensitivität ohnehin nicht ausreichend).

Als vereinfachtes Diagnoseinstrument können gegebenenfalls die Years Kriterien (2) (beinhaltet: Klinik, Hämoptysen, Wahrscheinlichkeit) mit einbezogen werden. Dies vor allem in der Schwangerschaft (Abb. 2), oder um sich bei Nicht-Schwangeren einen zeitsparenden Überblick zu verschaffen. Diese Kriterien benötigen allerdings ausserhalb einer Schwangerschaft sicher noch weiterer Evaluation (3).

Intermediate Risk

Bei Risikofaktoren in der initialen Beurteilung, respektive keiner niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit und falls die weitere Diagnostik nicht unmittelbar zur Verfügung steht, sollte die Gabe von Heparin 5.000 IE i.v. erfolgen, um ein Fortschreiten des vermuteten thrombembolischen Geschehens zu verhindern.

Wird in der darauffolgenden Bildgebung eine Lungenembolie gefunden, folgt bei hämodynamischer Stabilität die Interpretation unter Berücksichtigung von Klinik und Komorbiditäten. Dazu ist die Schweregrad-Einteilung beziehungsweise Risiko-Klassifizierung hinsichtlich Mortalitätsrisiko in Low Risk, Intermediate-Low Risk, Intermediate-High Risk (und High Risk = Instabilität, hohes Mortalitätsrisiko) wichtig. Dies geschieht durch Berechnung des (simplified) PESI Scores mittels klinischer und anamnestischer Faktoren (Alter, Geschlecht, Vitalparameter, Vorgeschichte).
Zusätzlich zum PESI Score braucht es für die definitive Therapieentscheidung aber noch die Bestimmung von Troponin und NT-proBNP und im Falle positiver Biomarker auch eine transthorakale Echokardiografie (TTE) mit Frage nach Rechtsherzbelastungszeichen oder Beurteilung der Computertomografie (CT) hinsichtlich indirekten Zeichen der Rechtsherzbelastung.

High Risk

Schnelligkeit und Entschiedenheit zeichnen das Vorgehen bei klinischen Hochrisikopatientinnen und -patienten (Reanimationsbedürftigkeit, Schock) und Abwesenheit anderer wahrscheinlicherer Differenzialdiagnosen aus (Abb. 3). Diese Konstellation spricht für eine relevante Verlegung der Lungenarterienstrombahn durch einen embolisierten Thrombus.

In einer Reanimationssituation und Verdacht auf Lungenembolie ist umgehend ohne weitere Diagnostik zu lysieren (50mg Alteplase i.v. als Bolus ohne die Reanimation zu unterbrechen) um das Outcome massgeblich positiv zu beeinflussen (schnelleres Wiedererlangen eines Spontankreislaufs – ROSC), gefolgt von einem Bolus über 5.000 E Heparin i.v. (1).

Auch bei Endorgandysfunktion mit systolischem Blutdruck <90mmHg und/oder passagerer Hypotension liegt bereits eine Hochrisikosituation vor. Bei Vorliegen solch einer wahrscheinlichen «High Risk» Lungenembolie jedoch ohne Reanimationsbedürftigkeit sollte zunächst unmittelbar die Gabe von Heparin 5.000 IE i.v. erfolgen.

Ein CT-Thorax mit Angiographie erfolgt danach nur, wenn dieses unmittelbar und ohne relevante Zeitverzögerung im Vergleich zum TTE zugänglich ist. Für die Therapieentscheidung ist neben dem bildgebenden Nachweis einer Lungenembolie, Zeichen der Rechtsherzbelastung oder Infarktpneumonie auch eine direkte Visualisierung von Thrombusmaterial im TTE ausreichend (3). Gelingt dies, müssen in der „High Risk“ Situation geeignete Massnahmen zur Reperfusion der Lungenstrombahn erwogen werden. In jedem Fall benötigt es eine entsprechende Überwachung, beispielsweise auf einer Intensivstation.

Therapie

Für die Therapieentscheidung sollte immer auch die Gebrechlichkeit (z.B. Clinical Frailty Scale – CFS) berücksichtigt werden. Für eine ambulante Behandlung ist neben der Risikoeinschätzung ebenso die Patienteninformation vor Austritt bedeutend (Abb. 4).

Bei PESI III und IV muss eine stationäre Aufnahme, gegebenenfalls auf eine Überwachungsstation, erfolgen. Die Wahl der Lysetherapie entscheidet sich anhand Stabilität und Verfügbarkeit der Verfahren (Abb.1). Bei Verschlechterung oder fehlender klinischer Besserung kann und soll eine Lyse erneut evaluiert werden.

Nach der initialen Therapie (5-21 Tage) schliesst sich die Erhaltungstherapie für 3 Monate an. Bei unprovozierter Lungenembolie erfolgt dann eine individuelle Evaluation der Antikoagulation nach 3-6 Monaten (unter Berücksichtigung von Vorteilen, Risiken, Patientensituation) sowie ein jährliches Follow-up (Rezidiv, pulmonale Hypertonie, Blutungskomplikationen, Malignom?).

Dr. med. Mascha Bethke
Prof. Dr. Roland Bingisser
medStandards, Universitätsspital Basel
Petersgraben 4, 4031 Basel

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Irena Straub

medStandards
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

Die Autor/-innen haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

◆ In diesem Artikel geht es nicht darum, neue diagnostische Errungenschaften oder Therapien aufzuzeigen. Vielmehr lohnt sich bei dem regelrechten Dschungel an Scores ein klarer, leitliniengerechter und pragmatischer Weg: Risikoeinschätzung (bei Triage/Erstkontakt), Vortestwahrscheinlichkeit (in Non-High-Risk Situationen), Schweregrad und Mortalitätsrisiko (nach Diagnosestellung). PERC-Rule und YEARS-Kriterien können – jedoch nur in spezifischen Situationen – den Algorithmus abkürzen.

1. Sharifi M, Berger J, Beeston P, Bay C, Vajo Z, Javadpoor S; “PEAPETT” investigators. Pulseless electrical activity in pulmonary embolism treated with thrombolysis (from the “PEAPETT” study). Am J Emerg Med. 2016;34(10):1963-1967
2. van der Pol LM, Tromeur C, Bistervels IM, Ni Ainle F, van Bemmel T, Bertoletti L, Couturaud F, van Dooren YPA, Elias A, Faber LM, Hofstee HMA, van der Hulle T, Kruip MJHA, Maignan M, Mairuhu ATA, Middeldorp S, Nijkeuter M, Roy PM, Sanchez O, Schmidt J, Ten Wolde M, Klok FA, Huisman MV; Artemis Study Investigators. Pregnancy-Adapted YEARS Algorithm for Diagnosis of Suspected Pulmonary Embolism. N Engl J Med. 2019;380(12):1139-1149
3. Konstantinides SV, Meyer G, Becattini C, Bueno H, Geersing GJ, Harjola VP, Huisman MV, Humbert M, Jennings CS, Jiménez D, Kucher N, Lang IM, Lankeit M, Lorusso R, Mazzolai L, Meneveau N, Áinle FN, Prandoni P, Pruszczyk P, Righini M, Torbicki A, Van Belle E, Zamorano JL; 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of acute pulmonary embolism developed in collaboration with the European Respiratory Society (ERS): The Task Force for the diagnosis and management of acute pulmonary embolism of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Respir J. 2019;54(3):1901647
4. Kline JA, Courtney DM, Kabrhel C, Moore CL, Smithline HA, Plewa MC, Richman PB, O’Neil BJ, Nordenholz K. Prospective multicenter evaluation of the pulmonary embolism rule-out criteria. J Thromb Haemost. 2008;6(5):772-80
5. Malavolta D, Quatela V, Moffat J, Ottolini BB; GrAM (Gruppo di Autoformazione metodologica). Effect of the Pulmonary Embolism Rule-Out Criteria on subsequent thromboembolic events among low-risk emergency department patients: the PROPER randomized clinical trial. Intern Emerg Med. 2019;14(2):309-310
6. Freund Y, Chauvin A, Jimenez S et al. Effect of a Diagnostic Strategy Using an Elevated and Age-Adjusted D-Dimer Threshold on Thromboembolic Events in Emergency Department Patients With Suspected Pulmonary Embolism: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2021; 326: 2141–2149 7.
Abbildungen und Algorithmus aus https://medStandards.com. Dank an Dr. med. Lucas Dratz für die erste Version in medStandards.